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•
ZEITSCHRIFT
FÜ»
DEUTSCHE PHILOLOGIE
BEGRÜNDET von JULIUS ZACHER
HERAUSGEGEBEN
VON
HUGO GERING dnd OSKAR ERDMANN
SECHSUNDZWANZIQSTER BAND
HALLE A. S.
TBBI.A0 DER BUCSEABSIiüira DES WAISEirBAUBES.
1894
UBrnroFTHe
<K.3(o'l(p(p
INHALT.
Seite
Worterklärungen. Von I. v. Zingerle 1
Zur mittelisländisclien volkskande. Von 0. L.Jiriczek 2
Zur lieder-Edda. Von H. Gering 25
Lutherana. Von prälat Klaiber . 30. 281. 430
Mitteilungen aus handschriften und älteren druckwerken. Von F. W. £. Roth 58
läne protestantische moralität von Alexander Seitz. Von J. Bolte 71
Zu Job. Chr. Günthers gedichten. Von M. Spanier und E. Hof mann . . . 77
Goethes Epilog zu Schillere Glocke. Von H. Düntzer 81
Bemerkungen zu Schillerechen baUaden. Von R. Bohr ich t 105
Ene Sachsenspiegelhandschrift. Von Steffenhagen 107
Der zweite Merseburger Spruch. Von H. Gering 145
Alliterierende doppelkonsonanz im Heliand. Von R.M. Meyer 149
Textkritisches zu mittelniedeMeutschen gediphten. Von R. Sprenger . . . 167
Das nhd. pronomen II. Von A. Jeitteles • . . . . 180
Tanz und lied bei Thomas Murner. Von M. Spanier . . . . *. . . . . 201
Neues zum leben und dichten Günthers. Von K. Hof mann 225
Zu Lessings Emilia Galotti. Von A. Schöne 229
Lexikalisches. Von A. Birlinger 235
Drauma-Jöns saga. Herausgegeben von H. Gering * . . 289
Der name Germanen. Von H. Jäkel 309
Zu Eonrads von Fussesbrunnen Eindheit Jesu. Von R. Sprenger . . 284. 342
Ein brief Thomas Mumera. Von M. Spanier 370
Briefe von Goethes mutter als quelle zu Goethes werken. Von A. Schmidt . 375
Die plusstrophen der Nibelungenhandschrift B. Von E. Eettner 435
Zorn Grendel. Von demselben 449
Zu Walther 88, 1 — 8. Von H. Giske 451
Noch einmal der zweite Mereeburger Spruch. Von F. Eauffmann und H. Ge-
ring 454
Zur litteratur des 15. und 16. Jahrhunderts. Von F. W. B. Roth 467
Johann Rassere spiel von der kinderzucht Von G. Binz . . . . • . . . 480
Nachträge zu den erklärungen Bürgerecher gedichte. Von B. Honig . . . . 493
Vnlgämamen der eule. Von F. Branky 540
Miscellen.
Zu Hebbels trauerepiol Agnes Bemauer. Von R.Sprenger 140
Zu Goethes Faust Von R. Sprenger 141
Erwiderung und antwort von £. Eraus und G. EUinger 141
Zum Engelhard; zu Walther; zu Hebbel; wurmloch; zum Parzival; der hunde-
name Rin; zum Melker marienliede; zu zeitschr. XXV, 142; zum pfaffen
Amis. Von R. Sprenger 281
TV IHHALT
Seite
Berichte über die Wiener phflologenyerBamlang: L Germanistisohe und englische
section von F. Detter; U. Romanische section von M. Friedwagner 400. 548
Notiz zu Tatian. Von E. Sievers 431
Anfrage. Von R. Röhricht 567
Anzeigen.
Müllenhoff and Scherer, denkmüler 3. ausg. von Steinmeyer; von H. Wan-
derlich 109
Kelle, geschichte der deutschen litteratar; von 0. Erdmann 113
Zangemeister, wappen der grossen Heidelberger liederhs.; vonH. Wanderlich 119
Walz, Garel von dem blüenden tal; von F. Vogt 122
Englert, Heinrichs buch; von G. Rosenhagen 127
Heyne, deutsches Wörterbuch E; von 0. Erdmann 132
Smith, Hegelunds Sosanna; von J. Holte 134
Brandstetter, reception der nhd. Schriftsprache in Luzem; von L. Tobler . 137
Lienhart, mundart des Zomtales; von A. Socin 138
Hoffmann, mundartL vocalismus von Basel; von P. Schild 138
Goethes werke, Weimarer ausgäbe; von H. Dtlntzer 255. 431
Herrmanows^i, deutsche götterlehre; von F. Kauffmann 264
Jellinek, beitrage zur erklärung der germ. flexion; von F. Kauffmann . . 265
Vahlen, lAchmanns briefe an Haupt; von 0. Erdmann 267
Sievers, Tatian, 2. ausg.; von H. Wunderlich 269
Drescher, Studien zu Hans Sachs; von M. Rachel 272
Wunderlich, der deutsche satzbau; von 0. Erdmann 275
Blume, Goethes gedichte (auswahl); von 0. Erdmann 277
Zingerle, sagen aus Tirol, 2. aufläge; von J. Seeber 280
Heinzel, über das gedieht vom könig Grendel; von F. Vogt 406
Zeidler, der Sünden widerstreit; von H. Wunderlich 415
Singer, Willehalm; von G. Rosenhagen 417
Herrmann und Szamatolski, lat litteraturdenkmäler 4—6; von H. Hol-
stein 423
Szamatolski, Huttens deutsche Schriften; von E. Matthias 423
Herrmann, Albrecht von Eyb U; von demselben 428
Schröder, kaiserchronik; von F. Vogt 550
Schmedes, stil der epen Rother, Nibelungenlied, Gudrun; von E. Kettner . 562
Froning, drama des mittelalters; von H. Holstein 563
Lohmeyer, Kaspar von Nostiz, haushaltungsbuch; von F. Rachfahl . . . 566
Neue erscheinungen 142. 286. 432. 567
Nachrichten 144. 288. 432. 569
Berichtigung 569
Register von E. Matthias 569
WOETEEKLÄEUNGEN.
1. aibr. Das gotische aihr n. dioqov Mai V, 23 ist nach E. Bern-
hardt (Vulfila s. 3) noch unerklärt Nach meinem vermuten steckt in
diesem werte das ahd. ebur, epar, ebir^ angels. eafor. Schweineopfer
waren die gebräuchlichsten, und J. Grimm Myth. sagt s. 45, dass fris^
cing geradezu bei einigen Schriftstellern das lat. hostia^ viciima, höh-
causttmi übersezt. Wenn dies noch in späterer zeit geschah, war der
Güte ganz berechtigt aibr für diogov zu setzen, über schweineopfer
(Grimm Myth. 44. 45) s. XJ. Jahn, Die deutschen opfergebräuche bei
ackerbau und Viehzucht Breslau 1884; besonders s. 103 fg. 139 %.
und 224—230.
Ettmüller und J. Grimm haben für aibr vorgeschlagen tibr =
ags. tifeTy ahd. xepar, Grimm, Mythol. 36 bemerkt: ^xiefer, gexiefer
heisst in Franken und Thüringen noch jezt nicht nur das hausfeder-
vieh, sondern begreift auch zuweilen ziegen und schweine**. xie-
fer, xifer für kleinvieh kam auch in Tirol vor. In der dorfordnung
von Flirsch vom jähre 1816 (Tirol, weistümer IL teil. Wien 18V7),
„von denen hirten des ziefers" s. 245, „vieh oder ziefer'' s. 245. 246,
„ein stück ziefer" s. 246. „Vom pfandmäfsigen ziefer** handelt ein
eigner §. s. 247. Da lesen wir, „dass alles ziefer ausser den prest-
haften schaaf und geis, es seie jung oder alt, zur alpenzeit obiger pfan-
dung unterlieget". Ziefer ist immer im gegensatze zu vieh gebraucht
als bezeichnung der schafe und ziegen.
2. asneis. Das griechische ^lad-cordg wird in der gotischen
Bibelübersetzung durch asneis (= asaneis) gegeben: Joh. 10, 12. 13.
Luc. 15, 17. 19. Es bedeutet den nur für die emtezeit, den sommer
{asans) aufgenommenen arbeiter und steht im gegensatze zu skalks,
womit das griechische oi'Ktrijg, doCXog gegeben wird, das den stän-
digen diener, knecht bezeichnet In Tirol unterscheidet man noch zwi-
schen knecht und summerer, sümmerer^ Jener dient das ganze jähr
und gehört zum gesinde, dieser ist nur für die sommerarbeiten gemie-
tet Asneis würde durch „sommerer" am genauesten übersezt werden.
1) Schopfs Tirol. idiotikOD s. 729. Er verweist nur auf Zillerthal und Piuzgau;
aber der ausdrack ist auch in dem Etschthale algemein gebraucht.
ZSITSCHRIFT 7. DKUT9CHE PHILOLOGIE. BD. XXVI. 1
"N,
3. stlrp. In meiner schrift: ^Das ürbarbach des klosters za
Sonnenburg** (Wien 1868) erklärte ich stirp für totes lamm und bei
den stellen: xwai lember stirp 1' und ain lamp stirp 1' als adj. tot^
M. Lexer sagt in seinem Mhd. wb. dazu: „eine erklärung, an die ich
nicht glauben kann. Wahrscheinlich ist stirp, wie das daneben vor-
kommende current ein lat oder rom. wort (stirps) und lemperstirp,
lampstirp vielleicht gleichbedeutend mit dem in analogen fallen vor-
kommenden lember- y lambesbüe. Oder bedeutet stirp verschnitten,
von stirpare, exstirpare?^ Mit der lezten Vermutung hat Lexer das
richtige getroffen. Denn in der Ehehaft von Fassa (1451) heisst es:
„Item das vich, das die Schwaigen am herbst Zinsen, daz sollen alles
stirp sein, das ist, das si weder tragend noch melchig, sonder galt
und vaist sein sollen''. Tirol, weist IV, 739, 31. — stirp bedeutet
somit „unfruchtbar''.
Herrn landesschulinspektor Chr. Schneller verdanke ich folgende
belege hiefür: Sterp « soda, sterile, infeconda. Azzolini, vocab.
vemacolo-italiano pei distretti Roveretano e Trentino (Venedig 1856)
s. 367.
Agnela sterpa dicono i nostri beccai (mezger) c vale pecora
vergine = pecora che non ha fruttato Boerio, Dizionario del dialetto
veneziano (Venedig 2856) s. 70 fg.
Sterpe (aggettivo femminino) = sterile, infeconda dicesi propria-
monte delle bestie che non figliano, ma da alcuni con modo basso
estendesi anche alle donno. Pirona, vocabolario friulano (Venedig 1871)
8. 410.
GÜFIDAUX. lOXAZ V. ZDIGEBLE.
ZUK MITTELISLANDISCIIEN VOLKSKUNDE.
Mitteilungen aus ungedruekten AruamagnSaniselien
handsehrlften.
Zu den am wenigsten bekanten perioden der isländischen littora-
tur gehört da« 15. und 16. Jahrhundert, die zeit der lygisögur- und
1) Fm lat. Sonnenburger Urbar. Pergamenthandschrift. Fol. 29 bl. vom jähre
1296 (im k. k. statthaltenjiarchiv in Inn.sbruck), der vorläge des doutsche« Urbar-
buchs, heibst es: bl. 1* ^duos agnos qiii dicuntiu' stirp ""^ im deutschen (meine aus-
gäbe 8. 7, 21} „und zwei h»mbi?r stirp"; et unum stirp*" = „und ain stirp**;
„et agnum stirp'' =r ^und ain lamp stirp**. Bl. P: unum agnum stirp*", ^unuin
Btirp*. Bl. 2*»: ,,agnuni (rurrent et unum stirp**. Bl. 3': ^unum stirp" und sooft.
2) Selbstverständlich gibt es schon früher lygi.sögur (und rimur), doch dürfton
diewenigston über 13r>()— 14(X) zurückroioheu ; l)ei dem mangel jeglicher Untersuchung
JIBICZKK, ZUB MITTELtSLAND. Y0LE8KTTNDB 3
rfmur. Zu hunderten liegen die handschriften, welche uns die werke
jener periode aufbewahren, in der grossen Arnaraagnäanischen samlung
zu Kopenhagen, ungedruckt, ja imbekant. Wenn der katalog der AM.
samlung vollendet sein wird, wird dem aussenstehenden erst die fülle des
materiales klar werden, das bisher volständig unbenuzt liegt Für die
riraur besitzen wir wenigstens eine ausreichende Orientierung in dem
verdienstvollen werke Jon porkelssons: Om digtningen pä Island i det
15. og 16. arhundrede; für die sögur jener periode fehlt uns sogar ein
ausreichendes Verzeichnis, denn das von P. E. Müller im dritten bände
der Sagabibliothek gegebene ist unzureichend; erst das register zu dem
kataloge der AM. samlung wird im vereine mit den katalogen des
fslenzk bökmentafölag und sonstigen bibliotheksverzeichnissen eine Über-
sicht ermöglichen.
Kann man auch im algemeinen sagen, dass die Vergessenheit, die
auf den lygisögur lastet, nicht unberechtigt ist — es sind fast durch-
aus traurige produkte eines verwilderten geschmackes — , so ist doch
zu beklagen, dass bisher nur so wenig durch den druck der forsch ung
zugänglich gemacht worden ist, für die sie in kulturhistorischer bezie-
hung manches interessante bieten; wenigstens für die älteren lygisögur
wäre eine ausgäbe sehr zu wünschen, es befinden sich darunter meh-
rere, die an alter und wert den in FAS aufgenommenen lygisögur
ganz gleich stehen, wie z. b. die Älaflekkssaga, die Valdimarssaga, die
saga af Sigurgardi frsekna.
Das gröste interesse bieten die lygisögur entschieden für die
Volkskunde; haben wir doch in ihnen die ältesten märchenüberliefe-
ruugen des skandinavischen (isländischen) Volkes zu sehen. Das ist
allerdings mit einer starken einschränkung zu verstehen: reinen mär-
chenton treffen wir nur höchst selten, meist sind bloss motive aus
Volksmärchen zu phantastischen erzählungen mehr oder minder frei
verwendet und umgeformt worden. Trotzdem man also die gestalten
des Volksglaubens hier nur durch ein trübes medium erblickt und die
grenze zwischen echtem Volksglauben und individuellem phantasie-
gespinst des erzählers sich oft nicht erkennen lässt, dürften doch viel-
leicht die folgenden mitteilungen des Interesses für den erforscher der
Volkskunde nicht ermangeln; sie bieten ihm ein bisher unbekantes und
schwer zugängliches material; mehr als material konte ich, von ande-
ren arbeiten in anspruch genommen, nicht geben, da zu einer syste-
bmn sich votläofig dio datierung nur auf die handschrijften stützen, die fast aus-
nabroslos aas dem 15. und den folgenden Jahrhunderten herrühren.
1*
4 JIBICZKK
malischen Untersuchung alle vorarbeiten, vor allem ausgaben, gänzlich
fehlen.
Die folgenden mitteilungen, die das wertvolste dessen enthalten,
was mir bei der lectüre zahlreicher lygisögur aufgestossen ist, beschrän-
ken sich nicht auf die reinen lygisögur, sondern bringen auch volks-
kundliches aus romantischen sögur bei; denn war man sich auch im
mittelalter des Unterschiedes beider litterarischen richtungen bewusst^,
so giengen doch beide bald in einander über, und so entstanden misch-
produkte wie die Vilhj&lms saga sjöös u. ä., die einheimischen mär-
chenglauben und fremdes rittertum in wunderlichster verquickung zei-
gen; dass selbst in den reineren riddarasögur nordische (einheimische)
elemente nie fehlen, zeigt Cederschiöld FSS s. III fg. Apokrypha hin-
gegen sind volständig ausgeschlossen , wie überhaupt am liebsten sögur,
die in handschriften des 15. und 16. Jahrhunderts erhalten sind, her-
angezogen worden sind. Streng genommen hätte immer nach der älte-
sten handschrift citiert werden sollen; da indes bei so kleinen bruch-
stücken, die des Inhalts halber mitgeteilt sind, die philologische form
des textes keine rolle spielt, wolle man abweichungen von dieser regel
entschuldigen, die in verschiedenen zufallen ihren grund haben. Auch
für die inconsequenzen der Schreibung muss ich um nachsieht bitten;
im algemeinen ist bei handschriften aus dem 15. jahrhundeii; die nor-
malisierung nach dem mittolisländischen , bei späteren nach dem neu-
isländischen erfolgt; volle consequenz ist bei einer so oft unterbrochenen
und langwierigen arbeit nicht zu erreichen.
Wenn in der übei-schrift „Mitteilungen aus ungedruckten hand-
schriften" steht, so bedarf das der ergänzung, dass sich mitunter von
1) Kin interessantes zougDis hiofür bietet der prolog der Saga af Flores
kouungi ok sonum hans (älteste handschrift aus dem 15. Jh.): Kf menn girna.st
HÜ heyra fornar frdsogur, |){'i er {md fyi-st til ad hlyda |)vi, ad llestar sögur oru af
nokkru ofni. Sumar eru af gudi og hans helgum mönnum, ok ma J)ar nema mikinn
visdom; eni [»eir og flestir menn, er litil skemtun [)ikir ad heilagra manna söguni.
Adrar sögur eni af rikum konunguni, ma |)ar nema i hioverska hirdsidu, cdur hversu
()j6na skal rikum höfdingjum. Hinn \ni(li hlutnr sagnanna er fra {)eim konungum,
sem komid liafa i miklar mannraunir og hafa misjafnt ür rjott, moga |)eir J)ai' eptir
breyta, sem vaskir eru, en j)6 er J)ad hattur margra manna, ad {>oir kalla J)a?r
sögur lognar, sem fjarri ganga |)eirra nattüru, og er [)adaf[)vi, ad ostyrkur madur
kann j)ad ekki ad skilja, hversu miklu [»eir mega orka, er ba?di eru sterkir og höfdu
agsett vopn, er [hs. ok] allt bitu. Mogum vjer og sja mörg sonn daemi, hverju sterk-
ir menn hafa orkad, og |)a storu steina, er \mT hafa borid, ma \an\ og engi fortaka,
hvad hamingjan veitir J)eim, sem liuu vill upp hefja. (Mitgeteilt nach cod. AM. 527
4» s. 1.)
ZÜB IOTTSLISLXkD. VOLKSKUNDE 5
den hier citierten sagen allerdings drucke finden, jedoch isländische
Dach ganz jungen handschriften , also meist wertlose, und auf dem
continente übrigens kaum erreichbare ^ Ich lasse hier ein Verzeichnis
alles dessen folgen, was seit 1880 auf Island erschienen ist, apokrypha
nicht ausgeschlossen (zusammengestelt aus den bibliographischen Ver-
zeichnissen in Skfrslur og reikningar hins Islenzka bökmentafölags, bis
1889 reichend; die vor 1880 erschienenen ausgaben s. bei Möbius):
Sagan af Ambales konungi. Reykjavik 1886.
Sagan af Atla ötryggssyni. Seiöisfirdi 1886.
Sagan af Hälfdani Barkarsyni. R. 1889.
Saga Hellismanna, tsafir^i 1889.
Sagan af Kära Kärasyni. B. 1886.
Sagan af Elärusi Keisarasyni. R. 1884.
Sagan af Marsilius og Rösamundu. R. 1885.
Sagan af Marteini mälara. R. 1880.
Sagan af Mlrmann. R. 1884.
Sagan af Parmes Loöinbirni. R. 1884.
Sagan af Siguröi J>ögla. R 1883.
Sagan af SigurgarÖi fraekna. R. 1884.
Sagan af Vigkseni küahiröi. R, 1886.
Sagan af Villifer frsekna. R. 1885.
L Troll.
Männliche wie weibliche tröU (jötnar, risar, skessur, flagdkonur
usw.) gehören zu den beliebtesten figuren der lygi- und der damit ver-
wanten sögur. Ihr verkehr mit den menschen ist teils feindlich, teils
freundlich; oft wird von liebesverhältnissen zwischen tröllkonur und
menschen berichtet, s. c. 4 der unter V mitgeteilten Älaflekkssaga, Val-
dimarssaga (unten mitgeteilt), sagan af Ülfi Uggasyni cod. AM 395 fol.
s. 778, vgl. Hermanns saga ok Jarlmanns cod. AM. fol. 167 s. 112 fgg.
u. ö.; seltener wird dasselbe von männlichen troll berichtet; doch wird
Ambalessaga cod. AM. 521 a 4® bl. 46 ein kind aus der Verbindung
eines riesen mit einem menschenweib erwähnt — Sehr oft begegnet
der zug, dass die nennung des namens den trollen den tod bringt
Vgl. z. b. Vilhj&lms saga sjöds cod. AM. 527 4® s. 109: engl veit nöfn
{>eirra [sc. tröUa] ok far er fallt 1 Qör |)eirra, ef nokkurr madr kann at
nefna pau öll; Ulfs saga üggasonar cod. AM. 395 fol. s. 786: k sumar
[skessumar] blti (indirekte rede) engin jäm, nema madr vissi öll nöfn
{»eirra u. ö.
1) Selbst die kgl. bibliothck zu Kopenhagen besizt nicht sämtliche drucke.
6 JIIUCZEK
Ein anderes beliebtes motiv, das zu den ältesten motiven der
mythologie gehört (vgl. Beowulf vers 1558 fgg.) und auch heute noch
fortlebt (vgl. Asbjömson og Moe, Norske Folkeeventyr*, s. 9. 25. 122
u. ö.) ist, dass der unhold durch ein schwort getötet wird, das über
seinem bette oder in seiner wohnung hängt: s. Ambalessaga cod.
AM. 521a 4^ bL 46, Hermanns saga ok Jarlmanns cod. AM. 167 fol.
s. 112 u. ö.
Aus der grossen menge der vorkommenden scenen will ich nur
einiges hervorheben.
1) Eine aufzählung von tröllnamen in poetischer form: allra
flagda J)ula findet sich in der Vilhjälms saga sjöös, einer jener sögur,
in denen romantische und einheimische elemente mit einander ver-
knüpft sind^. Die ältesten pergamenthandschriften AM. 577 4^, 343 a
4® und einige andere fragmente stammen aus dem 15. Jahrhundert
Vilhjälmur sucht seinen während eines Unwetters von trollen entrückten
vater auf abenteuerlichen zügen; zugleich hat er sein eigenes haupt
zu lösen, das er im Schachspiel an einen riesen verloren; kann er nicht
binnen drei wintern zu dessen höhle kommen und ihm die namen aller
tröU nennen, die dort hausen, so verliert er das leben. Endlich trift
er in fernen landen eine Ermlaug, die ihm den weg in das land
Eirs sagt, wo sein vater sich in der gewalt ebendesselben riesen
befindet, an den Vilhj&lmur sein haupt verloren hat:
hedan frä bygdum mlnum muntu riöa III vikur, pä verdr fyrir
{)6r moöa mikil, svo öfa^rt er yfir bseM skipum ok hestum, en fyrir
utan mööuna liggr land mikit, pat heitir Eirs; pat er svo na3rri sölar-
setri, at J)ar verör aldri bjartara en par s6r stjömur um mi^ijan dag;
en pd I)ü kemr ä I)at land utanvert, s6r pü blömalegt land, {)ar sklnn
söl um miömutti, pÄ annarstaöar i veröldinni er dagr sem styttstr, pvi
at pÄ er pessi hlutr heims 1 skugga jaröar, ok pikir J)ii sem til sölarinn-
ar s6 at sjÄ nidr fyrir sik. (cod. 577 4® bl. 18.)
Sie gibt ihm auch eine anweisung, wie er zur kentnis der tröll-
namen gelangen soll. In dem lande ist ein brunnen, dorthin komt am
siebenten jultag eine riesin, um zu waschen. Wenn sie nun ihr kind,
1) Die fremden dürfton wol aus Deutschland oder durch deutsche vermitlung
nach dem norden gekommen sein : vgl. cod. AM. 343 a 4^ bl. 33 v : i skog {>ann er
Lütuvald heitir ebd. bl. 34: {)eir kvodu hann heita Koginbald, |)ann kalla nordmenn
Röginvald und ebd. bl. 45 das rätselhafte: fwim risum, sem slangar eru kalladir. —
Damit will ich übrigens nicht den phantastischen theorien Oisli Brynjulfssous (s. diese
Zeitschrift IQ, 313 fgg.) beistimmen.
ZUB MITTELISLAND. VOLKSKUNDE 7
das sie bei sich hat, mit der wiege bei seite sezt, solle er demselben
ein stück gold in den mund legen und dazu wünschen, das kind möge
nicht eher aufhören zu schreien, bis ihm die mutter die namen aller
90 riesen genant hat, die in der höhle wohnen. Er solle sich in einer
grabe verbergen, und sich die namen einprägen. Es glückt Vilhjälm
alles zu volbringen. Die riesin fasst jedoch verdacht und sagt, als das
kind die namen zu wissen verlangt:
ei er J)6r nü själMtt I, veslingr, sagöi kelling, en ei m& ek sjä
ä harmkvsoli pfn e^r heyra {)essi hin illu leeti, en {)ä Isot ek {)at um
mselt, ef sä er nokkur fyrir ofan jörö, at til vildi heyra, at dra&ii af
honum hold ok skinn ok brddni svo 1 sundr sem tjara i eldi og missi
beet3i vit ok sinnu, mal ok minni. En pat kom henni ekki til hugar,
atJ sä mundi nidr 1 jördunni, sem heyra vildi; J)vl tök hün til og
ne&di tröU öU ok varö tysvar &6t {)rysvar at nefna, &6t |)at |)6ttist
sküja, en VUhjilmr reist eptir & kefli. (577 4^ bl. 21.)
Yilhjälmr komt nun gerade an dem lezten tage seines termins zu
der höhle und spricht folgende |)ula, wodurch alle riesen und riesinnen
ihr leben verlieren (mitgeteilt nach 343 a 4® bl. 38 v, mit den lesarten von
577 4^ bl. 22; bei den namen auch geringere Varianten aufgenommen;
bemerkungen zu der handschrift (343 a 4®) stehen unter den lesarten;
die handschriftliche Interpunktion ist beibehalten):
I. Lijttu upp leikbrodir ok lattu folk ]^eigja
medan \ at eg nefhi niutigi traulla.
aull fkulu ^ier ftanda sem ftiaki bundin^^
unzf at eg | hefi vt kuedit allra flagda {)ulu.
IL Fyrft fitwr yfia. ok arinefia.
flegda. I flauma. ok äatfocka.
fkrucka. fkinwbrok. ok fkitinkiapta.
buppa. bls8tan7^a. ok beige | ygla.
in. Hi^ er furtur ok haki. hrymwr. ok fkotti.
^rjmiir, ok fauckuer. hrotti. ok modi.
glaa I mur. ok geiter. ok gortanni.
grimner. bruli. drauttwr. ok haulucr.
L 1 ok fehlt. I. 2 niutigi] LXXXX I. 4 vt] af II. 1 arinefiaj ariwnefja
U. 2 flegda] ok add. U. 2 flatfocka] flotfocka 11. 4 blaetanna] blatan/za III. 2
ttaskner] förknir III. 3 geiter] geitvr IH. 4 hauluer] höfuer
I. 3 ftiaki] das i ist infolge eines durch dns blatt gehenden Schnittes ver-
niehUt, doch der accent über i erJialten, 11. 1 yfia] vorher ylTa ausradiert.
9 JDUCZIK
IV. t^a er glofla. ok gulkiapta. |
gialp. gripandi. ok greppa. hin fimta
driimba. ok klumba. ok dettiklella.
lyrpa | ok faartbran. ok Inarinefia.
Y. Slauttt/r er hmn. fystL flaDgi annar.
hunduif. grubbi | ok hracktanni.
riinni. ok flangi. fhodujs. krabbi.
jdi. audner. ok angurpraO. [ora pro nobts] |
VI. Fenia. ok menia. frufk. o^^tufka.
hnydia. ok brydia. ok holofkroppa.
flafka. flim | bra. ok flaafkiappa.
elldrjdr opingeil. yfporta. ok finortur.
VII. Sulki. flammi. Ijd | hauttwr. hnikar
bialki. beinfkafi. baraxli ok liott/r.
hrungner. haltangi. brau | dner. uagnhofdi.
ftoru^rkur. ok Itaalhaur. ftritramur ok uaulfi.
VIII. Grani. fkolli. | ok gridr. gerdr. ok fifkreki.
kampa. ok kolfrofti. kiaptlangwr. ok flangi.
dumbwr | i dag fpringi. ok drepi huert annat
Illr fie endfT adr ^ier deyit
IX. {)ungar hefeV pu mier | I)rauter fengit.
leidwr loddari lymfkur i ordum.
pu munt fialfr fuclner heita. |
hefwr modtr pin mic um J)«/ fr^ddanw.
X. Hraerizt heimar. hrifldzt fteinar.
iiautn u?^ leysizt | uillizt dis^r.
auU odaemi 8eri pufla.
helueg txodi. heimfkar traullkonwr.
IV. 2 ok] fehlt IV. 4 ok"^] fehlt. IV. 4 (hariiiefja] fnariiinefia V. 2 hrack-
tanni] hraktanm V. 4 jdi] ok add. V. 4] das eingeklammerte fehlt VI. 2
holofkroppa] holufkropa VI. 4 yfporta] yfporti VI. 4 finortur] fmortur VII. 1
Sulki] ok add. VII. 2] bialfi beiwfkafin bardaxü (rest =) VIII. 1 Grani.
fkolli.] Grawfkolli VIU. 2 oifc» fehlt VIII. 2 flangi] flangi {laus {gebessert).
Die |)ula erinnert an die nafna{)ulur der jüngeren Edda (Kop.
ausg. I, 546 fgg. 551 fgg.), ist jedoch von diesen unabhängig.
2) Als beleg für die oben hervorgehobenen freundliehen bezie-
hungen von trf)!len zu menschen möge hier eine opisode aus der Val-
dimarssaga nach cod. AM. 557 4^ perg. (aus dem 15. Jahrhundert) fol-
gen (bl. 1.).
ZUR MITTELISLÄND. VOLKSKUNDE 9
Valdimar, ein königssohn, sucht seine von einem greifen geraubte
Schwester. Auf seinen zügen komt er zu einem riesen, dessen tochter
mit ihm ein liebesverhältnis anknüpft. Endlich will er sich aufmachen;
— Risinn stendr nü upp ok gengr at bjarginu, er stöö hjä honum ok
kn^r fast. 1 pessu brestr bergit upp ok gengr ^bx üt ein kelling svo
Ijöt ok leibileg, fül ok fjandleg, at einskis manns auga sä skrimlegri^
skepnu. Hün var I skörpum skinnstakki, höf(5i öUu hserri en risinn.
Hann gengr at henni ok heilsar möt^ur sinni. Nü setjast ^au nidr,
hefr risinn sitt mal: Svo er hättat, möt3ir minn, at h6r er kominn son
Saxaköngs ok ssekir traust at m6r um vandrsedi sin; er J)ar allr vor
styrkr, sem J)ü ert. Kellingin svarar: mikit er ^ö nü um, at könga-
böm seekja traust til pln, en hvat raun hana borgnara j)ött haena beri
skjöld? ßisadöttir leggr pä hendr upp um hals kellingu ok sagöi: Minn-
stu nü, föstrmöMr, at mööir min fekk mik |)6r i hönd ädr hün dö ok
bad at pü skvldir minn vilja gjöra. Legg nü hug 4 at hjälpa pessum
manni, so at hann näi sinum heiör; |)iki-m6r h6r allt 4 liggja. Kell-
ingin skellir upp ok hleer ok mselti: Satt er |)at, frsendkona, at pü
hefir götJkvennzku af mööur |)inni og una mundir pü, ef pü heföir
röskvan mann at J)6r lagit. Kellingin stendr pÄ upp ok gengr inn I
bjargit ok üt kemur hafandi eitt stört hom berandi at köngssyni, ok
bad hann at drekka. Hann tekr hornit ok drekkr af mikinn drikk ok
finnr, at afl ok orka hleypr I allan hans buk. Risadöttir |)rl£r til hans
ok gllma pau sterkliga, l^kr svo, at Valdimar fellr ä kn6. Kellingin
hl«r enn at ok mselti: Of snemma förtu meö konur, Ijüfi minn, ok
drekktu (hs. drekkr) betr. Hann drekkr I annat sinn; pau sviptast
Sterkliga, fä felf risadöttir. Kellingin tekr |)ä homit ok sag(5i, at hann
mundi J)ä svo bünu hllta. — Der riesentrank lebt bekantlich noch
heute in skandinavischen märchen fort, vgl. z. b. Asbj.-Moe, Norske
F. E.* s. 52 u. ö.
3) Nicht selten begegnet in diesen jüngeren sögur eine pomolo-
gische aufTassung der skessur, die auch in den namen ihren ausdruck
findet; vgl. einzelne namen in der oben angeführten allra flagöa pula
und folgende namenaufzählung in der Vilhj&lms saga sjöds (cod. AM
343 a 4« bl. 46):
ein peira h6t Finnhildr flotskuö [skud volva; flot s. Fritzners
ordb.], önnur Meinhildr mannseta, hin ni. Gj^riÖr gambarageil, hin
nn. h6t Gunnhildr gäsastykki, hin fimta ßannveig redrahlt [reör penis;
hit bulga.], hin VI. kjötrassa k<'lavömb, hin VII Goörün dis, hin ätta
Flaumhildr flenniskud.
1) d. b. skiimsl-legri.
iTi
IL ZwvgiL
y<?i>ea tpj&aeen bilden zverrai^sesciDchcea eisen haapcbestaiid-
teil in den hier in rede stebenden ^o^psrz me and ora so intereaHuiler«
ais bekantücfa der moderne T«>Ik3dsnbe aof I^and zvoce nkfct kent:
sie snd mit dem holdiif«^ zosammenseCilleiL Ich wül daher ein^
Ton den zverzen^esdEichien. die mir I« der leetüie ii]%estQ8sen sind«
mitGeilen.
1» Die folgende rwerzenepi$ixie bildet dis TL kaphel dfsr Sicrm^-
ar saea [)oeia. einer jener saeen. in denen romantischer ffiremderi and
nonüsofaer sayS in bonter weise Terscfam«3{zen snd. Die iheslen hand-
schrifcen der Si^orlar ?an t^>^^ stammen ans dem 15. jafarhondeit
Der text des miteeteilten bmofarstoekeB ist d» Bey^Tfker ans^abe
entnommen^.
Xd berr st4 til einn da^. at Hjfctfian faaf^i a land sensit einn
samt ok rart reikat rf^a. Hann k*:»m |>ar. sem eion bekkr rann ür
IJallina o£mi epdr ?r'.f einnL ^ar rar raiit alls konar groeum ilmandi.
^ar skammt f bort tri ser hüon standa einn st>ran stein. Taxinn
ndpr ^em hds. Par |y*''Cti kulnam fVsilist at d^eljast« ok sezt ni?r Ti9
Lpkinn. Hann s«rr {4 o&n fra s^ eitthrert krikrendi. er hinnm {NStti
andarlist: 4 ^t{ var maniLanrnd: {«t Tar ütiimastt5rt ok hen*ir f«5lsi9tf;
en f*>des;zimir stattir. sra at eisi Tira ^Terrar handir. Tid ^t
eiotti Halfdan. ok rar sem ntan Ti> Legi ao^nn. Halffian ti>k opp
einn stein ok sendi til (MPssa krikrendis ok kom ä kjtikann, sri
at hann zekk f sandr. En d^eresbam {^etta bra ti^ me? sri
illri raost. at slikt ^'»ttist hann eisi s^ haJSi n^ hem. «jk {>ti nseet
Tar pmt horlic. ok ^issi hann aldri. hrat af {^Tf rarl Sf^an gekk
H4if«ian til skipa ok segir Vilhjalmi br>?hir sfnom. hrat i faaf^i
gorzt. En hann lec illa r&r (^?Sl^Q rerki ok kra^^et (Mt hrsv^ü» ^ bin-
am man*!! {iecta til ilhamingja sndast. ^{>Tf at n^^r öU troll c^ iUkr
ern hefiiisom* sesir hann. «ef feim er miseört e?r misbo«Mt. ok rigi
s(?r legvja ^a kapp a at lanna rel. ef ^eim er vel til sört^. HÜfifaui
Sadist {^ar en^tm tnina'l 4 I'^egja. ok eptir |Mt saD» (eir tu skipa,
ok sem (.eLr hafa sni^tt am kreldit. gensu menn at so&. Ok sem
Hairdan Tar 1 sTefn kominn. ^ dreTm«ü hann. ac hänam ^>tti at 9^
koma sra Tändr drersr. \*y at meiri Ta?ri Texti. en bat. er hann si
am «ia^nn. ok Tar sti-mm tifrvniü^Ti- «STd skal b^r Ten sem |k1
Takir* seeir hann. .bTi at bat skal ber allr at s»"^nnum Ter>a. sem
mjch. -öörr-fQ. hier lü-i \*:i iec ritateri >. 1^. ü. "iö- •?!::•: c imok n heaütxea^
ZUR MITTELISLiLND. VOLKSKUNDE 11
|>ik berr. En |)at, sem |)ü görSir i dag, var me6 sannindum allmikit
nft^ingsverk, er |)ü slöst meb steini sundr kjälkann i barni nilnu. Nu
Vit I>at firir vist, at ek legg |)at & |)ik, at öngr konungsson skal bafa
fiuit meiri svlviröingarferd ä Norörlöndum en |)ü, ok aldri hö^an af
akaltu I)ykk]a utan lltUmenni hj4 ö(5rum böfbingjasonum, ok eigi miinu
{>ln afdrif mikil ver^a, |)ö at nü |)ykki nökkur llkindi ä, medan |)ü n;^tr
at hamingju Vilhjälms brööur |)ins''. Dvergrinn laust meö sprota III
högg i höfuö hänum, ok fylgdi fvl verkr mikill, en slöan hvarf fessi
dyargr I burt En er Hälfdan vaknat^i, hafti bann fengit böfuöverk
ST& strangan, at btoum |)ötti beilinn nser mundi üt springa, ok mÄtti
hann eigi ür rekkju risa fann dag; en um daginn eptir gekk Vühjälmr
4 land ok kom 1 t)ann sta^, er Hälfdan bafdi ä^r komit hinn fyrra
dag, ok settist |)ar niör ok beid |)ar, ef nökkurr atburör kynni til at
falla, ok sem bann bafdi |)ar lengi setit, |)4 sä hann |)ä sömu sfn,
sem Hälfdan bröbir bans baf<$i ä^r söt, at dvergsbarnit sat vid laokinu.
Vilbjälmr tök gullbring af bendi sör ok sendi at barninu, en fat
skelldi upp ok blö, greip fegar upp bringinn ok bafdi brott ok bvarf
|)vi nsest; en Vilbjälmr gekk til skipa ok föru menn til svefns eptir
venju; en ])ä er Vilbjälmr var sofnaör, |)ä s^ndist bänum sem dvergr-
inn ka3mi at bänum med bllöligu yfirbragdi ok m&Aü til bans: „Vel
göröir I)ti I dag, Vilbjälmr, er |)ü gafet svä mikit gull barni mlnu.
£n t>at, sem ek befi ä lagit Hälfdan bröSur |)inn, mä ek nii eigi aptr
taka; en |)ä eina übamingju muntu fä, er |)ü bWtr af bänum til; en
fyrir |)lna skuld skal bänum batna böfuöverkjarins, er bann befir feng-
it af mlnu tilstilli; en bör er eitt sver^, er ek vi! gefa |)ör, ok er
{>at svä beitt, at ekki muntu annat slfkt fä, ok |)at fylgir, at |)ü munt
I)ar bvergi koma 1 einvfgi eör orrustu, at l)ü munir üsigr fä". Hann
lagbi sverdit ä böfi5alag bans ok bvarf sföan 1 brutt. En er Vilbjälmr
vaknadi, var bänum annast til f)ess at vita, bvern stat5 |)at eetti, er
fyrir bann bafdi borit, ok |)reif til böföalagsins og kenndi I)egar, at
|)ar lä sveröit, ok var svä gull i bjöltunum, at birti af um alla lypt-
inguna, ok näliga |)ötti bänum loga eggjar bans, er bann brä bänum.
Hann gaf nafh brandinum ok skyldi bann Gunnlogi beita. I'ann bar
hann sldan.
2) Häufig erscheinen zw^erge als belfer von beiden, und nehmen am
kämpfe anteil, meist als bogenschützen, so in der jüngeren Bösasaga^,
in der Ambalessaga (wo sich Ambales die freundschaft des zwerges
durch die errettung eines zwergenkindes aus den bänden einer flagö-
kona erwirbt) u. a. m. Besonders charakteristisch ist die unten aus-
1) DieBelbe wird als anhang meiner ausgäbe der Bosasaga erscheinen.
12 JIBICZEK
zup^woiso mitgotoilto zwergengeschichte aus der Saga af Victor og
ßl&vus, einer riddarasaga, wie das proömium ausdrücklich besagt
Dass diese saga noch nicht herausgegeben ist, ist sehr zu bedauern;
sie ist eine der älteren und wertvolleren dieser litteraturrichtung (älteste
niembranhandschriften bzw. fragmente: cod. AM. 471 4^ 567 4^, 593 b
4^, alle aus dem 15. Jahrhundert). Die mitgeteilten textstücke sind
der hdschr. 471 4^ entnommen.
Die beiden waflFenbrüder Victor und Bl&vus wollen zwei gewal-
tige vikinge, die brüder önundur und Randver bekämpfen. Ihr rat-
gebor Kador warnt sie davor, sie seien unüberwindlich |)& er J)at,
at meira er enn annat, at einn dvergr klökr ok kyndugr hefir smfdat
]>oim I)au II vopn, at l)eir mega kjösa hvern dag einn mann til dauda
fyrir hvert, [>ann er {)eir vilja (s. 197).
Als sie indes nicht davon abstehen wollen, führt er sie zu einem
freunde, Skeggkarl (atid. hss. Skeggi karl), und dieser w^ider zu dem
zwergo Dfmus. Ganga J)eir |)ar til er |)eir koma at störum steini;
heyr^u |HMr 1 steininn, at hÄtt var blAsiÖ öp ok kvein; Jieyröu ^eii 1
stoiuinn til barna dvergsins ok at |>au mtoltu, at {)eim felli allr ketill
1 eld, of dvergnum fö^ur {)eirra vrM nökkut. Skeggkall gekk at stein-
inum ok klappar i\ lofa sinum ok kkst I)egar upp steinninn: gengr
juir üt digr dvergr; hann var fötlAgr ok skammhr}'ggjai$r, mi^digr ok
mji'>g ba^axla^r^ handsf^r ok höfui^mikill. Hann vfkr at Skeggkalli
heldr kunnliga ok kysti hann, öngvan anz gefr hann f)eim Bl&vus;
hann nuvlti l>a: lUa hafi {>6r at sott, {)vf at ek hefi a?pt upp af ofverk-
jum t alla nott, en nü er sem hell hött af höfdi mjer (s. 199).
Der zwerg verspricht nun auf bitten und Versprechungen hin, zwei
waifen zu schmieilon, die jenen zauberwaffen, die er den brüdeni Rand-
ver und Önundur geschmiedet hat, gleichen, aber nichts taugen, und
sie mit den echten zu vertauschen, die er Victor und Blävu^ verschaf-
fen will.
SnVr hann \^& inn i steininn ok heyra f>eir f>egar hamragang.
Dimus dvergr hetir nü kesjuna og bryn{>varann svo Ifk [)eim vopnum
er |HHr bn^^r hafa, a^ hvörgi ma kenna fni ö^rum. Sidan bfst hann
til ferdar og heür büit um vopnin i bagga sin um. en tekr sjer sjäifam
stafkalls ^örvi ^^ la^tr allhrumliga; hafdi hann og list til |>ess at m^a
synast l^ein) likr sem hann vildi. Kemr hann til matsveina fteirra
bmxlra v^c synist hann |^ini gamall kall og spyrja J»eir hvat honum
sjo Nvt gotir, en hann st^ist kunna at skeuita ba•^i sogum og kv»^-
um, en er J>eir b^v^ttr spyrja {«t, senda |>eir eptir kalli, lata {>eir
li So nüt Ö93b 4''; in der benüxteu handschrift ist das wort vezilerbc
ZUR MITTKUSLÄND. VOLKSKUNDE 13
hann skemta og kve^r hann |)ar til, at |)eir eru bä^ir sofnadir. Pä
tetr Dlmus bryn|)varann Bandvers og kesjuna önundar, en tetr eptir
J)au vopn er hann hafdi nü smiöat, lileypr sldan burt I myrkrit og
SYO heim til steins sfns (s. 201).
Es komt nun zum kämpfe, und beide brüder fallen. Obwol diese
scene nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit dem hier mit-
geteilten steht, will ich sie doch auszugsweise mitteilen, da sie in
mehrfacher beziehung interessant ist Die Saga af Victor og Blävus
scheint aus mehreren geschichten lose zusammengefügt zu sein; die
unten mitgeteilte scene dürfte eine nachahmung älterer sagapoesie sein ;
sie hebt sich durch die grössere reinheit der empfindung und bessere
Charakteristik unverkenbar von der grossen masse der lygisögur ab;
wer die ungeheuerlichen Übertreibungen, den mangel an Charakteristik,
die oft burlesk wirkenden zaubergeschichten der lygisögur bei solchen
anlassen kent, wird sich durch die einfache menschiichkeit dieser scene
unwilkürlich an ältere, reinere perioden erinnert fühlen. Damit soll
natürlich nicht die stelle der saga selbst als alt reklamiert werden.
Interessant ist auch das motiv der namengebung.
Als Randver nach kurzem kämpfe seine todeswunde empfangen
bat, heisst es: (s. 203 ff.) settizt I)ä ni(5r brosandi ok ma3lti: s6t er |)at,
at Dimus dvergr hefir svikit mik ok stolit f burtu bryn{)vara mlnum
])eim sem hann sj&lfr gjörSi, en lätit i staMnn annan deigan ok
svo Ifkan, at eigi mä kenna; er I)at ok satt, at eigi mä treysta
slnu megni e^r riddaraskap, ef banadaegrit er komit, er ok vant viö
v61um at sjä, en flestir älmar vilja {)ik nü heQa; {)ü munt taka
eptir mik f6, en fö meira metna?^ ok orölof. En |)at vilda ek |>ig-
ga, at |)ü 16tir verpa hang eptir mik og bera f6 1, J)vlat nü hefur
t)ü |)ess nög til, og 16tir |)ar 1 koma bryn|)vara f)ann, er Dimus
stal fr& m6r. Pat vilda ek ok, at |)ü 16tir heita eptir m6r, ok va?nti
ek, at sä ver^i eigi ekki manna, er hefur nafn mitt, enda mun ekki
verQa af talinu langt Do hann |)ä, svo hann halla<üizt ei til jar<3ar
fyrr en örendur. Auch der andere bruder önundr erhält seine todes-
wunde: — önundr settizt nidr ok bl6s ekki vid ok taladi oskelfri röd-
du: Eigi skuldi taka sik fram ür mäta n6 treysta s6r lengr en heim-
rinn ok hamingjan vill duga, |)viat svo |>öttumzt vit bm><5r bera af
hverjum manni sem gull af bKi e^r apaldr af greni ^ en nü höfu-
vit fundit I)Ä 11, er baeöi eru meiri ok mätkari biö ek I)ik, at
I)ü lätir kesjuna koma i hang hjä ni6r, ok svo, at {)ü latir heita eptir
1) Der zweite vergleich steht in 593 4" uud pap. - hdschr. 125 8®, fehlt in 471 4^
14 jnacxEK
m(^x\ ok niun hei^r fylgja nafninu. — Man nü skjött skilja m^
iikkur, |>ikki m6r ok betra at deyja og ver^a fieerSr I eion bang ok
bl^'>^ir nünn, holdr en Ufa eptir hann daui^n, I)6tt ek bef<^a sigr fengtt.
latlu si^ar do Onundr. L^tu [)eir f>ä taka til haugsmidar; gekk {)at
skjiUt, t^viat niargr var madrinn. En er f>at yar gjort, vom ^m b45ir
bm'^r i haug lag5ir; sat k sinum st6li bverr {>eirra, ok höf^o tafl ä
inilU ^^r; (uir var kesjan ok bryn^Tarinn sett hj^ {>eim, mikit gnll ok
silfr var lagt i hauginn hja )>eim, sf^an var bann luktr ok Isestr.
Vioti^r und Bl;^vu:ii $ind betrübt über den tod der beiden beiden, die
iue so si'hmählich betn^gen haben; sie halten ihr gelübde and nennen
um' si>hne Onundr und Randrer; diese holen, als sie erwachsen sind^
dio waHen aus dem lolenhögel. —
3) Vermischtes. Als meisterdieb wird der zwerg Alfrig erwähnt
in dt>r Villgalms saga ^>$s cod. 343 a 1^ bl. 32 t. Ein riese nimt einem
awerg^^ Andvari eine brünne ab. bl 32. Die zwerge sind die besten
schmi^Hle« und köon^» wafien schmieden^ die nur durch andere ron
ihiitMi s%.'lbst giK^^hmiedete waSen vernichtet werben können. TgL S^ra
af Fcrtram ok Flato cod. AM. 395 fol. s. 730: |>ess biJ> eg |)ig, a«5 {)ä
[ • der Äwerg Litur| smiMr |»essum ki^ngssyni herkläe^i metJ sTed>i, so
cttgiu sj^' tHj»im betri. t^g btti engin Jam nema sver>L'^. sen |>eim
(v Igir
UL HomaL (YSfaa).
IHe folgende gesciiichce entstamt der Ambalessaga« exBem jnn-
gt»a priHiakte. tu weichem die Amietsage in wunderlicher ▼erzemmg,
xeniULckt mit abeuteucrüchen ersahluagen von kämpfen vor Koostan-
uii[s;{K^t. m ^(Milieu, der Tartaiei- usw.. ecsefaeinL Die hanifecfariften
cvhL am. 3:ft V a— vi pap. >iad uu 17. Jahrhundert ^:eschrieben. Ich
t^»ige o-'d. o:il i> \'
V;>iva ein var : nk.i ^aImaas kougs. p«» eigi af cr'>Uufli kt^mnoL
SU ^ar &.»ru i ruOrjiru »g tjöikunnug. ruii vuända« og crvxgYt-') |>ä. seoi
tnicgr'it lcicu>u. -.»u >rv.r vuu.isk'.i vi> ba. >em ili ri^ icra. Hiin var
^'r-^uii^vijcnK b^' iiun vtir vt^a j«^ vjr>iiii:tmi meän. s^? diftcamt ^«joi
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ZT7R MITTELISLXND. VOLKSKUNDE 15
maigt satt um forlög bama feirra, sein hün tök frä mötJurlifi. Og sem
hün spurSi ])aÖ, Amba drottning haföi barn aliö, og ei til köllub verib,
fylltist hün ^andskapar og blandaöi^ kyngi^ vi^ ^rapt sinnar reiöi, tök
sjer ferö fjrrir til köngsins borgar og hitti ömbu drottningu; var h(in
J)& öljett atS barni sinu. —
Die Völva wünscht der königin und ihrem ganzen hause verder-
ben. Der könig will sie töten lassen, die königin aber sucht sie zu
versöhnen.
Oekk nü drottning völvuna aö finna, var hün I)ä til feröar büin;
bauff drottning henni allar sa^mdir meö langvarandi vistum og vinättu,
og baö hana sjer |)jönustu ab veita, nser sitt föstur faiddi. En völvan
vildi |)aö ekki og kvabst ekki hennar kostu figgja, en vitja mun eg
]>In, naer bamib fgeWr. Slöan Ijettu fser skrafinu, veik nornin so i
burtu. En er sü W5 kom, aö drottning kendi sjer söttar, kom nomin
meö h^ru bragöi og fjönaöi drottningu me6 bestri alüö, lagöi hana i
vel büna sseng. Drottning haft5i striöa sott, ^6 lukkaöist henni allt vel,
f^eddi hün sveinbarn stört älitum og Äsjälegt^ til aö Uta, so fkjur fötti
ä f>e8sum burö. Nornin I>jenti sem best hün kunni drottningu og
baminu um ssengurferöina og leiddi drottning ür hvilu i haefan tlma.
(bl. 1 V fgg.) -
Die Norne kann ihre Verwünschung nicht mehr zurücknehmen,
doch dem neugebomen (Ambales) verheisst sie eine ruhnareiche zukunft.
IV. S^üpusOgor.
Eine besondere gruppe von märchen, die wir nach den Zeugnis-
sen FAS I, 31. EMS VIU, 18. Ö. T. pra)f. (s. Vigf. Dict s. v. stjüp-)
wol als einen der ältesten märchentypen ansehen dürfen, bilden die
stjüpmsöbrasögur oder stjüpusögur (Isl. fjs. II, 304). Von solchen
finden sich noch einige unedierte in der arnamagnäanischen bibliothek,
die zum teil ziemlich alt sind.
1) Eine solche ist z. b. die saga af Sigurgart3i frsekna, von
der wir membranfragmente aus dem 15. Jahrhundert (cod. AM. 556 a 4®)
besitzen.
H16ger5r, die zweite gemahlin eines königs, beseitigt diesen und
verwünscht ihre drei Stieftöchter:
Nü legg eg fab ä systur flnar, aö Hildr skal veröa aö gyltu,
og skulu grisir mfnir sjüga hana, en Sign^ aö fl6katr\T)pi og skulu
1) Hs. blöndaä 2) IIs. kyngu
3) So mit 521 a 4^; die hs. hat 6dsjale(jt.
16 JIRICZKK
gra^hcstar mlnir elta hana samt legg eg ä |)ig, a$ {)ü skalt
engum trd vera og hvern biöil svlkja eöur ta3la skulu öU |)essi
älög haldast met^an {)d lifir, nema einhvorr bi^la {)in]3a spreng! egg {)ai5
k nösum |)jer, er Qör mitt er 1 fölgiö og eg sj&lf geymi, og mun |)at3
seiiit veröa, sem eg og vildi. Nög er msBlt um sinn, segir konungs-
döttir, og skal nü t)etta {)itt seinasta ord, hversu lengi sem pü lifir
h6^an af. Hl^ai^r setlabi |)ä at taia meira, en geispa^i og gat ekki
ma?lt (c. 3 der Reykjavfker ausgäbe).
Mit hilfe zweier zauberkundigen brüder gelingt es indes Sigur-
garö die schwierigen aufgaben, an welche die entzauberung gebunden
ist, zu lösen. So komt er (unter dem namen Enütr) einmal zu einem
einsamen iiause in der wildnis und übernachtet dort mit seinen zwei
begl eitern: Er I)eir vom nd sofnaöir, {)ä 16t Knütr illa 1 svefni, fa}r5i
hann faeturna viö |)ilinu; var |)& ylgr komin 1 fang honum ok vildi
blta hann, en hann tok sterkliga f möt; hön fsprbi kryppuna viö ])ilinu,
en setti kloömar I bringu honum. HarÖr hrökk undan sviptingum l)eir-
ra, setti hann kryppuna vib timburveggnum, svo at hann brotnaiSi ok
komust |)eir |)ar üt Stigandi krtekti 1 huppinn ä ylginni ok reif üt
ür heuni gamimar, en HörSr hljop ä bak henni ok brotna^i ])&, 1 henni
hryggrinn. En svo haföi hön sett klsemar I bringu Knüti, at berir
skinu viö bringuteinaniir; |)ä var H16gerÖr far komin. Knütr hjö til
)iennar, en hön varb at kräku ok flö upp. Höggit kom k va'nginn ok
tök af henni va^nginn; flö hön pa til norbnrttar ok hvarf |)eim skjött;
I)eir föru nü jeptir blöÖdreQunum (cod. AM. 556 a 4^ perg. 15. Jahr-
hundert bl. 1).
Knütr geht den blutspuren nach, bis er endlich die krähe findet
und ihr den lials umdreht; ihr lebensei nimt er zu sich; bei ilirem
tode entsteht ein erdbeben. Auch die brüder der H16gerÖr werden
erschlagen. Nun folgt die entzauberung der drei Schwestern.
Das ist der leitende faden in dem bunten gemische von aben-
teuern, w^elcho die saga bilden.
2) In die Jons saga leikara (hdschr. erst aus dem 17. Jahrhundert)
ist folgende Stiefmutter- (Wer wolf-) sage verwebt.
Vargur sä, er herra Jon haföi Iff geiiö, var köngsson af Fleemin-
galandi og oröinn fyrir höröum alöguni af simü stjüpmööur, hafbi
hün losti«5 hann ülfshandska og s^ndist hann af I)vf vargur vera, eu
hann var {)ö rauuar ägaotur ma^ur og hjet SigurJüur. HafÖi hün so
fyrir ma>lt, aö hann skyldi I I)eirri änau<:s vera, {)ar til er nokkur maö-
ur yrbi sfi, a<s heldur kjöri Iff hans vargsins hins versta og mesta
spillvirkja en all« kontir voraldar sa>indir, hug^i hün ])ti!S mundi aldri
ZUR MITTELISLÄND. VOLKSKUNDE 17
veröa. En |)essi sami SigurÖur för ä fand herra Jons, J)Ä hami haßi
köngdöm tekiö og sagbi honum |)enua atburö, För herra Jon
köngur meö Sigurbi til Fleomingalands og töku vonda vsett, stjüpmöö-
ur hans, drögu belg 6 höfuö henni og böröu grjöti til bana, brenn-
andi [hs. add. hana] sliSan ä björtu bäli hennar herfilega hrae, en
sökktu (hs. sockte) öskunni i saltan sjö (cod. AM. 174 fol. bl. 10).
V.
Eine alte Werwolfesage ist uns in der Älaflekkssaga erhal-
ten, die in zahlreichen handschriften vorliegt; membranfragmente rei-
chen in das 15. (cod. AM. 589 e 4®) und 16. Jahrhundert (cod. AM. 571
4^) zurück. Die folgenden mitteilungen sind aus der papierhandschrift
cod. AM. 182 fol. (17. Jahrhundert, von der band des Jon Erlends-
son) entnommen. Sie umfassen den ganzen ersten teil der saga in
unverkürzter form (nur cap. V ist zum teil blos in Inhaltsangabe mit-
geteilt).
I. RlgarÖur hjet köngur, hann var sonur Hälfdanar Brönuföstra,
hann rjeöi fyrir Englandi; hann var allra könga vitrastur, svo hann
vissi fyrir öoröna hluti. Hann ätti sjer drottningu er Sölbjört hjet,
hün var hvörri konu vsenni og vitrari. f au köngur og drottning ättu
ekki barn og |)ötti |)a<5 mikiö mein. Garöshorn eitt var skamt frä borg-
inni, {)ar ätti fyrir a$ rä^a kall sä er Gunni hjet; hann ätti kellingu
I>ä er Hildur lyet Kall ätti skög einn og f()r |)angaÖ hvöm dag ai6
vei^a d^r sjer til matar. Eitt sinn segir köngur, aö hann vill büa skip
sfn ür landi og setlar aö halda I leitJangur og vera I burt lU vetur.
Drottning mselti til köngs: eg er ekki kona ein sömun, |)vi eg er meö
bami. Köngur meelti: ef fü fseöir sveinbarn, fä skal faö üt bera, fvl
aö ef |)aö heldur llfi, mun l)aÖ |)rautamaÖur veröa; en |)eir faö vilja
ei gjöra, skulu Ufi fyrir t;^na; en ef I)ü ätt döttur, skal hana uppfeeöa.
Drottning varö öglöö vi(3 sUka hluti; skilja |)au nü so slna rseöu. Gekk
köngur nü ä skip og kvaddi drottningu slna og fä, eptir vorn, og hel-
dur burt af Englandi og fekk freegt^ mikla hvar sem hann för; en drott-
ning var nü eptir mjög öglöö, og kom naerri feirri stund er hün skyldi
ijettari veröa. Hün feeddi sveinbarn og var {)aÖ bseöi mikib og vsent;
hann haßi flekk ä haögri kinn. Drottning skipar tveimur l)r8elum aö
bera üt sveininn; |)eir gjöra svo og bera sveininn ä skög Gunna,
bjuggu um hann undir einu trje, föru heim siöan og sögöu drottningu
aö |)eir hefbu tort^nt sveininum, en hün trüöi. Einhvörn dag gekk
Gunni til skögar sfns og seüaöi aö skjöta dyr; hann heyröi |)ä öp mikiö,
skundar |>angat$ og sjer bamiö og sj^nist sveinninn fagur, tekur upp
ZEITSCUBIFT F. DEUTSCHE PHD-OLOQUE. BD. XXVI. ^
18 JIBICZK
og fsBr kellingu sinni og biCur hana leggjast ä gölf; hün gjörir svo,
laetur sem hün feetJi sveinbarn |)etta. Kall og kelliDg unnu mikitS svein-
Inum; öx hann |)ar upp, en hvört {)at$ nafa er, |)au gäfü honum at$
kvöldi, mundii |)au ekki aö morgni.
IL Nu er ^ar til aö taka, er köngur kemur heim ür leiöangri, og
finnur drottning hann og segir honum hvörsu hün hefur gjört; hann
spyrr, hvar |)eir sjeu, sem sveininn höf(^u üt boriö; feir vorn kallaöir
og sögöust hafa deytt sveininn, en köngur kvaöst ei trüa. Einhvörn
raorgun stöö Gunni upp stillilega og gekk aö rümi I)vl er sonur hans
lä i og maelti: Sefur {)ii, Ali flekkur? en hann sagöist vaka. t^etta
nafh bar hann sl^^an; 1)6 var hann VIII vetra og boßöi var hann vsenn
og mikill. Köngur Isetur stofna veizlu og bjööa öUu störmenni er i
landinu vorn, og |)eim far komnum veröur pris og gleöi 1 höllinni.
Gunni og kelling föru til J)eirrar veizlu og vorn utarlega 1 höllinni og
Ali flekkur var far m&6 feim. Hann gekk innar fyrir köngsborö: drott-
ning sat ä einum stöli og er hün sjer Äla flekk, roSna^i hün mjög og
horföi ä hann; |)etta gjörir köngur ab Uta og mselti til hennar: I>vf
horfir |)ü ä |)ennan mann eöa fikist fü kenna hann? Drottning svar-
ar: Ei kenni eg |)ennan mann til fulls, en |)ö hef eg sjeb hann fyrr.
Köngur Ijet |)ä kalla k Gunna og kellingu hans, |)au koma fyrir köng
og kvebja hann; köngur mselti: Eigi {)iÖ |>ennan unga svein? Gunni
sagt5i: vlst ei er hann okkar sveinn, og segir hann nü hvörsu hann
fann sveininn, og er nü gjört bert fyrir alf^Vtiimni, ab Ali er köngsson.
Er hann nü meb fööur sinum vel haldinn. Köngur gaf Gunna göbar
gjafir og föru |)au kelling heim til sf n , en Ali var meb köngi og hafiSi
jafhan XV leiksveina.
III. BlÄtönn hjet ambätt ein er var i köngsgarbinum, hün var
öllu illa fallin. Eitt kvöld var I)ab, ab Ali köngsson var einn üti stadd-
ur, |)Ä kom BlÄtönn |>ar; hün grenjabi illilega og maolti so: Ali, sagbi
hün, |>ü hefiir mig aldrei göbum orbum kvatt, skal og launa |)jer |)ab,
|)vi |)ü skalt nü pegar i stab verba fara ä skög og ei Ijetta fyrr en |)ü
kemur til Nöttar systur minnar, henni sendi eg |)ig til bönda. Ali
msplti {)fi: ])ab meeli eg um, ab |>ü farir til eldhüss, og verbir ab einni
hellu og skulu |>rpelar kynda eld ä |)jer, en ef eg kemst firä Nött
tröllkonu, |)ä skaltu klofha 1 sundur og lata svo Hfib. BlÄtönn meelti:
})ab vil eg, ab |)etta haldist hvorki. Ali kvab I)etta verba statt ab
standa og I)egar för Ali ä skög, en hün 1 eldahüs og varb ab hellu og
kyntu I)rflelar eld ä henni og stob hennar eefi |)ann veg. Leiksveinar
Äla leita hans nü naerri og fjfiorri og finna hann hvörgi. teir sögbu
{>etta köngi og drottningu. Köngur mselti: nü er {)ab fram komiö, er
ZUR MITTRI.ISLXnD. VOLKSKUNDE 19
eg vissi fyrir, aö |)essi sveinn mundi fyrir miklum ösköpum veröa,
veit eg, bann er nü i tröUa hendur kominn, og mun eg |)vl ekkriäta
hans leita, Graetur drottning nü og allir at^rir.
IV. Nü skal frä Äla flekk segja, aö hann liggur üti ä mörkiim
XVllI daga. üra siöir kemur hann 1 dal einn. Ali var |)ä illa klsedd-
ur. Hann sjer |)& hüs mikib; |)angab gengur hann og sjer J)ar konu
eina frf(Sa. Hün heilsar Äla flekk meö nafni, en hann undrast ^etta,
mjög og mseiti: hvört er nafn I)itt, I)ü heilsar mjer svo kunnugliga?
Hün meolti: gjörla kenni eg I)ig, Ali flekkiir, og svo veit eg hvört I)ü
ert sendur. Fyrir dal J)essum rsebur mööir min, er Nött heitir, til
hennar varstu sendur. Fa^ir minn var raennskur mal5ur og til hans
bregöur mjer, atJ betur er, og heiti eg Hla%erÖur. En ef |)ü ferr hje^-
an, muntu finna hellir störan, honum styrir möt5ir min. En nser |)ü
kemur J)ar, müntii öngvan mann sjä, ])Yi aö ei er Nött heima og aldrei
kemur hün heim fyrr en langt er af nött En sera hün kemur heim,
mun hün feeöslu neyta; hün mun bjöt5a aö |)ü skulir jeta meb henni,
en {)ü munt ei vilja. Hün mun |)ä so segja: |)ü skalt ekki mat fä
fyrr en |)ü veröur feginn. Hün mun |)& til ssengur fara og bjööa I)jer
a$ liggja hjä sjer, en |>ü skalt |)at3 ekki vilja; |)at3 mun henni illa llka.
Hün mun sofha snart, {)ü munt og sofna og ei fyrr vakna en byrgö-
ar eru allar dyr ä hellirinum; i burt mun ])ä Nött; ])ä skal eg senda
tu |)(n skikkjurakka minn meö ])k hluti, er {)jer {)arfna8t. Me^ J)vl
muntu lauss verÖa, aö hann leysi |)ig üt; en ef hann ferr meß flesk
nokkurt, |)ä tak, og er |)ü kemur ä I)aÖ tjall, er fyrir ofan er hellir
Nöttar, legg |)aÖ |)ar niöur 1 götuna og mun hün ])k ekki lengur fara;
^enda far |)ü I burt hjeöan nü, ^vi ab mötiir min veit ei, aö {)ü ert
hjer. Ferr hann nü f |)ann hluta dalsins er myrkt var. Hann kemur
aö einu stigi störu, far var klappat) i spor. Ali haföi öxi 1 hendi, er
BüatJgerÖur gaf honum, hann krsekti henni 1 sporin og las sig svo upp
k bergiö. Hann sjer ^k hellir störan, snj^^r hann |)Ä aö hellirinum og gekk
inn, og var ^ar beeöi fült og kalt og ekki n^lega kynt. Hann settist ni^ur
viö hellisdyr og beiö |)ar til dagseturs og kom flagöiö ekki heim. En
f)& |)ribjungur var af nött, heyrCi hann dunur störar, sä hann, flagbil5
skauzt 1 skälann; hün var 1 skorpnum skinnstakki, og öngva skepnu
{)ötti8t hann ferlegri 8J6Ö hafa. Hün tök til ortJa: vel veröi Blätönn
systur minni, er hün sendi |)ig, Ali, mjer til bönda, en illa gjöröir fü
{)at5, er I)ü lagöir ä hana. Ali svarar öngvu. Nött bjö til feeöu hrossa
kjöt og manna og bauö Äla, en hann neita^i. Hün sagöi, hann skyldi
ei mat fk nema ef hann yr^ii feginn. Hün bjö |)& sa3ng, lagM nitJur
einn beö af geitskinnum; hün baub Äla aö liggja hjä sjer, en hann
2*
20 JIBIOZEK
vildi ei; henni llkar I)aÖ illa og kvaö hann raundi feginn verba, og
sofhar skjött, ^\i hün var möö. Ali sofhar og vaknar ei fyrr en all-
Ijüst var 1 hellirinum og Nött var 1 burt og byrgöar allar dyr. Ali
stendur upp og gengur til dyranna og sjer, aö bora ein er ä hellirin-
um og sjer I)ar üt, aö sMkkjurakki HlaÖgerÖar er kominn og hefur
grafib rauf ä berginu meö tr^ninu. Ali ferr |)Ä ür klseSunum og getur
smogi^ üt {)essa boru, og sjer, a)5 hundurinn berr ä baki sjer flesk af
svlni, og klajöi haföi hundurinn raeöferöis og göt5a fsQ^n. Tekur hann
nü alla l)essa faiöu af rakkanum^. Neytir hann nü sem hann lystir.
El8e<3in vora Äla mätuliga snit3in. En sem hann haföi eti(3 og drukk-
iö, byst hann til feröar og gengur uppä iQalliö; og er hann kemur
I)ar, skerr hann niöur fleski?5 1 slööina og gengur so burt üt um mörk-
ina og mikla sköga marga daga og ei kann hann veg til foSur slns,
og aldrei veit hann, hvört hann ferr.
V. Einn dag kom Ali fram i eitt rlki rajög stört; hann sjer
b(Bäi smä bcei og störa og eina furdu störa borg^; pangaö gengur Ali,
og er hann kom a^ hallardyrum biöur hann dyravöröinn inngöngu,
eptir spyijandi hvörr setti fyrir aö räöa ^eivn borg, teir segja, mey-
köngur einn räöi |)ar fyrir, og hün heitir torbjörg, og hefur hün n^ftek-
ift viö fotJurleifÖ sinni. Ali gengur nü fyrir meykönginn og kvaddi
hana. Hün tök honum vel og spyrr hann aö nafni; hann kveöst Stutt-
hjeöinn heita. Eg vildi fä vetrarvist hjä yöur, segir hann. Meykön-
gurinn jätar |)vl og skipar honum hjä gestum ä enn öse^ra bekk. I'essi
meyköngur var bseM vitur og vepnn. Stutthjeöinn kom sjer vel i vin-
kttxx vi^ meykönginn og raat hün hana mikils, og unnu honum allir
hugästum. Stutthjebinn var mjög fälätur um veturinn. Meyköngur
spyrr slna raenn, hvaöa mann ^eiv setla Stutthjeöinn vera; feir segjast
|)aÖ ei vita. teir spuröu hana hvaö hün setlaöi. taö setla eg, segir
hün, aö hann sjo köngsson, og setla eg hann oröiö hafa fyrir älögum.
Feinde machen einen einfall in das land der königin, die ihre
band dem verspricht, der sie aus dieser not errettet; es gelingt Stutt-
hjeöin, die eindringlinge zu besiegen.
VI. Nü gjörir Ali bert fyrir all);^bunni, aÖ hann sje son Rlgarös
köngs af Englandi, og heimti fram I)au heit, er meyköngurinn hjet hon-
um, og mselti hün ekki a möti og var ])k büiö til brullups (sie). Gekk
Ali a?) eiga forbjörgu drottningu og var veizla hin df rlegasta. Og um
1) rakkanuni] vorhat' hundinum utUerpungtert,
2) Die cursiv gedruckten werte aus AM. 181 m fol. ; mit geringen abweichun-
geii in allen handschriften ausser AM. 182 fol., 588 o 4», 592a 4*» (in 589 e 4« ist
diese partie nicht erhalten). 4
ZUR MITTELI8LÄND. VOLKSKUNDE 21
kvöldiö er I)au Ali og torbjörg vom leidd til einnar ssengiir, ß& kom
Glööarauga, einn I)^fbormn |)r8ell, er var 1 borginni, brobir Nöttar tröll-
konu. Hann gekk at5 Äla og mselti ögurlegri raust: Gott hyggur |)ü til, iü,
segir bann, at5 sofa hjä meykönginum, en nü skal eg laiina |)jer, ad
|)ti lagbir ä Blätönn, systur mlna, og legg eg {)a<5 ä |)ig, aö |)ü vei^ir
aö vargi, farir ä skög og drepir böeöi menn og fje, og 4 |)al5 skaltu
mest girnast, er meyköngurinn ä. En Ali raselti |)ä: Mel5 |)vl, Glööar-
auga, segir hann, aö |)ü hefur mei!) fullum fjandskap ä inig lagt, maeli
eg |)aÖ um, aö |)ti sitir 4 I)eirri kistu, er I)ü situr ni\ ä, og sepir upp
bsebi nött og dag 4 meöan eg er I Älögum, en ef eg kernst ür |)essum
41ögum og |)ungam |)rautum, ^ä skulu II l)r8elar leiöa |)ig til skögar
og hengja ä gälga. Glööarauga grenjaöi |)ä og mselti: I)aÖ legg eg til
viö |)ig, Ali, {)& t)ü hefur eytt öUu fje i rlki drottningar, |)ä far |)ü f
rfki foöur^ ^ins og eir ^slt hvorki ije nje mönnum, og skal |)jer ekki
til undanlausnar, nema nokkur biöi griöa fyrir I)ig, |)ä |)ü veröur
tekinn; en |)aÖ mun aldrei veröa. l^egar 1 staö hljöp Ali ä skög og
varb vargur, reif bseöi menn og Qe. En Glööarauga aeröist bseöi naetur
og daga og fengu menn drottningar af |)vl miklar önäöir, j)vl öfagurt
var til hans a» heyra.
Vn. f aö er af Äla aö segja, aö hann eybir öUu Qe f orbjargar
drottningar. Eptir j)etta för hann burt ä merkur og sköga og kemur i
rlki fööur slns og reif I)ar baeöi menn og fje til dauös. f etta er sagt
köngi og Isetur hann hina bestu menn saman kalla og frjettir ])ä räöa,
en allir skutu til hans um I)etta vankvaeöi (sio), Pa^ er mitt räö, segir
köngur, aö leggja HI merkur silfiirs viö varginum og skal sä I)aö eiga,
sem varginum veröur aö bana. I^etta Ifkar ölhim vel; slltur nd t>ing-
inu. En vargurinn rlfur hjörö köngsins enn meir, og nü b^r köngur-
inn sfna ferö og «etlar aÖ veiöa varginn; ffeta petr pä slegiä kring
um hann. Köng^ir eggiar aä drepa [hann] en^ f J)vl bili hleypur
vargur üt yfir mannhringinn, {)ar sem köngur er fyrir, og höföu ^6
hans ei meira og fara heim viÖ so büiö. Paö kvöld kemur vargurinn
f garöshom til Gunna og Hildar. Par Isetur hann alt 1 friöi og settist
f garö üti. Kelling mselti viö kall sinn : Engin augu hef eg likari sjeö
en i vargi J)essum og voru^ 1 Äla flekk. Ekki s^nist mjer |)aÖ, segir
kalUnn. Kelling gekk i bür sitt og kom üt aptur meö trog füllt meö
pörur og margt hask* og setur niöur fyrir varginn; hann var {)4 all-
1) ife. födurz. 2) Aus AM. 181 m fol. 3) Hs. var
4) para f = seginentum cutis vel caniis (Bj. Haldarsons lex.); hask =? die
haudschriften haben folgende Varianten: hask 182 fol., 1811 fol., 588b 4°, 588p 4**;
22 JIRIOZEK
svangur og tekur til aft jeta tU* troginu og l^kur bann I)vl öUu og
hleypur burt slban og rifur niöur birö köngs og & J)es8ari nöttu drep-
ur bann III birösveina köngs. Um morguninn saekir köngurinn og
allir |)eir nälsegir vorn aö varginum og so veräur ad peir sld hring i
kringum kann; bann setiar |)ä ab stökkva üt yfir bringinn, 1 I)vi kem-
ur köngur själfür og gat bandtekiö bann. Hann frjetti, hvöm daaö-
daga vargurinn skyldi fä. 1 |)yl bili kom ELildur ab svo maelandi: gef
varginum griö, berra, segir bün, en eg vil borga, ab bann skal öngvum
manni mein gjöra. teir, er bjä stööu, b&bu könginn svo gjöra. Köng-
ur maelti: veita mundi Ali |)jer |)ina bön, ef bann vseri bjer, og fyrir
bann vil eg veita I)jer |)aÖ, |)ü bibur. Hün {)akkar köngi og för beim
meb varginn. Köngur för heim og bans menn. AUa |)ä nött vakti
Hildur yfir varginum 1 bvilugölfi bjä sjer; og er kemur ab mibri nött,
so&ar Hildur, og er bün vaknar, sjer bün mann liggja 1 bvllunni;
pekkir bün |)ar Äla flokk, en vargshamurinn \k nibri bjä HildL Hün
stendur upp og vekur Giuina, bün bibur bann upp standa og brenna
sem skjötast vargsbam |)ennan; bann gjörir svo. Hildur tekur vfn og
dreypir ä varir bonum, tekur bann |)ä ab na^rast, og er bann matti
msela, spurbi hann, bvörr bonum befbi ür k naubum komib. Hildur
segir til sfn; hann varb \ik feginn föstru sinni og varb {)ar fagnabar-
fundur; sofa I)au til morguns 1 göbum fögnubi. Ab morgni föru j)au
til köngshallar, segir Hildur köngi alla sögn hvörsu farib hafbi. Köng-
ur verbur nü feginn syni sfnum og allur Kbur, einkanlega drottning
möbir bans. Ali tekur ona sömu leiksveina, er fyrr hafbi bann, og
skilja J)eir hvorki nött nje dag. Nü er ab segja frä Glöbarauga, ab
I)ann dag, sem Ali körnst ür älögum, leiddu II j)röelar hann til skög-
ar og hengdu hann ä g&lga og urbu j)ab bans tefilok. Ali er nü
boima meb slnuni föbur og er nü vinsa>ll af öUum. —
Den rest der saga (c. VIII — XII) bildet eine bunte reihe von
abenteuern. Ali wird durch einen rutenschlag des trölhveibes Nött
aussätzig, und irt in allen ländern heilung suchend herum. Ein bru-
der der Nött heilt ihn endlich, ohne ihn zu kennen. Durch list gelingt
es Ali, Nött und ihre drei brüder zu töten, und endlich kebii; er wider
in sein Vaterland zurück.
VI. Vermischtes.
Kaum übersehbar ist die menge von abergläubischen Vorstellun-
gen, die sich an waften, gewänder, ringe und dergl. knüpfen. Bei der
hark 181k foL; hiiask 181 in foL; ausgelassen in 592a 4°, .588c 4<», 395 fol.; unle-
serlich in 589 e 4°; (571 4® ist die stelle nicht erhalten).
ZUR BaiTBUSLÄND. VOLKSKUNDE 23
ins Unkraut geschossenen phantastik jener sögur gibt es kaum eine
handlung, die der held der erzählung aus eigener kraft vollbringt,
überall wird er von zauber unterstüzt: er bekonit eine sldkkja oder
einen kufl^ dem weder gift noch waffen etwas anhaben können, steine,
die ihn vor hunger, durst, ermudung schützen, unsichtbar machen usw.
Es wäre eine ziemlich überflüssige arbeit, hier auch nur einen kleinen
teil der zahllosen stellen anzuführen; sie würden dem sagenforscher kaum
etwas neues bieten. Nur auf einige minder bekante typen möge hier
verwiesen werden.
QSregg. In der jüngeren Bösasaga (hdschr. des 17. Jahrhunderts)
spielt bei dem kämpfe Bösis und Herrauds mit der hofgyäja (entspre-
chend der partie c. YIII der alten Bösasaga) das lebensei der hofgydja
eine bedeutende rolle. Bösi erhält darüber folgende auskunft (cap. X
meiner ausgäbe): Qör hennar (sc. gydju) er 1 einu eggi og liggur k |)vf
gammur edur dreki 1 einum hellir og er hann övinnandi; og aldrei
sefur hann nema um solar uppruna, en ]}6 ei lengiir en rodmi solar
kemur k ski^in; eru tvö eggin 1 hreidri gammsins, annad er fjöregg
gydjunnar, na}r |)ad er brotid, bllfur hün daud, en annad eggid er
köngsgersemi mikid og er fegra gulli; Qöreggid er rautt sem blöd. —
Vgl. hiezu die oben s. 16 angeführte stelle aus der saga af Sigurgardi
frsßkna. Rot ist auch die färbe des Ufsteinn in Sigurdarsaga I)ögla
s. 37 der Keykj. ausgäbe: En ^6 var einn Iftill pungr festr vid medal-
kaflann [sc. sverdsins] ok |)ar 1 lifsteinn raudr at lit; ok ef hann var
ändinn vid vfn ok borinn svä ä eitrat sär, I)ä drö |)at üt allt eitr. Vgl.
auch unten das Ufguli
Widerbeleben toter. En sem leid ad midjum degi, kom flölm-
gridr 1 sfnum gamla drekaham, so alla felmtradi; flaug hün |)angad
sem hinir daudu jötnar lau og hristi einn belg, vid |)ad stödu I)eir ä
faetur og bördust höfudlausir med a3di og sköku sfnar jämkylfur (Saga
af Fertram og Plato AM. 395 fol. s. 739). —
Yaka mun og 1 nött og vita, hvad til berr, ad troll og blämenn
{)e88ir li&a upp aptur og berjast vid okkur. Oengur hann f)ä ilt 1
ölpu sinni og hefur öxi slna f hendi og leggst nidur ä valinn ä medal
hinna daudu og verdur hann einkis var fyrr en ä möti degi : sjer hann
ad kella ein kolsvört nema hvlt ä einni löppinni gengur ad valnum og
rjettir |)ad hvfta f munn eins hins dauda og fer hann {)egar ä foBtur og
hristai* sig. So gjörir hün ödrum og fer 4 sömu leid. Oengur hün nü
ad Tryggva, |)vi hann var {)eim naerstur, og rekur |)ad hvfta ä löppinni
uppi hann, en ^bjH var raunar Ufguli. Tryggvi erschlägt sie, sie war
die mutter des Galdraköngur. (Sagan af köngabörnum Sigurdi og Sig-
24 JIBICZEK, ZUR MITTELISLÄND. VOLKSKUNDE
nfixi einninn Tryggva kallssyni. Kopenh. kgl. bibl. Ny kgl. saml.
1802. 40. paphs. d. 17. jhd. s. 14 fg.).
Waffen. Eine eigentümliche beschreibung eines Schwertes, welche
geeignet ist, licht auf die schwertschilderung in Helgatvi|)a Hj(}rvarj)s-
sonar str. 9 zu werfen , findet sich in Vilhjälmssaga sjöds 343 a 4^
bl. 32: sverd I)at var VI spanna hätt 1 milli hjalta ok höggstadar; svo
syndist, sem einn vargr hlypi undan hjöltum J)ess ok fram k oddinn,
ef nidr vissu hjöltin, en ^k undir hjöltum, ef upp vissi oddrinn, ok
var sem hann elti einn ikoma. — Söti er biksvartur og hann er verst-
ur, hann hefur amgeir störan og engin jtoi blta hann; hann ma
kjösa mann fyrir amgeirinn hvöm dag sinn, I)egar hann veit |)eirra
heiti. (Ulfs saga Uggasonar cod. AM. 395 fol., s. 784.)
Ein riese besizt eine wafife: hann hafdi järnstaf i hendi ok var
geirr Odins ^ markadr d framanverdum ok s^^ndist honum (seinem
gegner) sem eitr sindradi iir oddinum. (Sagan af Sigurgardi fröekna
cod. AM. 556 a 4» bl. 2 v.)
Fliegender Mantel. (Der zauberer Jönar) ätti klspdi I)at, at
leid 1 lopt af nättürusteinum sem t)ar vorn i fölgnir, og rlnstöfum,
sem I)ar vorn 1 saumadir, ef |)eir vorn röttilega lesnir. (ebd. AM. 167
fol. s. 80.) Ebenso wird in Saga af Victor og Blaus (bl. 32, 36 in
cod. AM. 125 4^) ein kUeäi mit runen erwähnt; liest man die runen
zur rechten, so erhebt es sich in die luft, liest man sie zur linken, so
senkt es sich.
Der typus des „Tischlein deck dich^ findet sich in der Saga
af Victor ok Blaus (AM. 471 4^ s. 194): tekr BlÄvus einn borddük
saumadan af {)rädum ens besta gulls ok i sundr rekr (hs. rekjandi);
vom I>ar i innan konungligar kräsir. Par var ok i ein kanna stör, füll
med plment ok clÄri, |)vlat hün var med gölfum gjör. Eta nü ok
drekka. Bl. talar |>ä til köngsins: varastu, sagdi hann, og kasta öngu
i burt af I)essari fsedu, |)vfat dükrinn berr |)ä nätturu, at fsedan öU er
en sama, |)egar hann er saman vafdr; sömu leid er kannan füll med
&dr nefhdum drekk, I)egar lokit kemr yfir hana, ef eigi er aUt af
hennar botni.
Schliesslich folge hier noch eine stelle aus der Sigurdar saga l)ögla,
(R ausg. s. 41), die uns ein sonst nicht erhaltenes bruchstück des
isländischen physiologus überliefert. (Der Verfasser der S. s. J). hat
1) Zu der auffassung Odins als unhold, die hier durchleuchtet, vgl. auch c.lX
(meiner ausgäbe) der jüngeren Bosasaga, wo es (in einer jüngeren form der Buslu-
been) heisst: [bui (>er sneypu] dimmar drottir og dofrar leidir, allir arar ok Odinn
^älfur.
CnERING, ZUR LIRDER-EDDA 25
nachweisbar schriftliche litteratur pseudogelehrter natiir benüzt: er nent
Ovid cod. AM. 189 fol. s. 109, und sagt cap. VIU (ebd. s. 18 fgg.): ^ess
hättar tröllakyn er kallat i bökum cyclopes).
Margar nättürugjafir hefir hann [der löwej ok merkilegar. Hann
sefr opnum augum ok sör allt |)at, at hänum ferr, sem hänum mä
geigr edr grand at verda. Kvennd^Tit feedir dauda slna hvälpa ok svä
liggja |)eir Uflausir HI daga ok III nsetr, ok sldan kerar til karldVrit
og blsess at hvälpunum, {)ar til er ^eir lifna, ok merkir hann i pessu
gad själfan , er sinn son reisti af dauda ä |)ridja degi eptir plning slna.
Hann slsedir jördina med sfnum hala, svd at eigi megi kenna fötspor
hans. Meistari Lucretius kaUar helgan leöninn f sinni nättüru, |)vl at
hann grandar eigi manninura utan af särum sulti, ef madrinn görir
hänum eigi & möti, ok hann gefr ok manninn lidugan, ef hann gefst
fyrir hänum.
KOPENHAGEN, DEN 4. MÄRZ 1892. OTTO LUITPOLT JIMCZEK.
ZUE LIEDEE-EDDA.
Die kürzlich von mir vollendete metrische Übersetzung der eddi-
schen lieder (die soeben im verlage des bibliographischen instituts
zu Leipzig erschienen ist) veranlasste mich, die handschriftliche Über-
lieferung wider einmal kritisch zu durchmustern. Dabei ergaben sich
eine kleine zahl von textbesserungen und exegesen, die ich den fach-
genossen hiermit zur prüfung vorlege. Ich eitlere nach Hildebrand,
da diese ausgäbe in Deutschland doch wol noch die verbreitetste sein
dürfte.
1. VqI. 68^ schreibt B. Sijmons nach einem vorschlage von
Sievers (Paul -Braune VI, 333) berr ser i fjqprum. Ich wüste nicht,
was uns abhalten könte, auch hier das suffigierte pronomen einzu-
setzen, das z. b. Hym. 34^ (höfsk d hqfup ujyp^ statt des handschrift-
lichen höf s&r ä hqfup upp) und Hym. 36 ^ {höfsk af herpum statt höf
hann s&r af herpum) aus metrischen gründen von dem neusten heraus-
geber hergestelt ist.
2. Hym. 4^. Hlörri|)i. Der zweite teil des compositums bedeu-
tet schwerlich „eques^, da Thor nie reitet, sondern entweder fahrt oder
zu fuss geht Hl&nripi dürfte aus ^Ulö-hripi entstanden sein; *hripi^
1) ürsprÜDglich hat die zeile wol gelautet: höfsk d hctufuß.
26 GERDCG
stelle ich zu hrip, f. ^iinwetter**, ^ stürm *". Die erste silbe wird ron
Noreen (Altisl. und altnor^'eg. gramm. ' § 221, 3) wol richtig mit ags.
hlöiixin in Verbindung gebracht. Hlörripi wäre denmach ^der brüllende
wetterer •".
3. Vaf{»r. 12 \ Der name Hreit)gotar ist, soviel ich weiss, noch
nicht befriedigend eridärt Solte nicht neben dem eben erwähnten hr^
ehemals auch eine form *kreip bestanden haben (vgL skirr and dutrr
<- *sMrix)? Der name würde dann ,, Sturm- oder Kamp^oten*
bedeuten. Ebenso wäre dem entsprechend der eigenname Hreipmarr
als der ^kampfberühmte*" zu erklären.
4. Helgakv. Hund. L 17* fg. Sievers (Paul-Braune VI, 340)
l>eanstandet mit recht den vers disir supnmar und meint, dass für
disir ein wort mit kurzer Wurzelsilbe eingesezt werden müsse. Ich
glaube, dass dem verse am einfuchsten dadurch au&uhelfen ist, dass
num den plur. in den sing, verwandelt, also dis s^pna-fM. Natürlich
ist dann auch in z. 5 pa^ zu streichen und in z. 6 hildinffi statt hild-
iiiyff/M zu lesen. Heigi reiiet nicht die ganze schar der walküren,
sondern nur ihre führerin, die Sigrun. an.
5. HeUakv. Hund. I. 42^ weiss Sievers «Paul-Braune VI, 340)
nicht zu bessern. Ich möchte vorschlagen zu lesen:
stjü^ur Idtt Sipfffin< unti stopum heima.
t>. Grip. 9^ * ist von allen herausgebem misversiandea und
daher auch £adsch interpuugiert worden: auch ich habe die stelle in
meinem ciossar iSw 1S9^ sl v. imkat infolge der verkehrten interpimk-
tion unrichtig erklärt. Es ist zweifellos das komma nach hefma zu
tiL^^ und hinter Kt^UffM zu setzen: die Übersetzung hat demnacfa zu
lauten: «du wirst zuerst« o fürst, deinen vater und den ETÜmi
rächen und für alloii kummer mämlicfa für deinen eigenen kummer)
mche nehmen*.
7. Fäfn. ö". Richerts versuch, die handschzittUcfae überii^mmg
ru verteidigen lUt^a univ. äiskr. 1S77. Sw 40 fa?.* hat sicher&cii nur
wenige leser überzeug: vielmehr sieht man aLremein mit den haraus-
;:ebem die stelle als verderbt an, und mit revht Die bisher vorseschla-
srenen besserutL£en befri»Hiijn?n ebensowenig. Vielleicht hat die iieae
ooc"»fvrir, irr ich bereits in meiner übersecnic^ ;^efi>iÄ bin, mehr ans-
sich: dkuf luscinimonj:. LHi Si^urd in scr. o Faäiirs iusseruncen in
s:r. 5 pviiLi-: fir punk^ ra beAnrw.rteG schein: iwir er auch in str. 8
gtcaii und la^rihrLicii Aui scr. 7 seic-e erwiderusÄ Ausspricht?, so muss
Fafr.ir ir. drer iweitec häJS* vvn str. t> dtc: Sir-iri vonceworfim haben.
Jjss <fr ;.uecdlicfa keck and onbesoimen gehandei: habe. Tqrgleklit
ZUR L1ED1R-EDDA 27
man femer str. 5* mit 6®, so falt es auf, dass in den beiden unerklär-
ten Wörtern abvrno skün^ fast genau dieselben bucbstaben entbalten sind
wie in dem sieber richtigen banicesku, und der scbluss liegt nabe, dass
dieses wort aueb in der verderbten zeile ursprünglicb gestanden babe.
Dies zugegeben, würde weiter folgen, dass böcbst wabrscbeinlicb in
z. 5^ bamcßska reimwort war, mitbin ein zweites wort ebenfals mit b
anlautete. Da dieses wort vermutlicb ein adjectiv war und das gegen-
teil von blaupi' bedeutete, so dürfte kein anderes besser passen als
bräpr, das in isländischen spricbwörtem gern auf kinder und kindisches
w^en bezogen wird: brätt er batma skap (Gudm. Jönsson, Safn af
islenzkum ordskvidum, Eaupm. 1830, s. 57), brdäir eru bams hugir
(Bevers saga c. 34 in Fornsögur Sudrlanda 262 ^^), Ich vermute daher,
dass die verdorbene zeile gelautet hat:
pvi 'st i bamcesku bräpr,
„drum bist du als knabe schon keck".
Man könte gegen diesen Vorschlag einwenden, dass der in str. 7 von
Faftiir dem Sigurd zugeschleuderte Vorwurf der feigheit schlecht dazu
passe, dass er ihn in str. 5 einen kecken knaben solle genant haben,
aber dieser Widerspruch ist bei dem sterbenden Fafnir, der in seiner
ohnmächtigen wut sinem mörder jegliches schlimme anzuhängen beflis-
sen ist, psychologisch sehr wol erklärlich.
8. Sigrdr. 25^ ist der dat pl. Ij^pum auffallend, da in der vor-
hergehenden zeile nur von einem gegner gesprochen ist (Mfis qjidu);
auch erscheint mir der ausdruck gar zu farblos. Ich vermute daher,
dass leipum zu lesen ist: „am nächsten tage vernichte sein leben und
lohne so dem verhassten die lüge".
9. Atlakv. 22^. In der mälahättrstrophe 22 ist z. 6 zu kurz.
Ich vermute daher, dass statt syni pjöpans zu lesen sei syiii pjöpkon-
ungs. In dem mälahdttrtypus D kann die erste hebung auf kurzer
Silbe stehen (Sievers, Proben einer metrischen herstellung der Eddalie-
der, Tübingen 1885, s. 47); beispiele aus der Atlakvil)a sind str. 4^
dafar darrapar, 14 * sal of suprpjöpum, 35^ gutnar gransipir,
10. Atlakv. 28*. Diese zeile erregt ein doppeltes bedenken:
einmal ist sie als mälabdttrvers um eine silbe zu kurz, und dann ver-
stösst es gegen die reimgesetze, dass das zweite nomen des verses statt
des ersten alliteriert. Beide fehler werden beseitigt, wenn vor svin7i
das fem. q „fluss" eingesezt wird. Auch z. 1 muss durch einftigung
von nü auf das ihr gebührende mass gebracht werden. Die ganze halb-
strophe würde demnach lauten:
28 GERIICG
Bin skal nü rdpa rögmcUnii skatna,
q svinn, dskunna, arfi Niflunga.
11. Atlakv. 30*. Die ersten vier zeilen von str. 30 sind im fom-
yrdislag abge&sst, z. 2 ist jedoch um eine silbe zu kurz. Es wird
daher zu lesen sein:
AtU (Rcesir?) enn riki reip ä GUxumi,
vgl. Helgakv. Hjijrv. 35^: reip ä vargi . . fljöp. Mit z. 5 begint wider
mälahättr, man wird also vor siffungr ein en einfugen müssen.
12. Atlakv. 33. Die erste zeile dieser fomyrdislagstrophe (AtU
Ut) ist um eine silbe zu kurz, auch ist es gegen die reimgesetze, dass
das dem nomen nachfolgende verbum alliteriert, während jenes an der
alliteration nicht teil nimt Es wird daher zu lesen sein:
Ut pd AtU lands sins ä vit.
Z. 8 derselben strophe (vorn af heipi komnir) fügt sich in kein metri-
sches Schema, auch ist es höchst bedenklich, dass n^rti reimstab ist.
Die von Sievers vorgeschlagene änderung (Paul -Braune VI, 352) könm
af heipi ist unbrauchbar, da sie die alliteration zerstört^; ich glaube,
dass hier eine kühnere änderung von nöten ist und schlage vor zu
lesen: es af vipi kömu (typus C).
13. Atlakv. 34*. Die zeile gibt, so wie sie überliefert ist (ai
reifa gjqld rqgriis)^ keinen sinn, und Bugges frage (Fomkv. 432**): Kan
at reifa gjqld rqgnis betyde ^for at fremkalde erstatning for kongen
(ha>vn for Gunnars drab)^ muss verneint werden. Schon die Kopen-
hagener quartausgabe schlug vor, reifa in reipa zu ändern, was ich für
richtig halte; es muss aber ausserdem noch statt des genet rqgnis
der dativ gesezt werden, also at reipa gjqld rqgni „um dem konige
das, was er zu erwarten oder fordern hatte (den wilkonmien trank)
darzureichen''.
14. Atlakv. 35^ Die mdlahattrzeile Hünar tqtp^isk ist um eine
silbe zu kurz; es wird statt Ilunar zu schreiben sein Hiina böm^ vgl.
39* gr^tu bqrn Hüna,
15. Atlamc^l 2^ Zu cpxtu fehlt das subjekt, das schwerlich aus
der vorhergehenden strophe zu ergänzen ist Ich glaube, dass der gen.
skjqldunga in den nom. zu ändern ist und lese demzufolge
Skqp skjqldungar textu
1) Aus demselben gründe sind aucli noch zwei andere conjecturen von Sievers
abzolehnen: Grip. 28* hrat entmk pvi | pöH victr see (Paul -Braune VI, 333) —
lies: hrat' 8 mik at ßri; Helgakv. Hund. I, 52' Idtip maugi (statt engt mamn) \
eptir sitja (Paul -Braune VI, 341).
ZUR ludeb-edda 29
(die amstellung mit Sievers, Paul -Braune VI, 347): „die beiden ver-
schlimmerten ihr geschick".
16. Atlamijl 21^, 23 ^ und 25 ^ sind metrisch verderbt; es ist
vermutlich in allen drei versen das hugpak in säk zu ändern und 21 ^
pA-y 25^ hSr zu streichen. Ich lese demnach:
Oqrvan säk galga;
Blöpgan säk mceki;
0 säk inn renna.
* ..
17. Atlamcjl 32 ^ Überliefert ist: Sör pä Vingi, die mälabättr-
zeile ist mithin um eine silbe zu kurz. Sievers (Proben s. 52) meint,
dass nach Sör ein wort ausgefallen sei; meiner ansieht nach ist dagegen
statt des st praeteritums einfach das schwache svarpi einzusetzen, das
auch Gul)r. I, 21 1® (svarpir dpa) belegt und dort durch das metrum
gesichert ist.
18. Atlam^l 98. Der Inhalt dieser strophe wird bekantiich in
der Y<}lsunga saga (181^^ Bugge) folgendermassen paraphrasiert: aldri
komtu svä 6r orrostu, at eigi bcerir pü enn minna hlut Dem haupt-
satze entspricht die erste verszeile: komta (pu) af pt>i pingi, Beipingt
für sich allein nicht „Schlacht^ oder „kämpft bedeuten kann S so muss
in diesem werte ein fehler stecken, was schon Lüning gesehen hat,
der der meinimg war, dass statt pvi pingi im original ein compositum
von ping, das ausdrücken wie hjqrping, bryvping, malmping synonym
war, gestanden habe. Aber die einsetzung eines solchen compositums
lasst das metrum nicht zu. Ich glaube, dass statt pingi einfach vigi
zu schreiben ist Vielleicht hat ein abschreiber unbefugt geändert,
weil er bei dem ausdrucke sqk an die gewöhnlichste bedeutung dieses
wertes („Streitsache*', „process") dachte, oder er hat seine vorläge falsch
gelesen — p*mgi kann in der handschrift dem werte ptngi, wenn das
dem p übergeschriebene i undeutlich geworden war, zum verwechseln
ähnlich sehen. Ich würde demnach — mit Streichung des überflüs-
sigen pvi — vorschlagen zu lesen:
Komtat af yigi \ es y&r pat frcegim.
Die erste halbzeile fasse ich als typus El: es ist zwar nicht häufig,
dass in den E-versen nur die zweite hebung alliteriert, doch sind
gerade in den Atlamcjl mehrere falle nachweisbar:
1) Sv. Egilsson führt zwar im Lex. poet 909'' zwei stellen als belege für diese
bedeutung auf, aber in der strophe des Sighvatr (Hkr. ü. 228^) geht aus den ein-
gangsworten hervor, was für ein convcntus gemeint ist, und in der visa des Kveld-
dll^ (Egils saga ed. Finnur .Tonsson 73^) steht das wort in der Verbindung malm'
gndar ping»
30 KLAIBCB
föru pä sipan \ sendimetin Atta (4 ^ ^
tökii peil' fomir \ es peim fripr sendi (5 ** ^)
mcelti vip Vinga \ sem kennt vert pötti (31 ^ *)
takip 4r Hqgna \ ok hyldip tnep knifi (56 ^' *)
tqku v& HjaUa \ en Hqgna forpum (58 ** *).
19. Gufrünarhv. 22^ Um den vers (at peiia tregröf) auf das
normale mass zu bringen, schlug Sievers (Paul -Braune VI, 343) vor,
petta in pat zu ändern. Das ist unzweifelhaft richtig, nur glaube ich,
dass man, um dem verse seine ursprüngliche gestalt zurückzugeben,
noch eine Umstellung vorzunehmen, nämlich pat hinter tregröf zu setzen
hat — sonst müste nämlich nicht das subst, sondern das pronomen
alliterieren. Vgl. zur Stellung Hyndl. 10^:
nü's grjöt pat \ at giert orpit.
20. Ham|). 21 ^ Der handschriftlich überlieferte text beiddix at
hrqngu ist bisher noch nicht befriedigend erklärt und ein fem. branga
überhaupt nirgends nachgewiesen. Ich halte die zeile für verderbt und
schrecke, um sie zu heilen, vor einer kühneren conjectur nicht zurück.
Da in z. 2 vom ordnen des Schnurrbarts die rede ist, so wäre es nicht
unmöglich, dass auch in dem folgenden verse noch etwas ähnliches
gestanden hat (vgl. die schon von Bugge in den Tilleeg s. 440 bei-
gebrachte stelle aus der Earlamagnüssaga: strauk pä skegg en beifuU
Icampä), Das verbum beina hat ebenfals schon Bugge in dem hand-
schriftlichen beiddix gesucht Ich glaube, dass diese Vermutung rich-
tig ist, möchte aber femer als möglich hinstellen, dass ein abschreiber
falschlich ein sk^ das zu dem anlaute des folgenden wertes gehört hat,
als suffigiertes reflexiv mit der verbalform vereinigte. Das fragliche
wort war vermutlich skög^ dem nur noch ein genetiv hinzuzufügen
wäre, um eine kenning für backenbart zu erhalten, z. b. vmiga. Somit
würde die zeile folgende gestalt gewinnen:
beindi skög vanga;
skögr vanga ist ein seitenstück zu dem kinnskögr in der Hymis-
kvijDa 10».
KIEL, NOV. 1892. HUGO QKRINQ.
LUTHEKANA.
Im folgenden wird ein versuch gemacht zur erklärung und erläu-
terung einer anzahl von stellen, ausdrücken und redensarten von Luther,
welche der aufhellung bedürfen.
LUTRERANA 31
Wo nichts besonderes bemerkt ist, sind die citate nach der söge-
nanten Erlanger ausgäbe gemacht (erschienen in erster aufläge 1826 fg.;
die in zweiter aufläge 1862 fg. erschienenen bände 1 — 20. 24 — 26
sind nach dieser citiert). „Weimar" bezeichnet die neue kritische
ausgäbe, „Jena" die alte in Jena erschienene samlung Lutherscher
Schriften ^.
1) Ein originaler druckfehler. In der Weimarer ausgäbe von
Luthers werken VIII, 278, 26 (bearbeitet von Kawerau und N. Müller)
wird im „Urteil der Pariser theologen 1521" als irlehre Luthers über
die beichte aufgeführt der satz: „Der geystlich gespreche ist gott alleyn
zu offnen". N. Müller, der herausgeber dieser schrifk, gibt keine Variante.
Der von ihm befolgte originaldruck liegt mir nicht vor, wol aber die
in Erlangen (27, 379 fg.) genanten nr. 1 — 4. Alle diese haben „Ge-
spreche"; ebenso die Wittenberger und Jenaer Sammelausgabe; Alten-
burg, Walch und Erlangen haben Gespräche, was ganz unverständ-
lich. Es ist druckfehler, sich ofTenbar herschreibend von der
Originalausgabe. Es ist zu lesen: gepreche, gebrechen ==« defecttts^
wie im lateinischen original des Pariser urteils (Corpus Reform. I, 377)
spiritualis defectus steht. Die Sorbonne bezieht sich auf die werte
Luthers in Decem praecepta Wittenbergensi praedicata populo. 1518. —
Weimar I, 521, 3L Sed nescio an sit confitendum. Credo, quod non;
quia est spiritualis defectus deo soli, qui et solus ibi mederi potest,
aperiendus (aufgeführt auch in den Condemnatio Facultatis theol. Lova-
niensis. Weim. ausg. VI, 177, 11).
2) spielen tragen. Diese Wortverbindung ist von Köstlin in die-
ser Zeitschrift bd. 24, 39 behandelt worden; vgl. dazu noch s. 286. 287.
Sie findet sich ausser in der von Köstlin angezogenen stelle noch ein-
mal in der gleichen schrift Luthers „Das diese wort Christi noch fest-
stehen" (Jenenser ausg. III, 371a; vgl. Erl. ausg. 30, 115): „Was sind
mir nu das für Geister und Leute, die also den guten alten Lerer in
der Welt spieltragen, mit Lügen und teuscherey zu verfüren und ver-
wirren die einfeltigen Gewissen". Die lateinische Übersetzung (Viteb.
Vil) gibt die stelle so: Quales ergo Spiritus aut homines illi habeantur,
qui bonum istum antiquum Doctorem in mundo circumferunt suis
mendaciis et praestigiis. Hier ist das specifische das spiel in spiel-
tragen nur schwach in circumferunt angedeutet Der sinn ist:
triumphierend gegen Luther geltend machen, hervorheben. Es handelt
sich um Tertullian, dessen äusseruDgen über das abendmahl die refor-
l) Zur erkläruDg mehrerer stellen hat prof. dr. Kawerau in Kiel auf unsere
bitte freundlich mitgewirkt. Red.
32 KLAIBKB
mierten für ihre lehre gegenüber Lutlier glaubten geltend machen zu
können. Dabei ist aber Tertullian nicht als gegenständ des spottes,
vielmehr des beifalls — und die sache als ein gegenständ des triumphs
gegenüber von Luther gedacht.
Im sinne eines schadenfrohen^, spöttischen herumtragens
zum vergnügen findet sich die Verbindung 15*, 472 (Kirchen -postille).
Liither redet hier davon, dass man heimliche Sünden nicht offenbaren
soll. „Was geschieht, das nicht öffentlich ist, das decke: und nicht,
als etlich thun, die da wollen erzeigen, wie fromm sie sind, wenn sie
nur wohl stinken künnen über die Sunder, und derselbigen Sunde
umbher spielen tragen von einem Haus zu dem andern, wie die Kin-
der mit den Tocken umbher spielen gehen". Der ursprüngliche sinn
der Verbindung ist aber: als ein Schauspiel herumtragen — zuerst
als ein spectaculum pietatis. So bei Luther öfters von der fronleich-
nams-procession, z. b. 23, 178 (Vermanung zum Sacrament des leibs
vnd bluts vnseres HERRN. 1530) „daß — die Papisten ein Opfer und
Kaufehandel draus [aus dem sacrament] machen, die Sunden zu ver-
geben und aus aller Noth zu helfen, demach in die Monstranz und
Ciboria setzen, Prozession machen und Spiel tragen und eitel Gaukel-
werk damit treiben".
Man vergleiche dazu aus „Vermahnung an die geistlichen ver-
sammelt auf dem reichstag zu Augsburg 1530" 242. 401. 402. 404.
„Stucke, so in der gleißenden Kirchen in Übung und Brauch sind
gewest . . . Sonntags -Procession , ein Schauspiel . . . Kreuz aus dem
(xrabe heben, und spielen tragen".
Sprachlich wurde dann das herumtragen zum Schaustück leicht
zu einem herumtragen in der rede, und das herumtragen zur ehre zu
einem solchen zum vergnügen und gespötte.
3) Mit langen auswerfen. Zu dieser von Köstlin in dieser Zeit-
schrift 24, 37 fg. behandelten Verbindung (s. auch s. 285) vergleiche
man das öfter bei Luther vorkommende: „mit dreck auswerfen"
z. b. 30, 205 (Bekentnis vom abendmahl 1528): „0 schöne Kunst, die
auch die Kinder mit Drecke auswerfen sollten". 27, 208 (Auf des Bocks
zu Leipzig antwort 1521). „Wenns ihn [den lugenhaftigen Antastern]
ist misslungen, haben sie den Gast mit Dreck wollen auswerfen".
Dagegen in „Elf ungednickto predigten, herausgegeben von
Buchwald. Werdau 1888" s. 60 liest man: „Es sind mehr denn drei-
hundert Krankheiten , die des Menschen Leib plagen. Da hat der Arzt
genug mit zu thun; aber kommt er uns drüber in die Kirche, so wol-
len wir ihn mit LumpcMi hinauswerfen". So ist gedruckt; aber die
LUtfiKRANA 33
frage liegt nahe, ob das manuscript deutlich geschrieben und die ab-
schrift richtig ist Vielleicht ist auch hier zu lesen: Lungen. Oder
hätten wir hier „lumpen'' in dem sinne von klumpen, grobes stück —
im englischen lump — und im deutschen lumpenzucker noch erhal-
ten — , worauf auch Köstlin hindeutet?
4) sehaalen in der Zusammenstellung von „schaulen und lau-
ren*^ 39, 295 (Ausl. des 51. ps. 1534): Wo sie [die HoQunker und
Amptleute] es ja thun müssen, das sie nicht gerne thun, da können
sie gleichwohl schaulen und lauren, bis sie ihre Zeit ersehen, können
dazu ihre Scheelaugen und Schalksgesicht fein eine Zeitlang bergen".
Schaulen ist wol == dem niederdeutschen schulen; vgl. Lübben-
Walther, Mittelniederd. handwörterbuch 1888 s. 338 schulen — verbor-
gen sein; sich versteckt halten, lauern. — Schuler: der sich verborgen
hält, flüchtling, laurer.
5) beulen (peulen) 20, 2 s. 46. (Wolfenbüttl. manuscript.) „Der
Turk ist ein Meister drauf, Knecht zu regieren, legt ihnen an die
Schenkel Band, gibt dir Aerbeit gnung, schlägt dich und wirft dir
für wie eim Hund ein Stuck Brod, daran mußtu dich genügen las-
sen und dameben gebeult werden''. Grimm im DWB. bemerkt, das
Zeitwort beulen komme nur im part. praes. vor, und scheine aus beule
gebildet; beulend = beule bekommend, mit zwei ci taten aus Seb.
Frank: („obwohl der mensch ein gut gemächt gottes ist, so ist er doch
also verderbt, beulend und ungestalt worden").
In der stelle bei Luther, welche nur aus einem manuscript genom-
men ist, also Glimm unbekant war, kann es aber nicht wol etwas
anders bedeuten, als „bis zur beule, wunde schlagen".
peulen — nicht in Grimms wb.
46, 251 (Fred, über 1. und 2. kap. Joh.) „Knecht und Mägde,
die immer peulen, arbeiten und sich fühlen müssen". Ich habe das
wort sonst nicht gefunden. Nach dem Zusammenhang kann es nur =
sich abmühen sein.
6) kaum steht bei Luther (ausser in der jezt gewöhnlichen bedeu-
tung) öfters in der Zusammenstellung „es geschieht ihnen kaum
recht" zur bezeichnung einer Steigerung = gar sehr, ein Sprach-
gebrauch, der von Hildebrand im DWB. nicht berücksichtigt ist.
1, 256. Wie er [der Teufel] oft aus Verhängniss Gottes thut,
und geschieht ihnen kaum recht, denn sie sollten nit neue noch
andere Wege machen.
4, 372. „Obschon dieselben [die faulen und untreuen] Hungei-s
sterben, geschieht ihnen kaum recht".
ZKTTSCBRIFT P. DEUTSCHE PHILOLOOIK. BD. XXVI. 3
34 KLÄIEIR
30, 143. ^Wo das wahr wäre, so geschähe ihnen kaum recht,
auf dass Gotts ürtheil wahrhaftig bleibe, da St Paulus 2. Thess. 2, 11
von sagt^. Ebenso 2, 468. 3, 86. 6, 321. 31, 70. 52, 15.
17, 383. (Dass man Kinder zur Schule halten soll 1530.) ^Und
geschähe ihn' auch kaum recht, [wenn es an Gelehrten fehlen wurde]
weil sie itzt nicht wollen nähren noch halten frurame, ehrliche, züch-
tige Schulmeister und Lehrer^.
20, 1. S. 294. (Erkl. des 72. psalm — Wolfenb. manuseripL)
^Ei, ihm geschieht kompt [= kaum] Recht^. Ebd. s. 295. .„Also
muss Christus nit damieden auf Enien sterben, sondern auch kompts
[kaum] werth sein, dass er am Kreuz hänget, und mit Essig, so mit
Galleu vennischet, getränkt werden*^. Hier ist „kompt^ blos landschaft-
lich verdunkelte ausspräche für ,«kaum. kaumet*.
Vergleiche dazu Weinhold, Beiträge zu einem schlesischen wor-
terbucho s. 42: kaum in der bedeutung von eben, gebraucht: gut
da brauch ichs kaum nicht zu sagen. — Wenn dus nicht magst,
behalt ichs kaum. [Vielleicht hat die in entgegengesezter riehtung
verlaufende bedeutungsentwicklung von fast hier einfluss geübt]
7) nufen in der Verbindung: rauf mich in der Hand zur
bozeichnung eines fnuhtlostni bomühons: 23, 314 (an die pfarrhenm,
vom wuchor zu prwiigen 1540) „Da der Herr Chri>tu> gebeut zu geben,
so p^beui ers freilich *ionon, >•> da hab«?n und zu geben des Vennü-
o^ns sind. S*m>t hoissts: rauf mich in d-r Hand".
41, i»2 iD;is M'höno C^ntiiemini. Ps. HS ad v. l.\ 16.) Lieber,
ruuf mich in der Hand «xlor zählo GoM aus kiiigv-m Beutel. Wand er
im Sprichwörtorloxik-'U führt auf: .Man muss da raufen, wo Haar
ist* — als» vorru^wtis^^ am Kopf. Am dor band aber wachsen keine
h,ian^: da s.w raurVn also wir\i fruchr':»-s s^i!l. IVr sinn der redensart
wiD.l s»; iv.it s^:n: Es isr nichts 7U hol-n. Hivne in Grimms WB. s. v.
rai::Vn, tiii'.rt mir iu'vri>.hunir vi-:T Lu:ar:rH.*hr :i stellen nur an — sprich-
\^ ' rt . : 0 II : %^ -. r :u ♦:-: r Har.. : r.::-; :i ni i irr,
l\is »iurr mir «l'-vr. r.ir wr.. Al<wan 170, %.
A:; li-: b* kaii>- >:• 1'.- ::u Pjr.LVA. K 2»» :,:. ^:!:!i^ ►:« zu erinnern.]
< Robanlen. :::>-• WA VUl.i::. V:.B,:G:,>bd. Papst Macht
ra' .\ v.-.Sf!-;.: :■.: ^.V:-t~!: I*»:21 : , A">. s'ji-.U^ d*:"r Par«?t mit unsem
■ . : :: ♦.'•'v.vv r. u" l crAv/ :::>•: V ri-r^rr, als 'v.;r: -rs -lin Kinder^iel,
;. :■ .i:-. *. : i^ :/ r. v rh-r F.:^* '- -**: Ka-:'- -.ini K: bunten schach-
: 7'* V'.L- : :v ' . ":' ?W-> Mrv.-'-V'-; i:*:, "Arr^ cspi.-ssen, mit eitat
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■% r - * - <•
LT7THERÄNA 35
aus Lübben -Walther, ra. n. d. Hand WB. 308^: rubunten gan, lopen,
lideD, narreiipossen treibend durch die Strassen ziehen (zu fassnacht).
Darnach wären auch bei Luther mummereien gemeint Ich möchte
aber aus dem Schiller-Lübbenschen grösseren Wörterbuch noch hieher-
ziehen: 3, 92 Robbinesspiel — aus Lübecker Chroniken: „Dar brochte
de duvel en robbynesspil to werke, so dat it quam to slande [verlän-
gerte form von slan, schlagen]. Da wurde en del gewundet unde de
gardian blef [blieb] dod unde twe ander broder mit em" — mit der
beraerkuug: Ist hieher zu ziehen die glosse: pergula, socius institorum,
robyn. Brevilogus [Collectio vocabulorum MCDIII auf der Lübecker stadt-
bibl.]? Kiliani [Etymologicum 1623] glossiert robynsack mit aeruscatio,
mala ars, qua pecuniae corraduntur, prestigiae; — ist demnach robyn
bezeichnung eines gauklers, betrügers? — So Schiller-Lübben. Ich
möchte die frage bejahend beantworten. Wenn das „Robbinesspiel" ein
betrügliches spiel von landstreicherischen gauklem war, so ist es leicht
erklärlich, wie daraus eine Schlägerei entstand. Jedesfals möchte ich
aber das robyn mit dem Lutherischen robunten in Verbindung bringen.
Zwar findet sich in dem Suppl.-band VI, 246 noch: robbin zank,
streit, Schlägerei — mit einem ? — „se weren insampt wol gemeyt —
Aver uf den avent quam do eyn robbyn tomalen unfro. Lübecker
chron. — Da weiterer Zusammenhang fehlt, ist das fragezeichen voll
berechtigt
Lübben -Walthor, Haudwb. 304 führt zwar auf robbin streit, kämpf,
lämi (plötzlicher? gewaltiger?), wol --^ mhd. rabbin, m. frz. ravine,
anrennen des kampfrosses. — robbinesvspil, Schlägerei — wol vom vor-
hergehenden Worte robbin. — Doch ist dabei nur dem grösseren werke
gefolgt, ohne weiteren beleg, daher das fragezeichen wird bleiben müssen.
9) Pips = Schwächling. 20, 1 s. 38 (Wolfenb. manuscr.):
„Wenn das Kind versäumet ist an der Milch [der muttermilch], so
wirds ein Pips".
Pips findet sich sonst nur als hühnerkrankheit, „wann sie in der
Nase verstopft sind". Frisch. Dagegen citiert Lexer in Grimm, WB.
HansSchmidt, westerwäldisches idiotikon piepser, pipser = eine stets
kränkelnde, schwächlicheperson. Femer Bremisch -nieders. WB. 3, 321:
Piepsk und Piephaftig, adj. und adv. klagend, kränklich. Een piepsk
Minsk: ein Zärtling, der leicht stöhnet — Ohne zweifei sich herleitend
von pipen, pfeifen wie die kleinen vögel (wie das lat pipire), dann
klagen, winseln, stöhnen, von einem kränklichen menschen.
Weinhold, schles. WB.: pipicht, weichlich. Grimm, WB. 1, 1808:
bibet, tremens, bebend, zitternd. Vielleicht gehört hierher pipicht für
3*
36 KLAIBKR
scheu, zitternd nhd. pipentiu treraebunda, ein pipicbtes weih. — Dazu
sagt aber Grimm: pipicht liesse sich ebensowol von pipen, pipire, klein-
laut reden, ableiten.
10) Ketsehbei^. Weimar 6, 138, 20. (Antwort auf d. zettel
des officialen zu Stolpen 1520.)
,aufF das mir nit not sey zu ai^wenen, er hab sein gebim ym
ketzschpei^ vorloren, und selbst nit wisse was er sage**. — Dazu ebd.
anmerkung: die Jenaer ausgäbe, welche ^im Kötzschberg" hat, merkt
am rande an: ^Kötzschberger wein''. — Was ist das aber für ein
wein? Ich kann nur folgendes mitteilen aus Böcking, Hutteni Opera
Suppl. 1, 3. (Literae vironim obseur.) Hier beschreibt der Baccalau-
reus Langschneyder ein ^prandium Aristotelis*' [welches die promovier-
ten magister zu geben hatten]: Beim fortschreiten von einer traeht zur
andern bibimus vinum Kotzborgense, Rhenense, et cerevisiam Einbec-
censem nee non Thurgensem [von Torgau] et Xeuburgensem [von Naum-
burg]. Dazu die anmerkung von Böcking II, 520. ^Cave, ne Eme-
politanum sive Emesiense interpi-oteris, quod in monte vomifico nascitur.
Kotzborgense vinum apud vicum Koetschenhroda nascitur, sed
generaÜter Misuense significare videtur. — Auch bei Fischart, Gargantua
(herausg. von Alsleben 1S91 s. 85) findet sich in Fischartischer Weise
«Kotz oder Kotzberger" neben Cursswein, Coi-so — Corsicum usw.
11) Korb, körbe. Die Verbindung: ^bis das Avasser über die
körbe gehet", findet sich, wie sonst, so auch öfters bei Luther; aber
über die erklärung sind die meinungen sehr geteilt. Frisch I, 510:
«Kerbe, das Maul, vor alters schrieb man Körbe, als Kaysersberg, Po-
stille f«.»L 52 ^ — Wann ein Rad über ein Bein gat, oder das Wasser
über die Korb, so wird man witzig". Schade, Satiren imd pasquillc
aus d»T rrfMrmatiouszoit (Hannover 1^63» III, 110: ^sie wissen auch
nit. wenn in [ihnen] das Wasser über die kürb steigt*. Dazu Schade,
s. 2.-»4: -Dil.- Kürb. jetzt Kürben. korbartiges geflecht, das auf dem
rü'ken i:<.tragen wird. Vielleicht ist hier noch ein anderes flechtwerk
g»:*nK-int. das die bildliche redens;irt zu wege gebracht hat*'. Dieses
«vi.-iViiht" möchte ich in • sicherlirh *• verwandeln, da der tragkorb,
rü/kvnkurb zu wonig signifikant für das wasser ist
Hildebrand im DWb. s. v. korb: «die wenigen züge, die die
redvnsart )«ivtvt. führen am ersten das bild einer eintretenden über-
s^bweramun.: v^r. Wären die körbe oiArentlich flechtwerk an einem
iliissdeiehe?" — Da Hü'iebrand keinen beleg für diese bedeatung hat,
so müsst-n wir uns nach einer anderen erklärung umsehen. Eine solche
bietet folgende stelle bei Luther dar: 12, 335 „Wenn Christus garver-
LUTHEBANA 37
loron gefühlet wird, dass man doch das Wort Christi halte, als an
einem Stecken oder Brett, dass man nicht versinke in den Nöthen, so
die Fluth über Korbe, Pferd und Wagen gehen will, bis wir wie-
der eraus kommen**. Ich denke dabei an einen korbwagen, einen
wagen, dessen aiifgesezte wände aus korbwerk, flechtwerk bestehen,
und mit dem man durch eine furth bei angeschwollenem flusse zu
setzen hat
Sonst auch bei Luther z. b. 27, 212 (gegen Emser): „Dieweil das
Wasser will über die Körbe gehen und Untugend mit Untüchtigen
untergehen, gibst du für den Stand [den geistlichen stand] zu retten".
50, 289 (Ausl. des 18. 19. 20. kap. Joh.): „Auf der andern Sei-
ten, so wider uns ist, sind so viel Bischofle, Fürsten und der Teufel
selbs, dass sichs nicht anders ansehen lasset, denn das Wasser werde
über die Körbe gehen".
Vgl. auch Ungedr. predigten (Poach) ed. Buchwald 1884. 1, 1
s. 173: Wenn der wagen schon in aqua schwimmet, tum egredietur.
12) Beim kaiser Friedrichs. 32, 17. (Wider den bischof zu
Magdeburg 1539): „Was kann der Kaiser, König und alle Welt dazu,
dass zuweilen aus einem löblichen Geschlechte ein ungerathen Kind und
ein verlorner Sohn kompt. Es bleibt das Sprüchwort wahr, lösche
den Reim Kaiser Friedrichs aus; und, wie itzt gesagt, ist das gemeine
Wort nicht von Gänsen oder vergebens erdacht: Verlorn Sohn unge-
rathen Kind; es ist der Unfall einer, dass aus frommen Aeltern Hurn
und Buben kommen''. — Dazu der abgekürzte ausdruck: den Beim
auslöschen. Jena 4, 199*" (Ausl. des 1. b. Mosis ad. cp. 38): „Darumb
wollen wir auch redlich bekennen, das sie beide [Juda und Thamar]
grob genarret haben, wiewol es jnen Gott geschenckt hat, dazu das man
sehe, wie Christus kommen sey, umb der Sünder willen, jnen zu helflen,
und sich gar nichts schomet, das er Huren und Buben in seinem Ge-
schlecht hat, und den Reim nicht ausleschen wil. So müssen wir jn
auch wol stehen lassen. Aber damit ist nicht räum gegeben, den mut-
willigen''. Die erklärung gibt Heyne im DWb. (unter Reim): In Nürn-
berg stand ein reim, der den leser aufforderte, ihn auszuwischen, wenn
er unter seinem Geschlecht keine huren oder buben habe. Dieser reim
von Nürnberg war in sprichwörtlichen Wendungen weit bekant: „also
sagt man, wie uf ain zeit Kaiser Maximilianus gen Nürnberg kommen,
do hab er dem reimen, darvon er darvor gehört, nachgefragt, und als
er darzu gefurt und den gelesen, hab er gelechelt und gesprochen:
nun, nun, der reim soll von mir nit uszthion werden". Zimmersche
Chronik 3, 484, 14.
38 KLAIllKR
13) bläuel, blcuel, waschblcuel ist ein länglich viereckiges,
flaches holz mit stiel, zum schlagen, insbesondere die wasche zu schla-
gen und zu reinigen, das wort nach Vilmar noch jezt in Hessen ge-
bräuchlich. 39, 312 (ad Ps. 101, 3): „die Übertreter oder falschen Hei-
ligen können sich meisterlich zu den HeiTn oder Fürsten eindringen,
dass sie auch wohl einen ausorwählten David verfuhren möchten; wis-
sen den Bläuel gar fein zu wenden und zu schleifen". Was ist hier
schleifen? nur synonym mit wenden? Der sinn im algemeinen wird
wohl sein [vgl. nachher: waschbleuel] = eine wasche anzurichten, d. h.
die dinge so durcheinander zu rüliren, dass sie selber im trüben fischen
können. Denn an die roinigung der wüsche durch den bleuel kann
nach dem Zusammenhang nicht gedacht werden. — Dietz WB. gibt
keine erklärung, verweist nur auf Vilmar s. v. waschbleuel. Grimm,
WB. führt die stelle an, aber ohne erklärung des „schleifens". Seine
bemerkung „was hier wol den paukenschlogel, trommelschlegel, aber
jeden prügel oder bengel bedeuten kann'' passt zwar zu der zuvor von
ihm angefülirten stelle aus Uhlands Volksliedern [ein bleul man für eine
fidel nimmt], aber nicht zur Lutherischen stelle.
Weimar VI, 140 (Wider den Oßizialen zu Stolpen 1520): „Also
tut mein tzeddeler [eben der Offizial zu Stolpen, welcher einen „Zed-
del" gegen Luther hatte ausgehen lassen], der von mir mit vilen seiner
gleichenn begeret, ich solle klar, richtige, deutliche wort schreiben, des
ich mich auch geflissen, und inn vill tzu klar gewesen, aber sie
haben die freiheit, wasch blcwel tzu schleiffen und mit meuclilen die
vorgilft honigk tzu nuichen''.
Vilmar, Hessisches Idiotikon s. 42 gibt folgendes: SchleifenblaueL
„Die Heiden haben auch des müssiggangs (und) imnutzen Jjebens der
nachgepawern grosse versorge getragen, nit allein das es an sich ein
schentlich leben — , sondern auch um der edlen zeit willen, die ein
solch schleittenblawel sein leben lang unnutz zubrengt**. Ferrarias
(Eisermann) von dem gemeinen Nutze 1538. [Dazu noch eine weitere
stelle aus Ferrarius|: Frisch hat dieses wort in der form „Schleifeh-
blawer'', aus Ciobler, Kcchtsspiegel, wo zur erklärung beigesezt wird:
galgenschwengel. Er [Frisch | bezeichnet dasselbe als ein veraltetes
Schimpfwort und erklärt es durch blauel, Schwengel, Avelcher in der
schleife (galgenstrick) hängt, wie der kJöppel in der glocke, für suspen-
sus, pistillum in patibulo. — Es sieht das wort weit mehr aus, wie
ein imperativ: schleif den blauel, einer der den blauel hinter sich
schlept — aber wozu? zur stntfe, wie die kugelschleifer ehedem in den
festungen? etwa, der den prtkgel schleppen muste, mit dem er geprä-
— JedestalH bedeutet das wort bei Eisermann
Hier (bei Luther l c.J ist bleuelschleifen utfen-
, aus dem klaren ein unklares, aus dem rich-
«.■beu — , etwa mich verderben überhaupt". —
tit vmrdeV oder wie?
I müssig^ünger. —
r soviel wie betrüget
I uiiriehtiges ii
I Vilmar. Die Verbindung von Beuel und schleife ist aber damit
EDmor noch nicht, weder an sich, nocli im Zusammenhang der Luthe-
!heo steUen erkliirt. Vilmm- hat sicherlich recht, wenn er das wort;
ibleifenblauel als eine iniporativform nimt = schleife den bleuet,
inlich so manchen Wortbildungen, von welchen Vilmar selber in
nnem blichlein: Die deutschen t'amiliennamen, reichliche exeinpel
irbietet, z. b. Stfihrdanz (= etöhre den tanz, vurtänzer), Schlagin-
liauf (= Bdilag in den hauten, drescher), Rehentiseh (= reib den
lisch, — ein wirt, der eifrig den tisch vor den gast hinschiebt)
usw. Diese Wortbildungen haben aber, als imperative, ursprünglich
eine ermahnende bwieutung, die dann als solche in eine negative
übergehen kann, k. b, ein drescher, der ermahnt wird in den hänfen zu
äoblagen, kann damit als ein der ermahnuug bedürftiger erscheinen und
90 der flSclUaginhauf'' suwol als einer, der lleissig, wie als einer, der
anfleissig dreinschlägt, erscheinen. Es fragt sich, ob nach dieser ana-
logie (laü wort „Schleifenblauel" sowie die redensait „den bleuel schlei-
fen'* 2U erklären möglich ist. ftv\ nächsten läge das „schleifen" =-
echleppon zu nehmen, = trage fhhren = einer der stjitt mit dem bleuel
tüchtig drein zu sclilagen ihn nur so hinschleifen lässt. Also = müs-
siggüuger, wie bei Ferrarius. Nur würde dieses der imperativbildung
des Wortes nicht recht entsprechen, welche eigentlich den entgegen-
tcu sinn erfordert — „schleifen" = tüchtig brauchen. Ich weiss
picht, ob sich in der älteren spräche belöge für solchen gebrauch des
shlcifen" finden lassen. Jedenfals kann in den lutiierischen stellen
r sinn nicht = trägo sein. Hier liegt vielmehr das rührige sowie
i schlaue im durcheinanderrühren der wasche zu tage.
Ich möchte in beiden stellen das „schleifen" = hin- und her-
Bflben in der wasche, ganz synonym mit „führen" in der ersten
IntfieriBchen »teile nehmen. Luther hat offenbar nicht das schlagen
der wäöche zur reinigung, Bondern nur ein durcheinanderrühren im
, wie auch Vilmar andeutet.
14) Ocldbntzen. Weimar VI, 448, 25 (An den christlichen adel) : „die
>en heyligen zu gelt kutzon auli' setzeun". Walch hat „Geldgötzen",
I auch Benrath (Ausg. der scbrift Luthers 1884) aufgenommen hat,
■ nur interpretament des unverstjunleneu Vfortes ist. Lemme (die
[ grossen reformationächriften Luthers) anm.: „wahrscheinlich beden-
40 KLAIBKB
tet der ausdnick dasselbe wie das noch gegenwärtig mundartlich ge-
brauchte wort ^geldkatze** (geldsack, der um den leib gescbnalt getra-
gen wird). Ich weiss nicht, ob ein so hohes alter dieses ausdrucks
nachgewiesen werden kann; auch erinnere ich mich nicht bei Luther
kutze für katze gelesen zu haben. — Eine ähnliche stelle hat Schade,
Satiren und pasquillen aus der reformationszeit: III. 24, 22 „Wenn
sie von grossen wunderzeichen sagen, so ire Heilgen thon haben —
so sie ein tischlein mit einem Kützlin darsetzen mit viel ablossbriefen,
kreftig Bruderschaften **. — Dazu bemerkt Schade s. 235: „Eützlein,
mhd. koezelin von kotze, grobes wollenzeug zur bekleidung und
bedeckung. Hier ist eine tischdecke gemeint". Über diese bedeutung
von kotze gibt Schmeller I, 1317 und Hildebrand im DWb. s. v. A'iel
material. Es scheint mir aber die „tischdecke" zu bedeutungslos zu
sein. Eher könte man noch an kötze, kätze == korb, tragkorb, rücken-
korb denken und es etwa == geldkorb, geldkasten nehmen; ich bezweifle
aber, dass irgendwo sich ein weiterer beleg finden liesse. — Da nach
Schade s. 238 die betreffende schritt in die zweite hälfte des Jahres 1520
falt, und darin Luther erwähnt wird, so liegt die Vermutung nahe,
der Verfasser habe den ausdruck selber von Luther entlehnt Bei Lu-
ther aber fält die bedeutung „tischdocke" von selber weg. Mir scheint
das richtige Dietz (WB. zu L) zu haben unter geldkauz wie auch
Weimarer ausg. eine Variante, freilich nur nachdruck, mit kautz auf-
führt. — Kutz = kanz, eule, als lockvogel. — Bei Luther sind die
heiligen selber die lockvogel, in der stelle bei Schade sind es ablass-
briefe.
So ist wol auch folgende stelle bei Schade UI, 185, 34 fgg. zu
verstehen: „unser liebe Frau und die Heiligen haben bißher müssen
in [ihnen] auf den Hohenstiften und allenthalb im bistumb gelt kutzen
und in die büchse gelt samniler sein. Dazu bem. von Schade s. 269.
„Kutzen scheint in der von Schmeller 2, 347, [2. aufl. 1, 1318]
angegebeneu bedeutung „husten" zu stehen — ; geldhuster wie gold-
schwitzer m, 172, 25. 182, 7 [bei Schade]". — Ich wUl die möglich-
keit dieser erklärung nicht bestreiten, da ja „kotzen" noch jezt ober-
deutsch in gemeiner rede = speien vorkomt Aber viel näher liegt
das „gelt kutzen*" als zusammengeseztes hauptwort = geldkauz, lock-
voicel, synonym mit dem unmittelbar folgenden „geltsamler" zu neh-
men. — Die eule dient bekantlieh als lockvogel für die vogelfanger,
welche sie bei dem vogelheerd oder bei der leimrute aufstellen nach
der erfahrung, dass dieselben vögel, welche bei nacht vor der eule,
als ilirem nächtlichen feinde fliehen, bei tage, wo die eule nicht fliegt,
LUTUERANA 41
sich um sie saninieln. — Aach bei Luther erwähnt 25, 396: „das
Kützlin oder eine Eule auf den Kloben oder Leimruthen setzen''. Zu der
stelle „An den christlichen adeP aber vergleiche man noch 20, 2
s. 541: „Da sitzt der Kauz zu Rom mit seinem Gäukelsack, und locket
alle Welt zu sich mit ihrem Geld und Gut**.
15) Brautmutter — Mattheshochzeit. Luther gibt zweimal
an, zur hochzeit zu Kana, — die Maria sei der braut mutter gewie-
sen. Das ist nun selbstverständlich nicht im leiblichen sinne zu neh-
men, aber in welchem?
1, 165 (Hauspostille): „Der Evangelist meldet insonderheit, wie
die Mutter Jesu auch sei da gewest Die wird vielleicht der Braut
Mutter gewest sein. Denn sie nimbt sich des Thuns an, als sei ihr
sonderlich daran gelegen, da sie Mangel siebet. Denn es scheinet, als
sei es eine Mattheshochzeit gewest, auf welcher nichts denn Wein
und Brod gemangelt haf.
4, 247. „Der Evangelist meldet insonderheit, wie die Mutter
Jhesu auch sei da gewest. Die wird vielleicht der Braut Mutter auf
der Hochzeit gewest sein. Es war ein Matthes- Hochzeit, da nichts man-
gelt, denn Brod und Wein. Sie aber ist Muttor, sorget und nimpt
sich des Thuns an, als sei ihr sonderlich daran gelegen, da sie Man-
gel siebet".
In den von Poach gesammelten predigten ed. Buchwald 1884,
1, 1 s. 27 steht zum gleichen text: „mater wirt platzmeistorin gewest
sein, ist in die kuchen gangen, videns wie man usw."
Was ist „der braut mutter" ? Grimm, WB.: „Brautmutter, mater
sponsae, an einigen orten auch die bereiterin des brautbettes, wenn
dies die mutter nicht selbst ist". — Dagegen Schmeller I, 371:
„Brautmutter, taufpathin der braut Brautvater, taufpathe des bräuti-
gams".
Kaltschmid, WB. v. 1865: „Brautmutter, niederdeutsch = die
trauführerin der braut, wie brautvater = der trauf (ihrer der braut". —
Berg ha US, Sprachschatz der Sachsen: Brud Moder, in einigen gegen-
den, u. a. im Magdeburgischen, diejenige verheiratete frauensperson,
welche am tage der hochzeit das brautbett bereitet. (Dazu: Brud bette
= brautbett, ein stück von der aiissteuer der braut)
Dr. Freybe, gymnas.- Oberlehrer in Parchim, teilt mir mit: „Die
brautmutter ist die nächste blutsverwante oder auch die geistlich ver-
wante = pathe der braut, welche „sich des tuns annimt", wie die
leibliche mutter, wenn diese fehlt, und als solche besonders das bett
zurichtet". So soll (nach mündlicher mitteilung) das wort noch jezt
IL TLlziz^-tzi -rr'i-räüjhli-L -^ir:*. — I»i>s i.:in Lutlier unter ^der
Srju: ü-rr-er* Licht dir paric driLvii kaüc. bnucht kaum der
Sk:.zLrZ£iLi^, -ii -i^ s-lcLr cimsls ricti j»b. Er träst nur einen zu
i^iiL'.z Zfrt' uT-d ioch jvzt i:>:h r^briaoiLlii-hrn irnr/nns in etwas ver-
kLi-z^.riiL ^iniLr »lif die li^-ert z-ri: üt»=r "ind meint wöI nur eine
Tj-- o2, S35 «V. >:-ham Han:?Ji:-ra5 : .uiid ist w.Ai zu denken,
i±>^ Erk-j^: :itd Bräut^:är^ ii:üss*rn der Miin« Mam nahe Freundlin
re-sr^t j-rin. wril -ir s^l':«i ii i<:. und Liln r^cieni".
Wij i>* ac-rr Mi::hes hochzeiir Hrrr er. Frevbe teilt mir mit:
irr A^j'inc-k .armer MiTThrS- er5.?hrin: i:>Ä Ten in Thüringen
s:r..-LT:rL:.h- I^ err/r-: den sinn: Hx-LzfeiT ei:ie5 armen scfaluckers.
WiLirr. Sjn -h-s^-.-lri. fuhr: dir Lüih-irriscii-r stirlle an, nur mit der
^\LZiir:rl:-:.rz. 'OrEi-rrun^: -w^anm ai^r Ma::hej' ]i:<iizieii, da die hoch-
ivi: z.: Kiz-ä r::::: tu llärrhjus rn^kil: 'wiri. >:nirm im erangelium
J riAr.T i-i^ >t--i:. ä'iSl ri:r: nioh: r^-nirrk: :>:. dass -e« an t^c»i gefehlt hat? —
Mi: i-ir-i är^.stvl ilarhäus >.:rr d-esj-rü eTini?rl:u:n ha: die 3fatthes-
L •:iir:: .rsu r.ichrs zw r.:n. I^ir wj.rre ä'r«rr: .Tr.Kei nidits denn brot
jji : -^r^:iz_ p^-rrh": i.a:-. >ir..i iv.r-erTrrtanr-: L.;±vr>. in dem sinne: wo-
'"•e: >: :.:rn:li:h alles ire-trh'-: ha^ — Marhtrsh-.vhreii nndet sich auch
r-.i ^.h^ti'-i.ir::. Drii^lirdi^kTirr!: äv.> itr z-Ä^rirec halfte des 16.
\iLrn.ir.i-:r:s -f*.:. «Ä^rfrlrv >. 4'>ö. Sri t-esrnrriruri: einer hoohzeit: -da
•:ir.-:- jr:>sc^ nitnre v.lk? zusan:rj.-L k.mme-z.. uni alles sTv>5se bansen.
ä.i<i> :/,;: il.-r. r:-,n \vv^:n riuni> :u:i rr.vlinis man^el vorgefallen,
und .i.>; AUS i'.r ^r. Sv<v:: yravh: eine rivhte Hsrrnesbjvhzeit geworden".
>cn>: ::s^-e :;h i^:nvn bt.i-^.
Ir:« Braut. Syr.::.w.rT: w.jrs j.v.:k h*:, iuhn die braut heim.
;^v*, Sr--;- Hinr n;;r :n de::: .ilo:n:^'in-. •. sinne: .wie gar seltsam ein
:v..i:.n v r i-ni äv. :•. r:: ^\u."i h.^:- :n >;:n-n ui.remvhmungen.»
!*.*.> >rrl:hT» r: "in-: t^trs K: l..:±er v.r. Die eigentliche erkla-
r.in^ .V:\r f.n:-: si.h .:>. l'V» \.n -jr.vsÄvV.en :?:^>>- Ijuther redet hier
V n i*,n v-rwirru: ,?;n. »•.■/?.: t "pt- ;•:> k,in ni^cien ehereohts, nament-
lich ;;h;r li:-: •>:::v-l::h:n \- rl:bn:>5s:. .^Ann. .AV«er nu ist in den Ehe-
sci.h;:*: .. i:r. s- .:":: a^ eiTlAUT^i«: v-r^virr:: >r:el n::: den Fallen, so sich
w..i.r >/.::.•. c•:^^•.^^• Kxr.Tv un,: Ar::k:. rtc^S.n. dai ein srross semein
Sy:.: ,.A.r: is:. \^ r r^ li /.uk V.i*-. .1 er fuhr- : .::-: Fr*u: heim. Als sollt er
NiiT-:.: i> <:i":\-:: v.::':.: S: /..-.v. Ktvh:. sni^rn K: den: Glück« wer die
^rAv.t :.,;:\v. s ... ur.i; :;:.:•:: r:vr.:> ,:ÄT;;n:^ :anreiL Denn es ist
.^Ui'!; w.-iV.r. »i:i^ li*.-.- F.V.'.o >,^ :v.Är./:v:r".-:: ;:n.i .l:-:- Keohre bisher mit dem
ho::uI:or.c.; Vov.oKn, >i> iK^r.:l.:';*rl:oh siu^i cfwe?<-n. dad mancher hat
LUTURItANA 43
seine Braut aus seinen Armen müssen lassen wegführen, und wider
Verlöbniß, noch Zeugen, noch Aufbieten [d. h. vorangegangenes auf-
gebet] geholfen hat". D. h. es war schon zum hochzeitstanz gekom-
men und nun trat noch eine die volziehung der ehe hindernde ein-
spräche auf grund eines früheren heimlichen eheverlöbnisses oder eines
sonstigen kanonischen hindemisses ein. So dient das: „es hilft nichts
darum tanzen" zur erklärung des Sprichworts: Wers glück hat, führet
die braut heim, d. h. es ist eine reine glückssache, welche noch im
lezten augenblick zu nicht gemacht werden kann, ob die braut wirk-
lich heimgeführt wird.
17) Entrficht. 40, 274. (Ausl. des 112. ps. 1526. V. 7): „Er wird
auch nicht entrücht, so er in der Schand ist; denn er hofft in den, der
ihm ein Regel gibt, dass er hinan darf gehen" [wol = hinan zu Gott]. —
Dietz: entrüchten, aus dem gerücht kommen, gegensatz zu berüchten. —
Das will aber keinen rechten sinn geben. Man solte erwarten: er wird
entrücht, d. h. aus dem bösen gerücht genommen, aber es heisst eben,
„er wird nicht entrücht".
Das Zeitwort „entrüchten" fehlt im DWb.; dagegen gibt Dieffen-
bach und Wölker, hoch- und niederd. wb. der mittl. und neueren zeit,
s. 441: entrüchten, niederdeutsch = in bösen ruf bringen. Ebenso
Schüler-Lübben I, 686.
Dieses passt aber widerum nicht zu dem „nicht", denn es ist
davon die rede, dass einer in der schände, also tatsächlich „entrüch-
tet" ist
Der urdruck steht mir nicht zu geböte. Alle mir vorliegenden
ausgaben (Eisleben, Wittenberg, Altenburg, Walch) haben „entrücht"
oder „entrüchtet". Gleichwol halte ich es füi- einen ursprünglichen
druckfehler für entricht, entrichtet.
Entrichten ist nach Grimm, WB. 1) aus der richte, fuge, Ordnung
bringen, 2) von personen: aufregen, aufbringen, exagitare, wozu mehr-
fache belege auch aus H. Sachs. — Ebenso bei Dieflfenbach u. Wülker:
entricht werden „passionari in mente, als der von seiner bescheiden-
heit [besinnung] kumpt, passionatur" — nach dem Vocabularius Theu-
ton. V. 1482. [Vgl. dazu auch Schade, Satiren und pasquille UI, 45,
23: Entrichten wii- den man nit! er ist auf gutem wege. Kawerau.]
18) HOren läuten, aber nicht zusammenschlagen. Diese
sprichwörtliche Verbindung wird gewöhnlich erklärt als: das lezto zei-
chen zum gottesdienst mit allen glocken zugleich geben, während die
Vorzeichen nur mit einer glocke gegeben wurden, d. h. etwas wissen,
aber nicht alles oder nichts rechtes. Mir scheint aber vielmehr der
44 KLAIBER
gi/LTOiiMitz V'ni fernen und nahen li«'»ren zu gründe zu liegen. Von
der ferne hört man nur einen unbestimten schall; eret in der näho hört
man die einzelnen irlockentöne und kann da:> geläute im unterschied
und der einheit der töne auffassen. Tropisch also gegensatz der unbe-
stimten und der beslimten künde und ihres Verständnisses. — So in
den nachfolsrenden stellen bei Lutlier.
4, 222 (Hauspustille): -Xu aber predige ich mir selbs und den
Meinen, die es bedürfen. Die andern kriegen die blofzen Schalen, aber
des Kerns müssen sie gerathen. Sie hören wold läuten, aber nicht
zusammensehhiüren".
lo, 337 — ad Juh. ev. 3. 3. -Du willt so hoch kommen, dass du
von Gott willt reden, wie ich von Gon kommen bin, hast woll hören
läuten, aber nicht zusammenschlagen-.
44. tJG (Wolfenb. manuscr.i ad Matth. IS, 10. «Ilire Engel im Him-
mel sehen allezeit das Aniresicht meines Vaters im Himmel. — Also
si^het die Welt kein Kind an; wiewohl auch die Heiden imd Philoso-
plii cesa::t haben, die von den Encelu Nichts in?wußt haben, sondern
als im Traum darvon gelallet und gert-det, es werde ein jeder Mensch
in Sonderheit re:rieret durch einen truten •jder bös».*n Genium. Sie haben
violieieht hören läuten, aber nielit zusammenschlasren. Aber wir Qiri-
^t^■n haben einen ^rewissen Unterricht darvon aus dem Wort Gottes".
4>, Ki3 lAusl. des 0. 7. n kap. Joh.i ad Joh. 7, 27. .Es sind lose
Sehüler. >ie l:abon wohl h^ren läuten, aber nicht zusammenschlagen.
Wr-r nicht w .h! li'»ret, der wähnet wohl. [Sprichwiirt = der liat nur
!een:-n irirehenden wahn.| Sie haben gehon, dass Christus sollt also
kommen. da>s man n:ch: wüssie woher: aber sie habens nicht recht
vi-rstandeu. •:;!>< er aus G.ji: \\*i\ oiner Jungfrauen sollt geboren we^
i-!!. .1!. i a.< L.'ir.:":.]; in die Welt koamien. wie Micheas saget**.
V^;. :... ,L iie -rlvioiibT. deutende redensan Ungciir. pred. ^Poach) ed.
Ru.hwÄli ;;. l <. 2Jr^: .Sie haben sehen rauchen, und doch nicht
^'■j-.vu?>:. V,.. .> brtr.i:-- hab-n kviiu-n verstand von der taufe).
: >. i!lS BiivtV . «Ich sehe wohl, dass ein unbescheidener Kopf,
itr ■.::.•:. i^r.;::. j- sehen hat, wviss aber nicht, wo es brennet, und
!:.»: '::.t:'1'i l.^;;:^:;, aber uicht .:u>ammen sohi:u:en-.
I'* Fäi-hel (Ferhel). PWb.: r-animeum, äammeolum, [brant-
> i-.:i-r :■ -i. ;n:. l-i.:; d. V._ab. v. 14>2: ein Schleier der Jungfrauen
u:..: L. !/..-.::. ve!.;:.. — :\ci:v!. '.•.i'-.war.i die am Schleier gehdtet her-
.;' i:,i::-::- — ::.:: ier.;t.iL^ :ii;t H.i;;>leuti:er, Schwäbisches arehiv 1793.
J. '2.11. H;ius.v.:::.rr ^:' t di:< als ann^rkunc zu einer Ulmer hoch-
Jv:t^:^.inuLJ. in welcLer fecLol neben s^^hieier, von diesem durch
LÜTHEHAKA 45
komma getrent, steht. Es will sich nur nicht recht vorstellig machen
lassen, wie „leinwand" am schleier geheftet „herabhängt", es sei denn,
dass es etwa weisse streifen gewesen wären. Frisch 1, 236: Pächlein,
eine art Schleyer der ülmischen weiber, wann sie zur hochzeit gehen,
stehet weit den obren ab". — über diese ülmer tracht kann ich keine
weitere auskunft geben.
Bei Luther findet sich das wort in folgenden stellen, in welchen
aber von schleier keine rede sein kann.
In den früheren Bibelausgaben 1. Mose 38, 18. 26; sowie in den
predigten über 1. Mose 1527. (Erl. 34, 258. 259): „Dein Siegel, dein
Fechel und dein Stab". Hier ist es Übersetzung des hebräischen
Pethil b^rs — schnür, woran der Siegelring getragen wurde. Später
sezte Luther in der Bibel dafür denn auch „schnür". Er hat wol
ursprünglich dabei an ein band gedacht LXX haben bqixia^og, dim.
V. o^fiog^ schnür, kette, besonders halsband, halsschnur, dergleichen
aus gold und elektron gearbeitet, schon die weiber des heroischen
Zeitalters als schmuck getragen haben (Passow). Vulg. hat armilla,
armring. Luther ist, wie es scheint, der LXX gefolgt.
25, 210. (Donatio Constantini) „wie unser Rath weisse Fechel an
Stiefeln trägt". Hier wol = weisse streifen, binden, wie es Diotz
erklärt Gemeint sind in der Urschrift weisse sandalen, welche bei
feierlichen aufzügen zu tragen ein Vorrecht der kaiserlichen Senato-
ren war.
35, 333. (Ausl. des 1. buchs Mosis): „gleichwie in Morgenländern
Könige, Fürsten und grosse Herren haben pflegen weisse Kleider anzu-
ziehen, und weisse Fecheln umb die Hüte zu tragen".
44, 291 (aus Wolfenb. manuscr.): „Es sind etzliche Narren gewe-
sen, die haben gesagt: Die zwo Spitzen an den Bischoffhuten bedeuten
das Alt und Neu Testament, dass er solle die h. Schrift im Kopf haben;
die zween Zipfel oder Fächlein hinten am Hut bedeuten, dass sie die
Lehr sollen hin und wieder unter das Volk fliegen ... lassen". Es sind
die zwei streifen, welche sich hinten am bischofshut befinden, wofür
Luther in anderen stellen, z. b. 28, 149 „die zween Bändel, fiei auf
dem Rucken hangend" sezt Ebenso 40, 125.
20) Bell in der redensart: das heil zu weit werfen = zu
viel sagen, aufschneiden. 32, 201 (von den Juden und ihren lügen):
^aber mich dünkt, sie weifen das Beil viel zu weit" — nach dem Zu-
sammenhang: sie geben eine nicht zu glaubende gi'osse anzahl an. Die
Verbindung erklärt sich aus dem altdeutschen recht Mit dem hammer
46 ELAIBEH
(uisprünjrlich wol stroithamnier), beil. axt werfen, mit dem Speere
sehiessen usw. — bezeichnet das mass einer entfemung, eine abgren-
zung und befugnis jregenüber einer nachbarscliaft oder genossenschaft;
z. b. «so weit der wurf geht, hat m«iu anteil am gemeinen, grund*.
Oder ein müller liat das fischrecht, so weit auf und ab er von seiner
niühle aus mit dem beil, damit er die mühlo srehauen, werfen kann.
c
(Trimm, Recht^aitertümer s. 54 fgg.
21) Muderci— Mutterei. 21, 846^ WA VI. 458 (An den christl.
adelk „Und ist ganz ein Disputation und Muderei draus [aus der behand-
lung der Schriften des Aristotflos] worden*^. Tg], dazu anni. 93 bei Ben-
rath zu der schrift: «Im urtext steht «mudercv^, was zweifellos «müde-
rt^i"* sein soll, aber nicht iredruckt werden konte, da das zeichen für
den Umlaut «ü** (auch für «ä" und «ö-» in der officin fehlte, aus der
unsn^ schrift luTToriregangen ist. Demnach würde es = abmüdung.
abmühung. quälerei sein. (Mitteilunir von dr. Frommann in Nürnberg).
— Anders Hevne im DWb. s. v. .wol in der bedeutunsr von ven^ir-
rung und zu muttich gehr»rend". Muttich. mutich, mutch ist nach
H«\vne |D\\1>.) häufe, v.irratshaufo, versttvk für obst, kehricht, kot-
haufe, «ein weit verbreitetes schwierisres wort**. Näheres s. darüber
Heyne. DWb. Man kann nicht sngen. dass diese erkläning dem Zu-
sammenhang der Luth. stelle widrisprärhe. Es steht ilir aber entgegen
1) dit* zweifelhafte ;»bloitnni: von muttich. 2^ s«^dann das im DWb.
ni'lit auf::oführte wi.rt inutt^-roi. in f^'l^rtn den stellen, welches mir nnr
»•nli« 'graphisch vi»n nui*l«'rci vn-srhivden zu sein Si^heint, aber einen
aiiili rii sinn hat.
W.imnr VIII. 210. f bersdi ritt der oOk [37] psalm David ^e\Tion
• in i>i'i'ii»n M» ns..htn zu leren und tn^Mru wider die Mütterev der
hvlA» nn un-i ■VtVfln «üevr/ner" — veria>st auf der Wartburg 1521 und
an ila^ «liiiiitl.-in Chiisti zu Wittenberg:"' srrrichtet.
«-
Kbd. 21'». 2: «Warnini» woltistu z-^nien, so vhr mütterev so ein
kuiT/ ^^•••*.'n IM". Hi'T Icsin zwar Wittenberg, Jena und Erlangen
.^^•. 12-^ n; ur« r -i. Di»s»'^ den::e zurück auf das nitHlerdeutsche mute,
MVi.'y, n. ir- - i:iak«r. unriih- stiftir. autVührcr. Lübben-Walthcr, m. n.
']. • ..•.":- aI». Ai" I ai'-T' <'h'n. da.<s die biileutung «aufrulir*^ durch-
a;- 1- :.i >ii.n «:• - ;. \ti> wiiji istrtibr. haben die eisten drucke alle
-iii :.:•■ r- i**. >■• ■ia^> W. imar gar kvine Variante anführt.
Ma:. vjl. r.-iu «ii«' !ar. üi^« isrtzung Viteb. 7, 516. Diese gibt die
"lil- !-< iiri:: lirs p^alm s-»: «i>n.i <• danila iracundia in adversitatibus ab
impiis h.^niinibus iliatis" uml die zweite stelle: cur irascaris cum ilio-
LUTHERANA 47
rum vesanae temeritati pusillum tempusculum concessum sit ^Mut-
terei" muss demnach == ^quälerei, zornige feindschaft" sein, und ist
abzuleiten von mudern — nach Heyne DWb. s. v. 1) «» maudem ==
kränklich sein. 2) grollen, brummen: mit einem müdem, oder on
reden gon, feindschaft und neid gegen einen tragen, simultates cum
abique habere, Maaler (1561). Müdem, brumlen, und nicht heiter
ausbin sagen, mussare. Calepin (1570). Das ist der schleim, den die
astronomi vor den äugen haben und so es gesagt wird, so mudom sie.
Paracelsus. — Es sind das zwar oberdeutsche, alemannische quellen,
aber darum doch nicht verwerflich, da keine andere ableitung sich
finden will.
22) Hess — eine schneidende wafFe von sonst unbekanter art
Weimar XIII, 62, 21. (Praelect in proph. min.) ad Hos. 13, 8. disse-
cabo gladio cor eorum. — „Ein hess odder spitz vel gladium significat
verbum hebraeum" [niao — segor — welches nach einigen = speer,
lanze sein soll]. — Das wort ist sehr selten. Schmeller (2. aufl.) 1, 1179
hat folgendes: Hess wird in Lang und Blondeau's bist. ba}T. nachrich-
ten 1, 208, als eine der waffen angeführt, die zur zeit der schlacht
bei Mühldorf noch gebraucht worden seien — parazonium, stossdegen,
waidner, ein hess. Nomencl. 1629. — Kilian: hesse, stootdegen. —
Zugleich verweist er auf Bremisch -nieders. wb. 5, 387. Hier lesen wir:
„Hessen war bei den alten eine art gewohr, wir wissen nicht welche.
Nordfries, landrecht art. 65. Item, so schall ein jeder de vörligte
[gefahrliche] Gewehren cddcr Wapcn, als kleene und grote Führ [^
röhre, feuerrohr — sonst mtr-rör — Lübben -Walther, Mnd. hand-wb.
s. 548], lange spätdegen [spet, spit == spiess, Lübben -Walther], lange
hessen und lange brodmesser — afflegen unde nicht gebruken, noch by
sik finden lathen". Dazu fügt Heyne im DWb. s. v. noch bei aus
Fischart, Garg. 118' „poniart, weidner, hessen, mortpfriemen". Wei-
tere belege sind mir nicht bekant
Grimm, Gesch. d. deutschen spräche (4. aufl. 542) bemerkt: „aus
der alten spräche kann ich eine solche waffö nicht aufweisen"; er ver-
mutet einen Ursprung der bezeichnung aus der landschaft. — Es fragt
sich doch, ob nicht folgendes eine spur zur erklärung dos wortes bil-
det Heyne im DWb. 4,2 s. 739 führt auf: Hechse, ein krummes
messer der gärtner. — [Nach Golems, hausbuch bei Frisch 1, 450:
Hexe — „die wurzeln des hopfens mit einer hexe oder sonst scharfen
messer abzuschneiden — wird nach der ähnlichkeit mit hachso = knie-
bug in den hinterfüssen der tiore seinen namen haben".] — Diese
hechse, kniebug, lautot aber landschaftlich heseue, heisone, hese, hesse.
48 KLAlBEft
— Schiller- Lübben, Miitelniederd. wb. hat nur das zeitwort hessen
vom mhd. hehsenen = die sehne durchschneiden z. b. den pferden,
was eben auf heclise zurückgeht. Er fragt, ob das schneidende Werk-
zeug ^hess** sich nicht eben davon herleitet, und allerdings später in
weiterem sinne gebraucht wurde. Doch soll das nur als Vermutung
vorgetragen sein.
23) Xanlporen. 18, 28. (Predigt über Lucä 19, 41—48. 1531.)
Sie [die söldner. laadskne<:*hte] «regieren und maulperen den Hausherrn
und bändigen jedermann nach ihrem Sinn**. — Ton dem gewalttätigen
UMiehmen d».*r söMner im ei^renen land — entweder = aufs maul
schlagen oder = grobe Worte führen — vielleicht beides zusammen.
Das zusanmiengeseztc verbum maulpeivn steht nicht im DWb.,
wol aber bereu -- ferire, caedere, teri're — mit citat aus Keller, alte
^ehwiinke:
spil, darob man spilt und shwert,
und auch dabei umb die nieuler bert
In anderem sinn komt die a-densart «das maul beren*' so vor: citat
bei Orinmi s. v. beron. Seb. Fnmk Trunkenheit G. 3**: Kein voller hat
in Wahrheit Gott zu Herrn, ob er schon allzeit von Gott das maul
bert (im munde fiihrti. Ähnlich Sehmid, Schwäbisches wb. 1831 s. 379:
•das maul bär»Mi — sich mit kecken, beleidigenden Worten rechtfertigen
- - baren prae se ferre. oflfen zeigen.
24) Xatthias<-h — ein Xattliiaske. 39, 297. (Auslegung des
101. psalms zu v. 2i: «Gutt gebe dem Herrn einen gefurchten, ernsten,
i:estren;:en Muth eines Helden, der schier halb müsse Matthiasch oder
tvrariiii>eh >ein. und irar Niemaufl niihts vertraue*. — Kurz darauf
(v. lM«^i »Tzähit t-r, dass die tursten über kaiser Friedrich HL geklagt
IiiiIm-ii. „da>s er zu Hi-te habe lassen iviriern den Brüheschenken** und
tiL't i'vi, ili..«*.!»! kai>er hab»- es «an Weisheit, Vernunft und Macht nicht
L'vfiiliiet: a'»»er der Muih und (tedanken, ilie es thun sollten, waren
iliin vmu <n..tt iiirht ceirel'en. Wäre er ein Matthiaske gewesen, der
luirte Brüh» •*• lii.'iiki n mit Frühe- und Abendschenken auf einen Haufen
i:.xt..>x,.u, uji.l wäre ihm dennoi-ii hinaus p*;rania'n". Der sinn der Mat-
tlii:i>«ii ..idr.-r Matthia.'-ke ist wul deutlich -- kräftig durchgreifend han-
.le!i..l.
D»r au<dru«k tinil*t sieh n"ch einmal Tischreden Erl. 61,326.
F'ivtenKiiin 4. 174: ,.E> i>t wahr, wenn ein rechter Hauptmann daist,
da» man r'ui*'U Matia.<i;hki-n hat. fla tindet man wohl Leute, die da wil-
liirlieh Tribut i:h}.h»ii, auf dass ein LindtViede erhalten werde^. — Auf die
LÜTHERANA 49
richtige erklärung führen die Coli, lat ed. Bindseil I, 379. „Ungaria
regio fertilissima et ditissima auri, dedit regi Matieesco quotannis 60
thonnen goldes. Nunc vero ita expilata ab Episcopis, ut rex mendicus
tuerit^. Ebd. ü, 137. „Matiesko fait optimus Imperator, der druckt
hernach mit kopfabhauen*', d. h. gibt seinem regiment nachdruck mit
strenge. Luther hat im äuge den kräftigen regenten Matthias Cor-
vinus, 1458 zum könig von Ungarn gewählt, wozu später auch Böhmen
und ein teil von Ostreich kam, so dass er seine residenz nach Wien
verlegte, wo er 1490 starb. Er war Zeitgenosse von kaiser Friedrich IQ.,
mit welchem 'er auch kriegerische Verwicklungen hatte. So erklärt
sich volständig Luthers äusserung zu ps. 101. — Hier ist er durch das
hebräische Mathai auf den Mathias, Mathiaschko geleitet worden. Ähn-
Uch, wie Weimar VIII, 231 ad psalm 34, 35 „eyn solchen bedeut das
hebreisch wortlin Aritz [y"^r], das ich hab vorteutscht „grewlich". Das
bedeut auch, das er dazu thut Er brüstet sich und war furbrechtig,
thuet sich erfur, was etwas sonderlich vor allen usw." Dazu ebd. 232, 2:
„Ists nit war, zu unseni zeyten ist Bapst Julius auch eyn solch man
gewesen? Wilch eyn Aritz und grew lieber hen* war das?" — Ein
älmliches Wortspiel mit dem hebräischen findet sich Erl. 38, 153 zu
psalm 17, 4: „Pariz ["p^o] heisset ein Streifer, Parisienser, vom Aus-
reissen oder Ausbrechen, dass einer zur Seiten ausreisset zur Schnapf-
ecken und da lauret anf die Wanderer. — Da stehen sie, und zeuget
über sie Gottes Urtheil, dass Mörder sind Zwinglius, Hess, Eck. Ur-
sach ist, dass sie das Wort nicht achten, sondern die Werk. Welche
nu Solches thun, die sind Mörder und Parizer". Möglich, dass Luther
bei dem „ Parisienses " auch an das „urteil der Pariser theologen" ge-
dacht hat
251. Hai|> Jakob werden. 47, 224. (Predigten über 3. und
4. kap. Joh. — Wolfenb. manuscr.): „Dieweil wir dem gottlichen Wort
keine Ehre anlegen . . ., derhalben so hören wir das Wort nicht, und
wird Keiner gerne gehört, er hab dann eine gute, helle Stimme. Wenn
du dahin kompst, so bist du allbereit halb Jakob worden, wenn du
mehr siebest auf den PfaiTherr, dann auf Gott, und siebest die Person
Gottes nicht, sondern gaffest allein dorauf, ob die Person [der prediger]
gelehrt und geschickt sei und gute Sprach oder Ausrede hab". — Ist
das etwa = ein halber Jakobsbruder, der da und dorthin läuft, um
1) Im liaclifolgenden möchte ich eine leicht noch zu vennehrendo anzalil von
Wörtern und redensarton aufführen, für welche nur eme sichere erklärung aufzufhi-
den bisher nicht gelungen ist £s möge zugleich aufrage au besser unterrichtete um
aoskuiift sein.
ZEITSCHRIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXVI. 4
r>0 ELAIBER
sein heil zu suchen, statt allein bei Gott und seinem wort? Im vor-
luM'iroluMulen ist von solchem laufen nach walfalii-tsorten die rede, wenn
auch S. Jakob selber nicht genant ist.
2ti) Flaisi*ho — in tropischem sinne, aber welchem? 6, 416 (Haus-
jiost.): AVer sind die grossen Doctores der Rechte, der Fürsten und
Kr^nigv^ Kanzler, des Kaisers Räthe usw.? (jemeiniglich armer Leute
Kinilcr: dieselben müssen die Aerbeit thun, I^and und Leut regieren;
die andern sind nur der Füi-stt'n Flaschen.
Pictz führt die stelle nicht auf. Grimm, DWb. gibt keine aus-
kunft Flasche --- lagena, will keinen i*echten sinn geben; etwa = die
sich von dem fürstcn anfüllen lassen? — Berghaus, Sprachschatz der
Süsser, führt auf: tlasch, Hasche, tlaske, ilaatsch, ein abgerissenes stück
tloiscii, iiaut, hol/. I)iiniscii tlaske, schwedisch flaska, englisch flask,
angcls. tlaxo — woraus sich aber nichts will ableiten lassen. Oder
licsse sich hierher ziehen, was das Brem. nieder?, wb. 1, 404 bringt?
«tle^stMl, tläciisen, von tlachs. UneiiTentlich braucht man es von men-
sciion, für: subtil, iir>tlicii, schmeichelhaft, beugsam, demütig. ^He
kan s»» flessen körou**: er kann in seinen reden sitsam und höflich
tun. schmeicholiiaft ivdon. Mit dieser re«lensart komt überein das west-
phäÜM^he tlaasker, einem nach dem maule reden".
Konto man darnach in obisrer stelle •tl;v?chen~ = Schmeichler,
fuchsschwanzer nehmen ?
27) Stehen wie die besdioriie iiiSnnlein. 26, 317 (Y. d.
widertaufe 1327k „Wenn diese phichtiire I-iisterwort iHundsbad, Bader-
kmvht. Randvoll Wasser usw.) sind ausirewest, so sind sie gestanden als
die boclb'n^n Mannliii. und ist niihts nu-hr dahinten gewest, damit sie
iiiren Irrriiuir. bcsi Inniiru''. rii^tAlr;iv'k!r- pivdiinen iPoach) ed. Buch-
wald "^ l s. h>7. lad Marth. 2l\ ir>- 22i: „Die rottengeister füren
Spruche und v i^litu iu> talw u. liMi-ii: i««.is t:*os vicimus, quia est
v*or.;ra Pcuv.v Idc^' >:chc:: >io si.ni: :>r: riiarisiioi. Item tu es Petrus;
;;in; sTcl\tM\ lia wit^ iiio lv>v-ii« n ri ir.vn'*:!;".
1\ V s:v.n :>: bi>.'i;a:ui «;.\<:»hin, ^::wa wie in der häufigeren
l^^i^ '..v,!::. ,i.i>:;i;i n w ^ ,\:r x^U'.u: i.i'.t l•l:^^.: ^u-itor k»'ainen). Aber wie
>; .:;c : .icr.^w: s- .^ v ;; :K'.a»Ay;": S:o :ohlr Ivi Diet2 und Grimm,
mvb
-^ llamor>totiä:, i'^. JJi^ IV.^i-.c: :in^. dreikönig^fest 1521.)
„l\i>x '. .•>, : :. i !. •••.v.ri/'V, .^ '., :.;r.> r>:v:io.n Schelmen [den
.i ■ Vi." :::^- ^^ • -: :,:>*>:•, :.vs r :.:: ru ü^il werde, die
• s . ; .,:v K :.. ; ,% ,:; Kx •;>: ^--»s bild eines stetigen
;■.» . >^ V:-: ;.> >.;'•: :\,»; :•: ,i.i = k:.\ r::*;e ich in keinem wör-
LÜTHESANA 51
terbttche. Zur erklärung des „hammer'' kann ich nur anführen, was
Heyne im DWb. unter hammer gibt: „auch der durchtriebene, dreiste
mensch wird landschaftlich ein hammer genant: dat is en hamer,
Brem. wb. mit einem davon abgeleiteten adjektiv hamersk: en hamers-
ker kerl — ein verzweifelter kerl, der sich an nichts kehrt". — So
auch Berghaus, Sprachschatz der Sassen.
29) KSrestein. Das wort findet sich nirgends. Es ist in fol-
gender stelle ohne zweifei = ein ausgewählter stein; ein von Christus
selber zuerst erwälter apostel — von Luther gebildet nach dem Sprach-
gebrauch, welchen Frisch anführt 1, 169 s. v. chur — kür lacken,
Mathes. — ab opificii coUegio probatus — kurtuch, in Enaut, Altengel-
lische Chronik — bei den tuchmachem zu ßosswein, das tuch, so die
vier meister für würdig und wol bereitet, gefunden. — Koren überhaupt
= erwählen, auslesen; verkoren: verwerfen.
Adelung: etwas gut kören, sagt man noch jezt in Niedersachsen
für gut heissen, billigen.
48, 93. (Ausl. des 6.-8. kap. Joh.) ad Joh. 6, 66. 68: „wie
denn Judas auch ein Apostel, auch höher ist geweihet gewesen zu die-
sem Ampt, denn kein Papst, denn er war ein Körestein der Christen-
heit, wie Petrus und die andern Aposteln: dennoch fallet er dahin".
[Yulgata 1. Petr. 2, 6 lapü electits Kawerau.]
30) Einen gespalten ftiss haben — (nicht bei Dietz).
19, 369: „Soll man sehen, was gut oder böse ist, ... so müssen wir
einen gespalten Fuss haben, und Gottes Lehre scheiden von Menschen-
lehre'*. [Ist wol allegorische anwendung von 3. Mos. 11, 3, wo die
tiere mit gespaltenen klauen als rein bezeichnet werden. Kawerau.]
31) Ausbrftunen. 45, 44. (Aus Wolfenb. manuscr.): „Ein fromm
Weib spricht: Ich meine, man hat die Huren wol ausgebräunet Wo-
rumb zürnet die nicht auch drumb? Das macht: sie ist unschuldig
[d. h. sie fühlt sich nicht getroffen]".
Grimm, D. Wb. s. v.: fuscare, die sonne hat ihn ausgebräunet;
dazu: „Was bedeutet es aber in folgender stelle: Wenn sie nicht münich
und pfafien und allerlei andere schwermer ausbreunen und derzausen
[d. h. zerzausen]". Mathesius 51' — verbrennen? rösten? Aber D. Wb.
n, 326 hat Grimm s. v. bräunen noch ausbräunen = schelten. Die-
ses passt zu obiger stelle aus Luther sowie aus Mathesius. Aber wo-
her diese bedeutung? Ich denke so. Frisch: bruniren bei den gold-
schmiden so viel als polieren, glänzend machen. Schiller-Lübben:
bruneren, glänzend machen, putzen mit Verweisung auf mhd. wb. —
Bei^haus, Sprachschatz der Sassen: brunen 1) braun machen, von
4*
52 rr ^nmtf
der sonne; 2'i = beizen, doreh brennen oder scheidewaser. — Dar-
nach würde sich ergeben: ausbraunen etwa = ausfegen, putzen, aus-
putzen: tropisch = schelten, ausschelten.
32) SSeker. neben sudeler und humpeier 39. 303l (AnsL des
101- ps. 1534». -Wenn Faulwitz [bei Luther Übersetzung ron Trokv-
.focru'.vrrt: viel zu schaffen haben, da nichts befohlen ist. und
da lassen, da viel befohlen ist~ s. 300] drinnen [am hoCe. bei den die-
nern eines furstenj erfunden wird, so hat sie der Mehlthau c»der wie
e^ Isaias nennt, der Faulre^^en verderbet, und werden eitel Sudeler,
Hümpeler. SC'cker draus, die viel versäumen, und Niemand Nichts zu
Liebe t«der Dank machen n^x-h tun können*.
Was ist söokerr Yon sämtlichen mir zu seb^M stehenden lexi-
kaiischen hilfeniineln bietet nur Schiller -Lübben. Mittelnd. wh. 2. 238.
4. 2>6. 6. 2o6 s-jker = sucher: haussucfeer. rei^uiäivr. z. b. eines
gesstrhienen ffuts: dann aber auoh = der eines andern *eld sucht.
räutyr. 4, 2>4 s-: k-eJruni : der d-ec tmnt sucht. sohman:»tzer —
WAS iiLoht berprh-"n\ Ater in der La±enschen stelle will .rauber''
Eich: passen. Xdch dem zusacimenhanj is: nicht der wissentlicfa imd
ahäoiitlicfc uiire*iliche. diebische, uuch nioh: der schmanxzer gnneint
s. zidem der, welcher ciir.^ ucpas^ecde pes»?Lifti^keit und dadurv4i her-
KiperiiLiine iiiciL.jSij'ijrkei: im «icbefoblecec •.f^i.r-TÄruiviV^» »Jie saefae
seines hrrm verierbt.
3;v' \f^m kaWr»ek = stT>»li>ad[! stesea. 6. o. «Hauspost)
..Wenr. sir i:e M'inohe -.mi Pfaffrii^ Mrsse ^halten und g^ssungen
hatyi.. iec'irn sir, >:e Lirrü es all-.s vvrTi:hrec. sir^ren uriserm Herrn
•?. 2v'>. Hiusirs:. •Büu-.T. Bür^.r. Kn^.hte. llÄrie hOnrn wohU
•Liss s:e i-i: K.ü<*- r jr-rC^^r. >.!'.- li. w^s >> Kaisers 5sc: al-er sie sün^n
iLni ri i: T LI HäC^er^a/i Ijc-i::: >:r srb.ec ieii K:kis«rr Ei^^t: an. gerad
!•.-•:: -i-i v-n-.r:. DW*: flii>:: .L.e r^ieii>art !ii-.4i: au£ Der
>:•-.. i-,r>.. :rr. >: :zi ä^^. :*.:-.::.-:•:: >:. i-in:r-:er:i >cvfi nicii: im gering-
.: . : : ::-.r.Tr.-.r^;i. Ijli:- -'iz: r: :>r s^ . rru:ss*:k tiSeriisiupt der
*-.:•-.::-. ".;*.>:•:.. ä1>. '^r '-.-.»ir:^:. '-.::'. r:-*":ri-x. ni-js^ in sprioli-
w r: -i-.:- >.•"-■_ roj::-:. -.:=.- r. ..- ^.s::-.: l^r^rc S; '.TStfL wir in
-es: •:--: ii --r-.c- c^r-z^c :-l iiaKv.. •.;'-:..: cjirt s*::i:er. s*.- rikc er gute
LTJTHERANA 53
wort, schickt jhm einen Hirschen, klopft jhn auf die Achsehi, lechelt
jhn an, ladet jhn zu Gaste, legt jhm das beste Theil für, bis er jhm
ein Tausend Gülden oder vier leihet und fürsetzet; wenn dann das
Geld hinweg, zeiget er jhnen nicht den Habersack, spottet sein darzu,
und muss hernach der arme Mann beyde den Hirschen und die Mal-
zeit tewer gnug bezahlen^.
Hier ist der „habersack" das geringe, das etwa einem knechte
zukomt, gegenüber dem zuvor als einem freunde gereichten kostbaren,
wertvollen. Sinn: er lässt ihm nachher nicht mehr das geringste zu-
kommen.
„Das singen vom habersack " scheint aber zugleich anzuspielen
auf einen landläufigen gesang. Bei Luther 6, 5 ist es wol noch ein
Wortspiel zwischen dem singen in der messe und dem singen eines
sonstigen liedes. Der sinn wäre: wenn sie — äusserlich — unfromm,
ihren messegesang abgemacht haben, achten sie Gott nicht so hoch,
dass sie ihn nur einer so geringen ehre, als das singen eines solchen
geringen liedes, würdigten. Aber was für ein lied soll es sein? Ich
stelle zur frage, ob irgendwie hieher gezogen werden könte, was Heyne,
DWb. s. V. am Schlüsse bemerkt: „Der habersack war auch der titel
eines unzüchtigen liedes (Mumer, Luth. Narr. 579), das noch jezt im
Osterlande gesungen wird und von einem edelmann handelt, der in
einem habersack sich zu einer müUeretochter bringen Hess. Gargant.
28, 6 steht der anfang dieses liedes". Bei Murner steht dieses:
Ach Gott, riefif ich es in Himel yn,
Wil es dan ye beschworen syn.
Und hilft auch weder guk noch gack.
So sing ich nicht den Habersack,
Ich sag bei gott als [alles] das ich weiss.
Kurz in s. ausg. von Murners Luth. Narren, 1840, s. 223 gibt
keine erklärung, sondern verweist nur auf Fischart. Der sinn kann
aber nur sein: ich singe keine lose erdichtung, d. h. nach dem Zusam-
menhang: nichts unwahres. Bei Fischart, Gai'g. ed. Aisleben 1891 s. 34
lautet das lied also:
Es wohnt ein Müller vor jenem Holz
hat ein Töchterlein, das war stolz,
zu der Hess sich ein Reuter strack
bringen in einem Müllersack,
zu Nacht rührt sich der Haber in dem Sack. —
Damit bricht Fischart ab. Bei Luther könte man eine anspielung auf
dieses lied nur annehmen in dem sinne, dass es wäre = von dem
54 KLAIBCK
allorgcwölinlirhsten ; dann müste dlo redcnsart schon ganz sprichwörtlich
gewesen sein.
Von einem strohsack singen findet sich 38, 30 (Ausl. der
25 ei-sten psalmen 1530) ad ps. 4, 8 (ob jene gleich viel wein und
körn haben): ,,die Gottlosen haben die Freude des Worts nicht, sondern
sie freuen sich defz, dass sie Korn und Wein, das ist Beichthum und den
Mammon dieser Welt haben, wie die Päpste und Mönche; die singen
unscrm H. Gott von einem Strohsack; wenn sie nur ihre Stifte und
Klöster haben, das ist ihr Fi-eude*'. Hier ist w^ol strohsack « lager,
gutes lager, zugleich aber in der ncbenbedcutung des nichtigen und
geringen, gegenüber dem wahrhaft wertvollen, dem geistlichen.
34) Bcrösteii. 2S, 231. (Acht sermone gehalten nach seiner
rückkehr von der Wartburg zu Wittenberg 1522).
„Es ist gcwislich der Teufel furhandcn, aber wir sehens nicht. Ks
muss einer gar ein guto Kohle haben, wenn man den Teufel will
schwarz machen [d. h. in seinen wahren Farben zeigen]; denn er will
auch gerne scliöne sein, wenn er auf die Kirclimesse geladen wMrd.
Also muss man ihn berösten und fahen. Man spreche also und frage
einen, der viel Bilder machen lässt: Lieber, siige mir, stellest du darumb
<Ue Bilder in die Kirchen, dass du vermeinest Gotte ein Dienst und
Wohlgefallen daran zu thun? Spricht er, Ja; wie er denn gewiss Ja
sprechen muss; so kannst du bald draus schliessen und sagen, dass
er ein Abgötterei habe draus gemacht usw.'' — Dietz erklärt das wert
nicht, sezt nur ein fragezeichen und bemerkt: der sinn ist, verfäng-
liche fragen vorlegen. Das entspricht allerdings dem folgenden text
Luthei*s. Es solte ein mittel bezeichnen, d(Mi teufel zu berücken und
zu fangen; aber welches? Wie ist überhaupt berösten sprachlich zu
erklären? Grimm, DWl). hat nur: rubigine corripi. Sonst ist mir,
wiis etwa hierher gezogen werden könte, und was ich zur frage stelle,
aufgestossen Schiller- Lübben, Mud. wb. 3, 511: rosteren, rustercn, an-
halten, in besclilag nehmen, z. b.: De Hertog van Holsten heft al de
scepe [schiffe], de in den sunt quemen, gerustert imd angeholten. —
Die lateinische Übersetzung der Luth. stelle Viteb. 7, 278 hat das berö-
sten nicht besondei*s ausgedrückt, sondern nur: atquo sie oum capere
possuni si dicam.
Oder solte „berr)sten'' etwa zu nehmen sein = den [sich weiss
stellenden] teufel schwarz machen, d. h. seine wahre färbe geben und
ihn, indem man sein wahres wesen aufdeckt, fangen [=- überwinden]?
Dem Zusammenhang wäre es entsprechend, aber ob sprachlich gerecht-
LÜTHEKANA 55
fertigt? [Bei Schade, Satiren I, 158 steht berüssen = mit russ schwarz
machen. Eawerau].
35) Dautaffe. 48, 213. (Ausl. der 6 — 8 kap. Joh.) „Kein Narr
oder Dautaffe von Botten und Papisten ist, der es nicht will nachthun
[d. h. Christo nachtun im lehren]".
Dautaffe komt weder in Grimm, noch in Dietz vor; ich habe es
^uch sonst nicht finden können. Ich möchte zurückgehen auf doten
(Lübben-Walther, Hwb. s. 83) nänisch sein, insipere.
36) Malkalb. 20, 2 s. 573. (Vier predigten gehalten zu Eis-
leben 1546.) „(Die Juden) heissen die Jungfrau Maria eine Hure,
Christum ein Hurenkind; uns heissen sie Wechsellbälge oder Mahlkälbcr*'.
Heyne in Grimm, DWb. s. v.: Malkalb = „gezeichnetes kalb, kalb
als misgeburt''. — Das lezte ist wol richtig, weil es synonym mit wech-
selbalg steht So findet sich auch 49, 119 (Ausl. des 14. — 16. kap.
Joh.): „ein Monkalb oder Wechselbalk " — wie Mondkind, monkind:
8, 229 „da ein unrechte, unvertragene Geburt, oder Monkind von ihm
selbs dahin stirbt und verdirbt''. Aber die erklärung des „mal'' durch
„gezeichnet" will mir nicht genügen. Es hat zwar seine analogie an
maiswein, Schiller-Lübben, Mnd. wb. 3, 17 „ein mit einem mal bezeich-
netes und als mastberechtigt, zum trieb in den wald berechtigtes
Schwein"; afmalen = „dem schweine das betreffende zeichen auf-
brennen". Man könte dazu nehmen bei Luther etwa 47, 349 (Ausl.
des 6. — 8. kap. Joh.) „gleichwie man eine Kuhc oder Schaf mit Röthei-
stein malet". Ich weiss nicht, ob sich ein beleg für malkalb in diesem
sinne findet Aber das „gezeichnet" scheint mir für die synonymität
mit wechselbalg und der parallele von mond kalb zu wenig significant
Ich möchte vielmehr auf den niederdeutschen Sprachgebrauch des
mal zurückgehen. Schiller-Lübben 3, 10: mal, verrückt, seltsam,
wunderlich (noch jezt im lebendigen gebrauch). Ebd. s. 14: malheit,
Verrücktheit, torheit. — Brem.-nieders. wb. 3, 21: mall, unklug, töricht,
unbesonnen in der aufführung. Ein mallen geck: ein törichter
mensch, ein windiger narre; mallen, töricht reden und handeln. —
Berghaus, Sprachschatz der Sassen 2, 475: mall, mallerig, mailig, adj.
arg, fatal, schlinmi, unklug, näiTisch, nicht bei rechtem verstand,
wild, verrückt — Dazu nehme man das holländische mal: unklug,
närrisch, verrückt Ferner alts. malsk, got malsks, töricht, unbeson-
nen, angels. malskra, betönmg, bezauberung.
Nun beachte man den Lutherischen Sprachgebrauch, welcher mal-
kalb, mondkalb, wechselbalg synonym nimt, widerum wechselbalg und
Idelkropf gleichstelt, von lezterem aber sagt (Tischreden, ed. Förstemann
56 KLAIBKU
und Bindscil 3, 56. üO), dass er gänzlich dafür halte, dass solche wtn^i-
solk Inder nur ein stück fleisch, eine luassa carnis seien, da keine scelc
innen ist [vgl. 32, 226 (von den Juden und ihren lügen) „was zur sel-
bigen Zeit der Reinigung [einer Wöchnerin] empfangen wird, wird auch
ein untüchtige, gebrechliche Frucht, als wahnwitzige Kinder, natürliche
Narren, Kilkroppe, Wechselbälge und dergleichen Menschen, die zurutt
( ich im ihr Lebenlang haben"] — , so wird die annähme nicht unge»
gründet erscheinen, dass durch das mal in malkalb wie in mondkalb.
monkind, das vei*stand- und geistlose, eben die „massa carnis, da keine
seele innen ist*' ausgedrückt sei. Wäre es gestattet, auf das angel-
sächsische malskra, betörung, bezauberung zurückzugehen, so wäre
damit der teufelischo ui-sprung bezeichnet, wie ja ein wechselkind eben
ein vom teufel ausgewechseltes ist.
37) Geekclii. Erlanger ausgäbe 56, 192 (Scherzhafter brief an
den fürsten Joachim von Anhalt 1534): „Doch müssen sich E. Füi-stl.
(inaden etwas besorgen fiu* N. Francisco auf dem Schachspiel; denn er
hälts dafür, dass ers scher wohl könne ... Den Ritter weiss er zu setzen,
den Koche zu ziehen und die Bauren zu gekeln, aber die Franc [vgl.
die kiniigin im Schachspiel, mit scherzhafter anspielung auf die haus-
frauj ist sein Meister in dem Spiel, vielleicht in anderm mehr*. —
Geckein ist wol = gecken, d. h. stechen, hier =- eine figur im Schach-
spiel nehmen. Vgl. dazu Brem.-sächs. wb. 2, 493: Geck, das gelenk
im kälber- oder schöpsenkopf, sutura j)one aurem. In welcher bedeu-
tiuig es im Hannoverischen und sonst gebräuchlich ist Daher ist die
redensart: den gcck stechen, welches im eigentlichen sinn beim schlach-
ten der kälber und schafe gebraucht wird. Wers nicht versteht, der
sticht sich leicht in die band. Alsdann scherzt man: er habe den geck
(d. i. sich selbst) gestochen.
38) Die rfoteii tlieilen. Erl. 53, 142. (An die gemeinde zu
Erfurt 10. juli 1522): „Drumb seid weise, theilet die Pfoten, seid
einfältig im (Juten, klug im Bösen''. Die lateinische Übersetzung von
Aurifaber, tom. 11, 1565 s. 83, gibt die stelle so: Quamobrem sapicntia
opus est; qua malo sensim subnascenti occurramus in tempore, obtinetc
in bonis simplicitatem, in malis vero prudentiam. Die lat Übersetzung
von Obsopoeus ist mir nicht zur band. [vgl. oben nr. 30.]
39) Ausburt. Erl. 55, 151 (Brief 1576). „Dass man sich besor-
gen möchte, mit der Weise so würden die Dumstifte dem Kaiser vor-
behalten werden , kann man solchem mittler Zeit leichüich Bath finden.
Denn diess darf man sich nit besolden, dass die Fürsten solche geäst-
licbe Güter alle den Kaiser werden lassen an sich ziehen. Sie weiden
LUTHERANA 57
auch in der Ausburt sagen wollen, und nit unbillig, wenn es je dazu
kommen sollt Dazu so werden auch die Städte einen Zuspruch finden
werden '^. Dietz, Wb. kann das wort nicht erklären. Auch Burkhardt, Lu-
thers briefwechsel gibt nichts. Ebenso wenig Haltaus, Glossarium. Auch
sonst habe ich nichts finden können. Es ist wol » austrag, verglei-
chung. Der satz ist übrigens unvolständig, Was die forsten sagen
werden, ist ausgelassen. Der sinn im algemeinen ist — sie werden
auch mitsprechen, und ihren anteil haben wollen.
40) Lambher singen — ?ein geduldiges opfer verlangen. Erl.
55, 219. (Brief an D. Rühel 1539): Denn wir des Papsts Recht unter
die kaiserliche Rechte geworfen haben [d. h. geringer achten], als die
gar viel besser sind, weder des Papsts Narrendecret, der immerdar:
Lambher, singet [de Wette, Luthers briefwechsel V, 164: Lamb her;
also wol: her mit dem lamm!]
41) Dem Pilatus opfern. Erl. 61, 112. (Tischr.) „AUe, so bis-
her wider mich geschrieben haben, die haben mir in einem oder zweien
Blättern Argumenta gnug geben; die andern hab ich Pilato geopfert
und, mit Züchten zu reden, den Hintern dran gewischt^. Der sinn
ist ja deutlich «= aufs geheime gemach nehmen. Aber woher die
redensart? [pilatus etwa gleich pilosus, der behaarte?]
42)1 Ewerisch. (Ungedruckte predigten 3, 1, 165): „non asservato
iram, ut Has, neid und ungöttliche rachgier draus werde. Ideo vide,
ne stellest dich sawer ewerisch, und verdammest dich hellisch fewer
— Ideo Christianus non sol hewen, fluchen, lestem". Buchwald hat
zu „ewerisch^ die note: „vielleicht: hewerisch — s. unten hewen''. —
Hewen ist hauen, hauen = zuschlagen. Das adj. häuerisch wäre wol
ohne beispiel. Ich vermute es sei eiverisch = eiferisch, von eifer,
zelus, zu lesen.
43) Pemer. 3, 1 s. 89: „lam gehen burger, bawer, Nobiles so
sicher ut JudaeL Was frage ich nach demperner?^ Dieses ist frage
der sicheren. Aber was ist pemer? [Vielleicht pfarrer? G. Kawerau.]
44) lueleln. 3, 1 s. 77 (ad Matth. 5, 23): „0 es gehet schend-
Uch zu, quando ita orat et incipit pater noster, und gehen alle wort
zurück. [Sinn wol: es wenden sich alle werte strafend auf den beten-
den zurück, wenn man im zom und hader gegen den nächsten bleibt]
ut in Bon pfu dich luelein?*' — Was ist luelein?
1) loh sohliesse im folgenden noch einige Wörter an, welche mir in Luthers
Qiigedraokteii predigten, gesammelt von Poach, herausgegeben von Buchwald
1885 aidIpBloasen sind and eigentlich als nichtwörter erscheinen. Eine crklärung
58 KLAIBEB, LUTIUERANA
45) in rawen. 3, 1 s. 200 (ad Luc. 21, 36): ,, Wacker sein est
habere verbum, orare. Nos vigiles, qui quotidie hoc verbum traetamus,
man singts, druckts auf bucher, und treibts auf alle weise, das heisst
wacker sein. Dicitur vobis in rawen, qui non audit und will blei-
ben in fressen, saufen, sorgen*'. Was soll „in rawen*' heissen? Ist
etwa zu lesen „in dräuen**, zur drohung?
46) sehwllch. 1, 1 s. 128: „jani vidomus, wie schwilch es
zugehet*'. Ist schwilch ein wort? oder ist es Schreibfehler, wie die
noto bei Buchwald andeutet: „darüber: schwach"? [Buchw. druckt
schwilches in einem werte.]
47) Noch möchte ich das rätselhafte enne in erinnerung bringen,
für welches weder Grimm, noch Dietz eine erklärung haben.
28, 377 (antwort auf des königs von Engclland buch. 1522): „Ich
spre(*hc hie schier, dass König Heinz von Engelland eine Enne wäre,
hat ihn doch der Teufel so gar besessen, dass er sich keins anders
fleissigt, denn aus lauteim Muthwili der göttlichen Majestät Wort
öffentlich zu lästern und schänden''. [Vielleicht = henne, teuflisches
oder unheimliches wessn. S. diese zeitscr. XXIV, 148. 151. Red.]
STUTTGART. D. KIJJBER, priUat a. d.
MITTEILUNGEN AUS HANDSCHEIFTEN UND ÄLTEEEN
DEUCKWEEKEN.
I. Geistllehe diehtungen.
1. Teil eines passionals als gcspräch zwischen gott und der
seele.
Got spricht zu der mensch, (rot)
Hebe uff dün eruczo vnd gang nach mir.
Ich moiss dich twingen unde wenen,
Odir gang du voir, so volgen ich dir.
Du bist noch wild, ich muss dich tzemen.
Der Mensch antwort
Ich bin noch junck, zart vnd kranck,
So sweren bürden kan ich nit getragen,
Wie mochte ich geliden diessen betwang,
Schone myn noch mit solichen jaghen.
God.
Ich moiss dich biegen dinen rugken,
So icht gudes an dich bekleben,
BOTU, MITTEILUNÜKN AUS HANÜSCHRITTKN
Da bist mir anders facht noch drucken,
Alsus mogesta by mir nit leben.
Der mensche.
Hoir wie bista mir so hart
Unde da bist doch so mynnecliche,
Bitte und swere ist mir die vart,
Laiss mich noch, des bidden ich dich.
God.
Wie bistu nu soe balde erlegen,
Was hastu noch durch mich geleden?
Du mocst noch kunlich fechten als een degen,
Gar krenkelich hastu noch gestreden.
Der mensch.
Sol ich beden, vaston vnd wachen,
Und dair zu swer bürden draghen.
Und solde ich nit zu tzyden raston,
Also mochte ich gar balde vertzagen.
God.
Bis geduldich imd weil gemut
Und halt dich bas dan dir mach gesün,
Ess war noch alles süss und gut,
By diner noit gedenck du myn.
Der mensche.
Ich en weiss nit, was ich solle gedencken,
Dan das ich drage soe sweron last,
Dair umb ich swynden und auch krencken,
Wan dass myn crucze drucket mich vast
God.
Sich ufif myn crucze und das dtin,
Ufif sie boyde sün gelich geladen,
Du clages gair sere wie mach das sün,
Wenestu hie in rosen baden,
Du dunckcst dich junger veel zu syn
Und moest diefF in dornen gaen,
Wiltu myn zoen und liephaber sün
Und von mir nemen die hemel croen.
Der abir daz crucze Christi mit dragen wil,
Der lese unde wederlese alle geschryft
Und allir heyligen vader stift,
So Yindet er gruselichens nit,
60 ROTH
Wan das eyn mensche in dieser tzyt
Sich in eynem state wil bewerben,
In deme er nit vrolichen getarren sterben.
Wanne es umb enn umb geet,
Soe ist nicht sechers dan der doit,
Wanne abir des dodis stonde sy,
Des kan keyn mensche gewissen hie.
Discipulus.
UfF das es Christo behagen,
So thar ich nymandes clagen.
Doch solde ich die worheyt Sachen,
So han ich nie soe swer getraghen,
Sunder allis lyden wirt mir cleyn.
So ich gedencken das alleyn.
Das myn herre Jesus Christ,
Voii* mich sunder gestorben ist
Ach god künde ich voir mich gaen,
Unde ufF dem rechte wege bestaen,
Das ich niet viele zu rocke,
Soe hatte ich genade und groiss gelocke.
Die siel sprecht zu Christo.
Nicht zome dich hertze lieber herre.
Das ich myn äugen von dir keer,
Wan ich mit allem nicht mach seon,
Das dir so we sal gescheen.
Christus antwort.
Worumb vorehstu mynen tzom,
Du dragest die rose und ich den dorn,
Kero dich umb und sich an mich.
Was ich lyde, das ist umb dich.
Ai(^ einer papierhandschrift des 15, Jahrhunderts in der Mainxi
sladibiblwtfiek (Carthause 517) octavo.
2) Ein hübsch lied von unser lieben frawen.*
1. Jungfrau wyr dich gruessen,
Kunigin der miltigkeit,
Unnser leben, unnser süssen,
ünnser trost, sey hülf beirait
0 MariahiE
1) Übenotxm^ d«
lOTTKILÜNGEN AUS HANDSCHRIVTEN 61
2. Zu dir schreien eilende
Wir Eva kinder allezeit
Voll des lobes schallende
Von nun an und in ewigkait.
0 Maria hilf.
3. Zu dir seufzen klagende,
Eia zu jeder frist,
Deine hilf begerende
Gotes Muter allersüst
0 Maria hü£
4. Deine äugen zu uns wendende,
Du aller weit Zuflucht,
Du Trösterin im Ellende,
Durch deines leibes frucht
0 Maria hUf.
Aus einer papi^rhandschrift des 15.jahrhunde7'ts in meinem besitz.
3. 0 virgo generosa,
Dei sponsa speciosa,
Pre ceteris formosa,
Faradisi vera rosa,
5 Sis genti gratiosa.
Sis nobis refugium,
Vivendo preesidium,
OfiFerendo tenaculum,
Nostrum gaudium,
10 Letans nobis convivium.
Aus einer perganienthandschrift der tverke de^ hl. Bernard aus
dem 13, Jahrhundert in meinem besitx.
4. Ein geschriebenes „Hessen- Homburgisches gesang- tmd lie-
derbüchU'in vom jähr 1730"^ enthält als anhang folgende geistliche
lieder:
Ein schön Osterliedt.
1. Heut triumphiret Gottes Sohn,
Der vom todt ist erstanden schon
Alleluia AUeluia usw. (30 verse.)
2. Ich armer sünder komm allhior.
In Demuth <lanck zu sagen,
Vor das, so du erwiesen mir usu\
62 ROTH
3. Freut euch ihr lieben Christen heut,
Dass wieder euch gegeben
Des Lammes wertheste Hochzeit usw.
4. Du mein hertz erfreue dich,
Wenn du hie schon viel must leyden,
Alles Creutz wird enden sich U8^it\
Verfasser der lieder 2 — 4 ist landffraf Friedrich Jakob von Hes-
se7i' Homburg seWst, Sie ersehienen gedruckt im Hessen- Hombur-
gischcn gesangbuch. Homburg v. d, H. 1734, als nr. 291, 1561, 1563
uud 1842; der dort gegebene text iveicht aber von dem dieses hand-
schriftlichen gcsangbuchs xu Ungunsten des druckes ab,
II. Tolkslleder.
1. Trinklied.
Sumus hie sedentcs
Quasi conferentes
In Omnibus gaudentes
NuUum oifendentes
5 Leti concinnentes.
Hospitem laudemus,
£i decantemus,
Nunc iterum potemus,
Iterum convivemus,
10 Honesti iubileraus,
Ira infundatur,
Si cor iucundatur,
Tristitia fugatur,
Plausus innovatur.
15 liCti concinnemur.
Ans einer Biblia sacra Uitina, handschrift des 14. jahrhunder^^^
auf deren Vorsatzblatt.
2. Wächterlied.
Aus hei-tzen wee klagt sich ein held
In strenger hut verborgen.
Ich wünsch ir heil, die mir gefeit usw.
3. Volkslieder.
1. Begirlich in dem hertzen myn
In rechter lieb und
huteilunoen aus handschsxftkn 63
2. Ich stund in eilend nacht und tag
Ob ich wol frölich sing und sag usw.
3. Eberli du bist so gar ein guter man,
Wann du gedrinckest
So leijstu dyne buntschu an usw.
4. Ich lob myr ritter und freülin feyn
Und lass die steltzen krtippel seyn usw.
5. Glück und alle selickait
Vil guter iar in wirdickait usw.
6. Mensch wiltu leben cristenlich,
So raerck uf meyne worte suberlich us^v.
Aus handsckHft des 15. Jahrhunderts. Einige dutxend verse.
Volkslied auf Philipp den Örossmütigen, landgrafen von
Hessen.
1. 0 hen-e gott gib gnad und gunst,
Des bitt wir dich auss hertzen brunst,
Das dein Nam geheylget werde,
Gedancket deinen tatten gross,
Die du statz wurckst auff erden.
2. Kain menschlich zung erzelen kan
Die wunder, so du hast gethan
Von alter her den deinen
Mit grosser störck stast du in bey,
Last in dein gieht erscheinen.
3. Des halb so hastu aufFer^vöckt
Ain jungen herren hoch gostörckt.
So gar ain edlen fürsten.
Der kan wie seiner Manhait zimpt
Den seinen feinden bürsten.
4. Du hast in gross und hörlich gemacht,
Inn im ist davids gaist erwacht,
Fraydig, darbey senfftmüttig
Seinen veinden zaigt er sich
Ain Christen sein vast giettig.
5. Das ich euch disen fürsten nenn,
Vnd mänigclich sein manheyt kenn
Phillip Landtgraff in hessen
64 ROTH
Ain edler herr vom stam geboren
Von eiteren her gewessen.
6. Sein lob das ist so hoch gezölt,
Gott hat in selbert ausserwölt,
Durch in sein lob zo meren.
Sein krieg allain Nach rechtem stat
Vnd auch nach Gottes eren.
7. Vnd das sein nam gebrisen werdt,
Satzt er sein leib in krieges gferdt
Wie woll im ist gelungen,
Sein veindt die hatt er ritterlich
Woll auss dem veldt getruDgen.
8. 0 Wurttenberg erfrew dich desen,
Das dir der edel fürst auss hessen
Hat wider bracht mit freuden
Hertzog Virich den deinen herren
Der lang von dir was geschaiden.
9. Vnd lass dir gott will kumen sein
Yetzundt den rechten herren dein.
Du hast dein haubet wider,
Darumb so sötz dein trew zu im
Wi zimet frumen glider.
10. Des gleichen solt du fürst auch thon,
Gutt spech hin für und alweg hon.
Den nutz deins Landes spechen.
Lieb gericht und recht, schaff gottes eer
Mit tlevss, so wölst auff sechen.
11. Und das dein landt ergötzet werd
Ungemacht und erlittanen beschward^
Schaff du, 0 fürst vnd herre.
Das hin für gütlich will vnd wort
Nit vndertruckt sey mcre.
12. Zu letst will ich die fursten gmaydt
Vmb gottes willen pitten baydt,
Wa es kau gesein mit fuge
Vnd das ain fridt gemachet werdt
Es ist gefochten gnuge.
1) So die kamiHkrift. , Jh^ ' taclivenl.
13. Das liedlin sey zu preyss gesungen
Bayden t'iirsten alt vnd jungen
Den edlan landtgraffea des gleiclien,
Ir lob das ist so weyt erschollen
Ja in dem gantzen reiche.
In künig lasslaw thon 1532.
Dieses aon begeistei'ung für Philipp von Hessen und die sacke
mder refoniiatioH sprechende, auch sprachlich inleressanie Ued steht in
Wtiner papierfoUohandschrifi der Mainx-er stadtbibUothek. Diese /tand-
Itciirift stamt aus Augsburg und ent/iäll für Augsburger geschichie
t unmasse nachrichten zur hkalgeschichte Augsburgs riebst einigen
I itrkundm von tiem ende des 13. jahrhuruterts Ins etjva 1340. Ihr
I geaekicktlicker teil verdient cingehentk berücksichtigung für Augsbur-
ger hkalgeschichte.
m. Aberglauben.
Dit boich spricht:
Alt vnd itinck hoert mych aen allen spot
By der wäret ich uch säen, welche iss gott.
Eyn duscher kalender ich byn genant,
Meister peter kuytz dem barberer ich byu bewaiit.
Dem selben sal man mich weder geben,
So ich werde verloren
Umb gotz willen, der ucb gebe die ewige glorie. 1514.
Blatt 1 riickseite: Wanne man laesen sal, R. Mercke jonge
I lüde, die soIcn loissen, wan der mane zu nemet, Abii* das liecht müsse
I funCT tage alt syn ader sesse zu dem mynsten. Aide lüde die solen
1 tatssen, wan da» licht abnoniet, In dem sommer so sal man laissen
an dem rechten ai'me, in deme herbst, so sal mau laissen an deme
lenckeüien arme.
Wanne man nyt laissen sal. Mercke, du salt auch nit laiß-
sen, wan das licht vol ist, ader wan kcyn lieeht an dem hiemel ist
Du salt auch nit helsen in der nacbt, so du des morgens laissen wilt,
iss brenget schaden.
£1» folgt nun ein deutscher kalender mit ostertafel und imchfol-
ifcnden Vorschriften: Hyr na volgen etzliche regiUen we man sich rege-
ren sal na den XII zeichen in Wanderung, buwen usw. In diesen
zeichen dem Steren Crobis, Junffrauwe vnd Schutze so ist iss gut
ferren gang an laben vnd anheben, was man gern scliier vnd balde
endet also wanderen ader ander grobe arbeit In diesen zeichen dem
. tlEUnCIIE CUtLOLOOlE. BD. IXTt. 5
66 ^TB
darant vnd czwillinge. So ist iss gar böse zu erste an fahen vnd heben,
was man gern schier vnd balde endent als wanderen ader ander grobe
aibeit. In dem Darant ist is gut krig zu sunen vnd fruntschafi't zu
machen vnder den landen. In diesen zeichen dem Ossen, Zwillinge,
lewen, Junffrauwe, Wagen so ist is gut elich leben an dragen, aber
nit zu bestedigen. Und ist gar gut huser bau wen, in huser ziehen,
Ecker, wingarten buwen, sebin profFen, plantzen vnd wircken was do
lange woren sail.
Vnd in dem Steynbock so ist is auch gut ecker, wingarten buwen
vnd was mit erden zu gen sal.
In dem Ossen, wesserer vnd fisch so ist is gar gut hussfrauwen
nemen, huser bau wen, in huser zehen vnd alle ding zu bestedigen,
was do lang weren sal.
In diesen zeichen dem Steren Crebis, Darant, Steinbock vnd
schütze so ist iss bosse haussfrauwen nemen, huser buwen, in huser
ziehen vnd bestedigen, was do lange weren sail etc.
Die duodexpergamenthandschrift y welche diese für geschickte des
deuisclien aberglaubens nicht uninteressantefi stücke e?ithült, befindet
sich in der Mainzer stadthibliothek und entstamt detn tal Ehren-
breitstein bei Coblenz a. Rhein.
lY. Erbauungsschriften.
1. Ain tractetlin von de sterbende | menschen vn von d' anfech-
tüg im sterben. | Vnd ettliche fragstuck vor de end | des sterbende
menschen. |
Am ende: Impressü Mömingen, 1498. |
Quarte, 29 n. gez. Blätter, deren erstes leer.
Fehlt bei Hain, repertorium, ivelelier 11082 eine andere aus-
gäbe dieser schrift beschrieb. Auch Goedeke, Grundriss tmbekant.
2. Der ewige wisz | heit betbüchlin | Holzschnitt | Mit randein-
fassung in holzschnitt Auf der rücicseite des titeis: Zfi lob ere, vnd
danckberkeyt usw.
Blatt CG VIII vor seile: G! Gedruckt vnd vollendet in der lob-|
liehen stat Basel, durch meyster | Jacoben von Pfortzheim, | in costen
Marx wer- | demüller vö zürch. | Nach christi | geburt | als | man zalt |
dusent funffhun- | dert vnd achtzehen iar. In | dem andern dag des
Brachmonetz: | rückseite leer.
KleinoclavOj Signaturen all :— b 5 ~\- f — * f III + blatt I —
CCVIII
Mainz, stadibibliothek.
HITTBILUMGEN AUS HANDSCHBiFTEN 67
Als handschriften:
3. Dis ist daz buch der ewigen wisheit, in dem redet die sei
mit gode in einss dieners wise. Prologus. Ein fürrede dys Buchelins.
Es stunt ein prediger zu einer zit noch metten vor einn Crucifix und
klagte got inneclichen, das er nit enkunde betrachten nach syner mar-
teln und lyden. Und das im dass also bitter was, want dar an hatte
er byss an die stunde gar grosse gebrechen gehabt, und da er in der
klagen stunt, da komen sin iure synne in ein ongewonlich ufFgezogen-
heit und luchten ime gar swinde, und wart von got zugesprochen also:
Du Salt etc.
Schliesst: in der die sele wirt ernuweth in Onadenn. Alle
mein Hoffenung zu Goete. Der text entspj'ichi defu zweiten buch von
Setise's hüchlein von der eivigen Weisheit nach der ausgäbe Deniflc's
s. 305 — 310 und bildet das vorwort xurn zweiten buche desselben.
Quartopapierhs, des 15, Jahrhunderts in der Mainzer stadtbibliothek
(ohne nummer). Vier blätter.
4. Saimnelhand von erbauungsschriften.
a) Hanc amavi et exquisivi a iuventute raea etc. Dys werte stent
geschreben in dem buche der wysheit und synt gesprochen von der
schöner lieblichen ewiger wysheit und ludent zu dutzss also: Dys hab
ich geliebet und usgesucht von meinem jungen tagen, und han sye
usserkorn zu einer gemahel etc. Bildet den text des ztveiten buchs
Settse's und gehört der schrift nach zu voriger handschrift (3),
Schliesst: ein stedes bliben Amen. Deo gracias. Vgl. die ausgäbe
Denifle's s. 311 — 500, Der nachtrag ?iach der ausgäbe Denifle's
s. 500-^504 fehlt.
b) Uff eyn zyt enscheine unser lieber here Jhesus Christus Eyner
bedrupten seien in der formen, als er was veroetelt in dem dot und
sprach etc. Schliesst: geoffenbaret werten der hilligen jungfr. Mada-
lenen von sanct Ciaren orden. Drei seiteti.
c) Des boijch ist von dem deynner der ewiger wissheyt Eyn
preger wass in dütschem lande von gebort eyn swabe, dess name
geschreben sy in dass lebendige buch, der hat begert, dass er worde
geheissen eyn deyner der ewigen wissheit etc. Schliesst: yn eynem
heiligen leben Amen. Deo gracias anno etc. Entsprieht dem anfange
des erstell teils des büehleins Seuse's; vgl, Denifle's ausgäbe s, 13.
d) Druw ding weiss ich ver war. Schliesst: da dass geendt wass,
balde ist er gestorben. Amen.
Solt got in unssem Sachen
Nach sinem gefallen machen.
68 ROTH
Wir wordenn ee weynenn dann lachen,
Hymmell unnd erde werde mit uns krachenn.
0 got ich bit, verlaiss mich nit
Susanna Hannschuttin.
Myn aller lipste Schwester Odilia wolt eiss exempell han von
mir zu eym fruntlichen gedechtniss, dan ich sie mit arbet han uss dem
latyn geschrieben von rechter lieben, die ich zu uch han und ess mit
freuden gern gedan, bittent Jesum vor mich. Den inhalt bilden bei-
spiele aus dem leben der heiligen.
e) Is ist zu wissen, das die figure betzeichent eyn iglichen geist-
lichen mentschen, der da gantz und zu mael sich ergeben sal got und
uss yme selbst gehn und abesünderunge thun syn selbst von yme selbst
und uss yme gehn ledig und frye etc. Zwei blätter, hierauf:
Eyn Spyegel dess waren lebens clare
Ist unss gesant von hymmels thron,
Von got dem vatter ist here kommen
Jhesus cristus die wäre sonne
Erluchtend die mentschen und zu wysen etc.
Scldiesst: In dem ewigen leben beschyn uns yn zu schauwen. M. E. N.
Ztvei blätter,
Sammelband j hs, Papier ^ octavo des 15, Jahrhunderts in der
Mainzer stadtbibliothek (ohne nummer).
5. Hie vohent sich an dis buches Cappittel, das do genant ist
die bybel der alten ee, und ist mit figuren gemolet. Dann register.
Der text begint: Richter gott von himelriche und ertriche und ob
allen krefften swebt din krafift und dar umb so lobet dich billichen
alles, das da ist und ein ertheber aller wissheit, darumb sagt man dir
billichen lobe etc. Am ende defekt.
Foliopapierhs, des 15. Jahrhunderts in der Mainzer stadtbibUotJieh
6. Theologisch' moralische abhandlung über das leiden Chfisii,
gebrecfien der zeit, abnähme der gottesfurcht zur zeit des verfassei's,
in dialogform. Beginiit: Sentite de domino in bonitate et simplici-
täte etc. Schliesst: Explicit horologium eterne sapientie. Deo gratias.
Darunter steht: Est bona vox: hale wyn, est milior (!): schenck yn,
est optima: drynck uyss, est mala vox: rechen, peior est: bezal, pes-
sima: keyn gelt.
Ilatulschrift des 15. — IG. jahrhvnderts auf papier, grossociaiy,
nr. 44 der Icönigl. laudeshibliothek \u Wiesbaden (wol aus der abiei
Sagu).
MITTEILUNQEN AUS UANDSCHBIFTEN 69
7. Erbauungsbuch und Ordensregel. Am ende: Anno domini
MCCCCXCVin off madag (!) nach sant Johannes baptista ist diss boch
volendet vnd geschriben. Elizabeth von bechtelssheym pruorisse za
Engelndal hait diss buch geschriben, got wolle sie vor der hellen pyn
behüden.
Papierhafidschrift in octavo, aus deni 15. Jahrhundert In der
Mainzer siadibibliothek (VI, 69),
y. Übersetzung der sehrlft des Philippus Beroaldus Bononiensis
de Septem sapientium sententils etc.
Philippus BeroaMus Bononiensis verfasste das btcch: de Septem
sapientium sententüs, welches unter dessen opuscula varia xu Basel
1515 in quarto gedruckt ward. Davon fertigte doctor Johann Walker
aus detn Heidelberger humanistenkreise bereits 1502 eine deutsche,
bisher ungedruckt gebliebefie Übersetzung und iMmete sie dem pfalx-
grafeyi Philipp bei Rhein. Die merkumrdige vorrede teile ich hier
ganz mit: Dem durchluchtigsten hochgebornen fursten und hem hern
Philipsen Pfaltzgraffenn bey Ryn, Hertzogen in beyem, des heyligen
Romischen richs Ertztruchsess unnd Churfurstenn Mynem gnedigsten
hernn Enbiet ich Johann Wacker doctor myn themutig gebete gegen
gott und alle myn vermeglich underthenig gehorsam, bereyt dinstbar-
keyt zuvor, mich damit euwern furstlichenn gnaden befehlend. Dwyl
euwer fürstlich gnad on liebkosenn zu schriben vor andern fursten und
hernn mit hoher scharpfFer vernunfft, weissheit und balfehigem verstant
mit vil adelichen angebomen tugenden von got und der natur hoch
begabt, dabey auch mit sonderlicher macht von oben herabe begnadet,
darinn sie der konigyn palladi mit fürstlichem gemute und Vermischung
gnadenricher myltikeyt, Julio dem ersten Romischen keyser mit starckor
stanthafFüger strenckheit und holtseligen fürstlichen syttigen geberden
gezirdt, Scipioni dem edeln Römer in mitteylung und hanthabung aller
erberkeyt und gerechtigkeyt, dem konig Minos in götlicher forcht unnd
ereherbiettung Nume dem zweyten konig zu Rome in reygiment und
beschirmung der Pfaltz und loblichen kurfarstenthumbs mit langwirigen
guttem frieden Octaviano Augusto gar woU zu verglichen und by dem
allem eyn sonder Liebhaber, gonner, merer und patron aller Philoso-
phen und naturlicher weissheit, yn der ich gern der mynst schuler
syn wolt, ist, und ich dan in kiirtz verschynen tagen eyn schon mey-
sterlich wolgesatzte rede des Hochwissenn und wolgelerten manns Phi-
lippi Beroaldi noch inn leben von der weit Seligkeit etlicher philosophen
meynungen zum kurtzsten begriffende, waruff weltlich seligkeyt zu
70 ROTH, MITTKILÜNOEN AUS HANDSGHBIFTEN
setzen sey, mit ettwan vil hoffelichen spinichen, exempeln und gezirten
werten verlesen, han ich gedacht, dwil diss matery sunst gar weyt-
leufGg durch dissenn Philippum so lustlich und kurtz zusamenn bracht
und gezwungen, das es euwer fürstlich gnad zu zeitten zu hören her-
getzlich und gefellig seyn solt, dwil sie auch vil lustiger historien und
gutter Spruch in ir beschleusst, und dar umb so ich auch euwem
fürstlichen gnaden myner unschicklichen onentlichkeit halb sunst zu
nicht nutz syn mag, das in eyn grob onbehauwen Creuch gemysch
dutsch zu bringen, mich damit undertheniglich zu herzeugen in aller
dinstbarkeyt flehenlich byttend, solch von mir in gnaden und gutter
meynung anzunemen, und ob es grob, unzirlich gesetzt ist, die glitten
sententz, sprüch und meynung des guttenn philosophen mem dan das
unschicklich deutsch und myn underthenigen gehorsamenn dinstlichen
willen darin gefallen zu lassen mir damit in gnaden allzit zu gebiet-
tenn. Hie mit befelhe ich mich abermals euwem furstlichenn gnaden,
die der almechtig gott in zittlicher mit nachfolgender ewiger seligkeyt
langzit ufifenthaltenn wolL Actum uS der heyligen dry konig Abent
Anno domini Tausent funffhundert und zwey.
Handschrift des 16, Jahrhunderts auf papier kleinquarto in der
Mainxer stadtbibliothek (VI, 72), Die liandschrift ist kein autograph
Wackers y aber von ihm an manchen stellen verbessert, Sie soÜe wol
als tüidmungsexemplar dienen, da sich auf bl, 1 ein grösserer initial
mit arabesken und einige kleinere im texte finden. Die handschrift
ist am anfang und am ende defekt
Tl. Glossen.
Eine defekte evangelienconcordanx des 9. Jahrhunderts in mei-
tiem besitz enthält vomen eingeschrieben von einer kand währschein'
lieh des 9, Jahrhunderts folgende glossen:
desideratus : geliubit
benedictus : kisegit
sulphur : erdphuir.
bitumen : erdleim,
deliramenta : thobizunga.
dicit : redinot
exemplar : pilidbuoch.
laudare : louan.
timere : fortan,
adversus : anegeginne.
sustinuit : tholundun.
lumen : lichte,
cognovi : bikanda.
impugnans : anafehtonde.
QEISENHEIM (BHEINOAü). F. W. B. ROTH.
BOLTE, ALEXANDER 8EITZ 71
EINE PEOTESTANTISCHE MOKALITlT VON ALEXANDEK
SEITZ.
Alexander Seitz oder Sytz ist eine merkwürdige erscheinung in
der zeit der politischen und religiösen gährung zu anfang des 16. Jahr-
hunderts: ein in Italien gebildeter gelehrter und zugleich ein fruchtbarer
deutscher Schriftsteller, ein tüchtiger arzt und ein gewanter volksredner,
ein selbständiger teilnehmer an den religiösen fragen der zeit und im
persönlichen umgange ein unruhiger, streitsüchtiger Charakter. So ist
sein bild uns kürzlich von G. Linder (Zeitschr. für algem. geschichte
3, 224 — 232. 1886) gezeichnet worden. Wir wollen versuchen, diesem
bilde durch die betrachtung einer Linder entgangenen dichtung des
mannes einige züge hinzuzufügen^.
Seitz ward um 1470 zu Marbach geboren, studierte wahrschein-
lich zu Tübingen imd Como, sicher zu Padua und Rom medicin. 1514
beteiligte er sich an dem aufstände des armen Konrad gegen den
leichtsinnigen und gewalttätigen herzog Ulrich von Würtemberg und
flüchtete nach dessen niederwerfung in die Schweiz. Zu Baden im
Aargau lebte er als das haupt der verbauten, die sich den Schweizern
gegenüber auf „der eidgenossen eitern Stapfacher imd Wilhelm Dell"
beriefen, „welcher tapferkeit und handhabung die ganz eidgenossen-
schaffc noch heut zu tag sich billig trösten soll". Auf des herzogs
widerholtes ansuchen beschloss die eidgenossenschaft 1516 seine aus-
weisung, obwol die „schwängern und andern ehrsamen frauen zu Baden"
für ihren arzt supplicierten. Er schweifte im reiche herum, in Mün-
chen, Beutlingen, Strassburg, und wurde ein eifriger anhänger der pro-
testantischen lehre. Auf Zwingiis vermitlung kam er (1525?) nach
Zürich, dann nach Basel, wo er 1529 — 1535 nachweisbar ist. Wir
werden sehen, dass er 1540 noch einmal in Strassburg erscheint; damit
verlischt aber jede spur seines lebens.
Folgende Schriften sind von ihm bekant geworden:
1) Ein nutzlich regiment wider die bösen frantzosen. Kortzheim
1509. 4®. (Panzer, Annalen der älteren deutschen litteratur 1, 312.
1788). — Neu herausgegeben von A. Moll: Dr. Alex. Seitz aus Mar-
bach und seine schrift über die lustseuche vom jähre 1509. Stutt-
gart 1852.
1) Sonst ist über das leben von Seitz zu vergleichen: Zwinglii Opera ed. Schü-
ler et Schulthes 7, 434. 8, 26; Heyd, Uhich herzog zu Württemberg!, 362—304,
327 (1841); Algemeine deutsche biographie 33, 653—655.
7*J BOLTE
2) Der thumier, oder adeliche möstening; von ihm angeführt in
nr. 3, bl. Ciiija.
3t Ein schöner tractat daijnnen begriffen ist Die art vnnd vrsach
des Traumes, . . . Duich den hochgelertten Philosophom vnd Doctor
Allexander Sytz von Maipaeh Tßgangen. 5 bogen 4^. Gedmckt zo
Landßhut (In Berlin. Panzer, Zusätze 1802 Sw 135). — Widmung
Dem ersamen vnd gaistlichem waltbruder Arbogasto schmitzer jm wei-
chen tale. anno 1515, Die zweite häljfte des buches ist politischer natur;
in kap. 13 und 14 wird ein träum gegen herzog Ulrich gedeutet,
kap. 15 handelt über das irtzen der fursten. 16 über das wort hertzog
(herz -f augeK IS ist ein gedieht: «Was Tenantz das wort bedent**.
4} Menschlichs lebens art vnd visprung, rnd wie man daß befri-
sten soU durvh die wilbader, bevor zu Oberbaden •.. Durch den hoch-
gelerten Doctorem Alexandem Sytzen von Maickpach nüwlich beschrib-
ben. Basel« Adam Petri 1516. 7 bc»gen 4<^. Vorrede an Christoph
Kreß von Nürnberg. (Panzer, Annalen 1. 393.) — Neue ausgäbe von
Leonhard Strübin 1576. — Auf dies buch bezieht sich wol schon das
citat in nr. 3. bl. Aijb: «Aber von disem hab ich clarrer geschrieben in
meinem tractat von der menschlicher art etc.*"
5) Ain schöner nützlicher tractat von aderiassen, dnrdi den hoch-
gelerten Doctor Alexander Sytz vonn Marpach vleyssigclich beschriben.
landßhut 1520. 4^\ (In Berlin. WtUer, Kepertorium typogr. 1864
nr. 1640.) Die widmung ist an den rat von München gerichtet
6) Ein Tra- ; gedi. Das ist, ein \ Spile, seines anfangs | voller
freuden, aK^r mit ' seer leydijrem aus- ; gang. Vnd ist | Vom grossen
Abont- mal, vnd den zehen Junck- frawen. Alles aus dem Euan | ge-
lio gezosren, mit <oer hüpsoh , en Sprüchen. Beschriben durch den |
hoohsrelerten Di'Ctor Ale- xander Seiiz. 7* , bogen 8®. (München.
ZotingonK — Auf bl. Hiiija steht: -Zn Straßbuig, in Enoblochs |
druokerey. Durch Gtx^r- ' j:^^n Mossorschmid. M. D. LX*^. Die Jahres-
zahl ist jedoch ohne zwoifcl durch Umstellung der lezten Ziffern in 1540
zu ändern: denn auch der bl. Cvija pnxiucierte einladebrief trigt das
datimi «Minwochs nechst von Ostern. Anno M. D. XL*^. Femer b€f;eg-
net der vermerk «Strai^bunr in KnobKx^hs Druckerey durdi Greorgen Mes-
serschmidt'' auch lo44 in einem drucke von Sleidans Oration an kaiserl.
maiestät lAlgrem. dout>ohe bioirr. 16, 316K während über eine spätere
buchdniokertätisrkeit G. Mos^sorschmidts, der 1559 auch den roman
•Vom Edlen Ritter Bhssoneto*' zu Strassburg herausgab, nichts fest-
steht. Endlich ist das stück in dem alten Münchener sammdbande mit
ALEXANDRR SEITZ 73
vier andern dramen vom jahro 1539 und 1540 vereinigt. Das vorwort
trägt leider kein datum.
Seitz war zu der zeit, wo er sein drama veröffentlichte, etwa
70 jähre alt Ein beweis seiner geistigen frische ist es, dass er für
die in den lezten zehn jähren emporgekommene gattung des biblischen
dramas mit lebendigkeit eintritt Er eifert in der vorrede gegen die
schamparen werte und den närrischen tand der fastnachtspiele nicht
minder als gegen die venerischen komödien des beiden Terentius, die
schon der gottesfürchtige Seneca misbilligt habe, und verweist auf Eras-
mus und Reuchlin, die auch zierliches latein zu reden verstünden,
und auf die neuen biblischen stücke: „Got treibt daher seinen geist
gar mechtigkleichen in eim anderen schwungk, das jetzund gemacht vnd
vffgericht werden an vilen orten, da das Euangelium grünet, andere
comedien vnd spiele aus Euangelischer arte, darinn unsere kinder mit
Christenlicher tuget gemilchelet vnd vffgepflantzt werden''. Offenbar
dachte er an Sixt Bircks stücke luid an Binders Acolast, die er in
Basel wol selbst mit angesehen hatte. Ob er sein „spiel aus dem
euangelium", das etliche ehrbare personen von ihm begehrt hatten,
aber noch dort oder, was wahrscheinlicher ist, in Strassburg abfasste,
bleibt ungewiss. Vielleicht ergeben sich in Strassburg deutlichere spu-
ren seines aufenthaltes.
Die neutestamentlichen parabeln vom grossen abendmahle und den
klugen und törichten Jungfrauen hat Seitz in eigenartiger weise zu einer
etwas schwerfälligen allegorie verbunden, die dem genialen zuge in
Naogeorgs Pammachius (1538j freilich nicht entspricht, aber doch man-
che ähnlichkeit mit dieser grossen lutherischen satire aufweist Zu der
hochzeit des Emanuel von Nazareth, die am donnerstag vor ostem
statfinden soll, ladet sein himlischer vater Jehu (Jehova) durch seine
boten, die apostel, ein. Die reichen lehnen die aufforderimg ab, die
armen und kranken aber folgen willig, zulezt auch die fünf klugen
Jungfrauen. Zwei fürsten aber, Julianus und Trajanus, haben die werte
der einladung „Compelle intrare" (Luc. 14, 23), durch ihren pfaffen
verleitet, falsch aufgefasst und führen eine grosse schaar gefangener
mit gewalt zum himmelstore, wo sie Petrus zurückweist Die sich
nun entspinnende disputation, in der Lucas und die apostel gegen die
pfjEiSen und hofleute Julians auftreten, während Trajan sich durch Phi-
lippus bekehren lässt, bildet den eigentlichen kern des ganzen. Die-
selbe tendenz, gegen die Verfolgung der evangelischen mit Waffengewalt
zu protestieren, verrät sich in dem Intermezzo des unter den übrigen
gasten hereingeschlichenen pharisäers, der unter seiner geistlichen kleidung
74 BOLTK
eine landsknechtsrüstung, büchse, schwort, hämisch und pickelhaube
verborgen trägt und, als er zu den teufein hinausgewiesen wird, ver-
geblich um sich haut und schiesst Der päpstliche ablasshandel wird
in dem krämer ang^riffen, der den törichten Jungfrauen zettel verkauft,
die ihnen den eintritt in das hochzeitshaus sichern sollen.
Die selbständige Stellung gegenüber den religiösen parteien, die
Seitz 1533 in Basel durch seine freimütige äusserung über die lehren
Zwinglis und Oekolampadius' von der erbsünde dartat, zeigt er auch
hier im epiloge bl. Hiij a:
Den Sabath soltu heilig hon,
Beut dir Oot, an die predig gon:
Wart nit, bis die Pfaflfen eins werden;
Es ist nie gewesen vff erden.
Obwol eine einteilung in akte und scenen mangelt, hat Seitz
doch für allerlei schaugepränge und komische Zwischenhandlungen durch
die knechte Gnatho und Davus, den narren u. a. gesoi^gt; als die gaste
nahen, wird Petrus angst, ob auch die speisen in der küche ausrei-
chen werden, imd er läuft mit Johannes zum bräutigam, ihm seine
sorge zu klagen. Um die inscenierung endlich ist der autor durch
eingehende anweisungen an den regisseur bemüht Ich halte diese alge-
meinen Vorschriften, auf die schon R Gen6e, Lehr- und wanderjahre
des deutschen Schauspiels 1882 s. 83 fg. aufmerksam machte, für inter-
essant genug, um hier abgedruckt zu werden, und füge noch den
schluss der tragödie, die entführung der törichten Jungfrauen durdi die
teufel, hinzu, teils um die oft recht gewante diktion Seitzens zu zeigen,
teils weil wir hier ein vereinzeltes beispiel dreifüssiger reimpaare statt
der sonst als « teufelsmetrum ^^ und zum ausdrucke starker erregung
gebräuolüichen zweifüssigen verse vor uns haben.
[G vij K Petrus. Es hilfPt keyn bit
10 Solt euch drosseo,
Dammb trollen euch nur bald hinweg! Die thür ist bschlossen.
Dis sei mein antwort:
Sur bald von der port! Jungkfr.w Schöne.
O mort
^^^öus. '^i^s sih idi d<»t!
Ach ich bit dich, Veons, wend dich mnb
5 Thd so übel niclit! 15 Vnd butzumb!
Petrus. 1 Tenus.
loh sig eücli glat: 0 mort vnd jmmer moit!
Macht euch roa stat! Wohin, an irdches ort
Höra jr Bit? WoUoQ wir lliaiMB «ml!
ALEXANDER SEITZ
75
0 des bösen strauß,
20 Don wir hie müssen,
Die sünd zu büssen!
0 des teüffels gwalt,
Der grewliohen gostalt!
TeüffeL
Wie, jongkfraw Venus, [Gviij a]
25 So schön überanß,
Warumb schreistu niort?
Du bist doch mein hört
Gsin an allen ort,
Mir trowlich ghorcht
30 Keck on alle forcht,
Yil ins netz gefeit,
"Wie ichs hab gewölt:
Gib ich dir zu Ion
Die heische cron,
35 In meinem königrcich
Würt nit sein deins gleich.
Tummel dich hierumm!
Wie stelst du dich so krumm?
Das dich der ritt schit,
40 Kenst du mich noch nit?
Müst mit mir an tantz
In hellischon glantz.
Venus.
0 der mortlichen fart,
Das ich yo geboren ward!
45 Verflächt sey die stund,
Da Got hat vergundt
Mir das leben mein!
Solch marter ynd pein
Bringt die mütter mein,
50 Hat die rüt gespart,
Bis mich die hofEart
Dahin hat gebracht, [Gyi^ b]
Alle zucht veracht.
Hat mich vff gepflantzt
55 Tag ynd nacht zto tantz,
ließ mir allen geyl.
Als ich were feyL
0, hat ich gehört
Vnd mich daran kert,
60 Was mich bot golort
Got mit seinem wort,
Lid ich nit solch mort
0 hilff mir auß not,
Du mechtiger Got!
Der erst Teüffel.
65 Was klapperest von Got,
Du helli[s]che ki-ot?
Mein sponß möstu sein,
Tummel dich harein!
Thüst mir gefallen
70 Ob andern allen.
Jungkfraw Spritzt
0 mort, das son vnd mon
Verfli^cht müssent ston!
Der ander Teüffel.
Was plörst, jungfraw Spritz?
Das der hellisch plitz
75 Dich ewig verbren.
Gar wol ich dich erken.
Trumpel'*.
Das Got alle sehend, [H 1 a]
Die mich verfürt hend!
0 des grossen leyds!
80 Wie bin ich verreytzt!
Der drit Teüffel.
Har, bar, du Trumpel,
In das hellisch krumpel!
Du bist gsin gar geyl
Vnd mir gwesen feyl:
85 Würt anders nit drauß,
Mftst mit mir an strauß.
Pflantzerin*.
Verflocht sind, die mich so lind
Vfferzogen zu einem kind
Dem teüffel zu seinem gsind!
1) Vgl. mhd. sprenzen = patzon, einhentolzieren.
2) Trampell xinzüchtiges weib.
8) Pflanzerin, ide bair. pflXnzlerm bei Schmeller' 1, 450, eine yeizHitelte person. Vgl. oben
^' ^ pflanzen = ziexen, patzen.
76
HOLTE, ALEXANDER SRITZ
Dor vierd Teüffol.
90 Siho, juogkfraw Pilantz
So stets mit deinem schwantz!
Hab keinen verdroß,
Gib mir einen kuß,
Spring mit mir den ring
95 Biß ins toüffels kling!
Schöne.
llimol vnd erd sind verfldoht,
Das ich binn gsin so verrächt!
Verflocht sind müter brüst,
Das ich nit ward ain warer Christ!
Der fünfft Teüffel.
100 Wolhar, jungkfraw Schone,
Ich gib dir ein bone. [H 1 bj
Hast dich meins diensts beflissen,
Boy mir müstu sitzen
In meinem reich perfort;
105 Bist mir ein rechter hört
In der höllischen port
d Güter gsel, hierum,
Harfür vnd kortzum
Vnd schlah vmb die tmm!
110 Hüme, stich ins hom!
Wir hond außerkom
Ein wildpret eijagt,
Von hertz es vns schmaokt,
Eirchwey zfi halten,
115 Teüffel m&ß walten
In vnser capel,
Das erkling die scheL
Nun reissent hin!
Da würt keyn ander gwin:
Nur in die hellische pin!
G Vif solichs sollent die Teuifel ynher-
rauschen mit einer ketten vnd sie da mit
vmbgeben vnd hinreissen, vnd jnen vor-
gehen der mit dem hom vnd bocken vnd
ein kübel oder bocken haben für ein
bock.
[Aiijb] Ein kurtzer bcricht, wie man diso Tragedi, oder spiel, mit
personen vnd anderen ztigchörungen, schicken, anrichten vnd
ordnen solle.
Die alten weisen habent nit vergel)ens erdacht die Commedien , zouor die Tra-
gödien, mit floiß darob gehalten, kein kosten darinn gespart, vff das fracht daraus
onvüchse, nämlich, das die weit, z&uor die jungen, zti zierlichem gesprech dester
küiier vnnd in alweg zu menschlicher art dester geschickter würdent. Vnd das solchs
dester fruchtbarlicher gschehe, sol man dis spiel mit formlichem vnd lieblichem
schawfalg ziiriohton mit der rüstung vnd züuor mit gschickten personen, einer jeden
Spruch ziiueronhien nach gelegenheit des haudels; als hie in disem spiele sollen die
zwon üeri^lt zwen dapffer mann sein auch in jrem gespreche vnnd Worten, wio die
zwon roütersche houolilor Dauus vnd Gnato frech sein sollen; aber der preutgam
vnud sein vattor eins senflton maulichen g^preohs, Petrus vndPaolus ernstlicher rede
etc., vfl' das alles dahin lauge, da.s die ehr Gottes gefürdert vnd der nechst gebes-
sert wordi\ Vnd ziiuor sol man sich anfänglich darinn befleissen, ainer lustigen vnd
liobliohon prooession vnd aller rüstung etc. Also sol sich das gautz spiele [Aiiga]
versanilen in einem hause nicht zti nahe dem platze vnd in der prooession vIT den
platz oder brück gehn. Zum ersten die zwen Herolt, in einer färb, in bekleidong
wio sich gebüit, vlT sie die spilleut. Damach die fünff Engel, dann die fünff dfigcn
juiiokfrawon« jodo mit Itosoudoivm ougol sol oingofürt werden. Damach die Sponß
ohrlioh viul divh orlmrlioh vnd nit phic^htisoh geziert, in plawen kleidem. Damach
dio zoheii junokfrawoii, /.hm ersten die clngen erbaiüch becleidt, in einer färb, mit
vlTgoliobton ain|H»ln. Darnach dio Vonus auch allein, nach jr die thorechten, die sol-
len zum hotloitigston außgostriohoii sein, mit vmbgestürtzten ampoln. Darnach der
Tnüitgam vnd sein vattor. Damach die A|>osteleu , alle inn cleidung nach erbariichen
SPANIER UND HOFMANN, ZU QÜNTHEBS GEDICHTEN 77
VDd bürgerlichen sitten, mit langen bäilen vud preyten hüten, doch uit mit diadema-
ten. Damach die Reuters rot, Julianas vnd Traianus, in Eoyserlicher ziemng, vnd
sol jr jedem ein bloß schwort vorgefüii; werden. Julianus sol zä rols bey jhm haben
Sergium den verleugneten Münch, den Gnatonem, ein narren etc. Item Traianus sol
bey jm haben sein Cantzler, den Dauum, vnd sie boyd mehr reysig knecht, vnd
sollen beyd keyser gefangen leut mit jhn füren, vnd Julianus vnder seinen einen
Pfaffen, laut des spiels in den Sprüchen. Nach dem reysigen Zeug solle gehn der
Pharisoer, vnd nebem [!] jme ein [Aiiijb] ghamischster landsknecht mit eim schlacht-
sc:hweri Darnach der Krämer mit seinem korb vif dem rucken, sein fraw neben jm.
Damach die armen leut. Damach die fün£E Teufel, dann ein jede thorechte junck-
fraw sol von eim besondern teuffel in die hell gerissen werden. Ynd wann sie kom-
men z& der brücken , so solle ein jode part ziehen an jr verordnete statt vnd warten,
bis sie wider durch den trummeter vff der bmck beroffen wirt, vnd sollen die zwen
Keyser jeder zu eim bsonderen thon sich zu wenden. Item die brück sol vnder-
scheiden sein mit einem thor, damit ein vorbruck, daruff otlich sprach gesprochen
-werden'. Item vff der einen selten der bmcken sol vffgericht sein ein kuchin, vff
der anderen ein helde, darunder die hochzeit vnd mal gehalten werde. Damit aber
solle die Ordnung vnd Verbesserung des spiels inn aller rüstung eim jeden versten-
digen vorbehalten sein.
1) So bl. Biijj b , -vro die bühnonanwoisnng lautet : „Vnd sol Potnis alleyn in dio kachln lanf-
fcn, dio andern Apostel sein vff der vorbruck warten. Vnd jm wider heraus lauffen sol or zu jnen
also sprechen".
BERLIN. JOHANNICS BOLTE.
ZU JOH. CHE. GÜNTHEKS GEDICHTEN.
1. Ludwig Fulda spricht in seiner ausgäbe (Kürschners Deutsche
nationallitteratur bd. 38, s. 138) die Vermutung aus, dass das gedieht
„Die Selbstzufriedenheit^ (213^) entstanden sei, nachdem Günthers bewer-
bung um die hofpoetenstelle gescheitert war. Es lässt sich aber noch
genauer datieren — nach dem bisher nicht bemerkten akrostichon der
lezten Strophe:
Immerhin, ihr wilden Grillen!
Nichts erwirbt euch mein Gehör.
Ihr verderbt Verstand und Willen,
Aber^mir wohl nimmermehr.
Unter der Ergetzlichkeit
Einer Selbstzufriedenheit
Bührt mich weder Gram noch Leid.
In Jauer war Günther in seinen lezten lebensjahren einige male.
Ich beziehe das gedieht auf den aufenthalt während der Wanderung
1) Zahlen ohne weitei'e bcmerkung weisen anf die selten der ausgäbe von
1746 hin.
78 SPüniB UND ROnCANK
von Breslau nach Lauban, die in die monate december 1719 und januar
1720 falt Günther selbst berichtet in einem gedieht an herm M. y. R
j. u. a (Fulda s. 203) v. 112:
In Jauer stärkt mich Gom, ein alt- und treuer Freund,
Mit Bette, Tisch und Rat und dem, was trostreich scheint,
Von Leuten meiner Qual Verzweiflung abzuwenden.
Ein anderes gedieht ist überschrieben ,yAn seinen guten Freund und
Bruder {Schubart) auf der Reise nach Jauer*' (186).
2. In dem gedieht an herm von Beuchel (474) sagt Günther
^- 85- — „Die Treu von Leonoren,
Die ihrem Besser mehr gehalten als geschworen,
Die Treu', die Zärtlichkeit, die Neigung und die Lust.
Erhielt ich auch von Dir!*' (Ealliope wird angeredet)
litzmann bemerkt dazu s. 161 seiner ausgäbe: ,yünaufklärliche anspie-
lung*', und Fulda (s. 272): „Unzweifelhaft ist hier der dichter Johann
von Besser gemeint*'. Er hat nun aber in Bessers leben und gedich-
ten vergeblich nach einer treuen Leonore gesucht Mir scheint die
stelle folgenden sinn zu haben. Günther, der überaus häufig den
gedanken ausspricht, dass er, ein anderer Petrarka, den rühm seiner
geliebten verewige und ihr „denkmal ausbreite*', konte sehr wol sich
selbst als den „Besser", den hofpoeten seiner Leonore bezeich-
nen — vielleicht sogar mit einer gewissen selbstironie , nachdem ihm eine
wirkliche hofpoetenstelle nicht zu teil geworden, vielmehr statt seiner
König dem herrn von Besser „adjungiert*' worden war. Dass man
Günther im märz 1722 (denn zu dieser zeit ist das erwähnte gedieht
verfasst) nach seinen mannigfachen erlebnissen — auch in der liebe —
schon wider die Objektivität zu diesem der Wahrheit entsprechenden
urteil über Leonore zutrauen darf, bestätigen die innigen trostgedichte,
die er drei monate später Leonore nach dem tode ihres kindes
schickte. Ich weise nur auf folgende verse hin:
Ist auf der Welt ein Weib, an dem mir unter allen
Witz, Tugend und Person im Herzen wohl gefallen.
So ist es, lass mir hier ein frei Bekenntnis zu,
Ein Bild von seltner Art, und welche sonst als du? (824.)
3. Segne die gerechten Wafien
Deiner werten Clmstenheit,
Uns den Frieden herzuschafien,
Den der Feind zu stehlen dräut!
zu OihfTHSRS GSDIORTJEN 79
Halt den Schatten rechter Hand
Über unser Vaterland,
Dass die drei berühmten Plagen
Weder Vieh noch Völker schlagen!
Zu dieser Strophe in dem gedichte „Abendlied'' (75) bemerkt Tittmann
(s. 258) „Hunger, Seuchen, Wassersnot" imd Fulda (s. 7) „Pest, Hun-
gersnot, Überschwemmimg", was man wol Übereinstimmung heissen
darf. Weshalb nent aber der dichter diese plagen „berühmt"? Mir
scheint, dass Günther, in dessen gedieh ten biblische reminiscenzen in
grosser zahl zu finden sind, hier auf II. Sam. 24, 12. 13 (L Chron. 21,
10. 12) anspielt; danach wären die „berühmten" plagen: teuerung,
flucht vor dem feinde und pest, was hier — man vergleiche den
eingang der Strophe! — viel besser passt.
4. Ich habe schon genug, bringt mich nur Gott zur Ruh,
Dass ich mit dir, mein Eind, dies Elend bauen könne;
Dein treuester Besitz sagt mir die Wollust zu,
Die ich in dieser Welt des Himmels Voi-schmack nenne!
Zu diesen versen (s. 64 seiner ausgäbe) bemerkt Fulda: „dies
Elend bauen, unverständlich, wahrscheinlich fehlerhaft". Diese note
aber ist mir imverständlicher als der text; denn die bezeichnung des
irdischen lebens als „elend" im gegensatze zur himlischen heimat mit
ihren wonnen ist auch bei Günther häufig (z. b. 74. 579. 784). Viele
belege bietet Grimms Wörterbuch III, 406.
5. Goethe erzählt im 7. buch von Dichtung und Wahrheit, dass er
einst seinen und später den namen seines mädchens in einen linden-
baum eingeschnitten, und dass es tiefen eindruck auf ihn, den launisch
liebenden, gemacht habe, als er im frühling aus dem namenseinschnitt
der geliebten „pflanzenthränen" über seinen bereits verhärteten namens-
zug fliessen sah. Es ist wol nicht unangebracht, hier an einige verse
aus Günthers gedieht s. 275 zu erinnern:
Sieh, die Tropfen an den Birken
Thun dir selbst ihr Mitleid kund;
Weil verliebte Thränen wirken,
Weinen sie um unsern Bund.
Diese zährenvolle Rinden
Ritzt die Unschuld und mein Flehn,
Denn sie haben dem Verbinden
Und der Trennung zugesehn.
80 8PANIXB UND HOFIONN
Dieses rührt die toten Bäume
Dich, mein Kind, ach, rührt es nicht!
6. Imelmann hat in den Grenzboten 1879 I darauf hingewiesen,
dass Bürger den namen und die strophenform seiner bailade von dem
bekanten Güntherschen gedieht „An Lenore" (321, bei Fulda s. 206)
übernommen hat Die berührung wird besonders deutlich, wenn man
die erste fassung der eingangsstrophe von Bürgers Lenore (Briefe I,
111) mit der ersten strophe des Güntherschen gedichts vergleicht:
Bürger:
Lenore weinte bitterlich,
Ihr Leid war unermesslich;
Denn Wilhelms Bildniss prägte sich
Ins Herz ihr unvergesslich.
Günther:
Mein Kummer weint allein um
dich,
Mit mir ists so verloren;
Die Umstand überweisen mich,
Ich sei zur Not geboren.
Ach, spare Seufzer, Wunsch und
Flehn,
Du wirst mich wohl nicht wieder
sehn,
Als etwan in den Auen,
Die Glaub' und Hoffnung schauen.
Obgleich die urfassung schon an sich zu einer Verbesserung auf-
fordern konte, so ist es doch auch nicht unmöglich, dass die wol unwil-
kürliche Übereinstimmung mit Günther auch Bürger zum bewustsein
gekommen war und zu der überaus glücklichen änderung der strophe
mit veranlasste.
Noch ein anderes gedieht Günthers scheint auf Bürger eingewirkt
zu haben (diesen hinweis verdanke ich der gute des herrn prof. v. Wald-
berg). Es trägt die Überschrift: „An Leonore bei absterben ihres Cari
Wilhelm"; man hat hier also beide namen neben einander. Jede der
neun Strophen begint mit dem verse: „Eher todt als ungetreu!* (vgl.
Bürgers: „Bist untreu, Wilhelm, oder tot?") Der gedanke der lezten
Strophe komt dem grundgedanken des Bürgerschen gedichtes recht nahe:
Eher todt als ungetreu!
Glaube das, du treue Seele!
In der finstern Grabeshöhle,
Schläft mir auch dein Schatten bei!
Dass die oben angeführte übei-schrift diesem Güntherschen gedichte
eigentlich gar nicht zukomt (Litzmann, s. 88 seiner ausgäbe), hat für
zu GÜNTfiRS OftDICHTEN 81
uns keine bedeutung, denn Bürger hat das gedieht sicher mit dieser
Überschrift kennen - gelernt und muste sich unter „ Leonore und Carl
Wilhelm** ein liebespaar vorstellen.
HETOELBERQ. M. SPANIER.
7. Günthers Leonore. Unter den gedichten Joh. Christian Gün-
thers findet sich (s. 90 der samlung Breslau und Leipzig bei M. Hubert
1735) ein geistliches lied „Glaube und Hoffnung", beginnend: Mein
Vertrauen gründet sich Auf zwei Pfeiler, die nicht wanken. Die verse
dieses liedes ergeben das akrostichon: Magdalena Eleonora Jach-
mann in. In den Originalausgaben ist dasselbe in keiner weise kent-
lich gemacht Die nachricht von Günthers erstem biographen Stein-
bach, dass Magdalena Eleonora Jachmann Günthers Schweidnitzer Leo-
nore gewesen sei, scheint demnach doch nicht ganz unberechtigt Mit
diesem namen ist uns auch der Schlüssel gegeben zu den zahlreichen
gedichten Günthers „an Magdalis", „an Lenchen" (diminutiv von Mag-
dalena) und den hierhergehörigen Leonorenliedern. Es dürfte wol am
platze sein, Steinbachs nachrichten über Günther noch einmal einer
genauen prüfung zu unterziehen.
HEmELBERG, NOVEMBER 1892. KARL HOFMANN.
GOETHES EPILOG ZU SCHILLERS GLOCKE.
Das lebendige Verständnis dieser verherlichung unseres grösten
dramatikers durch seinen ebenbürtigen freund ist besonders dadurch
beeinträchtigt worden, dass sie seit mehr als zwei menschenaltern nicht
mehr in ihrer ursprünglichen gestalt vorliegt, in welcher sie dreimal
auf der bühne gesprochen wurde und auch gedruckt auf die durch den
herben vertust noch tief bewegten gemüter wirkte, sondern mit den
bei spätem widerholten aufführungen gemachten Zusätzen und Verände-
rungen, wodurch die geschlossene einheit gesprengt wurde, der ursprüng-
liche bedeutsame schluss verloren gieng. Selbst der einsichtsvolle Ber-
liner gymnasialdirektor Franz Kern, der den epilog mit rocht in seine
samlung „Goethes lyrik " aufgenommen, gibt ihn in der spätem fas-
sung; doch lesen wir wenigstens in den anmerkungen den altem schluss,
den man in den werken, mit ausnähme der Hempelschen ausgäbe
(bd. XI), vergebens sucht [Eben sehe ich, dass er jezt in der ursprüng-
lichen gestalt in der auswahl von Ludwig Blume steht] Die schon von
Goethe selbst beklagte Unfähigkeit, dichtungen als künstlerische ganze
XinSGURIFT F. DKUT6CUE PUILOLOOUC. BD. XXVI. t)
82 DÜNTZIB
aufzufassen, zeigt sich auch bei unserm gedichte; man hat meist die
innere Verbindung der teile zu einem lebendigen ganzen übersehen,
nur an der packenden gewalt einzelner stellen sich erfreut
Als Goethe den im ersten erschütternden schmerze feurig ergrif-
fenen gedanken, den „Demetrius" des heimgegangenen freundes zu
vollenden, hatte aufgeben müssen, entschloss er sich, vorläufig dessen
andenken zu Lauchstädt, wo die herzoglichen Schauspieler im sommer
spielten, auf entsprechende weise dadurch zu feiern, dass er den drei
ersten in höchster aufregung schliessenden aufzügen der „Maria Stuart**
eine dramatische aufführung des die mannigfaltigsten lyrischen töne
anschlagenden „liedes von der glocke'' folgen liess, und mit einem
epilog schloss. Dieser solte die dankbare Verehrung der liebevoll an
Schiller hängenden Schauspieler aussprechen , denen er seine eigene ver-
klärende Würdigung des erhabenen und zugleich liebenswürdigen men-
schen und des mächtigen, schwungvollen dramatikers lieh. Zu diesem
zweck nahm er den von frau v. Stein geliehenen ersten teil der Schil-
lerschen gedichte, der jenes lied enthielt, mit nach Lauchstädt Er
benuzte ihn nicht bloss, um die einzelnen teile des liedes für die
Schauspieler ausschreiben zu lassen, sondern las auch mit wehmut die
bedeutendsten andern gedichte dieses teiles. Bei Goethes erschütterung
durch Schillers jähen tod hatte die Weimarische bühne ihren drama-
tiker und dramaturgen nur durch den ausfall der Vorstellung am begräb-
nistage und eine schlichte erinnerung bei der widereröfnung der bühne
feiern können. Noch vor der trauerfeier an dem belebten badeorte, die
ein Vierteljahr nach Schillers tode, den 10. august (der 9. war kein
theatertag), statfindeu solte, am 31. juli ging eine abschrift des epilogs
an Cotta ab, der ihn dem fast ausgedruckten nächsten „Taschenbuch
für danien" in der weise vorsetzen solte, „wie man es bei Widmun-
gen zu tun pflegt^, mit hindeutimg auf den Vortrag desselben bei der
Lauchstädter trauerfeier. Der talentvollen Schauspielerin Amalie Wolff,
die, wie ihr gatte, Schiller nahe gestanden, übte Goethe das gedieht sorg-
faltig ein. Bei einem besonders treffenden werte fasste er, von tiefer rüh-
rung ergriffen, die Schauspielerin am arme und bat sie inne zuhalten^
indem er bewegt äusserte: „Ich kann, ich kann den menschen nicht
vergessen!'' Freund Zelter kam auf Goethes einladung nach Lauch-
städt Er konte noch an der anordnung der dramatischen aufführung
der „Glocke" teilnehmen, dagegen wurde sein chorgesang der dem liede
vorgesezten lateinischen glockeninschrift nicht so zeitig fertig, dass er
schon am 10. gesungen werden konte. Das lied wurde in weit künst-
lerischerer weise dramatisch dargestelt, als es Kotzebue vor drei jähren
GOETHES EPILOO Zu SCHILLERS GLOCKE 83
bei der gegen Goethe gerichteten namenstagsfeier Schillers beabsichtigt
hatte. Damals solte Kotzebue als meister die form zerschlagen, aus
dieser Schillers büste herauskommen und von den damen bekränzt
werden, wie auch wol der dichter selbst, der zur teilnähme eingeladen
werden solte. So würde es wie ein gewöhnliches geburtstagsstück
geendet haben, der bedeutsame schluss, auf den das ganze berechnet
ist, weggefallen sein. Zu Lauchstädt führte man das, was der meister
den gesellen befiehlt, wirklich aus. Der Schauplatz war die ernste werk-
Stätte des giessers: der glühende ofen, das herabrollen des feurigen
baches durch die rinne, sein verschwinden in der form, das aufschla-
gen derselben, das hervornehmen der glocke, welche sogleich mit krän-
zen, die durch alle bände liefen, geschmückt wurde, und ihr herauf-
ziehen zu solcher höhe, dass die den epilog als Vertreterin der Schau-
spieler sprechende muse (jedesfals die des dramas, wie sechszehn jähre
später im prolog für Berlin) bequem darunter hervortreten konte:
alles bot auch dem äuge eine angenehme imterhaltung. Die mannig-
faltigen lyrischen stellen waren mit rücksicht auf alter, geschlecht, per-
sönlichkeit und fähigkeit unter die Schauspieler verteilt, auch die mimi-
sche darstellung des meisters, der gesellen, herandrängender neugierigen
und teilnehmenden sorgfältig eingeübt. Dieser bericht von Goethe selbst
über die widerholung im jähre 1815 dürfte in den wesentlichen zügen
auch auf die Lauchstädter Vorstellung bezogen werden dürfen, obgleich
in den „Tag- und Jahresheften** (unter 1806) diese nur als didaskalie
bezeichnet wird. Zum Schlüsse der Lauchstädter Vorstellungen wurde am
19. die autführung der „Glocke" nebst epilog widerholt, darauf Zelters
lied vom chore gesungen; vorausgegangen war diesmal Schillers Über-
setzung des „Parasiten". Goethe wohnte dieser nicht bei; schon vor
einer woche war er nach Halle zu freund Wolf gegangen, mit dem er
die lustige reise nacli Helmstedt antrat. Den 27. kehrte er nach dem
badeort zurüch, wo er eine neue trauerfeier auf der Weimarischen
bühne zu Schillers nächstem geburtstag, dem 10. november, bedachte,
für welche Zelter eine musikalische begleitung der ganzen „Glocke"
versprochen hatte. Aber weder der tonsetzer noch der dichter kamen
damit zu stände. Unterdessen war der epilog im daraenkalender erschie-
nen und hatte gezündet. Jezt erst wagte Goethe in Weimar Schillers
witwe zu besuchen. Die naturwissenschaften , besonders die farbenlehre,
an der Schiller sehr regen anteil genommen, beschäftigten ihn damals
lebhaft Hatte er Schillers geburtstag nicht besonders zu feiern ver-
mocht, so durfte die bühne um so weniger unterlassen, an seinem
todestag des vor einem jähre hingeschiedenen zu gedenken, als auch
6*
34 DÜNTZEB
das Berliüer und andere theater festvorstellungen vorbereiteten, deren
ertrag den hinterbliebenen zu gute kommen solte. Eine solche woi-
tätigkeitsvorstellung durfte Goethe für das herzogliche theater nicht in
Vorschlag bringen, weil Schiller herzoglicher beamter gewesen. Am
10. mai (der 9., an dem Schiller gestorben, war in diesem jähre kein
theatertag) wurde nach dem zweiten bis vierten aufzug von „Wallen-
Steins tod" die „Glocke" mit dem epilog und Zelters choi^esang gege-
ben. Einer vom Gothaischen hofrat R Z. Becker, dem eifrigen samler
zu einem nationaldank für Schiller, gegebenen anregung, das herzog-
liche theater möge in Weimar noch vor dem abgange nach Lauchstädt
eine Vorstellung zum besten desselben geben, konte Goethe schon des-
halb keine folge geben, weil sie zu spät kam, da die paar noch übrigen
theaterabende schon bestimt waren. Vor Schillers nächstem geborts-
tag hatte das unglück bei Jena höchste not über Weimar gebracht;
das theater muste länger als zwei monate geschlossen bleiben. 1808
erschien der epilog mit wenigen Veränderungen^ im achten bände der
ersten Cottaschen ausgäbe der werke, zwischen „Künstlers apotheose^
und dem gedieht „Die geheimnisse", welche stelle er auch später
behielt.
Zur einleitung dienen die beiden ersten stanzen, welche sich
unmittelbar an die lezten werte des liedes anschliessen. Ja auch ihnen
hat das glockengeläute freude und frieden gebracht am tage des ein-
zuges des erbprinzen mit seiner in Petersburg ihm angetrauten gattin,
der grossfürstin Maria Paulowna (am nachmittag des 9. november des
vorigen Jahres). Noch Kern bezieht die werte: „Dem friedenreichen
klänge bewegte sich das land", auf die friedliche zeit Norddeutschlands
seit dem Basler frieden, während ViehofF den dichter sagen lässt, nach
dem erscheinen des Schillerschen liedes (1799) habe sich das land
einige jähre der segensreichsten ruhe erfreut Aber weder steht die
gefahrliche und unheilvolle ruhe seit dem Basler frieden mit dem
glockengeläute, noch die für Weimar freilich kriegslose zeit mit dem
„Liede von der glocke^ in irgend einer beziehung. Es muss von
einem ereignisse die rede sein, das in Weimar mit glockengeläute
1) liier fehlt der im ersten druck dem Wahlspruche noch vorangehende vefs:
..Concordia soll ihr name sein!** In der ersten stanze steht nach 2 komma statt
punkt, 3 erschien statt erscheint, 4 Begrüssten statt Begrüssen, 6 Ver-
mischte statt Vermischt sich, 7 ward statt wird, in der fünften 1 schmückt
statt schmückt' und schöne statt hehre, 6 Verwechselt statt Verwechselt',
in der jetzigen achten 3 schildert statt schildert', in der neunten 5 In statt Im.
Mau kann zweifehi, ob der wegfall der apostrophe nicht blosses druckversehen ist
GOETHES EPILOG Zu SCHILLERS GLOCKE 85
gefeiert wurde und dessen man sich noch lebhaft erinnerte; auch kann
dies nur dasselbe sein, was die folgenden verse genauer bezeichnen.
Beim glockengeläute zum einzuge des erbprinzlichen paares bewegte
sich freudig das ganze land. Dem klänge einfacher dativ, bei dichtem
häufig statt des mit einer präposition (hier bei, wie 6 (7), 8 für) verbun-
denen. Noch 1808 lautete 2: „Bewegt sich neu das land und segenbar*^
mit einem wol auf schreib- oder druckfehler beruhenden punkt, wofür
1808 das richtige komma eintrat Diese ursprüngliche fassung der
stelle zeigt, das glockengeläute habe ein für das land Weimar segen-
reicbes ereignis bedeutet, wodurch es sich erneut gefühlt, worauf
auch 3 ein frisches glück geht. Daran änderte auch die spätere
fassung (komma vor und mit weglassimg desselben nach sogen bar)
gar nichts, nur schloss nach dieser und die folge an, wie so häufig
in der die logische beziehung nicht bestimt bezeichnenden dichter-
sprache^. Die ursprünglichen präsentia 2 — 7 vergegenwärtigen lebhaft
das schon vor einem halben jähre geschehene. Ob die später einge-
führten imperfekta (vgl. s. 84*) vorzuziehen seien, kann man bezwei-
feln; sie waren aber durch die änderung von 2 veranlasst, wo der vers
wegen der tilgung von neu (wol weil 3 frisch folgt) bewegte (statt
bewegt) forderte. Zur ausführung der festeslust 3—6 vergleiche man
den lezten auftritt des Vorspiels von 1807. Der hochgesang, wo-
mit sie das junge fürstenpaar empfiengeu, ist der jubelruf, worin sich
dss erregte gefühl stürmisch luft machte. Die verse 4 fg. : „ Im voU-
gewühP, im lebensregen dränge^ Vermischte sich die thätge völker-
schar" deuten darauf, dass viele aus allen teilen des ge werbtätigen
Weimarischen landes nach der hauptstadt geeilt waren, um das junge
paar einziehen zu sehen. Die Schauspieler aber, deren Vertreterin hier
spricht, müssen vor allem des ersten besuches der grossfürstin im thea-
ter gedenken, wo am abend des 12. Schillers „Huldigung der künste"
diese zu trähnen gerührt habe. Das „vorrufen der huldigung der künste
an die geschmückten stufen" geht darauf, dass in diesem lyrischen
1) Segenbar, des reimes wegen statt der gangbaren bildungen segenreich,
Segen voll, nach fruchtbar gebildet
2) Vgl. im Vorspiel von 1807: „Jedes freut sich des buntgewühls*'. Goethe
Uebte später mit voll zusammengesezte hauptwöiiier, wie er im ,, Tankred '^ Voll-
gewicht, in der „Natürhchen tochter'^ VoUbestaud, später Vollgewand, VoU-
gennss, Vollgewinn brauchte, von einem Vollgehalt 7 (8), 1 vollgehaltig bil-
dete. In allen diesen Zusammensetzungen, wie auch in ähnhchen mit hoch, frei,
^ohl, schön u. a., begint der zweite teil meist mit ge oder be.
3) Erst später trat, wol der abwechslung wegen, in lebensregem ein.
86 DÜNTZER
festspiel die sechs künste dem rufe des genius an das proscenium fol-
gen, um sich der grossfürstin ^zu verkündigen und zu nennen**.
Aber gerade die erinnerung an jenen glücklichen abend führt
ihnen in der zweiten stanze den schärfsten gegensatz zu jenem freu-
digen festgeläute vor die seele, das schreckliche mitternächtliche gcläute
zum begräbnisse des einzigen, so geistvollen wie liebenswürdigen dich-
ters. Den dumpfen, schweren ton glaubt sie noch zu hören; so schreck-
lich schwebt ihr der eindruck vor, den dieser vor einem Vierteljahre
auf sie gemacht Dumpf und schwer, wie es im liede von der
glocke heisst: „Schwer und bang tönt die glocke grabgesang". Das
damalige gefühl sprechen 3 — 8 aus. Die frage „Ists möglich?** deutet
darauf, dass der tod eines geliebten, den wir nicht entbehren können,
wenn auch lange gefürchtet, doch, wenn er eingetreten, uns unmöglich
scheint. Vgl. unten 10 (11), 4. Soll es . . . erbeuten? (4 fg.) Alle
hatten ihn am leben zu erhalten gewünscht, das er so sehr verdiente.
In der fortsetzung des Vorspiels Was wir bringen (1814) will
Lachesis ihre Schwester Atropos vom zerschneiden des lebensfadens des
vielverdienten Reil mit den worten abhalten: ^Yor allem den lebens-
würdigsten, 0 lass ihn leben l** Hier gedenkt die muse des ungeheu-
ren Verlustes, den die weit und den die freunde in Weimar (die sei-
nen) erlitten haben. Zu ihnen dürfen sich die Schauspieler zählen,
gegen die er so wol wollend, ja als wahrer freund sich erwiesen, wenn
er auch einmal in der misstinmiung nichts mehr mit dem ^schauspie-
lervolke** zu tun haben wolte. Wie oft hatte er sie bewirtet, ihnen
seine stücke vorgelesen und eingeübt, aber auch ihnen rat und hüUe
geboten! Wenn die weit, die ihn nur aus seinen dichtungen kante,
um ihn weint, wie viel mehr müssen sie es tun, die seines Umgangs
sich erfreuen durften!
Mit dem tief empfundenen sieh unmittelbar anschliessenden
„Denn er war unser!" macht die dritte stanze den Übergang zu Schil-
lers schöner menschlichkoit im umgange. Kern gibt als inhalt
den>elbon an: «Schillers edle geselligkeit, seine gewantheit in heiterm
und ernstem cespräoh. seine teiluahme an Goethes arbeiten*. Gewanäieit
im gt^pnioh, eine gäbe mancher flachen naturen, au Schiller zu preisen
koi\te Goethe nicht einfallen: von sich selbst spricht er mit keinem
Worte. Freilich hat v. Loejvr gemeint, man könne: „Das haben wir
erfahnni und gtuiosson". auf Schillers teilnähme an der theaterleitung
beziehen, obgleich hier von den schauspielern die rede ist, denen er
sich stets trvuudlich envit^^n hat. Wurde Schiller in der vorigen stanze
ME S7
HDser freund beÄeiuhnet, su bier als dor hohe mann von sei-
ner erhabenen natnr, in deren absolutem besitz er, wie Goethe gegen
Bckermmui einmal ätieserti?, immer war, der durch nichts eingeengt,
lussen ged&nbontliig durch nichts lierabgedrüfkt wurde. Ein andermal
lemerkte er, in Schillers ersclieinung eei alles stolz und grossartig mit
Hisnahme der so sanften äugen gewesen, und sein talent habe dem kör-
ler entsprochen. Hervorgehoben wird, dass er in geaelschatt, wenn
ff sich wol fühlte (an gutem tage) leutselig (bequem gesellig)
sei und, obwol von natnr zum ernste geneigt, sich gern
^olgefällig, mit wolgetatien) an heiterm gespräch über die tages-
!B%igtlis&e beteiligt, aber auch rasch zum ernste zuriickgewant habe,
■renn es galt, durch rat und tat dem zweifelnden beizustehen; dann
leigte er sich geistreich (weise die Verhältnisse entwickelnd) und
aicherstellig (überzeußend)', erzeugte der lebensplane tiefen
■inn. Das kann nur bezeichnen, er habe durch hinweisuug auf das
nsherigo leben und die natürlichen anlagen des fragenden gezeigt, wozu
• bestirnt sei, was „das Schicksal mit ihm gewolt" (wie es in einem
Tenediger epigramm Ooethes heisst); er habe Ihn über den zu ias-
■nden lebensplan au%eklärL Der lebensplane tiefen sinn steht
Ir tiefsinnige (wol erwogene) lebensplane. Eettner (Neue jahr-
ifioher für philol. und padag. 1891 U. 620) erklärt „tiefes Verständnis
Ibr die ontwicblnng des eignen lebens", wozu erzeugt nicht recht stimt
Jtoilich gebort hierher ziuu teil, was Kettner anführt, dass Schiller „den
kng des Goethischen geistes beurteüf^ (Schillers brief au Goethe i),
^die summe seiner existenz gezogen" hat (Goethes antwort 5); aber
loch der dadurch bewirkte entschluss, wie GoetJie dort bekent, des
freundes teilnähme habe ihn zu einem lebhaftem und emsigem gebrauub
toiiier bräftc autgefordert Gar nicht hierher zu ziehen ist die Goethe
geläufige redensart „einem seine träume auslegen und erzählen'' im
bne nCinem das dunkel gedachte klar entwickeln", wie er auch ^weis-
n" brauchte.
Mit dem stolz widerholteu worte: „Denn er war unser!" das dem
mgebeuem schmerz gewissennassen zum trost dient, knüpft die vierte
1) Kern erklärt sooderbu „sicher fitehenil und dadurch aicberheit bringend*-.
'i» probehaltiß, stichhaltig von probo, stich halten, so ist sichorstoUig
in aiolier Btelleo (.wovon Bioberstellung) gebUdet. Werkstellig (wovon
iverka teil igen) sod steifstellig, die t. Ijoeper anführt, Bind von ins werk
IsUea, steif Btellen abgeleitet Die ableitimg -ig ist die ^ersohlreiuhste, besoa-
m bei rasamiii BD Setzungen nnd aneinanderscUiebungen beliebt, wie wir hier auch
ollgshaltig, reichgeataltig finden.
88 DÜNT3CKR
stanze den gedanken an, dass er nach wildem stürme erst in Weimar
den sichern hafen gefunden, wo er zu seiner höchsten entwicklung
gelangt sei. Weimar und Jena werden im folgenden nicht unterschie-
den, da sie so innig zu einander gehörten, dass Goethe qpäter launig
von ^Weimar- Jena, der grossen Stadt *^ und ihren „beiden enden'*
sprach. Freilich war der erste ort, wohin Schiller aus der not sich rettete,
nicht Weimar: und er, als er von Dresden dahin übersiedelte, weit
entfernt, dort sogleich seinen «sichern port*^ zu finden; ja während
seiner Jenaer professur ward er von einem leiden befiillen, das ihn
jähre lang zurücksezte und dauernd an seinem lehen zehrte. Aber eine
genaue lebensgeschichte soll hier nicht gegeben werden: im hochgef&hl,
dass Schiller hier zu seiner wahren grosse gelangt sei, wobei die leise in
der bezeichnung «das stolze wort*^ angedeutete Vorstellung mitwirkt,
dass dies anderswo nicht in gleicher weise hätte geschehen können,
übergeht die muse das ihrem zwecke nicht entsprechende, wählt nur
das zur Verklarung des hingeschiedenen sich darbietende aus. Erst hier
(indessen, während er hier im sichern port ruhte), hat sein geist sich
der wahren idealität, den ideen des wahren, guten und schönen ^ zuge-
want, ist in das land der ideen voip^rungen, hat die Wirklichkeit hin-
ter sich gelassen. Es schwebt das Schiller so beliebte bild eines küh-
nen Wanderers, eines pilgers nach dem lande der Verklärung vor, wie
dieses sich neben denen vom fliegen und segeln schon in dem firühen
gedichte «Die grosse der weit*" findet. Bekant ist Schillers mahnung
in dem geiiicht «Das ideal und das leben "^r «Fliehet aus dem engen,
dumpfen leben in des ideales reich !•* In den stanzen ,,An Goethe**
heisst es, auf der bühne werde die ideal weit aufgetan. Er lebte ganz
in der idee, von der er, wie Goethe gegen Eokennann klagte, nur zu
sehr, statt von der ansohauunsr. auscienff. Kern versteht unter dem
firemoinen iSi das altäcHche, wie in «Wallensteins tod~ I, 4, wo ihm
das ausserordentliche ent4!ei::en£:esezt wird: daeetren bildet hier der
wesenlose schein den gegvmsatz.
Die fünfte stanze, die ursprünglich aus den sechs ersten versen
dit^^r und den zwei leiten der jezt folgenden bestand, gedenkt des
nüohtliohon waohens, w,^hnnid des^^en er zur klarheit über gott und
weit gx^koumien, wolvi auch diohu>ris<*ho arbeiten berührt werden. Den
Ausgangspunkt bildet seine garton.'-inne. Bekam ist, dass Schiller sidi
U IWn owijjv» vi*s .tlvivluto» i:v. oY',-r-.si:i iu der i>^aneiiieii wiiUicIikeit, wie
lhi\v so vh'lfnoh misbmux'hn'Qi das ^ntjC voiMiche xk scUosse <les ,ftastr.
111797 ein gartenhaus bei Jona kaufte, worin er von anfang mai bis
Bflnde Oktober mit „Waüenstein" und balladeiidichtungen beschäftigt war.
l Der gröste teil des erstem war im eiitwiirf vollendet, als er endlich
I 7, mai 1798 wider den garten beziehen kont«. Hier Hess er sich
I tinen pavillon bauen und auf das haus einen zweiten stock setzen, der
[ ihm eine weite aussieht und den freien anblick des hinimels gewährte;
I denn er selbst bewohnte das grosse und die beiden kleinen ziinmer
dieses Stockes, während die gattin auf dem ersten, kinder und gesinde
in den untern räumen waren. Im juli kante er den neuen stock be-
gehen. Hier verbracht« er die nachte häutig schlaflos, da er meist
tTon krämpfen geplagt war, versenkte sich in ernste betrachtungen und
in die Vollendung seines „Wallenstein ", erfreute sich aber auch des
ungeheuren aublicks des funkelnden Sternenhimmels. Im folgenden
Sommer arbeitete er hier au „Maria Stuart", die er bis III, 4 brachte,
und schuf für den „Almanach" das ihm schon längst im sinne liegende
.„Lied von der glocke". Die im garten abends mit rächiller verlebten
Idrei Sommer blieben Goethe unvei^esslich. Schon im deeember 1799
siedelt« Schiller nach Weimar über. Nur vom 5. mär^ bis zum 1. april
1801 weilte er hier noch einmal, aber allein mit seinem diener, um
„die Jungfrau von Orleans" zu vollendeu. Im nächsten friihjahr wurde
der garten verkauft.
Wie herrlich hat Goethe die von Schiller auf dem zweiten stock
des gartenbauses verbrachten nachte dichterisch verklärt, indem er diesen
hier im gespräch mit den stemen zur lebendigen idealitat heranreifen
lässt! In Wirklichkeit haben die im garten verbrachten abendgespräche
der freunde so ausserordentlich erleuchtend und erhebend auf beide
gewirkt. Aber seltsam haben die erklärer die stanze durch annähme einer
dilogie ontstelt, die so seltsam ist wie die schlimste der berüchtigten
Baxtere im Horaz. Da möchte v. Ijoeper freilieh „eine realistische
am^pielung" auf das gartenhaus annehmen, doch bildlich sei „das obser-
Tatorinm, die himmelswarte des sehers" zu verstehen. Und doch
erkent er selbst an, Nun (1), wofür noch 1808 Da gedruckt war,
knüpfe an den sichern Port (4, 3), wonach denn nur von Schiller
tio Weimar (Jena) die rede sein kann, nicht von dessen Verklärung im
^Dseits, deren erst weiter unten'gedacht ist. Schröer, der v. Loeper
beistimt, sezt die Ungeheuerlichkeit dieser deutung recht ins licht durch
«eine ausführung: „Nnn fUhrt er fort von (?) da, woher er auf erden der
tteme wort veraahm, wie einst hienieden, seine gartenzinne sich zu
schmücken, einzurichten". Unmöglich scheint mir auch Kerns auffasaung,
unter der gartenzinne sei zugleich der ideale Standpunkt zu verstehen,
9<> dDntzrr
von dem aus er das ^ würdigste^ sich angeeignet habe^. Dass Schiller
noch einen stock dem hause aufgesezt, wird nur deshalb erwähnt, weil
er hier gespräehe mit den stemen geführt haben und zu reiner idealitit
gt^langt sein soll. Das schmücken der gartenzinne ist nicht als auf-
putzen KU nehmen, sondern der neue stock gereichte dem hause zum
si'hniuck. Wir haben hier den dichtem geläufigen sogenanten prägnanten
pL^brauoh; schmückte steht im sinne von ^ baute schmückand'^. Die
srartenzinne selbst hiess ursprünglich mit beziehung auf die höhe hehr;
(loothe änderte hehre in schöne, mit bezug auf die schöne aussieht
die man hier auf das Leutrathai genoss. — Schillers sinn war ^gleich
ewig, gleich lebendige, wie die steme. Nur die höchste flüchtigkeit
konte sich zu der erklärung verirren: «nicht weniger dem ewigen als
dorn iniischon leben zugewendet **. Der steme geheimnisvolles
^andern unterständlichos) wort war ihm klar (4). Mit dort (5) wird
auf sein dichterische« schaffen zur nachtzeit übergegangen, das aber
absichtlich nicht näher bezeichnet ist« da des bedeutendsten teiles der-
selben, der dramen« erst weiter unten iredacht werden solte. Das wun-
derbare vorwechseln der zeiten bezieht sich auf die durch seine
krämpie vemnlasste £»Kohnheit« in der nacht zu wachen und am tage
SM soh)aifen. Als er im seprcmber ITM vierzehn tage bei Goethe weilte,
brach^:^ diOÄ^r ihn vv^n der verwechslunc der taseszeiieo ab, und zeit-
w^^^ h\>mHi in tol^ der luträ^.icfaem abendkc^t auich die nacht-
liehen krampte auf; aber bald stciten sich diese wider ein und liessen
:hn nicht nihen. Wie giuoklich hat Gv>eihe auch diesen xfotg verwant
m^iein er Kincrkt« diese schlat^^vX^^ nach^? seien ihm selbst und uns
5U köstlichem i:c>>v:nn cewoni^n. da er in ihnen sc» schöneB. seine
t"«vT.c d:oh;t'r::5v}>o fr.tw:ck>aRi: fördemdeis cesvhaffen. woran sich die
wt'l: 0Tfrs:^:iT. d^nn hi^r liurftc ar.$ nicht auf die sefaausiiieler allein
prhYr.. 0'>;:äf r.:r.r.:: ä^"0:hi EckTTTTcaan* Soti^Ier sei bei jedem stocke
fxrtirtv^^hr,:?:*:*.. :r..r,:er v ."..orviectr cewoniec VcU unteo 7 f8K 6*.
Vrr,x;::;lr**r *u: .i^e >or«-vi3Cirj: der ledien festen ursprüiiglich
»w v;'c^* N,:r. sir.k o^r m.r.i, «nc ru esTfecrtc '»c«ne
^ r.r f-rjsTs'-r. Jc;K;.-t r.UÄi rjtr 5«v:^ :5e*.n* er.« aitf den wiikKcheo
>.''>'*»T rteft^*.J»i, r^!^*•^
.: oa: !^^*\\' .\.*'K>^ :• •: ii,\-i.\>r. !\-yi>eA" K^i xir.^rc 2ttc 3fema $ck Bäckt
r4 $^aTl
GOETHES EPILOG Zu SCHILLERS GLOCKE 91
Sonnenaufgang zu beziehen, bis zu welchem Schiller gewacht habe^.
Aber das stark eintretende nun muss auf etwas neues deuten, das in
Weimar ihm geworden, wie auch das widerholte am anfang der fol-
genden stanze auf etwas, was er nicht auf seiner garteuzinne geschaut
oder getan. Hiemach kann es nur bildlich gefasst werden, wie auch
die neue Jugend der folgenden stanze, in dem sinne: jezt sei die dun-
kelheit des wilden Sturmes gewichen, der volle tag angebrochen; statt
der mondnacht, an der er sich vorher erfreut habe, sei der alles im
klaren lichte zeigende Sonnentag nun erschienen.
Die ursprüngliche sechste, jezt durch die einschiebung siebente
stanze schildert die in Weimar gewonnene unvergängliche geistige jugend,
die seine wange gerötet 2, ihn mit siegbewusstem mute und unauslösch-
lichem glauben, dass endlich das gute und edle siegen werde, beseelt
habe. Der glaube steigt immer höher, wenn ihn auch bald die hof-
nang beschwingt, bald die Ungunst der zeiten zu geduldiger fassung
nötigt. Das gedeihen des guten wird durch wirken, wachsen, from-
men bezeichnet, von welchen das erste auf die eintretende, das lezte
auf die sich verbreitende Wirkung deutet. Dem edlen = für das edle,
vgl. zu 1 , 1 (s. 85). Schillers warme begeisterung für die ästhetische
erziehung der menschheit spricht sich besonders in den dieser gewid-
meten briefen und in dem gedieht „Die künstler" aus.
Erst in der siebenten (jezt achten) stanze komt die muse auf
die sie zunächst berührende tätigkeit Schillers als dramatiker, die wirk-
liche krönung seines dichterischen Schaffens, welche sie bescheiden als
ein herablassen seines mächtigen, von den höchsten, reinen ideen
ergriffenen geistes bezeichnet. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass Schil-
ler bereits im wilden Jugendsturme die bühne erschüttert hatte und die
erstlinge seiner dramatischen muse noch immer mächtig wirken. Bei
dem bretternen gerüste (2) hat v. Loeper auf Schillers gedieht An
die freunde (von 1802) hingewiesen, wo er bei begeisterter hervor-
hebiing der bedeutimg der Weimarischen bühne von den „brettem, die
die weit bedeuten", spricht Dieses gedieht stand nicht im ersten teile
Ton Schillers „Gedichten", den Goehe zu Lauchstädt las, wol aber
das, was ihm ohne zweifei vorschwebte, die stanzen „An Goethe" (von
1) Schröer sieht merkwürdig darin eine bildliche ausfühnmg des „gedankens,
daaB et nacht in tag verwandele*^.
2) Bot und röter= immer röter, nach Goethes gebrauch, wie schon in der
Zueignung, die früher den eingang der „ Geheimnisse '^ (1784) bildete, fest
^od fester, schwer und schwerer, und ähnliches in „Iphigenie*^, , Tasse '^ und
Bonst
92 DthfTZBR
1800), wo es beisst „auf dem bretteraen geröst der scene* werde eine
idealweit aufgetan. Doch hatte Goethe hier urspronglich geschrieben:
Und, so geübt, erquickt und vollgehaltig.
Hat er doch dies gerüste nicht verschmäht:
indessen stand die jetzige lesart schon in der abschiift, die er am
31. juli zum druck absante. Die änderung war wol zunächst duroh
den anstoss veranlasst, den er an erquickt nahm; bei diesem dürfte
er an die in der vorigen stanze ausgeführte geistige veijüngung gedacht
haben. Geübt geht auf die stete beschäftigung mit dem edelsten und
tiefsten, durch die er volgehaltig^ wurde. Den inhalt seiner tra-
gödien bezeichnet der kämpf mit dem Schicksal, ^welches den men-
schen erhebt, wenn es den menschen zermalmt**, wie die gleichfieds im
ersten teile der gedichte enthaltene parodie «Shakespeares schatten^
sich ausdrückt Dort heisst auch das Schicksal der tragödie , gross,
gigantisch", wie es hier „gewaltig von tag zu nacht die erdenachse
dr^ht*'. Das darf man nicht mit >H?hroer auf die Umdrehung der erde
beziehen, wop^n Si*hon der ausdruck spricht: vielmehr bezeichnet es
den tag und nacht fortgesezten Übergang der weit von glück in unglück,
mit beziehung auf die lehre des Aristoteles (Poetik 13), die volkom-
menste tragvHlie sei die, welche den über^rang des glückes in onglück
darstelle. Die erdenachse ist hier das irdische glück, das unbestän-
dig ist, wie ein nid sich umdrvht. Kugel und rad sind die sinbilder
des glückes. Gc^the selbst hatte in seinem garten dem guten glück
einen weihestein errichtet, mit der abbildun? einer auf einem kubus
ruhenden kugel. Die «manchen*' worte des dichtei^ sind tief, insofern
sie das weson des monschengeistes enthüllen, reichgestaltig, da sie uns
die versohie^lenartiiT^ton mensohencharaktere schauen lassen. Sie haben
den wert der kunst erhöht, als inrx>ssartise kunstwerke, die alle von
oicvntum:iohom leK^n bowoct erscheinen. Schiller schrieb selbst im
;ahre 1S04 an Kömer. joiler stoff fonier^ seine eigene form: die kunst
bes:eho darin, die ihm [Vfts&>eude zu finden: die idee des tnaerspiels
!r.üjc?o >:i iu hundert und tausend formen darstellen. Goethe erklärte
dt"'.'; .Wal^;ri^;oin• tlir m- gn\^, dass? nichts ähnliches daneben bestehe,
und d:o :V'.i>:n:don stüoko warvn in ihrvr art eben so bedeutend« kei-
Vacs na<h dem mustor der andoni. alle pmz eigentümlich gebildet.
ANt AUv'h vion wer: dts kunstlors haben sie erhöht, dm diesex*
nio s:ii;o srand, s\>ndem immer wuohs. immer vc^n nenen seitm sicln
: l>»s th^w x\>5: v,>r:i:e*:»!T rcl. s. ST* iVof-j«T#«j» wc«t, asf dw freilich d
N
ligte, wie die romantische tragödie der „Jungfrau" ilen Humittelbaren
intlu» FOD himmel und hülle vorauäsezte , ^Maria Stuart" deu erbtt-
irttm glaubenekampf zur anschaming brachte, ^die braut vou Messiua"
antikem sinne gedacbt. „Teil" ein volksstückim besten sinne des
rtirtes war. Die stanze schljesst damit, dass er seine höchste Ifrnft
if die tragödie verwant, dieser selbst sein leben geopfert habe. Zu
:eriuann bemerkte Goethe später, die ideelle freibeit habe Schiller
tötnt, da er deshalb aotorderungen an seine physische natur gestelt
faabe, welchen diese nicht gewachsen gewesen. Freilich äusserte er
danials auch, ein llqueur oder etwaa älinllcbes, das er in angenblicken
körperlicher schwäche genommen, habe an seiner gesundheit gezehrt,
ja auch seineu dichtuugen geschadet. Aber das scheint nur eine
grille von Goethes alter. Freilich trieben seta scbaöensdrang und das
^Twlongen, da er auf ein langes leben nicht rechnen durfte, noch
lög'liohst. Tiel für seine kinder zu erwerben, den dichter zu über-
missiger anstrengung; aber gritf diese ihn auch augenblicklich an, so
stalte doch seine zäbe natur trotz aller leiden sich immer wider not-
ililrfUg her. und geistige anspannung war ihm ein bedürfnis. Ge-
gen Qoethe äusserte er einmal: nie befinde er sich besser, als wenn
er recht lebendigen anteit an einer seiner arbeiten nehme; tätigkeit
mache Um gesnnd. An Körner schrieb er, tieiss gebe nicht nur die
mittel des lebens, sondern gebe ihm auch seinen alleinigen wert. Nicht
die geistige anspannung hat au seiner gesuiidheit geuagt, sondern die
davon unabhängigen stösse derselben, besonders im Jahre 1790 und zulezt
im Juli 1804, haben sie hinfällig gemacht; dazu kam sein drang zum
geselligen leben, der ihm auch beim nnwulsein, das ihm zur gewohn-
üeit geworden war, nicht gestattete, wenn seine teilnähme irgend mög-
lich war, seiner zu schonen und sich sorglich zu hause zu halten.
Sicht dasa er so früh hingeraft wurde, sondern dass er so lange sich
war zu rerwundern. Aber Goethe übte nur sein dichterisches
it, ja seine ptlicbt, wenn er in dem sein bild verklärenden nachrufe
leo trüben schatten walten Hess. So durfte er auch den freund
in leben durch nnablaasigen sehaffungsdrang zum besten des vater-
ides, dem dieses zu dank verpflichtet sei, verkürzen lassen, wäh-
\i efi in Wirklichkeit nur ein rührendes sciiauspiel war, wie dieser
l»ta immer widerkehrender körperleiden und steigender schwäche durch
•eineii geist aufgerichtet und zum dichten getrieben wurde.
Zu dieser krSnklicbkeit macht die achte (jezt neunte) stanze den
Übergang, indem sie von seinem regen dramatischen schaffen, dem
iin«blSäsigen geschäfte, ausgeht, wie Schiller selbst seine diditungen
nanteV Die Schauspieler lemteu ihn besonders seit dorn herbst 1798
kennen. Erst im december 1799 siedelte er nach Weimar Über,
er nicht bloss durch die proben und auffuhrimgen seiner eigenen stücke
mit ihnen in nächste Verbindung bam, sondern oft Goethe in der thea-
terleitung vertrat, auch gesellig viel mit ihnen verkehrte. Die ganze
zeit über war er oft leidend, zur arbeit unfähig, besonders seit d«
rückkebr von Jena am 22. augusl ISOi; aber immer stelte er sich
wider her, nnd da war es ihm eine freude, sobald er wider frisch arbei-
ten und das theater besuchen koiite. Wenn es am anfange heisst, et
habe ^in rieseoschritten den kreis des wollens und volbringens gemes-
sen", so geht dies auf die daratcUung der dramatischen beiden. Der
riesenschritt erinnert an Goethes Shabespearerede von 1771., in wel-
cher dem kühnen britischen dichter ein gigantischer schritt, sieben-
meilenstiefel zugeschrieben werden. Gegen Eckermann äusserte Goethe,
Schiller habe immer einen grossen gegenständ ktihn angegriffen. Schröer
bezieht die worte auf Schiliem „erstaunliches vermögen, das theoretisch
geforderte auch in der kunst zu verwirklichen", obgleich oifenbar hier
nicht im algemeinen von dessen tatkraft, sondern nur von der drama-
tischen darstellung die rede ist. Im prolog für Berlin sagt die mnso:
„vom tragisch reinen stellen wir euch dar des düstem wollens traurige
gefahr"; der kräftige mann, voll trieb und willevoll, wüte hier. Bei der
folgenden äusserung, er habe „von land zu land, der Völker sinn and
sitte, das dunkle buch mit heiterm blick gelesen", ist nach dem zwei-
ten land ein particip wie wandernd zu denken. Später wolte der
dichter neben den verschiedeneu ländem auch des Wechsels der zeiteo
gedenken; deshalb schrieb er „durch zeit und land", wozu gleichfiüs
ein „wandernd" gedacht isL Das zum leichtern Verständnis notwen-
dige komma nach land haben die neuem ausgaben mit unrecht g^
strichen, nur die Cottasche es beibehalten. Sehr hart ist hier die vei^
hindung „der vi^ilker sinn und sitte, das dunkle buch". Das bucb
ist die Weltgeschichte, die freilich „der Völker sinn und sitte" sieigt:
aber bedeutender sind in ihr «loch die taten und personen, die daoebea
nicht unerwähnt bleiben durften. Ohne zweifei deutet das dunkel
auf die traurigen wechselfälle der begebenheiten und der personen,
aber diese versteckte hindeutnng genügt iiiclit. Die unglückUeben
begebenheiten las Schiller „mit heiterm blicke", weil er darin den stoff
1) Noch 1801 begann
sohlen dem dicbt(?r anstössig,
u'ucli wo! des Wgi'iid«!! wie
bat dor Ixzte aostosü ihn 10
die Htaoze mit So kennt ihr statt Ihr kannt«!. So
voll es etwas hart au die vorhergelieude stanze ansohÜMA
wegen, das kipht nur so l*t(igi'ii worden kernte. Do<^
II), 3 XU keiuot änderung vsraiilaüst.
. trogischer daratelliinp uud in den handelnd auftretenden personeu
iktere fand, die er mit seiner kunst beleben bonte. Bei dem
iprüngliclien „von land ?.u land" acliwebte Goethe unzweifelhaft vor,
i jede Schillersche trsgödie in einem andern lande spielt; aber frei-
|ch ancb in einem andern Jahrhundert, weshalb er denn später nnch
vrechgolndeu zeit gedachte. Zn diesem rastlosen bewältigen der
unigfaltigsten tragischen Stoffe bildet die zweite häifte der stanze
der ewigen kränklichkeit des dichtera, von der die Schauspieler
i jähre her Keugen gewesen, einen rührenden gegensatz^ Sie sahen
I schwer atmend (atemlos), ängstlich bangend vor schmerzen (in
liden bangte), da er zu ersticken fürchtete; freilich genas er immer
prider, aber nur kümmerlich, da eine gewisse schwäche und neigung
rückfall immer znriickbUeben. Diene jähre waren für sie frau-
dg, da sie um den vei'ehrten freund immer besorgt waren und mit-
r aach schön, weil sie sich seiner genesung herzlich freuten,
. tröstenden bewusstsein, dass sie ihn noch besassen.
Bio neunte (zehnte) stanze Rchliesst sich nnmittelbar an, indem
|le schanapieler der frende gedenken, dass er, wenn er wider von der
Schmerzhaften krankheit sich befreit fühlte, als leidenfichaftlicher freund
i tfaeaters, dessen besuch für ilin zugleich eine stete schule war, an
ihrer tunst sich erfi-eute, wie er Ja noch am Vorabend seiner lezten
krankheit über ihre scherze gelächelt hat. Etwas störend ist die
uiiknüpfung mit dem nach zwei vcrsen wider aufgenommenen ihn. Die
in ihm wühlenden schmerzen zerrütteten ihn so, dass er keinen
blick auf die aussenwelt richten konte; erst, wenn diese wichen, blickte
er wider auf, und sobald er es vermochte, besuchte er wider das theater,
das er freilich, da ihm noch das volle< wolgefühl des lebens abgieng
(es stockte, und er fühlte sich deshalb gedrückt), nicht, wie wenn er
wolauf war, geuiessen knnte; aber doch unterhielt den genesenden (den
■.aenbelebten sinn) ihre kunst, du sie alles aufboten, ihm zu gefallen.
lÄoch tm Vorabend seiner lezten krankheit hat ihr spiel ihm ein lächeln
■^^bgelockt *. Den abend vor den lezten sonnen (lezten lebenstagen) hat
»T. Lneper aiü' Schillers lezte dramatische arbeiten, auf „Die huldigung
1 dmck gesanteD
i war schon ii
verbessert.
IJ Obs lusprüDgliche Wir habmi dm
n d(Uj kriiftigere Das haben \
S) UraprÜDglicli stand am schluRBe still ihm (statt glücklich) abgewon-
Still aolte darauf deuten, dass er tregen der vor kurzem überstaudenea krank-
I ^ rödrt, wie sonst, mit voIIpf Inst lachen tonte. Dareh die itoderung ist das
I Woftakriinbe iliui weggerallca. da.«« im anfung des verseH an die stelle des anaötigeij
I l^nd bitte treteu sollen.
96 DÜNTZER
der künste*" (aufgeführt am 12. november 1804) und ^Phädra*' (zuerst
um 30. Januar, widerholt am 18. februar 1805 g^eben) beziehen zu
dürfen geglaubt Schröer denkt blos an erstere, deren aufführung „noch
jezt [vor einem halben jähre !J ihn zufrieden gestelt**, obgleich dieses
festspiels bereits in der ersten stanze gedacht war und der ausdruck
nur den abend vor der lezten krankheit bezeichnen kann. Nun besuchte
Schiller wirklich am Vorabend derselben das theater, wie wir jezt wis-
sen (Goethe -Jahrbuch VII, 299), am 1. mai, wo Schröders zulezt am
17. märz 1802 gegebenes lustspiel „Die unglückliche heirat aus deli-
katesse"^ gespielt wui*de. Auf ein lustspiel passt auch das beifiUlige
^lächeln "^ besser als auf ein ernstes stück, bei dem der beifEÜl sich
durch rührung und thranen ausspricht Früher muste man nach dem
unzweifelhaft scheinenden zeugnis des jungen Voss glauben, Schiller
sei zulezt montag den 29. april im theater gewesen, wo das zulezt vor
anderthalb jähren g^:ebene Spiessische ritterschauspiel „Klara von Ho-
heneichen** zur darstellung kam. Die Verwechslung könte darauf beru-
hen, dass Schiller wirklich auch an diesem abende das theater besucht
hatte und von Voss abgeholt wurde, wie er schon am vorigen tage
bei der sontägliohen hofcour ei^hienen war. Aber nicht allein dies;
wahrscheinlich hatte er das theater schon gleich nach ostem wider
besucht. Bei der sontäglichen hofcour war er nach dem starken fieber-
anfall vom 9. februar zueilt wider am 10. märz gewesen, und er
iHsuohte sie dann wider regelmässig mit ausnähme des 7. april (palm-
sinitag)« wo er krank war. Da wird er bei seiner grossen fr^ude am
theater, das ihn weniger anstivuirte als die hofcour, den am 15. wider-
eh^fueien von>telluui^ni (in der kanvoohe wurde nicht gespielt) regel-
mä:>9^ii: Ivigewi^hnt halvn. Die eintmgungen der gegebenen stücke in
Sv*hillers fcaleudor beweisen gar nichts, da dieser seit dem mai 1802
alle vorsielhuiÄ^ni wahrvnd seiner auwesenheit in Weimar, auch die
nicht von ihm bt^suohteu, ,^utTührt. Den schauspielern war es wol in
jjuiem 4:edäohtuis i-ebaelvn, dass Schiller zulezt einem lastspiel bei-
):t*\\v>hnt und sich au den s^^herzen erfreut hatte: aber freilich wurde er
damals vor dem s^^hUisst* von eiuem lieber l>efallen, wovon man im
theater nuhts merkte. IVr juiii^* V.-c?s enahlt, Schiller habe, als er
am legten aK^id, wio er i^^ptle^t. ihn aus dem theater ab«^holt, fieber-
hAtt mit den r,ihuen ir^^k'.ai^jvrt.
IVn ,ibr.iudei\d'.u >*.'hlu:;s ^/vitte die zehnte stanze, deren fünf
erste verse u: der jem^ii e.rtvr. beibehjilren sind. Der anfiuig schil*
dert den svl'.rwkeii u::d das irniuen. «eU'he d-T s^> viirir jähre gef&ich-
:e te tv.Hi *» e r \ V» ixv *. •.: r. r . 4 1 vi : vi :*.' ' : v ■:> tt^ d i^: u !e r d ■ r ^e w i;ä;»iieic « dass der
BTHES EPILCKl ZU BCBU.LKitB BLOCEE
itngt^iangenf! jozt verklärt sei, und (Ue hofuung, das vaterlaad, dem
sein leben goupfert, werde seinen einzigen auf die erde bezüglicheu
msch erfüllen. Frühe hatte er erkant, dass sein» gesundfaeit zerrüt-
t aoi und er nicht lange leben könne. In ivirklichkeit hoffe er aoch
L frühjahr löOi, „sein filufiiigstes .jahr mit ungehinderten geistfökrüf-
Q zn erreichen" und noch so viel durch den ertrag seiner werke zu
werben, dass seine kinder unabhängig würden. Schon zwei jähre
irfaer hatte er in seinem kalendei' seine einnähme bis zur Vollendung
ines fünizigsten jahres berechnet, wobei er auf diese sieben jähre
ihu neue theaterstücke mit einscliluss des schon begonnenen „Wai^
und der umgearbeiteten annahm. Aber seit der krankheit des
immers lb04 war er so hinfällig geworden, dass er, wie er klagte,
den freien lebensgenuss mit wochenlaugen leiden büsste, und er
U£te das sdiliraste fürchten. Beim Lesen des strengen wortes
bwebt ein schicksalsspruch vor, wie der dem könig Belsazar an der
and erscbieueuc, den erst Daniel lesen und erklären konte. Goethe
Ibst hatte in seiner Jugend um drama „Belsazar" gedichtet in der
von Klopstücks „Siilomo". In der Prosorpiua (1776) rufen
e ParKen der unglücklichen tochler des Zeus zu: „Du bist unser!"
D (3) steht abschliessend, da sie sich in den bescbluss des scbick-
Is fügen miiesen, wie Goethes lietl „ An die entfernte " begint:
äo hab' icli wirklich dich verloren", seine Übersetzung des irischen
Bgegesangos: „So singet laut den Pilalu". Schillers gedieht „Die
Bale": „So willst du treulos von mir schoiden". Viele ähnliche
)Uen aus dichtern bat Lehmann (UootJies Sprache s. 277 — 284) ge-
nmoli Kern erklärt so: „mit demselben ruhigen sinne dem tode
6 der genesucg entgegensehend". Aber wenn Schiller auch bei
ibw&ren, ihn überwältigenden schmerzen, im gegensatze zu Goethe,
1 rohij^r ki-anker war, so nnisto es ihn doch betrüben, durch krank-
it in «einem freudigen schaffen gestört zu sein, und unmöglich konte
dem tode mit ruhe entgegensehen. Wirklich ahnte er den tod
cht, er hatte, wie die seinen, wider frischen mut gefasst. Auch
if das, was Kern <iie Schauspieler hier sagen lässt, durchaus niclit
I dei* stelle. Das, was diesen nahe liegen muss, ist der gedanke,
tdUcfa Bei doch das so oft befürchtete ende eingetreten . das sie
i^lich jezt erschreckte (Nun schreckt uns das), weil ein solches
iglilck, obgleich vorhergesehen, uns beim eintreten doch überrascht,
^fl oben zu 2, 3 (s. 86). Die zweite hälfle der Strophe lautete noch
98 DÜNTZER
Doch jetzt empfindet sein verklärtes wesen
Nur einen Wunsch, wenn es hemiederschaut^
0 möge doch den heiigen 2 letzten Willen
Das Vaterland vernehmen^ und erfüllen!
Dass Goethe nicht an ein bewustsein des irdischen lebens im jenseits
glaubte, ist bekant Pran von Stein bedauerte, als Goethe gleich nach
Schillers tod bei ihr trost suchte, dass jener, der damals ausserordent-
lich schön und original über den geistigen menschen gesprochen, so
wenig wie Schiller ein widerfinden nach dem tode zu denken vermocht,
was doch jedem, der recht geliebt habe, unentbehrlich sei. Aber in
der Verklärung des heimgegangenen freundes muste dieser noch im jen-
seits der zurückgelassenen gedenken, die er so sehr geliebt, die er so
geni unabhängig im leben gewusst hätte. Über die bedeutung der
beiden lezten verse ist mir nur eine äusserung bekant Kern sieht
darin „eine beziehung auf den schluss der glocke**. Ich kann keine
solche entdecken. Der heilige lezto wünsch des verewigten, den das
Vaterland erfüllen möge, kann nur der sein, dass dieses dankbar der
hinterlassonen gedenke, deren wol ihm so sehr am herzen gelegen.
Freilich hatte die grossfürstin eine reiche Unterstützung dauernd den
beiden knaben gesichert, und von anderen selten wurde so viel ge-
spendet, dass frau von Stein schon am 1. juni schreiben konte, die
witwe werde jezt wol 1500 taler einkommen haben. Aber das ganze
Vaterland solte dem grossen dramatiker seinen dank durch freiwillige
gaben darbringen, und wenn die Schauspieler diesen wünsch verhült
äussern, so können diese nur an Vorstellungen auf der bühne zum
besten der hinterlassonen denken. Vor siebenundzwanzig jähren hatte
der Schauspieldirektor Grossmann die deutschen Schaubühnen eingela-
den, Vorstellungen eines Ijossingschen Stückes mit einer vorhergehen-
1) Im ei'sten di'uck steht gegen die bandschrift herüberschaut Möglich ist
fi*oilich, dass (i 00t ho liier, wie soust in der zum druck gcsanten bandschrift, geäadert
hat; doch könte dies auch ein übersehener Schreibfehler der abschrift sein oder dem
setzor zur last fallen.
2) Das volle heiligen von 1808 ist nur druckfehler, da hier das unmetrische
/ ausgestossen . thätge, mitternächtges, Lebenswürdgen, owgen gedruckt ist
Auch sonst wurde mehrfa<!h gegen (»oethes bandschrift da.s t vom setzer, auch vom
abschreiber eingeschoben, wähnend anderswo dasselbe auf des dichters eigener nach-
lilssigkeit bombt. Über die »jntstellung, welche auch die "Weimarische ausgibe
durch zalilroiche unmetrischo 1 erfahren hat, habe ich in dieser Zeitschrift bd, XIV,
:U5 fg., XV, 430 fgg., XXIII, 306 fgg. gesprochen.
3) Die bandschrift hat vorstehen.
?on einem dor beliebtesteu deutschen dichter verfertigten, von
bnem geschickten tonkünstler ^eseztcn traiierkantate die kosten zu
■inem würdigen denkmal des grossen niannes aufzubringen. Leider
tilte die gewünschte teilnähme, so dass er im bittersten ärger eine
L«vaterläodische gescbichte von Lessings denkmal'^ herausgab, die er
deni deutschen kaiser Ijeopold und dem deutschen könige von Preussen
widmete, deren hofbühnen sicli kalt zurückgezogen hatten. Was damals
g, der durch seine „Fragmente" den grimm der christgläu-
^n sich zugezogen hatte, sieben jähre nach dessen tode unmöglich
acliien Goethe zu gnnaten des vor kurzem hingeschiedenen lieb-
iBgB des deutschen volkes leicht erreichbar; doch dachte er nicht an
I eigentliches denkmal, sondern an eine Stiftung zum besten der so
gatten und vaters beraubten faniihe. Wirklich nahm sich
Svhilleis freund Iffland der sache warm an, und der schon genante
B. Z, Becker forderte in einer schrift zur feJor von Schillers nächstem
todestago auf und richtete an viele Schaubühnen die aufTorderung,
Scfaillervorstellungen zum besten eines monuments oder einer anderen
stiftang zu geben. Und es kam eine wenigstens nennenswerte summe
zusammen, zu welcher Berlin bei weitem das meiste beigetragen hatte;
buhnon von Hamburg, Leipzig und anderer Städte schlössen sich
, später auch Begensburg, München und Wien. Übrigens hatte
Soethe vorgehabt, bei seiner beabsichtigten grijssem trauerfeier an
Millers geburtstag das vaterland selbst auftreten und wo) zu warmer
beteihgung an den schuldigen nationaldank mahnen zu lassen; denn
ich dem erhaltenen schema selten auf die „Verwandlung zum kata-
fclk" folgen „Trauergesang, Epilog des Vaterlandes'.
Leider ist in folge zweier spätem widerholungen der einheitlich
gedachte und ausgeführte epilog durch zusUtze und eine einschiebung
nrlezt und der frühere schluss, als danaals, wo die samlung von bei-
kftgen abgeschlossen war, nicht mehr zeitgemäss, durch andere wenig
l^ckliche verse verdrangt worden. Gerade fünf jähre nach Schillers
9. (nicht 10.) mal 1810, wurde, während Goethe in Jena zu
■ erholung weilte, die „Glocke" mit dem epilog auf der Weima-
lüchen bühne widerholt, worauf einzelne scenen aus Schillerschen dra-
. folgten. Über diese festvorstellung hatte Goethe mit dem regis-
:Benr Genast in Jena verhandelt. Riemer gieng am tage der aufführuug
Ton Jena nach Weimar, um ihr beizuwohnen. Damals fügte Goethe
fiine neue schlussstanze hinzu, und zur ankniipfung derselben wurden
die drei lezten verse dos ursprünglichen, nicht mehr Zeitgemälden schlus-
1M hIbo verändert:
100
Sieh hier verklärt, wenn es hemiederschant
Was Mitwelt sonst an ihm beklagt, getadelt,
Es hat's der Tod, es hat's die Zeit geadelte
Das geständnis, dass manches an Schiller beklagt und getadelt worden,
wäre in dem verklämngsgedicht von 1805 unmöglich gewesen, und
auch fünf jähre später konte man darin nur einen anfgesezten läppen
sehen, der von der sonstigen Stimmung der schwungvollen dichtung
absticht Dass Schiller gar sich selbst durch die nachsieht seiner
schwächen auf erden verklärt fühlen soll, mutet uns wunderbar an.
Sonst ist hier nichts als flickwort Auch kann der tod, die zeit wol
schwächen entschuldigen, aber nicht sie adeln, wie etwa liebhaber kör-
perfehler der geliebten als Schönheiten preisen. Sdiillers bekantes wort
von der reinigenden, läuternden kraft des todes (in der ^ Braut von
Messina*^) passt hier nicht Sonst sagt man wol, an den lebenden nage
der neid, der nach dem tode ruhe. Bei dem, was die Zeitgenossen
beklagt, schwebten das philosophisch reflektirende und die übermässige
ausdehnung der dramen vor. Goethe selbst äusserte später g^en Ecker-
mann, die philosophie habe Schiller als dichter geschadet, und trotz
alles strebens sei es ihm nicht gelungen sich zu beschränken, das für
die bühne gebotene zeitmass inne zu halten.
Die neue zwölfte stanze begint damit, dass auch manche geg-
ner, die sein grosses taleut anerkant. aber mit seiner behandlung der
tragödie nicht einverstanden gewesen, ihm jezt den ehrenplatz eines
klassischen dramatikers nicht mehr versagen. Nur dies können die
Worte besagen, er habe sich zum höchsten empoigesdiwungen und sei
mit allem, was wir S4:*hätzen (den bedeutendsten algemein aneibmten
geistern} eng verwant Der grundsätzlichste, schärfste gegner Sdiillers
und bes*jnders des ilramatikers. Herder, war anderthalb jähre vor ihm
hingeschieden. Sein ehrsüchtiger nebenbuhler EotEebue weilte in Russ-
iand. wo er nach wie vor dichtete. Die romantiker fiengen nachgerade
an gegen Schiller gerechter zu werden, und der mangel d« seit an
gleichkraftigen. geistvollen dramatikem zeigte seinen wert, den die
wenigen begabten dramatiker. Werner. Kleist und Oehlmsdiliger, aner-
kanten. Die stanze schlieft mit der aujßorderung an die zoschauec^^
dem verewigten den vollen preis zu erteilen, den die
1 i I^i*? veränderan£ und den znsatz machte er za Jena am 22. and 23.
An das .Mor^nblan^ wurden beide stanzen dl und 12 1 am 15. mai abgesuit
sie zehn tage »piter brachte. Don stand stanze 10 ^11» in 4 Uns schreckte ^Mi
!<txtt Nun schreckt uns das. 5 erblicket statt empfindet Das eiste gieqc ^
die spätere an«gabe der werke nicht ülier.
*»lb zu geben vermöge; was nur insofern wahr ist, als den lebenden
der neid verfolgt, der manche zu geg-nern macht. Aber wärmer ist
Dimer der beifell der Zeitgenossen, und am wärmeten und echtesten
lat 66 Schiller ja bei lebzeiten nicht gefehlt,
Wider fünf jähre später, am 10. mai 1815, feierte die Weima-
ischo bfthno zugleicii den im vorigen soptomber gestorbenen Iffland
Uli den geburtstag des vor zehn jähren Weimar entrissenen Schiller,
^n schluss bildete die dramatische aiifführung der „Glocke" mit dem
pilog. Dieser hatte nicht bloss eine auf die widerholce feier beziig-
äche weitere schtussstanze erhalten, sondern es wurden auch nach
r, 6 acht verae eingeschoben'. Leider war die zeit auch dieser nachdich-
^ nichts weniger als gtlnstig; denn gerade damals fand Goethe sich gei-
5 and leiblich auaserordentlioh angegriffen. Doch hatte er sich ein paar
nonate vorher wider mit Schiller beschäftigt Den am 10. und 11. april
„ Morgenblatt " gedrackten aufsatz hatte er vorher Schillers gattin
nltgeteilt. die in ihrem daukschreiben vom 20. märz eine stelle
[eändert wünschte. Seine einschiebung in den epilog war dadurch
reranlas&t, dass er irrig meinte, neben der philosophie müsse auch der
Siebte geflacht werden; denn er war im jähre 1805 weit entfernt
ewesen, die verschiedenen arten von Schillers werken zu erwShnen.
Alt ja auch jede erwähnuug der lyrischen gaben der muse, von
inen gerade das vorangegangene „Lied von der glücke" ein so hei^
vrragendes beispiel gab. Stanze 5 soll keineswegs, wie man gesagt
■t, „die philosophischen schriften" bezeichnen, neben denen freilich
j historischen nicht fehlen dürften, sondern sie geht auf die in Wei-
a eingeschlagene ricbtung zum idealen. Dos verkante Goethe selbst
lehn jähre später, und da Schiller, wie er gegen Eckermann sich äusserte,
i sich in der unbedeutenden gegeuwart aufzuerbauen, zu zwei grossen
jLageta, zur Philosophie und geschichte, gogriffen, so glaubte er vor erwäh-
Rltng der dramen noch seiner auffassuug der Weltgeschichte gedenken
1) Mit diesen znsfitzen wurde daa gaoze gedieht im .Morgenblatt" vom 23, mSra
»dmckt. Hier fanden sicli auch folgende abweichungen vom druck in den werkeu:
i orsohieii statt erscheint, 4 in lebensregiem statt im lelienRregen, 2, 4
t atatt dem, T, 2 entfliegt statt varriiegt, 9, 1 Ihr kaootot statt So könnt
, 10, 2 Schmerzes sUtt SchmorzeiiR. Dagegen scheint 4, 7 im wollen-
en statt in wosenlosem druckfohler. 11, ö war, abweiobend vom abdruok im
lUotgenblatt" von 1810, schon statt jetzt eingetreten, So gioog das gedieht in die
iden folgcndpD ausgaben der werke über, nur mit dem zusatz in der Überschrift:
jVidsibolt nnd erneut bei der Vorstellung am 10. (?) mai ISlä*^, ohne angäbe der
(harn widerbolongeii und ohne bestimte beseichnuog der beiden neuen tiohlussstaii-
m, der eingeschobenen und der veränderten verse.
102 uChtzkk
ZU müssen, obgleich bald darauf die geschichtliche Überlieferung als
quelle der dramen bezeichnend genug hervortritt Dadurch schädigte
Goethe selbst sein eigenes gedieht, so dass man darauf fiist anwenden
dürfte, was er einmal gegen Riemer bei gelegenheit von ^Dichtung
und Wahrheit^ äusserte, er pjBege seine sachen zulezt zu Terderben,
wenn er nicht aufhören könne, sie zu verbessern. Hier trat das ein,
was er anderswo gesteht, dass er spater über seine dichtungen kein
richtiges urteil mehr habe; er verkante den bei genauer betracbtung
sich deutlich ergebenden aufbau des epilogs.
Da er mit der auffassung der Weltgeschichte eine neue stanze be-
ginnen wolte, deren schluss die beiden lezten verse von stanze 5 bilden
solten, so muste er zu dieser zwei verse hinzudichten; ihren inhalt
solte der gedanke bilden, Schillers geist sei erst recht in der tageszeit
erwacht, wo die meisten menschen sich vor ermüdung dem schlaf hin-
geben. Er schrieb die wenig anschaulichen verse:
Begegnet so. im Würdigsten beschäftigt.
Der Dämmerung, der Nacht, die uns entkräftigt
Das begegnen der nacht ist so gezwungen, wie im würdigsten
beschäftigt steif, und die erwähnung der dänmierung vor der nacht
{alt als wenig bedeutend auf^
Die sechs ersten verse der neuen stanze leiden an grosser dun-
kelheit, weiche Eettner a. a. o. aufzuklären versucht hat Er fasst die
stelle also: „Die unablässig sich folgenden fluten der geschichtlichen
tatsacheu' verdrängen eine die andere, nehmen hinweg, was einst gross
oder fuTvhtbar, mit leidenschaftlichem lob oder tadel von den zeitgenos*
sen angenommen war. wie auch die wilden kriegstaten, die längst
ausgetobt; alles ist nach seinem wesen in der furcfateriichen wie in der
s^rensieidien bedeutimg klar hervorgetreten*. Hier sehwebe Schillers
einleitung zur «Geschichte des dreissi^ährigen krieges* vor, wo dieser
gewürdigt wenle nicht weniger nach seinen schrecklichen und rerderb-
lichen wirkunsren wie nach d»^m von der weit daraus gezogenen gewinne.
1« W"enE man is üä^x stani^ ri»?hn£: sohmüoki* imi Verwechselt' scfaratbt,
so t>t auch 7 Be^-egnet* <tatt Be^regnet m :(ietzen.
2» Stin Flut ma5s es we^n der mehrhett sohwoUea offnfear Fl«t- fc^^fn^^L
FmÜoh <^rt O'.vthe oft in i^>I*;heii verbindiiüi^Mi n^'^ der embeü die mehilieit wie
wun<;h um wünsche, liei um Üeier. ranke nach ranken, aber i
auoh leiT ac reile, plan auf plan» well* auf welle, ua«! so steht hier
mal üe rachrfieit. w>ä man sa^t torht»!teR a::: torheiten. Fluten steht von jeder
der i!n laufe ier leit aiifeiaÄn'>-*r f^li^^o-ien ub^r<»:hwenirQan«^c. wie in ^Joliaanm
Sel»u>*: ,l^ie Fluten si^üka*", aher iaraiif rxi iesi et«eo «la$ bnd nWnchwem*
mec-ien wassser iie Flut skh cLodet.
F:
Aber Schiller ^eokt dort „des seltsamen gangee der dinge", dass die
kirehentrennung den schrecklichen und verderblichen dreissigjährigen
krieg, aber durch ihn auch die teiliiehmiing der europäischen Staaten
8D einander, xur folge gehabt habe, „was allein schon gewinn genug,
den weltbfirger mit seinem achrecken 7.n versöhnen"; Goethe spricht
Igar nicht davon, dass das schreckliche gute folgen habe, auch nicht
'davon, daes dasselbe von den einen gelobt, von den andern getadelt
■ordern, sondern es ist von ganz en (gegen gesezten dingen die rede,
prie das doppelte was zeigt, da für das zweite was sonst und stehen
Auch ist Kettners rückbeziehmig von v. 5 („im niedrig schreck-
lichsten, im höchsten guten . . . durchgetobt") auf 2 („was getadelt,
vaa gelobt"), unerträglich hart. Und wäre es nicht sehr auffallend,
dnss der Charaktere der hauptpereonen gar niclit gedacht würde? Ich
beziehe v, 5 fg. auf „der erdbeherscher". Goethe sagt: „In der wech-
selnden flut der Weltgeschichte, die offen vor seinem blicke lag, sah er
eine zeit von der andern verdrängt (verspült), mochte sie gut oder
schlimm gewesen sein, auch die weiteroberer mit ihren endlich sich
austobenden gewaltigen beeren, welche von ihren schrecklichen wie
von ihren guten selten einsichtig geprüft wurden, so dass ihr bild klar
hervortrat (deutlich durchgeprobt)". Die boziehung auf die ord-
beherrscher ergibt sich deutlich aus nach ihrem {nicht seinem)
wesen, da sachlich die beziehung auf heeresgluten unmöglich ist.
Das harte, was auch nach dieser erklärung bleibt, ist, wie so oft bei
Klopstock, nicht die schuld der erklärung, sondern des zu bedeutsamer
kürze Kusammendrängendcn dichters. Autfallend ist auch das niedrig
■chreoklichste neben dem höchsten guten, da man entsprechend
niedrigst schrecklichem verlangt. Anders erklärt Kern die stelle,
wobei er auch besonders an die „geschichte des dreissigjährigen krie-
gfls" denkt Die von ihm hineingelegten gednnken: „Die geschicht-
lichen Überlieferungen, oft sich widersprechend, machen das lobens-
werte und tadelnswerte unkentlich, vor dem geschichtsforscher aber,
der zugleich dichter ist, erscheinen die taten und die Charaktere in
ihrem wesen; or hat den probierstein , durch welchen er edles und
unedles von einander scheidet", kann ich aus den freilich etwas wir-
ren Worten nicht herauslesen. Unverkenbar scheint mir das verspü-
Ittn auf das verschlingen durch immer neue fluten zu deuten, nicht
auf widersprechende auffassungen derselben geschichtlichen pereunen,
wie bei Walienstein nach Schillers bekanten vorsen; ebenso offenbar
{<eht was getadelt, was gelobt auf einen gegensatz. Nicht die
ingste spur sehe ich von dem „geschichtsforscber, der zugleich dich-
104 DÜKTZER
ter ist". Durchprobiert weist nicht auf einen probestein, nur der
reim hat durchproben für durchprüfen gebracht, das in demsel-
ben sinne steht wie Schiller durchprüfen im briefe an Körner vom
28. märz 1801 von zwei dramatischen Stoffen braucht, die er „durch-
dacht und durchgeprüft" habe.
Die dreizehnte, im jähre 1815 zugesezte stanze geht von dem
jezt, zehn jähre nach dem tode, noch gesteigerten rühme des dichters
aus, neben dessen in fünf bänden erschienenem „Theater" die von
Körner besorgte ausgäbe der „sämtlichen werke" noch im laufe dieses
Jahres mit dem zwölften bände schloss. So stand er ebenbürtig als
klassiker neben Lessing, Wieland, Goethe und Herder. Die Welt
verdank' ihm (4) kann nach dem Zusammenhang nur heissen, sie
habe ihm zu danken, nicht, wie Kettner meint, sie sei ihm dankbar;
denn dies kann nicht die segensreiche erfahr ung sein, deren der
vorige vers gedenkt, sondern aus der erfreulichen Wirkung, die er
immer mehr als idealer dichter übt, hat die weit erkant, wie sehr sie
ihm verpflichtet sei. Was er sie gelehrt ist der aus seinen schnften
wehende geist, der (6) als „das eigenste, das ihm gehört", bezeichnet
wird. Goethe nent einmal im „Divan" (IV, 18) als das bleibende, das
ihm die zeit nicht rauben könne, ideo und liebe, und in den nach
einem spruche von Beaumarchais gebildeten versen „Eigentum" heisst
es, nichts gehöre ihm an als der ungestört aus seiner seele fliessende
gedanke und die gunst des augenblicks. Die zweite hälfte der stanze
besagt, dass Schillers geist längst weit verbreitet sei in (über) ganze
sc haaren; dass er ihnen wie ein in entfernte weiträume verschwindender
komet vorleuchte, den weg zu den ewigen ideen, die ihn selbst schon
hienicden so mächtig angezogen, seinen Verehrern zeige. Schon „Die
mitschuldigen" gedachten als einer furchtbaren erscheinung des grossen
kometen von 1769; in „Götz" wird ein komet als „grausam zeichen"
mit benutzung einer stelle aus Sebastian Franks „Chronika" beschrie-
ben. Den grossen kometen des Jahres 1811 hatte Goethe genau beob-
achtet. In „Epimenides' erwachen" erschreckt dieses „furchtbare zei-
chen^ mit seinem „rutenfeuerschein". Schiller selbst hatte in der
kapuzinerpredigt von „Wallensteins lager" nach dem Augustinerpater
Abraham a Sancta Clara den kometen erwähnt, den „der herrgott wie
eine rute drohend am himmelsfenstor herausstecke". Hier aber wird des
kometen als des herlichston, mit kern und schweif weithin strahlendes
licht verbreitenden, auf die fernsten himmelsräume hinweisenden Ster-
nes geilacht, dessen entschwinden den vergleich mit Schillers hingang
nahe legt, wenn auch nicht in Klopstoekscher weise (und ähnlichen
räomen gab ^cb auch trau von Stein hin) atisgefülirt wird, äass er
in einer der iinsei-n augeu entrückten b im mets weiten welle.
Nur scheinbar bilden diu dreizeba stanzen ein ganzes. Die beiden
stehen mit dem den frischen schmerz über den unewetz-
iclten Verlust so ergreifend darstellenden epilog von 1805 in unver-
(ohnlichem Widerspruch, der dureh die enge Verbindung, in welche
tanze 10 (11) mit der folgenden gesezt ist, mir um so greller wirkt.
R^Uro jene stanze unvetundert geblieben, und im nnfang der folgenden
twa durch ein „80 klang es damals b«i dem frischen schmente" oder
line ähnliche, dichterischere einführujig das folgende als späterer zusatz
lekenzeichnet worden, so wäre es wenigstens erträglich. Der ursprüng-
jeho epUog muss, obgleieh vom dichter selbst ausgeschlossen, seinen
ifareaplatz in Goethes werken einnehmen, mag man daneben auch der
peiterführung von 1815 den räum niclit streitig machen; er ist und
bleibt der edelste ei^uss des unendlichen scbmerzes, das rührendste
lenkmat warmer, den ebenbüitigen dichter verklärender freundscUaft,
Buroh dessen stiftimg Goethes seele wirklich von dem lastenden schmerze
ich endlich befreit fühlte. Und will maa das andenken des ewig mit
der deutschen seele innigst verbundenen Schiller an seinem geburtstage
inf Jer bühne würdig feiern, so kann os nicht edler geschehen als
durch jährliche widerholung der Lauclistädtor Vorstellung vom aiigust
^803, dos dramatisch dargestelten „Liedes von der glocbe" und des
{lilogs, wie ihn Goetlie ursprünglich gedacht, auf' die bühne gebracht
\ad dem deutschen vaterland geweiht iiat
Kulm i. kh. u. Dt}NTZi!:R.
BEMEKKUNCtEN zu SCHILLEESCHEN BALLADEN.
Die frühste erwälmung der tauchersage' finden wir in dem
t. 1211 abgofassten buche des Qervasius von Tilbury Otia imperialia
^JjeibnitK, SS. rorum Brunsv. I, s. 921, c. 21), wo erzählt wird „In
liane reE^unt ex coactione regis Siciliae Rogerii descendisse Nicolaam
^pam (sie), homiuem de Apulia oriundum, cujus mansio fere coutinua
Itmt in profunde maris. Uic a marinis hetuis quasi notus ac familia-
ris vitabatur ad malum, niaris sedulns e.\pIorator, currentibus in pelago
uvibiiB oantis instantes tcmpestates praenuntiabat et, cum dcrepente a
nari nudus piorumpebat, nihil praeter oleum a transeuntibus postula-
I) Vgl. Götiingar, Deutsche tUthter I, s. 174—163.
106 RÖHRICHT
bat, ut ejus beneficio fuDdum abyssi maris speculatios intaeri posset
atqiie rimari. Hie in Pharo nemorosum abyssnm esse dicebat Ex
arborum itaque oppositis obicibus fluctus collidi invicem proponebat
asserens, in niari montes esse et valles, Silvas et campos et arbores
«rlanditeras, ad cujus rei fidem nos quoque glandes marinas Id littore
maris saepe prospeximus". Ausfuhrlicher berichtet der Franziskaner
Salimbene in seiner leider bisher nicht volständig und sorgfältig genug
herausgegt»benen Chronica (Parmae 1857) s. 168, wo er die Verkehrt-
heiten und abergläubischen ansichten des kaisers Friedrich IL genauer
schildert. Er sagt: ^Quarta ejus superstitio fuit, quia quendam Nico-
h)um contra voluntatem suani pluries misit in fundum Phari, et planes
rodüt inde et volens penitus veritatem cognoscere, si vere ad fdndam
descendisset et inde rediisset, nee ne, projecit cupam suam auream,
ubi crodebat m^us esse profundum, quam ille, cum descendisset, inve-
nit et attulit sibi, et miratus est Imperator. Cum autem iterum vellet
cum mittere, dixit sibi: nuUo modo me mittatis illuc, quia ita tur-
batum est mare inferius, quod, si me miseritis, nunquam redibo.
Nihilominus misit cum. et nunquam est reversus ad eum, quia periit
ibi, nam in illo fundo maris sunt magni pisces tempore marinae tem-
pestatis et sunt ibi scopuli et naves multae fractae, ut referebat ipse . . .
Isto NiiH>la homo Sioulus fuit, et quadam vice offendit graviter et ex-
asporavit matrimi et imprei'ata est oi mater, quod semper habitaret in
aquis et rar\> apparerei in terra et ita accidit sibi.** Als quelle für
stMuo nütteilung nent er mehrere Ordensbrüder aus Messina, besonders
den JrttH>binus ile Cassio aus Parma is. 169). Diesem sicher noch vor
rJ88 lobenden borichterstatter schliesst sieh als dritter gewährsDumn
an Franois^His Pipinus iXIuratori. SS. rorum Ital. IX. s. 669), welcher
toliT^Mutt^s moKlot: «Nioolaus Ksi^is hoc etiam tempore in regno Siciliae
natus est. Hio oninu dum puer esset, deleotabatur esse in aqnis assi-
duus. cujus mator ob hiK indi&rnata male«lictionem Uli imprecata est,
ut s^nlivvt stuu^vr os^ deltvtarvtur in aquis et extim e«s non posset
vivorw quin! siquidem oontiirit, nam semper ex tune in aqnis maris
vixit ut piskis. Diu oxtra aquas esse non poterat. nautis apparebat et
cum eis in navibus aliquando erat, maris ae^us iliis pnedioens et
stvr\*ta. quao viderat in prv^undo. Aneuillam maximnm piacinm esse
di\it et iutor Siciliaiu et Calabriam {Wa^rus pn>fundissimam esse. Im-
p^^rat'^r Frivlorivus eum tv sermouem habuit et projecto in fdndo vase
Är>^.*utiv lustit:: lia, ut .ies^vniicrt^t lu protundum ac v*s illnd afiarret
nie \er\^ ;i::: Si dr^vr.vien^ in patundunu uvu rvvertair. Experiri tan-
deni pnuui>i: et. quum deci^vndis^'t. ultra non compandt liominiim
Zu SCHILLERS BALLADEN 107
visui. Beminiscor, quod, dum puer essera, audire consuevi matres,
dum parvulis vagientibus terrorem vellent incutere, hunc eis Nicolaum
ad memoriam reducobant*'. Kürzer, aber im wesentlichen dasselbe
berichtet der ebenfals bis 1312 schreibende Biccobaldus Ferrariensis
(Eccard, Corpus bist med. aevi I, s. 1283 — 1284; Muratori, SS. rerum
Ital. IX, s. 248): „Per haec tempora fuit homo in Sicilia nominatus
Nicolaus Piscis, qui in mari vixit ut piscis nee diu extra aquas esse
poterat Hie multa de secretis maris hominibus revelavit; post matris
maledictionem sortem talem sortitus est".
Zu den erläuterungen Götzingers (s. 270 — 276) betreffend die
Bhodische drachensage genügt es, auf die ausführlichen mitteilun-
gen Herquets, Die Bhodische drachensage (Im Neuen Beich 1881,
II, s. 497 — 508) hinzuweisen. Interessant ist auch die von Albert
Berg, Die insel Bhodus, Braunschweig 1862, I s. 86 —89 gegebene
gegenüberstellung des Vertotschen berichts mit dem texte des Schiller-
sehen gedichts, woraus man die feinheit bewundern lernt, mit der
Schiller häufig buchstäblich übersetzend den stoflf dichterisch gestal-
tet hat
In bezug auf die erklärungen zum „öang nach dem eisen-
hammer** (Götzinger I, s. 231 — 249) tragen wir nach, dass die erzäh-
lung, in welcher die hauptpersonen der könig Dionys von Portugal
und dessen gemahlin, die heilige Elisabeth (1273 — 1333), sind, uns in
der vorliegenden form (statt des eisenhammers wird nur ein kalkofen
bei Coimbra genant) nicht im Leben der heiligen in Act. Sanctorum
4. Juli II, s. 173 — 197, aber in dem buche: Väter und märtyrer von
Bäss und Weis, Mainz 1823 — 1826, IX, s. 156 — 157 (8. Juli) und
am genauesten in Antonio de Escobar, A Penis de Portugal, Coimbra
1680, 8. 83 begegnet; die bei Potthast, Bibl. medü aevi s. voce citier-
ten Specialschriften haben wir nicht vergleichen können. Einer Unter-
suchung wert scheint die handschrift des klosters Beun nr. 22 s. XIV
fol. 59^^ (Xenia Bemardina, Wien 1891, II A, s. 18), wo unsere erzäh-
long sich auch findet
BERLIN. REINHOLD RÖmUCHT.
EINE SACHSENSPIEGEL-HANDSCHRIFT.
Die in den Niederlanden entstandenen handschiiften des Sachsen-
spi^ls (Homeyer, Extravaganten s. 229 fgg.) gehören entweder der
106 STKFRNHAGKN, KINE 8ACHSKRSPIB6KL - HAHDSCHBIFT
glossenklassc an, oder der ältesten und einüadLsten Ordnung. Beide
formen sind durch die ausgäbe de Oeer's, De Saksenspiegel in Neder-
land. 's Gravefihage 1888, zugänglich gemacht Für den ältesten text
lagen ihm vier handschriften vor, und zwar ausser den beiden von
Homeyer beschriebenen, nr. 3 und 374, zwei in seinem besitze befind-
liche. Zu diesen handschriften der ältesten textform tritt jezt eine
fünfte, deren kentnis ich herm dr. phil. Constantin Noerrenberg, kustos
der hiesigen universitäts-bibliothek, verdanke.
Die handschrift, eigentum des freiherm von Nagel-Doomick auf
Vomholz bei Oelde in Westfalen, wird auf „Haus Wohnung** bei Dins-
laken (Rheinprovinz) aufbewahrte Auf den vorbesitzer weist die ein-
Zeichnung des vorderen vorsetzblattes: DU boeck hoert toe Jan van
Doernick. Schmalen quartformats und in braunes leder mit messing-
beschlägen gebunden, ist die handschrift auf pergament doppelspaltig
in rundlicher minuskel des vierzehnten Jahrhunderts geschrieben. Sie
bildet eine gnippe mit den beiden schwesterfaandschriften, welche Ho-
mever auf denselben Schreiber zurückfuhrt, stimt aber in den lesarten
mit keiner von beiden genau, sondern geht bald mit der einen, bald
mit der andern und besizt vor beiden den vorzug grösserer korrektheit.
Sie würde daher verdient haben, an stelle der v. Alkemade'schen hand-
schrift im Haag (A)^ deren lücken sie nicht teilt, dem abdruck des
textes zum gründe gel^t zu werden, trotzdem auch sie von schlech-
ten lesarten nicht frei ist Auf den ersten fünf blättern, von denen
das zweite ausgeschnitten ist, geht in roter schrift das volständige, in
Ä nur bis kap. 330 reichende rubrikenr^ister voran: Hier beghint die
tafel van den spieghcl ran zassen. Es folgen, mit dem eingange
GOd haddc die lassen wel bedacht bis Onreekten luden ics niet en
gan (vers 97 bis 112 der reim vorrede) und als kap. 1 bis 3 gezählt,
die vorreden. Die Zählung läuft durch land- und lehnrecht bis kap. 344.
Wie in A finden sich ausser den vergoldeten und mit arabeaken ge-
schmückten initialen der kapitel zwei miniaturen, nämlich vor den vo^
reden Christus als woltrichter mit zwei sohwertem auf dem r^genbogen,
vor dem beginn des lehnrechts (kap. 207) der römische kaiser.
1) Dio lokalit^t ist aus der grossoD , Karte des Rhein- Stroms im könij^reich
IV^usst^n* vHorlin ISTO^ sivtu'^n U> orsiohtlich.
KIKU STKWKSHAGSK.
f LITTERATim.
penkmKler doutsehor jioesie und proan nus dem VIII.— XII, jahHiuodcrt
■ heffsongugebcu von B. HQUenliolT und Vi. Sclierer. 3. aiiHgiiliu von E. 8t«ln-
I lli«;er. Berlin 1H92. 1 (XLIIl and 32t ».) und 11 (4Ü2 s.]. 7 und 1L> ni,
I Die denkmiUer siad ein dtinkmul geworden. Joiire sind über sie hinweg fegim-
hn; risM, dio dio Keit dogoaprungt hat, kanu kein aufputz mehr verdockeo. Wunn
Mfl wmi also der öfl^tlicbkeit nicht entzogen 'werdea solto, so war eine lunbsseade
BMauration nötig, und solche arbeit erfordett nicht blos eine geübte und eine glUok-
Boke band, sondern suoh selbstlose hingäbe, bewueton Terxicht auf alle erfolge, die
ffber d>Hi engeren ralimen di^r gestelten aufgabt Iiiiiaasgroifen. Diewir anrgabe bat
Kefa £■ Bteinmeyor iti klarer erkentois ihrer Schwierigkeiten unterzogen — und er
kt äa auch gelöst.
W Wol wäre es auch ihm vedoükender arsohienon, eine eigene ähnliche samlung an
Ha Mite zu selten, and es scheint fast, als ob zam verzieht auf diesen plan die .kurz
Btomeeaeue [rirt* in erster ünie von einflass gewesen sei; ob aber im antgegangesentou
JUiu der viEscnBchaR ein gröBRerer dienst geschehen wäre? Denn die denkmäler wer-
den Doch lange den „hervorragenden platz in der entwicklungsgesohiehte unserer dis-
dplin*' einnehmen, der sie immer wider zum anknüpfungspunkt für 90 riele wichtige
■trvitfragen raacbt; und darum erecheint der , versuch, dem bache die orgebnisso der
aeuvren Ibrachung unter tunlichstcr wahmng seines ursprünglichen Charakters ciuzu-
*t«rluibeii* doch wol verdienstvoller als eine eigene neue samlung gewesen wire. 'Ober
die beiden bagen, die sich hier erheben: ob die neueren ergebnisse ^e genügend
verwertet «od, und anderseits: ob die alten grundzüge tunliehst gewahrt wurden,
darüber wird sich wol nie Übereinstimmung der meinungen erzielen lassen. Dem
rerarentan hätte an stelle der defensive, die Sleinmeyer im algemeinen buobnchtot,
an manehen oi-ten eine frieohe offensive mehr zugesagt; aber er kann der durch-
fnhrung der einmal erwählten grundsStze seine bewundcrung nicht versagen. Was
niuht mehr zu holteu war, hat Bteinmeyer mit entschied enheit preisgegeben, um dos
übrige desto Daebdrückliehor zu verteidigen. Dabei entfidtete er neben einem uner-
lundlicben samlerfleiss geschick und goschinack in der Verwertung des gesammelten,
in dor einstreanng ven zutaten und tu der auswabl, mit der er seine eigenen spen-
den aU solche bald kentlich machte, bald unhozeichnet im texte mitgehen liess. Dem
betlnrfnissc der lesei' ist er endlich entgegengekommen, indem er einen plan Scherers
aaafiihrtc und den tejit von den anmerkungen trente, wobei die variantou im ersten
bände unter den text zu stehen kamen. Solche rücksichtüahme auf dio lesor berührt
gfirade bei diesem werke angenehm, schon als Zeugnis dafür, dass anch hier die Ira-
<litiouen der schule nicht im festklebeu an iusserlichkeiten gesacht werden.
Was nun die toKtgestaltmig betrift, so haben den löwenanteil an der arbeit die
poutieeben deokmSlor beansprucht. Aber auch die prosaischen haben allerlei ver-
bHaserungan erfahren. Sclion die durchführung Eeitgemässer occontualioD , der Wegfall
der lingeteichen auf einigen ilexionssilben, die lün gebe Zeichnung anf anderen (aai jd
«wdc nicht unter die langaÜbigen formen anfgenoinmeu) machte durch die ganze
Mmlnng tu schaffen; für die meisten stücku sodann sind eigene oder fremde col-
Monen neu herangezogen worden. 6o sind die bairischen glaubensfragen
(Uli der alten ausgäbe) durch Martius Veröffentlichung zum bmchstnck einer beichte
USewachsen, das um seiner venvantschaft mit der Lorscher beichte willen in der
aufläge als LXXne gufiihrt wiid. Ebenso haben sich in den predigten (LXXXVI)
(14U
L^8e<
110 WÜNDXRUCH
einige teile (in A. )ganz geändert and nrngestelt, andere (in C) sind onveriifiltnismässig
ausgedehnt worden. In Notkers katecbismus (T^XE^) ist die accentoation nachgebes-
sert, da und dort wurde auch die lesung neu festgestelt: so LVU, 1 unseer für
utuar (Vgl. PBr. Beitr. IK 141 fgg.); LT, 33 ganädan für ganädan; LXXTT, 1 endi
tk^son: XCII. 6 und XCIII. 6 genidot und geentdot für gaeundoty zu welcher doch
nicht ganz sicheren lesart irgend welche belege sehr erwünscht wären; wenigstens
ist mir zu dem Substantiv arunti bis jezt kein vcrbum begegnet Zu LJX und LX
hat Steiumeycr die neue coUatiou von Hench benüzt, die er teilweise ebenfals durch
eigouo coiü^^u^Q ergänzte (f. gimang LIX. 2, 3 vgl. Bd. 11 s. 346). Im Vorder-
gründe aller Änderungen steht jedoch bei den prosaischen denkmälem die Umwand-
lung des briefes Ruod|*erts (LXXX) in eine Sangaller Schularbeit, bei der natür-
lich auch der sogenante briefeingang fiel. Steinmeyer hat durch die offene und
eut^'hiedene art . mit der er hier und n s. 406 den Untersuchungen Bachtolds gerecht
wurde, gewiss auch im sinne Scherers gehandelt. Denn Scherer hat schon meinen
Untersuchungen zur syntax dt^s Notkenk^-hen Boethius (Berlin diss. 1883) gegenüber,
die zum ersten male in die Notkerschule bresche schössen, den gnmdsatz betätigte
mit dem Steinmeyer seine vorrede schliesst: .ein aniecht auf den alleinbesitz der
Wahrheit steht niemand zu; est das zusammenwirken vieler hilft sie im widerstreit
der meinungen erringen^.
In diesen grundsatz münden auch die empfindungen aus. mit denen uns ein
vergleich der poetischen denkmaler der alten und der neuen aufläge erfüll Gleich
in den eisten drei gedichten war es so wenig möglich, den heutigen stand der for-
schung im rahmen der alten textgestaltung irgendwie zu kenzeichnen, dass diese
ersten drci denkmäler. das Wes>obrunuer gebet, das Hildebrandslied tmd das Muspilli
nun in dop(«lform erscheinen: neK^n der gestaltung. die in der lezten ausgäbe gege-
ben war. enk^heint eine zweite, die sich näher mit Braimes althochdeutschem lese-
buche berührt.
So ist gleich beim Wessc^brunner gebete der liodahattr aufgegeben und statt
dess^Mi nü^lichste;> au^^^hmiegen an die Überlieferung erstrebt worden, die überhaupt
nur zu guusten des Sieverü^^^hen tyi^^nsystems verlassen wird. Vielleicht hätte man
hier ntvh einen M^hritt weiter gehen können und in z. 3 nach pattm statt einer lücke
nur eme i^usi^ annehmen dürfen. Die anmorkungec zum texte <1I. 1 fgg.) habeo
l'oi Steinmeyer orwciteruni: gefunden. Vor allem wurden für beetimte fonnen, die
in der lezton Aufla^^' als zeu^n sächsischer herkunft verwertet waren, belege aoaser-
lul(< de$ xich>isi.hen gebietes U^igebrachtv so zu mid firakoH (3, 13). Damit war
denn auch der s^^hlussexkurs vorU^i\ntet. in welchem die «spuren sichsiacher her-
kun^* als .n:oht sioh.^r^ U'ioiohuit werden. Einer anderen aasfühmng dagegen
uuvhte ivh wenitrer iwptlioht^^u . nämlich das^ MüllechC'fis zweiter abschnitt etwas
vv'^mus.^^^tre. iv.ii'm «hiV lin 2. ^ > nv^twondig zurückweisen müsse. Die partikel
brauv'hi r.K*t\t ana(^.ohsoh gefasst zu werden, vielmehr ist jene abgeblasste deiktiache
Usieutu:!^:. mit der sie auf e:r.cr. g\^oH'.stani hinweist, der nur der ph^nfyi^ des
nxieuvion v^>rsv*hwel^ , j^^ia^ic ;*.; der Vv\ks|\x^sie haung.
l^as Hildobrandslied ha; lUkh d-.'s herausg^^'r^rs ansteht durch die neueren
f.^rschunom mehr :n metrischer als m eio.^c:!:/:: vbik'k^ischer beii^iiiig gewon-
nen. Pio 4:>v-tAlt» ä:o er .ivm Ii<\;e c'w. :-::;h:.v: >::h vor allem dmcii straffere oon-
svutration aus: abgt^solui; \o". o;::ielue« hAllvcrse:: hat ex nur eine gröasero lacke
anj:>^iuMr.mei;. \»a \ci> 4ii f j;^ . ä:o r.ü: K.nV.c:: 2. f. %i. a. XTYTTT s. 414) dem
Ua%iulM;iuui lu den mund ^x^ogt v^oruT.. M:r >ohe;L: aKx. dass gerade die anffurang
ÜBEB MDIXKNDOI'F C
111
igen, di» Stcinineyer au» dem liati(lexem[ilar MiUlealiofTB darub eiuo neut^^erklü-
ig Ton infdJian (e. 37 = ünfgegen nelmu'ii) Wkriftigt, oa uns mogüi^h mnulit,
II oluiB lüoke auSEukommoD. Wotm iu dor tat dip verse 4ij \%g. hut nomfireuben
leQ, dafiB der gc^er achoo durcli <iits at&tliohe auaräBtiing seine veraicborang, ein
inwier racke su twin, lüKen etiufo, bo lasKuu ue »uh KWtui(;lo9 umnittalbftT an dja
'bergohondou worto HaduUi'Hiids aukiiüpron. Vors 3Ü fgg. bat Hiuli Uililtitir&nd xwar
il genoiit, seine nnaprüche au clie Vaterschaft nber ^o Unr angeilnutet, nls die
iWFrAIligea trcmdimguii des epischeu Stils ric nur TBnnÖgeti, und hnt gesuhL'nke
ibot«in, Lue gEigcamdi' ILidubrandH knüpft obarakteristiBch Eiuiäcfaat an die
bonko an, er veist sie zurück, der geber sei ein beCrüger; d^nn Bildebrand ^d tot.
iQid) diu j^uwisbeit liiHriLbei- liernht nur auf borensa^eu , zwuirel mügon fäüh imuier-
«iutituUaii; oud diesen mooht wenigst^oB in Uixug auf doo angpfodetea gegntir der
FensuliinDck ein euile, über deu der gogner verftigt ttud nach dem es den aprecber
ioininrluii gelüstet., indes der In dur Tremdo muhnnEteheDde Hildebraut uieht in
glanis erscbeinen kante. Wie dann d«r vers 45 sieb binoingesohobea hat,
bC eine andere fvaipii TiuUeicbt geben dio starken anklinge an -vais 44 eiue aiitwort,
lodeiu ai» iLn als vur 49 fgg. vorwoggenommett erkliiren lassen. Die verse 05 — lil
beUsst 8teinn)e<rer ^ meiuus erachtons mit reolit — mi ibrem platze. In dienen
verscD klingt eben ein motiv du;i:h, daa sonst — abor uiobr nur für unaor goftih] —
hinlnr der tragit des Zweikampfes der blutsverwanten aiiriicktritt, — r)ie anmerkun-
gen balien vor allem durch die einfiigung und lextkrjtisvhe bebandlung des jüngeren
Hilde Lrandsliedes gevronnon.
Fast mehr nouh als das Hüdebraudslied hat das Hnspllli den herausgeber in
■nspniüh genommen. Zwar den coUatiuncu Pipnra (Z. f. d. ph. XV, TO — T3| misat
er wenig bedoutuug bei, aber iiaub anderer seite bin war hier der text zu Teintgan,
Vor allem erfüll ea mich mit befricdigung. dnse titeinnieyor hier syntaktiaube
tiedonken bei seinen text kritischen erwägungen initgewogen hat. Btiim alten texte
v&r die ineoQsequeuz liedeuklieb gewesen, mit der einzelne lAiÜkeln nnd artikelfor-
Di,m iiald als überQüSüig gostricheu, bald in olicu so uberQüsaiger Verwendung zui'
ausfullong uietdsüher luckeu hevongezogeu wurdee. Namentlich der artikelgobmucb,
der it» Muspilli ganx bestimte gnmdlinion aufweist, ist bei dem neuen herausgolier
wider zu seinem reclite gekoiamcn, wie auch die Wortstellung mitsprechen durfte
(vgl. I. TS). In dem Hxcurse, den der herausgäber als eigene spende an die anmer-
knngen anlügt (U a, 40. 41), lösst er In erster Linie die aüllstische aelte der betraeh-
tirag hervortreten, er hebt den einheitlichen Charakter dos Werkes hervor, die wider-
beloDg der gleichen ausdrücke, der gleichen syntaktischen fügimgen. Von hier aus
imihii er neue Stützpunkte für eine aleüiese von v. 37 — 62, als einer partie, in der
lU» hituKge fehlen des urtikela, die st^llong des Subjektes in hanptsdtzen u. a. auf-
bllen. In der ilslhetiscbeii beurteüung des wertes achliesst sich Steinmeyer an Kdgel
(önmdrisa 11, a. 213) an, der in ihm prosaische rede sieht, die der Verfasser mit-
Ulat der alliteration beben wolte, ohne auf deren regeln aioh zu verstehen. Dieses
urteil scheint douh ein neues extrem gegenüber früherer übertriebener wertachätiung.
QutoUie poitien entziehen sich diesem veidammunpuiteile ganz entschieden, imd
<iitta Iai;tero dsthetiauhe einpGudung ist auch .geeignet, die oben ongofühi-ten sti-
'■'tiichen ergebutsse (beti'efa der gldchartigkelt des ganzen) zu oiodificieren.
Die übrigen poetischen denkmaler könneu wir hier nicht alle schritt für schritt
'^folgen; es genügt einige aus ihnen hervorzuheben. Das Georgslied ruft zunächst
'^« kiiupfe wider in die erinnerung, die um seine atrüphisolie gliederung ausgefocihleD
112 WUNDERUCH
wunloii. Steinmoyer pflichtet hier porsönlich den aufetellaogen Scheren bei, wonich
stn>phon von swoi und solche von drei Zeilen auch in der combinatioD einer öseiligen
stn>)iho zu gründe liegen; er hat sich aber angesichts des Standes der Überlieferung
iliM*h nicht ontschliosscn können, die Versetzungen und atethesen darchzufahien, die
dem ontsprfichon. In den anmorkungen ist natürlich der vielberedete 182. psalm in
don S2. vorwandelt worden (vgl. II s. 94 zu z. 9). Beim Heinrichsliede komt
Stoinmoyor zu einem ^fw» liquet*^; fast scheint der skepticismus hier auf die spitze
gi'triclHHi (II s. UH>). Für den Modus Ottinc (nr. XXII) sind neuere oollationeii
zur toxtp'staltung von^^ndet worden, wahrend Himmel und hölle (XXX) durch
ointMt exours zu don anmcrkungen endgültig des poetischen bürgenrechts beraubt
wunlo.
Auf ein viel umstrittenes gebiet führt uns £zzo*s gesang (nr. XXXI). Leider
liat hier in der hitze dos gefechtes des herausgebors ruhige besonncnheit nicht ganz
stand gi>halten; und doch wan» es nicht nötig gewesen, dem jüngsten unpassenden aus-
fall auf Sohorer hier tnn oi^ho gegen Bartsch folgen zu lassen. Wol ist es sicher, dass
man don fund Riraoks nicht einfach bloss eine .glänzende bestatigung der ansichten
Konrad llofmanns'^ nennen durfte, denn dieser fund hat wie fast alle fände die conjec-
timni :moh dit^es gelehrten nur teilweise bestätigt, Ausseniem gehört von den also
N^t»ti};ten aufstellung^^n Hofmanns ein teil MüllenhofT zu. el»en jenem Müllenhoff,
uU^r den Kirtsv^h triumphion^u zu müssen glaubte: und andererseits hat der fuod
Auoh soloho auf>telIunt^Mi MüUonhofTs lH'>tätigt. die Hofimann nicht geteilt hatte.
Nach du^sor >oito h:n war jenes urteil von BartM'h allerdings einseitig imd
wurde den tats.^ohen nicht i^^rwht: al^^r die bedeutung dt*s Baraekschen fluides liegt
meini^'s er^ii^htons ulvihaupt auf T'inem anderen gebiete, wo in der tat die beweisfäfa-
mni: MüllenhotTs den schwersten stoss eiÜtt, Ezzos g*.*sang ist kein Ked mehr, das
im ohor o*sungt\i wunie: »in oir.iolm r trägt ihn vor. IVr un|deicfae baa der Stro-
phen braucht i:r»r r..iht mehr r.v!t der. i;ru!idU^iinp2ajM*ii »nner chormclodie in bezie-
he; r.c p^braoht sü werden, und ma» hat c.vht noTii: einen symmetrischen bao gewah-
NAm ;u!\vh; ru r.r.^nu^n^.; vh''.m-:hr d.-irf iv.an :ii ailor ruhe bei diesem vortrage eines
o::*.rol:vn N:.*h .;;^' ttsuv xv^rloo^u ^-V h:t»! ;:Srr*i.^ui': ixvh vi.c einer melodie die rede
Ä^'.v. lAr.r. .\:t'r ,i : \^h: der u'.r.rÄr.s: i-. r oir.r-.lrer. str.-^bea pe-kcentlich vom inhah
a:;s c:^^o^I: >»,;v.: SMr:r.i\t: h*: an .in-M fräo riv^k: Änihri. sondern aach hier
V..''. r-fh: ."lu: .'..0 ,;■, fir.>:x..^ i^^s^ hr*r.k:. pAAreoris w«rie ier tnn;ß«staltimg beaon-
.;i:v >v"';."A.: :;;i^. «.v: .; ■ -.r.';::':; 4».sr:ior. i:- :i B -ritji^^ri:! scd. Verden im alte-
■v:v:o:. *../: ...v ;. . o-c::nv, «VLT ,is>s i'.o .V.v2*ir.r.:s. iv rii?«iart mit rocksicht aof
>: *•...-. .. :v . ..:■*:;. ; ... ::r :..;r :- A v.:t:rl:*:tr: *-rs."i!edni. verfahren. Nor
.^. . :-.,;:k >..-.': >.::: : ,\ r. ;:*-.v< r ■.:>.: il> r.::^ :« i^^ TrxtcK^ahnng herein und
>,::.•.: ^. ..?;' V. : «ü.i..: ..vv. .»»:>.':;' ,-->.^'. -f '..:i fv -f -4. !. 3< »wie vielleicht
*.;. : .-.•. jw !>:.'. : *. . .v t -•> .•- *"..»: ;,. : V>.: S: .r/. Kij.ljfjf- k-lö aa-:^ die anmerkim«
:v\ . KÄ..; :«;^ .:..:>- :t • . ;..•..*.:: -».r.-.: : '>. :.y .:« ■' i-.: rirfcte T«! i& 3S2 (g. der
.«.:*•: &.;:'..w. .'.; - .:: ..kr .;».. ' ; .:: . ^- ns. :. T ■..: ..:::"".:r...i^ L:^i ssehr nur in form
. v^ l,. -iV k : v;^ »: - .-^fc'x jf j:': ■.*:.: j.- > -i: - >. T.:':-=:>?r. ij* amHaLungen bei
S.. i.:";,x.' ..,v ' *. ;. :;.:•-: ^ . !.: .. i.sy.:.: V..- jj^*-— £-2t ö«>e ei»«leiung'
Ä,.v.. ,dk; ...; N; •:..,. j, r: : ^^..-J^:,>. ov : -v^ t:..* r:vi: bfrrcqpebobeii wird.
.«i^■
\».i. '. >■. .» %fs \''i.'.^ :«.. ^.11.^ .' «; . \.-. 's.' . .■ >r <lt-i,«l«-'PI-TT T! . &. ISS. ISS. 155-
ÜBEH UÜLLEMHOrF V
113
■ dio cbarakteristischeD züge gerade in dem perikopeDSchnma keine vorlöge tiudeu,
dass die isthofischB Würdigung den begabten dichter überhaupt aas dem Tobinea
' solcbeo nauhalimiiDg herauxhebt. Aiif Waage „Kleine geüichte des XJ. und
L jatartiQoderts (Halle, Niemeyer. 1890) ist Steinmeyer hier wie Bjiäter nicht
] ausgäbe mag ihm bei der i-edaktion der poetisclieQ deokmäler noch
roi^legen haben. Sonst zeigt seine fassuag alle die formen, die Krauü,
I. a, XVII, s. 21 fgg. für Waags Ezzoliod nachtrügt,
Ana eben jener Strasaburger handsührift, die uns über Ezkos gesang i
bluss geboten bat, ist nun das Memento mori als XXX** in den kreis dei
DknUUer neu eingefügt worden, das von Scberer schon m der Ztsohr, f. d. a. XXIV
— HO eingehender Untersuchung unterworfen worden war. Sleinmeyar gelangt
r za mannigfachen Änderungen, die als Verbesserungen gelten müssen, während
dagegen in weit gehen. So möchte ich ^emo in 1 , 7 durchaus nicht mis-
) halte ich iu 6, 2 an is fest und lese in 14, 5 geUbeUt, wobei ich bei ih»
die zeit denke, die der mensch auf erden nicht mehr durchleben konle und die
i im jenseits tausendraltig erseht wird jin ditnehit da bex.%ir em tac ienne hier
fiuc, ttitt wärj.
' Summa thaologiae gegenüber ist der heransgeber zu konservativ goblie-
I er sich auub in 11, s. 220 gegen das ganxe künstliche strophengebHude
kerera ausspricht. Trotxdum aber linden wir bei ihm für das Studium des gedieh'
vielfiltige anregung und belebrung; lesuogeu siud verbessert und der ganze appa-
t ao^niltig verzeichnet. Beim Lob Salomonis kann ich den von Müllonhoff
'on Steinmeyer beibehaltenen ftthetea«n (vgl, I, C. 5, 8. 9, 2. 10, 2
. Tgl. anmerkungen hiezu) nicht beistimmen. Auch die episode 5'' lüast sitih
Btaltisch ans dem rahmen des ganzen nicht lösen.
Unter den übrigen poetischen denkmälem treten sonst nur noch solche her-
b denen Steinmeyer sich mit Waag auseinaadersezt. Seine äuBserungen bleiben
' auch gegenüber der iniwisohen erschienenen ausgäbe der kleinen deutschen
tfioUl« zu recht bestehen.
Wir haben nun den ganzen kreis der denkmäler durohniessou, aus prosn und
1, oitd können erst jezt das weite arbeJtsfeld einigennassen überblicken, auf dem
r heraosgeber tätig war. An zwei stücke nur hat er nicht gerührt; an die vorrede
illaDboffs und an Soherers nmaikalische exkiinic; für beide fSlle hat er seine zurüok-
; bändig begründet. Beide gehören auch weniger zu den teilen des werkea,
ea snstOBS an rüstigem fortschritt geben werden, den der herausgel«r als lohn
r rafiheiraltuDg erhoFt, Möge ihm auch in dieser form der dank nicht aos-
3. NO'
B. wtrNDBBUcn.
ichichte der deutschen titteratur von der ältesten zeit bis zur mitte des
elften Jahrhunderts. Von Johann KeUe. Berlin, W. Hertz, 1892. 435 s. 8 m.
Trotz der uuzahl bereits rorbnndener deutscher litte raturgescbichten konte man
ti gerade füi' die zeit bis znr mitte des elften Jahrhunderts noch immer eine dar-
üaag wünschen, die eine selbständige durchforscbung der quellen lehrreioh erken-
1 tiesae und doch klar und auch für leser nnserer zeit anziehend geschrieben wäre;
t alle litterarischen cinzolhoiten umfassend boTücksichtigte und doch, die innere
■ohicbt« des litterarischen lebens mit der äuasoren verknüpfend, den leaer auf
r, nnrtsciK piiiLOLOont. an. xxvi. o
114 ERDMANN
lir)horo gosiohtspookte stelto; die meinangen und resoltate anderer forscher gerecht
nhwögo und doch das eigene urteil des Verfassers ausspräche. Alle diese eigenschaf-
ton orschoinen in Keiles buche in so hohem grade vereint, wie wol noch in keiner
fHlhoron bohandlung der altdeutschen litteratur; und die harmonische Verbindung so
vorsohiodonartigor vonüge muss — zumal bei diesem gegenstände — in Deutschland
lux'h immer als oin besonderes verdienst gerühmt werden. Es gibt noch manche
gt«lohi*to« welche die nase rümpfen, wenn ein aus streng wissenschaftlichen quellen-
Studien her^*orgegangenos buch lesbar und anziehend geschrieben ist; und es gibt
niH'h nn^ht viele gebildete leser, welche fast in ohnmacht fallen, wenn ihnen genaue
oitato von quellenstellen oder reichliche verweise auf specialuntersachungen geboten
ti*enlen. Zur ausrottung dieser beiden einseitigkeiten erscheint mir Kdles litteratur-
geik'hiohte aehr geeignet Auch lachgenossen, welchen die durch lange jähre mit
unermüdlichem fleisso fortgeführten Specialforschungen Keiles auf dem gebiete der
ahd, spräche und philologie bekant sind, können die in diesem buche gebotene über-
sieht über das tum teil recht spröde gebiet mit freuden begrüssen.
Vergleichen wir — was durch den gegenständ, den voransgesezten leeerkreis
uml s««U>$t duri'h manche eigensohafton des Stiles nahe gelegt wird — Kefles buch
mit den entsprechenden ei^en kapiteln von Scherers litteraturgeschichte, so sehen
wir sunjk4ist« dassi dem von Scherer auf etwa 70 Seiten text und 4 Seiten anroer-
kun|^Hl behandelten Stoffe von Kelle 2S6 Seiten text und fast 150 Seiten anmerkon-
gen gx^widmet sind. Bot schon der weitere räum Kelle gelegenheit la bieiterer ent-
fiütuug und alseiti^T behandlung gegenüber der sprangiiaften und herronrngende
einielhein^n lu oharakteristisoher auswahl herausgreifenden darstellung Scherers, so
s^i^ SK'^ auch im einzelnen Keiles erörtemnj! ruhiger und objektiver. Wihiend
S^'hei^'r sehr hiiutii; moderne masssf^be an die persönli<^keitRi und litteiatnrdeDk-
m&ler jvHi^r zeit anle^' und auf die pc4iti>ohen und kulturiustoriscfaen verfailtnisse
geK>^^tttli^'^ eini^^ o^tstvv^Ile ^MteoMicke wirft, zeigt steh bei KcÜe das mnfiwsendc
Kr«livK>n^ die litteraturersohtHnuu^Hi innerhalb ihrer zeit zu verstellen und zu beur-
teilen uv\i :hnr enr«:ckluiu: im iusi=::r.eriiaci?» mit ier isnerm und iosseren deut-
:^*heo 1^tji».'hvh^^ viarsustv^Uei}. BiK^>oiers iiibahr*x4t iänd Kr Keile die anmerkun-
ä:e^- NoS^r« :!^hr xaKlrek^hen li::e7;uurft=cftKeQ t«e<efi <»e zur Usgiündung des m
^i•.\^^ xor^r^vrsen etse frii-o w.>rtl;:ii Ab^irt.^twr qs^-II-esstiellsB ans der latei-
Äi>o>.e;*. c^>5-^^-^' u:^i w^I^Ix-^r^ hnerarir v&^r r«t, 1» nocfe k in soldwra»-
Ä*^r;i?ii '•^^ >.:•:* r jv:r ur:r.::t*?VM?«: erli.Tifrirjc -irr -SfatM^en Kr;>i« ^■■■faofciwiW
^v>c*vTt^ ^^: X*;> <^^i.vc -^rnr iAs ^-xsisiT^ s*.-^:^- ---i gnopcTkfct^» tA€n des mit-
\i\ : S ^.v i>cs.->."r.:: •;.:<: N;:i-:r i*i: Ki'-ll^ fir i>? ^wcciÄte und wiüdigmig
V*-;>*:- •'v::-.?j: *:: jC-^t i^; t-rij-cn^s ^ä* ifcscicÄ j^Sfcj* :2. JMsr cfodie der
i:^^^'VL• :;:,•., N-.vc c--^- -iTif ;v^!Cir»;J.: **oi i.>f v;c. SLfuk T^v.'ucd ax r^rdnnng des
. I* ■ 9,
^•*;. .V.* * r'V'-ij'^vr* ir* zi^vrr.'^r'.i* ij6> 73 rv{:C"^r ^nairir,*«. fxsäst ^^g^^^n Die
, UTTKRITÜRQ
IIB
r SMilMatspreohcnd und auüb nur säkeinbar pxaktisoh; in wii'kliuhbeit erschwurte
I die Übersicht über die zn (Reicher zait vorkondenoa und anch durch sachliche
I persönliche beKiehangeD maanigfacli mit eioander verkaüpften litteraturdenkmSler
lemein. Daa hängen an dieser gowohnheit hat z. b. daza geführt, dass bei KhuJl
Siebte der altdeutschen dichtong. Graz IS8&) die Uerseburger zaiiberspi-äche
i auK^ das Trangeinmidslied vor Wnlflla zur besprecbung kommen; Ikbalicb bei
gel in Paula gniudriHS das Wessobrunner gebet erat hinter dem Lodwigaliede und
: hinter noch viel spateren Zeugnissen über biatorisehe Ueder. Keile dagegen
tat grundlage der eioteUung — wie ich es ähnlich in F. Zamcke's colleg übet
lantBche litteraturgeBchiohte gehört zu haben mich dankbar erinnere — die zeit-
ne der politischen geschichte. Er grenzt die acht bücher seine Werkes streng
1 deo regieningsjahren der herachergeaohleohter, später der einxelDen bedeutenden
r ah; selbst für den anfacg hat er in dem abfassungsjahre der Germania des
i und greifbares datom gewonnen. Selbstverständlich werden die
ten leitiüame bei zunehmender masse der erhaltenen litteraturdenkoiäler immer
ioer: Irrend buch I die zeit bis zur gnindung des Frankenreiohes (48Ö), buch II
■ fortent Wicklung bis auf Karl den Grossen (786) überschaut (mit bedeutungsvoll
r datetolluug bei Schilderung des Äraberbezwingers Karl Martell s. 49!), ist
t zeit Karls des Grossen, Ludwigs des Frommen, Ludwigs des Deutschen je ejo
li gewidmet flll — VI; ebenso je eines der zoit der leiten Karolinger 876 — 911,
r Bichsischen kaiser 919 — 1024 und selbst der !kurzen regionmg des Frauken Kon-
I n. (1024 — 1039), mit welcher Eelle das buch abschliesst, so dass Ezzo und
nicht mehr zur bebaodlang kommen. In diesen festen chronologischen
1 sind die litteratnrdenkmäler mit rücksicht auf den Charakter und die grup-
r, die sie in jedem zetti'auroe orkouoen lassen, und die ja durch algemein
I Verhältnisse wie dnrcb persönliche einwirkungen einzelner herscher sehr
I mitbestimt wurden, eingereiht und ja nach ihrer bedeutung mehr odoT
r ansfübrlicb besprochen. Bei bedeutenden werken bat Eelle die entstebung
1 der spüteren Verbreitung und fortwirkung gewissenhaft gesondert. So ist z. b.
s Persönlichkeit und leben im ersten. Inhalt nnd boschaffenheit der gotischen
fUundschriften dagegen ev9t im zweiten buche besprochen; Otfrid' hat seine baupt-
I fünften buche, aber die herstellung ier Freisinger handschrift wird als
Kitsiun« tatsache (wie auch das gebet des Sigihard) noch im seclisten buche
hnt; Notfceni eigene tütigkeit ist in buch VTL, da.s fortleben und die glossiemng
r arbeiten in buchYTU geschildert. Da Kelle (wie ich meine, mit gutem griin Je)
I nsicht ist, dasa die angäbe der Klage über eine lateinische aufzelchnung der
lui^Deage einen tatsächlichen kern enthält, so wird auch sie an die gehörige
» eingereiht als ein vorgang. dessen bedeutsame Wirkungen erst in der folgenden
B tn tage getreten sind, an die Kelle's leztes buch den leser nur durch andeu-
m des bevorstehenden um- und nufscbwunges binanführt
fi« der behandlung des einzelnen zeigt sich überall, dass der Verfasser die
hangen anderer bis auf die jüngste zeit herab gewissenhaft verfolgt und zu joder
Iker utBgeeprcchenen ansieht Stellung genommen hat. Ich hebe aus dem reichen
te des baches nur weniges zu ausführlicherer besprecbung heraus.
FQt den zweiten Merseburger Zauberspruch hat sich Kelle s. 66 ohne beden-
MB der erklirung F. EauSmanns, Beitr. XV, 307 fg. angeschlossen, deren lockungen
HO
d n«lllcti >ind i.
nnpl«'
116 ERDMANN
auoh Rtoininoyor in der neuen ausgäbe der Denkmäler nicht Töllig widerstanden hat
Mir int sie schon aus sprachlichen gründen (die sachliche seite will H. Gering dem-
ntichst ausführlicher beleuchten) unannehmbar. Der gen. sg. des Personalpronomens
nül>eu der gonotivform des eigennamens, wie er für v. 3^. 4^ {der Suim ihre a^we-
itter usw.) angenommen wird, ist für die ältere zeit ganz unerhört und durch kein
oinzigi^s ahd. oder altsächs. beispiel belegt Die Oramm. IV, 351. 957 gegebenen bei-
B|)iole sind aus viel späterer zeit, in welcher der possessive genetiv eine verdeot-
liohung durch hinzugefügtes Possessivpronomen vertragen konte. Der (ziun verbam
gi«h»rige) dativ neben stn, der in v. 2 (und bei Otfr. 1, 5, 36. 10, 20. 27, 42)
vorkomt, i«t etwas ganz anderes. Ich bleibe also bei der alten annähme, dass in
V. 8 und 4 des Merseburger Spruches je zwei göttinnennamen asyndetisch zosammen-
gestolt sind. Sehr ähnliche altnordische beispieie für ein solches asyndeton hat schon
J. Orimm Z. f. d. a. II, 188 angeführt; man kann auch vergleichen Heliand 18. 19
(WO freilich zwei paare von namcn, jedes unter sich durch endi verbunden, asyn-
dotisi'h neben einander stehen); oder Nibel. 9, 3 Oere und Eckewart , 4 VoUbSr van
Aheie, Vgl. auch Nib. 10, 1. 2. 210, 1. 2. 2218, 1. 2. 2308, 1. 2.
In den versen des ItVessobrunner gebetes sieht Kelle s. 77 fragmente
iweior in l^em verbreiteten gedichte, welche einen teil der Genesis dichterisch
U^handolten. Auch für den ersten abschnitt nimt er an (was, mit noch anderen fol-
gi«rung\Mi vorknüpft, schon AV. Wackemagel in dieser Zeitschrift 1, 295 ausgesprochen
hatK da$$ or im hin blick auf die Mosaische Schöpfungsgeschichte verfinst sei (s. 75;
vgl anmorkung $. 331). In der tat lässt sich dem berichte der bibel eine reihe von
ausdrücken entnehmen, die un^fähr zu den in dem deutsehen fragmente erwihnten
gegenständen [bissen (wobei p^reg der arida des lateinischen textes Genes. 1, 9 ent-
sprik'he und der mit tker mdreo seo beginnende, nicht vdstindig erhaltene satz
dun'h lieneüu l, JO veranUstst wäre). Aber diese reihe enthält doch nidit volstindig
alles in der i«enesis erwähnte, und die stark betonte und cfaarakteristtsdie scheidnng
der sei^hs sehepfüngstage ist in den erhaltenen versen des deutschen gedichtes gar nicht
nterklix'h. Ansprechend aber ist Keiles hinweis is. 76) daraof. dass der in den com*
nuiuaren eft citierte Spruch psalm. 102 (103). S miserator et miserioon dominus;
leuganimis et multum misehoer? die veranlassung zu den wofteo wamio wnUitio
s\%^ zweiten fn^rtueutes g\^^»ben haben kann: ebenso dass die erwihnniig der eooi-
iiMk<^ ^fri^tii damuf K^ruhen mag. dass die Schöpfung des himmels mit den engein
m vien erUutx'rutii^ni su l*encs. 1. 1. 2 stets erwähnt lu werden pflegte.
Im vi riete» buche »s. ^U fc^ wird mit recht die bedeatung der a«f
fHUtkts<*heti vcrUö?> beruhend;^ Mcnseeer fragmente ab gemeiosaBu
fUr iie «Lvtstlichcit b:!dua^tvc>cn.'bun^:en unter Karl dem groesen betont: die aDmkBe,
vUsdt l;^>ior UV..1 das Mitthiuseviis^aiim von demselben nbetsaetafr stammen, wird
aKh: >kxe mir s^^cbt ~ :»tt schb^nden gründen ao^ der sjntax abgewiesen
Vur Tat in w:ri s. II'- nur ait Ti?r}ieht die mogbchkect
wehicr.^r ttS.*r>eC5er iu.^?»Kvb»?c. Ich üfiÄC j^>c>t?hett. däBs» mir
Si-t^vvrs i» v.-;tt..'c «.aswis^-feef ^rs«.-2:ececeö swvi:^?q attsgab* *. LXXIfig^
lv>!.'"^'> .:•►..• •V*Uecr*,'iciieci r^-js^j-^a: ta dierser frage iewtMuwn m sein
Al»>»vK*i*\:T?j;vr», ^v .*;•,* i r^ ■:'r>*:*>v>?'P V.'r^-^c auca S?t einem Tiad
S."t \utatvivr arK'i: ^vi ^crkvcitt'.ec, *iad ^ir w»,2sseti ;a lucht« ia
ds't 5^. vjuVr ija'i>v,i^T*Ä ^twa l.TtvivjLrvc .'d^r vvrLufenB^n ^Behalten ksL Fir
jue uvvi> va»att<^r A.j;;^t»tehets^ie ^[^Nfawir durvhdüröetttug «ier st n tax dMcs daalaB^ wild
U) doD tax! KuniUihst als einen emheitlichen in*« äuge zu fassen haben; soltea sich
Ködere figentümlichkeiteo auf gewisas partion bcachränkea, so würde man auf dio-
<a naoliwiiise vorsichtig wuitor hauen köonoa. Dankenswert ist obuB frage die von
>v«rs in der iweiteo ausgäbe auch am oberen raode jeder seite angegebene unter-
• der TOrwiliiodeaen suhreib«. iucb in den gowohnheiten der accen-
MileraDg outuraeheiden sie sich setir bestirnt, wie msn bei Verfolgung der acoeute
t «rkeiit (angenoinmen , das» alle accenl« gleich bei der ersten nloderachrift und
sht etw» — was hei den tonaeoeoten der Otfridhandschriften V und P durohgäogig
r (all ist — erst bei der korrektur geseit sind). Beachtenswert eracheint mir nament-
fok, d«3S die acccnte im Tatian öfters auf sitliDn stebo, die offenbar gar nicht einen
tosonders starken ton erhalten selten, sundem bei denen nur vor olzu achwacher
totoDiug gawamt werden solle. Bo z. b. bei den »cceotea auf der zweiten silhe
1 dtagt 4, 7 (Schreiber n), Slag 105, 3 (Shreiber i)\ bei der accentuieruog der
nilbea ar-, int-, für-, for- (besonders bei Bohiviber $\ ohai-akteristisoh üfdrhaha-
w 21, 5, was der irrigen aaffassuDg als üfar-h. vorbeugen solle!); bei accen-
iu«nuig einin ondvokals vor folgendem vokale, um der elisioo vorzubeugen: sä <Uui-
in 22, 18 aebreiber ß; aucentuierung der personalpmnomina: iu 14, 23, 23, 18;
«mA U, 23. ir 23, 13. 28, 1 u.a.; xi m 107, 4. Mr 22, Q, bislhü 13, 19. 21,
. 3B, 1; Süulh 106, 7, ii iü 107, 3 (scbrciber J), wo die aoceote gleiche Wirkung
I hoben aoheinen, wie die phonetischen schreiberacoeute der Utfridbandsohrifton;
lltwt acceotuieniDg ganz schwacher llexionssilbon , die nur nicht ganz verschluckt
rerden selten: Andreasia inti Pelruses 17, 1; Ztbeiiom iro fater 10, 3, alles bei
ikreiber ß. Eine eingebende Untersuchung der accentuation ini Tatian kann vielleicht
li manobea zur nubtigen auffnasung auch der Otfridischcn accento beitragen; hier
it es mir namentlich anf den obeu schon ansgesprocheuen satz an, der für manuhe
a der Otfridhandschriften ebenfals seine geltung bat, was ich schon bd, XI, 100
r xoitscbrid mit den wortea andeutete: ein schwanken konts darüber statfinden,
reiche anter den vier t,DQsilbea des (kurz-) verses der bezeichnnng durch einen
Koent entweder am würdigsten oder am bedärftigsten seien; und was jeit anch
fc. Honeler in seiner Scharfsinn igen schrift zur geschichte der altdeutschen verskunst
, 17. 18 aoerkant bat.
a welchem mich die lezten bemerknngen schon hinüber-
voa den hier meist nur kurz auf die litteratur verwei-
10 150 — 174 gewidmet. Auch hier ist die unparteilioh-
I, mit wcldier dar Verfasser nach eigenen langjfihrigen
n Studien bi^reit gewesen iKt, die arbeiten jüngerer und jüngster for-
Ku würdigen und auf giuud aller vorarbeiten ein gesamtbild von Otfrid
Üeni werke Otfrids, a
inteten, hat Kelle (abgesehen
nndoD Biunerkungen) die tieiti
^t uDil Sorgfalt anzuerkcnnei
tnöhe vollen
r olgekliv
fiainer litterahsehe» bedeutung herzustellen. Dass unter den „viri probatiss.
liutb. 6), welche einmal von unanständigem laiengesange geärgert in Otfrid den
iCbloM zur abfnseuug seines Werkes weckten, uamentlieh Hrabanus aelbst gemeint
wird B. 152 und anm. s. 368 fg. nahe gelegt. Die von mir aufgestelte unter-
ddung der Schreiber der Otfridbandschrirteu V und P erkent Kelle im wesent-
ai an. Die personliche tdentifioierung einig«r aebreiber von T mit bestirnten im
iaSfinbnch der Wei&senburger Schenkungsurkunden vorkommenden bänden (s, 159)
1 lioGh wol über einen gewissen grod von wahrscbeinltohkeit nicht zu erbe-
. win; ^r auch wenn keine ideotititt der schreibenden Individuen vorhanden
I mite, so ist schon die Übereinstimmung im Charakter der Schreibart und der
in (vgl. Keiles Ütfridansgabe 11, s.XXIX fg. XXXIV) eine mächtige stütze
118 BBDMANH
der ans vielen gründen naheliegenden annähme, dass Y und ebenso anch D und P
ans Weissen borg, und zwar noch aus der zeit und der unmittelbaren Umgebung des
Verfassers selbst stammen.
Für die kentnis von Otfrids quellen hat niemand so viel geleistat als Kelle
selbst, der schon im ersten teile seiner ausgäbe (1856) feststelte, dass Otfrid sich bei
der erläuterung auf gelehrte theologische erläuterungen der evangelien gestüzt bat,
und zugleich viele stellen nachwies, zu denen Otfrids werte mehr oder weniger genau
stimmen. Aber in welcher gestalt oder Zusammenstellung Otfrid seine quellen vor
äugen gehabt hat, das hat bei der vielfachen Übereinstimmung der verschiedenen
commentare und homilien unter einander mit voller Sicherheit bisher nioht festgestelt
werden können. Eine gelegentliche benutzung vieler verschiedenen hil&mittel ist
ja bei der langen zeit, über dio wir uns Otftids arbeit verteilt denken müssen, immer-
hin möglich; aber bei der Schwierigkeit, welche die erlangung und benutzung von
handschriften zumal in jener zeit gehabt haben muss, behält doch die von Laohmann
auigestelte annähme grosse Wahrscheinlichkeit, dass wenn nicht alle, so doch min-
destens viele erläuterungen Otfrids aus einem gemeinsamen, dem dichter in com-
pendiöser form vorliegenden grundstock lateinischer bibelerklärungen stammen. Dr.
Loeck, der auf den (auch von Kelle s. 61 bei anderer gelegenheit erwähnten) homi-
liarius des Paulus Diaconus aufmerksam machte, muste selbst zugeben, dass nicht
für alle erläuterungen Otfrids sich eine entsprechende vorläge dort findet; wol aber
hat er dies für eine erhebliche anzahl nachgewiesen, und zwar sind darunter
nicht wenige, die in einer so genau zu Otfrids werten stimmenden fassung noch in
keiner anderen lateinischen quelle nachgewiesen waren*. Mit einer möglichst umte-
senden samlung solcher nachweise müssen wir uns begnügen, auch wenn wir die
mit Otfrids werten übereinstimmenden vorlagen nicht mehr an einer stelle vereinigt
nachweisen können*. Die stelle V, 14, 25 — 29 beweist nach meiner meinung nicht
notwendig unmittelbares Studium des Gregorius und Augustinus; vielmehr kann Otfrid
sehr wol eine erläuterung oder eine homilio vor äugen gehabt haben, in der bereits
auf diese beiden gewährsniänner verwiesen war.
An Otfnds stil tadelt Kelle s. 170 die „uns verstimmende Weitschweifigkeit
und Steifheit '^f dio er auf ausdrucksweisen und formein des volkstümlichen Stiles
beruhend sich versteif. Ich glaube, man muss unterscheiden: 1) erläuternde wider-
holungen, die durch die lehrhafte absieht und vielleicht durch die gewohnbeit des
lehrvortrages veranlasst wurden; 2) parallelismus des ausdrucks, der auf erinnerung
1) Ich habe das zwar schon in dieser ztschr. XXm, 474 ausgesprochen, setze
aber gegenüber der etwas kurz abweisenden bemerkung Keiles auf s. 155 einige sol-
cher stellen her. 0. III, 20, 139 oba thu seowost tha^ muat, thatme nM tha^
u:ort guaty tcafUa udntun harto thesy tha^ sie mo bätin tibiles = si enim cor
eorum intuearis, maledictum est, quia hoc maledicentis affectu protnlerunt (Loeck
s. 21). IV, 5, 21 er (iher oliherg) xeinot höht in tcdra thera stnera ginäda =
mons oliveti sublimitatem doroinicae pietatis ac misericordiae designat (Loeck s. 26).
lY, 5, 43 sie tcurfun nidar äna icank iro selöno gifang, thes lichamen bnui ^
Corpora sua, animarum videHcct tegumenta, pro domino dabant (Loeck s. 27). Y, 4,
39 wio mag tcesan thaz io söf (ha^ unser iueh egisö? ja birun tcir in wära iu
eigette gibitra = cur pertimescetis, quae vestros concives videtis? (Loeok s. 31).
Ich wundere mich, dass für die beiden ersten dieser stellen nicht auch Marold A. t
d. a. XYn, 117 eine beweisende Übereinstimmung anerkant hat.
2) Zu einem ähnlichen resultate gelangt ja auch die neueste erörtemng der
Heliandquellen durch M. H. Jellinek, Ztschr. f. d. a. 36, 162—167.
ÜBER KBUiE, UTTERATUBOESCmCHTE 119
an bibelstellen, namentlich psalmverse, zurückgeht; erst nach berücksichtigang dieser
motive kann man 3) denken an einfluss des altgermanischen epischen stiles (vgl.
diese Zeitschrift XX, 380). Das ästhetische urteil über diese dinge wird immer ein
subjektives bleiben; ich finde, dass Otfrid von der widerholung und Variation der
ausdrucke oft auch recht angemessenen gebrauch gemacht hat und bezweifle, dass die
stellen sehr zahlreich sind, die lesem des 9. Jahrhunderts duix)h „fiickworte'^ oder
^nichtssagende einschiebungen*^ anstoss geboten haben mögen.
Die eingehende Würdigung Notkers im VII. buche (s. 232 — 263, mit reichen
amnerkungen s. 393 — 408; der berühmte brief an Hugo bischof von Sitten, der nach-
ruf Eckehards und viele speciellen nachweise sind dort wörtlich abgedruckt) gibt die
resultate der zahlreichen monographien Keiles (s. diese zeitschiift XXIII, 380) und
gewint aus ihnen ein Charakterbild des nach vielen Seiten hin bedeutenden mannes.
£s ist ein bleibendes verdienst Keiles, die individuelle Wirksamkeit Notkers erkant
und ihre Zersplitterung in die einer „übersetzerschule'' siegreich zurückgewiesen zu
haben.
Weiter auf einzelheiten einzugehen muss ich mir hier versagen. Wenn ich
aber zum Schlüsse dem buche Keiles noch einen wünsch mitgeben darf, so ist es der,
dass sein reicher, klar und ti*efiich dai'gestelter inhalt auch solchen kreisen bekant
werden möchte, die sich oft mit ganz seichten und oberflächlichen darstellungen
unserer alten litteratur abspeisen lassen. Auch zur Vorbereitung des lehrers für den
littcraturgeschichtlichen untemcht ist dieses buch wie keine andere bisher erschie-
nene altdeutsche litteraturgeschichte geeignet; und für das eigene quellenstudium, das
ja durch kein handbuch überflüssig gemacht werden kann, bietet es anregung und
umfassende nachweise der litteratur und der durch fiühere Untersuchungen festgestel-
ten tatsachen.
Für jezt hat Kelle beim ablauf der althochdeutschen zeit halt gemacht; das
buch tritt in sich abgeschlossen auf, nicht als „erster teil" einer deutschen littera-
turgeschichte. Doch deutet manches in der anläge, namentlich auch der schluss
des lezten buches, auf die absieht einer fortführung hin; in der tat wäre es höchst
erfreulich, wenn Kelle auch den folgenden perioden der deutschen litteratur eine
ebenso gründliche und durchsichtige bearbeitung zu teil werden lassen weite.
URL. 0. ERDMANN.
Die Wappen, helmzicrden und Standarten der grossen Heidelberger lie-
derhandschrift, herausgegeben von Karl Zangemeister. Görlitz (kunstver-
lag von C. A. Starke) und Heidelberg (A. Siebort). 1892. XU und 28 s. mit
62 tafeln. 100 m.
unsere mittelalterliche litteraturforschung ist es fast schon gewohnt, nicht nur
hülfsmittel, sondern auch anregungen und fingerzeige von der bildenden kunst zu
erwarten; so kann es uns nicht überraschen, wenn ein work, das unsere forschungen
auf dem gebiete der älteren lyrik kräftig fördern wird, aus einem kunstverlage
stamt Auf reproduktion war hier zunächst der blick gerichtet. Der heraldik solte
ein neues hilfsmittel entstehen, und gleichsam als zugäbe nur hat sich eine metho-
dologische beroicherung unserer Wissenschaft daraus entwickelt. Denn in der tat —
so bescheiden auch der herausgebor selbst seine eigene tätigkcit an diesem werke
beurteilt, so knapp die textbeilagen zu den tafeln gehalten sind, so hat er doch ver-
120 WUKIKSI.tOH
standen, eindringlich die faedeutung des bilder- und wappensclimucl'es der Heidelber-
ger liedurhandsvhrift liervorzuheben and immer wider dem lemr das EiigeständDis abin-
ringen, dasa neben dem handsobrifüiclion apparat« auch bilder ihre Bpracho rMlen.
und auf diesen ptmlft möchte Mi in der bearteilung des ganzen wei'kcs d»s haupt-
gewicht legen; er ist wol für uns germanisten der entscheidende. Wir lernen hier
die handschrift G von einer neuen seite kennen. Bilder und wappen eröfiien nns
einen bliok in die ai-t, wie das mittolalter litterathistorische Studien trieb. Wir stei-
nen, welch eine gioase lalil vou wappen. die hier oft recht entlegenen diebteni bei-
gelegt werden, sich nun auf grund heraldiscber rorNcliungea als völlig gesioheti
erweisen. Und weon wir dann weiter sehen, dass auch da, wo die sammler auf
falscher ßhrte betroffen werden, meist ein gleichnamiges benaebbartes geschlecht
es war, da; den ferner abhegeudou dichter in den hintergmnd drängte — so wann
an stelle des Penis von Neuenbürg an einer zeit, wo in Neuenbürg nur CnuiiÖsisDh
gesprochen worde, die Vorarlberger Neneuhnrg traten; übnüch vielleicht bei Rtidt^
von Rotenburg (s. 5) u. a. ^, so werden wir solche iitümer dooh nicht gleich als
xeugnisse für nach Lässigkeit und oberllächlichkeit verwerten, sondern auch in ihnen
die apuren eines ehrlichen, wenn auch nicht iniinor erfolgreichen strebeus erblicken.
Und geinde anf dem gebiete der alleren lyrik haben wir allen grond, mit dem mteS
etwas zurück zu baltan, da noch heutzutage trotz so reich entwickelter tülfemittd
die geographischen Stützpunkte bodenUicb scbwanken und die forscher immer wider
neigung zeigen, die dichter, mit denen sie sich beschäftigen, in ihrer eigenen nlhe
zu lokalisieren. Aus solohea erwägungen heraus werden wir nicht umhin können, den
Wappen überhaupt mehr eiufluss auf die litterarhistoriscbe ferschnng zuzngestpJieo,
die gesicherten wappon als zengen za verwerten und die ungesicherten docli weoig-
stecs mit auf die recbnung zu setzen; se beim bmder Weraher (s. 21), bei Günther
von dem Vorste (s.20) u. a.
Was uuu Zangemeieters text im einzelnen betritt, so ist uns der Heidelberger
oberbihliothek&r auf diesem gebiete liein fremder mehr. Verdanken wir ihm ja dtidi
die überzeugenden Untersuchungen über die alte zugeböiigkeit der baadsohrift C in
Heidelberg. Eier bietet er uns, dia wir gerade fiir den minnesong in den einsclilä-
gigeu sammolansgaben verlilssliche litteratumotizen so sehr vermissea, nachweise für
die litteratur zu den einKelnen dichtem, die er behandelt, und verspricht ansserdeun
auf der Heidelberger bibliothek einen sammolpimkt für die ganze litteratar über des
minnosang zu schaffen. Ein dankenswertes untemehmen gerade für dieses geUet,
wo die einzelnen arbeiten auch über das der geschicbte, der heroldik und der bil-
denden kunst hin zerstreut liegen.
Die Ittteraturaugaben, die Zangemeistor im taite zusammenstelt, müssen natäi-
lich diejenigen dichter übergeben, für die kein wappen vorliegt: Hausen, Winabokin^
KUngsor (Sängerkrieg), Werbenwag, Nllhart, Schulmeister von Esslingen, den juDgexi
Ueissoer, Obemdorf, Rudolf den Schreiber, Oottfried von Slrassburg, Konrad toS
WüKbnrg, Cbüuze von Rosonhein, Hubin vou Rüdeger, den Kol von Nüssen, Slg^
her, den wilden Alexander, Eumslant, Spervogel, den Kanzler; ansserdem die ili ■ 1
die nicht einmal ein bild erhalten hAben: Walther von Breisach, den alten
nnd den Gast. Es fehlen also bekante und unbekante dichter, Persönlichkeiten,
in scharfen umrissen in unserer litte ratnrgeschicbte vorzeicbnat stehen, und
die nur als Überschrift über einer gnippe von gedichton prangen.
Aber auch dieses monient weiss Zaogemeister in seine beweisführung
flechten; so i. b. wenn er an die t&taaohe, dass im bilde zu Nitfaart und tu W~
121
mmig die uinrisHO einee wappen Schildes schon angedeutet \Taren^ die vermutong
i6pn, die aamler haben den schild nnr deslialb Dicht aosgefölt, «eil ihre foi'schm]-
o noch oiuht «um abdoblusse gekommen wareo.
761111 hier die aufgnbe, die dem heransgeher geetelt war, einschrüntangen
idereoi gesichtspunkte auB als lücbea ooipfindeu, bo hStte
lem aailerea bpdürbiis, das sit^h uns aufdi-ätigt, vielleicht abgeholfen werden Itönnen,
Dgemeisler vorxicblot grundrätzlidi daraur, die in den grossen sammelsusguben
ühon ^'orzeiohnote littemtur noch einmal vorzufahren; er will nur ergünxucgen
sben. Dies wsr einerseits nicht immer durchführbar, denn in prindpiell nichtigen
itOD tDiiBto doch eine ausnähme gemacht werden; andererseitü erschwert dieser
idaatz die übersieht, da er uns nötigt, doch immer wider ans den verschiedene n
ßii<itt zusamnienKutragen , was um so störender ist, als diese aammeUusgaben,
n ,Des minnesangs frilhling", mit ausserordentlicher wiltür die littoratur bald
D^beo, bald verschweigen. Es gehört schon eine Intime Icentnis dieser ausgaben
voruborein zu wissen, in welcher von ihnen wir für den einen und
011 andern dichter belehning finden; und ebenso sind die nachtrüge bei ZangotnoiHter
In gnulniesser nicht bloss für die beaohtnng, die einzelne dichter in neuerer seit
gefunden, soodem auch für die subwankungea, in denen sich die bibliograpbiscbe
rene fi-ühercr heniusget«r bewegte. Dazu kommen noch andere misliobkoiteo ; grnud'
Bgende arbeiten konten bei den dichtem, denen sie in erster linie zugewant sind,
jcht citiert werden, weil sie hier natürlioh auch in den Sammelausgaben seltener
rillen. Wenn es nun auch verdienstlich war, sie wenigstens an neben punkten . die
gelegentlich streifen, hervorioheben, so ist es doch im gründe mislich, wenn
icher^rs Deutsche Studien in solch einem werke unter Friedrich dam knecht
20) citiert werden.
Doch das sind nobensOchlichkeiten, auf denen lAnger zu verweilen kleinlich
und undankbar n-äie. Der angeführten litteratur wüste ich wenig nachzutragen und
möchte nur, um der aufforderung Zangemeisleis zu entsprechen (s. VUl), zu Morun-
;eD auf PBr. üeitr. XII, 431 fgg. und die kecke dissertatiou von Schütze, Kiel 1890
■gl. Am. f- d. a. XVn. 8. 301), zu Fenia auf Bartsch, Ztschr- f. d. a. XI, 145 fgg.
uweisen. Bei Bligger von Steinacb hätte wol, älinlich wie oa bei Veldeoke geschah,
uf den epiker mit verwiesen werden können; bei Walther vermisste ich eine wür-
treflicben buches von Schönbach (Dresden 1890); für den „Nüno- (a. 30)
fSm beaser iiber Burdach hinweg auf Scherer zurückgegangen wcixlen. Endlich sei
ST noch auf die seit erscheinen dieses werkea von Grimino (Qermauia XXXYIl
154 fgg.) gegebenen neuen nachweisungen verwiesen, die für Wachsmut von
LÜnzingen and den Dürner neue resultate erzielen.
Die benÜtzung itnJ Wertung der einschlägigen litteratur verrät glGcklicben takt
ein gesundes urteil. Dass über einzelne punkte sich trotzdem streiten liesse, ist
lieh; doch wird man im rahmen dieser besprechung nicht erwarten, die einzol-
liten nun alle aufgerolt zu sehen. Nnr zur Kürenbergfrage möchte ich das
edihfiUa einer entschiedenen stellnngnahme betonen w'e 'ob auch den namen Strnadt
[vgl. diese ztschr. 23, 36!] nicht so im Vordergründe dann aber im zusammenhange
h {Zur kritik des Kümbergors. Unz 188J) ge i nscUt hätte. Wenn endlich
B der beurteitung der handschriften fs. XI} von e ne häufig besseren älteren
tncto* in B die rede ist, so wäie ee nicht u nteressant gewesen, hervorzuheben,
C vor allem von B abweiclit Demi die emucl e n C den text zu glUten,
122 VOGT
die reime reiner zu gestalten, gehören doch auch zu den littarariustoriBohen bestre-
bungen der samler von C und stehen in gewisser parallele zu ihren heraldischen fur-
sohungoD.
Unter den vielen neuen ergebnissen, die uns Zangemeister in der form v(m
anspruchslosen notizen bietet — so die bemerkungen zum Puller s. 16, zu Hawait
s. 20« zu lladlaub s. 22, die wamung vor den manuscripten des Nie. Müller über
Fniuenlob s. 23 — ist vor allem die beurteilung des Berliner bruchstucks Ca hervor-
zuheben, das Zangemeister s. XI um ein Jahrhundert spiter ansezt, als es bei t. d.
Hagen und in MSF. geschehen ist
HODILRERO. H. WUHDESUCH.
Oarel von dem blüenden tal. Ein höfischer roman aus dem Artnssagenkreise
von dem Pleier mit den fresken des Garelsaales auf Runkel&tein herausgegeben
von dr. M. Walz. XVI und 346 s. Freiburg L B., Wagnersdie universitits-
buchhandlung. 1892. S m.
Längst war man sich darüber einig, dass eine voLständige ausgäbe von des
Pleieis Garel wünschenswert sei; für die Verwirklichung dieses Wunsches gebührt Walz
besonders insofern dank, als er genug uneigennützigkeit. genug interesse und liebe
zur Sache gehabt hat, um einen gefällig ausgestatteten, mit nachbildungen der Runkel-
Steiner Garel- fresken geschmückton druck dieses mehr denn 21000 veise umfassen-
den gediohtes ganz auf eigene kosten zu veranstalten. Nicht nur duirh den umfang,
sonilem aucii dua^h die art der ausführung. der Pauls beistand zu gute kam, bedeu-
tet dit>s<^ ausgäbe einen fonsdirin gegenüber der nnzuUngÜcheo probe, welche Walz
vv^m Oart^I bereits im jähre ISSl im prv^r&mm des akademisdien gymnasiums zu
Wien gegelvn hatte. Trotzdem gibt doch auch sie noch anlass zu mancherlei aus-
Stollungen,
Ob es angezeiiTt w«r, die handschriftliche Überlieferung , in die mittelhoch-
douts^^he spnii^be zurückzuübersetzen*' — darüber mag man streiten. Sicher ist dies
Dormalte^iorte mittt•lh^vhdeuts^^h von der spräche des dichters weiter entfenit als der
dialckt der Moniiior har.dsi^hrift (M*. AK-'r in M liegt nur etwa der fünfte teil des
o\i)cbti^ vor, und >•> mixhto es mislioh s^^eiDeü. im anschluss an die keineswegs
kon><\^nor.te s^^hreilAw is» djosi>r bruohstüv^ke die orthogn^ilüe aach für die nur in
der juno^nr. hanasil»nf\ 1. orhal tonen panion zu lies3immen. Zodem hat uns Walz
über du' Ijkuthohen o-(t:ontüm]u^hkc:;on dor liridoji handsehnften durch die übersieht
auf N IX f«::c. 7ur oNiv.ct* untoirivhtii, Frt^ili^h löeioi auch sein text durchaus keine
pir,7 ^uMohnltssii; n-cuhorto Sv-hivii»unir, und xrenn er bei dessen YiichtigstBllQng*
»dor iv.lid. irrar.im.'i::k folgte, s: cürfio mxv. Liv^hi formen wie prit tdi begeg-
i)on. .IwrNfA^s I.Ä;to K-; dor ;rtVt"^r.ui«orstor.uni; der abweädKiiden lesarten d«
N^jdon hAr :s.\r.!^. n a\\* >. \\\ si^.c i^* :T.'i*I;s;t rang ntterlJeibon müssen; so wird
omo \AnAnto, a;o \ >un hthtr l.ioTiT, d:Tt it/.v ccÄ>lihoi*n. während sie tatsich-
hi^h Krf lAutot. W !v V.tici T :>;. /:ass W'al;. t^ canz nctorlassen hat. ans dieser
\oi>:louhuuv «VI iM^don „i'orhofir,;: on '«>*t ^t^«'* hostiEte grundsitie für die taxt-
\'nd auih s,^i)st ist iiu\A Aitr> ces .^r^^or, was cain dienen kcote, der kiitik
omo Njoho^v ii.;n.ilA»ro m^d r..riv. i« s^^affts. V.> n-T >a r.ur na loben, dttss der har-
aus):oM dio >ri>:o o.in> Tlrjoi i\uh\ riari. dor. v:yo>.. Ijk'^limazinMher aetrik nreclit-
ÜBEB CAREL ED. Wi.LZ 123
geechuitten hat; aber er hatte dch klar stellen müssen, wie weit sie von dieBen
abweichen. ,Aus tnetrischea gründen im t«xte niclits oder do«h diu- ganz unwesent-
liches za ändeni uud in dieser beziohuug Bozusngoo einen diplomiitischen abdrtick zu
geben" (s. XV), ist doch prinzipiell nicht richtig, wenn man in anderer heztohung
keinen diplainatisdi«D aMniok, soadeni eine kritische ausgäbe zu lii^rem boabsichtiet
SoUen wir die autorität der an fohlern doch eoust nicht armen handuchrift eo liouh
Hlellen, dasa wir ihr zu liebe z. h. atmehmeD, der dichter habe die beiden verEe,
welche in ihr lauten ir schelten er ir vergalt \ also dax si sifi höhen schaden geiean,
wirklieh so gebaut und nicht vielmebj- aisd vor uergalt geaeat? Die metrischen
bemerkua^n auf s. 306 fg. sind sehr dankenswert; wenn der verfosser nur auf dieaer
haha weitergegangen wäre! Warum wird z, b. bei einem diohter, der doeh zweifel-
los da, wo er die freie wab! zwischen einsilbiger und zweisilbiger Senkung bat, die
einsilbige vorzieht, das feminine -inne als zweisilbige Senkung einer handschrift zu
liebe anganomntoo, aus der doch eben dies -inne 2985 des reiniea wegen in -I»
emeodicrt wird? Und worum wird in oinom versQ wie 58&1 roft keiner »Iahte man
das keine unangetastet gelassen, da doch featgestelt ist (1954 anm.), dass eben die
bandschrift, die alleia diesen vers überliefert, deliein io it«i>t ändert? Okubt der
Verfasser, daaa derartige unregeloiüasigkeiten beim Fleier doch zu häufig uud zu gut
bezeugt seien, als dass es gestattet sei, selbst in f£llon wie den angeführten die Über-
lieferung einer einzelnen hand-schrift anzutasten? Er hätte durch Zusammenstellungen
dem leser eiu urteil darüber ermöglichen aotlen; iidi meinerseits habe Jenen eindruok
nicht gewonnen. Statt einer Bpeciellen daretelluug der meüik des Fleiers den leser
auf ,die nunmehr gedruckten 52000 verse gleichen metrums* zu verweisen, ist doch
etwas hart!
Dass die vergleichung der vom Fleier benazten älteren dichter, insbesondere
Hartmannti und Wolframs, schon für die textkonstruktion von bedentung sei, hatte
bereits Hech in seiner recenaion von Walz' erwühntem prngramm (Litteraturhl. 1662
sp. II fg.| bemerkt. Aber auch in der vorliegenden ausgäbe ist den zahllosen ent-
Inbaungeu Und reminiscenzen dieses epigonen keine aufmerluamkeit zugewant. Nicht
einmal die bedeutung solcher nachweise für die litteraturgeschichto scheint der ver-
bsaei' zu würdigen, wenn ich die etwas unklar gcrasste anmurkung zu ]4li58 fg. lich-
lig verstehe. So ist es ihm augenscheinlich aucli entgangen, dass man auf grunU
vieler übereinstinimungan zniachen den gedichtcn des Heiere und dem von Uai und
BeafloT uniierem poeten auch dies epos zugescbneben liat. Wenigstens wird die dis-
rartatioD von 0. Wächter (Jena 1889), in der s. 61 —76 diesen uachwoiscn und eritr-
terangeu gewidmet sind, nirgend auch nur erwähnt. Dos gleiche srthicksal teilt auch
die eben genante reccnsioa von Walz' früherer arbeit durch Berli, trotzdem äe
Bunohe wichtigen textbesserungen enthält, mit denen jezt (ich weiss nicht ob durch
luabb&ngiges zusammen treffen) der text der vorliegenden ausgäbe mehrfacli öberein-
ttimt Erwilhnt wiM von anderen hesprechungen jener sohrifc Stciiimajer (andeivwn
ligariort der name als Steinmayer) im Gutlioger gel. Anzeiger (!) ond R. M. Wer-
aa- im Litt, centralblatt 1883. Werners reoeusion steht aber im Anzeiger
für deutsches altertum; im litL centralblatt ist nur eine ganz kurze anonyme
uieige, die zweifellos nicht von Werner herrührt, im jähre 1662 eracbieneol
Hoffentlich sind lext und lessrteo zuverlässiger, ab des Verfassers angaben über
die seine eigene arbeit betreSende iitteiiitur. Fehlerfrei sind die Tariautenangsbon
^Bte allen um.^tändeu nicht. Ver« 872 müsto nach seito 211 in L lauten und
BMT tto d«m lifimm Aringe», in M und fitrrr dar wo, heime dringen;
124 VOGT
nach den auf seite XIY nebeneinandergcstelten lesaiten der beiden handschriften
steht dagegen in L nicht <iem sondern den und in M nicht dringen aoodem sprin-
gen. — Vers 16081 steht nach seite 229 si herhergien in L, si kenemrgten in M;
nach 8. XIV dagegen si beherbergten in L, er beherbergte in IL — Y. 15875
fürt M, streit L nach s. 224; dagegen fürt L, strU M nach 8. XIY. — Y. 17218
liest M nach s. XIV erliten st. vermiten; s. 244 fehlt diese Variante. — Y. 16108
steht nach s. 230 in M undeutlich vnt haixet, nach s. XIV laxei, — Y. 15496 liest
M reit st streit nach s. XIY; diese Variante fehlt s. 218. Ebenso verbllt es sich
mit nider M st töter V. 15426 nach s. XIV und s. 217. — Die auf 8. XIY in
y. 4598. 5067. 14690 angegebenen lesarten müssen sich auf andere veise beziehen. —
6568 hat M holte nach s. 92, holde nach s. XIV, 16254 miniv nach 8. 232, mlfMr
nach s. XIV. — 37 stellen werden im ganzen auf s. XIV angeführt; ihre vergloiohung
mit dem text und dem variantenverzeichnis ergab 14 unrichtige angaben! Y. 1815
lautet nach Walz' programm daa man dax hamasch ronme enphie. Werners sonst
sehr einträgliche nachcollation (A. f. d. a. 9, 263 fg.) hat für diesen vers keine berich-
tigung ergeben; nach der volständigen ausgäbe lautet er dagegen dax harn€ueh num
ron im enpfie Ich weiss nicht, auf welcher seite hier der fehler liegt, kann auch
sonst ohne heranzieh ung der handschriften selbst nicht entscheiden, wie weit man
sich auf des herausgebers angaben über ihren Wortlaut verlassen kann; das aber darf
man schon auf grund der angeführten fälle, in denen der herausgeber selbst ans in
den stand gesezt hat ihn zu controlieren , sicherlich behaupten, dass es mit sehr wnn-
deriichen dingen zugehen müste, wenn sein Variantenapparat im übrigen keine erheb-
lichen ungenauigkeiten enthalten solle.
Im text sind mir folgende besserungsbedürftige stellen aufgestossen: 493 fntn-
der gelieh als umb ein här lies nifuier; im mhd. steht doch als nicht nach dem
comparativ. 521 hätte das fragend unter die Varianten gesezte wert dreist in den
text gesezt werden sollen. — 817 der icirt tugent nie vergaxy den rittet fuori er
fiirbax; vor tugent mit dem herausgeber der einzusetzen ist ganz nnnütig. — 1083
des bit ich got durch tugent, lies sine t. — 1162 Die Schilderung des eindrocket,
welchen Gareis rede einerseits auf den hausherrn, andrerseits auf die ritter macht,
darf nicht durch einen absatz auseinandergerissen werden. — 2690 sin lani und mtnes
stniger lant scheidet in u^n dirre tralt, 1. niu^n st. tu trau. — 5419 die in dax
lant durch prise ritcn, 1. pris c. — 5563 ich wil dich haben (hdsohr. hawen) aU
einen diep. 1. hdhcn. — 0836 1. des st daz. — 9041 die wvUen minner (hs. mein*)
truric wescn: das mein* ist vielmehr ein sehr einfacher lese- oder Schreibfehler st
niemrr. — 9070 1. ///> st. liep. — 9933 der künec der (=r solcher) koste sieh bessae;
man gab in ... 1. komma st. Semikolon. — 11129 dax ich muox immer mSr s9n
gelästert und geufteref, min rreud mir leit rerseret; L mit st mir. — 11157 moss
doch dti vor die ei*gjinzt werden. — Hinter 11771 ist ein punkt zu setzen, hinter dem
fo1)^mdon vorso ist das somikolon zu streichen: der alte und der junge sind als vor-
angestolto und dann mit die 11774 wider aufgenommene nominaiive zu fassen, wie sie
der herausp^lw 19010 anm. bespricht Vgl. Willehalm 199, 19. — 11979 uür hel-
fen noch enhelfcn (hs. enchelfen) im: \\ns enchelfen ist vielmehr versohiiebon, oder
wol nur vom hornusgelvr vorlesen statt cnthelfen: über die formel geben Orino
und liOxer unter cnthelfen dio uöti^n nachweise. — Hinter 12503 L komma it
punkt: hinter 12504 ist das komma zu streichen. — 13634 L mit Jider st daxlL^
13889 die den (nii/cft t mögen, die kundett nicht genuogen, swax 9% der riikr tatkis
nider. In der handsohrift steht ganz richtig der singolar ckwnde. — 15099
«den batulsohriflen ebenso richtig vou Oarel and den Minen gesagt, duss sie sich
I kämpfe »fre leidelen; wns dns stntl desaen utit^ dem texte vermutete lidelen sein
0, wetffl ich nicht — HiDt<>r 1&457 I. komma st, punlit. ~ 1T6U1 1, wUtt st wüet- —
'702 und 18S34 breucbta das üWrlieferte unrgr*agluibm nidit su unvenagellieihen
^bitt m werden. — 17836 1. sin n-üe st, »ine reis (dnuitfahler). — 17832 ipA
n» vol. da* du märe hätl \ ha\x*8 gein dem biiicrman, \ (der fuore ieh dir niht
\gan) I dannt gtin dem bae»en, äax mit (fit \ ieh fürchte, da% ... 1, daat
er leü. ieh flirehte, dat . . . — 19403 l. fiieren st. fiierten. — 20354 st, da salte
dl »oU, ~ 21172 1. nrfoA st, noch. — 21190 1, da st d3. — 21195 1. es oder des
, «». — 21310 des hüf utis got dureh sin (hdsobr. seiner) marler {; mir); 1.
ner marler er. Uuriuhfige qiiaQtitätabezeicIiQviDgeQ übergebe ieli ebenso wie audere
mnutlicb ak diiiakfebler za entschuldigGDde vemehen, die siub jeder leicht selbst
nigieren wird.
Aas den anmerkuDgen sind zweokniässige zuRauunenstellungea der kuItUT-
stonBch bemerke Dswcrteti aagaben des gedicktes bervorzu heben. Zu 9943 fg. und
i030 fg. liStte aber nlubl bezüglich der dort gesohilderlen schwertnahme vom , rit-
raohlage* gesprochen worden sollen. Vom ritterscblage weiss weder der Heier noch
ost eino deutsche quelle des 13. Jahrhunderts etwas.
Besoudero aufmerksamkeit hat der herauageber In tian onmerkungen auch dem
«ammeobange und den Widerspruch ea gewisser teile der ei'xählung gewidmet. Äoch
ot kann ich ihm zwar nicht überall zustimmen', ta 20119 sehe ich z. b, gar keinen
und an der annähme, Garel habe sich mit den v, 19315 erwähnten 1000 rittem m
ie taTelnuide geseit, die übri(;oQB auch nicht mit dem Hne schlechtweg identificiert
Jen darf. Aber mancherlei von den hier hervorgehobenen tatsaohen ist doch der
htung zu empfehlen. In einem zweifellos einheitlichen gedieht« finden wir hier
Ja scheinbar nnvereinbare züge der datstellung, wie sie sonst
alfacb als kritische bandhaben für die auflösung einer dicbtuug in hestandteile ver-
biedenen Ursprunges benuzt sind. Auf Wechsel von Ihr und Du in der an dieselbe
iTBon gwichteten rode wird z. b. zu 2256, auf Widersprüche in den zahlangaben wird
1 10977 hingewiesen, auf hin- und herspringen der erzihlung zu 1927, bSid. 8193
id tu 11445; dazu kommen dann noch mancherlei andere inconseq^uenzen und incor-
otheiten, widcrbolungen und Verwendung vou parallelmotiven, deren beobacbtung
itaohieden zur voi'sicht io der Verwendung solcher knterien mahnt
Dabei kann man den Reier keineswegs als einen konfusen köpf bezeichnen.
Die geaamtanlage seines ronians ist sogar ausserordentlich klar, einfach und iibersioht-
Ikfa, Oarel zieht ans, um das bind und die varbAltniase des mächtigen konigs Eku-
naver ausziikundschaften , der den könig Artue für das nüchste Jahr mit einem sehr
gelähriichen kriegsznge bedroht hat Wie den ritter Koi-t auf seiner brautfahrt hält
DOD auf diesem wege den beiden ein abenteuer nach dem andern auf, ehe er seine
abaicht ausführen kann. Von diesen einzelnen begegnissen stehen unter sich nur
nroi im eusammcnhange von unocbe und wirknog; abar jedes ist ducb in die anläge
dos ganzen dadurch fest eingefügt, da.ss es für den beiden zu einem mittel wird,
eigentliche nnfgabe, die der dichter niemals aus den äugen verliert, scbliess-
■0 dor glünzendsten weise zu losen. Dean als preis für jeden sieg, den er
il, erhKlt er von denen, die er überwunden oder auch errettet hat, die zusichc'
lg Naohliaher biilfleistang im kämpfe gegen Ekunaver, so dass er suhliesslich an der
gewaltigen heeres diesen im oigeoca lande niedoi'werfen kann, ehe £kn.-
daia komt, in Artna reich einzubrechen. Besonders bemerkenswert ist dabei das
mi
IBS TOOT, Obkr oarbl »d, wslz
sichtliche strebou des dicbtora von eioeiu motiv der eniMong intn udeni das
Interesse des lesers oder hörers za Bleigera. Oftrels erstes alieoteuer besteht in d^
anfachen, s«hr schaell eiiediglen apeeriiampf mit Riait nod Gerhut. Bei dem smi-
ten, welches ihn mit Oilan wisammenfübrt, folgt dem oiorachen stechen bereits ein
harter schwertliampf. Das dritte bringt ihm die ^ost mit EskitaboD, bei der viele
Speere Terstochen werden^ ehe es überhaupt 211 dem nun auch noch vcit erbitter-
teren und langwierigeren streit mit den schwertem tomt Bei dem vierten hat es
der held schon mit nbermenachlichen Ungeheuern zu tun, mit dem bisher gani iinhe-
Biegbaren nesen Purdau und seinem fürchterlioheu wuib Fidegart, wAhrend er im
fünften einem schenaa! gegenübergestelt wird, welches an gebrüll, unverwcndbartoit
und prompter tütong Jedes gegners alles dagewesene weit Ubertrift, nimlich dem ent-
setzlichen meerwander Vulgän mit seinem Gorgononschilde. Die bedeutung dessen,
was der held durch diese kämpfe erreicht, steigert sich gleichzeitig mit der schvde-
rigkeit derselben. Der erste trägt ihm Gorharts beistand mit lOOOrittem, der zweite
Oilnns waffenbriiderschaR und seine hülfeleistung mit 2000 ritte m ein; der dritte hat
ausser der Unterwerfung des wilden EaMlabon, der aich ihm mit 1000 rittem ver-
pflichtet, auch noch die bcfreiung toq 400 selbstfindigen rittero und das gelölinla
ihrer bundesgenossen Schaft zur folge; durch den vierten erwirbt er einem jnngeti
herzog, einer landgrafentochter imd einem zwergltönig die freiheit, was ihm dana
wideiTira noch weit l>edeatendcre hiilfskrHfte für sein vorhaben einträgt; durch das
fünfte erringt er ein weib und ein grosses bönigreich. Alle die machtmittel, dl« er
so erworben, und alle die beiden, die er sich unterworfen und verpflichtet hat, ver-
einigen sich nun, nachdem die erzählung von den einzelkänipfen im fünften abontcuer
den gipfel erreicht bat, zn dem grossen maesenkampfe gegen Ekunaver, dessen ein-
zelno momente dann wider in geordneter dispositioQ und in wolerwogener Steigerung
vorgeführt werden: ßarel erkämpft zonüchst in der kltUe den Schlüssel zu dem feind-
lichen hmde und behauptet ihn mit 200 rittem; die nSohste Operation gilt der gowin-
oung des wichtigsten flussüberganges, bei der schon beiderseits die ganze votfant,
zehntaasende nmfassend, in hartem kämpfe mit einaudor ringt, bis schliesslich d»
beiden gewaltigen gcsamthcere die grosse entsoheidungssch lacht schlagen, über deran
anordnnng der herausgeber s. 303 fg. einen guten überblich gibt. Mit der rückkriir
des siegreicfaen Oarel zu Artus, der sich gerade zu demselben kriege rüstet, deo der
held schon für ihn gewonnen hat, kehrt dann die erzählung zu ihrem ausgangapunkt
zurück und der ring ist gesoblossen.
Es ist von vrert, hier, wo sich einmal der dichter seinen stolT selbst gebildet
hat, eine so entschieden dui'chdacbte tmd streng schematische komposition feststellen n
können. Dass bei so manchem motive mehr des Fleiers erinnerung als seine erfindnaj
wirksam soheint. kann ihn im vergL-ich mit bedeutenderen dichtern, die ihre ganiea
onsählungen fremden quollen entlehnten, nicht herabsetzen. Was ihm durohaos fehlt,
ist nur die gäbe aelbctitndjger poetischer darsteUung. Hier zeigt er sich als der etbU
epigone. Er steht so volslAndig miter dem banne seiner vielgelesenen lieblingsdid-
ter, dass ihre Wendungen, ihre bilder und ihre reime sich ihm immer wider rid
eher aufdrängen als ein eigener ausdrucke und auch abgebrauchte reimformeln volk»-
massiger poesie verschmäht er so wenig wie die auch in dieser so beliebte «elM-
widerholung. Gerade diese schwüche hat aber ihr besonderes interesse; ao manoh«
litterarhistorisohe, stilistische und peychologische beobachtung liease sich hier aodi
anknüpfen.
ROSKSHJGKN, ÜBKB
I oder Der junkor und der treue H
Nach einer Dillinger handschrift tierauBgegeben v
Würabnrg, A. Stubor. 1S92, XVU und 66 3. 2 m.
Eio interesSEwtor fund wird durch die vorliBgendf
cugäaglich gemacht. Da^ bisher nur &us der eioc
m. 110) belBDtG gedieht vom Junker nod dem tr.
früher durch v. d. Hagen in den Gesiuntabonteuoro nni
, lernen wir nuninehr in einer zweiton,
h&tt
»Bub
Bbei
1 dr. Sebnstlnn Englert.
Schrift der olgem einen
Heidelberger handschrift
[reuen Heinrich, bereits
durch Kinael" (Berlin 1880)
m einzelneo vieiraeb Rbwei-
chenden faasung kennen, die sich »chon äusserlich durch den grösseren nrnFnng aus-
»icluiel (2416 v. gegen 2189). Die von dem beraosgeber entdeckte handschrift
befindet iich auf der kgl. kreis- und Studie nbiblioth et zu Dillingeo im hniriscbeo
Scfaw&beD. Sie gehörte früher den bischören vcn Augsburg, nelcbe dort ihre reeidenz
und ist so in die bibliotbek der ehemaligen Dillinger akadenite äbergegangen.
fiia nolbält vier stücke: das leben des heiligen Wilhelm, ein stück mit rfitselhnfter
Bberechrift [Dir iai die frage und seadüng fon mntticel die tr schletel isattrle iä
tchüUen der linago viui i»t die tritt epiateL). die vision des Tundalns und oU
viertes unser Heinriehs buch. Es wäre von Interesse gewesen, wenn dei' beraus-
geber bei dieser ersten mitteilung über die handschrift auoh über die drei anderen
Stacke etwas genauere angaben gemacht hätte. Eei den drei Iszien findet sich jedee-
mdl am ende das dntum 1470; am Schlüsse des ganzen bandes nent sioh der sohrei-
b«r, Johannes Karcher von Hagenau.
Hit grosser Wahrscheinlichkeit führt der herausgeber die entstebung der hand-
whrifl auf die wcrliStätte des Diopold Laub er xu Hagenau znrüek, welche in
der iwetten hnlfto des 15. Jahrhunderts blühte. (Vgl. EirchholT, Beiträge zur gesch,
iea dentacbeu buchhandels s. 1 fg.-, derselbe, handschrifreahlndler des mittelalters
fl. US ^.)- Doch mächte ich nicht darin zustimmen, dass der Earoher als hlindler
die handschrift nach Augsburg gebracht habe; auch nicht darin, doss eins der bö eher
dw Lauberschen lagers nach dem uns überlieferten titol; rim «imc ijetruwmt rüttf
der tin eigvn herlte gab umb einer schSnen froicen wüten (Raumers hi^t. tascheD-
bnch n. f. 11, a. 537) „inballlicb mit unserm Heinrichsbuch viele ahnlichkeit gehabt
babon müsse* (s. TS). Die Schreibart der handschrift, soweit sie sich als werk des
Schreibers erkennen lässt, würde für Hagenau passen (bemerkenswert ist es, dasa
stets o, nie au für S gesohriobon ist). Es wäre von wert, wenn die gemeinsamen
»chreibgewobnheiton der mit Sicherheit aus der Hagenauer bücherfahrik hervorgegan-
fenen handschriften untersucht und festgestelt würden.
Der horausgeber bat den tB:(t dieser handschrift in diplomatisoh treuem aljdrucli
vidergogebcn , wie vor ihm Einzel den Heidelberger text. Diesem wurde seiner zeit
1DQ Barisch vorgehalten, er hatte sich erst dann das reaht xu einer neuen ausgäbe
«nrerben können, wenn or den versuch gemacht hätte, die uraprüngliohe, in der
liiDdscbrift verwischte muudart widorherEustelleii ( Güttiuger gel. anzeigen 1881,
3. XZi'i), Bartxch forderte abo eine ini volsten sinne des wertes kritische ausgäbe,
QasB eine solche aber nicht möglich , die Zurückhaltung also wol am (ilatze war,
*oigt die neue handschrift D. Es fragt sich aber, ob nach dieser vervolstäudigung
doe materiab dasselbe verhalten auch uoch zu billigen sei. Es scheint nun doch so,
daSB von einer kritischen ausgäbe abgesehen werden muste, so lange die kritische
1) tVmt Eng^cTt m1d«iii ToniRjigcr t
•cbnft *ei toflaleh «ich dl« clniig nisticrsod
ton iiif abtcbrirt und nidit auf ainei.
HDplnnE IQ . die
i. n) linrt dl
L
128 BOSENHAeSN
untersuchang nicht weiter gefördert war, als es in der cinleitung des vorliegenden
buches geschehen ist (s. VI — XVII). Diese geht aus von der frage: in welchem Ver-
hältnis steht H zu D? Es wird als erstes festgestelt, dass in nicht wenigen fallen B
eine bessere lesart bietet als H, so dass auch manche emendationen vo& Bartach in
der anzeige der Einzelschen ausgäbe bestätigt werden; wogegen wider D an manchen
stellen aus H verbessert werden muss. In allen herangezogenen fällen handelt es
sich nur um einzelne werte. Der zweite und hauptteil der erörtening sucht dann
darzutun, dass ,,der Verfasser von D breiter ist als der von H** (s. IX). Es werden
dafür einmal eine sehr grosse zahl beispiele von Zusätzen der hdschr. D innerhalb
des verses gegeben und zwai' in grammatisch geordneten gruppen; anderseits davon,
dass ganze verspaare eingeschoben sind. Dass die für dies zweite angeführten stel-
len interpoliert sind, ist fast jedesmal evident; ebenso aber auch, dass anderswo durdi
D lücken der hdschr. H ausgofült werden, darunter zwei von mehr als 100 versen
(s. XVI). So ergibt sich als erster satz der antwort des Verfassers auf seine frage:
D und H hatten wol ( — vielmehr: ohne allen zweifei!) verschiedene vor*
lagen, von denen diejenige, welche H vor sich gehabt, die meisten
lücken hatte. Dieses festzustellen beduifte es der weitläufigen einseluntersuchung
nicht Deren aufgäbe war vielmehr, nachdem die beiden handschriften als von einan-
der unabhängig erkant waren, in irgend einem grade ihr Verhältnis zu der vermut-
lichen Originalfassung des textes festzustellen. Aus der gegenseitigen korrektor ein-
zelner Worte (vgl. s. VI — IX) lässt sich dafür nichts sicheres entnehmen. Dagegen
scheinen die übrigen ausführungen des Verfassers dartun zu sollen, dass die hdschr. B
der knappen ausdrucksweise in H gegenüber einen wilkürlich erweiterten text biete,
entsprechend der zweifellosen interpolation von reimpaaren. Aber wie ebenso zwei-
fellos dafür auch H beträchtliche lücken aufweist, so ist auch der etwas breitere
ausdruck der hdschr. D innerhalb des verses nicht selten offenkundig ursprünglicher
als der kürzere in H. Zu einer stelle (D 1703. 1704 = H 1634), welche unter den
beispielen steht, dass D „weitläufige Wendungen, verwässerte relativsätze*^ gebraucht,
„wo H sich knapp und prägnant ausdrückt**, bemerkt der Verfasser: „Grade diese
stelle aber zeigt, dass D trotz der Weitläufigkeit hier das ursprüngliche hat, weil der
md. reim dat : gesati beibehalten ist^. Dagegen lässt sich nichts sagen; aber man
dürfte doch sich zu der frage veranlasst fühlen, was denn mit der Zusammenstellung
der weitläufigen stellen bezweckt wird. Dieselbe frage lässt sich schwer zurückdrän-
gen, wenn sich noch mehr stellen finden, wo die sache grade so liegt Man ist
begierig, zu erfahren, wie der Verfasser über diese urteilt. Dem angedeuteten bei-
spiel entspricht ganz genau folgendes:
D H
707. Alle die Jierren die woreni da 684. alle die heren die da
Ufid die do logetü in der stat waren Mi der sttdnde,
Ir keinem tcas künt dat der was nie keinem kund.
Dazu wird Und die do logent als erweiterung in D angemerkt Femer fehlt zwei-
mal (II 1613 = D 1682 und II 1942 = D 2149) in H das für den Sprachgebrauch
des 'gedichtes charakteristische das im hauptsatze (vgl. Kinzel s. 228); sie werden
citiort um den satz zu belogen: «auch sozt D gern im nachsatze das*^^ s. XIII. Der
Zusammenhang legitimiert das pluswort von D dem augenschcine nach an folgenden
Stelleu»: D 1981 = H 1812, D 434 = H 425, D 552 = U 535, D 2348 = H2125,
1) Die reihenfolg« der stelleo ist die, in welcher sie bei Englert rar be^reohung ftlaagen.
« KD. KtiOLKKt 1S9
j ltö2 ^ U 142T. Und noch mehr stellen lasse» eich lindeii, bei deiied iobalt-
, stilistiflohe odi^r gnunrnntjäirlie gosiclitspuukte Biitscheideo. Dem wird der ver-
, soweit nach, den ohoo angefüluten «orten sich vermuten lisfit, kaum wider-
r ganzen breiten darlegung uicbts weiter erweisen,
p «iMS sioli D durch .utroben nach breite" nod H durch , knappe «usdnicksweiH^ '
Dies in wissen ist doch eigentlich recht gleichgültig, wenn, wie hier.
I oiobt gestattet ist, diiraas schltiase auf die eohtheit oder unechtheit einer stelle
Dass der verbsHer sich mit diesem ergebnis hat begnügen mÜRsen, liegt,
wie es wheiaC, an der fFBeestellnng. An dem verhiiltiiis zwischen den beiden band-
«chriften iiitereEsiert uns weiter nichts als die frage: ist eine von der andern abhängig
II oder nicht? Da diese auf den ei'sten bÜck entschieden ist, so hatte die weitere
^■BtersaohuDg es imr mit dem Verhältnis der beiden xam original eu tun. Der i'er-
^BfaB«r hielt sich aber zu |>oinIich an sein nicht ganz zweckmässig gestelles thema.
^^^oh in einer andern i^eziebung dürfte sich die untersuchutig zu wenig frei bewegen,
^•fcsc Dämlich die handschriften nur nach den eiuaelnen Wörtern betrachtet nnd danach
plus und minus bereuhnet worden. Aber ans» absohreiber deutscher handschriften,
iMsonders in jenem, durch die Papierfabrik ation gesegneten Jahrhundert, sclireiben
I die gnnsen veree, auch wol reimpaare, auf einmal ab, nicht wort für wort, und wo
Deifjung zu freier bchandlung der vorläge haben, erstreckt sich ihre tätigkeit moist
r iit» einzelne wort hinaus, auf die konatruktion des ganzen veises, vor alleni auf
. mint, welcher oft wider die uitiäiideniug gaoxer vorse lur folge hat Daher lässt
1 du Verhältnis der lesarten in vielen (allen anders beurteilen, als es durch don
Uni nun das Verhältnis der beiden handscUriften zum original auch nur annä-
nd xn heetinimen, brauchen wir hiUsmittel, mit deu(>u wir an den stellen, wo die
diefornng der beiden auseinandergeht, auch ausser der beriicbsicbtiguog des
omtiieDliangeH die arsprüugliohe lesait fostzoa tollen vermögen. Sobhe können
t in bedeutendem umfange der darstellungswcise des gcdichtes entnommen
"den. Dieites zeigt eine grosse rorinole vei-wan tschaft mit den apielmannsepen,
che in der gleichen gegend, zur vermutlichen zeit seiner entstchung, lebendig
reu und noch gewisse stAdien der texten twiuklucg duichmachten. Die komposttion
oht durchaus auf der widerholung und Variation der motive. Die vcmnlassiuig
a lag allerdings schon in dem gegobeneit Stoffe. Der dreifache tumiersieg des hel-
I, welcher jedesmal in anderem abzeichon erscheint, und jedesmal unerkant bleibt,
)6t von seiner gehebtee, ist als beliebtes motiv der ritteiTomane, besonders aus
1 Lancelotkreise, beknot'. Ohne zweifei war dies durch die quelle geboten. Es
d ^ber durch die burleske wähl der abzelcheo („hühnemest" und „ofenwisch*)
dein [Mrodiert. Bezeichnend ist es nun, dass die jedesmalige Schilderung des
Dien mit vor- und uaobspiel sich in allen phasen widerholt. Jedesmal komt der
ut in Vogelgestalt heimlich Eur prinzessin geflogen, jedesmal überreicht sie ihm
kostbarss geschenk, das er beim turnier tragen soll, jedesmal bemüht sich der
iae rittor' das geechenk ihm abzubetteln, die beiden ersten male mit erfolg, das
te mal oline erfolg usw. Im einzelncTi Uis.st sich natürlich nicht bestirnt behaup-
, ms grade eigene zusammenfügung anarss dichters ist (oder der dichterin!), was
■OD der direkten quelle angeborte, Aber in der stnfTwahl zeigt sich die gesohmacks-
Diese tritt noch deutlicher dadurch hervor, dass jedesmal mit derselben
g schatbuhe k
a TOD Bo9«ll ood LiJliu
9
EogUsche
130 RoeiNHAeiN
Situation dieselben aosdracksmittel widerholt und variiert werdoi. Für jedes wich-
tigere motiv wird eine formel, oder ein formelhafter reim geprägt Die Untersuchung
solcher stellen ermöglicht nun die ursprünglichen lesarten in weiterem umfange sicher
zu stellen. Das möge an einigen beispielen gezeigt werden.
Im abzeichen des ersten tages heisst der held bald der mit dem htmemest,
bald der da fürt das kunemest; an den stellen wo beide handschriflen üboreinstim-
mend die zweite formel haben, reimt ein nichtapokopiertes wort: ist (H 1181 =
D 1227), erist (H 1488 = D 1553), ebenso da wo D sie aliein hat, gegenüber mit
dem h, in E: erist (D 1219 = H 1173), in den mist (D 1307 = H 1261). Da-
gegen reimt auf mit dem hunemest eine ursprünglich zweisilbige form: emteste
(H 2067 = D 2288, D 1842, fehlt in H), das beste (H 1767, das reimpaar ist in D
ausgefallen). Die spräche des gediohts scheint also den apokopierten dativ nest
gemieden und darum, wenn ein stumpfer reim aufbrat, zu der umstindlicheren for-
mel gegrüTmi zu haben. Dem entspricht es durchaus, wenn auf ein hunemest : mist
reimt (H 1684 = D 1858), sowie der reim Des sie vande han genist der fürte ein
kunemist (EL rermist; H 1097 = D 1143). Daher ist an den beiden angeführten
stellen die lesart von D vorzuziehen; die voiüegende abhandlung erkent in der do
fmrt diese beiden male eine erweiterung von B. Auch an einer dritten stelle, wo
beide handschriflen übereinstimmen, ist zu konigieren: der da fürt das kunemist :
in den mist (H 1400 = D 1449). Aus gleicher erwagung muss andi die lesart in
D 1141 als echt anerkant werden: Und uonte der do fürte den kranix Das der teer
irs kertxen sckranix, wo H 1095 mit dem kränze liest; dagegen heisst es Der erste
an dem danxe der lag mit sime kränze (nach D 1179; in H ist die strile sehr
entsteh).
Die scheu vor der apokope erstreckt sich nicht auf den ^ofenwisch* ; neunmal
reimen beide handsohnften gemeinsam mit dem ofenuisek : risek, wihrend nur dn-
mal in H der da fürt den ofenwisek steht, eine änderung der überiiefarang unter
dem einflusse der vorhergehenden stellen mit dem hühnemest, so dass hier mit dem
als das ursprüngliche anzusehen ist Das reimwort risck ist durchweg mit einem
andern a(^ektiv zu einem zweigliedrigen ausdruck verbunden, entweder snell odei —
stark. Danmii ist an den beiden stellen, wo risek in H allein steht, die lesart sneil^
und risck von D vorzuziehen (H 1478 = D 1546, H 1784 = Dld56). Das wort=^
hat in allen fallen eine wenig selbständige bedeutung, es heisst nichtB anderes alsE»
stark und sneü auch, und dient nur als reimflicken ^ Deshalb steckt anch in 1^
V. 1457 das ursprünglichei>^: Da sprack keimriek karte risek Das sol at» em äffe
»risck gegen einen ofentrisck^ der da wert risck H 1412, wo anch Kinid (in
anmerkung z. d. st.> ansloss nimt und die von Lexer angegebene deutung «tiockan*^^
bezweifelt
Im abzeichen des dritten tages heisst der held entweder die peHin kogei odec^
mit der pcrlin kogei oder der da fürt die pertinkogei und reimt stets anf fogel^
H 174S <,das reimpaar fehlt in D) fehlt perlin, ist aber zu erginaen.
Alle dietse fllle zeigten, dass in H. wie es scheint mit absieht, vieilkch ein^ —
lelne wv^rte ausgelassen sind , oder ein kürxerer ausdiuck bevorzugt wird. Dafür
oin beispiel ans den tuniierberichten. Jedesmal wo die zuschaner eingefühlt
der köni^, die köni^ und die Junge königin, wird attsdrüf^üdi erwihnt,
im fenster liegen: der ausdruck wechselt, immer aber wird das fenster genant (M7ilCn
4 '
Cuut^ »tihfe «acswrtuftib «W reitiMts rü«« •%£» «m .-iyri 1717 :^ 1:^91 1
131
I, H 1086 = D 1132, H Hol = D 1197, H 1726 = D 1900). Zweimal
r fehlt es in U (11666 = DÖ89, H 1456 = V1513); dio eweite stelle wird von
1 horaoageber von D als beleg dafür angeführt, dass D don aosdniok durch beisatz
nin adTCrbialieD und advorbien geDsuer herrorzubobea sucht, die in H fehlen (a XI).
Auf djeaem vege lässt sich noch bedeateud mehr gewinnen. Dabei einer der
eiden handachrifton einen principiellen vorrang einzuniiunon, ist durchauB uniulÄs-
Nnr wo es sich, wie wir gesehn, um eincelne werte handelt, die füglich niaht
t fehlen Jcönnen, darf kdrüuiig in U a priori angenommen werden. Um die beiden
etliefeningen ta tenzeichnen, soll noch eine atolle besprochen werden. Es wird
r eiste heimliche besuch des ritters bei der königstochter berichtet. Dieser ist als
Ueiuea väglein in ihre kammer geflogen, sie bat das fenster zugeschlagen nnd ihn
BCJagt, bis sie ibo schliesslich aaf dem bette oTha.sGht. Sofort verwandelt das vög-
_ Un sich in einen schönen jungen mann. Nach einigen zierücheo redenaarten heisst
iwt'i ließ sie ir tneeieißcn arme
mimtigl-ieh über ine vom
vnä kert iren roten mund
) an den atnen xu nuincher slutul.
und waa die xtrei da dalen
dax tnoühl ein narre mol raten;
ich mochte »ekriben %u tcü
829 V/id ließ ir an« u/ißeii armen
830 Über sin not erbarmen
Und druekete ihren werden mttnt
An de» einen manche stant
Mao lang sie one ile
£in gut lange teile
835' WiKtu das do uß in beide
Manche tuyentliche rede
Die mir *u aohriben lettrdenl su teil
1 folgt eine Unterbrechung der erzählung -
Pitt Moni dag eieinet rieh
f. änieU die minniglich
aüten jMsen lip
da zw stunden geworden
und gedretten in unter» orden.
hie mit befalch sie ine goll.
\ B30 da uard der edeie botle
tcidcr tu eiin fogelin
und fiog inn die kamer sin.
dieß dett er aU mit solcher list,
dar Heinrieh nute darmt wist
dann gibt sie ihm einen kostbaren bnnc.
157 Er nam da* kieinot rieh
Und Irtiekele sie menlieh
An einen süssen lip
m das rein kätrh aip
Hie mit befal sie in xu gote
Er spraeh er tcolt noek irem gebolle
Ir irerben gernne ir hitlde
Und thßn tcas sie woUe
<65 Sin scheiden versjmtoht sie tere
Also flog der junehere
Vil heimlich in sin kamer dar
Das es nieman tcart gewar
Das detle er mit grossem liste
870 Das es heinrieh noch nieman wiisle
Die absieht, in welcher die üborliefernng der hdschr. D redigiert ist, kann
icbt rerkant worden. Ganz dasselbe widerholt sich vor D 2053: die verse H 1878 —
, welche wörtlich gleich H 801 —802 sind, fehlen in D. (Über derartige parifi-
a den handscbriflen vgl. Enling, Kaufringer, üt ver. 182, b. II.) Ausser-
I ist wahrscheinlich J> 830 verändert, um den reim arm : vam tu verdringen.
ilen in II nach v. 800 die vorse D B33 und 834, nnd nach 829 die varss
12 — 866. Diese anslassungen lassen keine andre absieht erkennen ab die absu-
Dem entspricht der Kesamteindmck. den die hdschr. H bietet Sie hatte
132 BOSBVHAOINf ÜBER RIIITRIOHS BUCH ID. BTGLIRT
mne voriage, in welcher der text, vielleicht ans ganz änsseriiohen rüoksiditen anf den
gegebenen ranm, dnich forüassong des scheinbar überflüssigen nnd geiegentUche snsam-
menziehnngen (vgl H 829—832 = D 866—868) gekürzt ist Der text der hdschr. D
ist dagegen nach geschmacksrücksichten freier gestaltet nnd teilweise erweitert. An
der Torlicgenden stdle scheint in der Vorlage von B in den älteren text hinein-
korrigiert zu sein; dadurch, dass noch einiges stehen blieb nnd die ändemng teil*
weise nur angedeutet wurde, lässt sich so ein biödsinn wie ]>835 — 837 erklären.
um an den in den beiden handschriften abweichenden stellen die orsprünglichen
lesarten zu finden, würde es sich empfohlen, sie von foll zu fall zu ver^eieheo«
unter fortwährender berücksichtigung des Zusammenhangs auf der einen seite and anf
der andern des stils und des Sprachgebrauchs, wie ihn die übereinstimmende Über-
lieferung anderswo erkennen lässt Leider muss auch so dem heranageber von D
zugegeben werden, dass diese arbeit nicht überall, so weit es sich übersehen lässt,
erfolg haben wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der nutzen einer kritischen aus-
gäbe des gedichtes nicht im Verhältnis stehen wird zu der aufgewanten mühe und
der unter allen umständen noch zu befürchtenden unzuverlässigkeit Dem Interesse
welches die Wissenschaft an diesem denkmal nehmen kann, ist im wesentlichen durch
die voriiegende publikation gedient Es ist in erster linie das litterartiistoiische, nnd
wir sind durchaus in der läge, die wähl und behandlung des Stoffes, die komposition
und den Stil, heimat und zeit daran zu studieren, und auch die Sprachgeschichte
dürfte einer kritischen ausgäbe, wenn auch mit geringerer bemühnng, nicht mehr
entnehmen, als was hier schon vorliegt, nämlich materialien des wortschatieB un<
der Syntax. Die lokalisierung, welche durch die reim Verhältnisse in H bedingt is
(vgl. Einzel s. 26), wird durch D bestätigt; der mundartliche wertschätz erfährt
bereicherung: luffem D 485; treck für müt in H, D 1148, 1154, 1164; 8at (narr^ — }
D2161, dfii^cerb D 23a'>, 2353, dafür in H drü maU; vierwerb D 1792. (Dil
stelle fehlt in H). In welcher absieht die für das geschlecht der verfiuserin bewei
senden verse aus der überiieferung von D getilgt sind, zeigt jene oben losgeschi»
bene stelle. Die möglichkeit aber, dass die quelle in prosa geschrieben war, welch- -^
der Verfasser, s. XYil, noch offen lässt, ist durch D nicht weniger unmö^ich gewoi
den, als sie es war. (Vgl. Einzel, s. 31, anm. z. v. 12.)
Dem herausgeber gebührt daher dank, dass er seinen fund nicht torückgehaE. —
ten hat Ein stück vergangenen deutschen lebens hat dadurch an bdeuchtong gewot» —
uen. Und als solches sind doch in lezter absieht derartige denkmäler unsrer littsE»»''
tur zu betrachten, die uns weniger wegen des genusses, den sie ans selbst gewilv
ren, wort voll sind, als wegen der freude, die unsere vorfahren an ihnen gebäht
Altona, novkmbkr 1892. o.
Deutsches Wörterbuch von Xorii Heyse. Zweiter btnd, H— Quiihtm^, Leip —
zig, S. Hirzel. 1892. XXIV und 1238 spalten hochquart. 10 m.
Das werk, dessen ersten halbband ich in dieser Zeitschrift '^'X^HT^ 2G2
begrüssto, ist in kaum drei jähren bis zur ausgäbe des vierten gediehen; mit
leiten artikel steh sich also der herausgeber eine vdgfltige «qaittnng'^ über
•msigt^s und rastloses arbeiten aus. Hoffenüich wird in entB|irooheiidem knneii
raumo auch das loste drittiU bewältigt werden können. Dieselbe anorkeuiaiig,
der erstt*, verdiout auch dieser zweite liand: die sorget des vertmaoro ist ebsaa» zv i
irio dio kinrheit. mit welcher er auch bd vieldeiitigeD odErr muinigtacli
■ittinnchtBO Worten die bedeutimgeii nmt verweuduugBO scharfBinnig uud sicher schei-
tet und dnreti gut gewählte, geoau citierte bdege anschaulidi maolit. Auub die
rtymo legis c he D aiigabsu md grüadlich belefareud nnd überall mit grosBer mnsioht
» gbbaSt, dftSB unrii'htigeij oder nix verständlich en aQlTBSsutigeii der sprachgeBchlcht^
kcben voTgiui^ vorgebeugt wird. Zum ersten mala ist (sp. 1 — XXIV) ein quellen-
rarseiohnis beigegeben; es geht bis auf die neueste zeit uud enthält z. b. auoh die
KngstoD exemec- und schieesvorschriften des deutschen heores und den entwarf des
A^orlichen gesetibuches; tou dicbtero und novellisteD unter anderen namentlich
- F. Meyer, Rosagger, v. Wildonbruch. Ganz volsländig ist das verieichnis nicht;
A Bude e. b. niaht den auf sp. 695 oben citierten Adrian, xa dessen reststelloug
letale bücberktmtnis nluht ausreicht
Nicht «öUig klar sind mir die gnmdsätne geworden, nach denen Heyne fremd-
4>örter ourgenonunen oder fortgelassen hat. Ich finde s. b. eigarre, aber nicht
yilraw«, mW/ |oder «ollen sie unter Z folgen?); auch aiuht kap, kastell und manchf
hndera, denen mit ihren ableitungee ein deutsches Wörterbuch wol hätte anfbahmc
pmühren können. Doch Bei es fem von mir, mit dem Verfasser über die grenze, die
r hier udi gesezt hat, rechten xu wollen. Im algemeinen widerhole ich durohaos
i»s ecbon über den ersten halbband auegesprochene urteil, dass Heyne's wdrterbueh
•Dwol neben dem groBsen von den brüdern Glimm begründeten werke seinen aelb-
iBdigen wert zu behaupten vermag, als auuh besonders, dass ihm überall dort ein-
ng xn wünschen ist, wohin dieses umfangreiche und teure wert nicht gelangen
an; auch in den hnusern der gedildeten deutschen familie and in den srbcitszim-
rta deutscher Schriftsteller und zeitungssuhraiber. Die nicht alzu massenhaft auf-
, aber mit Sorgfalt und umsieht aus ^ten schiiftsteUem gesanunelten belege
rnnen jedem, der um treficntten uud scharf bezoichneoaen deutschen ausdrauk sich
mäbt, anhält und richtschnnr gewähren. Jedem schreibenden bietet Heynes wöt-
rbodi auch nach dieser richtuug reiche belehrung, und Ewar mehr, als manche ueu
SohieueDe schiift über Sprachreinheit und sprach richtigkeit, da Heyne hauptsächlich
nitiv moBterbaftes angibt, seltener negativ bedenkliches bekämpft oder abweist.
Nur xaghiift stelle ich einige bemerkungen über Wörter zusanimeu, die iah
si galegentliohem nachschlagen vermisst habe , oder zu denen ich etwas eiinnem
lochte, rünceihen hätte nach dieser soitachrift XXII, 253 wol aufgenommen werden
äniND- — antcesett fehlt; ebenso das in Holstein in gleicher bedeutung übliche
MMM '^ wirtschaftlich bebautes grmidstück, liuus mit hof und zubehÖr. — biiltmg
t üwar durch ein citat schon bei Bürger nachgewiesen und aus anlehnung an bis
f lang hergeleitet; sohwerlioh aber ist diese anlehuung vielen der heutlgeu schiift-
wolche das wort xa gebrauchen lieben, bewasst. Ich bütte gei-n eine war-
wnde bemerkuug bei diesem neben bisher, bij^'ext gaoK überflüssigen werte gesehen.
■ Der deutaiihe Mtekel hätte wol ebenso wie bei Grimm (II, 104Ö) aufgenommen
len; eine lesenswerte Studie des dr. d. Muncko über entstehung und
pbraucb des ausdrucks enthält das gymaastalprogramm von Oütereloh 1870. — Bei
~<r trttere (I, 81D) und tkr UIxttre (U, 635) hatte ich neben den angaben über das
ifkommen dieser misbildungen gern eine bemerkung iiber ihre völlige entbehrUchkeit
Baeben, da Heyne in manchen anderen fällen solche kritik geübt hat. Auch auf
dtnfaU* (11. 250) hitte ein angriff gemacht werden können mit berufung auf lAch~
lune beispiel: vgl. die ergöbiliche beüage U bei Hertz, Karl Lachmann s. XXXUI!
-fett iat jezt doch nicht nur auf die otierdeutsche Volkssprache eingeschränkt, son-
1
134
dBn aach in mittiddeiitadien landyhaftpit (z. k in Schkaeo) sdir mblidi. — For
kmmfem bemigt GeOeit 4, 2-18 (Ausgabe Ton 1867) äkwem wwrd imrtk emm seihsi-
tmmrd kmmfem eiiie eigentimüche aoffusong und Terbindmig des TerbamB. — kät-
Hmrmmek = «senik stellt bciRoQcggci, gedichte (1891) s. 61. — kuteähmtekem Htm-
gjebiklefes Teibom (ecbt» redapbealioD!) Bärger in dem gedickt Ines tob Eastio (brief
Tom 9Ql apnl 177S); nicht als zwei woite ni schreiben, wie in der ansgabe tod
Beiger s. 179 geschehen ist! — Für je umd Je ist II, 249 kein iheras bcispiol ange-
führt ak eine steUe ans Fvil (»ahardt; diese bemht aber oüenhar anf Lotben öber-
seCznng too JeienL 31« 3. — Bei kmmiieiwtn konte erwähnt werdeOf was waeh in
der eingeheBdeB eröitening des woites im grossen DWK nicht geschehen ist, dass
Eortam seine Jobsiade anf dem titelblatte (17SI) selbst nante ^eine Ustoiia lastig
and fein in neomodischen knittelTerselein^. — ^ Deine bishenge üetderet* ans dem-
sielbeB ^idichte kapu 18 ist immefhin bemerkenswert. — ^emiem mnd kwehme"^ das
erste fnr wissenschaftliche« das zweite for znrnckkommeDde Terlagswerie (U, 468)
ist titei eines bnchbindlerromans von Xiemsnn iGetha 1888k. — Wie ist das ndljectiv
wshwrfiy bei seiner bddong gedacht wwvfen? Doch wol: etwas, was sich in oder
duch not so wendet (= gestaltet^ wie es erscheint; nicht, wie flsjne U, 1019
wnsehreAt: geeignet eine nothge zu wenden. Lexer im DWb. 7, 956 sezt beide
Vcihrtnngni an; rieJlekht ist doch nnr die erste zn grvide zn kgu.
Diese nnbedentenden nachtrage versehwinden frei&ch gegeniber der reichen
fille dessen, was Heynes worterbnoh bietet; Tieflcicht hat ^yne selbst manche
nater ihnen Wi der notwendi^B beechrinknng. die fnr das hoch eifetdeilicfa
absichtbch bet seite gelassen.
a
*s Sasanna o^ Calcmaia. ndgirne for nniTersitets-jubi-
laeets daaske samfnad af & Hikct fiirilk. med et tiBaef : Materiaiier tfl
skneefiillecs histetie i DMmirk iw Kalmu kippen. Kshenham« Ikielaa bogti]^-
tei 18&S— 1S^\ XLIX. 2lM & S*. [^ UniTeBziBtS'jnbflaeels daimke aam-
fand ar. 45. 47 ani 53> 7 kr. ^ 7.S0 m.
IW dlnisiche drami tv» der kensAai rn^niiM. wekhes ans der nm die
cwchichte des äiefVQ <ä&ss^*&ea schaasfsei« dnrrh viele
•T^ dMisie wttschnft XXI. 477* hoohT«fdi»ie v^M*saeher der
tie^Kbxh^ dsrHMet. ist ei&e 4hKwtnanc der
det> A;&gsb«neer ««fhalmefestets Scxt Bir:k «4er Xj^t« Betak» Tom jalon 1537^
IW üK^rwtier war |pWft*h£ib eis ^«^aimecsser. der IM:* sa Rft» gthinmis Peder
JensisiML Himtodi. der. nak-hdec! er Mse ?ca.^FHfihfe in £«f«Bhi^gen. Lsipiig nnd
W!t?»nK*fy Tc5e»Mt. ab »«iter der >kak<chak an si»ir im i luii viikto «ad ab
I?w$dk4wr da^Vst li^l4 <taHv Ffir iie «fcefährz:^ der nch-ilumiü.* nach ihinliiihijn
^witlde war ^ ab lekwc r»flbch t&exj:: ^^ btath^e er nn &. SSl nnd S. jnm 1576
den Jefh^ t^eiiNn: Bnci^assst^. den Abra^jot Oem: FiÜHihi^iw imd die Snaannt
Bov^ in diaK!^*^^^ i^wtah tu: i^knen $eh«jfra imr >änr»eBanf. Die mhenetsnng der
ersaen Wtd^ ^tnckv^ rähtte tvc ;^ir» i^^aer >v\9er S^ni«^- m Eetfng her, die der
^asMma ^^stie K^^^nhead will«$t K^Yvt. Ist waJkl «erwfi«n w«^ er wnl mit
da^uv^ >«iante»t. dfe» er ^*^Mtt l^^ ecne itteoane^ S^rnsnan. mchm dfe Biiek-
i^ Idn tNtt Wir
;AN.VA KT. BIUKEI SMIIÜ 135
m fitulianieu in Leipug liatte auITüiiren aeheu'. Er kante aaoh, wie er im
a. 14 emUint, ein filterea deutsuliea Sosaunaspiel, wahroclieiDlicb die von
i dieser isitsclirift XI, 132. 161 bösprochene nnonyrae Nürnberger fassung:
I ffoetatn/ qiii hoe atytHntnium traeCoril, ridimita mdlum, praeter
qui tttäta fcrv eleganiia eonfiimim quiddam rt ä/iovaov, Oermaniein
iytkmi», iam olitn anic Bcluleium noalrum congaaseral. Seine dinische ühartra-
; Ueea Hegelund, nadidem er gebärt, dass das latciniBc-he original am 3. jnni
a Studenten im Kopeohagener schlösse gespielt worden war, in den folgenden
I 157B~79 zn Kopenhagen dnioken.
Seine arbeit verrat in dor form durchaas die einwirkong der dentsaben litte-
. Sie ist in den vierfiissigen reimpaaren di'S deotsclian iJramas geschrieben, die
elleo, dio oloe seelische enegung scbildem wie die lieboaglut der greise oder
i^'iier 8uBannn (s. 29. 44. 49 fg. 62), den Iffikanten halbverscn platz inacheD;
I chortied in dor mitte des 5. alts (s. 17) ist in gleichem motruni
, wilhrend die nbrigen chöre zu endo der atte foi'tgebllon sind; drei-
pKiB s. 44. 50, 63; überschlagende reime nnr im prüloge s. 22. Verein-
Bt findm Eich aaub deatscbe ausdriicke; s. 57 en god jaaherre, 63 epitugexellr,
U'2i3 Ein vier hiU sieh für der titat. Der lügen wird icol icerdeti r/ial, und s. 141
ttugt der gebille des büttels Andranchus an überhaupt doatsch eq reden. Oomein-
BMn mit deutschen beai'beitungen laleioischor dramen ist Hegelund die groaae breite
und Mufährlicbkoit; zur widergabe der 1837 verse Bircks bcancbt er über 3000 (Ici-
d«r fehlt eine vorsiBhlung) , wobei mau freilich berücksichtigen muss, doss der
dftoieoho aohtailbler dem kteiniBcheu seuar oder tetrameter an länge erheblich nach-
steht. Aber auch sonst ist die Übersetzung keine wörtliche la nennou, sondern oft
malt der Düne die buapp angodeuiotcn züge der vorläge weiter aas; dum ad nosiri
»emlt mnreM el liomimn paulo tdlem adduasre istud (prafseriptmn aulorinj pro-
jHua, sagt er £. 14. £r obarakteri^tiert z. b. die letdenscbaft dor verliebten alten
wuitmaher, er anhiebt in die gerichlsscene lehrhafte betrachtungen über die pflich-
ten eiooe riohters ein, er fügt m der peraononzahl einen weiteren söhn der heldiD
und einen büttel nebst seinem gehilfen. Eine besondre Vorliebe bat er für volkstüni-
Ucbe Sprichwörter und aeutenzen aus der bibel und dun lateiniaohen klaasikeni, wie
aui^ zwei vom herausgeber a. XI erwähnte spfitere Sammelwerke von ihm zeigen:
er Mzt sie mcht bloss an den rand (zweimal, s. 50 und 153, begegnen citate aus
S^oeoBs tragodien), sondern auch in den text der Susanns. Itegelmässig fügt Hege-
luQd Tor jeden* scene ein prosaisohes argument und eine gereimte moral, z. b. s. TD:
Latiffe hhetler inet fvorede »kirtd
Ha/ft4^r quindfoM oc sCackede sind,
wUo. Pie auafübriicben lateinischen bübneaanweiGnogeu ergeben manches interes-
a über die uinzelbeifcn der darstellung: s. 49 ruft Ach abu», um die stoLs achwei-
1 überführen, iruerttt per aim in aimtm manu: ,JA, foler, huad
' flattrig xlaar." s. 38 wird die anaetattung des gartens mit rasen und frisohea
Um voi^escbrieben; vor dem beginne des stäokes (s. 26) ziehen sämtliche schau-
r in drei abteilungen auf, und der argiimentsprecbor stelt sie den Zuschauern
Siatttma camo9dia a
a Dotii aus Hpfrolou
' il«ni niQiiiu-sn ^Utgt<riuldeu. Sannt Ist
its. waui DIU) von Uiiadhipr
IT. jitluhimdeTI vgl, BoIIa In B
, mo^n^tanKotDU. Dia mW uif-
Urnym (nm IfiiO)
■nOiiTSa, 113— HG
136 BOLn, DbB BiaBLUND, SUSAICNA ID. BODOSr SMIIH
einzeln vor, darauf ree^uni se personae in domieüia sua intra 9e6namK Und
SL 129 hebt der Übersetzer es ab eine besondere feinheit des diohters henror, dass
zum Schlüsse widemro sämtliche personen aof die bühne kommen und so den über-
blick über die ganze handlang erleichtem. Merkwürdig ist endUdi die art, in der
Hegeland im 4. akte für die erheiterong seiner zahörer nach so vielem tnmrigen
soigen za müssen ^ubt; da ihm ein chorlied oder ein anslündischer tanz, wie er
s. 15 bemei^t, hierza nicht genügt, schiebt er hinter der verorteiliing der hddin
(s. 147 — 258) einen monolog der personificierten yerleamdang (Calamnia) von etwa
3000 versen, also von gleicher länge wie das ganze übrige Schauspiel, ein. Biese
allegorische figar tritt gleich der vergilischen Fama (Aeneis 4, 173), die anofa Hans
Sachs zu seinen gedichteu «Nachred das greulich laster^ und „Das haus des Neides*
(1531 und 1548; in der ersten folioausgabe 1, 297. R. Z. Becker, Hans Sachs im
gewande seiner zeit 1821 taf. 17) angeregt hat*, auf, an rücken und fassen geflügelt
und ganz mit augcn und zungcn bedeckt, mit grossen obren und zwei zusgen ver-
sehen, in den bänden bogen und pfeile. Sie stelt sich selber vor und nimt bei der
schomatischen beschreibung ihres wappens. ihrer kleider und gliedmasaen gelegenheit^
die geschiohte der reformation in Deutschland, Fninkreidi, Holland und der ans ihc
hervorgegangenen kriege von streng lutherischem Standpunkte aus ansfÜhilioh z
erzählen. Wahrscheinlich führte üegelund das Zwischenspiel erst für den druck i
dieser ermüdenden Weitschweifigkeit aus; eine unverkürzte darstellung bei der
aufFührung ist kaum anzunehmen. Die abbildung der Calumnia auf s. 149 kann mit
teibar durch den holzschnitt bei Hans Sachs, der ja auch sonst ins dänische überse;
ward', beeinflusst worden sein: auch an das beliebte Lucianische bild des ApeU^^ss
von dem unschuldig verurteilten^ mag erinnert werden.
Eme wertvolle beigäbe des herausgebers ist die Zusammenstellung aller
richten über die geschiohte dos dänischen Schauspiels bis 1600 auf s. XXVll — XU
Wir ors^ehon aus den systematisi'h geordneten daten, wie die humanistensitte late
nischer si'bulaufFührungen im laufe des 16. Jahrhunderts in Dänemark ein«
wie aber bald trotz einigen widerstrebens dänische Übersetzungen an die steUe di
frundon stücke treten, denen sich dann eigene dichtungen anscUiessen. So werd^>
ausser Plautus (Aulularia) und Terenz (Andria. Eunucfaus, Heautontim.) die bedeutec»-
deivn noulateinor bekant: ReuchÜns Scenica progymnasmata, ChiL Mellerstadts Doro-
thea, Onaphous* Aoolastus, Betuleius* Su^anna und (?) Judith, Saindus* Anabion, GuaX^
therus Sabal. I^peus* {?^ Samaritanus, Macropedius' Hecastus und (?) Lazarus
Madirus* Pisander bombylius. Orocus' (?> Joseph. Zieglers (?) Deoem viigmeSf Styns-
mols Studontt^, Buchanans Jophtes. Deutsche stücke, wie 1577 eine komödie vo
V All«« pNua d^QtschefB bnmche <cit5|ti«ch«ihl ; Tci. mwam liMiili^t im Tnybtm
J. Sdüvs ISMC l!t90 s. *3t.
2i Snith «. \XTV «viiuMrt aa di« dM 2. tml tx« Skakespfww HciBrioh IV
RoBK^ur «ad «a FitvoBby in T> Ki» dIxu*cik«Bi «cluMi^pi«! Abwloa vl^Sj- Ebwn nrft im D.
FlApum vl^^^ Fama. naokdMB Kun; roa Krafsop» di« |ihiisc« gwuibt, xar wtMtgwmg dta
m aaf.
3^ In iin.««rn biMüvrapliiMi ffthler. di« rvND XTVRf'. AlmiBdetiir MonkaMaMUia 1816 s. 21B-
'J17 K««>ohri«Sra<« fiKMi^tniBOMi dM H«llh«d«» tx>b 1>4^^ foÜoaiMfabe 1 , 356)
jidM«« K l>t<«r «nd de« Wnvii vxw Kv>^ ^l . M VjS. MaitkiM in den mi
NilrnhM^ 7. lt%*\ Aoo^ \Viclrun> KnahNUfMpri tv« 15M endiMn tnt 1571
«, JOti 311.
4^ Han» Sac^k». flnI)o*m^b« 1 . 431 ^15^4^ WottsaaB. H<av«iB* 1. 30&. J. llirylh»*
AfNaHw A<v\ftitt» 0^^^ dMilMli T«n J. iVcwr \iaA»<.
tOBLEB, ÜBKB nRA.VIMTtrrEr) ,
137
id Goliath (von TTtnlff?, Ztechr. t. A. altart. 32 , 10), worden am hofe in
LopenhRgeD unit llelsiogor, wo spater die eDglischeo komödianten erschieneu. dar-
wühreud RolloDhageDS Abraham durch Haren Ejaei' nberaezt wurde. Die
I. XXXVI] genantu fabuta, in qua introdueetur cotomm al-tquis, qiti deiltluilur
I mtliea (1602) hing wol mit dem Vitiilus des Sohonaous msammen. Die
L ym * angeführte Busanna des Matsropedius hat wahrscheinlich nie existiert;
. I>. Jiicohy, MauropediuB 1887 8. 11. 8. XIV Ues 1577 statt 1677 und a. XXX,
:. 9 V. IL lauimt statt laiem.
BOBEU¥ (BIBLIN), Jtru ISeO. JOSASNKS BOLTJC
iceplion der neuh
afl Luzern (1600-
L-hdeutschen sc]
-1830). Von dr.
'iftsprache !□ i
. Brandsletter.
tadt und lai
Einaiedein If
Diese Schrift ist teilweise eine ergfinznng oder fortsetzang der , Prolegomeoa
Ini einer urinioiälichen geschickte der Luzeraer nmndavt", die der vBrfasser im Jahre
1690 heransgegeben hat und die ich band XXFV, 3D1— 33 dieser leitsohrift besprochen
Bios mnl hat sieh der Verfasser die aufgäbe gostelt, zuerst die schrin- (kani-
loi') Bpranhe in LoKcm vor dem eindringen des neuhochdeutschen und dann diese«
KndriDgen nnd den kämpf der beiden sprachformeu bis zum siege das neuhochdeut-
leb«n lUrzoElellen , beides sowol in grainmatiBcher übersieht als an textprobon.
Einleitend (s. 1 — 17) gibt der Verfasser in ebenso gewissenhafter und einleuch-
tender weise wie bei den , Pralegomena " die britischen grundsfitze an, noch denen
cu verfahren ist. Er bat nur bandschTiftlichQ quellen beunzt, weil die drucke
oR inderongen enthalten, und nur von gohürtigee Luzemera mit authentischen
iDteischrifk-n, immer von mehr oder weniger gebildeten. Schon diese grundsatKe
welche Sorgfalt und mühe der Verfasser bei der auswahl seiner c|ue11en ver-
tut bat
) folgt die darstelluDg der Luzemer kauzleisprache nm das Jahr 1600
1 gnunmatischmi hauptmerkmalen; s. 31 — 62 dos eindringen der Schriftsprache, wel-
|niM natürlich nur almählicb nnd nicht gleichzeitig auf allen punkten geschah, dar-
1 einer auswahl grammatischer erscheinungen. Den schluss machen tcxt-
roben von peraonen, die an bildung, stand und wohuoil verschieden waren.
Das einzelne liesse sich ohne Weitläufigkeit nicht referieren, ist aber immer
~ine reihe von monographien iibnlicher art, wie die nenlich erschie-
Ixeno von Nebcrt, Zur gesohichte der kanzlaisprache in Speier, ist natürlich eine
[ «merlitseliche Vorarbeit für die geschichte der kanzi ei spräche und der schriFtsprwihe
u deutschen Sprachgebiet. [Der Verfasser lioss noeh orsobeiuen; Die Luzer-
zleisprache 1250 — 1600. Gedrängter abriss mit hervorhebung des metho-
^dologischen momentes. Gesohiohtsfreund bd. XLVll, s. 227—318. Red.]
ItffilCB,
ind flexionslehre der mundart des mitleren Zornthaies im Elsass.
i Llenbort. (Alsatische Stadien, I. beN.) Straasburg, Trübner. 1891.
Dnrob die vorliegende übeTsicbtlich
niekte dialektgram matik führt sich der z
lin^eteilte und mit änsserster kon-cktbeit
ibänftige mitberansgeber des elsässiacben
138 SOGIN, ÜBER LDBNUABT, MUNDABT DI8 ZOBNTAIIS
Wörterbuches in günstiger weise bei den fachgenossen ein. Seine darstellnng ist Ewar
eine rein descriptive, ausschliesslich nur die heutige ausspräche bertLcksichtigende;
dafür bleibt er aber nicht bei der lautiehre stehen, sondern bietet uns nun einmal
auch die mundartliche declination, conjugation usw.
Einige grundsätzliche erörterungen mögen hier platz finden. Umlaut des a ist
ein stark gutturales ä, z. b. fach — faeher; gelegentlich aber auch offmes 0, z. b-
daeh — decßier, woneben wider das diminutiv däehel; ebenso bei d; ffMef^ (gar-
ten) pl. gaerte'*^ aber xon (zahn) — pl. xin. lienhart führt dieses e auf „neuhoch-
deutschen einfluss'^ zurück. Ein solcher wäre nun aber nur denkbar dorcdi vennit-
lung des gedruckten buchstaben, und da dieser = ä ist, müste dann auch die
ausspräche demgemäss sein. Wir haben es vielmehr mit zwei zeitlich auseinander-
liegenden stufen des umlauts zu tun, von denen ä gerade die jüngere ist
Etwas mechanisch ist das kapitel vom sporadischen lautwandel aa^ÜBSst Es
ist unrichtig, zu sagen: „t für k — stakse*^ = mhd. statxen*^^ sondern stakset geht
eben zurück auf mhd. stackexen, niost komt nicht von mhd. man, sondern ist zu-
sammenziehung aus magsät; mer für tctr beruht auch nicht auf spontanem laut-
Wechsel, sondern auf assimilation an vorhergehendes verbales n; in mer = man hat
sich r aus hiatusdeckung veralgemeinert usw.
Das transscriptioDSsystem, dessen lienhaii sich bedient, ist daqenige vonm
Kräuter. In diesem System kommen die zeichen b, d, g nicht vor. Eine media inm
norddeutschen sinno, d. h. tönend, besizt nämlich das elsässische so wenig wie dic3
andern oberdeutschen mundarton. Zugleich werden die tenues p^ t, k mit so gerin —
ger intensität gesprochen, dass sie mit den charaktensierton b, d, g zusammenfalleim .
Für diese laute, die „ gewissermassen zwischen den alten medien und den tenue*e
stehen**, sind die tenueszeichen gewählt — nach meiner ansieht kein glückliche» b*
griff, da p, t, k im leser unwilkürlich die Vorstellung einer energischen artikulation^
wie sie z. b. die ostschweizeiischen , nicht aber die elsässischen mundarten haben,
erwecken. Es entfernt sich dadurch die elsässische dialektologie nicht nur von der
in deo mundartlichen Schriften üblichen Schreibung, sondern auch von der transscrip-
tionsmethode der übrigen alemannischen dialekte.
Das zweite heft der alsatischen Studien soll eine darstellnng der spräche in
Arnolds „Pfingstmontag** (1816) bringen. Wir möchten wünschen, dass darin d«s
problem der lautbezeichnung seitens des nicht -philologischen dialektBchriftatellen im
Zusammenhang mit der Orthographie früherer zeiten erörtert würde.
BASEL, AUGUST 1891. ADOLF 800IN.
Der mundartliche vokalismus von Basol-stadt Von Ediuunil HeflkuuuL
Basel , Geering. 1890. 2 m.
Lobend verdient in erster linie hervorgehoben zu werden, dass Hoffinann das
einschlägige material so volständig als möglich beibringt Seine arbeit ist eine fleissige
und sorgfaltige lautstatistik. Mit besonderer verliebe hat er die geschicke der unbe-
tonten vokale verfolgt. Wenn ich mir erlaube, auf einige irtümer hinzuweiseo, so
soll dem wert der arbeit dadurch kein abbruch geschehen.
Seite 4 heisst es: „Nach den obigen erörterungen sind es also, abgOBobeo von
der ausspräche der fremdwörter, vorwiegend die gebildeten stände, wdohe die leinate
lautforro der mundart aufweisen. Es ist daher diese spräche der naohfdgeodeD
abhandlung zu gronde gelegt*^. Qende die art und weise, wie die fremdwWar vm
^H SCEILD, ÜBEB
^■to qUDgebiltleteii" bebaadelt werden, hätte dem verbsser zeigen sollen, äns& vor-
HlgsiTeise bei die^^eo die qaeJIe der mundart rein und lauter sprudelt Ohne alle
^■SosMm und gelehrsamkeit laeseti aie die (rooidea lante diejenigen vuränderuDgen
duTubmachen, welche durah die specitisohe eiiiHtellung ihrer ortilnilatiaDSergaDe bedingt
wdTden, Wie die ungebildetcu sich Freiadea spmchgut mundartlich zureoht lu legen
«isseu, so QndeD wir auch hei ihnen die erbwürter in streng gesetsroässiger fortent-
«luklnni;, und does sie beim onigang mit leuten anderer mundarten in höherem
gmd als die gebildeten eine Icorniption ihrer eigenen mundart xa befürofateu hatteo,
ist ojcbt SDEiuichinen.
Die gebildeten waren nirgeuds und ^n k^ner zeit die getreusten hütor echter
mondart, und in Basel werden sie wol keine aasoabme maehun, Wie oben ist gesagt
vonlvD, bat der Verfasser die spracho der gebildeten seinei' abhandlung zu gründe
..gdegt. Im TurkuTe derselben beaint er sich eines besseren und bringt uns Totmen,
a jeder ungebildete sich bedient.
Seite 4 erwähnt er als der gebildeten spräche angehörig: ■katonsiil, 'kontö'r.
rMh»r»»r», 'kwiKuitian naw. Seite 84, 91 fgg. werden bonbli, abfdek, 'luihüainar,
üibidün, h/diit, äbiditt laut erklfimng von Seite 4 als ebenrals der spräche der
gelrildeten konform aufgeführt, obgleich sie ganz den Stempel der ,mot8 populairea"
«D der stinie tragen. Wie reimt sich das zusammen?
Ober das vokalsehema s. 5 mag folgendes bemerkt werden, Wenn Winteler
tKerenzer mundart s. I05j die vok^e, ausgenommen die vermitlanggklangfarben , auf
einer geraden linie darstelt, so steht dies im einkkog mit seiner ansieht, dass die
v^nchiedene (lualitäl jener vokale hauptsächliob von der in horizontaler richtung sieh
volaphendeu beweguug der znnge herrühre. Vieler (Elemente der phimetik s, 16) liast
«> seinem diagramm die beiden sehenke! von a aufwarte geben, weil von a nach i
'uid II die znnge sieb hebt Hoffinann führt die beiden radien abwärts. Das ist nun
^«rdings litwas neues, aber schwer zu begreifen.
Die gleicbung t = frz. ^ ist nicht richtig. Das frz. r ist offener als HofF-
mum» f. 0 soU sich mit frz. dumpfem e decken, und um die gleichnng pUusibei zu
BUchno, wird bemerkt; i bt seiner färbung nach gegen ö hin liegend: s in btnt darf
**b nicht dem c in frz. le gleich gesezt werden.
% lö. lu Bern apricht man nicht p'ffs, mei.
In §S IT. 18. 19 befindet sich auch nicht nlles im reinen. Die Chronologie der
'''Phthongterangeu resp. der vokalverscliiebnngen steht nnf sehr gebrechlichen füssen.
Catet 1. finden wir: t'i > f», unter 3: fi >- ai. Wenn also fi in a» übargiong,
*" i {ij) schon zu ft sich gewandelt liatte, so muste dieser diphthong auch in den
'■nrondluDgBprozess hineingerissen werden, also auch in a* übergehen, folglioh würde
*™^i» Mai» ergeben haben. Dem ist aber nicht so, also (Uli auch das chronologische
S^^Qde in aicb zusammen.
Klar liegt jedoch die Sache, wenn \,-Tt folgende entwickinngsreihe annehmen.
Die 1. etappe mnes die entrundang der gemadeten vokale gewesen sein, also
"" ^ p. Auf der 2. etappe sehen wir %i in ai übergehen, und erst in Iczter linie
"^cin «ich die geachicke der hiatusvokale erfült. Nicht weil der biatusvokal ■' eine
"^ lange walfahrt angetreten, bt er zu ai geworden (f), sondern weil er später als
*''* QdiI (I sieh auf die reise begeben hat.
Hinsichtlich der tnmsscription der kunsonanten Rilt die dcppelkonsonanz im
■iwlaut jmf. Im intaut kann sie die gemination figurieren, aber im aaslaut, was hat
^'^ 4a zu tun? briitt, afkh usw. sollen doch keine gemination andeuten.
140 MISCELLBN
Nach §§ 146, 188, 199 nimt Hof&nann an, dass die alten längen i, üy ü im
auslaut nicht, sondern nur im inlaat vor vokal diphthongieren. Es ist indessen
nicht einzusehen, warum auslautender vokal vor vokalisdiem anlaut der folgenden
Silbe weniger der diphthongierung zu verfallen hat, als inlautender vokal im hiatus.
Die bedingungen zum eintritt der diphthongierung sind ja in beiden ffiUen identisch.
BASEL, JUNI 1891. F. SCHILD.
MISCELLEN.
Zu Fiiedrieh Hebbels trauersplel Agnes Bernuier.
3. akt, 8. scene. (Friedrich Hebbels sämtliche werke. Hamburg , HoffmaoD
und Campe 1891. 4. bd. s. 48.)
Albrecht. Agnes, hat man 's dir schon gesagt, dass der rote wein, wenn
du ihn hinkst, durch den alabaster deines halses hindurch leuchtet, als ob man ibo
aus einem kristaU in den andern gösse?
Hebbel benuzt hier ein altdeutsches motiv. Vgl. die erzählung der Borte
von Dietrich von Glatz, gedruckt in v. d. Hagens Gesamtabenteuer I. band, 8.456,
V. 47 fgg. Dort heisst os von einer jungen frau:
ir kinfte wi^, stnewel,
ir kel was ein lüier vel,
dadurch sack man des wines ewanc,
sioetme diu sehcme vrouwe trank.
Da „Agnes Bemauer*^ 1851, das „Gesamtabenteuer '^ 1850 erschienen ist, so ist es
nicht unwahrscheinlich, dass Hebbel gerade diese stelle vorgeschwebt hat
4. akt, 4. sccno (Werke s. 63) berichtet Ernst, herzog zu München- Baier« ^
von seinem söhn Albrecht: Er reitet heut oder morgen nach Ingolstadt zum turnie^
hinab. Dort soll er, ich möchte sagen, wider ehrlich gesprochen werden, un^
dies wird glücken; denn Ludwig hat alles zusammen gerufen, was mir feind ist, tt^
denkt: je weiter der riss zwischen uns beiden, je besser für ihn! Nun, währeD(i-
sie die fahnc über ihn schwenken, will ich dafür sorgen, dass sie sich hinter-
drein nicht zu schämen brauchen.
Den gebrauch des fahnenschwonkens in diesem zusammenhange entlehnte Heb-
bel höchst wahrscheinlich der erzählung „Michael Eohlhaas'^ seines geistesverwanten
H. V. Kleist, dem er, wie seine jugondschriffc „Über Theodor £ömer und Heinrich
V. Kleist*^ zeigt, schon früh eindringendes Studium widmete. Vgl. H. v. Kleists
sämtliche werke, herausgegeben von Theophil Zolling (Stuttgart, W. Spemann), 4^ teil,
s. 153: „Denn der erzkanzler herr Heinrich hatte die klage, die er im namen smas
herrn in Dresden anhängig gemacht, punkt für punkt und ohne die m»nd<>Btft ein-
schränkung gegen den Junker Wenzel von Tronka durohgeeezt; dergestalt, dass die
pferde, nachdem man sie durch Schwingung einer fahne über ihre hinpter
ehrlich gemacht, und aus den bänden des absenders, der sie ernährte, ivrfick-
gezogen hatte, von den leuten des Junkers dickgefuttert und in gegenwazt tiav^
eigens dazu niedergesezten kommission dem anwalt auf dem markt zu Diesden ftbsr —
gebtti mndea waren^
MIBOELliBN 141
Za Goethes Faust.
Prolog im himmel v. 68 (310) :
Weiss doch der gärtner, wenn das bätunohen grünt,
Dass blüt* und fncht die künftigen jähre zieren.
Schroer sucht in einer längeren anmerkung zu erweisen, dass hier nicht an
das gnln werden im frühlinge zu denken sei, sondern dass grünen hier die bedeu-
tang des althochd. gruqfan = wachsen habe. Ich sehe keinen grund, weshalb wir
hier grünen in einer bedeutung fassen sollen, die in der spräche des 18. Jahrhunderts
nicht zu belegen ist „Die künftigen jahre^ ist wol zu erklären durch „dieses und
das folgende jähr*'. Wie ich sehe, hat auch Friedrich Hebbel in seinem trauerspiel
Maria Magdalena (Sämtliche werke. Hamburg 1801. 2. bd. s. 99) in einer stelle,
üie offenbar auf eine reminiscenz an Goethe zurückgeht, die stelle des Faust so gefasst,
wie man sie imbefangen immer erklären wii-d. Er lässt dort den meister Anton spre-
chen: „Wenn ich einen bäum grünen sehe, so denk' ich wol: nun wird er bald blü-
ben! Und wenn er blüht: nun wird er fruchte tragen*'.
II, 2, 5 Am obem Feneios.
3189 (7801) Wo bin ich denn? Wo wiU's hinaus?
Das war ein pfad, nun ist's ein graus.
Bereits habe ich bd. 24, s. 509 dieser Zeitschrift Schröers erklärung, welcher
graos hier als land = steinkom, Steinschutt deuten will, zurückgewiesen. Ich füge
(iem heute eine stelle aus lichtwers fabeln I, 22 hinzu, wo graus in ähnlichem
zosammenhange vorkomt, indem es nach einem gewitter heisst:
Der gärtner läuft nunmehr herbei.
Und findet graus und Wüstenei
^ ist klar, dass in einem zerstörten garten von keinem steinschutt die rede sein
^^*ttii. Graus kann hier vielmehr nur die bedeutung „etwas grauen erregendes "^
haben, die ich auch für die Fauststelle schon früher annahm. Ähnlich sprechen ^ir
iK)ch von den gräueln der Zerstörung. £benso gebrauchen wir noch das adj. grau-
sam in der bedeutung von „grauen erregend*', wenn wir von einem grausamen
Unwetter reden. Vgl. auch Mnd. wb. 2, 519 unter grusam, wo aber, wie in Kehr-
«u>B Onunm. der deutschen spräche des 15. und 16. Jahrhunderts § 282, eine andere
deutung gegeben ist.
northum. h. sprbnqer.
Erwldeninir«
In seiner anzeige meines „böhmischen Puppenspiels vom doktor Faust*' s. 421 fg.
dieeer Zeitschrift (bd. XXV) gibt herr dr. EUinger den gedankengang meiner ver-
gleichmig dieses Puppenspiels mit dem volksUede in einer weise wider, gegen die
ich einsprach erheben muss. Ich muss zur erklärung die betreffende stelle der anzeige
^'i'&luen: „Die wichtigste der dabei in betracht kommenden fragen ist bekantlich die,
^ welche weise die in dem epischen volksliede vorkommende scene, in der Faust
^ den erlöeer am kreuz malen lässt, in das drama gekommen ist. Kraus versucht
^ knoten mit einem kühnen streiche zu durchhauen". Dieser „kühne streich" ist,
wie EUinger weiter ausfahrt, die deutung des titeis „Comödilied " als Gomödienbal-
w, seines inhalts als widergabe einer Prager aufführung, woraus ich nach EUinger
^ ^ine Ptager Umarbeitung im 17. Jahrhundert schliesse.
142 nwiraonnfo
Für eine solche art zu sohlieesen wfire die bezeichnung „kühner streich" noch
ein euphemismus; sie ist mir jedoch volständig ferne gelegen.
Hätte herr dr. Ellinger meine einleitong so sorgfältig gelesen, wie eine andere
qnelle seiner recension, so hätte er erkant, dass mich das angegebene problem an
dieser stelle gar nicht beschäftigt hat, dass ich vielmehr demselben schon in der
vergleichnng mit den deutschen pappenspielen auf s. 78 näher getreten bin. Die
frage nach dem Verhältnis des Puppenspiels zum epischen volksHede hielt ich in über-
grossem vertrauen auf Tilles Untersuchungen für erledigt Hatte ich doch als ent-
decker einer queUe, die seine ansichten zu bestätigen schien, keinen gnind, ihm zu
mistrauen. Es stand also für mich im vorhinein fest, dass die queUe des Volksliedes
ein Puppenspiel des 17. Jahrhunderts sei; ich untersuchte nur das veihältnis von C
zu diesem construierten Puppenspiele, und erst nachdem mir diese vergleichnng eine
gemeinsame quelle der beiden ergeben hatte, zog ich s. 94 zur beantwortnng der
nebenfrage: „wo fand diese aufführung statt? ** den titel „ Pragerisohea Comödi-
lied'^ herbei. Herr dr. Ellinger hat sich Tilles ansieht über diesen titd zu eigen
gemacht; ich vermag ihm darin nicht zu folgen. Doch das gehört nicht hieber; jedes*
fals ist meine art zu schliessen eine ganz andere, als man nach EUingera anzeige
annehmen müste.
Unrichtig ist es femer, dass ich s. 57 die innem gründe zur datiemng von C
verschweige. Hier hat Ellinger meine interpunktion nicht beachtet; ich finde bloss
diese gründe unzulänglich und berufe mich daher auf mein subjektives stilgefuhL
An der ganzen vergleichnng von C mit dem deutschen volksliede und der
daraus sich ergebenden datierung von C halte ich nun, da ich meine ansioht über
Tilles Untersuchungen geändert habe, nicht länger fest; ich glaube jedoch immer noch,
dass C ein Puppenspiel des 18. Jahrhunderts und der treueste repräsentant einer gan-
zen gruppe der deutschen Faustspiele (der kreuzgrnppe) ist
PRAG. DR. KBN81, KBJlXJS.
Antwort des reeensenten«
Ich muss es den lesem dieser Zeitschrift überlassen, die betrefFenden Seiten
des buchcs von Kraus mit meinen ausführungen zu vergleichen; sie werden dann mit
leichtigkeit erkennen können, ob die darlegungen des Verfassers ungezwungen eine
andre auffassung als die meinige zulassen.
Von einer anderen quelle meiner recension ist mir nichts bekant; heir dr. Kraus
würde mich daher zu dank verpflichten, wenn er mir zur bereicherung meines Wis-
sens diese andre quelle nachweisen wolte.
SONDKRSHAÜSBN, AM 27. DKCEMBER 1893. QIOBO KLLINQSB.
NEUE ERSCHEINUNGEN.
Andresen, K. O., Sprachgebrauch und Sprachrichtigkeit im deutschen. 7. mafL
(besorgt von Hugo Andresen). Leipzig, Reisland. 1892. Vm und 476 8. 6 m.
Die Zusätze sind wenig umfangreich; druck und ausstattung des achätibaien
Werkes sind in dieser ausgäbe sehr würdig gestaltet
Bmnne, Wlllielm, Die fabeln des Erasmus Alberus. Abdruck der ausgäbe von 1550
mit den abweichungen der ursprünglichen fassung. [Neudrucke ans dem 16. nnd
17. jahrh. nr. 104—107.] Halle, Niemeyer. 1892. LXXTT und 216 s. 2,40 m.
NEUE EB80HEXNÜK0EN 143
Der bei Goedeke' II, 437—447 eingehend behandelte fabel- und kirchenlie-
derdichtor ist in der einleitong von neuem liebevoll gewürdigt, wobei zu seiner
biographie, zu der art, wie er seine quellen benuzte, und sonst zu seiner Charak-
teristik vieles neue beigebracht ist. Interessant ist namentlich die anschauliche
lokalisierung vieler fabeln an bestimten örtlichkeiten, die Alberus aus eigener
ansohauung kante (s. LXVni fgg.).
Bttote, Karl, Beiträge zur Sittengeschichte aus Tandareis und Mordibel. Kieler diss.
1893. 64 8.
Dentselie Uttemtardeiikmale des 18. und 19. Jahrhunderts 40/41: Von deutscher
art und kunst (1773). Stuttgart, G. J. Göschen. 1892. LV und 123 s. 3,50 m.
Der neudruck dieser berühmten fliegenden blätter ist von H. Lambel besorgt,
welcher in der ausführlichen einleitung die aulsere und innere geschichte der durch
Herder veranstalteten samlung sorgfältig verfolgt Treffend ist namentlich das
zusammenfassende Schlussurteil s. XXX Vm — XLI.
Über den Verfasser des vierten aufsatzes, den Italiener Paolo Frisi, bringt
Lambel s. TXXTir neue daten; name und person des deutschen Übersetzers ist
auch ihm unbekant geblieben.
Das citat, mit welchem Herder seinen berühmten Shakespeareaufsatz bedeu-
tungsvoll eröfhet, hat Lambel ebensowenig nachgewiesen, wie einer der früheren
herausgeber. Woher stamt es? 0. E.
Die Edda. Die lieder der sogenanten älteren Edda, nebst einem anhang: Die mythi-
schen und heroischen erzählungen der Snorra Edda. Übersezt und erläutert von
Hugo Geringr* Leipzig und Wien, o. j. Bibliographisches institut 17, 402 s.
geb. 4 m.
OislasoB, KonhUt, üdvalg af oldnordiske skjaldekvad med anmserkninger, udg. af
kommissionen for det Amamagnseanske legat. Kebenh. 1892. XXVU, 248 s.
5 kr.
Uaa«k, (Hto, Zeugnisse zur altengUschen heldensage. Kiel, diss. 1892. 56 s.
Hanksbök, udgiven eftor de Amamagnseanske händskrifter nr. 371, 544 og 675, 4°
samt forskeUige papirshändskrifter af det kongeligo nordiske oldskriftselskab. Iste
hsBfte. Eebenh. 1892, Gyldendal. 276 s. 5 kr.
Heyse, J. Chr. A., Algemeines verdeutschendes und erklärendes fremdwörterbuch
mit bezeichnung der ausspräche und betonung der Wörter nebst genauer angäbe
ihrer abstammung und bildung. 17. ausgäbe. Mit rücksicht auf die amtlichen
erlasse über Verdeutschung der fremdwörter neu bearbeitet von di*. 0. Lyon. Han-
nover, Hahn. 1893. XU und 908 s. gr. 8. 6 m.
Bei der neuen bearbeitung ist das altbewährte werk vielfältig erweitert und
verbessert worden. Alle angaben sind so klar und deutlich, dass sie auch ohne
kentnis einer fremden spnu^he volkommen verständlich werden.
Kalde, Bemh., Die spräche der skalden auf grund der binnen- und endreime, ver-
bunden mit einem rimarium. Strassburg, Trübner. 1892. VIU, 303 s. 7 m.
Kmtalog over den Amamagnadanske händskriftsamling, udg. af kommissionen for det
AmamagnaBanske legat Andet binds 1. htefte. K0benh., Gyldendal. 1892. IV,
505 8. 7 kr.
Bei dem rüstigen fortschreiten dieser ausgezeichneten, von dem bibliothekar
dr. Er. K&land mit gröster Sorgfalt ausgearbeiteten Werkes ist die baldige Vollen-
dung mit Sicherheit zu erwarten.
144 NAOHBIOHTEN
Legeriotz, Gnsta?, Mittelhochdeutsches lesebuoh. Mit eiuleitiuig iiDd Wörterbuch
nebst einem anhang von denkmälem aus älteren und neueren mundarten. Biele-
feld und Leipzig, Velhagen und Elasing. 1892. XX und 134 s. Oeb. 0,90 m.
Nibelungentext nach der handschrift C, was nicht zu billigen ist, und in
ganz wilkürlicher auswahl ohne andeutung der fortgelassenen Strophen. Dazu
3 Strophen aus der Gudrun, 10 gedichte Walthers, kleine got, ahd., and., mnd.
proben, sowie ein gedieht von Hobel und zwei von Klaus Oroth.
Medeltidsordspräk, östnordiska ock latinska. Feder Läles ordspr&k ock en motsva-
i-ande svensk samling, utg. för Samfund til udgivelse af ganunel nordisk Utteratur.
11. Kommentar av Axel Koek. K0benh. 1892. 11 kr.
Meyer, Heinrich, Die alte Sprachgrenze der Harzlande. Odttingen, dies. 1892. 46 s.
Noreen, Adolf, Altisländische und altnorwegische' grammatik unter berüoksichttgnng
des umordischen. 2. volständig umgearbeite aufläge. Halle, M. Niemeyer. 1892.
XII, 314 s. 6 m.
Priese, dr. Oskar, Deutsch -gotisches Wörterbuch nebst einem anhange, enthal-
tend eine sachlich geordnete Übersicht des gotischen Wortschatzes und eine sam-
lung von redensarten und Sprüchen. Leipzig, R Yoigtländer. 1892. VI, 64 s.
1,80 m.
Der kenner des gotischen wird das anspruchlose büchicin mit interesse durch-
blättern, besonders den anhang, der oinen schnellen überblick über den leider so
überaus dürftigen wertschätz der uns erhaltenen fragmente des Wulfila ermö^ht
Der Wissenschaft wäre durch ein ausführliches griechisch -gotisches wörteibnch
mehr gedient; namentlich für die forscher auf dem gebiete der gotischen syntax
wäre ein solches werk ein sehr schätzbares hilfsmittel.
Schmeekebier, 0., Abriss der deutschen verslehro und der lehre von den dichtungs-
arten. 3. umgearbeitete aufläge. Berlin, Weidmann. 1892. 32 s. cari 0,40 m.
Hievers, Eduard, Altgermanische metrik. Halle, Niemeyor. 1892. XVI, 252 s. 5m.
£ine en^'eiterto und berichtigte Umarbeitung der von demselben ver&sser
herrührenden darstellung der altgeimanischen motiik in Pauls Gmndriss der ger-
manischen Philologie. Das buch behandelt nur die metrik der alliterierenden dicb-
tung, ist aber für diese von fundamentaler bedeutung.
Waekemagel, W., Geschichte der deutschen litteratur. 2. aufl., fortgeseast von Ernst
Martin. II, 3: das achtzehnte Jahrhundert [abgeschlossene darstaUuid.
Basel, B. Schwabe. 1892. S. 287 — 538. 4,80 m.
NACHRICHTEN.
Der ordentliche professor dr. Hermann Paul in Freiburg L B. hat einen inf
an die Universität München erhalten und angenommen.
Für deutsche philologio habilitierte sich dr. Y. Michels an der nnii
Göttingen.
Hall« a. S. , BochdnickerBi des Waiflenhantw.
DER ZWEITE MEESEBUEGEE SPEUCH.
Der algemeinen anerkennung, die Steinmejers neubearbeitung
ler Denkmäler von Müllenhoff und Scherer bei den fachgenossen findet,
1er widerholt und freudig ausgesprochenen genugtuung, dass er mit
dten Schultraditionen, die sich mit dem heutigen Standpunkte der Wis-
senschaft nicht mehr vereinigen lassen, rückhaltlos und entschieden
^brochen hat, kann auch ich im grossen und ganzen aus voller über-
^ugung mich anschliessen. Zuweilen jedoch hat er, wie es mir scheint,
)twas zu voreilig das bewährte alte zu gunsten neuerer hypothesen,
iie von ihren urhebem als sichere ergebnisse eindringender forschung
3etrachtet zu werden scheinen, bei genauerer erwägung aber als nicht
stichhaltig sich erweisen, aufgegeben. Hierher rechne ich die neue
lufFassung des zweiten Merseburger Spruches, der gegenüber ich Mül-
enhoffs erklärungen in jedem einzelnen punkte aufrecht erhalten muss. .
Steinmeyer hat sich (wenn auch nicht ohne bedenken) zu den
insichten bekehrt, die Fr. Kauf f mann im 15. bände der Beiträge
s. 207 fgg.) vorgetragen hat, ansichten, die zwar dem scharfeinne des
lerm Verfassers alle ehre machen, trotzdem aber meines erachtens samt
ind sonders verfehlt sind. Die erste von Kauffinanns behauptungen
rerteidigt den einfall Mannhardts, welchem auch Scherer, ohne ihn
eingehender prüfung zu unterwerfen (QF. LI, xxvu), zustimte, dass
lämlich Phol in z. 1 nur eine ungenaue Schreibung für Vol sei —
lur sah Mannhardt Vol als m. an, als das männliche seitenstück oder
ien bruder der VoUa (wie Njqrär — Nertlms, Fjqrgynn — ^Qfgy^,
Freyr — Freyja u. a.), während Eauffmann es als f., als nom. zu dem
angeblichen genetiv VoUa (z. 5) auffasst Dies ist schon deswegen
höchst unwahrscheinlich, weil man schwerlich im altertum die galan-
terie soweit getrieben hat, einen weiblichen eigennamen dem eines
mannes voranzustellen: in den nordischen quellen heisst es Oäinn ok
^fHgg, Bragi ok Idunn, Njqrär ok Skaäi, Freyr ok Freyja, Byggvir
ok Beyla, Äi ok Edda, Afi ok Ammaj Faäir ok Mödir, Hjqrvardr
^k Sigrlinn, Helgi ok Sväva, Helgi ok Sigrun, pjödrekr ok Ouärün
uxd niemals anders. Weitere bedenken treten hinzu. Wie der schrei-
>er dazu gekommen sein solte, denselben namen einmal mit PA, das
amOHBIFT F. DEUTSCHE PHn.OLO0IE. BD. XXVI. 10
146 OKRINO
andremal mit V zu schreiben, wird nicht erklärt — denn dass Phol
für d'Vol (die Vol!) zu nehmen sei, soll mir keiner einreden, ehe er
mir nachweist, dass der artikel vor eigennamen im ahd. gebräuchlich
war. Der anlaut v begegnet in dem kurzen Spruche nicht weniger als
viermal {vuorun, volmiy vuox, VoUa) neben einem f (Frija); wenn dem
gegenüber der name Phol mit ph geschrieben ist, so ist mir das ein
beweis dafür, dass ein laut widergegeben werden solte, der von dem
deutschen v wesentlich verschieden war, wenn auch nicht so yerschie-
den, dass er mit diesem nicht alliterieren konte^. Steinmejer bemerkt
(Dkm.^n, 47), dass die deutung Kauffmanns „nicht ganz sicher^ ist,
da „die vielen mit Phol komponierten oberdeutschen eigennamen zu
denken geben '^. Sie geben nicht nur zu denken, sondern sie verbie-
ten es geradezu, der hypothese Kauffmanns zuzustimmen. Diese Orts-
namen begegnen hauptsächlich in Oberdeutschland, mithin in den gQgen-
den, die der römischen kultursphäre am nächsten lagen, und finden
sich vereinzelt bis nach Thüringen hinein (s. die von Jac. Grimm
gesammelten belege in Haupts ztschr. U, 252 fgg. und Myth. s. 205 %g.),
während sie in Norddeutschland gänzlich fehlen (Fuhlsbüttel bei Ham-
burg gehört, da hochdeutschem ph niederdeutsches p entsprechen müste«
nicht hierher): die annähme ist also wahrscheinlich genug, dass der
eigenname Phol in der tat ein fremder, aus dem Süden eingedrungener
sei. Bugge hat dies richtig erkant, nur irt er darin, dass er (Stadier
s. 546 %.) Phol als die germanisierte form von Paulus betraditet (die-
ser hätte wol neben Christus, aber unbedingt nicht neben Wödan
erwähnt werden können). Dagegen trift Bugges frühere annähme
(a. a. 0. s. 288), dass Phol eine Verstümmelung von ÄpoUo sei, meiner
meinung nach das richtige^. Dass fremd Wörter, die mit einem mibe-
tonten vokal anlauten, diesen nach ihrer aufnähme in das germanische
gerne abwerfen, ist eine bekante tatsache (Wackemagel, KL Schriften
III, 297 fgg.); und nicht minder bekant ist es, dass die namen römi-
scher gottheiten auf verwante gestalten der germanischen mytbologie
übertragen wurden (Mars thingsus, Hercules magusanus u. a.). Dass
aber der griechisch-römische lichtgott Apollo dem germanischen licht-
gotte Balder seinem wesen nach verwant war, dürfte wol nicht sa
bestreiten sein.
1) Scherer (a. a. o.) behauptet, die alliteration fordere Vol eMt PMf was
ich nicht zugeben kann. Womit solte wol der dichter ein mit ph anlaatendea fremd-
wort (s. u.) anders alliterieren lassen als mit v?
2) Auch Zacher combinierte (Ztschr. lY, 467) Pkol mit ApoUo, mt 9k&t 4it
beiden nanion als urverwant an, was ich für
DKR ZWKITE MKRSSBTJRQBR SPHÜGH 147
Damit ist bereits ausgesprochen , dass ich auch die zweite behaup-
tung Eauffmanns (die er Bugge entlehnt), dass nämlich Balder in z. 2
nicht ein eigenname, sondern ein appellativum sei und „herr'' bedeute,
for falsch halte. Es spricht dafür nur der umstand, dass im ags. (und
sonst nirgends) beäldor allerdings in dieser bedeutung mehrfach sich
findet^. Denn dass dieselbe person in z. 1 Phol, in z. 2 dagegen Bal-
der genant wird, könte nur jemand auffallen, der es für ungereimt
ansieht, dass z. b. Ovid in den Metamorphosen dieselbe gottheit einmal
(n, 394) mit dem römischen namen Sol und ein paar zeilen weiter
(399) mit dem griechischen Phoebus bezeichnet Ich halte demnach
Müllenhoffs ansieht, dass Balder eigenname und mit dem nordischen
Baldr identisch sei, aufrecht, bis man mir beweist, dass das wort
jemals in Deutschland appellativisch gebraucht ist Dass dies bisher
noch nicht nachgewiesen wurde, führt auch Steinmeyer als ein beden-
ken gegen Eauffinanns behauptungen an, doch ist es ihm nicht gewich-
tig genug erschienen, um die neue theorie, wie sie es verdient hätte,
a limine abzulehnen. •
Eauffmann verwirft ferner die früher von allen herausgebern und
erklären! geteüte auffassung, dass in z. 3 und 4 von vier göttinnen
die rede sei, die nach einander die heilung des verrenkten pferdefusses
versucht hätten, nämlich von Sinthgunt^ Sunna, Volla und Frija.
Er übersezt vielmehr: „da besprach ihn Sinthgunt, der Sun ihre Schwe-
ster; da besprach ihn Frija, der Vol ihre Schwester". Warum „Sun"
und „Vol" überhaupt genant werden, bleibt bei dieser erklärung rät-
selhaft. Kaufimann stösst sich an dem doppelten asyndeton in z. 3 und
4 und meint, da in z. 1 Phol und Wodan durch ende verbunden sind,
so hätte auch hier die conjunction nicht fehlen dürfen! Beide stellen
sind aber gar nicht mit einander vergleichbar: in z. 1, wo die beiden
Subjekte dem verbum vorausgehen, war die setzung des bindewortes
unbedingt notwendig, in z. 3 und 4 war es volkommen entbehrlich,
weil das verbum an der spitze steht Dass ein zweites Subjekt, prädi-
kat oder objekt, wenn verbum und erstes Subjekt, prädikat oder objekt
voranstehen, asyndetisch angefügt wird, ist für die ältere poesie gera-
dezu charakteristisch, vgl. z. b. f'rymskv. 23: ganga h4r at garpi guUr
1) Die Vermutung £dw. Sohröders (Ztschr. f. d. a. XXXY, 243), dass sioh
^ aj^peDativiflche bedeutung aus der persönlichen entwickelt habe, ist aber sicherlich
mtmffmd.
2) Die hfl. liest sinhigunt, was Bugge (Studier s. 286) verteidigt, der sinkt fiir
MS *9Mmahi ansieht. Aber decomposita kommen meines wissens als
]m getnunBBdieQ nicht vor.
10*
148
hjfnipar kyr^ oxfi tUsvartir (ist etwa «ni alsrartir appositioii zu guU-
kynifar ityr?!); H4rb. 56: stund er til stokksins, qnnur tu sieinsins;
Skfrn. 34: heyri hrimpursar, synir Sutiunga, sjdlfir äsl^ar; Atlaky.
43: fjarghüs ntku, boer Buplufiga: Eßld. 20: her furlet in lante lui-
tiia sittep^ prüf in büre, bani vnwahsau (mit denselben redite, wie
im Merseburger sprucbe, könte auch hier nach Kanflfmanns logik aus
dem fehlen der copula geschlossen werden, dass bam tmwahsan nicht
als zweites objekt zu furl^ sitten, sondern als apposition zu prüt
ge&sst werden müsse, weil ja in z. 2 Hiltibrani enti Hadubrant ge-
schrieben steht!); Beöw. 49: him urtes ^eomor sefa, mumende mdd;
89: pttr icas hearpan sice^, stmtol sang stopes: 654: Hrödjär . . .
him htri abedd^ wifuemes j;eiceald; 672: ßd he him of dyde tserti^
bynmn^ heim of hafekm: Hei. 19: sia wdmn gode lidki, wirdiga ti
them gimrkie: 126: m' skal an is liba gio lides anbitan, taines an
is iceroldi (dagegen im pros. Tatian 2, 6: icht nah Ud ni Zinkit,
genau nach der Vulg.: rhwm et sieeram fwn bibit) usw. usw. Wir
dürfen auch nicht übersehen, dass. wir es z. 3 und 4 mit einer auf-
zahlung zu tun haben, wo die conjunction, was schon Orinmi be-
merkte, häufig ausgelassen wird, vgl. Rigsf>. 25: Sfi&t^ Brupr^ Svanm,
Srarri, Sprakki. FIßp. Spru9id ok 17/*, Feima, Ristil: Hyndl. 22:
(hi9999arr M/fcr, Grfmr harpskafi. jan^jolAr pörir. Ulfir gfnandi;
Sturi. I, 41^: Petra synir rdm peir Grimr. Snam\ IngjaUbr; 41**:
Peira synir rdrn peir Jon. porsteinn. Oddi: 42*: pessi vdru fe^m
hans: Asölfr, iklalrfkr. Margret: 189": hafw dUi mqrg bqm: Svari
Hrafn. Christr^: 190^: ntii rdnt bom Eyfölfs ok HiUar ... J&n,
Lodmumln Alfeidr: 191 ^: peira ft^rw Brandr^ Bali. Valger^; vgL
ferner 192"%, (14 namen ohne oonj.) 192« 193 •• "• *•• »•, 193«,
194*^ " usw. usw. Noch entschiedener spricht gegen Kanffmanns
erklaning der umstand, dass die Ton ihm behauptete amstruction
{Snptna era s^tister = «der Sun ihr? Schwester*), die noch in mhd.
zeit sehr selten bege«moc (Gramm. IV, 351), im ahd. — ich kann midi
hier auf die belesenheit meines freundes 0. Erdmann berufen: TgL
oben & 116 — s^>nst unerhört ist: und wenn Kauflfaiann in z. 2 ein
beispiel den^^lben tindet, so zeigt er widerum, dass er Tosdiiedenarti-
goji nicht ansoinaudor zu haltten vorstoht: denn ,'fr>i ist nicht gen. des
personalpn^nomons, si^idenu wie die von Entmann a. a. a angezoge-
nen i^tfridstellen aufs klarste beweisen, nom. des possessiTums und sin
rt4oi darf siobor nicht mit detno liiUarrs rolon zu einem ganzen zu-
samnuHigi^s^^h weisse wenien, sondern gehon zu binnkiij da der aus-
dnick nioht ander;^ zu fa5^M> ist, als wenn geschrieben stinde: dS wart
DER ZWUTI MERSEBUROEB SPRUCH 149
demo BcUderes voUm der vuoz birenkit — wie die werte zu verbinden
sind, lehrt schon die verscäsur.
Da somit Sunna nicht minder nominativ ist als VoUa, so fait
auch jeder anlass fort, in der ersten figur etwas anderes zu suchen,
als was man bisher mit fug und recht in ihr erblickt hat, nämlich die
göttin der sonne. Kauf&nann, der überall um jeden preis etwas neues
imd noch nie dagewesenes scheint erklügeln zu wollen, erkent in ihr
die nordische Syn. Diese göttin aber, von der in den liedem der
Edda niemals die rede ist, die auch von den skalden nur selten erwähnt
wird (einmal von Hailfiredr vandraedaskäld, Fms. 11 , 249; einmal in
der I^drsdr&pa des Eyllfr Gudrünarson, 8n. E. I, 302; einmal in einer
lausavlsa des Egill Skallagrlmsson, Egils saga ed. Finnur Jönsson s. 317;
und einmal in den Nafhaf>ulur der 8n. Edda I, 556) gehört aller Wahr-
scheinlichkeit nach als Personifikation eines bestimten Vorganges im
nordischen rechtsverfahren (Qylfaginn. c. 35) zu den jüngsten neu-
schöpfungen der skandinavischen mythologie und hat auf aufnähme in
den gemeingermanischen götterhimmel sicherlich ebensowenig anspruch
wie die vrouwe Scelde oder die vrouwe Werlt der mhd. dichter.
Es bleibt also (wenn anders meine bedenken, wie ich nicht
zweifle, begründet sind) von Kauffmanns hypothesen nicht eine einzige
bestehen, und die lehre ergibt sich, dass die kühnen neuerer nur nach
reiflichster Überlegung es wagen selten, an Müllenhofls sorgfaltig durch-
dachtem werke zu rütteln oder zu ändern. Auch die von ihm vorgenom-
mene Umstellung der namen VoUa und Frija in z. 4 muss ich durch-
aus als volberechtigt anerkennen. Vor den gesicherten resultaten der
modernen forschung hätte der hochverdiente gelehrte, der z. b. schon
in seiner herstellung der YqluspiJ die neuentdeckten metrischen gesetze,
so sauer es ihm wurde (DA. Y, 98 anm.), anerkant hat, sein äuge
nicht verschlossen, fials es ihm vergönt gewesen wäre, die 3. aufläge
der Denkmäler selber zu besorgen; durch Kauffmanns angriffe hätte er
sich aber, wie Steinmeyer selber vermutet, in seiner erklärung des
zweiten Merseburger Spruches schwerlich beirren lassen.
KIEL, 4. JAKUAB 1893. HUGO OERINa.
ALLITEEIEEENDE DOPPELKONSONANZ IM HEUAND.
Yen der algemeinen regel, dass beim Stabreim lediglich der erste
laut des stabtragenden wertes in betracht komt, machen bekantlich die
drei gruppen sk sp st eine ausnähme — drei gruppen, deren einheit-
150 B. M. MEYEB
lichkeit ja auch bei der lautverschiebung ihren zweiten konsonanten
eine Sonderstellung verschaft. Wenn aber diese drei Verbindungen die
einzigen sind, bei denen der Stabreim mehr als einen laut umfassen
muss, so komt doch eine tendenz, den reim auf mehrere glieder einer
lautvorbindung auszudehnen, keineswegs nur bei ihnen zur geltung.
Für die altsächsische poesie mindestens kann man ganz algemein die
regel aussprechen: doppelkonsonanz reimt am liebsten auf dop-
pelkonsonanz.
Mir war diese regel, deren modifikationen noch auseinanderzu-
setzen sind, längst geläufig. Als ich vor einigen jähren Heliandübun-
gen leitete, sah ich zu meinem befremden, dass sie völlig unbekant
zu sein schien. In der litteratur fand ieh sie dann nur in Bask-
Mohnikes Verslehre der Isländer. Man hat mich schon einmal geschol-
ten, weil ich dies veraltete buch citierte; ist es aber meine schuld,
dass es in vielen punkten feiner und sorgfaltiger beobachtet, als die
zahlreichen jüngeren metriken? So geht Brate (Fomnordisk metrik
s. 20) auf die frage gar nicht ein. Nur Vetter (Muspilli s. 44) hat
ausdrücklich gegen Rask polemisiert Dieser sagt (s. 15): „Ist der
hauptstab zusammengesezt, insonderheit sk st sp, so müssen auch die
nebenstäbe dieses sein, und ein blosses « oder ein 5 mit einem andern
konsonanten als nebenstab würde für einen fehler gelten; jedoch wird
dieses mit hl In- gl gr fl fr nicht so genau genommen, wiewol es für
richtiger und besser gehalten wird, wenn sie alle drei volkommen über-
einstimmen". Vetter erwidert: j^gl gr, bl br, fl fr sind nicht mit Rask
hierher zu rechnen: sie unterliegen der lautverschiebung; und dass
ihre völlige Übereinstimmung richtiger sei, als bloss die des g b f,
konnte Rask wenigstens aus der Edda nicht entnehmen^. Nun ist es
durchaus richtig, dass die Edda unsere regel noch weniger streng
durchführt, als die continentale alliterationsdichtung, wahrscheinlich
auch weniger streng als die angelsächsische; ob aber eine genaae prü-
fung nicht dennoch selbst für die Edda Rask recht geben würde, das
käme auf die probe an. Nur dürfte diese probe sich nicht auf ein
blosses zählen der falle beschränken, in denen gl gr bl br fi fr tat-
sächlich auf gl gr usw. reimen. Die „volkommene übereinstinunung^
wird vielmehr oft auf eine eigentümliche weise gewonnen, die man
noch gar nicht beachtet hat.
Übersehen wir diejenigen ahd. alliterationsverse, die mit doppel-
konsonanz beginnen, so finden wir die folgenden:
gafregin fircMm : firtumxau) MSD. I, 1 ;
prüt bare : harn MSD. 11« 21;
rDI DOFFSLK0N8ONANZ IM HKLUND 151
bretdn bMju : banin MSD. 11, 54;
prinnan pehhe : paluu/ic MSD. HE, 26;
preita : varprennit MSD HI, 58.
Nur an der lezten stelle reimt pr mit pr. Aber an den beiden
ersten sehen wir dennoch die alliterierende doppelkonsonanz widerholt,
nur mit vokalischer Unterbrechung: fr reimt mit fir, pr mit bur und
bar. Das ist nun kaum ein zufall; denn wo wir die doppelkonsonanz
an zweiter stelle treffen, begegnen wir dreimal derselben erscheinung:
ferahes frdtöro : fragen MSD 11, 8;
hSrenw : hrusti 11, 56;
furikitragan : fr&no MSD. III, 100.
Nur zweimal fehlt sie:
fateres : friuntlaos 11, 24;
brunnöno : bedero II, 62.
Zwar folgt auch hier noch ein r, aber erst in der dritten silbe.
Anderseits sehen wir aber auch die vokalisch unterbrochene doppel-
konsonanz auf ihres gleichen gereimt: garutun (güähamun) : gurtun
II, 5. — Ich behaupte nun, dass es sich hier um eine beabsichtigte
Terskunst handelt. Der reim auf doppelkonsonanz gilt für vpl-
kommener, wenn das reimende stabwort beide konsonanten
bringt, sei es auch mit vokalischer Unterbrechung, frötöro :
frägSn galt gewiss für besser gereimt als ferahes frötöro; dieses aber
immer noch für besser als fateres : friuntlaos.
Zur deutung dieser zunächst vielleicht befremdenden erscheinung
ist an die häufigkeit der svarabhakti im germanischen (J. Schmidt,
Vokalismus 2, 373 fg.) und besonders im westgermanischen (Braune,
Ahd. grammatik § 65; vgl. Gall6e, As. laut- und fiexionslehre § 69)
zu erinnern. „Die liquiden", sagt Schmidt dort, „haben in den hoch-
deutschen und sächsischen dialekten von je her einen stark vokalischen
klang gehabt, der sich in den ältesten Sprachdenkmalen wie in den
heutigen volksdialekten zwischen ihnen und folgenden konsonanten oft
zum selbständigen vokale individualisierte'^. Mit anderen werten: beim
vortrage reimte tatsächlich nicht fer : fr, sondern fer : fer, und der
reim ferahes : frotoro war also völlig gleichartig dem reime garutun :
gurtun. Gerade wie Otfrid den endreim gern über die lezte silbe her-
aosddint (Erdmann, OtMd s. LXYIII), so liebt die stabreimdichtung
die alliteration über den ersten konsonanten zu verlängern ; und wo die
doppdkonsonanz kein genaues echo findet, da tritt aushelfend silben-
roim oiiL Im princip, darf man sagen, galt die Verbindung „muta
cmn Uqiiida^ als einheitlich und verlangte entsprechenden reim; aber
152 B. M. MSTBB
da sie in praxi fast als silbisch empfunden ward, konte dieselbe strenge
wie für die metrischen binderonen sk sp st hier nicht statfinden.
Um die regel, deren Wahrscheinlichkeit aus den geringen resten
althochdeutscher stabreimdichtung sich uns ergeben hat, an reichhal-
tigerem material zu prüfen, habe ich die ersten 1019 verse des Heliand
durchgesehen und gebe nun hier das resultai Der bequemeren ter-
minologie wegen habe ich, vom Standpunkte der reimtechnik ausge-
hend, die Verbindung von muta und liquida mit eingeschlossenem
vokal „aufgelöste doppelkonsonanz^ genant, obwol man sachlich mit
mehr recht die doppelkonsonanz in solchen fällen als kontrahierte silbe
bezeichnen dürfte. — Da sc «p s^ als ein konsonant gelten, so war
ihre Verbindung mit r als den gruppen br er usw. gleichartig anzu-
sehen und zu behandeln.
Der kontrolle wegen haben wir auch die falle verzeichnet, in
denen doppelkonsonanz nicht auf gleiche, sondern auf ähnliche, d. h.
nur im ersten componenton identische doppelkonsonanz reimt
Von doppelkonsonanzen kommen im Stabreime vor:
I. an erster stelle:
X + r: br er dr fr gr hr ihr lor; nicht tr.
X + l: hl fl gl hl sl; nicht wl.
X + n: sn; nicht cn. x + w: nicht suy.
X + y + ^' str; nicht ser spr,
II. an zweiter stelle:
X + ^•* br er dr fr gr wr; nicht hr ihr tr.
X + l: fl hl wl; nicht bl sl
X + n: cn; nicht sn, x + tv: stv,
a^ + y + ^•' weder str noch ser oder spr.
III. an dritter stelle:
x + r: br er dr fr gr hr ihr tr; nicht tmr,
X + l' hl sl; nicht hl fl wl,
X + n: sn; nicht cn. x + w: sw,
^ + y + r: ser spr; nicht str.
Von den im altsächsischen vorkommenden doppelanlauten feh^
im Stabreim gänzlich nur cl; für sl halten wir uns in sKumo 13'
1014 M gegen sniumo C an den Monacensis.
Yon den anlauten sc sp st, die ja so wie so als einheitlidi behi
delt werden, ist (ausser in den Verbindungen mit r) hier abgesehen.
Es bleiben demnach im ganzen neun Verbindungen mit r,
mit /, zwei mit n, eine mit ?r, sowie die drei konsonantisdien tripfts'
thonge ser spr str, also zusammen zwanzig doppeikonsonaiiBeii.
iLunBiSREme doppklkohsonane m Hiuiro 153
L Volle doppelkonsonanz an erster stelle,
1} Doppelkonsonanz reimt mit der gleichen doppelkoneonanz , und
a) ausscbliesslich mit voller doppelkonsonanz: er: CristeB : crafte
34, dr: dragu dnigi : drihtnes 264. drome : drohtines 316. gidruof^
drome : drohciu 681. drohtin : droma 710. fr: fruodo : gifriimid 105.
iruod ; frahon 177. Fehlt bei br gr kr thr ivr and allen verbindun-
IPD mit L
b) mit doppelter und einfacber konsonanz; nur Cristes cumi :
tpraSt 866.
c) mit voller und aufgelöster doppelkonsonanz: er: craft Crist© :
giconm 12. fr: frumida ferehtlico : frohon 109. freson ferahes : fridu 773.
d) auBscbliesalich mit aufgelöster doppelkonsonanz : br: bredan
herg : bam 714. er: craft : gecorana 17. Cristes : kara 499. dr: droh-
tia diurie : derbi 27. fr: trummian firiho : fiori 'J. fruod : terehtan 73.
fruod : foroht 115. fridu : firio 420. fiidu faraa : furthron 483. &a-
g<)da : tiriwitlico 815, gr kr tkr wr fehlen, fl: flesk afallan ; fei 153.
JW.- hluttron : helago 291.
e) mit aufgelöster doppelkonsonanz und einfacher konsonanz: br:
brudion Bethleem : barn 749, w.- Ciiät cuniugo ; gicoranan 991. fr:
fri ferahu : fehmoa 310. fremidun firinwerc : fellun 743. fridu fion-
don : frahmuod 1011. kr: liriuwig herta : helaga 804. wr: writan
"irislico : wordgimerkion 233. wreth wtirdigiscapu : widua 512. wrc-
tiiero willeon : word 955, kl: hlutteran hugi : helloa 898, hlud hohon :
beland 990. str: atrid stände : starkan 29.
2) Doppel konsonanz reimt mit dor gleichen und iUmlicbor dop-
pelkonsonanz: allemal bei autgelöstor doppelkonsonanz:
fr: fruod filowis : fum 570. kr: hriuwig herta : helaga 604.
tkr: thrim githolonne ; therna 502. wr: wrethero willeon : word 955.
i) Doppelkonsonanz reimt mit ähnlicher doppelkonsonanz und
tawar:
a) ausschliesslich mit voller doppelkonsonanz: cn: cneo craftig :
1 982. sl: slapandion : sweban 680,
b) mit doppelter und einfacber konsonanz: bl: blithi gibodscipi :
brudi 301. blithi brioston : bocne 666. fl: flodo fagarosta : fridubam
760. hl: hluttni hugiu : bnigan 546. ,w.- snidi suerdu : serora 747.
c) mit voller und aufgelöster doppelkonsonanz: bl: blithi brioston :
hmm 474.
d) ausBchlieeslieh mit aufgelöster doppelkonsonanz: fr: gifruodot :
filo 208 und 22ä. fridugumono : folk 619. üidubam : fundan 667.
154 B. 11. MBYEB
e) mit aufgelöster doppelkonsonanz und einfiEtcher konsonanz: bl:
blikan berehton : bocne 602. blodaga barmon : banon 751. hl: hlutro
hugiu : herren 111. hluttran hugi : herdos 422. hluttran hogi : giho-
rig 837.
4) Doppelkonsonanz reimt mit einfadier konsonanz und zwar:
a) ausschliesslich mit einfacher konsonanz: br: brudigumen : bodlu
509. brioston : buokcraftes 614. er: craft antkendun : comi 489.
craftigron cuning : cunneas 610. Crist : ankennean 813. dr: drohti-
nes : dadio 140. drohtine : dages 515. drohtine : dadeon 936. droh-
tines : dopean 1000. fr: nie. gr: gruotta geginwardi : gode 258. ihr
thria theodo : thenkean 593. thria : thingo 653. bl: blithi gibodscepi
Bethleem 424. gl: glauwa gumon : godes 623. dass. : gi& 654. dass.
godes 809. M: hluttro hugiu : helagna 467. str: stranga stemna : for-
standan 934. »w: sweltan sundeono : sid 734.
Die andern fälle haben wir schon verzeichnet: mit doppelter und'
einfacher konsonanz s. u. 1) b) bei gleicher, 3) b) bei ähnlicher dop-
pelkonsonanz; mit aufgelöster doppelkonsonanz und einfacher s. u. 1)
c) und 3) c), mischfälle s. u. 3) b) und 3) e).
n. Volle doppelkonsonanz an zweiter stelle.
1) Doppelkonsonanz reimt mit der gleichen doppelkonsonanz.
a) ausschliesslich mit voller doppelkonsonanz: nicht möglich, da
der fall sonst unter I. 1) a) fiele.
b) mit doppelter und einfacher konsonanz: er: cuman craft : Gri-
stas 49. kind cribbiun : craft 382. cuthian craft : Crist 399. cuningo
craftigost : Crist 973. fr: fader fragen : gifruodot 228.
c) mit voller und aufgelöster doppelkonsonanz: fr: fuori friun-
don : gifragn 800.
d) ausschliesslich mit aufgelöster doppelkonsonanz: br: gibaig-
briostun : bam 831. dr: diuridun drohtin : derbeas 83. fr: firih(^
frummian : fiori 16. en: kinda kneobeda : cuningwisu 672.
e) mit aufgelöster doppelkonsonanz und einfacher konsonanz: br: —
bari briostun : bidun 174. giboht brudi : bam 298. baron brio6ton '^
badun 690. dr: diurlic drohtines : dopi 961. fr: firio firumon : fiundcia
52. firio &uma : findan 403. gr: gerne gramen : guodon 901. wr ^
wislico giwret : wordu 237. weros wracsid : wundan 554,
writan : warsagon 622. cn: kunneas cnuosles : kiesan 223.
2) Doppelkonsonanz reimt mit der gleichen und
konsonanz :
a) ausfichliesalich mit voller doppolkonsonanz fält mit I. 2) a) zu-
MuiimeQ.
b) mit doppelter imd einfacher konsonanz: bei der vollen doppel-
koDsoo&nz T erzeich aet
c) mit voller und aufgelöster konsonanz: fr: folmon frumldim :
fiaiod 180.
d) ausscblieeslich mit aufgelöster doppelkonsonanz : fr: fJalle friin-
;bro : firio ■496, eii: quanii cnuosla : ciinneas 347. cumiut cnuosle : kun-
s 366. cuunies cnuosle : cumana 558.
3) Doppelkonsonanz reimt mit ähnlicher doppelkonsonanz und
a) aasscbliessiich mit voller doppelkonsonanz: fiele unter frühere
brik, da auch an erster stelle doppelkonsonanz stünde.
b) mit doppelter und einfacher konsonanz: /f.- fuodan flettea :
^fruodot 150. fagaro flettea : fragode 552. I'agar tlode : fridubarn 983.
.- hofno hludost : hertun 746. ^iv: sagda swefna : slapandion 701.
c) mit voller und aufgelöster doppelkonsonanz: hier wäre nur der
fUl zu verzeichnen, dass an erster stelle aufgelöste, an dritter volle
loppelkonsonanz stände; er komt nicht vor.
d) ausschliesslich mit aufgelöster doppelkonsonanz: nie.
e) mit aufgelöster doppelkonsonanz und einfacher konsonanz: hr:
balg brioston : beteran 723. fr: fagaron l'ratohon : folmon 380. cn:
Ciunan cnuosle : kesures 66.
4) Doppelkonsonanz reimt ausschliesslich mit einfacher konsonanz:
er; gicuthid craft : quena 193. cuman eraft : kind 276. cuningo craf-
.tigost : cuman 371. kind cribbun : cuning 407. cuman craft : ciming
>698. gicuthid craft : cumbal 648. gr: guodan gruottun : geba 673.
ni. Tolle doppelkonsonanz an dritter stelle.
1) Doppelkonsonanz reimt mit der gleichen doppelkonsonanz:
a) ausschliesslich mit voller doppelkonsonanz: würde mit I. 1) a)
ZDEammenfalleu.
b) mit doppelter und einfacher konsonanz: nach der doppelkon-
sonanz an erster bez, zweiter stelle verzeichnet
c) mit voller und aufgelöster doppelkonsonanz: ebenso.
d) ausschliesslich mit aufgelöster doppelkonsonanz: dr: diuritha :
ihtine 418. fr: ferahtan : fremmean 93. forohti ferahe : freson 263.
Tth : friunacepi 322. ferran gifarana : fragoda 633. fonibodo : frahon
'31. -KT: warGagono word : wrekkean 631. A/.- heland : bluttro 958.
156 B. M. MSYEB
e) mit aufgelöster doppelkonsonanz und einfacher konsonanz: br:
barn buosme : brioston 292. bamo betst : bringian 338. dr: demero
dualm : drohtin 53. duome diurthun : drohtin 490. dopta diuiüco :
drohtin 967. diurlicaro dufun : drohtines 988. fr: fiendan autfiiorian :
gifrang 715. gr: georno gangan : grurios 112. hl: huldi heban : hlat-
tra 902. sl: selben gisahun : sliumo 1014.
2) Doppelkonsonanz reimt mit der gleichen und ähnlicher dop-
pelkonsonanz:
a) ausschliesslich mit voller doppelkonsonanz,
b) mit doppelter und einfacher konsonanz
c) mit voller und aufgelöster konsonanz:
alle drei falle nach der vollen doppelkonsonanz an erster oder zweiter
stelle verzeichnet
d) ausschliesslich mit aufgelöster doppelkonsonanz: wr: weros
waldand : wrekkeon 671. />'.- folgodun farahüico : frumida 659. sl:
selbes sunies : sliumo 137.
3) Doppelkonsonanz reimt mit ähnlicher doppelkonsonanz:
a) ausschliesslich mit voller doppelkonsonanz,
b) mit doppelter und einfacher konsonanz,
c) mit voller und aufgelöster konsonanz:
wie bei DI. 2).
d) ausschliesslich mit aufgelöster doppelkonsonanz: er: kindiski
craft 840. hr: helithos hondon : hriwig 722. hl: himil : bihlidan 41
handgiwerc : hlutra 885.
e) mit aufgelöster doppelkonsonanz und einfacher konsonanz: M —
bereht bocan : blek 661. fr: fagar felde : fri 435.
4) Doppelkonsonanz reimt ausschliesslich mit einfacher konsonanz::
br: gibonkeon gibeddeon : brudi 147. buokstabon : brief 230. ban bod—
scepi : bredun 341. buokspaha : brief 352. er: antkendun kumbal
Crist 657. aquellean : craftig 754. dr: Dauides : drohscepi 363. Daui—
des : drohtin 401. dago : drohtin 485. dohter : drohtine 505. dopan
drohtines 889. dopi : drohtin 971. dopta dag : druhtfolc 978. fr -
fasto bifangan : gifrumid 43. fodda fagaro : Mo 438. fiasto : finoun^
1018. gr: gumon Josepe : gruonean 757. ihr: thiedo : thritig 963. tr
tionon atomid : treuwon 1016. scr: unsculdiga scola : biscribun 752
spaha : gisprokean 375. spahoston : spracono 613. spahan : spiakon 84!
lY. Aufgelöste doppelkonsonanz an erster stelle^
Hier können also reime mit voller doppelkonsonani mfdtA
betracht kommen, weil schon oben verzeichnet; daaadbefii
ALLirgRIESlSDlt DOrrELKONSONÄN?. fK HKLUIID 157
1) Au^elöste doppelkonsonanz reimt
mit der gleichen aurgeloston doppelkonsonttiiz aiisscbliessiicli :
br: burgliudiun : bam 824. fr: fernun : formon 217. kr: harma ;
buriaQ 498, hardüco : herro 640. iir: werthaii weroldi : worden 125.
giwerthan : wordoo 158. giworttnn weroidl : giwarod 374. warüco :
kordon 417. worden wercon : weroB 541. wordspaha weros : wariin
weroldrikea : werthan 618. wirkean worduii ; werold 811, war-
; wordoB 868. wararo wordo ; wartb 907. weros warüco : werold
weron weroldi : wirtbig 938. hl: helaglico : haldan 333, ebenso
helaga : hetithon 518. holda : bibaldon 540. helagan : heiean
i. sl: selbou : saligna 587. wl: alowaldaii : willeo 998. cii: kind-
: kunneas 167. cuniuges : kindisc 733. kind kunni : cuning 774,
b) mit der gleichen aufgelösten doppelkonsonan:; und ein&cber
'ironsünaiiz : br: barn biirgeoo : bed 196. bam giburdeon : gibod 205.
baro barma : gibod 216, giboran burgion : gibod 348. giboran Beth-
lehem : baruo 370. berebtun bürg : buoki 530. berehtun bokne : bam
545. barnes giburd : bodon 697, bam Bethleem : giboran 731. bamo
best ; giboranero 835. fr: firio beforan : Kwi 47. gifaran fatbic : Cer-
ran 556. faran fern : fagin 899. hr: hard baramacara : helag 240.
bann herta : hugi 607. wr: wordun wercun : wisara 5. giwarabtes gi-
wabsanes : wordon 42, warun weroldi : wundar 157. giwordao waren ;
_vrihe 171. wardon weroldi : wini 321. waren wordon : biwundan 406,
irnn wordun : wiba 445. warun wordon : giwittig 569. giwath
raroldi : wiscuning 582. werod wariicti : wissin 620. werilan we-
Ujdi : wibon 748. wertban worden : giwit 850. weros watere : war-
1001. kl: helpa himile : helagna U. helag himilisc : heütbo 15.
|Ad helaga ; hugi 385. helag himilisc : lielithos 440, helpa hebancu-
: helago 521. wl: welono wunsaraost : willeo 871. cn: cuuing
BBUrdome : cunnio 605. kindes cumi : cuning 639.
2) Aufgelöste doppelkonsonanz mit gleicher und ähnlicher aufge-
ter doppelkonsonanz: frr.- berebtun but^ :bilithi 433. hr: barm herten :
älitho 500. «r; wirdiga giwirkie : waldand 20. word weroldi : wal-
ind 26, werthan weroldi : waldandes 277. werthe wordon : willeo 286.
Pirardot warlico : waldandes 300. weroldes waldand : word 409, weros
■oldi : willeo 484. werodas giwaldan : word 767. wertlian weroldi ;
jros warlico : waldand 905, word willeon : worde 933.
*©rthan weroldi : willeon 943. W.- helithon hertan : helagna 21. ivl:
**'ftldanil welda : wordon 682. waldandes willeon : wordon 779. giwald
Cilleoii 842.
u%elöste doppelkonsonanz reimt:
158 R. M. MKTKR
a) mit ähnlicher aufgelöster doppelkonsonanz ausschliesslich: hr:
herren : helage 708. herron : helithos 917. tmr: giwirkean : weldi 163.
warlico : willeon 398. weroldi : waldan 585. fi: folgodin : fim 596.
filowiso : fiim 624. folke : furisagono 928. M: heim : heritogon 58.
hei : herron 259. wl: waldand : werold 39. waldande wertha : word
117. waldand warlico : wordo 974.
b) mit ähnlicher aufgelöster doppelkonsonanz und einjEacher kon-
sonanz: br: giboran bald : bocon 599. er: gicoran kuninge : keser 62.
hr: hetan heritoge : helmberandero 765. rvr: warahta willeon : wib 78.
werode wihe : wilspel 519. giwirkian willeon : giwendit 692. wirkean
willen : wih 790. wirkean willeon : wissun 855. war waldand : weg
916. werod watere : waldan 979. bl: balda bodscepi : bam 651. U:
helag heriscepi : hebanwange 411. holdan herron : gihetan 486. holda
herren : handon 676. wl: waldandi wirdig : giwit 260. waldandes
word : giwit 575, ebenso 689.
4) Aufgelöste doppelkonsonanz reimt ausschliesslich mit einfiu^er
konsonanz: br: berehtlico buok : gibodscip 8. bam buosme : gibod 324.
bürg Bethlem : bethero 359. bam bocon : bedu 592. gr: gerne :
gigamalod 481. garo gumono : gode 957. ihr: thiomun thinero : gi-
thungan 319. tr: torohtan teknon : to 428. torohtero tegno : tid
852. tor: giwerkes : wundran 160. werod wihe : wundrodun 175—
werod witie : wisbodo 249. word wisa : wib 288. weros wahtu :
geo 389. wordos : wiht 396. worden giwisda : weg 695. word
dorn : giwitteo 848. werold : weg 896. werodes wuostinnia : wihtij
935. bl: bilithi : bocno 373. hl: helag : handon 7. helag : hebanwang^E
275. haldan hohgisetu : hiwiskes 365. heiagas : hebanwange 41A-
helagna hebancuning : hugi 473. helagna hebancuning : herro 48C^<
holdan : hwerban 482. cn: cuning cuman : cumbal 635. kindjunga. :
qualmu 750. kindisc : quidi 817.
V. Aufgelöste doppelkonsonanz an zweiter stelle reimt
1) mit der gleichen aufgelösten doppelkonsonaz;
a) ausschliesslich: wäre nur bei fehlen des ersten Stabes mflglicla;
sonst schon verzeichnet
b) mit der gleichen aufgelösten und mit einfacher kcuttonaiia: br:
bethiu giburdion : berehtun 367. Bethleem buig : bamo 4D4. boitnB
giburdeas : bam 584. bethiu bamu : berehtun 778. bodon bnigi : iMtft j
919. best giboranero : bamo 003. kr: habda heriaoipie : hflila S& J
ivr: wines weroldi : wurdgiscapa 127« widon voiQld^: irwUiaa IM
wanom weroldi : word 168- .i;
nLUND 159
iwirkes : giwerthan 203, wie weroldi : word 273. vridan werold :
rerod 349. widun werold : wardos 387. wester weroldi ; giwarod
87. wissim waren : wordon 615. wonon werode : word 707. wissa
: wernde 799. wiasaro waraagono : weroda 924. wesan weroldi :
rord 999, //; fagar folc : filu 412. fand folca : filo 805. wl: wegos
lldos : willionu 603. wendun wiHeon : waldandes 699. wonon wil-
>n : giwald 827.
2) mit ähnlicher aufgelöster doppelkonsonanz:
a) auaschliesslich : schon verzeichnet.
b) mit ähnlicher aufgelöster doppelkonsonanz und eint'aclier koii-
nanz: Vir: wisdn weroda : waldandes 186. wisean waren : waldaodes
flO. wancim weroldi : willeo 447. wendian weroldi : willo 471. widor
reroldi : willeo 536. wintro weroldi : wiileon 964. bl: bocan bililhi :
n 479. //: fflsto bifolhan : ferahtan 22. bifieng felde : forohton 393.
■ wanom wolkan : wardos 392. wunoda wiileon : wurth 761. watar
rilleoD : weroda 874. wonoda waldandea : word 989, wesan weroldi :
llo 1012.
3) mit einfacher konsonanz: br: buok baram : bad 232. bedun
iroe : banen 644, lor: giwisda giwarahta : wuudarlicas 36. wisa wor-
1 : wih 95. wintro weroldi : wib 145. wib wurdigiscapo : wintar
fi7. wesan weroldi : wisu 211. widua werold : wibes 281. wesan
irode : wiso 312. giwendid wordou : wibe 330. wises word : wib
l3. wintro weroldi : wih 514. wanom weroldi : wisun 687. wohs
nroda : giwitteas 783. wisaro wordo : gtwitun 832. wemlat wordon :
182. was weroda : wiscumo 921.
Aufgelüste doppelkonsonanz an dritter ätello reimt mit
einfacher konsonanz:
br: bodo : baru 446. bethiu Betlileem : barii 459. Bethleeni :
0 626. bodo : bam 770. giblodan bam ; gibodecepi 895. dr: Da-
1 dohtor : diurlic 255. fr: fagaro antfengun : ferebtiin 677. g}-:
mono : gerno 1019. ihr: theiikean tbingo : thiomun 314. ti>r: wih :
srod 103. wibe : wordon 114. giwiimanne : wordon 143. wanük :
uthan 207. wis winsoli ; word 229. wapnon witnot : werk 501.
rihes : wardoii 814. awahean wuostinniu : werudes 860. wuostinniu :
864. //.- fundun : folco 430. hl: ahebbean : helagaro 24. heban-
: helag 434. bugisccftion : hclag 436. handgiwerc : hlutra 885.
Bei der beurteilung dieses materials ist von den fällen auszu-
ihen, in denen die doppelkonsonanz au erster stelle steht, denn der
xweito Stab ist Ja der schwäi.:hste , der sogar olt gau/. fehlt, uud der
160 B. M. HKTIR
dritte kann auf die gestaltung der früheren nicht 80 leicht einwirken,
wie der erste auf die der späteren.
Bei den fallen unter I. steht nun die Statistik nicht aiza gOnatig.
39 belege genügen unserer regel: 8, in denen xr mit nr, 3, in denen
X7* mir Qor und afr^ endlich 28, in denen es mit afr reimt (wovon 4
unter I. 2). Dabei ist als wichtig zu bemerken, dass der einfoche
reim (I. 1, b und L 1, e) fast stets auf den zweiten stab fSlt: so 866
70 749 991 1011 502 233 955 898 990 29; und bloss 310 743 804
512 finden wir den dritten stab mit einfachem komponenten. — Aber
diesen fallen stehen zunächst (unter I. 4) 19 belege gegenüber, in denen
einfache konsonanz reimt; und dazu kommen noch (unter L 3) 17, in
denen zwar doppelkonsonanz reimt, aber eine andere als an erster stelle
steht Das wären 36 beispiele gegen, 39 für unsere regel.
Aber betrachten wir die beiden gruppen der ausnahmen näher.
Zunächst bei I. 4) ist nicht zu verkennen, dass unserer regel
kein genüge geschieht. Hier falt nun auf, wie oft dieselben stabworte
begegnen. Viermal steht drohtin, zweimal thria, dreimal die formel-
hafte Verbindung glauwa gumon im versanfang: 9 von 20 stellen. Der
dichter befand sich hier in einer Zwangslage: bestimte werte drängen
sich ihm fast unvermeidlich auf, ohne dass er ihnen volle reimwort^
zur Seite geben konte. Immerhin bleibt natürlich die tatsache, dass iv^
all diesen versen der dichter sich mit dem reim auf einfctdien kompo-^
nenten begnügt
Wie steht es aber mit I. 2) und besonders I. 3)? Sind
falle den eben besprochenen gleich zu stellen oder vermitteln sie zwi-
schen ihnen und den beispielen mit volkommenem doppelreim?
Ich glaube das lezte. Die verwantschaft von r und l ist mindc
stens so gross, wie die der verschiedenen vokale, die ja auch auf eia —
ander reimen. Ja sie ist grösser: leicht kommen Schwankungen zwi —
sehen r und / vor (Sievers in Pauls Orundriss I, 296), so specieU aucb
ahd. (Braune § 120 anm. 1) und mhd. (Weinhold, Mhd. gramm. § 103
194). Von vornherein darf also jedesfals nicht bestritten werden, dasB
die konsonantische assonanz in fallen wie filuifuru empfanden ward;
ein vermittelnder klang der ausspräche, wie er etwa der in r mid /
differenzierten liquida der idg. urzeit eigen gewesen sein magt 6ixi
gänzliches fehlen des rollens (Sievers a. a. o. s. 279) konte die IhnUdb*
keit der reimenden Silben noch steigern. Und dass das •& r lw4i^
stens in einigen worten „eine wenig energische aoBqpiecbe* IhMb, i>t '
ja auch sonst wahrscheinlich (Gallfe As. lant- luid flBSiQMlilmMI^JMI "
Allerdings gilt all dies nur für die ftlle, ii
ALUTERIEBKNDE DOPPELKONSONANZ IM HEUäND 161
entsprechen. Bei beispielen mit cn, sn, sw bin auch ich geneigt, an
zo£eQ1 zu glauben. Für absieht bei der bindung von / und r aber
spricht der umstand, dass in den betreffenden versen das nur^mit ein-
facher konsonanz versehene wort gewöhnlich in der schwächsten reim-
stelle steht: 301 760 111 422 837; an dritter stelle finden wir ein-
&chen konsonanten nur 666 und 602 (beidemal mit demselben worte:
bocne).
Bechnen wir nun die verse unter I. 3), in denen ocr und xl rei-
men (elf), zu denen, welche xr mit arr, xl mit xl binden, und führen
wir andererseit die bindungen von cn mit er, sl mit sw, hl mit hn,
m mit sWy fr mit fn (fünf) denen zu, die doppelkonsonanz mit ein-
facher konsonanz reimen, so stehen nunmehr 50 fallen für die regel
nur 25 gegen dieselbe gegenüber. Man sieht, wie notwendig bei sol-
cher Statistik eine individuelle prüfung der einzelnen Massen ist
Besonders ist hier noch eins anzumerken. Da die art der vokale,
selbst wo sie allein den Stabreim tragen, keinen unterschied macht und
die bindung ungleicher vokale sogar vorgezogen wird (Brate Fornnord.
Metrik § 21), so kann natürlich bei unserm nur assonierenden silben-
f^im gleichheit der von der doppelkonsonanz eingeschlossenen vokale erst
fecht nicht erwartet werden. Ob bredan:berg oder bredan: barn, das
Diacht keinen unterschied. Dagegen ist es wahrscheinlich, dass beim
föim von echter und aufgelöster doppelkonsonanz kürze des mitreimen-
den Vokals verlangt wurde. Wenn 990 hlud auf heland reimt, so ist
ter Zwischenraum zwischen h und l im zweiten worte zu gross, um
üö assonanz empfinden zu lassen. Anders steht es, wo zwei silben
leimen: helaglico : haJdan 333 kann sehr wol beabsichtigten gleich-
klang aufweisen. (Auch wenn beide assonierende silben lang sind —
^ie 708 herren : helage — kann gleichklang beabsichtigt sein: nacli
dem langen vokal wird die liquida leicht halb in die erste silbe gezo-
S^H: hä'lage.)
Da die von uns vermutete bindung einer silbe mit einer doppel-
konsonanz jedesfals voraussezt, dass nicht nur die leztere langsamer,
äoudem wol auch die erstere schneller gesprochen wurde als sonst, so
^Uid alle fiUle auszuschliessen, in denen konsonanten zu eng zusam-
^ii^QiiTfiQken würden, deren vergeselschaftung dem gem. Sprachgebiet
^'idflntrebi Y. 747 muss serora als nur mit 6^ reimend angesehen
L^ Bioht bloss wegen des langen vokals, sondern auch weil sr
^danbter anlaut ist; es wird ja urgerm. dafür str ge-
IBILOLOOne. BD. XXVI.
11
1G2 R. M. MKYKB
Nachdem wir nun die gleichartigkeit der ^ aufgelösten '^ mit der
echten doppelkonsonanz zu erweisen versucht haben, gehen wir gleich
zu den fallen über, in denen diese an erster stelle sich findet (IV).
26 verse binden oih" mit Tfr^ afl mit aflj 35 reimen teils so teils mit
einfacher konsonanz. In diesen lezten fallen tritt die überraschende,
noch nicht beobachtete erscheinung auf, dass die einfache konsonanz
öfter an iezter als an zweiter stelle sich befindet Sehr oft sind die
beiden ersten stabworte formelhaft verbunden, so in fsAi allen beispie-
len mit br, femer 406. 445. 569 tvarun wordon. Indessen das erklärt
nur den vollreim an zweiter, nicht den unvolständigen reim an dritter
stelle. — Die gleiche erscheinung finden wir nun beim reim aaf
ähnliche doppelkonsonanz. Fast immer steht (lY. 2) die identische
Verbindung an zweiter, die nur ähnliche an dritter stelle: berehtun
bürg — bilithij oder es steht (IV. 3, b.) die ähnliche doppelkonsonanz
an zweiter, an dritter stelle aber einfache konsonanz: waldande tcir-
äig — gindt.
Ich glaube, dies zwingt uns, der aufgelösten doppelkonsonanz doch
eine etwas von der der echten abweichende rolle zu geben. Wo aD
erster stelle xr, xl reimt, da wird zur volkommenheit des reims auch
an der korrespondierenden stelle doppelkonsonanz gefordert, die im not-
fall durch xhr afl ersezt wird. Wo aber an erster stelle oifr x^l sich
finden, da wird dies nicht verlangt Nur werden gern alte typische
reimpaare in die erste halbzeile gesezt, die selbst einer früheren, wahr-
scheinlich strengreimenden zeit entstammen und jezt nur noch zur"
bequemen vei-sfüllung dienen. Scheint es doch mit den zwillingsfor —
mein, dieser charakteristischen eigenheit der altgerm. dichtung, gan^
ebenso zu stehen (meine Altgerm, poesie s. 245). Der volle reim
beginnender, aus muta + vokal + liquida zusammengesezter silbe
also in der as. dichtung nur ein rudiment, welches immerhin aber »
Zeiten deutet, wo er mächtiger war. Die 26 falle von IV*. 1, a,
denen in IV. 1, b noch 14 reguläre beispiele (370. 545. 731. 835. 55S-
42. 1001. 11. 15. 440. 521. 871. 605. 639) kommen, zeigen immeriiijtm^
dass auch im Heliand noch die reimbindung x^ : afr usw. gern angewaim€
wird. Aber wir haben doch (IV. 4) allein 30 verse, wo einfache kom-
sonanz entspricht Und der allerhäufigste fall, reim mit ähnlicher dop*
pelkonsonanz (IV. 2 und 3) mit 48 belegen spricht ebenfids g^gen dM
ausdehnung unserer ersten regel auf verseröfhende au^elSete doppd-
konsonanz; denn weshalb solte hard mit helae lieber reimm ab vaSt
haramscara? .
Wir haben also bis jezt zwei regeln geftinden: ' '
->«-<
l HEU AND 163
1) Echte doppclkonsonanz an erster stelle wird nm liebsten mit
(ecliler oder aufgelöster) doppelkosRonanz gereimt.
2) Aufgelüste doppelkonsonanz an erster stelle bedarf der konso-
I nuiz in ihr entsprechenden reimailben nicht mehr als jede andere silbe.
Wie steht es nun, wenn das doppeikonsonantische wort den zwoi-
I reimstab trägt i*
Kin blick auf U. 1 zeigt, dass hier der doppelreim fast aus-
shliesslich formein verdankt wlixl. So besonders bei crnfl Prislns
1, b) 49. 399. 973, so bei froffon 228. 800, bei briostun 831.
6t74. 690 «BW. Eine absieht, auf die doppelkonsonanz an zweiter stelle
aoppelten reim an dritter folgen zu lassen, ist entschieden abzulehnen.
I.Die schon vorhnndenon und der bequemlichkeit wegen benuzten dop-
pelmmenden formein aber sind ein neuer beweis, dass zu anderer zeit
er wirklich vorzugsweise auf er, l/r auf br oder bar usw. reimten.
Aber ein anderes bild bietet V. 26 ma! führt aufgelöste doppel-
konsonanz an zweiter stelle ihres gleichen als drittes stabwort nach
sieb. Nur 17 mal hat dies einfache konsonanz (V. 3), 14mal ähnliche
doppelkonsonanz in aufgelöster form (V. 2). Die Statistik spricht also
Jjier für den volständigen reim in höherem grado als bei der echten
[oppelkonsonanz. Wie ist das zu erklären? Wir finden sonst — wie
mch ganz natürlich — echte doppelkonsonanz starker wirksam als auf-
[elöste: veriiielte es sich hier umgekehrt?
Eine rein schematisierende betrachtung stünde hier vor einem
I Terbl äffenden rätse); einer individualisierenden nnscbauungweise scheint
i nicht unlösbar. Wir finden, dass in den vorliegenden fallen das
PiSweite wort in der regel syntaktisch das hauptgewicht im satze trägt.
, "Das erste stabwort ist adjektiv wie in fngar foie 412 oder verb wie in
kaida heriaeipie 55; es erhält dadurch für die recitation das zweite stab-
wort fast höhere bedeutung als das erste. Wir sehen hierin beiläufig eine
neue bestä-tigimg der von Sievors algemein vertretenen, mindestens für
den Helianduns sicher scheinenden auffassung vom sprachtaht der alten
stabreimverso. — Gerade nun hieraus erklärt es sich, weshalb an zweiter
stelle echte und „aufgelöste" doppelkonsonanz verschiedene behandlung
erfahren. Die syntaktisch -rhetorische hervorhebung macht aus einem rr
noch immer keine volle silbe; es bleibt schliesslich doch immer eine
nur mit schwach vokalischem einseht nssiaut gesprochene doppelkonso-
nanz. der ihre stelle im verae kein rocht auf das gefolge einer doppelt
reimenden dritten silbe verleiht. Dagegen ein fear, ein fol an dieser
stelle werden durch die verlängernde kraft des accentes so nachdrück-
lich präsentiert, daas sie nach assonanz formlich 7X\ schreien scheinen.
11'
164 ^ R. M. lOBTKB
Sind es doch auch vorzugsweise stark und tief tönende silben wie in
ffiburdon, fmrg, wie in weroldi, für dessen dumpfen klang schon die
engl, entsprechung zeugt. Wir seilen also, dass bei fragen der reim-
technik, wie längst ja Rieger erwiesen hat, bis in einzelheiten her-
ein syntaktische Verschiedenheiten eine rolle spielen und die einfoche
gleichsetzung beliebiger metrisch gleichartiger werte das sachverhältnis
verschleiert.
Wir haben drittens den fall zu betrachten, dass die volle doppel-
konsonanz an dritter stelle steht (III). Hier ist die regel sehr ein-
facli, zeigt aber wieder eine neue form des eingreifens individueller
momente. Bei zweireimigkeit wird der doppelkonsonanz gern die asso-
nierende silbe vorausgeschickt (III. 1, d und III. 3, d), bei dreifachem
Stabreim geschieht dies nur zufallig (III. 1, e, III. 3, e und besonders
lU. 4). Es ist klar, dass die grössere Intensität des reimes seine gerin-
gere häufigkeit im verse ausgleichen soll.
Unsere nummer VI verzeichnet nur stellen, in denen die an drit-
ter stelle auftretende reimsilbe auf ihre Vorgänger wirkungslos geblie-
ben ist Solche verse sind zusammenzulegen mit denen, in welchen
ihr eine assonanz an zweiter oder dritter stelle entspricht Diese sind
alle schon besprochen. Es ist immer wahrscheinlicher, in reimfragen
progressive assimilation anzunehmen, als regressive; aber UI. zeigt»
ims soeben, dass auch diese vorkomt Man müste nur eben das
wachsen hören können, um in jedem fall zu bestimmen, welches reim
wort dem dichter stärker im ohr lag. Wo es das rhetorische bauptwo
ist, kann es ganz gewiss prolcptische assonanzen bewirkt haben, genaiflik
wie wir denselben fall täglich beim versprechen und verschreibeiHi
beobachten können. Aber wer kann nun wider immer wissen, wo
hauptton lag? Die alten sänger betonten gewiss anders als wir;
scheint das neue immer als das am stärksten zu betonende — wi
Reicheis kleine abhandlung mit glück ausgeführt hat — ihnen ihre
ganzen tautologischen, häufenden art nach gewiss in der regel
schon bekante.
Wir haben bisher die oben allgemein formulierten regeln ledigUcfti
nach der Stellung im verse individualisiert Es gäbe auch andere eicm—
teilungsprincipien, vor allem lautphysiologischer art Bekant vaA,
diiss jede spräche bestimtc alliterationen bevorzugt, so die lateinische </
und ,s, die deutsche w und h. Keineswegs lässt sich das eiiifiudi
der Statistik der anlaute ableiten; sonst müste z. b. bei uns s als
des Stabreims viel häufiger sein, als es der fall ist Ebmpo,
erklärt der zufalK dass gerade bestirnte beliebte worts *
ALLITEBIERKNDE DOPPELKONSONANZ IM HSUAND 165
veralgemeineruDg ihrer anfangskonsonanten im Stabreim. Entscheidend
ist gewiss ein ästhetisches behagen gerade an diesen klängen. Hess
(Oeist and wesen der deutschen spräche s. 35) hat darauf hingewiesen,
welche rolle gerade Spiranten und halbvokale in der deutschen dich-
tang spielen; und wenn sie statistich ebenfals einen hauptplatz einneh-
men, so hat dies gewiss die gleiche Ursache: die Germanen Hessen von
mehreren synonymis diejenigen fallen, deren klang ihnen weniger gefiel,
b^ünstigten unter verschiedenen aussprachen die gefaUigste usw. Ich
hoffe in dieser richtung bald genaueres bringen zu können durch eine
formulierung der germanischen anlautsgesetze, an der ich
schon seit längerer zeit arbeite. Jedesfals liegt aber hier wider klar
am tage, wie eng metrische und sprachliche eigenheiten verwant sind.
Eine solche modifikation unserer regeln auf lautindividualitäten
will ich nicht wider durch alle Situationen hindurchführen. Ich bemerke
hier nur, dass bei er die neigung zu doppelreim, bei hl die zu ge-
nauem reim besonders kräftig scheint, dass hr:hl, ?^?r .• ^^;/ und nament-
lich fr : fi sich beinahe zu suchen scheinen.
Ein drittes princip der einteilung könte aus der Chronologie her-
^nommen werden. Vermehrt oder vermindert sich die tendenz zur dop-
pelalliteration im lauf der dichtung? Zur beurteil ung dieser frage reichen
unsere tausend verse freilich nicht aus. Immerhin habe ich den ersten
ttüd wichtigsten fall, echte doppelkonsonanz (und zwar mitr) an erster
stelle, darauf geprüft Durchaus schien mir abnähme des vollen dop-
P^lreims bemerklich, wobei ungefähr v. 200 den Wendepunkt bezeich-
non kann. Der häufigste doppelanlaut, fr, komt in den ersten zwei-
'^^ndert versen sechsmal, in den nächsten achthundert nur dreizehnmal
^o»; jene sechs haben immer vollen doppelreim (9 73 105 109 115
177), von diesen dreizehn nur zwei (420 und 773; anders 208 225 310
4^2« 456 513 570 619 667 743 1011). Ähnlich ist er in den ersten
2O0 versen dreimal (12 17 34), immer mit vollem doppelreim, in den
^t^Schsten 800 sechsmal, aber nur einmal (499; anders 489 610 813
^66 991) mit ganzer genüge der regel vertreten. Bei dr schiebt sich die
S'^enze mehr der mitte zu: bis v. 316 sind vier fälle, von denen nur
^- 140 dr mit d reimt, und zwar greift hier, wie natürlich auch sonst
^ft, eine formelhafte Verbindung störend ein: dasselbe reimpaar wie 140
*ToWw .• dadi findet sich 936. (Dagegen 27 264 316 genauer voU-
^^im). Nach v. 316 trägt dr noch fünfmal den ersten stab, aber nur
*ÄOch zweimal mit vollem reim (681 710, aber nicht 515 936 1000).
''■» «r all zweiter oder dritter stelle konte ich eine analoge abnähme
lUen, was sich aus dem obigen leicht erklärt Die abnähme
166 R. M. MEYXR, ALUTBRURBNDE DOPFELK0N80NANZ IM UELIAND
bei I. aber deutet wider, wie schon manche anzeichen, darauf, dass
in älterer, strengerer zeit auf deutschem boden wenigstens voller dop-
pelreim wirklich gefordert wurde: ei'st almählich entzieht der christliche
dichter sich dem ihn bedrückenden zwang. Die alten sänger hatten
den vorteil fester formelhafter doppelalliterationen gehabt; er hat sich
auch einige solche hilfsmittel angefertigt — so craft Oristes — , aber
sie können die grosse zahl für ihn nicht mehr verwendbarer reimpaare
nicht ersetzen. —
Welche bedeutung unser problem für die reimtechnik der alten
dichter haben muste, das ergibt die eine tatsache, dass anlaut mit tür
oder mit w + vok. + r in unsern 1019 versen nicht weniger als 123mal
begegnet, so dass ihn nahezu jede achte zeile trägt; so häufige werte
wie tverold, wer und besonders formen von wesan und werthan stel-
len das gröste kontingent. Dabei ist es selten echte doppelkonsonanz,
diese dann an zweiter stelle (237 622, nicht 554) zweimal, an erster
stelle einmal (512, nicht 233 955) durch mritan verschaft. Übrigens
komt gerade diese doppelkonsonanz im reim der ersten 200 verse
überhaupt nicht vor. Auch br findet sich an erster stelle (509 614
714) und an dritter (230 292 338 341 352) nur nach dieser grenze,
an zweiter einmal (174) vorher gegen viermal (298 690 723 831)
nachher. Offenbar spricht auch dies für unsere annähme: der dichter
vermied doppelkonsonanz im Stabreim nach möglichkeit, so lange er
sie noch voll glaubte reimen zu müssen. VieUeicht bedeutet v. 198,
die geburt des Johannes, einen wirklichen abschnitt in der reimkunst
unseres Sängers; mehrere kapitel beginnen mit ähnlichen kurzen ver-
sen, so V. (V. 339), Vm. (V. 699), XII. (v. 949) und andere.
Auch die kleinste frage ist unerschöpflich. Wir könten noch
untersuchen, ob die schweren vokale der „aufgelösten doppelkonsonanzen^
ganz ebenso behandelt werden wie die leichteren; wir könten vor allem
auf die mehrmals gestreifte Wirkung fester formein auf die reimtechnik
eingehen, um den oberflächlichen einwand, unsere vermeinten r^ln
beruhten lediglich auf dem zwang des sprachlichen materials, der frei-
lich schon durch einen verweis auf das verschiedene verhalten ver-
schiedener reimstellen abzutun ist, ausführlich zu widerlegen, könten .
wir unsere reimstatistik mit einer algemeinen wortstatistik bezüglich-
der anlaute zusammenlegen , die wenigstens für die art, wie tatsächlictiM
der Wortvorrat auf die reimkunst wirkt, belehrend sein könte. DocIk
fürchten wir, die geduld des lesers schon genügend in anspruch genom-
men zu haben. Mich reizte es, eine im groben sehr leicht und ein-
fach auszusprechende regel durch ihre individuellen modifikationen zv
aifblgea. Findet man, dabei sei nicht viel berausgekommon , sü miiss
cb ROtworten: treilich nicht viel mehr, als herauskommen solte, aber
Ober das Verhältnis der spräche zum vers doch vielleicht einiges. Vor
ailem aber hat sich vielleicht wider einmal gezeigt, dass bei ins ein-
tetne gehender betrachtiing sich oft völlig andere resultate ergeben,
ttk die blosse Statistik aufsteigt. Und das ist am ende heut zu tage
Auch kein verächtliches ergebnis.
BERLIN, a. DECBR, 1892.
TEXTKEITISCHES ZU MITTELNIEDERDBUTSCHEN
GEDICHTEN.
Zn <tfn mittchilrderdcutschi^ii gcdichtrn. aus handsvhrlftcii
herausgegeben von August Liibben. Oldenburg IStiH.
1, 10 se vorsmadc goet uivie cre
unde dar io alle dynk,
dar eer de wtrk mede, ghenere.
L&bbeu vermutet, dass statt verk verch zu lesen sei, was aber im
Bind. wb. nicht belegt ist Ich vermute wcrlt. Der sinn ist: „sie
Terschmähtc jegliche arbeit, womit die weit (die kinder der weit) ihren
DQterbalt zu erwerben pflegf*.
25 Do sprak de moder unifemilike:
„dochler, so gaet an rriynen rouwe'^.
ik byn van haven also rike,
gy moghet wol wesen vrmitoe!"'
. iibersezt v. 26: „Geht an meine ruhe, habt es so gut und bequem
ie ich". Nach dem zusammenhange empfiehlt die muttcr der tochter
i der weltlichen liebe zu ergeben. Ich vermute deshalb:
äochler, so gaet an mannen rouwen
,Tochter, geht in der minne auszuruhen, euch der minne zu erfreuen".
)a die hds. teilweise undeutlich ist, su können die striche über der
nile, welche die ausgefallenen n bezeictmeten , verwischt sein. Vgl.
U, 47 unde fielp mi, aller juticiyromveti ein rrouwe, dat ik ewichük
I dines kindcs gnade roiiwe.
.IO moeder, icuer syn se ghnxarvn.
tfc hir toi'orct) also rikr
unde groti- vrouwen waren.
168 SFRENGER
L. bemerkt: genaren, „genesen, davongekommen geblieben*. Wie ist
es mit denen geworden? Die vergleichung mit v. 482 ^.:
^Des ü gheleden seven jaer(en),
dat hir quam eyn baghinekin;
war mach it xin ghevaren^.
beweist, dass auch hier gheraren zu lesen ist
49 j^Dochter, gaet in iuwe camer ryk
unde doei an iuive smale xiden
vorsyrt in alre tyd
unde laet desse rede ligghen.
an doen = anziehn, bekleiden, xide ist „seite, wie v. 164 fg.: unde
dcßt dan by mynen gheboede den grawen rok an iuwer xidefi. smal
geht auf die schlanke gestalt der Jungfrau. Im reime zu xiden stand
wol ursprünglich bliven st Ugghen,
53 y^Moder, eyn speghel bket
is in myn herie ghestaen,
dat i^ de bitter doet^
den 7icnieni 7nack entghaefi^,
bloet (s. anm. z. 258) kann hier allein die bedeutung „nichts weiter als- ^
nur'' haben. Der sinn ist: „Ich brauche keinen weltlichen putz. I
meinem herzen steht nur 6in spiegel, in dem ich mich beschaue,
ist der bittere tod, dem niemand entgeht .
61 fgg. ist zu lesen:
jjNeen, moder tvtverhoren^
ik tvil werden xin ghenoet;
min lef W9rt arm gheboren
unde ellendich to der doet (hds. to dem dode).
Über dot als fem., das der reim verlangt, s. die bem. zu 384.
81 Seer iamerlyk vorladen
droch he xin cruce goet,
men sach de rode blöden
noetverwefi xtJi hilghe bloet.
Statt noefvertven vermutet Lübben richtig rötverwen. Wenn er
fragt: „Sind de rode bladeii hier die Schulterblätter, die rot
weil sie von der schweren kreuzeslast gedrückt sind? Oder
tisch?" so treffen diese Vermutungen das richtige nicht V* 83
gehen vielmehr auf die geisselung Christi. Es ist de rodMade ,
blätter der rute'' zu lesen. Die hiebe werden also nach der
lung des dichters mit zweigen erteilt, an denan.noi a *
TKXTKBIT18CHB8 ZU ND. aEDICHTBN 169
Q solche auch als ^badequesten^ (s. Mnd. wb. I, 351 u. blöden)
•
97. Seet in de camer, dochter myn,
dat bedde tvide van dan
utet st van dan undän, aber van dön „öfoen, aufinachen^ ist
l. wb. V, 196 belegt
107. iuwe rike moghen (lies: maghen, verwante) moghen
mit eren vlyt
en scolen iw nicht bystaen toer noet.
jrkt: vlyt ist wol partic. von vlien (ornare, Kil.) „mit ehren
Ich sehe darin nichts anderes als das subst vltt, eifer,
12. stat ist wol dnickfehler für scat
$4. vermutet L., dass den men fehlerhaft aus dem anfange des
ehenden v. dar men widerholt ist Ich vermute umgekehrt,
T men zu tilgen ist, welches entstand, indem das äuge des
rs auf den anfang der folgenden zeile abirte. Ich lese die
)lgendermassen :
nEyge, moder, des en beghere ik nicht,
myn lef de utverkoren (auserwählte),
den men int cruce hanghen xeet,
he was ghecronet myt doren^,
ut ist auch v. 325 geschrieben.
13. vorstveghet Ein schw. v. vorsweghen ist nicht belegt. Ist
het oder vorswech zu lesen?
)4. troestghetoynne ist composit
205. ^Suster, ik by?i van mynnen roiit,
unde ik enbegheer anders nicht,
dan ik arme willelos al wet
van mynre moder scedede.
cht Lübben vergeblich zu erklären. Ich glaube, dass zu schrei-
va7i mynnen tvunt „von liebe krank^. Wir haben dann aller-
Inen unreinen reim tvunt : ut
257. he (Judas) hefft verraden unde vorcoft
dat kynt onnosd bloet
sezt bloet durch „arm^, es ist jedoch wol unzweifelhaft, dass
er durch sanguis, in der noch gebräuchlichen Umschreibung für
indes wesen gebraucht wird, kynt, das als nicht in den zusam-
g passend zu streichen ist, kam dem Schreiber in die feder,
in der Verbindung mit onnösel häufig ist (vgl. der unnosel
1 70 SFRENOEB
hindere dach = 28. decomber). Auch die im mnd. wb. I, 363 ange-
führten stellen aus dem Dithmarscher iirkundenbuche (de armen blöde,
de keielboterhiechie u. a.) gehören hierher, denn wenn einmal blöi,
sanguis als Umschreibung für ein lebendes weeen gebraucht wurde, so
lag es nahe auch den plural davon zu bilden, besonders wenn man
nicht mehr deutlich an die ursprüngliche bedeutung dachte. — Die
änderung von vorcoft (: unsacht) in vorcocht, die L vorschlägt, ist
unnütz.
265. St ghegreff ist wol ghereff (=» gertf Mnd. wb. IE, 72) zu
schreiben.
305. berne^ider ist nicht in bemendem zu ändern, da herte als
femin. auch durch andere stellen (Mnd. wb. ü, 255) belegt ist
323. Si7ier moder wart so wee, beseet,
dat eer herte duchte doer sntden.
anspielung auf Luc. 2, 35 et tuam ipsius animam pertransibit gladiiiss^
ut revelentur ex multis cordibus cogitationes. Da herte nur objekt s^ijn
kann, so fehlt das Subjekt Vielleicht ist en swert nach herte ausg^^^
fallen, möglich aber auch, dass zwei verse fehlen.
333 fgg. möchte ich lesen:
Des saterdaghes al den dach
so bin ik unledich mede,
offt ik sine moder mach
setteii in yenighen vrede,
367. Der reim wird hergestelt, wenn wir fyn hinter spise er-
gänzen.
385. Unfaet dit (deet)^ gude baghinekyn,
dat Jhesus iw wil gheven,
ivant ik maeh iw tvoldocn syn
eivelik myt em leven,
L. bemerkt: ^woldön = woldönde Umschreibung des einfachen verb.
„ich kann euch wol verschaffen, dass ihr ewig mit ihm lebt**. Der
Zusammenhang verlangt: tvant it mach iw tvoldoen «. ^es (das kleid)
mag euch wol verschaffen, ewig mit ihm zu leben.
417. Dn byst arm van wiUen nu
unde alles of gheghaen,
lies Bfgcghaen. Über afgdn =• sich entäussern s. Mnd, wb. I, 23 b.
469 vermutet L. mit grtitven statt mit troutaen. Ich halle ^
für wahrscheinlicher, dass tniwen als Versicherungspartikel zu fcssei*
und mit zu streichen ist. Ähnliche versfülsel erscheinen ja metafc^
im gedichte.
TEXTKR1TI8CHS6 ZU ND. GEDICHTEN 171
508. varlaet kann hier nur subst := ^das verlassen, aufgeben^
sein, eine bedeutung, die im mnd. wb. nicht verzeichnet ist.
511. Vorleen, goi, dat an uns verdaghei,
de an dy ghelaven,
lu weiss sich den vers in der überlieferten gestalt nicht zu deuten. Viel-
leicht ist zu lesen:
Vorleefi got, dat se uns vordraghe,
de an dy ghehven
i,Yerleihe Gott, dass sie uns, deine gläubigen, (mit Gott) versöhne^.
519. mit bliscap smider vorlanghen
L erklärt verlangh » momentum, temporis spatium. vorlanghen ist
aber wol substantivierter infinitiv in der bedeutung wie sie das Voc.
Engelhus. vom jähre 1445 angibt: vorlangen vel vordreyien, atiediari.
III, 22 lies vlus statt vuls,
IV, 27. brechen : draghen ist nicht zu ändern.
VI, 37 ist dat statt dar und 39 da statt de zu schreiben.
VII, 25. hemmelschouwer (St. Paulus) fehlt im mnd. wb.; auch
in Lübben- Walthers hndwb.
Vni, 14 lies: in iuncfrowen vaer „in jung&auen gestalt".
XI, 3. taundentaster fehlt im mnd. wb.; auch in Lübben -Wal-
thers hndwb.
Xn, 5 lies: Chh, konde ick my dar to verdigen,
dat ick iuw konde hven werdigen!
Statt sik verdigen „sich fertig, bereit machen*' hat die hds. werdigefi,
^uch in den lezten beiden im Mnd. wb. 5, 676 unter werdigen ver-
zeichneten beispielen ist verdigen zu lesen.
xn, 36. vlesch, toyn, bath medestu alle tyd
Ich halte bath weder für = balneum, noch glaube ich, dass es
Ans inath verschrieben ist, sondern vermute:
vlesch, tcyn dath medestu alle tyd.
XTTT, 21 fg. lese und interpungiere ich, nachdem ich nach v. 20
pankt statt komma gesezt habe, folgendermassen:
lät my des also io ramen^
dat ick by gode blive, Amen.
XV, 54 lies: twe sunnen in schine overclaer.
XVI, 26. ick bevele dy gud, lyff, ere unde xele,
behostu de, so btive ick seker
vor aUen quaden valschen steker.
*far ist auch im mnd. wb. nicht erklärt. Solte nicht sleker = macula
^ lesen sein? vgl sleckeren schw. v. maculare, besolen, smytten,
172 8PBENQBR
siecheren, unreyne makcn: Mnd. wb. 4, 231. Im Oöttingischen wird
noch das subst m. slecker = sUckerweder gebraucht (s. Schambach
s. 193 und 194).
XVn, 6. ut erbenden. Vielleicht =» uier benden zu lesen? tUer
= mhd. üxer,
90. allet dat du denken kmist, dai denet dy
dach tinde rmcht; su an de sunnen
linde an de manen unde an alle stemen
unde an alle dynk, de dy 7ia syn unde veme.
L. vermutet wegen der mangelnden reime eine lücke. Da der Zusam-
menhang eine solche nicht vermuten lässt, so wird wol zu lesen sein:
an de sunnen su (: dy),
II. Tan dem Holte des Hilligen Cruzes.
Dieses gedieht ist herausgegeben von Carl Schröder, Erlangen
1869; abdruck einer handschrift der Hamburger Stadtbibliothek besorgt
von demselben im Niederdeutschen Jahrbuch 1876 s. 88 fgg. Ausser-
dem sind die verse 54 — 273 mit geringen Veränderungen und teilweise
geänderter reihenfolge aufgenommen in Arnold Immessens Sündenbll
1326 — 1527.
3. Statt das ist wie in der Hamburger hdschr. des zu lesen, da
der vokalisch unreine reim hier weniger auffallen kann, als die nicht
niederdeutsche form, die auch durch die vorläge nicht veranlasst wurde.
23. dat he bi rade des duvels vil
vonuordede sinen bruder AhiL
Da ausser dem original (s. Schröders ausgäbe s. 121) auch die Ham-
burger hds. fei (böse, ruchlos) : Abel hat, so ist kein zweifei, dass vil
nur ein misverständnis des Schreibers ist, um so mehr, da nicht Ähüj
sondern Abel (v. 172 helle : Abelle) die im reime belegte form ist
47. Das komma ist zu streichen.
77. apen ist wol als zusatz des Schreibers zu streichen. Vgl. die
lesart der Hamburger hds. und Sündenfall 1352.
108 ist zu lesen:
do dachte he up de clarheit
dar eme sin vader hadde af geseit.
In Schröders ausgäbe fehlt hadde, nicht aber in der hds. , s. Jahrb. II, 90.
141. Ein reim wie rereren : delen ist dem Verfasser kaum zuzu-
trauen. Die Verdeutschung von diviserefi, we in den übrigen hds. vn
lesen ist, wurde wol erst vom Schreiber vorgenommen.
TKXTKRinSCHIS ZU NB. GEDICHTEN 173
166. dai duckte em sin schade,
dat he (der bäum) gewassert stunt so hoge
unde vordorrei tvas so droge.
Die Hamburger hds. hat was statt stwnt, und stunt statt was. Für die
richtigkeit dieser lesart spricht auch Sündenfall 1458.
182. na den in der bedeutung ^dahin^ (s. Schröders ausg. s. 112)
ist sonst nicht belegt. Da die Hamburger hds. an dieser stelle van
dennen hat, so ist entstellung aus van den ,,von dannen" höchst wahr-
scheinlich, nä den » nachdem, nach dieser zeit 288.
203 %g. Die vergleichung der entsprechenden stellen von Dboec
und der Hamburger hds. führen auf folgende herstellung:
de olie der barmherticheide
schal dem kinde ut sinen leden
werden geperset so uter malen,
dat it eme de vader schal by lalen
nagen van aller schult
de he up den menschen huU.
^' h.: „das öl der barmherzigkeit soll dem kinde so sehr aus seinen
ffliedem gepresst werden , dass der vater es (das kind) sich (dem vater)
soll genüge tun lassen von aller schuld der menschen*', bi steht wie
noch neuniederdeutsch für da bi. Für das mhd. s. Haupt z. Erec^
1O60. Die veranlassung zur entstellung von nogen in lo nage gab die
et^^as verwickelte konstruktion und das seltene vorkommen von 7iogen
^Is transit in der bedeutung von satisfacere.
209. Es ist nicht wahrscheinlich, dass der dichter den reimlosen
vexs beabsichtigt hat, sondern wahrscheinlicher ist davor oder danach
öin vere ausgefallen.
228. Dass noch aus wedder entstelt sein solte, ist nicht glaub-
lich, sondern es wird mit Umstellung von noch zu schreiben sein:
dre dage noch, so gy en seen.
schal he leven unde lenger nicht
Die Hamburger hds. hat: dre daghe na dattti en susi,
265. hevet erklärt Schröder s. 107 durch „Aßi/", es ist aber, wie
die vei^leichung mit der Hamburger hds. (Sündenf. 1518 fgg. weicht
^) beweist « „hat". Es ist dann auch kein grund zur änderung,
80Dd«m V. 260 %g. sind mit der hds. zu lesen:
de drudde gerde schal tvesen
gekk dem palmbome, bi deseni
is de külige geist bedtit,
174 9PRBRGKR
wente men in deme palmbome sut
dat he mannich blat uthgevet
unde al sine feigen hevet
dar mede (mit den blättern) gesyret unde gespreü
unde all in eyner grone steit
268 fgg. Die vergleichung mit den übrigen hdss. ^ lässt vei
ten, dass zu lesen int:
des geükes mach men merken
den hiUigen geist an sinen u^erken,
de sine gnade hir unde dar
hemeUk unde openbar
so mannichvoU hevet utespret
dat man nenen tal dar van tuet
294 fgg. Der dreireim scheint dadurch entstanden, dass
Schreiber der reim leide :heyde (s. Hamburger hds.) nicht geläufig
315. be ist druckfehler für he (vgl. Jahrb. n, 96).
324. Die schwache form drudden ist nicht zu ändern.
331 lese ich:
he toch van dar in Helem
unde alleni dat dar was mit em
he vorde vort dar is e^n luste.
des avendes nemen se roste,
he vorde statt des hdschr. se vo7'de?i ist mir wahrscheinlicher w(
des folgenden. Nicht dahin, wo es ihm selbst, sondern wo es 11
beliebt, wird das volk hingeführt
462. Das S/ta^ eiqrjiilvov dulgicht ist noch nicht genügend eri
Die Hamburger hds. hat dafür gichtich. Vielleicht ist zu lesen:
he was dül gichtich unde lam.
492 fgg. lauten in der Überlieferung:
also david quam gereden
Do he scJiolde vor den sehen riden
shch he uth den roden to den suluuen tiden
Eyne soticheit dar he in deme berge was
Dat he al siner suke nass,
1) Auch die entsprechende stelle im Sündenf. 1524 fgg. ist entstelt und fd
dermassen herzustellen: Uir umme so mach me merken
Den hilgen geist in sinen werken.
De sine gave hevet (hds. gem() iware
Hemelik unde openbart
So menniehvolt täesprtilf
Dat me nein ÜU mfwt^ '^^"*'
TKXTKRinSGHIS Zu ND. OEDICHTRN 175
Die Überlieferung ist entstelt; doch genügt die herstell ung Schrö-
5 auch schon deshalb nicht, weil üt slän „herausschlagen" wol von
)r flamme, aber nicht von einem süssen geruche gebraucht werden
n. Aus dem niederländischen gedichte ist für die herstellung nichts
entnehmen, da es hier (drei statt neun verse, s. Schröder s. 86)
eutend kürzer ist In der Hambui^er hds. lauten die verse:
ufuie also David quam geraden
unde vor den sehen solde liden,
do sloch eine vlamme to den Oden
ut den roden to dem berghe wert,
de hasielike hat verkart
alle de suke van sinen leden.
i auch nach v. 587 fgg. (Hamb. hds. 625) eine flamme aus dem holze
ilägt, so vermute ich, dass he v. 494 aus ?iette „hitze, heisse glut**
tstelt ist, und dass die verse folgendennassen zu lesen sind:
also Daxdd quam gereden,
do he scholde vor den sehen riden, (liden wie in der
Hamb. hds.?)
shch hetie uth den roden to den sulven tiden,
eyne soticheit dar in deme berge was
dat he al sifier stihe rms,
508. Es ist unnötig it zu ergänzen, das auch die andere hds.
:ht hat
520. Der vergleich mit den übrigen hdss. lässt vermuten, dass
lesen ist: it was lanh er men it vtdlenbrochte
so dure en werh^ ih wet vor tvar.
irch it wird das Subjekt in volkstümlicher weise vorweggenommen.
538 fg. ist mit genauerem anschluss an die hds. (auch die andere
t s<?, nicht he) zu schreiben :
Jie het den bom houwen unde herven
de tymmerman wo se wolden.
552 ist yiwndeyi it „fügten es (das holz) ein" zu lesen, vgl. v. 530.
572 fgg. lauten in der Überlieferung:
do leet he varen in deti wolt
Veme na vele ehen.
Eynen andereji bom to sohen,
^ vermute nach den übrigen hdss., dass hohen statt ehe7i zu schrei-
^ ist veme unde na hat schon Schröder richtig verbessert, dagegen
'^'"^ ntaht in velen geschrieben zu werden. Wir haben hier den
176 SPRENGIB
auch im mhd. (s. Haupt zu Erec' 3106) häufigen accusativ bei verben
der bewegung.
619. God safidet er in den sin Dat se deme holte io vote vü.
Der reim sin : tU ist dem bearbeiter nicht zuzutrauen. Ich yermute:
God smidet er in den moi
dat se deme hoUe vil^ to vot.
Vgl. 623 des sande er goi in eren mot
632. Statt der siede schreibt Schröder tör stede. Ich vermute
nppe der stede „augenblicklich".
634. Statt holt dt iriV?, wozu s. 124 tois als „weise** erklärt wird^
ist tiolt di wis „halte dich versichert !** [tvis = certus] zu schreiben.
Nach 659 ist ein punkt zu setzen und danach das hdsl. He (vo
Schröder in upide geändert) zu belassen.
667. Dar vellet cdsx^ id god tcotde
dat man efien dik grauen scholde
dar men dat riesch an wasschen icolde
dat iw defi tempel wart ontfan
Es ist klar, dass hier nur eine nachlässigkeit des Schreibers vorlie*
Das richtige lehrt die vergleichung mit der lesart der Hamburger b
Es ist zu schreiben:
Dar vel et als it goi icolde,
dat fPiepi einen dik graren scholde
dar men dat vlesch an icolde dwan
dat in defn tempel wart ontfafu
678 lies: men grof ein pntte aw der sfdcefi stede
dar dat holt lach nfiser salicheide.
Wie die vergleichung mit der Hamburger hda. zeigt, gebort dat holt
unser salicheide zusammen. Dies erkante der absohrmber nicht und
schob deshalb ein io vor unser ein.
720. CTfirÄfYw ist compositiun.
726. Ich zweifle, ob der reim nicht : rlit dem veiCuser geholt
Die Hamburger hds. hat plicht statt rlit. und dies mochte das rieb-
tiir^ sein.
733. segti\uM ist in beiden hds^SL als con^Kisitiim geachiieben.
Ich lese: <^/ ,^,^v dat A<>// dat upwari stoi
tan deme cruxf des bctnpcH gut
de vor uns do segevacht,
It oikr f^ Im reim ist lÜe fonD im iiedicktr aickt belegt
197
750. Dio bds. hat:
Tice neyel gfmige/t dar sine lumde
unde dorch sine vote enen.
Statt ghingejt schreibt Schröder slock men, was allerdings der vorläge
h und der lesart der Hamburger hds. entspricht. Doch mag bemerkt wer-
^L den. dass die lesart der hs. sprachlich nicht zu beanstanden ist, da die
^H form enen, die äusserlich als acciisativ erscheint, auch als nominativ
^1 verwant wird (s. Mnd. wb. 1, 637).
^M 758. Die hds. hat köre statt fiorde, eine form, die dem neunie-
^P Jerd, praet /i3re {&. z. b. Schambach s. 86) entspricht. Statt tuas hat
W die hs. ttu- (s. Jahrb. H, 109).
' 759 entspricht genau der lesart der Hamburger hds. Die auslaa-
«aög TOD sach gibt eiu zeugnis von der flüchtigkeit des Schreibers, der
oot^h das scouwen der vorläge im sinne hatte.
771. Die band seh liftliche lesart ist sprachlich nicht zu beanstanden.
UI. Zum lüMsch-rcvalsL'heii toteiitanztext.
W. Seelmann hat im Niederd, Jahrbuch XVII, 68 fgg. den alten
l«t>isch- revalst'hen totentanztext aufs ueue kritisch herausgegeben. Der
likfcische text vom jähre 1463 ist, unvolständig und lückenhaft, nur in
pi.n*r abschrift vom jähre 1701 erhalten. Auch der revalache text,
ei.ne kopie des Lübecker, ist jezt teilweise erloschen. Falsche lesungen
de-r Herausgeber haben vor Seelmann schon Mantels und Baethcke zu
Iterichtigen gesucht Gleichwol bleibt aber noch einiges zu erklären
oder zu bessern,
Hertogen. rydder unde hneehte-
Dagen vor my durhar gerichte,
Unde juwelik itodde sik de worde
To sprekende, de ik node Horde.
I Seelatann fragt zu v, 96: lies dogeden? allein dagen = „verhandeln,
I twcfsci" ist ganz richtig. Ich glaube auch nicht, dass man wegen
e in V. 97 das präteritum herzustellen genötigt ist.
105 fgg. (Der tud zum könige:)
Recht gevent unde verkeren
Hestti linder dy Utten reigerert
Den annen niegene leed want! ___
^ß Terse 105 %, sind unverstjindlich und unzweifelhaft entstelt m
l'&becker Dodendanz vom jalu'e 1496 beisst es entsprechend v. ,151 fg.;
178 SPBBNGRR
de under di (dem könige) we7'en gesät to regeren y se hebben mü di
ere kledinge, gnden sede uhde recht vorher et. Danach könte etwa gele-
sen werden: Recht geu^ant unde sede vorkereji Leiestu de ufider dy
säten to regeren. Y. 107 scheint richtig überliefert; ich übersetze:
Den armen wante niemand (von denen die y^under di säten to rege-
ren^) leid ab.
205. (Domherr):
Mi dunkt, it is mi noch to vroch,
Van minen pninden Juidde ik genoc/i
Do bruken went her min leven,
Late mi des dansses noch begheven.
Seelmann bemerkt in der anm. zu v. 107, dass y. 205 unklar sei. £:&
ist aber zu übersetzen: ,,Mich däucht, es ist noch zu früh für midb
(zu sterben)'', vröch = vrö, frühe ist belegt aus dem Spieghel de^-
xonden im Mnd. wb. VI, 312.
233. Mer dine bedrechlicJieit dartnede
Mochte di bringen in groten unvrede.
Melle's abscbrift des lübischen textes hat mede statt darmede. Erstere^s
ist nicht zu beanstanden, da ?nede im mnd. ebenso für darmede g-e-
braucht wurde, wie mhd. rnite statt da mite, s. Haupt zu Erec* v. lOöO.
243. (Arzt) Van deme dode bin ik beseefi,
Wat ordel dat mi schal bescheen.
Seelmann bemerkt: y^beseen mnl. besten heisst „besehen, besuchen, unter-
suchen, abwarten". Hier ist wol der sinn, dass der tod wie ein ant
den kranken besieht und die prognose (ordel) stelt^. Dagegen ist zu
bemerken, dass für ordel die von Seelmann angegebene bedeutung nicht
zu belegen ist; das wort weist vielmehr in die gerichtliche sphlift
beseen ist auch ein ausdruck für die gerichtliche Untersuchung (& Mnd.
wb. I, 269), und so erklären sich die zeilen einfach.
255. (Wucherer)
Ik hebbe al min gut vorsaden,
Mine bene sint vtU komes geladen,
Mot ik nu sterven, dat is mi staar,
Unde latent hir unde wet nicht war.
Seelmann erklärt: j^vorsaden ist an dieser stelle unerii:lärlich und scheiBt
entstelt, ohne dass eine ansprechende besserung «ich leicht diibtfM*«
Baethckes Vermutung verladen stat versaden wird Wßgeii dee itlktf^
den reimee beanstandet Ich yermute:
Ik kebbe al fmm fut im
TEXTKEITISGHR8 Zu ND. OEDIOHTBN 179
n vermögen habe ich durch wucherzinsen erworben". Über
n der angegebenen bedeutung s. Mnd. wb. IV, 36. von steht
öfter für van.
. Capellan:
Ach leider wo qtielet mi de dot!
Ik fiebbe last van sunden groi,
Staplik hebbe ik gequiten,
Ik wuchte, Ood schalt nu mer taiten.
st unerklärlich und wol entstelt Ich vermute: StapelMchte
achskerzen, tortise) hebbe ik gequiten. Der kaplan meint: ^Ich
5se Wachskerzen gestiftet Aber ich fürchte, dass Gott mein
Jessen hat". Nach gequiten empfiehlt es sich eine stärkere
tion zu setzen.
. Kaufmann:
It is mi veme bereit to sin,
Na gude hebbe ik gehat pin
To lande unde tor see,
Dor tmnd, regen unde snee;
Nin reise wart mit so swar.
lesen: Nin reise wart mi to swar.
\. (Tod zum kauftnann):
Hefstu anders nicht bedreven
Li kopenscop, alse di was gheven,
It sal di Wesen tor vromicheit
en, das in Melles abschrift steht, findet Seelmann keinen pas-
nn. Er vermutet gheve, was „untadelhaft" bedeuten soll, wäh-
Mnd. wb. n, 91 nur die bedeutungen „annehmbar, lieb, gut"
et. Ich halte eine änderung nicht für nötig. In kopenscop
?as gheven heisst „in dem kaufmannstande, der dir (von Gott)
besümt war".
. (Jüngling):
Wike wech, late mi rufeleren!
Int older wil ik mi bekeren.
ist nicht belegt und wol entstelt. Ich vermute ruteleren, for-
5I. raffen im Mnd. wb. ni, 522 und ruffeler -sehe im anhange
mberg 6, 36; 7, 34.
(. (Tod zum Jüngling):
Haddestu west der werlde hod,
Were di beter unde er minne
12*
\
180 JEITTKLBS
Seelmann übersezt unde er mimte durch ^und eher barmhenngkeit''.
Das passt aber nicht in den Zusammenhang. Der gegensatz zu hat
verlangt vielmehr, dass wir minne = fliehe" ÜEissen. Ich vermute,
dass zu lesen ist: Haddestu west der tverlde hat, Were di beter tvende
er minne ,, Wärest du der weit hass gewesen, (es) wäre dir besser
gewesen als ihre liebe". Die stelle enthält wol eine anspielung an
Jacob 4,4,5 Amicitia hujus mundi inimica est deL Vgl. Carl Schulze.
Die biblischen Sprichwörter der deutschen spräche, Göttingen 1860
s. 185.
383. (Jungfrau): Ik hadde merket der werlde lust
merket könte etwa durch „ins äuge gefasst" übersezt werden, ich ver-
mute aber, dass werket zu lesen ist. werken ist = „durch tätigkeit
hervorbringen, sich um etwas bemühen*'.
NORTHEIM. R. SPRENGER.
DAS NEUHOCHDEUTSCHE PEONOMEN. ü.*
4. DemonstratiTpronomen.
a) der.
Es ist ursprünglich mit dem bestimten artikel sowol dem begriflTe
nach als in der casusbildung identisch, indem der artikel nichts als
das schwächer betonte pronomen ist. Erst in der nhd. periode und
nur almählich treten endungsunterschiede hervor, und zwar im gen.
sg. und im gen. und dat. plur. durch Verlängerung der endungen:
rf-TÄNY, dessen: dert), dere. deren, derer: denen. Und diese unterschiede
treten in der r^rel nur dann auf. wenn das demonstrativiim in sab-
stantivisohor, mithin selbständiger Verwendung steht; in attributiver
srellung bleibt zumeist das alte Verhältnis der flexion^leichbeit mit
dem artikel aufrecht
Der mhd. nom. sg. fem. und nom. und acc. {ri. neutr. diu ist mit
endo dt\ii 15. jahrh. orlosohen: wol aber erscheinen noch reste davon
in >k*hnften. die den ersten Jahrzehnten dieses Zeitalters angehören, x-b-
dtti sunnr Altswert lll. der sei Gesta Romanomm (ed. Keller) 37.
den' do/Acri/ oM. 13.
LVr nom. und aco. sg. neutr.« der ursprönglkfa mit der coqunc-
tion d'ii zusammonfieK findet sich noch in älteren, der 1. hilAe des
l^ Fort$<^xuQg la Ki. XXV. 303 — Sia. — DnnJi ein TcnalMi liabeo sicli m
;ib(eilutu: l dwÄ>$ autsfttse^. s, 309. i. 7 — 10 v. o. die beispieit mmhaihen; j«ies«o*
: jafarbunderts angeliürigen quellen häutig duz gesühriebon, z. b. im
r Altswert Daueben taitcht aber schon fi-ühe die Schreibung das
B«i Nicliiä Wyle herecht auffallen li erweise schon vorwiegend dio
ixU) gangbare Unterscheidung zwischen pronomen und conjutiotion,
dem jenes das, diese da;:- geschrieben wird. Dagegen erscheint in
rbs Ehobuch (1472) sowie in Brants Narrenschiff (1494) fast durch-
5 da» in beiderlei Verwendung. Auch im 16. Jahrhundert begegnet
die Schreibung das in der zweifachen anwendung, und zwar
Ubeeondre als nentrum des »rtikels; daneben aber auch Wechsel von
4u und daß {dz), vornehmlich für die conjunction. Von unsrer heu-
tigen Unterscheidung zwischen pronomen und bindewort ist nichts zu
Einzelne Schriftsteller, wie Lutber und Agricola, bevorzugen
Btschieden die Schreibung das. Auch im laufe des IT. Jahrhundert»
1 «ioe feststehende Übung bezüglich des gebrauchs von das und dax
[cbt zu erkennen. Zwar unterscheidet schon Heniscb im Thesaui'us
igiiao et sapieutiae germaaicae (Aiigsb, 1616) 661 — worauf nuerst
'. Urimm, DWb. 11, 811 aufmerksam machte — zwischen das und daß,
iem er jenes als pronomen, dieses als conjunction gelten lassen will,
Wnso gebraucht ScLottel (s. 536 und 664) für artikel und demonstra-
viim die Schreibung das, für das bindewort daß. Allein konsequent
rchgeführt erscheint diese regel erst gegen ende des 17, Jahrhunderts,
Ahrend sie vorher nur von einzelnen Schriftstellern, z. b. in überra-
Wiender weise von Simon Dach (s. die ausgäbe von Herrn. Oesterley),
iB^ oder weniger genau gehandhabt wurde. Übrigens macht sich
•^»t .im 18. Jahrhundert bei manchen Schriftstellern zeitweise ein
Beifall in die frühere Schreibweise bemerkbar; vgl. DWb. II, 811. In
tie weit an der erwähnten Unsicherheit der Schreibung der beiden
Wdßtoile dio druckereien die schuld tragen, muss unentschieden bleiben.
Der dat. sg. masc. und neutr. zeigte vormals bei pronominaler
WrwenduQg bisweilen die vollere form deme, z. b. Aber laße deine
^dxnDeme, das xum Tröste mir Übrig blieben ist vcm dir Logau 53.
*MJi freier ist mein Mut Auf das, was lasterhaft, von deme, was
•teÄf gut ebd. 63. Moses gab so viel Oesetxe niemals, als die Arzte
■$^ Deme, der gesund wil bleiben 126. Qott weiß wot, wer ihn
iÜwKjf sei. Und deme steht er dann auch bei P. Gerhardt 301. hi-
pm Simpl. 1, 175. 231. 2, 155. nachdeme Rist 68.
Ebenso gab es neben dem gewöhnlichen genetiv und dativ fem.
r und geiL plur. der auch eine vollere form dero, dere, die an das
L dsro erinnern möchte, wenn sie nicht eher als eine fortbildung
i tfcr KU betrachten wäre. Einzelne schriftsteiler hatten eine vor-
1«
liebe für diese längere form'; bei N. Wyle scheint sie ausBchliesslicli
8U herschen. Man vergleiche die beispiele: du magst allain mieh im
leben behalten vnd allain ertötten. erivelk dir dero ains 33, 31. Aber
vsser ainer sölicfurH menge dero, so sich vnsers fiofs gebruchent
84, 16. dann sölick HU pflegen Imhis vnd navchtmavle xe geben den
obem edlern vnd vtechtigem, vmb dax ay dero gunst rnd guten wil-
len iiberkomeni 121, 24, Vil lobtent dick sin milte mtd ainen heb-
habe?' des rechten vnd. aber ander dax du dich Uitinisciier rede, als
dero ain rechter liebhaber. gefliessenlick gebntchtest 202, 10. Darumh
mir nit mer gebärt danne dich xevnderrichten , wie vü frucht vnd
nutzes von der geschrift hmien syge vnd dich xeermanen, dax (fu
etUoh xyt vnd ständen xä dero lemung gebest 219, 34. Nit fonM
er das füre noch die form diser pingung des iodes, also da» kam
I^losophue dero, die wir nennenl Stoicos, ye gewesen ist . , .
229, 16. Dero (frSw) ist vnderteni^ der gantx vmbkraiaA JJMT
weite 235, 17. Danne ainer, der über die hert ain obman 1M*
imd dero gewalt halt, lies mich siner husfrdwen haimant jm slaSe
verschlossen steen 267, 16. Vnd dero (gen. pl.) ich darumb gern tfe-
schv^g 292, 10. Vnder dero (gen. pl.) xucht vnd maisterschaft, wie
vil vftd grosz jc/t lernte, wil ich ander lavssen schetxen i'nd vrtai-
len 306, 24. dero (der sau) tod erfröuwet alle naehpuren . . . Fnuick
Spr. 1, 158". Uf Cappel, da sich gesamlet hat Dero von Zürüh
gwallig macht Salat 94. da mit hab ich nicht erleubt noch bestetÜgt
den freuel dere, so itxt wissentlich heider gestalt verdamnen Lutfawr,
Winkelmesse (Neudrucke nr. 50) 74. Zum Exempel selxe ich den An-
fang solcher Verxeichmis hieher: Lunten oder Zündstrick xux,uriehten,
daß er nicht rieche, afc durch welchen Oeme^i oft die Musquetiertr
verrathen und dero Atischfäg xu nichts tverden Simpl. 2 , 229. Du,
du. hast dei,?te eigene teittsc/ie Heldensprache, welche an reiner V6U-
kommenheit, Majestät und Pracht, Zierde und LdebUehkeit ihresglei-
ehen unter der Sonnett nicht findet . . . ganx spöltlich gehalten
und also dich selber %u einer schändlichen Sehlavinnen dero auetön-
dischen Sprachen gemachet Rist 86.
Ein Überbleibsel davon ist das mit Ihro (s. dieses, bd. XXV, s. 312)
wechselnde, der feierliehen rede und dem brie&til angebörige den,
1) £a mug bior darauf auTmerkaJuii güinacht werdec, doss in der sjiiKche d»
17. und 18. Jahrhunderts auch ausserhalb des pruDOmeus ueigung zu rorm«)] auf o
besteht; man vgl. die adverbialbildungon daliero, anhero, e\i*hero, dannenhero, Uß-
hero. »eitkero, hinfäro, rmmaeJiro, jelxo u. dgl., von welchon viele äuhnftvo disM*
Keitaltets voll sind. Selbst Ooetho bedient sich nouh solcher tonnen oflor, vgl. ^"
3, 99, nimmehro 7, 142.
tro, Am schon im IQ. jalirhundort auftaucht und in den folgenden
irhtmderten ulgemein wird, heute aber wider verschwunden ist Bei-
iele: Dann vber diß, das seiner Kön: Würde dero liebe Vyiierlhatte
w miggtUch, wie ei/n Vatter seine Kinder angelegen, so Ihui es dero
londsrheit weh, solch sdimach vnd tratx von dir vnd deim Volck
»rfarm, mit welchem doch 6". Ml: vnd dero Voreltern ... in fester
iaehbarlicher Erbverhündnuß allwei/ ist gestatiden Fiech. tinrg. 340.
jkm eitler »agt, der Venedisclie Gesandter hell Ihre Keys. May.
en dero langmütigkeit verachtet, antwortet er . . . Zinkgref 1, 101.
Ihr Ckurfiirstl. Onadett gefragt wurden, toufumb m- keine Vestun-
ii* dero Landen hawetcn, haben Sie geantwortet ... ebd. 120. iSein
nukerxiger Ratk toäre, ich solle mich nach dero allerffm'idigstem Wil-
accomodiren Sinipl. 2, 157. AWt Dero Navten, gnädiges Fräu-
? LeBEJng (Minna) 2, 193. Ich bin Zeitlebens dero ergebenster Sohn
htthold Ephraim ebd. (MaJtzahn) 12, 33. Schenken Sie nur femer
ire Liebe Dero gehorsamsten Sohne Öotthold ebd. 12, 201. Wenn
\e recht artig wUren, so sollten Sie eine scfiäne glattgestrichne Ept-
tl ansenden, ivorinn Dero sonderbaar aufschwellende Eoffnungem nach
Mn Heiligen Pfan-tum . . . aufgetnahlt wären Der junge Goethe, hg.
va Bernays 3, 9. Mafiaine, Dero ergebenster Qoethe ebd. 3, 57. Statt
^tfv begegnet niancbmal auch Dm-en, z. b.: Ich bin, hochxuehren-
w Berr Kammcrrath, Deren ergebenster Diena- Babener, Satiren
. Rufl. 176ä) .3, 5Ö. Ich erbitte dieses auf meinen Knien von Ooti
*id bin, mein Herr, Deren demüthige Dienerinn ebd. 3, 66, Dero
Dil Ihro neben einander: Eu\ Königliche Hoheit hoffe riach Höchst-
en glüeklieher Rückkehr, sowi£ nach wohlvolUirachter weiterer Fahrt,
*f geiaiUchem Grund und Boden ekrerbietigst xu begriijien. Möge
M Wetter günstig seyn und aües Ihro getreuen Dieners eifrigen
ÜTuehon rollkomtnen entsprechen Briefw. G. KAug. 2, 220.
Ich wende mich nun zu den bildungen dessen, deren, derer,
n^n. Diese verlängerten formen treten schon frühe auf; am späte-
■a veriiiiltniämässig dessen oder, wie es antanglieh auch lautete, desse
är«JBselt desses). Doch heisst es schon bei Frauck Spr. 1, 74" Die
W *V6er siml desse Iteredt, bei Wickram 20 ich ml dich desse nit
"'totuen, bei Boltonhagen 1, 49 Dessen mtcli warlieh jammert recht.
6ö(l. 2, 172 Obs got und mensch nicht wenden kan. Das wir uns des-
*"! unteratan usw.
Bezüglich des gen. sg. deren ist zu bemerken, daes dei*8elbe hent-
va.\3tffi eine eingeschrtuiktere Wirksamkeit hat, nämlich nur dann ge-
"•«m-hi wird, wnin kein rflativiim oder ein solches in einiger ontfernung
von dorn demoiiHtrativun] folgt, also z. b, ich hemie deren Sohn uder:
i-eh kenne die kute wefiig, um so geimver aber deren Sohlt, dm ictt
lieben gelernt habe ; aber nicht: ich kenne den söhn deren, welcher, son-
dern derjenigen. Was ferner den gen. pl. deren mid derer betrift, so
^It hente die regel, dass die form derer nur dann angewendet wird,
wenn darauf ein relativum folgt, in welchem falle derer die bedeatung
„deijonigen" erlangt; andemfals steht deren. Diesen unterschied der
formen nach gestalt der bedeutung kante die ältere spräche nicbt.
indem im 15. und 16. Jahrhundert der und deren, im 17. deren und
derer wiliiürlich mit einander wechseln, obgleich derer in lezterein Zeit-
raum vorzuhei'schen scheint. Auffallend ist, dass Schotte! im paradigma
für den gen. pl. bloss rferw und dero und Gottsched nur derer ansest
Beispiele für deren, derer, detien: Dax was do niemant anders
schuld Dann deren, die da di/enten Wittenweiler 155. damit vil
ich oueh deren gdenken, die sich selbe deiten oder henken Brant 197.
Herr, ich bin taiüiafftig aller deren, die dich forchten Keis. 112''. Es
sind aber deren, leie des golds, . . - gar wenig, fhür vnd d'finn gesetfei
FranckSpr. 1, 169*. Vilsinl deren, die ee ivöUent maister syn ... Steint).
228. Also sein deren mer, die gern uoUen wissen, tvas ire frawen
an wollen fahen nach irem dot Pauli 106. Mir gefeit deren keiner
ebd. 323. Das diinkt mich gar riet besser sein Als derer Fleiß, die
nichts erwerben Durch ihre Reim' als leichten Schein Und dock für
Hunger kaum nicht sterben Opitz 43. Gehl, meine Seußen, hin,
Enveichet derer Sinn, Die meinen Sinn mir plat/et ebd. 48. nehmet
vor dieses mal mit unsem Säuen vorgut, auf ein aiidermal wollen wir
derer mehr machen Gryph., Drarnat dicht 200, drauf mit ifiel tau-
send Süßen Uns deren Werth mahnt an, xu xielen und xu schießen
. . . Log. 90. Wenig derer, die bestehen, viel sind derer, die erliegen
ebd. 177. Wer unter Narren wohnt, wie viel auch derer sein, Ist
unter ihnen doch, als war' er gar allein 190. Majokis setxet i«w
Exempel, von einem Knecht . . . und von einem Ehebrecher, so der
Ehebrecherin Büchsen genommen, sich mit deren Salben geschmiert,
und also beide xu der Zauberer Zusammenkunft kommen sein SiinpL
1 , 144, Dieser Sehlung, Dieser Ib-unk Geht auf das Vergniigen De-
rer, die Schoß und Knie Fein gemächlich fügen Günther 52. Wie
viele sind noch weit v(m dieser Spur entfernt, Die noch ni<At deren
Wehrt und Vorzug ausgelernt Hagedorn, Versuch einiger gedickte
(„Deutsche litteraturdenkmale des 18. jahrh. in neudrucken berausg.
von Bemb, Seuffei-f.i Nr. 10) 59. Molierens Lorheer bleibt noch tmmtr
1) Der titel diedos ^mmelivurli» war auf s. 305 nicht ganz richiig aneegebw.
tmlmräkrt, Der manchen «Mixen Geck ivi Schauplatx aufgeführt:
Und deren Red' utid Thnn xo khhnffl nachgeniacJiet , Daß sie darüber
offt unwissend selbst ge/ackei Bodmer 30. Eiji Freund xu siyn Derer,
die schon Eioigkeit hinter sich sehn . . . Klopstock 67. vott dem gemein
nen Haufen derer, die in ungebuyidener Red^ schreiben Liac. 156. zum
Qehrcaieh derer, weiche hören wtd reden Ijessing 4, 415. Es gab
lleren ari den Küsten von Gnechenkind und des ägeischen Meeres mehr
ais einen ebd. (Maltzahn) 8, 504. Das Ende derer, die, von Trqja
kehrend. Ein hartes unerwartetes OeschtH- Auf ihrer Wohnung Schwelle
sttinnn cmpfieng G. (Iph.) 5, 329. Billionen wollt' ich deren (sceneu)
ihtn XU Gefallen komponiren Jean Paul Richtei', Die unsichtbare löge
(Berl. 1793) 2, 295. Auch das Aliicerden derer, die man in Jugend-
kraft des Körpers und Geistes gekannt hat, ist betrübend Wilb. v, Hum-
boldt, Briefe an eine freundin (2. aufl. 1864) 436. — vf das auch der
fdrt mich mischet vnder die gemelien pfert vnd traib mirk hin mit
denen ze waiden Wyle 267, 13. dax, ifot gibt denen, die vmb seinen
Witten leiden Keis. 44 ^ denen, die gott nil liebhaben ebd. 45*. Thüt
««rf denen, die euch lagd thün Lutb. GW. L 3''. gleich wie- denen, die
irem testament etHch reich machen ebd. Fl', darumh brauchen
dises Worts von denen, die an ein ort reisen oder gehen Agric. 2,
vnder denen wolt er einen sielen Wickr. 105. Dii hast mich
'lebend bhaHen For denen, die drein füren scfinell Fisch. (Kiirz) 3, 161, 2.
Denen bin ich so nachgeeilt Rollenh. 1, 20. gebet dreien, die dursti-
Jw sein als ich Zinkgr. 1, 45. Hie?- ximl die treuen Sinnen, Die
•niemand Unrecht thun, All denen Gutes gönnen, die in der Treu
«eruAn P. Gerh. 116.
In betreff des gen. sg. dessen, deren und des gen. und dat. plur.
deren, denen ist zu beachten, dass sie in älteren schriften auch in
Irttributiver Verwendung «tundon um! /.war ohne jedesmal demonstra-
tivische bedeutung zu haben, densen und deren kommcu in dieser
Anwendung im ganzen seltener vor, das Deutsche Wörterbuch 11, 959
erw&hnt dieser gebrauchsweise von dfssen und des sg. deren gar nicht;
ich kann aber auch dafür mehrfache beispiele anfuhren: Dir seit noch
nicht desaeti alters vitd der erfahrenhcit . . . Zinkgr. 1 , 202. Seht euch
mn wenig vmb, hierunder ligt noch inel dessen Holtxes ebd. 327. Was
für eine Hülle werde ich finden xu Bedeckung dessen Verbrechens,
iafl ich mein Vaterland mit so weit entlegenen Promnxen rertauschen
.. wil Opitz 153, alluQ der Ehrwürdige Puter Ambrosius Angerer des-
sen (Mienti ein Seitnon gehallen Abrah. a Sfa. Clara, Oesterreichisches
Deo Gratia.'i (Wien lfi80) 12. Deren arl (dieser art) sind die einen
186
Fratick Spr. 1, 94''. Ein frottw ist nit ilarwnm fr&ntm, daß «y eüi
mann hat. Ick hob deren frmnmen icyber min tag vol gesähen vnd
kennt ebd. 74". Deren tvorien schlugen die Juden gar vil aus
Wickr. 150. Wie ick dir ferner mit traurigen Aiigen nachscitatte, ao
lebe ich der Hoffnuttg, derer Wareti, welclw du xu boien ausxmtthat,
. . . ehist durch dich xu genießen Opitz lti4. Und füru'ar, ich hob
deren Karle triel gekandt .., Schupp 58. mit einem Wort, sie waren
i?t allem mit 3. F, deren gesambteri Wäscherin Gebrauch nack gexeich-
net, neniblicfi frech, frisch, frey Abraham a Sta. Clara, Mercks Wionn
(Wieu 1680) 107. um so reichlicher fliessen die beispiele für den
^brauch vou deuten. Des cham m> denen stunden Einer mit dem
mesaer sein Und styess yms in den scklund kin ein Wittcnweiler 238.
... sg ... frSwettt sich ivrinechelt sin dsnen mannen, die da können
vrid mugen geben vndenoysung rechts lebens ... Wyle 137, 17. denen
menschen ist Christus warUcheti leuchten, die ainen gantxen atarckea
warltafften alikeer tkSi/nd von allen irdenschen xergenckUcJten dingen
Keis. 46*. Aües das denen menschen geirrist - . . ebd, 56'. Was man
denen menscketi radlet, da Icören sy sich nichts an ebd. 56'. Denen
gselien ist niemant fromm oder geleert gnüg Fnuick Spr. 1, 164''. Oth
frürt fuich dejien Ideideren, so jr daheim habend ebd. 2, 87*. denen
Narren geschiehet recht, die nicht vergebens recht t/iun kö^nnen Zinkgr.
2, 55. tnit allen denen Sacften Opitz 256. Wo lebt jetzt der Poet —
Der die Natur nicht bloß in denen Werken siliet, Die sie vor uns
gelegt und keinem Äug entxiefict? Bodmer 64. Dieser gebrauch findet
sich übrigens noch bei schriftstellem der klassischen periode, z. b.: Es
gehört dieses xu denen Modeji in der Poesie, von welchen ich in einer
absonderliclien Schrift umständlich handeln werde Rabencr, Satiren
2, 93. Da nämlich in den meisten Gegenden der alten Welt die Oui-
tur der Künste sehr alt ist, so sind dergleichen Kindheitversuchc längst
untergegangen, und luiben sieh eben nur in denen vom Mittelpunkt
der Oultur entfernten Gegenden ... erhalten Herder, Zei-streiite blätter
(Gotha 1792) 4, 194. einer von denert Menschen, durch deren Nahe
man gesunder wird Goethe (Ausgabe lezter hand) 29, 144; dagegen u
Goedekes ausgäbe 10, 368; von den Menschen
Heute ist dieae redeftiguug erloschen, aber die vulgärs]
wahrt sie noch.
Sowie diese längeren fonuen vormals überhaupt einen
Ken des heutigen gebrauchs überschreitenden Spielraum hatten
wurde auch die genetivform deren an 16. imd IT. Jahrhundert öfte:^
selbst für den dntiv sg. fem. angewendet; z. b. deren (Schwester Agnees^
dagegen u j
rspraol^^^^l
n die grtm — \
□18 NHD. FBONDUIN. U
Wotl^id jkr auch mittheylmt dise Epistel vnd predige Keis, D. 223.
Ich kenn selbs eine wirdtin; von deren hah ich ijdiört ... Wickr. 146,
In einer Statt ... wmiet ein aerr reiche- vnd Icarge alte Wittfratr;
m gtalten vil alter rmcher Wittweliny nach ebd. 74, 11. Da sprach
der enget: die seet in rfer grasen pen, deren hat <jot geöffnet, das hüt
lattblin geboren ist, . . . Pauli Ö2. da ioas ein fraxo in, deren
ütetten die äugen ire ebd, ]10. Ein anderer com Adel ritte xu Re-
pnapttrg vber die Brück, da strmwhlete sein Pferd vnd ßel vom auff
ieid« Knie, dessen lachte ein Wcibelnlä. Zu deren sagte der Edetman
... ZiakgT. 1, 330. (Weitere beispiele s. beim relativum.)
Der gebrauch solcher erweiterter formen herscht aber in älteran
'neuhochdeutschen quellen noch keineswegs durchweg; z. b. fohlen sie
noch bei Eyb gänzlich, auch bei Wyle heJsst es immer dee, dagegen
7 und selbst schon algemein (kncn. Bei andern Schriftstellern überwiegt
lie nnTerlängerte form, ohne allein zu herschen, so wechselt bei Brant
' nnd deren, den und denen, man vei^leiche: kein bittrer kriit uf
\ man fitidt dan frouen, der hen ist ein garn und strick, darin
fit doren fam 118, 52. damit icil ich auch deren gdenken, die »ich
I döten oder henken 197, 29. <ier (bücher) sint so vil ietx an der
das sie nüts gelten überal 214, 102. die andein, die im schoji
'rirtTten, der würl Antipkates doch innen 226, 61. der dot vil
i den bewert, xü den er kam, e man im ruf 171, 76. Tra-
eit firtdt man in allen gschlechten , voruß in di^enstinägtett und
neckten, den kan man nit genägsam Ionen, sie kiinnen doch ir selbst
toi schonen 195, 1. une ronch deti oiigen ist nit gut, was essich
I den wnen d&t, des glich der trag und ful dut schin denen, die
wit gesendet in 195, 5. Sit ich den fürloß han geton von denen,
9 mit vahch umgon, so find ich noch die rechten knaben ... 211, 1.
ntfaer gebraucht neben ständigem dee zwar gewöhnlich der (dere),
> aber vereinzelt schon deren^: aüen sfitten kailgfti, an deren* stat
t Sitten OW. E 3' imd häufig denen. Eines zweiten Falles für dei-en
erwähnt Dietz, Wörterbuch zu Luthers Schriften I, 425, das überhaupt
■0 dieser stelle zu vergleichen ist Vgl. auch Franke, Gmndz. der
schritlspr. Luthers 1S9.
Von den ursprünglichen forraeo hat sich, wie schon oben bemerkt
irarde, am längsten des (meistens fehlerhaft deß geschrieben) erhalten,
. bei eingeschränkterer Wirksamkeit bis iium heutigen tag behauptet
1) Die ansieht QrimuiB im DWT). ET, 957, dass die form der- b
Wh&ecaliche ge[tuag habe, ist dalior üng.
2) AUärdingB hier in relativischer verwenduug.
188
Die längere form dessen dürfte kaum vor mitte des 16. jahiimnderts
in häufiger anwendung gewesen sein. In schhften des 17. Jahrhun-
derts ist sie bereits algemein durchgedrongen, wechsdt aber nocJi viel-
&ich mit des, wie die folgenden beispiele zeigen werden, deß lachten
die Hoffhursd» sdtimpffUch Zinkgr. 1. 379. Alexander, als er dessen
gewahr ward, xiehei jhnen entgegen ebd. 1, 414. Dessen Huld und
Vatertreu Hat auch dir die schwere Last ... Über dein Haupt lassen
gehen P. Geriiardt 29. Xein, Herr, ein solcher bist du nickt, Deß ist
mein Herz gegründet ebd. 216. Wer sich des wil unterstehen. Muß
mit Schimpf zurückegehen Logau 43. Wer sich dessen wil befleißen,
Kon politisch heuer heißen ebd. 55. Wol dem, der dessen, der ihn
deckt, pflegt nimmer zu rergeßen ebd. 144. Deß geben wir ihm Ehr
und Pteis Spee 141. Will nu9i desse99 Xie rergessen ebd. 223. Deß
helf euch urtser Gott Rist 157. doch ist das Teutsche fast mein bestes,
denn ich mich dessen am meisten und zwar ton zarter Jugend an
habe gebrauchet ebd. 49. Seit dem 18. jahrhondert wird des in der
prosa immer seltener, w<^:^:en es bei dichtem noch geg^^iwärtig ziem-
lich häofig in Verwendung steht: z. b. Des freuet meine Seele sich Bür-
ger 78. Gegemcärtig ruht in meinem Gemüth die JUosse deß, ttas
der Staat irar, an und für sich 6. 10. 356. Deß freut sich das ent-
menschte Paar Mit roher Henkerslust Seh. 1, 185. Der hat den Schild,
Deß ist die Krön ühland (1853) 343. Es war ein Jäger an dem
Hofe^ Deß arges Weib war Elsbeths Zofe Ejnkel, Otto der Schätz
(2. auf. Stuttg. 1849) 38. Wer deutsche Größen richtend wägt und
tnißt, Deß Herz sei groß und stark wie Deutschland ist, Den Strah-
lenkranz des Ruhmes zu ertragen Auch Jener Größen, die ihm Wun-
den schlagen! Anast. Grün, In der Veranda (3. aofl. BerL 1877) 47.
Ausser dieser zumeist in der gebundenen rede üblichen anwendung ist
des noch in den adverbialen zusanunensetzungen deshalb, deswegen ^ des-
gleichen, desto, indes, unterdes sowie in volkstümlicher darsteilung (vgl
das Sprichwort: tces Brot ich efi\ des Lied ich sing') erfaaitai.
b) diesen
Die flexion ist heute bis auf den nom. und acc. sg. neutr. iließ
(fehlerhaft dies) regelmässig adjektivisch. In alten neuhochdeutschen
Schriften begegnet man noch der mhd. form dirre. dirr. z. b. ^;;« dirr
/rf>/ Witten w. 196. dirr parger ebd. 217*. Diese form scheint noch in
den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhundert in häufiger Übung gewesen
1» VgL au-.h Keirrii: -10.
i
s KHD. raoNoMKi, n 189
sein, sonst könte es nicht bei Joh. Kolroas, Enchlridion (1530)
mea: „Item daz r wilrt offt für ein s geschriben. als tUrrt für
dißtT'^. S. Job. Müller, Quellenschriften und geschichte des deiitsch-
qirachlichen Unterrichtes bis zur mitte des Ib. Jahrhunderts (Gotha
182) s. 77. Was die von Gottsched mit unrecht gerügte bildung
äifiß anlangt, bo ist sie der langem dipsps zeitlich vorangegangen;
altdeutschen formen für diese endung waren bekantUeh ditxe.
t, dit. Aber schon seit der ältesten zeit der neuhochdeutschen
perinde erscheint neben häufigerem diß, disx, dis, lUtx auch dtses,
*o«w (man vgl. z. b. Wylo 253, 26. 297, 12. Eyh 24. 59) und
form nimt seit dem 16. jalirhundert mehr und mehr überhaad,
fgl. z. b. die belef;e dafür bei Luther GW. 0 2*. M 3". Abendra. n 1\ B 2".
Pranck Spr I, 48*. 94'. 2, 33''. 96''. 151" usw. Schotte! (s. 538)
lest bereits dieses im paradigma als nusschliesslich zu gebrauchende
brm an, jedoch findet sich auch die urBpniugiicho bildnng diß, dieß,
ÜB das ganze 17. Jahrhundert hindurch und wird von manchen schrift-
Itellem entschieden bevorzugt, so u. a. vnn Opitz (rgl. 15. 50, (58.
B5. 115. HO. 158. 164. 176. 195), Fleming (vgl. 26. 27. 34. 36. 37.
19. 40), Rist (141. 142. 146. 147. 174. 181), Weise (44. 55. 67.
B5. S7. 113)'. — Der gen. sg. masc. und ueutr. lautete im 16. uud
17. Jahrhundert neben dises auch dis, diß, disx^, z. b. disx -werckja
'Wyle 95, 2. diß uorts Agric 2, 42*. diß grheis Luth. GW. fl 3'.
*> Orts Simpl. 1, 91. dis Nfihmcm Abrali. a Sta, Clara, Aufi'. aiifl
Ihr Christen (Wien 1684) 58.
c) jener.
Vormals zuweilen auch eiter und f/ener, z. b, äner Wyle 309, 33.
ft genuin stock Sachs 1, 225. Es flektiert regelmüssig adjektivisch.
)araus durch ableitung mit vorsetzung des bestirnten artikols seit ende
es 15. Jahrhunderts:
d) dßrjeniye.
Früher getrent der jeni^ge; es dürfte aus mhd. der jener, dem
lircb den artikel verstärkten pronomen , wahrscheinlich unter einflusH
tun das ende des 15, Jahrhunderts autgeknnimeoeu bildung di-r
hervorgegangen sein. S. ÜWb, D. 987. 1018. Noch bei Opitz
'^fFjetten (gen. sg. fem.) 53. demjetten 129. 131. Frühere belege: dt.s
1) Di« heute groHsenteila nur subtitaotlvisch und in der dicbteriaoheu oder
plkltätDlictiea rede verwendete form düß wurde noeh im 18. sowie in der er8t"u
~ ' ">. jahrlinndertd öfter diß, lii't geflohriubfin , «o b«i OiiuUier. Morhof, Bod-
V, Hagedoni, Süutert u, n.
190 JKITTKLES
ihefwn Eyb, Spiegel der sitten (Augsburg 1511) 104\ diejhenen Pranck
Par. 125^ diejenen Wald. 1, 20. Ich gebe nun einige beispiele für
derjenige aus älterer zeit: das ihenige Luth. Abendm. h 2\ das jenige
Franck Par. 125^ 127 ^ Zinkgr. 1, 48. der jenigen Opitz 160. detn-
jenigen Simpl. 2, 210. die ienigen Luth. Abendm. a 4^ unier den
jenigen Schupp 24.
Auch erweiterte formen des artikels waren üblich, z. b.: Der
Adel giebt denen, die ihn verdienen, einen ansehnlichen Vorzug, und
er vermehrt die Schande dererjenigen , welche seiner und ihrer Aknen
unmirdig sind Rabener 3, 212. Die Verbindung einer Fräulein mü
einem aus bürgerlichem Stande tcird nur denenjenigen übereiU vor-
kommen, irelche von meiner xärtlichen Achtung für Ihre Person . . .
unrechte Begriffe haben ebd. 3, 210. Andrerseits verwendete man hin-
wider, wengleich selten, auch das einfache jenig, z. h. die Heuchler
rnd jenigen, so sich änderst, als jhnen vmbs Hertz ist, stellen Zinkgr.
1, 67.
e) derselbe, derselbige; selber, selbiger.
dersell)e ist entstanden aus der selbe, wie noch im 15. and 16.
Jahrhundert ziemlich algemein. Beispiele: der selb Bnmt 167. 205 .
Luth. GW. F l^ Mumer 104. dasselb Wald. 1, 154. desselben d>d_
73. 108. dem selben Eeis. 45'. den selben Pauli 368. der selbem
(gen. pl.) Sachs 1, 203. den selbcfi Luth. 6W. El*. Auch hieron gib^
es erweiterte formen des artikels, z. b.: Ich icar drei Jahr und eilidfm
Monat ans gewesen, in welcher Zeit ich . , . vielerlei Volker gesehen^
aber l»ei denenselben gemeiniglich mehr Böses als Chiles empfangerm-
Simpl. 2, 165. Die allgemciiw traurige Stimmung dieser Stunde Ue/9
mich den Werth solcher Betrachtungen doppelt fuhlefi und regte micH^
an, dcncnsell»en gleichfalls nachzugehen Briefw. 6. EAug. 2, 317. .Bir*.
Exfrllcni nach meiner glücklichen Ankunft sHhtldigst xu begrüßerw^
ergreife die Ft\lcr, sehr erfrmt mich I>efie9iselben so viel
wissen Briefw. zwisoh. Goethe u. Kasp. Graf Stemberg, hamusg. to
Bratranek (Wien 1866) 75.
Aus derselbe ist widenim mittelst ableitung seit dem 15. j
hundert die erweiterte form derselbige (öfter getrmt gesdmeben
selbigf) erwachsen, die. in früheren zeitläuften sdir bdiebt imd nocsli
von Goethe angewendet, heute veraltet ist Beispide: der jelM^
Wittenw. 20S. dcrselbig Eyb S9. der selbige Agric. 1, 55*. 65\
selbig Zinkgr. 1, S9. er war noch immer derselbigey den Wieriker ^o
vom Anfang her kannte, so sehr schätzte u$9d ekrtt 6. (WertlL) 7, 72
c<(kisrtf^ FnuKk Par. 125 V 139\ ein katkoKseker ChnMt
j
191
»selbige hörai Q. (Briefe a. d. Schweiz) 7, 149. »/es sdMgen Lutb.
Ai>endni. b 2*. desselhigen Simpl. 2, 120. 179. bei dem snjjbigen bür-
1 Fanli 50. mit der aeUdgen gaystlichen vr^ceuaohait Luth. Bapst
iC 2'. nuf die. selbig xe-it Eyb 54. dieselbige Gitamisvn Simpl. 1, 249.
JX^selbige Nackt ebd. 250. die selbigen theuren wort Lutb. Äbeudnt.
'. das der aelbigen Sprüche noch keiner erfüllet war ebd. g 2'.
Das einfache selb als besonderes pronomen scheint ini 17. jalii-
hundert aufgekommen zu sein, ohne jedoeh grosse Verbreitung gefun-
den zu haben, i^o heisst es z. b. in Zinkgrets Apopbthegmata 1 , i-tä8
tetbeii tags, in Reuters SchelmulTsky 9. 51 selben Tag, bei Abraham a
. Clara, Mercks Wienn IIS li'ar»mb ein Pfann mit Wasser ober
iiem Fater vnter sich am Boden gantx- erkiihtet, dn doch selbes das
atecJisie begm Fever . . .^ Heute ist es veraltet und wird höchstens
noch im kanzleistile hie und da gehegt. Dagegen lebt das mhd, selbe
.jn der verknöcherten form selbst, selber (früher auch selb, selbs, seib-
aten', selbert) als zusatz zu andern pronomen oder Bubsbuitiven bis
mm heutigen tage fort.
Auch das aus seih abgeleitete, im 18. Jahrhundert häufig ange-
wendete selbig wird heutzutage grossen teils gemieden. Ich finde es
HioTi bei Opitz. Als sie riachmais vemieinten, weiter xu gehen und
ie Gelegenheit selbiger Orte xu besichtigen, kameti sie ohn Oefehr an
scfiöne Bacft . . . Opitz 165. Da nun hiexu das Unerwartete
fo gewissen Umständen noch mehr, als das Wahre selbst, beyti-äget,
» AoAe ich es insonderheit in einer Ode erlaubt xu seyn, durch schöne
^dichtungen ein Meisler des Lesers xu werdtai, sollten selbige aueh
fftif die sonst unbrauchbare Fabeln des Älterthums fussen Hagedorn 9.
IfaM ist bettnühet gewesen, in dem Abdrucke alle Unrichtigkeiteti xu
Vermeiden und eine untadelhafte Bechtsehreibwtg xu beobachten, in
I ferne solclies möglich ist, da die wenigsten von selbiger einerlcy
iUey^nung liegen ebd. 12. An Wörtern sind sie mehr, als an Oedane-
reich. Fehm ists, dass selbige sich in einander sencken Bod-
f 13. Der Verleger trug ilemnach dem berühmten Proreclor an
l .fierHnischen Oymnasio, Herrn Wippel, auf, seUnge auszuarbei-
, 287. ir«;' der Honig nicht guten Geschmacks? Zu
V Preise steht noch mancfier xu Kauf G. (R, Fuchs) 3, 77. Ja,
Wf.'n erging der Menschheit nachmals mit jedem falschen I^ophetcn
: dem Bäreti, den der Ahnheir an die hotiiybeschmiertc Wagett-
! lockte und der sieh durch und durch auf selbige hijiaufleckte
mermann, Münchhausen (BerL 1S58) 1, 4.
1] NocU bei Goetbe 12, 260 mir Mlbstea.
102
5. BelatlTiim.
Dafür werden ausser dem deraonsirativum der seit dem 14. Jahr-
hundert auch die mhd. indefinita sivcr, swekh in der durch aphaerese
verkürzten form »(w, ivelch und überdiess die relativpartikeln so, wo.
wobei, wodurch, wofür, wogegen, wohin, womit, woneben, wovon,
woxu, woran, worauf, woraus, worin, ii'wnach, worüber, woru-m,
worunter in anwendung gebracht. Die partikel so, vormais sehr beliebt
ist heute in der ungebundenen rede im venUten begriffen, wird aber
noch von dicbteru gar nicht selten gebraucht
Hinsichtlich der flexion von der als relativurn gilt dasselbe, was
über das demonstrativum gesagt wurde; die erweiterten formen dessen,
dero, deren (dem), derer, detien treten gleichzeitig mit jenen des
demonstrativum auf; zu bemerken ist, dass der gen. pL, im 17. und
18. Jahrhundert zwischen deren und derer^ schwankend, heute sich für
dereii entschieden hat Wie beim demonstrativum der, wechseln axuäi
hier in schriften des 15.^17. Jahrhunderts mit den erweiterten formen
die einfachen. Einzelne Schriftsteller bevorzugen die ursprünglichen,
andere die späteren formen; Öfter wird auch durchgängig nur einerlei
form (2. b. nur dero^ und denen bei Wyle, nur denen bei Pauli) gebraucht,
oder es herscht gleich massiger wechsel beider formen. Alles diess wer-
den die folgenden beispiele veranschaulichen.
Was zunächst des = d&isen anlangt, so ist es nie völlig aus der
Sprache verachwunden. leh mai/ nit (fchnrgen, des du mich fteschul-
digst Eyb 55. von den selben ich auch vermerckt han dich mines
günstigen willens Ijegeren, des ich dich yetz mitteilhaftig machen wH
Wyle 61. Herr, du machst nümer me gewaltig über die siat Samwn
werden, es sye dann, das Esopvs. deß raul sie aüweg voigen, von danne
gebracht werde SteinhÖwel 65. Der pHgram bUes in seine hent, bia er
xum teil erwärmet, des sieh der iviU verwundert ser, des blasen het er
achte Sachs 1, 55, Schand ist, das einer . . . nicht was niltxiicJia bringt
heim, Des sein eitern erfreuet sein RoUenh. 1, 224. So fahe, sagt er,
ein liedlein an, Dessen ich mich erfreuen hau ebd. 204. Wol dem, des
Hert nicht gleidtsnen kan Fisch, (Kurz) 3, 163. No gnau erspeehten
ine den wald, dessen ich vor nicht war geuvn Fisch. (Goed.) 29. Seliaat
hin, dort Hegt im finstem Stall, Deß Herrschaft gehet überaB Qw-
hardt 3U. Dessen Macht keiit Unglück fällt, Dessen Onaäe wiedtr
stellt, Was sein Eifer umgesiürxet : Seine Onad bleibt unverkOmt
1) Sofaottel sext seltsamerweise im paradigma (s. 536) nur (ferer und dvB'W.
2) Die bei NobI s. 82 angegebeaen farmen derrti , ilem vertoisw ich.
b<L 149. N(Kfi Branden kam ein Kopf von R^ibelais veru'andten,
}eß Nähme Fisckarl war, der Liebling der Bachanleu Büdmer 8.
letif ist offt der unsterblich unsgeschrieH , Deß Bild das Vokk schau
tugespien Hagedorn 44. Auch, «agt man, hält er einen Schwan, Des
wunderbarer Schnabel IVo« Roms Kastration simyen kan Bürger 17ö.
Schatzgräber scItaU Roms höhnischer Bibel dich, THcfi sammt Donato,
«in erprobten Freuiid, Deß Kutist xtterst formlosem Steine Mann-
ten Seelenciiaraklcr eingrub Platen 2, 188, Und an der Wasser-
tforte jelxt Legt ein geschwinder Nachen an, Deß Schnabel sacht die
tufen wetxt Paul Httyse, Gesammelte novelleo in versen (2. aufl. Berl.
1870) 310.
Beispiele für der, dero, deren, derer; Gelycher tvyse mugen unr
trechen von den wachem, dero gelt gantx ain wücher ist Wyle 171.
husvatter Itett ain große herd schauff, dtren hütet ain großer
fiberfraidiger hund . ■ . Steinböwel 232. die narren sint und hant
natnen, dein ander narren sich doch schämen Brant 196. do
i otich vil glerler litt, der man docit ietx ganz achtet nüt ebd.
in. ich wil schweigen der anfechtuitg der widerwertiglMit , der vnxe-
KcA vil sein Luth. GW. D 4". alkn seinen haiigen, an deren slat sy
^txen ebd. E 3". die lachertd in die fust, wie alle ChriMen thümi,
I fröud nicmant weißt Franck Spr. 1, 73*. Die betrvgÜche rych-
fkutnb bietend sieh fälschlich für ein recht uaar tranck vnd spyß dar,
tr sjf doch keitui sind ebd. 2, 96 ^ Man förchtet sich vor einem
ihwggenden mer dann vor zehen ploäerem, deren mund yemer %ü
fiappert vnd wäscht eb(L 2, 143'. Sckriflglehrte vtid geystlich leut,
sro gewonlich wenig sind Erwölt . . . Fiscb. (Kurz) 2, 379. Oleich
« ihr habt ain alten sit, Das ir des alten schonen nit. Der alten
\ß>eib€r und matronetty Deren man solt vor andertt schonen Fiscb.
jOoed.) 84. Oott gibt alles, was urir dürfen; daß sichs uns nu nim-
' füget, Macht die Woüvst und Begierde, derer Stand sieh nie
fergnüget Logaii 193. Unsere Reisleut aits Italien uiissen von den
i Brunnen zu sagen, in deren ^nem ein Hund stracks ster-
n dem andern bald wiederum lebendig werden soll Opitz 196.
sind Kunstwässei- , sagte Nüßter, derer Eigetischaften auch
tuitürlichen Ursacheii sonder Zweifel nicltt mangeln ebd. 197.
«0 hübsch war sie nicht, sie ihät dan solche Schönheit borgen von
Anna, deren angesicht ist schöner dan der schänate morgen Weckb.
104. Hüften, Liljeti gleich, durch die ein Zephyr we/it, In deren
n Schnee die Liebesgötter wühlen Wieland, Idris 29. Jasptssäu-
Jan, an derer Einfalt ^eh die Augen nicht verweilen ebd. 246.
194
Beispiele für den, denen: ietx regt sieh vasi der scorpion durch
solch anreixer, von den hei geseit Execkjel der prophet Brant 212.
aber min arbeit ist verkert und ander rimen drin gemischt, denen kunst,
art und inafi gebrist ebd. 249. Vnd horten alda lere vnd Satzung der
wysen, denen du dann heimant vnd vsserthalb navch gefolget havst
Wyie 106, 8. Deren hilff ist ain torhait an xe rüffen, denen von
der natur gegeben ist mer xe schedigen, wan hilff xe bewysen Stein-
höwel 247. gleich vne die frummen kinder^ den jre eÜem toll oder
unsinnig sein toorden Luth. GW. K 2*. von den ersten, denen die
andern alle sollen gleich werden ebd. C 2\ Das sind die riehen und
ir kind, Den dies xergenglich öde weit Vil baß denn ob der himel gfeU
Murner 65. die xarte jungfraubilder . . . Denen doch blut solt sei'9%
abscfieuUch Fisch. 23. Weitere beispiele für den gebrauch des dativ^
piur. sind überflüssig, da seit ende des 16. Jahrhunderts nur die lär^-
gere form denen gilt
Sowie beim demonstrativum efer, begegnen auch hier in älter^ej
zeit für den dat sg. dem, der öfter die volleren formen deme, derew^^
z. b.: die Romer . . . seyn xu rechter Zeit defi Feindes gewahr uxpr^
den, deme sie dann Männlich tviderstrebet vnd jhn fihr dafimahJ
auch noch abgetrieben Lauremberg, Acerra philologica (Leyden 1640>
436. Das Obgemeldte sagte die Hoffart nicht nur vor die lange Wdf
XU der Verschwendung, sotidem wendet sich gleich xu dem Avaro
Selbsten, bei deme sie den Neid und Misgunst fafide, welAe Camera^
den der Geix geschickt hatte y ihme den Weg xu bereiten Simpl. 2, 196.
Do kam ain knecht mit ainer akst, der . . . xerhüw die wid, mit deren
der wolf gebunden icax Steinhöwel 205. Was ist die recht sicher regd,
nach deren tcir leben sollen? Eeis. 82 ^ Also haben ir die fünfte
ueifiy in deren vfis Christus Jesus hat lieb gehaben ebd. 116\ Darauß
folgt, das ein yeder sunder auch ein Abgöttischer ist, dann die sünd,
deren er dient, ist sein Gott Franck Par. 160 ^ Der hett ein altes
Mütterlein, Boy deren er must täglich sein Sandrub 104. Die unver-
gleic/dicJu* y^Arcadia^, aus deren ich die Wolredenheit lernen f€olte,
war das erste Stück . . . Simpl. 1 , 256.
Im gegensatze zu diesem gebrauche des 15. — 17. jahilianderlB
steht die im 18. Jahrhundert und auch heute zuweilen veisuchte rüd^-
kohr zu dor ursprünglichen genetivform der, z. b. daß du in Alles,
was upis upugirbt, Heil- uiut Linderungskraft gelegt hast, der wir
so stündlich In^iürfen 0. (Werther) 7, 69. Die Krone, der mein FiM
mich uyi^nhg achtete G. (Tasso) 5, 392. die Tüehtigkeü, der er sidl^
fnutr Otto liudwig, Zwischen himmel und erde (3.aiifl. B^. 1862) 62.
196
[ ist die Zeit ... der Jene, wol gcdnchi, Die Rosen tntßntg: „Heule
Nacht!' Paul Heyse, Rafael (Stuttg. 1863) 15.
Die reiativa wer und it^ek/i^r bedürfen keiner besonderen darstel-
long tbrer formen, da jenes sich hinsichtlich seiner endungen mit dem
^eleichlauteaden iaterrogativum deckt, dieses regelmässig adjektivisch
iktieit wird. Jedoch durften einige bemerkimgen über das erste
>rkommon dieser retativa an liieser stelle vielleicht nicht unwilkora-
len sein.
wer, aus »wer entstanden, findet sich schon in Schriften des
14. Jahrhunderts, bei Nicolaus von Strassburg, Hermann Pritslar, Ulr.
Boner usw., in der heutigen anwendung; man vet^gleiche: wer wol
%tAilt ist stner fünf sinne von biixen, der ist mtcli wol brkät stnes
hgrxen von binnen Pfeiffer, Mystiker 1, 17, wer dise. mojatnge nmler-
tprSche, der tele tötsunde ebd. 160. Wer die bischaft merken wil, der
stz sich üf des endfs xil Boner 184.
weli'k. in der älteren mhd. spräche bloss fragepronomeu und von
»m indefinitum sweleh geschieden, wird gleichfals schon seit dem
14. Jahrhundert, indem das prokUtische .i des lezteren verloren gieng,
Ittr beide redeteile verwendet; insofern aber schon dem altdeutschen
wteelch halb relativischer sinn innewohnte', kann auch das nur äusser-
' Hch veränderte wekh schon ursprünglich immerhin zu den relativis
gezählt werden. Dahin gehören fUlle wie folgende: Wel vrowe verlurt
ir lieben man, mag si wol ^tie man gestdn, belib nkS! dax ist mtn
rät Boner 101. weUtex höh under derlai höh swar ist und hnorrot
in seiner aii, dax isl dax pest und ist gar wolsmeckend Megenbei^
355, Auch im 15. Jahrhundert ist diese Verwendungsart von welch,
wo ihm die bedeutung von „derjenige welcher" zukomt und es zumeist
»of falle beschränkt ist, in denen es einem Substantiv coordiniert ist,
noch die weitaus überwiegende. Allenthalben begegnen sätze wie die
Dschfolgenden. Welch -mensch truret, er wirt fro Altswert 38. Wel-
ker icil mit Salden reichen, Der füg swä xuo den sein geleichen Ring 80.
weitiche frawen das nit anget. die dar ff sich des nit annemen Eyb 11.
»uun» welcher das Über füre, der wiird hart gestraffet Steinböwel 45.
Welche erent den votier, die erent den sttne Wyle 180. Wiihrend aber
z, b. bei Eyb in dessen Ehebuch noch kein einziger fall eines ander-
veitigen gebrauchs von welch als relativum vorkomt, finden sich bei
Bdnem Zeitgenossen Wyle in den Translazionen sehr häufig falle, in
welchen ein satz mit dem von einem Substantiv begleiteten pronomen
I) Tgl. bienu EniniaiiQ, nrundzüge Am deiitacheo syntax g99.
wcfcA eingeleitet wird, der sich auf ein gleichnamiges Substantiv dps
vorhergehenden satzes oder auf den ganzen satz zurückbezieht. Z h.
ata es xä dem tage kmn, gicng sy vsser irem hnse vjtd beschlos dax tw
iretn stiefsunen, der das bald Euriolo braveht^ ein trurig botschaft
Welcher Evriol des nii yninder dann Luereda ward belaüiet Wyie-M.
Vrid aber xum andern darvtnb, dax die Jvgend nit waiax niarss xehai-
ten noch sich xeküten vor woUitsien vnd girlichkait des lybes. Weicht
ding merckUch vrsachen sint grosser kratickhait v?id siechtumen ebd. 138,
Sm stimme was süsx, clavre vnd verstentlich, darinne etlich kunst Vnä
dapferhait gemercket wurden aines g&ten redners, bede x& herükaU
oder x& barmhertiikait irt den menschert zebewegeti. Welcher barm-
kertxikait er doch nie weder halt noch begert xeerfolgen 228. So kavi
der hochgelert poet E?teas Siluius deji obge^nelten poeien vnd oratorrm
navchfolgetuie aineti irovme, den er ainstnavls von der obgenanten lätn-
gim, vnd irmn ryche gehepi havt, in coslUckem latin f>escJiriben. Wel-
chen irovme jch vor etlichen javren . . . üwer durliichtikait sagt vnd
vsxlait 231. Wie wol er ain manschlacht tett vnd dar mit ain küngk-
Ueh offenlichs gelait brach. Welches gelaites diaer jemriger hertxog sieh
havt getröstet vnd dar inne dahin konien was 237. Dieser gebrauch
sezt sich dann auch weiterhin (z. b. u. a. bei Luther) fort und ist auch
gegenwärtig aus der spräche nicht geschwunden. Dngegen treten ßüle,
in denen welch in der heute geläufigsten weise bei substantivisoher
steliung ohne begleitung eines Substantivs einen relatdvischea aebeosatz
bilden hilft, vor beginn des 16. Jahrhunderts mehr ausnahmsweise anf.
Jch habe aus dieser zeit nur ein paar beispiele zur Verfügung, wovon
eines aus Sebast. Brants Narrenschiff, die übrigen aus Niclas Wyle
stammen. Aber disen dinen wavne tnugent dir benemen etlich ytU
lebend menschen. Welche, ob sy wol an gewalte gemaines mttx«s mit
grosser vnm&sa beladen aint, noch dann die kutist der geschrifl tut
versumment Wyle 206. Disßr torhait ist aber vHdencertig din jung-
Hgkait, welche., ob sy wol vil ivyshait . . . über kamen havt vnd grovt»
hoffung gibt künftiger wyshait, noch dann nit vor haim gesartt «w-
den wolt ir aigen land vnd Hit xeregieren 218. Item vnd das etüdw
menschen des landes Ärcltadie über ain wasser gefürt in ain iradt
schtvument vnd daselbs ali in tvolfe verkert tmirden, mit andern He-
ren furo alda jr wonung habende, welche aber der selben über nun
jar herwiderumb schu-ument imd dar xtvüsehen kain menscJten fioMi
geessen hellen, dax die widerumb xü meyischen wtirden 249. worHek
XU truwen ist dem nüt, weicher um gelt sin jtigent git Braut SM.
Diese satztügung wird nun aber seit dem anfang des 16. jahrhundeiv
^^^^^^^^^^" DAS HBD, eKOtuMO*. u 197
immer häufiger. Icli gi-eife aus der tuUe rler nunmehr hiefür ku gebot
^^ Bteheitden heiupiele bloss einige wenige hüraus. Dann das kauptwerck
^L »*( nit da, on welches die andern alle nichts seinä dann ain Jauier
^B ^Uissen Luther GW". B 3*. Ja du soli got dancken auß hertxen grund,
^H diu er dir dein achwackhiUt also offenbaret, durch welche er dich leret
^H 1^ nermanet, wie dir not sey, dich xv, üben vttd ieglich stereken im
^H Rauben ebd. F 3*. dann was sein hie die hungerigen, dtirstiyen,
^H HBßkenden, gefangnen, krancken, frembdcn dann deiner aigeft kinder
^H ««Jen, mit u-ddien dir got auß dciiiem hauß ai?t spital macht . . .?
^H I 3*. diatsr gewali, welcher sich nierttandt kan genugsam wären vnd
^H fUf sehen K 3\ Zweihundert schock behemisch musi auch geben xu
^Kstraf Hans Bock, welcher im nam das leben . . . Sachs 1, 121. Alu
^Mvon Athen Solan, der weise, hin ge7i Miletum tet ein reise tu ThakH,
W •*?« weisen man, welchen er redet Iteftig an ... ebd. 131. PUnius uns
I beechrifien liat von einem hunt gelreue tat, welche geschehen ist xu
I Ront ebd. Hl. Ein müller war, welcher dock gar vemieret was beim
I fiauren, das er gar xu hart tet mitxcn ebd. 183. dos hat er als in
'fint geschlagen; nach dem sein odisen nider schlug, welche im xogen
w dem pflüg ebd. 2, 225. In einem flecken sassen xwen bauren,
K'ficJie nachpauren waren Wickram 19, 16, In einer statt, im Etach-
^ftfi gelegen, war ein Obseruantxer Münch im Barfäser closter, wel-
'^r- aäupeg ein groß geschrey auff der kantxel treib . . . ebd. 46. Oot
""t Jm das volck des alten Testaments xu eyneni eusserücheti, figür-
lichen voick erwelet, in welchem er j'hm hat wollen ein miister bereitten
- JVanck Par. 48*. Fifen ist jhr weyßheit, händt, mvndi, handel,
F*^t.ndt, gelt ja fast allein jhr Oott, darxA sie in nöten fliehen, viU
E'''^nen majtchcrleg bcgirden vnä sünden. wekhc all jhr Qötter seindt
d- 161-.
6. Interrogativum.
icer. Vou der alten gestalt des nora. iiud aec. sg. neutr. (wuji,
K03) gibt es in mancfaeu drucken der frübei-en iicuhochd. periode biä
* IT. Jahrhundert, z, b. u. a. noch bei Spoe, viele reste.
Die genetivform wes (felilerhaft toeß] war im 15. und 16. jahr-
Liidert noch algemein im schwänge und ist auch beute noch nicht
Uig erloschen. Beispiele: wes begerest du aitwr schlavfkamer ain
r *^nden landes? Wyle 26. Weß ist die schuld? Keis. 33^ wes xeichst
^ dich .. .? Sachs 1, 270. Der im aelbs kcilhß, weß Heiland wölte
"^f»* sgnf Franck Spr. 1, 151V Als wir uns nun so ein wenig gewär-
V "**{ und getrvcknet hatten, friste der Herr Burgermeister, wes Stands
1 «•«> witfrr» Schebnuffeky 36. ices ist Elisetis arabf Hallei- 193.
198
Das Schwert! wer nahms van meinen Sarkophagen? Wes sind die
Hände ^ die so keck sich machten, Daß sie von dort xu seiner Schmach
es brachtefi Dahin, wo Niemand ist, der es kann tragen? Rückert,
Gedichte (Frankf. 1843) 164. Daneben aber schon seit ende des 16.
Jahrhunderts wessen, z. b.: Wessen Oeschlecht tpirt so lang bleiben,
Das man wirt saugen von seim Nannmen? Msch. (Kurz) 3, 52. Und
wessen soll ich mich erfreuen? Dach 49. Durch wessen Kunst steht
dein Gebein In ordentlicher Fülle? Gerhardt 221.
Der dat. sg. lautete früher auch voller weme^^ z. b.: Ein Kriegs-
obrister begerie etwas newes an eines orts inwohner, die begerten
hintaider von jhm seinen gewalt, vmbxusehen, von weme er die voll-
macht hatte Zinkgr. 1, 374. Weme brennt das Sternenlicht? Gerhardt
137. Weme grünet Laub tind Gras? ebd. —
welcher flektiert regelmässig adjektivisch. Bezüglich des gen. sg.
ivelches möge bemerkt werden, dass derselbe, ohne einem Substantiv
coordiniert zu sein, im ganzen selten ist; ein paar beispiele für ihn,
in denen aber ivehh relativisch gebraucht ist, kann ich beibringen:
Die weysen sagen, das de?- am seligste?i sey, qui natus moriensque
fefellit, von wehhs gepurt vnd sterben niemandt nichts weyfi Agric.
1, 91*. Das Sechste ist gewesen das Bild des Jovis in der Stadt Olym-
pia in Oriechenland, genunt Jupiter Olympicus, zu welches Ehren
die Spiele Olympia sein gehalten worden Lauremberg, Acerra 16.
7. Unbestimtes pronomen.
a. jemand — niemand.
Diese pronomina hiessen noch bis tief ins 16. Jahrhundert häufig
unentstelt ietnan, nieman, z. b. ieman Brant 105. jman Fisch. (Kurz)
3, 172. nieman Brant 24. 105. 186. Keis. 115\ Kliman Fisch.
(Kurz) 2, 25. 77. 3, 173, allein schon im 14. Jahrhundert erscheinen
formen wie iemant, s. Pfeiffer zu Konr. Megenberg 640, ntmant Pfeif-
fer, Mystiker 1, 13. 28. 29. 131. 239 u. ö., die seit ende des 15. jhi
1) Während Schottel in seiner „Teutschen Haubtsprache ** s. 539 diesen vol-
leren dativ unerwähnt lässt, verzeichnet er eigentümlicher weise einen dat. sg. fem.
icer sowie einen gen. und dat pl. wenen^ formen, die ich in den benüzten qaelleo
des 17. Jahrhunderts nirgends entdecken konto. Dagegen möge einer andern (syntak-
tischen) besonderheit, die mir aufstiess, nebenbei hier kurz gedacht werden: der
anwendung von wer als analogen von welcher vor Substantiven im accusativ. Sie
findet sich bei Spee 148: Wen Sckatx hart wir gefunden j Wen Sekatx itn kohlen
Krippelein . . . !
^^^^^^^^^^H D4S tJBD. FKONOMEN. 11 189
^■Kbeiiund nohnien. Beispiele: yniant Wyle 21. j/mand Eeis. 83^ nie-
^fnant Wyle 18. 21. Brant 3. Luth. GW, E 3". niemafid Agric. 1, 25*.
Roll. 1, 182. Eine weitere aiisartung, die sich nachher wider glück-
iieh verloren bat, erlitten diese Wörter frühzeitig durch den Zuwachs
eines s, das sich teils an die ursprüngliche form unmittelbar anfügte,
^ teils mit Jeuem t, d zu ts, eis (dts) vorband und für alle kasus galt
I Beispiele: nom. iemans Brant 153, jemands Luth. D. 216, Spee 48.
^L Wemands Mumer 30. Spee 233. dat. iemans Brant 92. Humer 249.
^B vmmnds Zinkgr. 1, 177. nietnanis Eyb (Greussner) 15*. niemands
^m Üinkgr. 1 , 38. accus, temane Fisch. 56. niemans Pauli 50. 62 usw.
^f Was die tle.xion der formen ohne s betritt, su lautete »ie ursprüng-
H^ li'cli von jener des Substantivs man nicht verschieden. Der gen. auf
V -es fsl blieb dureh alle zelten aufrecht, man vgl. die beiapiele: wer
I nl liegt, der isl niemans fründ Brant 40. Der yyt ist nimnants frtind
Phinck Spr,2, 129'. Sey xUchtig mit Worten, gebenden und gedancken,
sehende niemands Weib oder Kinder Zinkgr. 1, 122. Bat irgend die
^'atur in jemands Seel gesenckt Die Hoheit von Verstand , . , Bod-
iner 32. I/ir erfahrt die Versehwörunff , nnd Niemands denk' ich xu
schonen G. (R. Fuchs) 3, 95. Sind Sie und Ihr Karl die Vorlimfer
dcntavdea ■■■? Immennann, Münchhausen (Bprl. 1858) 2, 10.
Der dativ auf -e findet sich noch bisweilen in Schriften des 16.
iiiid 17. Jahrhunderts, vgl. DWb, IV./2, 2301. VII, 826. Häufiger aber
liiut«t er unflektiert, z. b. iemand Steiohöwel 257. yetnand Agric. 2,
99'". niemant Wyle 18. 78. nieman Keia. 83"; ebenso im 17. jahrh.,
!!■ b. niemavdt Saudrub 75. niemand Opitz 210, Ziukgr. 1, 112,
Sinjpl. 2, 81, und bis zum heutigen tag. Im 17. Jahrhundert beginnen
"J**»!! überdiess die noch heute iiblicheu adjektivischen formen auf -em
tod -e« aufzutauchen, deren leztero grammatisch unberechtigt ist. So
••ftifiBt es schon bei Logau 27: Der heilsame Verstand, daß einer xüchr
lebe. Niemandem Schaden thu und jedem Gleiches gebe, Ist nöthig
Kol was und bei Christ, Weise, Erznarren 129: Sprecht xu nie-
,mein Herr^^ . . . Diese formen werden im 18. und lO.jahrhun-
'«^ immer häufiger, z, b. sie wollen von niemandem Brot geschnitten
!« als von mir G. (Ausg. lezter band) 16, 27, während die ausübe
H Goedeke (7, 13) von niemanden bat Das Gefühl, Niemandem
■ixen xu können 5. Geo. Forster, Sämtl. schritten (Lpz, 1843) 9, 140.
'■ ^rrathen Sie niemandem, ivas ich Ihnen gesagt habe Gusi Freytag,
W'erke 6, 40. wenn mr gleich von aller Well ausgexisckt und unsre
iftett von niemanden gelesen . . . würden Liscov 129. er sei eher
Jemanden die Haut abxuxiehen, als eine solche Operation xu
200
dulden 6. 13, 27. hinter ihm erlaubt die Wache Niemanden, aus der
Reihe der Kutschen hervor xu treten ebd. 10, 420. Ja, daß es viel-
leicht Niemanden gefällt als ettva den Druckern und Setzern Pla-
ten 4, 86.
Auch der accusativ blieb bis in die neuere zeit unflektiert; erst
im 18. Jahrhundert scheint die adjektivische form auf -en^ wol nach
analogie der eben erwähnten dativform auf -em, entstanden zu sein,
zur zeit Lessings ist sie bereits durchgedrungen; vgl. die beispiele:
Oder kann man niemanden widerlegend Lessing 4, 299. Ich hörte
nur, daß er sagte, er wolle als ein guter Christ keinen Haß gegen
Jemanden hegen G. 12, 261. Auch bedient man sich maskirender
Titel, wenn man jemanden gegen seine Gegner vertheidigen will lis-
cov 282. Ich weiß Niemanden Gust. Freytag, Werke 4, 554.
Vereinzelte formen älterer zeit sind iemande für nom. und acc.
sg., so bei Agric. 1, 77*, in Steinhöwels Äsop 257, jemanden für
nom. sg., s. DWb. IV./2, 2303.
b. jeder — jedweder.
Die volle mhd. form ieweder ist zwar auch in älteren neuhoch-
deutschen quellen nicht mehr vorhanden, aber ein rest davon bestund
in der form iederer fort, die sich neben ieder, jeder noch in vielen
Schriften des 16. Jahrhunderts findet, ja bis ins 17. Jahrhundert fort-
dauert Da die flexion dieses pronomens regelmässig adjektivisch ist*,
werden einige beispiele für den gebrauch jener älteren form iederer
genügen. Sechs flügel sah er einen jedem han Luth. D. 83. Gott hai
ein rechenbuch gemacht, Darin ein jedem ?nenschen bdacht Gleichwie
in einem testament Sein gburt, sein leben ufid sein end Waldis 1, 104.
Ir seht, vde in der ganzen weit Eim jedem volk ist vorgesteUt Ein
oberkeit ebd. 1, 39. Die fabel lert . . . daß wir nicht, wie sie gern
wollen, Eim jedem geiste glauben sollen ebd. 44. Niemand taill von
wolverdienst uissen. Jedem muß ein Idein fei verdrießen Rollenh. 1,
152. Ich muß die sach also anfangen. Das ich jedem insonderheit
Qründlieh ab frag der sach bescheid ebd. 1, 160. Beispiele aus dem
17. Jahrhundert fehlen mir; sie scheinen im ganzen selten zu sein. Man
vgl. aber das Deutsche Wörterbuch IV ./2, 2285 — 86.
1) Einen auffälligen gen. sg. m. nach gemischter dekliuationsart gebnucbt
Bodmer in den „Krit gedichten* 32: Fühlt jemand in der Brust den buhierisckeH
Oei^t, Der ihn der Schönheit Ma-cht wid Sitten singen heißt, Der kan dies Thema
selbst j daß jedens Feder führet. In einem Licht besehn, das niemand noM
berühret.
DAS NED. FBONOMBN, n 201
Eine ganz analoge bildung ist jedweder, dessen fiexionsverhältnisse
denen von jeder volkommen entsprechen. Auch hievon gibt es in alte-
rn quellen vollere formen, z. b.: Miist du nicht vor einen jedwedem
insonderheit sorgen? Simpl. 1, 121. mein gröstes Kreux war, daß ich
^it den Burschen nicht recht reden konte und mich gleichsam von
jtdtoederm hin und toider stoßen, plagen, schlagen und ja^en lassen
muste ebd. 136.
c. jedermann.
Ursprünglich und noch in einzelnen Schriften des 15. Jahrhun-
derts, z. b. in Wittenweilers Ring, hie und da unzusammengesezt
fteder man)^ ist es schon seit Eybs und Seb. Brants zeit dauernd in
ein wort geflossen. Die jotierung des anlautes ist viel später vor sich
geg^angen und fält mit jener von jeder zeitlich zusammen. Vgl. hier-
über DWb. IV./2, 2274 und 2286. Nur der gen. ist flektiert und lau-
tet seit alters iedermans, jedermans; die seltnere form jedermannes,
die das DWb. IV./2, 2292 aus Fichte belegt, findet sich u. a. auch
tei Fleming 26 : Du jedermannes Oreul
GRAZ. ADALBERT JEFTTELES.
TANZ UND LIED BEI THOMAS MUKNER
Volkslied und tanz waren zur zeit, als Thomas Murner dichtete,
^^f^h nicht so getrente gebiete, dass ihre gemeinsame betrachtung unbe-
''^ohtigt erschiene. Franz Böhme (Geschichte des tanzes in Deutsch;
^*^d I, 245) hält es sogar für höchst wahrscheinlich, dass das deutsche
^oH noch das ganze 16. Jahrhundert hindurch zu seinen tanzen gesun-
8^^ habe. Leider hat Böhme, der u. a, Sebastian Brant und Geiler
^^^ Eaisersberg für seine darstellung verwertet hat, Thomas Mumer
^<ilit berücksichtigt, dessen werke doch eine viel reichere quelle kul-
^^geschichtiicher erkentnis bieten, als die der genanten. Mumer ist
^^^"ix^haus frei von Zimperlichkeit; es gibt kein gebiet, das ihm für
*^iiie Strafpredigten zu heilig oder zu gemein wäre. Dabei betrachtet
^■^ die dinge nicht mit dem blicke des scheuen Stubengelehrten, auch
^^Ciht mit dem des weltfremden geistlichen; er scheint manchmal gerade
^^igen zu wollen, dstös er trotz kutte und doktorbarett von den
'^^^«tößsigen gebieten auch etwas verstehe. Und weil er sich selbst unter
^H8 Volk mischt und — wenigstens in der dichtung — an seinen aus-
^Ireitungen teilnimt und auf diese art kühnlich ins voUe menschen-
30S armaa
leben greifti deshalb eben baben aeine darstellungen ein so frisches,
natürliches gdpräge.
Freilich muss man in b«tracht ziehen, das9 er als Satiriker haupt-
sächlich solche Verhältnisse vorführt, die ihm zur stratpredigt anlasR
geben; man wird dies auch bei seinen Schilderungen vom tanze nicht
vergessen dürfen. Eine solche gibt Mumer im 50. kap. der Narren-
beschwörung '.
Alle ehrbarkeit hat beim tanzen ein ende, mögen nun pEaffen
oder laieu daran teilnehmen. Die ehrbaren mädchen, „die frummeji
kint", lä^t man zurück; man will nur mit den hübschen und resolu-
ten tanzen, die den knaben, wenn er hoch springen will, stützen imd
heben können. Dann werden auch sie tüchtig geschwenkt und gevor-
fen — n^nd gredtlin sich hoch ynher bricht,
Das man ir weiß nit wa hin sieht"*.
Man gibt »ich heimliche zeichen im händedruck, läuft in die winkel,
sagt freundliche grüsse hin und her — da ist wirklich kein ort für
ehrbare mädchen. Einen tanz nent Murner namentlich, der bcIiod
manches mädchen ins frauenhaus gebracht habe, es ist „der schüfer
von der neuen stadt". (S. Böhme, Gesch. d. tanz. 11, nr. 12)^.
In den Epp. obac. viror. I, 33 (Böcking a. 50, 6 fgg.) heisst es
von diesem tanze: Nuper chorisavi cum ea ter in chorea serotinali in
domo sculteti; tunc fistulator fistulavit cantilenam de pastore de novi
uivitate, et statim omnes chorisantos amplexabantur suas vii^es
sicut mos est. Und Geiler von Kaisersberg führt unter den unziich-
1) Ich citjere die NB. naoli der 1. ausg. (Hupfuff 1512|, von der deinnidisl
in Braunea samlung ein neudruck eTscheüieEi wü^l.
2) Solte mim glauben kÜDnen, dass diese stelle eiucs koinmeDtora bedüihV
Und dass de gar falacb kommentiert würde? Balke (D. nat-Utt. 17. band, 1. abl.
s. 11)8) versieht „weiss nit wa" im toxt mit acfütirungBstricben und erklärt nntcn:
„weiss nit wa, euphßmistisch für cuddus". Da ist es am ende nütig mit panllel-
stellen zu kommen. So sogt Oeiler von Kaisersborg: „vnd baben es biSweileii die
jongfrawen (so anders solche jungfrawen zu nennen sein) fast gern vnd ist jnen mil
lieb gelebt, wenn man aie also sohwenuket, das man jhnen, iah welB nicht wo-
hin aiehet" (Scheible, Kloster I, 555) und ähnlich Heinrich Wittonweiler im Biq
sab, 35 (Stattg. litt. ver. ed. Becbstein s, 171):
,and Sprüngen her SO gar gefüg
dsz man in oft ich wayTl nit wie
hin auT geaach bis an die knie".
3) Vgl. Eitnei', Das deutsche lied des XV. und XVI. Jahrhunderts IL teÜ Ib
Fucicnina Quodlihetious Melchior Franeks: Der Schoffer von der Newstadl juch JBcii
ho bo dey usw.
TANZ UND UKD BEI MUBNXB 203
tigen gestikulationen beim tanz an: „puta amplexari (der schöffer
tantz) osculari etc. (Navicula sive speculum fatuorum, Yb). Nach die-
sen beiden citaten scheint das umarmen in dem gewiss nicht harmlosen
tanze eine grosse rolle gespielt zu haben ^.
Der text des liedes lautet nach Böhme:
Der scheflfer von der nuwen stat
der het myn dochter gar geren.
Ich hab se im dick vnd viel verseit,
ich meyn ich well se im geben.
Nu hab dir myn dochter,
ich gib dir myn dochter:
das singent die scheifer alle.
Mumer redet nach seiner lebhaften art in dem erwähnten kapitel den
8chä.fer selbst an: 0 sch&fer, du vil öder man,
Was hastu schand vnd Übels than!
Es klingt durch die darstellung der Inhalt des obigen liedes *. Die
ijtöchter*' laufen dem schäfer nach, der sie an sonn- und festtagen so
Diöde macht, dass sie gott zu dienen vergessen. Aber einst wird ein
*ag kommen, wo dem schäfer die schäflein genommen und an einen
aadem tanz — ohne pfeifer — gebracht werden, da soUen sie haut
^ii^<i haar verlieren und ganz anders springen lernen — dann stelt ei-st
fott die ehrbaren töchter, die auf erden nicht mitmachen durften, zu
tanze: . „Die selben werden vornan ston
Ynd mit maria dantzen schon^.
über diesen „ hynunelschen tantz" vgl. Altd. bll. I, s. 56 (Predigt aus
deni 15. Jahrhundert): ^Gregorius von einer edeln jungfrowen, zu der
üe muter gottes kam vnd sprach: liebes kint, wilt du vmme mynes
kindes willen, dins gesponsen, tentz vermyden vnd mit dinen gespiln
nit tantzen oder lichtfertikeit triben, so wil ich dich holn vnd jn
kurtzen tagen zu jme an sinen tantz füren'' usw. Auch Geiler von Kai-
1) Was mag „die köohin von der nüwen stat" (8Z. 2, 40. NB. 29, 20)
"®deuten? Steht sie woi mit dem schäfer „von der nüwen stat* in einem Verhältnis?
2) Auf einen zahmeren, augenscheinlich jüngeren text des liedes weist Burk-
^^^^ Valdis un Esopus (IV, 81, 190) hin:
Dromb singt man noch das alte Liedt:
Der Schäfer in der Newenstadt
Sein Boeßlin außgeboten hat
Eim unverzagten Man zu geben,
Dem nit sein Weib darfF widerstreben,
Findt aber kein, ders SO begert,
Doshalb behelt er wol sein Pfordt
204 SPAIOXB
sersberg weist in der predigt über das tanzen auf die gesdiichte hi
Est ad hoc exemplum notabile s. Gregorii in dialogo de puella c
apparuit virgo Maria i.
Den predigem ein dorn im äuge waren damals die hochzeits«
tanze. Murner beschreibt im Luth. narren, kap. 52, wie er seine „bmt-
laufPt" mit der tochter Luthers hält und kap. 53 (v. 4165 %g.), „wie vff
des mumers hochzeit gedantzet ward^.
Mumer ermuntert nach der mahlzeit die gaste, den tanz zn
beginnen. Für musik ist gesorgt, denn er hat eine spielfrau mit einer
laute bestelt (von gesang ist im ganzen kapitel nicht die rede). Luther
fordert nun Murner auf, mit seiner braut den ersten tanz zu tun —
es wird ihm also der „vortanz" eingeräumt — doch soll er vorher die
kutte ablegen, da diese am tanzen hindere. Nun folgt eine merkwür-
dige stelle. Mumer bekent, dass er früher tüchtig mitgetanzt habe,
aber ihm seien deswegen die leviten von der kanzel gelesen:
„Münch, du solt gar nit dantzen,
So oflfenlich vmbher schwantzen.
Dein orden wils nit leiden.
Zu laufTen mit den weihen.
Ich muß dich warlich straffen
Ynd dir das selbig sagen.
Es wil dir nit gebüren;
Es sein weltliche sachen,
Die dir nit zu gehören.
Ich wil dich trüwlich warnen!" (4193 fgg.)
Wenn Mumer wider zu tanzen anfienge, so würde der prediger ihn
von neuem schelten „mit so viel en vnd so viel en". Ganz misver-
standen hat Heinrich Kurz diese stelle. Er bemerkt zu dem werte
„en*^: „wol das lateinische en". Richtig hat Balke in seiner ausgäbe
des Luth. narren (D. nat-litt. 17. bd. 2. abt. s. 175) erkant, dass die
oben citierten verse (zwei vorhergehende zieht er fälschlich hinzu) alle
mit „en" schliessen. Aber das ist noch keine erklärung. Ich möchte
vermuten, dass Mumer hier die eigenheit eines Strassburger predigeis,
der die infinitivendungen dehnte, scherzhaft in erinnerung bringen weite.
Und zwar ist höchst wahrscheinlich Geiler von Kaisersberg gemeint,
von dem es bekant ist, dass er gegen das weltliche treiben der Strass-
burger Ordensleute oft in masslosen äussemngen auftrat. (Vgl Ph. de
Lorenzi, G. v. Kaisersbergs ausgew. schritten I. band. Geilers leben,
s. 53 fgg.)
1) Vgl. Gottfried Kellers Tanzlegendcheu.
TANZ UND UKD BEI IfüBNSR 205
Luther macht sich über Mumers skrupel lustig und weiss ihn
endlich zum tanzen zu bewegen. Munter ruft er nun:
Schlag vfF, schlag vfF, liebe adelheit,
Vnd mach vnß mit der luten freidt,
Es ist so gut ind hell gesprungen,
Als mit rutschen drein gerungen.
Das bild zu diesem kapitel zeigt im vordergnmde Mumer, wie
er Luthers tochter am arme zum tanz führt ,, Adelheit mit der luten**
zixpft die saite. Im hintergrunde befinden sich lutherische geistliche
als Zuschauer.
Ich stelle nun die bei Mumer erwähnten tanze zusammen:
1) Kochersberger (LN. 4187).
Böhme, Gesch. d. T. II, teilt unter nr. 288 und 289 melodien
zweier Kochelsberger tanze mit
Eochersberg ist ein fruchtbares hügelland zwei stunden westlich
von Strassburg (Stöber, Alsatia 1858 s. 69, anm. 8). Mumer erwähnt
^^ix ort Schelmenzunft 31 , 17 und die bewohner an verschiedenen stel-
len seiner gedichte. NB. 95, 74 und LN. 1805 spricht er von ihren
derten fluchen, Geuchmat E2a von ihrer groben spräche, NB. 34, 116
von ihrer altertümlichen kleidertracht. Dies wirft vielleicht auch auf
diö art des tanzes ein gewisses licht
f ^ 2) Dranranran.
Darzü den grosen dran ran ran
Den ich frölich springen kan. LN. 4188. 89.
Pfyff vff, mach mir den dranraran!
Elßlin/ gredtlin/ vornan dran. NB. 50, 7. 8.
A^us diesen beiden citaten (Elslin und Gretlin sind dirnennamen) kann
öian den derben Charakter des tanzes erkennen. Ich vermute, dass
^^ wort mit dem sturmruf der landsknechte, deren stand ja um diese
^^it blühte, identisch ist Nach Vilmar (Handbüchlein f. freunde d. d.
^^Iksl. 2. aufl. s. 46) lautete dieser: „Dran dran dran!^ Ein passender
^*öie für einen wilden tanz!
t 3) Jesusgänglein (L. N. 3701).
Luther glaubt, dass Mumer seine tochter gern habe:
Er hat ir klosterbrötlein geschickt.
Mit süssen äugen angeblickt,
1) f bedeutet: bei Böhme nicht erwähnt.
206 SPAMUR
Ein klosterdentzlin hat er gethon,
Mit ir ein reyen gefieret schon
Ynd ein ihesiisgenglin gemacht
Mit dem „ klosterdentzlin "• wird wol keine besondere art des tanz ^^^
gemeint sein. Geiler a. a. o. Y 2 a führt bei der ausdeutung der 6. nc^^^ ^
an: (Saltare) In loco religioso: hoc est in conventibus: refectoriis: locii^^ris
capitularibus in ambitu monasteriorum — das wären also „klost^25?:»r-
dentzlin**. Über Jesusgänglein vgL Grimm, DWb. IV«, 2314.
4) Paduaner. (LN. 4239.)
Siehe Böhme, Gesch. d. T. I, s. 134.
t 5) Westerwälder. (LN. 4239.)
Auch von Braut, Narrensch. 85, 94 erwähnte
f 6) Denteloren.
Das wort ist noch nicht genügend erklärt«. Soll man an dexi-
ten «= danten = tanden = possen treiben denken, oder ist es gr^
korrumpiert aus einem danse lor(r)aine? Dass die lothringischen tän^^e
seit alter zeit berühmt waren, teilt Böhme I, 30 mit
7) Pfauenschwanz^
Es heißt ein liedt „der pfouwen schwantz".
Das hört vil baß an puren dantz. (NB. 22, 15. 16.)
Siehe melodie: Böhme II, nr. 53.
Dass dieser tanz keineswegs ein wilder war, sondern sanft, vie
leicht schleifend, geschritten wurde, glaube ich aus der stelle
4002 fgg., wo Murner den gang seiner geliebten besingt, schliessen
dürfen: Die tusent schon Ean ynher gon
Wie man im kat Yff holtzschü gat,
1) Kuuz Has (1525) sagt gelegentlich der aofzählung von hoohzeitBtlnie^^'*
„Ytzund tantzt man den wüsten weller''. J. Bolte (Alemannia 18, 77) yermntet
,weller'' den wälschen tanz (Böhme I, 103), wahrscheinlich ist aber „wüster
eine yolksetymologische oder scherzhafte umdeatung des ,we6terweller *, io wdch«
form ihn Murner ja auch unter den hochzeitstänzen (1522) aoffohrt
2) Charles Schmidt giebt in seiner Histoire litteraire de rAlsaoe 11 , 296 n.
folgende erklärung (?): Denteloro est le fran^ais Tintelore, qui parait avoir ete
danse acconipagnee de chant. Le mot se retrouve dans le refrain de la funei
chanson de Jannequin sur la defaite des Suisses a Marignan: Escampe, tonte frdow
(tout est verlöre, i)enlu), — La tintelore frelore, — Escampe, toute frolorB, Wgo**
(par Dieu!) Leroux de Lincy, Recueil de chants historiques fran^ais 11, 67.
3) von schwänzen: sich anmutig bewegen, tanzen. 8. SchinellMr - Rtawi^wo
U, 640.
TANZ UND UED BEI MUBNEB 207
Ynd h&flich drit, Bescheißt sich nit,
Wie pfawen schwantzen^.
1) Veigleiche: No: du solt sein
Ob dem tisch ain Adler,
Vf dem veld ain leo,
Yf der gassen ain pfaw,
In der kirchen ain lamb,
In dem pett ain AffI Hätzlerin, seite LXYII nr. 3.
Sie tritt dort her gar schöne
gleich wie der pfawen art, Ambras. Lb. nr. 169, str. 2.
In der mhd. litteratar wird der schleichende gang des pfauen auch in einem
»m sinne — nämlich als bild des gleissnerischen widerholt verwant, vgl. hierüber
tnanns, Walther v. d. Vogelweide* 19, 32 und Strauch zu Mamer XV, 316
82). Mumer ist dieser gebrauch noch nicht ganz fremd. Zu NB 16, 65: „Zweyen
en dienen/ pfouwen strychen** erklärt Goedeke wol nicht mit unrecht: „Pfauen
ichen, wie den Kautz streichen, schön reden '^. Er verweist dabei auf NB 19,
: „Es heisst z& tütsch der pfouwen strich*^. Aber diese stelle lässt auch eine
5re erklärung zu. Vorher gehen nämlich die verse:
Als es stat yetzundt vfP erden
So brucht man also groß geforden.
Wie einer gang dem andern für.
Dien du mir/ so dien ich dir,
Leck du mich/ so küß ich dich.
(Mit diesen beiden versen wird der schleichende gang gemalt)
Es heißt zö tütsch der pfouwen strich,
ch kann hior vom intrans. strichen = unhörbar fliegen, sich rasch bewegen, zie-
, schleichen (Mhd. wb. 11, 2, 685, 41 fgg., Lexer II, 1235, Schmeller- Frommann
807 unter e) abgeleitet werden , ebenso wie im Augsburger Lb. nr. 81 (Alemannia
222): „Wohin das felcklin hin sich kert
so ist er auff dem striche*^,
ge verse weiter: »Wie er dem felcklin streichet nach.
« Murner strichen = schleichen anwendet, belegt Ketzer d 1 a:
„Am freytag vmb die zehend stund
Der geist herzüher strichen bgund.
1 auch das subst. „strich*^ findet sich in diesem sinne bei Mumer, z. b. NB 5, 185 fg.
Der alt krebs lernt syn kindt den strich
Das sy noch hüt gondt hindersich.
Qer NB 59, 8 und 70, 23.
Eine fernere stütze für diese erklärung gibt die parallele aus der SZ. XV,
gg.: Wen eyner went, du redts seyn wort.
Was dem zu sagst, das leugstu dort:
Ich dorfPt keyns solchen mittler nit;
Der also brucht eyn pfouwen dritt
Und leftgt schedlich vff beiden parten.
Immerhin ist, wie NB 16, 65 wol beweist, eine Vermischung beider redens-
*Ki „wie pfawen strichen'^ und „den kutzen strichen*^ bei Mumer schon eingetreten.
^^^H Suite dieser pfauenschwatiz nicht mit der pavane, die Bühiuc J ,
^^^H 134 als eiuen beliebten vurnebm emst-gravitÄiiscIien taoz des 16. imd
^^^V IT. Jahrhunderts beschreibt, identisch sein? Der nanie pavane konte
^^^V leicht — ob mit recht, bleibe dahingestelt' — von pavo der pfsa
^^H abgeleitet werden.
I
■ lO!
8) Betlertanz. Siehe Böhme I, 57 fgg.
Murner spricht in einer von Grimm, DWb. I. 1737 nicht beleg-
ten bildlichen weise von diesem tanz:
Ich habs noch nit erzelct gantz
Erst icum ich vfT den bettler dantz (Ketzer 1 6a).
Dos bedeutet hier: jezt komt erst die hauptsache, jezt gehts erst recht
Es folgt nämlich das volle bekentnis des von den „vier ketzen*
gemarterten armen schneideis Jetzer.
9) Bubeatanz.
Jetzer erzählt in seinem bckentms, wie er die vier ordensleule
heimlich bei fleisch, hühnem und — schönen ^uen angetroffen habt-:
Ich sprach / ist das die obseruautz
IcJi halts wol für ein b^ben dantz (Ketzer m 1 a).
Vgl. Böhme I, 83. 106. Grimm 11, 465 gibt zwei belege auB ]
Sachs.
Als 10. tanz führe ich in diesem Zusammenhang noch einmal den
Schäfer von der neuen Stadt an. Dieses tanzlied mag uns über-
leiteo KU einer betrachtung über Murner und das Volkslied.
Vielleiofat ist die oocb nicht befriedigend erklärte verbinduug .den kttuau
streloheu", die allerdings später aach voa Uuraer ia der QM. (siehe DWh. T, 36S>
ausdrücklich als den kaaz glatt streiDhela ^deutet wird, ursprünglich auf den heiiD-
licUoD, gei^uschlusen kauzenflug xu beziebeo. Aas der wendung: „dt kann Uiüi kau—
xeustrich* (=^ flug) mag am ebsten die Verwechselung berrorgeguigeD sein; dcoa
von dieser bin eu iet form ,danii or dan kutzen strichen kau*^ (Naneoscbiff 100.
13) ist nicht weit
Ebenso ksiiD es sich verhalten mit den Wendungen «den falkou Bttiofaeo'; dia
Wörterbücher gebun viele belege gerade für den falkenflug, der falke strichet ns»-
Für falkeo sagte man in gleicher bedeutung oft (nach Grimm III, 12T0 unter Fall')
a. e.) .falben". Konto bieraiiB nicht diu redeusart ,deo falben hengst streicbao*
sieh entwickelt haben V
Die übertragnag gieng ülierhaupt imiuei weiter, da das „streiuhöD'
rechten sinn verloren hatte. Im AuibraHor liederbnch nr. 28, 17 beiaet •«:
falkau können sie streichen", aber auch m^aa |nr. Tu, 44): DIl^ wörtlein könl jki J
streichen, und reden selten war.
TA.NZ CND UID BKI MURNER 209
Es lassen sich verschiedene grade der beziehungen Mumera zum
rvolbgesang feststellen. Manchmal scheint es uns, als ob er nur in
verstekter weise darauf anspiele, wir hören gleichsam nur ans der ferne
ieu klang des liedes. Wenn er NB. 6 und SZ. IT von den prahle-
reien der landsknechte spricht, so sind jedesfals deren lieder die beste
Lillnstration zu diesen kapiteln. Wenn er ferner auf ihr rechtloses plün-
1 <)eni hinweist mit den Worten:
„Sü ist er ein frumnier lants knecht,
Wann er mit den hflnern fecht", (NB, 78, 31. 32).
ö soll hier wol nicht das hühner stehlen im sinne von: sich feig beneh-
wie Goedeke z. d. st. erklärt, soudem in seiner ganzen wört-
iichkeit gemeint sein. Denn in dem liede der 7 stallbrüder aus Sach-
en (Bühme, Altd. Idb. nr. 422) heisst es :
»Str. ö. „Der sechst der sprach: hielt wir uns recht
so wären wir gar frumm landsknocht
so möchten wir frölich traben,
laufen den pauren durch die houser
und nemen in, was sie haben".
Ond einige verse weiter:
„gepraten öpfel die schmecken wul,
doch eß ich hüner liir ptlanraen".
Pn«a bei Dhland nr. 191:
tr Str. 2. „In hungersQot schlag hennen tot
r und laB kein gans mer leben".
^F Str. 4. „Nun wenn ir kumt ins banren haus
^M so lebt mit kltigeu wit^en
^r einer ge ein, der ander bleib herauB
lüg wo die hennen sitzen".
^j*id wenn Mumer in demselben kapitel gegen den frummen buhen
»*ßttert, der .. yotz verzert sj-ner alter gftt
Vnd tag vnd nacht halt fiyen mßt
Vnd sitzt von einer mittemacht
Zß der andern vnde wacht,
Schlempt, verdempt vnd nimpt vfF borgen
Vnd laßt die lieben vögeün sorgen (NB. 78, 11 fgg.)
ai erinnert das an die verse des schlemmerliedes (John Meier, Beig-
reihen 27. Böhme 358).
Str. 6. Mir wird nicht mehr zu dieser frist
LDenn schlemen vmh vnd an,
Dazu ein guter mut.
n
210 SPANIER
Str. 8. Ich las die vSgel sorgen
gegen diesem winter kalt
Wil uns der wird nicht borgen,
mein rock gib ich ihm bald
die ioppen auch dazu
ich hab widder rast noch rhu
den abend als den morgen
bis ich das alles verthu.
Ähnlich auch im Bohnenlied (Böhme 362 a):
Auf meiner weis will ich hinaus
Das Yöglein lassen sorgen,
Und frölich sein nur überaus
Vom abend an bis morgen.
Schelmenzunft 20 klagt Mumer, indem er die alte bessere zeit
rühmt, über den einreissenden materialismus beim heiraten:
„Die ersten fragen, die man d&t,
Die ist: wie fiU sy hab des gut,
Und ob ir sey der seckel schwere!** (V. 17 — 19.)
Dennoch aber stelt man sich so, als ob nur die liebe das motiv d^:K
heii-at gewesen: „0 wie dieflF schopfFt er die wort.
Wen er spricht: meyn höchster hört!"
Gerade die lezte wendung ist in den liebesliedern des 15. und 16. Jahr-
hunderts überaus häufig. (Vgl. das bild zu diesem kapitel der S. Z. :
Der mann hält in der einen band einen zettel, auf welchem „herte
libste" steht.) Ich will hier nur einige beispiele aus zwei liederbüchem
des 15. Jahrhunderts verzeichnen: Augsb. Lb. v. 1454 (Alem. 18): In
nr. 32 ist „Mein höchster hört" anfang eines oft widerkehrenden
refrains; dieselbelbe wendung nr. 35, 11. Nr. 46, 19 Bis trew vnd
stat, mein höchster hört Nr. 65 Ach höchster hört Hätz-
lerin: Meiner fräden aller höchster hordt LXXIV, 69; Mein höch-
ster hört, gar unverporgen nr. 66, 24; Mein höchster hordt, mein
ainigs hail, nr. 72, 23; Mein höchster hordt, so hab ich rü nr. 106,
107. Auch die andern von Murner in diesem kapitel angeführten „tie-
fen Wörter**: „meyn keysereyn^, „die allerliebste meyn** sind beliebte
phrasen des Volksliedes (Locheimer Lb. 33, 3 fraw, aller eren pistu
ein rechte keyserin. Hätzlerin, abt 2 nr. 32 Wol hin, meins hertzöi
kaiserin. Arabraser Lb. nr. 68, 52 Du mein schöne keyserin. Wei-
tere belege: Grimm 5, 41. (Im L. N. 4649 ironisch: Die alte zierlich
keiserein, wie Amb. Lb. nr. 117.) — Ich bat die aller liebsten
mein, Hätzlerin nr. 89, 1; Mein aller liebsts vnd höchster schätz
TANZ UND UED fiH MüRKER 211
das. LXXn, 39. Der oder die „hertz aller liebste mein" wird
wderholt erwähnt im Ambr. Lb. nr. 31, nr. 42, nr. 75, nr. 80 u. s. f.
Ein ähnlicher fall ist es, wenn Mumer in dem kapitel der NB. „Ein
Inten schlaher im hertzen hon'' (80, 71) die buhlerische geliebte „die
tiisent schön, die zart vnd rein" ironisch nent Über „tusont schön"
vgl. weiter unten s. 223. Zu „zart vnd rein" führe ich nur als
parallele aus Schöffers Lb. (1513) das weitverbreitete lied nr. 7 „Ton
edler art auch rein vnd zart" an.
In der Badenfahrt kap. 35 redet Mumer Maria mit „tusend-
schön" V. 52 imd 71, mit „zart rein" v. 5 und mit „zart reine
meit" v. 16 und 93 an.
Wenn man Mumer kommentiert, solte man daher fleissig das
Volkslied zum beleg heranziehen. Zu der stelle NB. 80, 46 fgg.
Bistu dann ein geistlich man
Vnd fachst dyn metten betten an.
So stat myn trütlin vornan dran
Vnd sucht die lieb also genow.
Das sy dich schier macht engelsch grow.
bemerkt Goedeke: „engelsch grau — mir unverständlich, wenn nicht
^r^gelsch eine Verdrehung von eselisch sein soll — sie macht dich
^^xa esel**. Und Balke vermutet ähnlich in engelsch einen druckfehler
^'^ eselsch. Der sinn der stelle wird aber völlig klar, wenn man
fol^nde verse aus den Bergreihen (Neudr. nr. 15, 4) vergleicht:
Grau engelisch will ich mich kleiden,
braun gibt mir einen guten radt
Gegen einer schöne iungfrauen.
Zwei werke Mumers — die Schelmenzunft und die Badenfahrt —
^^^^^')n sich mit dem Volkslied in Verbindung bringen.
Man findet gewöhnlich die angäbe, dass Murner seine Schel-
'^^nzunft nach der in Strassburg 1506 deutsch erschienenen scherzrede
er Bruder Orden in der Schelmenzunfft" betitelte. Wenn dies auch
htig sein mag, so muss man doch berücksichtigen, dass damals das
^^*dens- und Zunftwesen einen gewaltigen räum im Interesse des volkes
'^Soinahm und infolge dessen ein solcher titel nichts besonders originel-
hatte. Wenn man die trink-, schlemmer- und landsknechtslieder
jener zeit in Böhmes liederbuch durchblättert, so findet man fast
jeder seite das ordensmotiv verwertet. Der Liber vagatomm hatte
^TLch den nebentitel: Der Betler orden. Zamcke hat in dem kleinen
^uch: Die deutschen Universitäten im mittelalter, ausser dem lateini-
14*
sehen original des oben angeführten buches (Monopolium Philoso]
rum Yulgo die Schelmenzunfift) noch ein anderes Monopolium, nän
das „der schweinezunft** (von Joh. Schräm, Erfurt 1494) veröflFenÜ
Wenn es nun im eingang der S. Z. (v. 15 fgg.) A heisst:
Ob iemans wolt hie zunfEtig seyn,
Der leg z6 erst dry würffei eyn,
Dor noch so gib ich im eyn statt,
Als ich die andren gestellet hatt
so findet diese stelle ihre erklärung in der „Abtweihe*' (Böhme c
jenem liede, in welchem die bedingungen gestelt werden, die zur
nähme in den orden berechtigen (str. 3 Ein narrenkappen zimt
wol usw.). Es heisst hier in der schlussstrophe:
Da kam ein brüder bald herfnr,
fragt: was mein orden sei?
Drei Würfel zucket ich herfür
und warf zink, quater, drei
Du magst mir wol ein rechter brüder im orden sein!
er schloß mir auf und ließ mich in sein klösterlein.
In der Geistlichen badenfahrt hat Mumer das leibliche bad
ritualiter durchgenommen. Christus fungiert als bader. Man hat
der beurteilung dieses buches die damalige predigtart in betracht
ziehen, die immer an das sinlichste anknüpft, um das Interesse
erregen. So hat Geiler von Kaisersberg z. b. eine walfEÜirt, die \h
tuug eines hasenpfeffer^ und gar den dorfmeier geistlich ausgede
(S. Kawerau, Th. Mumer und die kirche des mittelalters s. 65 1
Liorenzi, Geiler I, s. t>4 fgg.). Wenn Murners Zeitgenossen sich \
die idee seines gediehtes lustig machten, wie er am sohluss der
berichtet: Vnd wardt von jnen drum verlacht.
Das ich got zu eym bader macht (J 2 b),
so winl dies haiiptsäohlich durch die grobkörnige art der behandl
bewirkt sein, an sieh war die i::eistliohe aiisdeutung des bades ni
unerhörtes, wie schon die von Wackeruagel, Kirchenlied 820, :
veK^tfentliohten l>adeliedlein aus dem XV. Jahrhundert erweisen,
führe aus dem zweiten liinie einigi^ stellen an:
Str. l. Wol utf im ireist sron Baden
do liiu hatt uns ^'laden
dt*s vaters sn^tikeit,
der suu wil uns imnlieren
der heilp^ i^>ist hotieivu;
min seK nu biß ;^>meit!
TANZ UND LUD BEI MURNER 213
Str. 6. Gar warm solt du dich halten
vnd dich nit Ion erkalten
noch diser mynne bad.
Din baden büle sye
die allerschönst Marie
ein gott und nammen drye
mit andacht z& dir lad.
Böhme (s. 601) bemerkt, dass besonders in süddeutschen nonnenklöstem
badeliedlein, in denen Jesus als „badebuhle*' hingestelt wird, beliebt
waren. Es hat also auch hier Murner an einen gedanken angeknüpft,
der in gewissen kreisen bereits populär war.
Zuweilen gebraucht Mumer Wendungen aus bekanten Volksliedern
formelhaft. Die klagende „wypliche schäm" ruft aus: All dee all dee
ich far do hyn! (G. M. c2b). Dasselbe sagt der sterbende „groß nar**
(Aide, aide, ich far dahin L. N. 4659). In den abschiedsliedern aus
dieser zeit ist das wort sehr häufig: Ade, ich far dahin, Böhme
^^' 260* am Schlüsse, ebenso in einem quodlibet bei Schmeltzel (1544),
Eitner, Das deutsche lied I, 120; Ach, schons mein lieb, ich far
dahin, Augsb. Ib. nr. 7 a. sohl.; Got gesegn dich, lieb, jch vor do
hyn, Locheimer Lb. nr. 20 a. schl. Aude! ich far dahin ^, Bergreihen
(neudr.) 34, 25. Besonders hervorzuheben ist hier das weit verbreitete
auch geistlich gewante lied: Ich var dahin, wann es muß sein, Loch-
eimer Lb. nr. 8 (Böhme nr. 252), von dessen melodie der herausgebor
liachweist (s. 162), dass sie während des fünfzehnten und sechzehnten
Jahrhunderts zu den bevorzugtesten gehörte.
Li der NB. 73 spricht Murner u. a. davon, wie die edelleute
^ft mit hohlen redensarten ihre gläubiger abspeisen wollen:
Je suis tout voster heißts in welsch.
In bösem tütschen nent maus: felsch.
Er will so gantz dyn eigen syn.
Ich Sprech: wol vIBT, wach, ketterlyn!
Wans mir an den punten godt,
Syn w6rter helffent nit ein lot. (V. 45 fgg.)
A^li glaube, dass die worte: „Wol vff, wach, ketterlyn'', („wach
^-^tterlyn** formelhaft auch NB. 80, 132), über deren bedeutung hier
1) Die Wendung wird stehende abgangsfonnel im drama des 16. jahrhuudorts.
^^boa im dialog Karsthaos: „Aldi, ich far dahia!" im L. N. ed. Kurz, 184, 24.
^. hierüber: Spengler, Der verloreoe söhn im drama des 16. jahrh. 6 und 53.
214 8PANDSB
kein zweifei sein kann^ (Gieb nur acht!), aus einem volksliede stam-
men. Im Münchener liederbuch nr. 63 [Eitner, Das deutsche lied des
15. und 16. Jahrhunderts. Bd. II s. 158] sind zu einer melodie als
erste textworte: „Wach auf, Keterlin*' angegeben. Zu einem geist-
lichen liede etwa aus dem jähre 1529 (Wackemagel, E. L. n, 1292)
ist der ton: „Es taget vor dem walde, wach auff Kitterlein ** ver-
zeichnet Die erste Strophe dieses weltlichen liedes gibt Böhme nr. 440
unter der nicht ganz zutrefTenden Überschrift: „Jägers morgenbesuch^:
Es taget vor dem walde,
stand auf Eetterlein!
holder bul! Hei a ho!
Du bist mein imd ich bin dein!
stand auf, Eetterlein.
Die Strophe ist wol der anfang eines tageliedes. Statt „stand auf^ wird
es ursprünglich „wach auf^ geheissen haben, wofür man Mumer als
dritten zeugen anführen kann.
In seinen satirischen gedichten weist Mumer aber auch aus-
drücklich auf ganz bestimte lieder hin. Im kapitel 22 der NB. ent-
rüstet er sich, wie manche seiner Zeitgenossen, darüber, dass man in
den kirchen nach melodien weltlicher, oft sehr anstössiger lieder singe
und so Gott lobe „mit bösen dingen^. Es entspricht ganz der art
Murners, dass er sich nicht darauf beschränkt, solche melodien im
algemeinen zu verwerfen, sondern dass er einzelne beispiele anführt
Zuerst nent er den Pfauenschwanz (s. o.), dann:
„Ach liebe dirn/ vnd werder mundt**, (v. 19)
da dies kaum der anfang eines liedes sein kann, so vermute ich^
dass hiermit auf zwei lieder hingewiesen wird, von denen das leztere:
„0 werder mundt von dyr ist wundt** in Amts von Aich liederbuch
(1519) nr. 15 angeführt wird (s. Goedeke, Grdrss. II», s. 27. 28). In
Valentin Trillers Schlesischem singebüchlein (1555) findet sich auch ein
geistliches lied „auff ein alte melody, 0 werder mundt". (Wacker-
nagel KL IV, nr. 132.) Solte meine Vermutung richtig sein, so würde
Murner beweisen, dass das lied weltlich und geistlich bereits um 1512
im schwänge war.
„Ein anders heißt „vß hertzen grundt
Ob aller schönst/ on freüd verzer" (v. 20. 21).
1) Balke (Deutsche N. L. 17 band 1 s. 245) freilich kombinieit nach seiner
art „wach, ausruf dos erstaunons und des Unwillens'^. Ein solcher ausruf ist num*
eben erkläruDgen gegenübor berechtigt.
TANZ UND LDED BEI MUBNEB 215
Dies werden wol auch drei liederanfänge sein. Das erste ist
iöchstwahrscheinlich nr. 12 bei Amt von Aich: ^Auß hertzen grundt
bin ich verwandt", von dem lezten findet sich der anfang in einem quod-
Jibet bei Schmeltzel (1547): On freud verzer ich manchen tag, Eitner,
Das deutsche liedl, 442; die übrigen konte ich bis jezt nicht nachweisen.
„Wen man went, du lobest gott,
So trybstu nun ein hüren spott
Du hasts vorhin dem sack geseyt:
„Wen man das buch herumbher treit.
So wil ich singen: „„biß mir holdt
Vil lieber bist, dan rotes goldt!''" (v. 25 fgg.)
ßass dies der anfang eines liedes sei, ist aus dem Zusammenhang nicht
«tt bedingt zu entnehmen. Es ist eine wendung, die in ähnlicher form
^ögen der gefalligen reime gold und hold sehr häufig ist. In einem
tag'elied (1464 cod. Genn. Berol.) heisst es:
Ich han dich holt Vor alles Golt
Mir kan dich nieman leiden.
(Birlinger und Crecelius, Des knaben wunderhorn I, 540.)
B^i Eitner II, s. 33 (Münchener Lb. nr. 47): für alles golt bin ich dir
'^^It, mein unmut sei verdrungen.
John Meier, Bergreihen 17, 16 fgg.:
ich wer dir holt
für Silber für golt,
ich thet alles das ich solt.
^^^edeke- Tittmann, Lb. nr. 91:
Es het ein meidlein einen reiter hold
für Silber und für rotes gold.
^'Oedeke -Tittmann, Lb. nr. 25, 13 fgg.:
Dann ich bin dir von herzen hold
Du bist mein schätz auf erden,
für Silber und für rotes gold
sol mir kein liebre werden.
-A.znbraser Lb. nr. 43, 24 fgg.:
für alles gold
bin ich dir hold,
auff dieser erd
kein grösser werd.
Auf dem titel des buches De fide meretricum stehen die zeilen (wenig-
stens nach Kurz' angäbe, L. N, s, 197):
216 SPANOBB
„Ach, liebe Eis
biß mir holt«
vielleicht ist dies der anfang des betreffenden liedes.
Auf ein lied vom habersack wird an verschiedenen stellen
Murner sprichwörtlich hingewiesen. Es wird angebracht sein, diese &
len zu betrachten. [Vgl. auch oben s. 52 fg.]
NB. 19, 5 fgg. ist von leuten die rede, die eine heimliche ^
abredung mit einander haben, was sie andern öffentlich sagen,
nirht, „Z6 güttem tütsch heiBt es: ein vertragk,
Oder gsungen: der haber sack«. (V. 18. 19.)
Im li. N. wird der grosse narr durch die starke beschwörung bewo|
alles zu sagen: „Wil es dan ye beschworen syn
Und hilfit auch weder guck noch gack,
So sing ich nit den habersack;
Ich sag bei got als, das ich weiß,
Dan soit es sein ein heimlicheit
Sie betten es dem narren nit geseif* (V. 577 fgg.)
Hier heisst also ,»den habersack singen*^ etwas verheimlichen. Sch^
riger ist die bodeutung in einer stelle der GM. (k 4 a) zu bestimD
Wenn die geliebte dem gauch die speisen bereitet, so ist er s
hocherbaut davon:
«Sy ist allein die kochen kaa.
So kan kein andre richten an:
Vbor Isaacks spyß die selbig was.
Der kitzen fleisch für wilpret aß
Vnd übeis hvmmelbrot furwon
IW gvu den Juden regnet vor.
IW ^'Ibi^ bn>t ^'hmackt fleisch und fisch.
Wenn SV dem coucfa beievt den discfa
Vnd hat jm hertz spyd dniff ber^yt;
Ist cs^ dann als man mir dsks^ sevt«
IVnu ich svn hab car kein b^?s?cheidt,
S^* ha: die s^^lbic spyil ein is<4i3iack
Yud is; ^v; über den habrensack.*
Wctiu uKHiuu(^ av. dii^T stx^llc auf ein Ii:?J iiLc^^iei: we
s^^ kv>«iÄ" vier \*TS ^leLUnch: Kxleiicen: e?^ i?eht w.ei: üb^r de
aKnr c,*> \v^^lv^väetl. ^>> uSirÄ*;*:^ a1> jn:vrj«i- VcL auch c
alt tts o'^»• uKrs K^hvo:i>.e\i
ASTräni l^S BEI MUBN^
irird und von eiuem edelmaim handelt, der sich in einem habersack
XU eines müllers lochtet tragen litsst. Das lied ist auch im Elsass
,l>eliebt, siehe Gargantua 46 {». 34 neutJr.). Mündel, Elsässische volks-
T, nr. 9; vgl, auch Frischbier, Ostpreuss, Volkslieder nr. 93,
Goedeko zu jener stelle der N- B. meint, dass dies lied nicht
bierber gehöre und glaubt, dass , möglich erweise der grosse hahersack
des pfaSen vom Kalenberg gemeint sei". Aber mir scheint doch die
knspieliuig auf das lied besser zu passen, einesteils wegen des Inhalts
(der „vertrag": zwischen dem edelmaun und seinem knecht, der ihn
im sack für hafer trägt; in jenem kap. der Nb. heisst es: Der knecht
des herren sin verstat [v. 8], Heintumann knecht, der weißt bescheidt
(v. 11]) luid dann eben weil es ein Ued ist; denn ein solches wird
wegen der art der anführung bei Murner voranszusetzen sein.
i zwei stellen der NB. weist Murner auf ein lied vom
Bchneider und der geiss hin (Wie der schnyder mit der geiß,
14, 13; Als tbot der i^chnyder mit der geiU, 90, 8). Aus dem zusam-
menhange geht hervor, dass das lied von einem Schneider handelte,
■der törichter weise sich selbst verriet. Nach Ooedeke verbot der rat
zu titrassburg 1508 das lied „von dem snidre und einer geißen" bei
80 pfund Pfennige. Um so pikanter war es für Mumer, auf das
juistössige lied zu verweisen. Vielleicht citiert Abraham a. 8t Clara
den anfang desselben, wenn er im Jud»s IV, 3tiO (nach der ausg, von
1710, die mir nicht zu geböte stand): „Das Liedei: Es knüfielt ein
Schneider ein UeißfuS ab" erwähnt, (S. Lauchert, Alem. 17, I20.J
Doch kann auch jener raoistersang vom Schneider (Goed.-Tittm. Lb.,
374) den auch Fischart (Uoodekos ausg., 123) erwähnt, gemeint sein.
Murner kante die macht des Volksliedes. Als er in den refor-
tnationsstreitigkeiten zur Verwunderung seiner gegner lungere zeit sich
am kample nicht beteiligt hatte, gieng auf einmal von ihm „Ain new
lied von dem vndergang des Cliristlichen glaubens" (1522) im Bruder
Teitenton aus. Dieses lied erhebt sich weit über die zeitgenössischen
Btreitgesänge dadurch, dass es sieb durchaus von jeder kleinlichen, auf
das einzelne gebenden polemik fernhält. Es gibt auch kaum eine
Bcbtift Muraei-s, in der uns die persönlichkeit des eigenartigen Francie-
kaners sympathischer enlgegentiäte, als gerade in diesem Uede. Man
f^ürt doch darin etwas von warmer herzlicher glaubenstreue, von einem
jiuügen pietätsgefühl gegen das ererbte alte. Und wenn Mumer, wie
ttberall, su auch hier kein Verständnis zeigt fiir die gebietenden for-
'derungen des gewisaens, für dio macht einer aller beengenden fesseln
«ich entledigenden Überzeugung, so muss uns immerhin der Standpunkt
218 SPANIER
dieses mannes, der offen eingesteht, dass die papisten viel verschuldet,
dass gar manche misbräuche sich eingeschlichen haben, die kein ehren-
mann lobe, dass der ablass viel unheil angerichtet — der aber dodi
seinem alten glauben nicht untreu werden will, achtung abgewimien.
Ein wirklicher glaubensheld würde fireilich kaum sagen:
Wan kaiser, forsten, oberkait
mich haißen stille ston,
z& undertäne bin ich berait
und wils als underlon;
wie sie mir das gebieten
das wil ich nemen an,
mit strafen oder gieten
wil ich zä Mden ston. (Uhland, nr. 349, 33.)
Das lied tritt den volkstümlichen ton auf das beste; es ist nicht eine
spur von theologischen Spitzfindigkeiten darin zu finden; es liegt hier
wirklich einmal, was man bei Mumer so selten tritt, eine äusserung
seines gemütes vor.
Es ist möglich, dass bruder Michael Styfels lied „Von der Christ-
fermigen, rechgegründten leer Doctoris Martini Luthers" (Wackemagel,
Kirchenlied IQ, 74 — 79) Mumer zur abfassung seines liedes angeregt
hat; aber nachgeahmt hat er Styfel gewiss nicht, wenn dieser ihn auch
deswegen einen äffen nent, „der da thün will was er sieht*'. Dass
Mumer sein lied wie Styfel im bruder Veiten verfasst hat, ist nicht
auffallend, da diese weise im 16. Jahrhundert überaus verbreitet war,
so dass man darin gewiss keine nachahmung Styfels erblicken darf,
um so weniger als Mumers Strophen auch formell von denjenigen Sty-
fels sich unterscheiden, der sie, wenn auch mit hindemissen, durch-
gereimt hat Deshalb nent er wol auch seinen gesang, den übrigens
eine lodernde begeisterung für den gottesboten Luther durchglüht, „ain
überauß schön kunstlich Lied". Dass Mumer in der gewantheit und
volkstümlichen kraft seiner darstellung Styfel weit überragt, ist wol
selbstverständlich.
Man muste doch auf selten der gegner Murners das gefuhl haben,
dass sein lied eine starke waffe gegen die reformation werden könne,
und man beeilte sich daher mit gegenschritten. Ein ungenanter dich-
tete ebenfals im bruder Veitenton ein lied (Kloster 8, 671 — 674) zur
Widerlegung, mehr aber noch zur Verspottung Mumers. Es wird ihm
der rat gegeben, mit den andem katzen nachts auf die dächer zu
steigen — „vonn Schelmen sol er schreiben, da er ist in der Zunfft*.
Aber seines herzens alter narr regt sich wider imd lässt ihn, da er
TANZ ÜM> LUD BEI UURKKR 819
[ Bicht mehr predigen darf, lieder schreiben. Auch der hiinger zwingt
[ihn dazu, überall im Elaass wird er jezt „Parteckon saralen", Man
LTergleiche übrigens mit der oben angeführten stropbe Muraers, die
I folgende aus dem liede des ungenanten :
„Man müg uns halt schon tödten,
den leib nemen das gut,
vom streyt wöl! wir nit treten
die sei dadurch wird pbut,
es Wirt vns nutzer seine
das wir leiden durch got,
dan sein on weltlich paine
zulest vergan in spott".
Stj'fel gab das ganze liod Murners, das er tür „schädlich, widerspor-
rig, ttffrörig"' erklärte, mit prosaischen glossen heraus; aul' diese weise
[glaubte er es wol am besten unschädlich zu machen. Diese ausgäbe
Jst natürlich keine philologisch gewissenhafte. Abgesehen von ortho-
graphischen iinderaugeu, die zum teil auch auf das konto des druckers
■ZU setzen sind, von dialektischen Abweichungen, die am versausgaoge
den reim stören (Murnor 2, 4: drait — Styfel: trägt; M. 14, 6 gesait —
gesagt; M. 31 , 3 umbeleit — St. vmbgelegt; M. 7, 7 versenken —
St versincken; M, 29, 7 senken — St. sinken; M. 14, 2 aint — St.
seind, ebenso 18, 6 und öfter), hat Stj'fel manchmal unbekümmert um
äen rhythmus synonyma eingesezt oder auch noch freier den text
gestaltet. Dennoch kann man ihm nielit den Vorwurf einer boshaften
entstellimg des Murnerschen Hedes machon. Hier einige beispiele sol-
,Bher abweichungen : Murner 14, 3: die haiigen hont betrogen — St.
die heyigen hond vns btrogen; M. 28: Ünainigkeit, der neidhaß in aller
gaistliuhait — St Der zwitracht vnd der neid vnd haß In aller Chri-
Btenhait; M, 32, 6: bei glauben, ampt und er ^ St. Bey glübdt, bey
•mpt, bey eer.
Ich hebe im folgenden aus Styfels schritt nur hervor, was mir
iitterarisch bemerkenswert erscheint, und verweise im übrigen auf
W. Kawerau. Th. Murner und die deutsche reformation (Halle 1891)
B. 55 fgg. Zu der stelle: Der hyrt der ist veriagen'
die schfifflin seind zetBtrÖwt
]) Btropbo 2 boi ühland:
Der Iiirt der iet geschlagej
Die ticbtineiD sein zontreut
Der bapBt der ist verjagen (I
VaiD tron er nie »uf drwt
. dor Bspst iüv ist geBciil«goa)
220 8PANIKB
bemerkt Styfel: 0 lieber Mumer / ich merck dich wol das du sprichest
in deinem anderen gesetz / der hyrt sey veijagt Das thflsta danunb /
das ich in meinem andern gesetz oder verß gemeldet hab deins glei-
chen dieb / welche vns stelent mit senflften werten als die Zegeyner
den überkostbarlichen schätz vnsers hertzens/die hoffiiimg gottes. Die
selbigen habt ir gebracht bitz dahyn das er euch dient allein z6 berau-
bung der armen schiflTlin Christi. Welche ir überredent / sie mftssen
durch euch selig werden in darreichung ires gelts etc. Und dises
nennent ir wey den / welches die propheten nenneten bescheren**. Styfel
weist hiermit auf die Strophen 36 — 38 seines liedes hin, in denen er
sagt, wie die mahnung an Petrus, die lämmer zu weiden in milde und
demut, verkehrt worden sei „in geyt und hochfart",
„Die warheit ist erschlagen
Das war des Luthers klag
Drumb wolt man jn veijagen
6ot sein mit beystand pfiag."
Es ist kaum anzunehmen, dass Mumer diese stelle, wie Styfel zu
glauben scheint, im sinne gehabt hat
Interessant ist die Stilbeobachtung, die Styfel bei Mumer macht:
„Die stiel stond vfiF den b&ncken
Der wagen vor dem rofß.
Ein besunder art hat das schreiben des Murnars in sollichen sprich-
w&rtlin. Wann Murnar etwas wil schreiben oder dychten / so bedaiff
es keiner heyligen geschrifft / darufif er sein meynung gründ / besonder
er hat gnäg an sollichen sprichwörtlin. An disem zeichen erkennet
ich jn am ersten bfichlin wider den Luther von stund an / wie wol er
sein nammen het verhalten^. Es hat also bereits ein Zeitgenosse Mumers
seine schriftstellerische eigenheit erkant und das „stilprincip gefund^i^ K
Dass die stuhle auf den bänken stehen ( — statt, wie es in der
Ordnung ist, unter ihnen) beklagt Murner in der NB. 27, wo er g^^en
den misbrauch eifert, dass jungen unreifen leuten wichtige ämter gege-
ben werden. Murners lied zeigt übrigens noch einige andere seiner
lieblingsredensarten (8, 7 „auß iren fingern gsogen^; 9, 8 in eschen
und ist mit kainen 'worten
von Christo ie erstift:
an hundert tausent orten
ist goßen auß das gift.
1) Auch den Verfasser des Karsthans lässt Mumer von sich sagen: Auch hab
ich meine Sprichwort so geschicklich darin geschickt, das eyn Icichtuerstendiger (so
mich in aller weit hat h6ren predigen) wol merken kan, wo das saltz herflüßt, nit
vß eim schlechten haffen. Kurz, L N. 170, 24.
^^^^^^^^^^^^ I^IZ miD UED BEI JimiHKR Üi
^Blllen; 12, i „auf aiu mort rinkleu"; 29, 2 dui-ch seine finger lacben ;
^B7, 7 die ki-one „tigt im kat"; 28, 8 einetu „zerbricht ain rad"); doch
^Bat er sich wenigstens hier vor den alz« drastischen gehütet. Zu der
Hstelle: ti^'^'* apffel ist geworfTen
^P Der zwitraeht / das ist war /
H In stetten vnd in dorffen"
Bljemerbt Styfel „Nota beno. Hye braucht der Murnar ein mal geschriöt
H''Vammb hast <iu nit Murnar für disen Poetiachen apffel als bald erse-
Hliea das euangelisch schwert des wort gotts / welchs Christus hat gesandt
HTf erd vneinigbeit zemachen. "Was wilt du mir hyo änderst antwur^
^ (an / dann gleich als Ächab. Ich binn jm foind. Es sagt mir nymmer
rfaz ich gern hör / besunder ailweg das ich vngem hör / vnd ist wider
aiiclt / besunderlich in disem bandel*. Zu den legten drei atrophen des
^e«3es macht Styfel keine theologischen aomerkungen; nur kann ersieh
Bpcslit enthalten zu der schlussstrophe, iii welcher Murner nach echter
^pUstiedai-t sich nent, die noüz zu setzen: ,,Der Murnar befilcht hie-
niit sein gesang den meistern / ob er das kräuzlin verdient hab".
Mumer schwieg natürlich nicht; er schrieb seine „Antwurt vnd
^^£ mit eutschuldigung wider bruder Mich. Styfel"' und darauf folgte
wieder 1523 aus Wittenberg eine „Antwort Michel Stytels vft' doctor
Tt*<jman Murnars muniarrische phantasey, so er wider yn erdichtet
h**.f (München Poleni. 2873). Die sache war jezt in ein regelrechtes
f^^ologisches gezänke ausgeartet, das uns an dieser stelle nicht interes-
s»-<art. Nur die anfangsworte der Styfelschen schrift setze ich hierher;
^^»m wenn sie wol auch in bezug auf Murner mehr bosheit als wahr-
I^^Jt enthalten, so kann man aus ihnen doch entnehmen, auf welche
^^*ise man damals, vom druck abgesehen, flu- die Verbreitung der
Volkslieder sorgte. „Erstlich klagt er wider mich / als ob ich ym sein
singen nit günd, vnd befremdt yn vast / was es mich irr/ er sing
oder weine. Ich sprich. Sein singen irret mich so gantz nichs / das
1 ich auch leiden mScht das er sein lyed (das ym so wol gel'alt) alle tag
■:KiDen brüderu zd disch singen sSlt Aber sein groSe thorhait hat
Bjblch befremdt und verwandert / das er sein lyed leert einen betler
■ dar mit brot zii samten vor den heusern. Danunb hab ich ym es
(uieäsen vBlegen / vnd yni eröffnen wie es nit sey so ktinstreich als
, gelobt hat den betlem. Auch klagt der betler / wie er nit so vil
rot ersingeu mög als ym doctor Murnar gesagt hab oder verhaysen".
In aeiner ersten gegenschrift bemerkt Styfel einmal: „Du bist mir
fft ein wilder seltzamer lyedlius dychter. Ich meyn das at! narren
1) XAeee Bchtifl (im Brit musi.'uni) war mir tiicbt zu^gUch.
222 8PANIEB
die du all dein lebtag beschworen hast /in dich gefaren syent** (F4a).
und noch im jähre 1522 gibt Murner seine beissende satire von dem
grossen lutherischen narren heraus, der vom köpf bis zu den zehen
voU kleiner narren steckt, die Murner, der alte beschwörungskünsiler,
austreiben will. Im Stiefel des grossen narren sizt natürlich „brfider
stiffelein'' über dessen person und lied Mumer sich hier weidlich
lustig macht
In diesem buche findet sich aber auch ein — liebeslied Mumeis,
das an dieser steUe nicht übergangen werden darf.
In der GM. (13 b) hat Mumer berichtet, wie die weiber den
Gauch singen lehren (vgl. auch Braut, NS. 62: Von nachtes hofieren)
Es ist ntit nuws das sy vns zwingen,
Zu nachtes vfF der gassen singen,
PfiflFen, schweglen, harpffen, gigen,
Kein gouch mag syn gesang verschwigen,
und nun hofiert er selbst der tochter Luthers im mondenschein. „Adel-
heid soll auf einer saite zwicken, und Mumer will dazu das „Spar-
nSfily** hören lassen. Man wird an Mephisto erinnert, der ein moralisch
liedchen singen will.
Mumers gesang besteht aus 4 siebenzeiligen Strophen, nach jedem
der drei verspaare steht ein „sparnößli'', das „ein ganz gemeines
Schimpfwort" (Martin, Alg. deutsche biographie 23, 76) bedeuten
soll. Die Strophen sind — wol nicht unabsichtlich — durch die asso-
nanz der lezten verszeilen (hertzen : schwantzen, oben : röben) paar-
weise verbunden. Die kurzen reimpaare erinnern ganz an die liebes-
lieder aus jener zeit
Ton edler art
auch rein vnd zart usw. Schöffers Lb. (1513) 7.
Sie ist der art^
von tugent zart usw. Forster 1, 57 (Goed., Grdriss 11*, 35).
frölich vnd frey,
nit frech darbey usw. Finckens Lb. (Goed., Grdriss II *, 33).
Ist es nicht ganz im tone dieser lieder, wenn Mumer begint:
Adlich ist sy,
Von sinnen fry,
Spamößly,
Vnd tugend trieb,
Berd hoffelich,
Spamößly;
TANZ UND LKD BEI MUBNKB 223
Redgebig schon,
Leibs wol gethon
SpamSßly,
In meinem hertzen.
Dann beschreibt er ihren vornehmen gang (s. o.), ihr freundliches
gesiebt — immer noch, wenn auch mit einem starken stich ins derb-
iiumoiistische, in ziemlich anständiger weise, bis dann in der lezten
Strophe die teufelsklaue ganz zum Vorschein komt:
Ir edler geist.
Wie r&ben fleisch,
SpamSßly
Und schmackt so woU
Wie pfaflFen kol
Spamößly
Als kotfleisch thüt,
In edler müt,
SpamSßlin
Wie brone rüben.
^vixTier spielt in diesem liede mit begriffen, wie sie im liebesliede jener
^^it häufig verwendet werden. Er spricht vom „monesschein^*, vom
fenster der geliebten 8, der tausendschön (vgl. DWb. XI, 225), von ihrem
pfauengang*, ihrem „edlen müt"* und vergisst selbstverständlich „ir
^^tindlin rot"^ nicht. Da er mit diesen minniglichen Wendungen aber
1) Über die bei Marner meist anzüglich gebrauchte wendung „Pfaffenkohl
schmackt wol** vgl. Goedeke zu NB. 26, 98, Zanicke zum Narrenschiff 73, 72.
2) Der mon der steht am höchsten bei Hechtes monenschein, Böhme
nr. 263.
3) Es flog wol nachten spate für liebes fensterlein, Böhme nr. 134a. Da
reicht man mir zu tausendfach ein hendlein weiß zum fenster aus, Böhme nr. 265.
Iq einem haus zum fenster aus, Eitner I, 101.
4) Siehe note auf s. 207.
5) Ir hoher mut durch alles gut hat er mir sorg benumen, Münch. Lb. 47
(^töer n, 8. 33).
6) „Ir mündlin rof ist seit den tagen der minnesänger fast zu einer stehen-
^^ lyrischen formel geworden. Ich führe nur einige beispiele aus liederbüchom des
^; ^tid 16. Jahrhunderts an: verlangen, verlangen verlanget mich nach irem mund-
f *^ rot, Augsb. Lb. v. 1454 nr. 2; jr mündlein rot mich darzw twinget, Loch-
'^*^^J' Lb. nr. 2, Köm mir ein trost zw diser zeyt auß irem roten munde, das.
. "^ ^; peit sie mir ir mundlein rot, Münchener Lb. nr. 50 (Eitner II), Ir mund-
**^ rot hilft mir aus not, das. nr. 61; 0, mündtlein rott, Strassburger Lb. Ale-
****?^>iia I, 16; Mich erfräet ir mündlin rot, flätzlerin s. LXXm, 40; Ir zenlein
^^> ir mündlein rot das. IjXXVI, 97; Ir mündlein rott uß senender nott
224 BPANneft, takz und ihcd bu icüBNtfi
H(«ii)n (l(^rl)(^ii äusserungon mischt, nimt sich das SpamßBly fast wie
cMiin vrrhöhming des gefühlsüberschwänglichen liebesliedes aus*.
Das li(Hl vom Untergang des christlichen glaubens und das Spar-
ufiMi sind die einzigen liedartigen gedichte, die wir von Mumer besitzen.
Wtnm uns weiter nichts überliefert wäre, würde man zweifeln können,
ob si(^ von dc^rselben person stammen. Aber es ist gerade bezeichnend
für MuriK^rs Charakter, dass bei ihm der weg vom erhabenen zum
llirhorlii'hou noch kürzer als ein schritt ist Was auch an ehrenret-
tuugsvorsuchen bereits unternommen ist, niemand wird an Humer die
oinlitMt oinor in sich gefesteteu sitlichen persönlichkeit aufweisen kön-
non. So ernst er es auch mit seinen Strafpredigten gemeint haben
nn4g, SO herzlich wird er sich gefreut haben, wenn man sich an ihren
dtTbheiten org\>zto, denn neben einem liede vom christlichen ^uben
lasst er in\n\er sein Sparnössli erklingen. Wie tief er aber auch als
oliaraktor untor Sebastian Brant, mit dem er so oft zusanunen genant
winK stielten mag, so sehr überragt er ihn als dichter. Was ihn aus-
mohuot ist oben das volksliedmässige seiner satirischen gedichte.
In dor frische und Unmittelbarkeit der aufiCBissung und darstellong, die
sich dl« g\>leiirtou ballastes zur rechten stunde zu entledigen weiss, in
\ior fr^^hou uuln^iümmorthoit um das urteil strenger lichter, in der
rüoksiohtsliVNi^keit des tones« die weder dem eigenen noch einem firem-
deu stsuuto luathorEigt' Schonung angedeihen lisst. beruht sdne Ter-
wAUts\'hat't mit dorn vv^lksliedo. Diese sohriftstelleiische eigentümlich-
koit h^t auch da^u lvu:^Hnu^>n« dass er zu einer der populärsten per-
SiiMihohloinni im n^tormationsseiwdter wurde. Freilich solte ihm diese
Is^imUn^äü; \^ i^ni soiuor oij^^nartii^^n rvligiC^n Stellung gefihilicfa wer-
uon IVun s*;o ha: n:::\onirs;Aoht, dat*^ llumer lange die v^ichtetste
v;nd o^^'i^uiÄhu'Q^^' i^>^:;liI; :n dor xvihe uiksiefef dkliter var, bis man
tw^Hh rto« dars^\l:;r^'«. x;u Kun ui>i in^eke, die aUerüngs in
\Ia:^;v, ;;v,^; WAUi.r.x^r KÄ>*tr*;; — r,; rtTirr >bTebiT««i
««^ .V \): ':.:f- t; «.:.:. vjt,-^: iw^x ci^Lir. «ub^ xr 7^. Ir sma^l^is rot i
BOFMANN, ZU JOR. CHR. OÜNTHISR 225
NEUES ZUM LEBEN UND DICHTEN JOH. CHEISTIAN
GÜNTHEES.
I.
1) Durch meine mitteilung auf s. 81 dieses bandes glaube ich die
persönlichkeit von Günthers Schweidnitzer Leonore festgestelt zu haben;
es war Magdalena Eleonora Jachmann, eine tochter des arztes
dr. Jachmann aus Schweidnitz und die Schwester jener Maria Euphro-
syna Jachmann, die dr. Steinbach, Günthers erster biograph, für des
dicliters geliebte gehalten hat. Steinbach hatte also die beiden Schwe-
stern verwechselt; daher kam die heillose Verwirrung und viele Wider-
sprüche in der biographie des dichters, die nun zum grossen teil sich
auflösen. Wann Günther diese Leonore kennen lernte, wird sich nicht
ganz genau bestimmen lassen; da aber feststeht, dass Georg Kaspar
Jachmann, Leonorens bruder, schon im winter 1713/14 ein intimer
freund Günthers war, so wird man daraus schliessen dürfen, dass der
dichter um diese zeit Leonore schon kante. Das eigentliche liebesver-
hältnis zwischen beiden nahm in dem damaligen Roschkowitz (heute
Ruschkwitz) bei Schweidnitz seinen anfang und wurde dann vom som-
Di©r 1714 an in Schweidnitz weitergeführt Diese zeit lässt sich aus
folgender stelle bestimmen:
„Dort blickt der Altan vor, auf dem wir sechzig Wochen
Die Wächter hinders Licht geführt **.
(Gedichte 4. aufläge. Breslau und Leipzig 1746. S. 185.)
"Ende September 1715 verliess Günther die gnadenschule zu Schweid-
^te; rechnet man von hier aus 60 wochen zurück, so komt man auf
den jiüi 1714.
Durch den namen dieser jugendgeliebten sind zugleich auch die
^elen gedichte an: „Magdalis'', „Lehnchen'', „Lerchen", „Leonore"
^*^d „Olorine" bestimt. Die ansieht B. Litzmanns (Im neuen Reich.
^79- bd. U s. 537), Günther habe die Leipziger Leonore auch unter
^**^ namen „ Lehnchen " besungen, muss zurückgewiesen werden.
inchen'', als diminutivform von Magdalena, komt nur der Schweid-
^^er Leonore zu.
2) Eine Schwester dieser Magdalena Eleonora war, wie bereits
leutet wurde, jene Maria Euphrosyna Jachmann, die am 14. januar
• X6 einem gewissen Täuber ihre hand reichte; namen und zeit sind
^^"^ol durch das Schweidnitzer kirchenbuch (Litzmann a. a. o. s. 526 fg.),
aiich durch ein hochzeitsgedicht Günthers (Gedichte s. 538) genau
Mimt Maria Euphrosyna war von anfang an der liebe Leonorens
r. DBUT80HX PHILOLOOIB. BD. XXYI. 15
226 HOFMANN
ZU (fünthor nicht geneigt; sie scheint eine putzsüchtige und zänkisdi^
kurz eine unangenehme person gewesen zu sein. Schon im ^Theodo-*
sius*', der 1715 an der gnadenschule aufgeführt wurde, scheinen einige
satirisclie bemorkungen aus dem munde des Polylogus auf sie gemünzt
zu sein. So die werte:
^Warum die Mariiis sich in das Haar geputzet^
((knlichte s. 980), ferner:
^Dass Oiorena noch ein blaues Auge trägt,
Macht, weil die Schwester sie aus toller liebe schlägt^.
(Cn»diohte s. 1003.) Oiorena (durch Umstellung der buchstaben aus l^c:::^^
iu>ra entsUuiden) ist sicherlich niemand anders als Günthers Leonoru-^^''
und ^die Schwester** muss dann Maria Euphrosyna sein. Diese, di-^ ^^
von (rünther auch einmal (Nachlese s. 135) ,,die stolze Werkmarie*^
^>nant wird, war in ihrer ehe mit Täuber unglücklich (Gedichte s. 694) ^'*
auch nach ihrer Verheiratung suchte sie das Verhältnis zwischen Gün ^-^'
ther um! lAHuiore zu zerstören. Ohne zweifei ist auch in 6ünther:sr — s
«Schiviben au seine Magdalis. Aus Wittenberg 1716, den 10. Juli
(S, 624, vors 8.) statt „meiner Schwester* zu lesen: „Ist deine
Schwester Brief ein angestellter Poj^sen?*' wie auch richtig in der
und 3. aufläge steht, (vünthers eigene Schwester, die damals übrigen.
erst 17 jalir^' zählte, kümmerte sich wol kaum um das liebesyerhältni^
ihr^^s bruders. Wir lesen also „deiner Schwester**, womit wider
Maria Kuphn^syna gi'moint sein kann, die bei Leonore Überredung^-
versuche /u einer anderweitigen heirat machte. Dies geht auch aim s
der für Ludwig Fulda ^Kürs^'hners Nationallitteratur, bd 38 s. 64 anin..)
uiivorständlichou stelle hervor. In demselben gedichte heisst es:
,, Pii' Sohwoster, die vor dich anjetzt den Vorspruch thut*.
Fulda schläiTi „Voi-spruujr" vor und bezieht dies auf die hochzeit (di^
je/t vor dir heiratet und dadurv'h vor dir« der älteren, einen vorspruimS
hat). Wie aber k;üue iiüutlier dazu, dies ein halbes jähr nach A^sir
hocli/cit der schwt»ster /u sohnnbenl «Vorspruch tun* bedeutet hi^r
irxniau dassoibe, wie „vvu-sprtvheu- in dem eifersuchtsgedichte (OediclB.'ftiB
s. öoOk Iho schwostor sprach als-« tür Leonore wegen einer
in:>Mid\\o \or. \^o, \\ir\l nicht n\ enuineln sein. Nach all
audcuruuo'u .'u sv tilii'sseu. \\ar Maria Kuplu\>syna Jaohmann ein
«hIUt Charakter, das c\'r:ido cx'oniteil ihrer sohwester Magdalena Eli
uora.
;^) Km dntti's mitclu\i der tamilie Jachmann, das Günther
i'av^h erwähnt, ;si l.coiion'ns brudtr Ouvn: Kaspar Jaehmann. Bieser
bcNUtliTi' WM »umihi I die cuadtiiscl'.u't^ ;u S\*hweidnitz und war einer
Zu JOB. OBR. eÜNTHKB 227
seiner besten fireunde. Als er die heimat verliess und die Universität
Wittenberg bezog (nach Litzmann am 5. april 1714), wurde ihm von
Günther zum abschied eine „Cantate^ gewidmet (Gedichte s. 953). Im
jähre 1716 studierte er noch in Wittenberg. In einem gedichte an
Leonore vom 10. juli 1716 aus Wittenberg sagt Günther von ihm:
^Dein Bruder, der bey uns der Künste Fleiss erlangt,
Erhebe seinen Ruhm bis an die Hinmielsbühnen'^.
Nach einem späteren gedichte (s. 306) verheiratete sich dieser im win-
ter 1619/20; in Dresden wurden bei dieser gelegenheit die glänzendsten
hochzeitsfeierlichkeiten abgehalten. Von dieser zeit an wird er von
Günther nicht weiter erwähnt
n.
Im anschluss an die vorhergehenden nachweise lassen sich auch
ciolge bis jezt nicht richtig datierte gedichte näher bestinmien.
1) Das gedieht: Als er von seinem Nebenbuhler abgestochen zu
^^Tden besorgte. (Gedichte s. 560.) Aus den werten: „Ach! Olorine!
tricSete mich'' geht hervor, dass das gedieht an Leonore gerichtet ist;
olorine ist durch umstellen der buchstaben von lionore (= Leonore)
pö>>ildet Der darin von Günther als nebenbuhler bezeichnete Täuber,
Ȇer deinen Vater jetzt um deine Gunst gesprochen" (vers 22) ist iden-
^!K^K)h mit jenem Täuber, der am 14. januar 1716 sich mit Leonorens
scsliwester verheiratete. Täuber gar für das masculinum von „Taube **
z\x halten, wie es Ludwig Fulda (a. a. o. s. XV) tut, dürfte doch zu
gesucht sein. Wozu denn in dem gedichte etwas suchen wollen, was
S^u nicht darin steht! Die sache liegt so: Täuber, der allem anschein
ti&ch ein reicher mann war, hielt bei dem vater um die hand Leono-
rens an, diese willigte aber nicht ein. Hierauf erfolgte dann Täubers
Verbindung mit der Schwester Maria Euphrosyna. Die hochzeit wurde,
^^e bekant ist, schon im januar 1716 gefeiert Demnach ist die Wer-
bung gewiss bedeutend früher anzusetzen, etwa im sommer 1715. In
diese zeit falt auch die entstehung des eifersuchtsgedichts.
2) Diese zeit passt auch zu dem aus dem gleichen anlass ent-
®^*«idenen gedieht: „Wie gedacht, Vorgeliebt, jetzt ausgelacht". Es
^det sich in der nachlese von 1745 s. 108 und auch handschriftlich
^ Günthers Schweidnitzer taschenbuch von 1715. Nach Tittmann
(Öedichte von Job. Chr. Günther. Leipzig 1874 s. 41) wäre dieses
8ö^cht in der Wittenberger zeit auf grund der vermeintlichen untreue
f'^önörens entetanden. Ludwig Fulda glaubt es mit beibehaltung des
1 J^iu^es 1715 auf das Verhältnis zu der unter den namen „Mavia** und
228 HOFMiLNN
^Philindrene'' besungenen, früh verstorbenen jugendgespielin beziehe
zu müssen. Allein bei Tittmann ist das jähr und bei Fulda die bezic
hung unrichtig. Nicht 1716 entstand das lied, sondern 1715, wie du
Taschenbuch ausweist; nicht auf Flavia darf es bezogen werden, soi
dorn nur auf das Verhältnis zu Leonore, da dieses schon seit spät«
stens sommer 1714 bestand. Auch Litzmanns ansieht (Zur textkriti
und biographie Job. Christian Günthers. Frankfurt 1880 s. 30 fg.) mxu
darnach berichtigt werden. Das lied entstand zu gleicher zeit mit dei
eben besprochenen eifersuchtsgedicht Bei einer gegenüberstellung be
der gedichte wird dies noch klarer. Man vergleiche z. b. nur vers *
23, 26 des eifersuch tsgedichtes mit Strophe 2, 4, 7 des liedes: „Wi
gedacht". Dieses ist der unmittelbare ausdruck der entflamten eifei
sucht und des zornes des in seiner liebe sich betrogen glaubenden diel
ters, während in jenem der liebhaber nach ruhiger Überlegung vor di
geliebte tritt mit der mahnung, des reichtums wegen ihm doch nicl
untreu zu werden.
3) Das gedieht: Als er ihrentwegen viel leiden muste; und doc
dabei nicht verzagte. (Ged. 1746 s. 266.) ist unter die Leonorenlied(
zu zählen. Es ist nicht, wie L. Fulda (a. a. o. s. 244 anm.) mit Witti
(Neue entdeokungen zur biographie des dichters Joh. Christian Qünthe
Striegau 1881. S. 288) annimt, an Phillis gerichtet Von dieser fe
seilen Voraussetzung ausgehend haben auch beide den schlnss de
ii:e<liohtes:
«Es rühret mich
Schon innerlich
Ein Trieb der Zärtlichkeit
Die mir dein künftiger Besitz sowie dein Name deut**.
in wenig einlouohtendor weise zu deuten versucht Der «name" is
uämlioh Eleouora (die mitleidige, die gütige). Der dichter gibt selb
einmal folgende deutung: ,,Eleimora weist uns einen Berg voll Güte
(Ooiliohto s. 1145V
4) Don vier gixliohten, die Günther im sommer 1718 der bürge
meisterstivhtor von Ixnpzig, Anna Kosina Lange, gewidmet hat, (v§
R. Kado, GriMizboten. 1890 bd. III, s. 70 fgg.) müssen noch zwei ande:
hinzugt^fügt wonlon. Das en>tt* ist die ,Aria zu einer Abendmosik
mit dorn anfanc: ^Hotonlort, ihr gelinden Saiten*' (Gedichte a. a.
s. 279K in der der njuno Ki^ina (Rosette) in Rhodante umgeändert b
Das «weite g^nliolu hat die überschritt: ^Si*hertzhafte Gedancken über dl
Rissen *" und bt^giut: ^An Ri^m such ich mein Vei^ügwi*' (Gedicht
s. 329K Hier Ivsingt er vion g\^g\nistand seiner liebe unter dem bild
Zu JOH. CHR. QÜNTBSR 229
der rose und erklärt einmal: „Mit dieser Rose will ich schertzen,
Und hier erschreckt mich nicht der Dom!** Dass das gedieht wirklich
in Leipzig entstanden ist, dafür zeugen folgende worte:
„0 dörft ich nur bey einer Rose
Wie Bienen Honig naschen gehn!
Ich Hesse wahrlich unserm Böse
Den schön und theuren Garten stehn^.
Dieser Böse war ein Leipziger kaufmann, der wegen seiner prächtigen
gartenanlagen bekant war.
5) An dieser stelle sei auch noch auf eine eigentümlichkeit der
Oüntherschen gedichte aufmerksam gemacht, nämlich auf die überaus
reiche Verwendung von Sprichwörtern und sprichwörtlichen redensarten
wie die folgenden:
Untreue schlägt den eignen herrn (Ged. a. a. o. s. 19),
Gleiche brüder, gleiche kappen (a. a. o. s. 186),
Die nacht ist niemands freund (s. 296),
Alte liebe rostet nicht (s. 290; 363),
Gedanken sind zollfrei (s. 363),
Wer die tochter will, muss um die mutter buhlen (s. 550),
Es sind nicht alle gleich, die nach dem kaiser reiten (s. 588),
Thue recht und scheue niemand (s. 630).
Die hier angeführten Sprichwörter bilden nur einen kleinen teil
der belege, die sich dafür aufstellen Hessen.
Am 8. april 1895 werden es 200 jähre, dass Joh. Christian Gün-
^ör geboren wurde; ob wol bis dahin eine kritische ausgäbe seiner
Suchte und eine richtige darstellung seines lebens vorhanden sein wird?
HEIDEE^EBO, JANUAR 1893. KARL HOFMANN.
ZU LESSINGS EMILIA GALOTTI.
Als Horaz (A. p. 359) sein berühmtes wort von dem gelegentlichen
jidormitare*' des „bonus Homerus" schrieb, meinte er damit natürlich
^® Meinen versehen, die bei allem menschen werk mit unterlaufen und
^ö völlig zu vermeiden sind.
Aber seitdem ist vieles anders geworden, und mit einer so läss-
*^©n deutong und entschuldigung des dormitare würde Horaz heute
^werlich anklang finden. Heute sieht man genauer zu, und, wenn
'^^ Homer einmal schlafen soll, wird man vielmehr fragen: wann,
^c IttDge, wie oft, zulezt auch wol noch, wie tief er schlafen dürfe.
230 8CH0EME
Seitdom es die Homerfrage gibt, weiss man, dass dies alles, rich-
tig vorstanden, in vollem ernste gefragt, und viel leichter gefragt ah
beantwortet werden kann.
Es handelt sich um das unerschöpfliche kapitel von den wider-
Sprüchen , die sich in vielen dichterwerken finden. Bei antiken werkei
pflegt man sich mit der annähme eines späteren einschiebsels zu hel-
fen, oder, wie z. b. beim Homer, damit, dass man die beiden unver-
einbaren stellen von verschiedenen Verfassern herrühren lässt
Allein bei modernen werken, deren entstehung ebenso historisd
beglaubigt und zuweilen bis ins einzelne zu verfolgen ist, wie persön-
lichkeit und lebenslauf ihres Verfassers, bleibt in manchem falle nichts
übrig als das eingeständnis, dass der dichter seiner früheren äusserun-
gen nicht immer eingedenk gewesen, und auch nachmals beim wider
lesen, dnicken, korrigieren, kurz überhaupt seines zuweilen recht
empfindlichen Versehens nicht inne geworden ist
Dem aufsatze L Friedländers „Über die Schicksale der homerischei
poesio** (Deutsche rundschau, februar 1886) s. 15 verdanke ich den hin-
weis auf zwei dergleichen beispiele aus Schiller, wo erstlich in Wal-
lonsteins lagor in der zweiten scene von so eben erhaltener dop-
pelter löhnung gesprochen wird, während es in der elften sceni
hoisst^ die löhnung sei seit 40 wochen überhaupt nicht gezahl
worden. Viel schworer ist aber das, dass im Don Garlos akt 11 scene -
dor prinz erklärt und erklären muss, er habe noch nichts von de
hand dor königin gesehen und gelesen, während er in der 5. scene de
IV. aktt^ü dorn marquis Posa einen brief der königin übeigibt, den si
ihm vor goraumor zeit geschrieben und den er seitdem auf seines
honr-on gotragvu habe,
Dass donrloiohon vorsehen c^'sohehen, ist indessen so verwunden
Höh nicht; im gogonteiU t>s ist vom Standpunkte der psychoIogie d«
jHVtxni und dor oigtMuvt der poetischen teohnik zwar nicht zu ledm
fortii^nu alvr M^ir wol zu erklären. Schwerer zu erklären sch^t n»
das, dass donrloiohon vorsehen oft s*> spät erst entdeckt werden, uK
tt\>tr bühuo, si'hulo« lo^^krsüuohon und allen getreuen stiUen und laxit^
U>s^^rti dt^ d\ohtors lauer" iahro hinduroh uncestnit und unbemerkt 'üm^
oxistouy woitor fUhn^i konUMi.
Hi05u bnugx^ ioh tMn \\oitx^n\> boispiel bei, und zwar aus
sing, was, wio mioh dunkt, unmor n^vh ein wenig schwerer
.'ils om vx^rsi>hoM u\ do:>\ f^nin^Mi jugonddnona Sdiilleis. Denn 1>
l.ossit>g handlet <\^ sirh ;\\ar \uu o:ro A:t^" ju^iendliebe, aber nicht tu
zu LE88ING8 BMILU 6AL0TT1 231
ein JQgenddrama, denn er war bereits 43 jähre alt, als im jähre 1772
seine Emilia Gkdotti erschien.
Der prinz hat seine leidenschaft nicht bemeistern können und
Emilia in der kirche zu treffen gesucht. Es ist ihm gelungen, und
über dieses zusammentreffen werden im drama zwei berichte gegeben.
Der erste erfolgt im n. aufzug 6. auftritt, wo Emilia, noch sich vom
prinzen verfolgt glaubend, entsezt ins zimmer stürzt, und der mutter
erzählt, wie der prinz ihr in der kirche seine leidenschaft gestanden,
sie bis in die verhalle der kirche verfolgt und bei der band ergriffen
habe: sie habe sich nicht loswinden können, weil das die auftnerksam-
keit der vorübergehenden erregt haben würde. ^Das", so fahrt sie
fort, ^war die einzige Überlegung deren ich fähig war — oder deren
ich. nun mich wider erinnere. Er sprach; und ich hab' ihm geant-
w- ortet Aber, was er sprach, was ich ihm geantwortet; — fallt mir
es noch bey, so ist es gut, so will ich es Ihnen sagen, meine Mutter.
Joast weiss ich von dem Allen nichts. Meine Sinne hatten mich verlas-
söxi. — Umsonst denk' ich nach, wie ich von ihm weg, und aus der
HC^.lle gekommen. Ich finde mich erst auf der Strasse wieder; und höre
itÄn hinter mir her kommen; und höre ihn mit mir zugleich in das
Häu8 treten, mit mir die Treppe hinaufsteigen — ''.
"* Lese ich diese werte, geschrieben von einem manne, der von
siot selbst zu sagen wagte, er sei kein dichter, so höre ich in mir
Aieselbe frage, die ich schon vor 40 jähren, als primaner auf der kreuz-
sohule in Dresden in mir vernommen und dem unvergesslichen rektor
Julius Klee^ vorgelegt habe: warum sagt Lessing nicht, dass Emilia
den prinzen liebt — ihr unbewusst — aber ihn liebt? Das klingt
doch in jeder zeile des dramas und zwischen jedem werte seiner hei-
diu! — Heute glaube ich die antwort auf die frage zu wissen. Les-
m
siDg selbst hat nicht mit einem gedanken an dieses motiv gedacht, ob
^ gleich durch das ganze drama hindurch zum ausdruck zu kommen
sucht Hätte Lessing dieses motiv festgenommen und zur treibenden
*^^, insbesondere für die katastrophe gestaltet und gestalten können,
^ wäre er nicht der lezte Vertreter des 18. Jahrhunderts, sondern der
^'^te führer der neuen zeit geworden; er wäre nicht sein leben lang
^^^J^uf beschränkt gewesen, mit so kümmerlichen gesellen wie Moses
^f^Udelssohn, Gleim und Nicolai, und mit so unangenehm aufdringlichen
**^Uenzimmem wie Elise Eeimarus freundschaft zu halten; er würde im
1) Über ihn s. das schöne zengDis von Jacob Grimm im DWb. 1, 1854, vor-
'^^ 8. LKVn.
232 SOHOINE
Götz von Berlichingen seines geistes einen hauch verspürt und zugleich
die erste grosstat der neuen zeit erkant haben, Werther w&re etwas
anderes für ihn geworden als der anlass zu einem frostigen spaäse,
und es wäre ihm geschenkt gewesen, als herold der neuen deutschen
dichtung voran zu ziehen.
Aber das ist ihm versagt geblieben, und es ist ihm eiigangen,
wie dem, der noch 5 jähre länger leben durfte, seinem undankbaren
grossen langjährigen feinde, dem alten Fritz, der auch von sich sagen
konte und gesagt hat, dass er, wie Moses, das gelobte land nicht
erreichen, sondern nur aus der ferne sehen dürfe. —
Den zweiten bericht über die Zusammenkunft in der kirche gibt
der prinz, im III. aufzug 3. auftritt, in seinem gespräch mit Marinelli
Er ist, als der zweite, ungleich kürzer und minder ausführlich, als der
erste. Der prinz schildert diese begognung in der kirche folgende^
massen (es ist vorher von der kunst, zu gefallen und zu überreden die
rede gewesen): „Ich habe von dieser Kunst schon heut' einen zu
schlechten Versuch gemacht. Mit allen Schmeicheleyen und Betheue-
rungen könnt' ich ihr auch nicht ein Wort auspressen. Stumm
und niedergeschlagen und zitternd stand sie da; wie eine Verbrecherin,
die ihr Todesurtheil höret. Ihre Angst steckte mich an, ich zitterte
mit, und schloss mit einer Bitte um Vergebung. Kaum getrau' Icli
mir, sie wieder anzureden".
Und um gewissenhaft zu sein, füge ich hinzu, dass hiermit die
werte des prinzen im fünften auftritt desselben aufzugs volkommen
übereinstimmen, wo er zu Emilia von der begegnung in der kirche
nochmals sagt: „Ich hätte Sie mit keinem Oeständnisse beunruhigen sol-
len, von dem ich keinen Vorteil zu erwarten habe. Auch ward ich
durch die sprachlose Bestürzung, mit der Sie es anhörten, oder viel-
mehr nicht anhörten, genugsam bestraft''.
Der Widerspruch ist offenbar, und es wäre ein erfolgloses b^in-
nen, ihn etwa durch erklärungskünste hinwegdisputieren zu wollen.
Man stelle nur die wesentlichen sätze einander gegenüber:
Emilia sagt: „Er sprach, und ich hab' ihm geantwortet Aber
was er sprach, was ich ihm geantwortet .... jezt weiss ich von
dem Allen nichts".
Der prinz sagt: „Mit allen Schmeicheleyen .... könnt' ich ihr auch
nicht ein Wort auspressen. Stumm und niedergeschlagen
und zitternd stand sie da, wie eine Verbrecherin die ihr Todes-
urtheil höret '^
Zu US86INGS EMILIA GJLLOTTI 233
ÜB ist unyerkenbar, dass es dem plane des Stückes und seiner ganzen
yerwlckelang weit besser entspricht, wenn Emilia die liebeserklärung
des piinzen mit erschrockenem und entrüstetem schweigen anhört, als
wenn sie ihm durch antworten anlass und recht gibt, weiter zu ihr
zu reden; denn nach Lessings plane muss Emilia absolut schuldlos
und das willenlose opfer einer ruchlosen intrigue sein, der sie nur
durch den tod entrückt werden kann. Dagegen ist widerum bei der
Schilderung, welche Emilia von der begegnung gibt, ein psychologisch
überaus wirksamer zug, dass sie ihm geantwortet hat, aber in ihrem
entsetzen nicht mehr weiss weder was sie geantwortet noch was er zu
ihr gesprochen hat. Dessen wird man recht inne, wenn man die den
^derspruch hineintragenden werte aus dem berichte der Emilia hin-
^^denkt oder das schweigen aus dem prinzlichen berichte an ihre
stelle zu setzen versucht.
Und hierin wird auch die erklärung für diesen wie für viele ähn-
liche Widersprüche liegen, die selbst bei grossen dichtem gelegentlich
oait untergelaufen sind. Sie entspringen nicht sowol aus flüchtigkeit
^er vergeeslichkeit, als vielmehr aus dem momentanen übergewicht,
dtts die einzelscene oder einzelschilderung iu der schaffenden phantasie
gewonnen hat, so dass sie sich für den augenblick aus dem geböte
löst, welches die gesamtkomposition ihr auferlegt.
Aber — „nichts Schlimmers zu vermeiden, sprangen Tausende in
die Jluten** sagt Emilia Galotti. Wie weitreichende folgerungen sind
^icht schon aus solchen, ja aus ungleich leichter wiegenden Widersprü-
chen gezogen worden! Unwilkürlich erinnere ich mich daran, dass
^ö Lachmanns viertem liede der Ilias Agamemnon bei dem Zweikampfe
des Paris und Menelaos den vertrag durch schwur, opfer, götterspen-
den und handschlag geschlossen werden lässt, während im dritten liede
^Ur schwur, opfer und götterspenden genant werden, der handschlag
aber fehlt, und dass diese divergenz einer der gründe ist, aus denen
^-^ohmann (Betrachtungen über Hom. Ilias, 2. ausg. 1865 s. 19) das
^örte und das dritte lied verschiedenen dichtem zuweist. Der wider-
^P^t^ch, oder die abweichung ist nun allerdings nicht ganz so gering-
**^6ig, als es den anschein hat, denn es handelt sich um rituelle dinge,
"^i denen jedes einzelne seinen wert und die volständigkeit ihre bedeu-
•^^^^ig hat Trotzdem vermag ich ihr ein so entscheidendes gewicht nicht
^^^^uerkennen und bin dagegen überzeugt, dass analoge erscheinungen
"^ modernen dichtem für dergleichen probleme der klassischen phi-
*^lcgie wertvolle fingerzeige bereits gegeben haben und noch geben
^2'M SCHOENE, ZU LB8BINGS UIILU QALOTTI
Krst kürzlieh habe ich ein, wie mir scheinen will, etnleuchten-
des beispiel von einem unverkenbaren widerspräche gefunden, in den
oin Schriftsteller mit sich selbst geraten ist. Ich will es hier noch kurz
7AIT spräche bringen, obgleich es der antiken litterator angehört.
Die sage von Coriolan berichtet Dionys von Halikamass in
stMner Römischen geschichte mit grosser ausführlichkeit Nachdem er
7» G4 er/ühlt hat, wie Coriolan von dem Volksgerichte zu ewiger Ver-
bannung verurteilt worden ist, gestattet er sich einen langen ezkurs
und berichtet dann weiter, wie Coriolan von der gerichtsveiliandlnng
in sein haus komt, wo ihm die alte mutter und seine fran mit den
kindem weinend entgegentreten. Er aber (7, 67) ovdip ftgdg vä dcfx^t«
xaj roiV 9Qi^tvt\: uov ^timi^wv fnad-er wurde durch die trihnen und
klagen der frauen nicht gerührt, äa^aaauerog di aitäg fidvo
umarmte sie nur, und nun, nachdem er sie zur standhaftigkeit ermahn
hat, verlsisst er haus und Stadt.
Später komt nun, wie bekam, Coriolan als feldherr dea feind-
liohon htvn^ii der Volsker vor Rom und lagert drohend vor der Stadt
Rom ist hülflc^, und die an Coriolan geschickten, um gnade flehende
ciK^antsohafton werden von ihm zurückgewiesen. Da eizihlt nun Dii
ny$« wie die matn^non zu Cv^riolans mutter Veturia kommen, und si^
bitttMi, die Stadt zw rotten, und bei ihn>m söhne um gnade zu fldi<
Veturia aWr erwidert ihnen •>, 40^. dass sie von dies«n schritte nich
t^rwarton könne; ihr s^^hn sei aufs nrrf>to erbinerc und ein harter mann
/.um K*>i*oiso dt>!^^n orrähit sio. wie er bei seinem weggange von Boi
sich o^c^'u s<nne trai; und die oiime mutter vertialten habe — ,w
äMIou au! ihn ursrt^ bittx^n tiir virie o^wjl: «asüben: cic ofr« i^frwa
t« H r3 > II ,' I .* J I.' \ ,M «.^i f ij*c li II irrt. V c:t* cür^ g'iiof foorrf; aUoMi
A\c er ^tv.i^r tw.er uniArtiv.inc wü^i:ir^? noci eines knsses« als er
IVr «.ooTsrnu^h :<: :*er.bju-; w;ÄhTVci TfCiria sagt: aig oTt
■ , « . • 'A^^ '^ „ • « • J^l^ « • ■ • « « « ^ • .^^ « • . , • *•
« 4
BIBLINeiB, !.in¥AT.T8CHE8 235
dass der erbitterte mann die seinen beim abschiede umarmt, so ent-
spricht es der Situation des zweiten berichtes durchaus, ihn als völ-
lig imerbitlich darzustellen, und so wird denn selbst die umarm ung
geleugnet
So halte ich den psychologischen Vorgang im gründe für den-
selben, der auch den Widerspruch in Lessings Emilia Galotti herbei-
geführt haben mag und über den sich Goethe (bei Eckermann, 1868,
bd. 3, 106 — 108) gel^ntlich einer stelle im Macbeth ausgesprochen hat
Wenn solche betrachtungen zunächst dem Verständnis des einzel-
nen Werkes und der Würdigung seines Urhebers dienen wollen, so haben
sie doch eine gewisse principielle bedeutung und sind von wert für die
niethode der philologischen niederen wie höheren kritik.
Darin möge es seine rechtfertigung finden, wenn ich ausführUcher
Se^w Orden bin, als ursprünglich in meiner absieht lag.
KIEL, JAKÜAR 1893. A. SCHÖNE.
LEXIKALISCHES.
Diese samluDg bemerlcenswerter Wörter und wortverbinduDgen hatte Birlinger
C^benso wie die früher in unserer Zeitschrift XX, 238 fg. 349 fg. 487 fg. veröffont-
^■ol^ten) ans Schriften schlesischer Verfasser ausgezogen, die hauptsächlich der zeit
len 1680 und 1760 angehören. Sachliches interesse erregen namentlich die in
populär-medicinischen Schriften vorkommenden kunstausdrücke. Die genauen
^"^1 der später abgekürzt citierten bücher hat Birlinger selbst noch in dem hier fol-
S^xiden qnellenyerzeichnis zusammengestelt bkd.
^ l>ezeicknet: Unterricht von Krafft und Würckung des frischen "Wassers in die Lei-
ber der Menschen besonders der Erancken bey dessen innerlichen und äufferlichen
Oebranch, welchen aus deutlichen durch die Erfahrung bestätigten Vemunfft- Grün-
sten ertheilet Johann Siegemund Hahn, Phil, k Medic. Doctor und Practicus
iti Schweidnitz. Dritte und vermehrte Auflage. Breßlau und Leipzig, Verlegts
^ 1>aniel Pietsoh, Buchhändl. 1749.
^ ^chtge danken bey einer gefährlichen Reise in Kriegszeiten vom Verfasser des
CSuisten im Kriege (Belach). Breslau bey Johann Ernst Meyer. 1761. 8. 8 bl. 127 s.
samlong von Daniel Stoppens Silos. Teutschon Gedichten. Frankf. imd Leip-
^g b. Tob. Heinrich Schrödern, Buchh. 1722. 236 s. (TG).
"^^ ^ue Fabeln oder Moralische Gedichte der deutschen Jugend zu einem erbaulichen
Zeitvertreibe aufgesezt von Daniel Stoppen aus Hirschberg in Schlesien, mit-
fpLiede der deutschen Gesellschaft in Leipzig. Breßlau verlegts Joh. Jacob Korn.
1738. 8. 4 bl. und 26 s. (NF.)
^^^csach eines Gedichtes über das Schlesische Riesen gebürge. Bresslau und Leip-
zig. 1750. 8. — Das Kaiser- Carls -Bad in Böhmen in einer Ode entworfen; nebst
einer Abhandlung von dem Gehalte und den Kräften dieses grossen Heil -mittels
TOD Balthasar Ludewig Tralles, mediz. doc. und praktiko zu Prefilau. Breß-
lau bey Karl Gottfried Meyer. 1756. 8 bl. 164 s.
286 BIKLINOKR
Logtu nach Eitnera ausgäbe.
0 bozeiühnot: Friedrich Ortlob, D. Physicus, der Hoch- und Lüblichan Herren
Fürsten und Stünde Im Uorzogthum Ober- und Nieder -Schlesien Neue Infektions-
Orduung. BrolUau 1G80. 4.
Abdanken trans.: ich Hess sie den gewärmten stein abdanken und ihr oft frisch
wassor übor^chlagcn H. 120. Wir müssen beim kalten baden auch das hitzige regi-
mon und hitzige diüt abdancken 216. Logau III s. 82 = abschaffen.
AbfHsohen: die haut mit wasser rein zu halten und ab zufrischen. H 84.
AbMUibern: bosondors würden manchem verliebten parthey-gSnger ihre waffen nicht
vom n^.ste zusohanden gefreiten werden, wenn sie dieselben nach yerrichteten
oxercitiis mit frischem wasser bald abzusaubern sich nicht die mühe verdrässen
liosKon 84.
AbaohwelfiBny trans.: das bier, als ein mit loimichten theilgen gesättigtes getrimcke. ^^»e.
Moh weift solchen sehleimichten unrath nicht recht ab usw. Das wasser löset
im magen Mindliehe vermischte schleimiehte wescn auf und schweift es von sei-
nen wunden ab H 10. 13. Dass aller gcstanck und fHuInil) daraus gezogen nnc»
abgeschweift wenien S8. Vgl. Zälie, schleimige usw. glabrigkeiten — durcÄ" ^:j>-t;l
die liebliche zurkertnincklein in etwas abgeschweifft. Beschreibung des Egei;
rischen Shlciierbrunnens V. IV Bois 1H70. Bayreuth. Synon. ausschweifen: (vonc
wasser, das in den leib kernt t die ausgetn>tenen feuchtigkeiten zu verdünnen, zr .ac zo
versüssen, auszuschweiffen, 63. 06.
Abnein: IVr erde feichte schoolS i Verbarg sie (leiehe) dem gesiebt | Die endlich sei: ^^eit
und absein stillt. Nachtged. 24.
Abtragen: 0 selig, den von hier kein ärgemüs ab t regt Andr. Gryphius Sonette ((
Wolti) S, l>.
AInmr: und er nicht nur von der gemeinschaft der noch gesunden leute ganz abgesoi
dort, sondern auch teppichte. stuhle« kisten, kästen, allmern und andere
fangende nivUnlien - - aui> solchen zimmern geschafft werden. 0. 33. Kisten, thi
nen, scheuik- tische, allmern 61.
Aadriennen: ;wolf eilen weite tisch lH>inrLH?ke Tnd andriennen tansendsatt
Stopiv N F lW.
AndrOckung f.. sondern die Ivym augiessen vorgehende starke bewegtmg and an
druckung di's w;kssers wini vielmehr auch den erstarrten gliedern «ne angenehm
orw,ii'{nunc veiNchaflfen H. 170.
AbMI v.\ : A. 16(^9 ;i!< ä:is lind Fva von Heiutzendorf bei BrefilaQ 1\ jähr alt
ist es \on\ f.s.'b.o ccüllen, h,i: das hauj-t st»br verletzet, worauf es den anfal^
vwic :v .■»:•. es ::c:v/.c! Ivl. r.v.v.en. Kelari.'^iies CMri-.'Sae Hambuiv 1682 s. 304*.
AakCrrN >or. .V.t.v ::civ, ::e ;c:! s:ch v..»rl.lt:
l\vh die aucekerrtea blicke
Kallo!'» s:cts auf sie i-r-ok*.
P. Stop^v T ov.. l. sa:v.'. iV.
AMfIm. .i:".s:.ic:v. .v'..*r.:s; 'n:: w:r \\\-''vn. — 4as$ 'js denea deatsckeD
wle^ieni;v. ^v '.>.;>.• V.e '.ou'e .s v. £ e s o : i : w e r i e :: k : iZvc Eriass Fhediiclia IL 1771
:^ AUi l^rt^s'**.'. $ 4
Mi| : ; w Y* " ■'• • ' «*-■'*•■■ - c " >•* -' -**- i^" • w a1 i ur j^c lar a n s • t z « ag der
msh^v u:ivi ar/.C4,v.v*; v.i'ucr .i.r^-r virk-'*: 17'.* 7 Fre»Jau. IS. oki. v. d.
LEZIKALI80HES 237
Ainpring, Mosel H 187.
I, der sog. Achores, crastam ^lactoum. Tralles, Carlsbad abhdl. 71. Auch obord.
I, necken, reitzon:
Eir Windspiel stach einst einen dachshund an,
Als hätt ihn die natur Dur obenhin gemacht.
Xan. Stoppe NF 277. Logau I, 10. 9. 11, 1. 41. 51.
0 lebte noch itzo der ehrliche Günther
Und spräche: HerrI stecht mir den winter recht an. 83.
^ABdHikea: Geräuchert nndfleisch, Schnecken, schinken
Diß alles, wie gesagt, schien ihm nun anzustinken.
Dan. Stoppe NF 172.
^■m^wibrung: von äusserlicher anwährung des frischen wassers H 90. Oberd. davon
„anzwären*^.
frisch anwaschen oder vielmehr antöpfen H 95. Bringet solches aber
auch unserm körper durch sein anwaschen einigen nutzen H 67. Durch öfteres
anwasohen der glieder 78. Die haut vom an waschen gelinde und geschmeidig
91. 172. Anwaschung 152. Vgl. anreiben, anreibung mit schnce 238.
das: So muss ich bald mein bittres armut fühlen. Tralles Carlsbad 12;
mein baares armut Stoppe Ged. 66. 132.
f.: schankstätten, die mit einem realrechte versehen sind oder auf einem
Privilegium beruhen, Oberschlesien. Arrendatoren heissen die Schankwirte dario,
wahrend unter „kretscham** der gewöhnliche, nicht realberechtigte doi-fkrug ver-
standen wird. Der inhaber dieser leztem art von schankstätten wii*d „kretschmer*^
geoant Slav. karczma, karczemba. [Müller, Ztschr. f. d. kulturgesch. lY, 550.
Beitrag zur kolonisation in Oberschlesien.
liteh, verkehrt: denn wu ke gald nich ihs, do kimt alls ärschlich raus. Dan.
Stoppe, T. G. 143.
ly Hing, bausung: wenn gleich unsre safte in ebenso ein heftiges aufbansten,
wie jene geraten sollen H 196. Zeitw. aufpausen 281. Das blut zu einem höhern
grad der bausung bringen 196.
'AMohwemmon trans.: es ist wol wahr, dass das hier viel nahruug gibt, aber manche
ieiber auch nur alzusehr aufschwemmet H 7.
^■^Hgeoksen: Fort, fort! ihr sorgen, aus dem neste,
Ihr geckst doch keioe eyer aus.
X>. Stoppe, T. Ged. I. saml. 65.
i: die N. hat die zahne ganz unvermerkt ausgeheckt H 276.
(Haut) wie der in die parfümierten klingen eingeglüte moschus, eingewach-
Bene schmutz auch lange zeit zum auskatern erfordert H 80.
mmeatüolis congrua: ein A. zu schlagen aus den einkünften 0 6.
Inken: Es suchten ihn (den sperber) zwey finken
Gleich allenthalben auszupinken.
Stoppe NF 249.
swv. siehe „abschweifen*.
:: kein sarch (vorausgezimmert) sei teurer als der außsatz (ist), welchen iede
Obrigkeit alsbald machen soll 0 41.
Wer bahnte jenen pfad, in welchem jede reiset?
ISTMlilsed. 107. Gebahnter weg der gottesfurcht. Dan. Stoppe, T. Ged. I. saml.
%. 111. Siehe in dieser ztschr. XX, 240.
238 BEBUNOIB
Bamme, BiittaiiMmime Dan. Stoppe, T. Ged. 129.
B—arhaeto nent das spanische röhr den zu ihm in den winkel geeteüten Inifceiien
prügel: Das hat mir noch gefehlt; dass so ein bauerhache
Noch gar kamradschaft mit mir mache.
Dan. Stoppe NF 246.
Bauermanl Dan. Stoppe, Oed. 151.
BauernlQmmel: den B. mitten in der Stadt läuten. Dan. Stoppe, T. Oed. Id5.
Bagickern von einem huhn:
Und jedes ey, das ihm in der gehurt gelinget,
Wohl tausendmahl begackst, begickert und besinget usw.
Dan. Stoppe, T. Oed. I. saml. 12.
BaKlaiben: Gott lass euch euren wünsch auch künftighin bekleiben.
Dan. Stoppe, T. Ged. 17.
Wird mein treuer wünsch bekleiben,
Den dein nahmens-fest begehrt 162.
Wie schlecht ist unsem lieben
Der abschiedswunsch beklieben.
J. Ch. Günther (Tittmann) 136. Andr. Gryph. Sonette 22, 23:
Was geitz und lust erstöckt, kan nimmer mehr bekleiben.
Bemorgengaben: denn wie ein redlicher gesell hie ein schönes megdlein erwrie^^a^^t —
sie bemorgen gäbet, verleibgedinget usw. Brigische leichenpredigt 1595 dv..flBurcli
Nie. Blumium.
Benzer: Das geld soll ja nicht uns besitzen;
Und diese faule creatur
Wird dem Benzer wenig nützen,
Der ihre freiheit arrestirt
Dan. Stoppe, T. Ged. 46. ob Benutzer?
Berichten: ja, ehe den Protestanten auf dem lande in unserer gegend erlaubt
ihre krancken zu hause berichten zu lassen, so musten sie dieselbe hiehc
kirche führen. H 288. Ober- und mitteldeutsch.
Beeprechen, ansprechen: Die bauem Hessen gleich den dudelsack besprechen
Ihr gast und Zeitvertreib zu seyn.
Dan. Stoppe NF. 48.
Blndweric, bau von bind werk, flechtwerk: die gebäude nicht mehr von bohlm, BO^^BdMn
von bind-werk aufbauen und mit lehm auskleben. Erbversohrbg. 1764^ ^<^66,
Oppeln- Breslau. Müller, D. kult-gesch. IV, 548.
BIMtterige kraiikheit in der Brigischen leichenordnung 1595 durch NiooL Bbu^woo.
(Zu liegnitz gedruckt)
BlaiMtnimpf: Du blaustrumpfl rief das podagra.
Du menschenmörder! schrie das glücke!
Dan. Stoppe, NF. 2.
Du wetterhahn, du blindes weih,
Du blaustrumpf, du verderbungsmittel.
J. Chr. Günther 148. (Glück.)
BIOBSOhioht: ob ein dicker wanst und blünschicht pausebickioht geddite
als ein geschlancker leib und hageres angesicht sei und ob die eog. hanwhrtw ^
roten wangcu — den Vorzug verdiene. H 12. Weinhold, Wb. 72*, " if5
289
I: und dass es den garstigen seh weiss und bockinzenden gestanok abzu-
Igen föhig sei. H 80. Weinhold, Wb. 11^. DiaL forschg. 100.
Mz: Der kutscher kam in vollem jagen —
Bordutz! da schmiss er um usw.
an. Stoppe, NF. 102.
slfreund:
Ja maneher schleicht sich tag vor tag in einen abgelegnen garten,
Wo der und jener Bosel- freund bereits mit schmerzen seiner warten.
an. Stoppe, T. Ged. 154.
itiraingeapOhle-bäder. H 242.
kel: An wenner mor doas wohl ah Brinckel gnadig set
Sä wird Good usw. Dan. Stoppe, T. Ged. 146.
Es ihs mer mich ah Brinckel leed
Sä mag mich bei deir oberkeet
Nooh hoite verkloan usw. 151.
isiedend: Und trägt (der pöbel) das balsamirte wort
Sogleich brühsieden warm zum dritten nachbar fori
fU). Stoppe, T. Ged. d4.
uatuMle f.: das leidende glied (verbrant in heissem fette, blei usw.) alsbald in
e brunnstande zu stecken H 92.
li ein bauemhund. Dan. Stoppe, NF 122.
le, bübchen: Die büffgen würde man doch ohne scharfes rütteln
Wie reif-gewordnes obst von denen bäumen schütteln,
in. Stoppe, T. Ged. I. saml. s. 9.
n: Soll ich denn ein pfennig- fuchser werden,
Der sein datum auf den manmion stelt
in. Stoppe, T. Ged. 131.
m: Geld ist der beste Zimmermann,
Der alte runzeln gleiche dielen kann,
in. Stoppe, T. Ged. 99.
Wenn zeit und alter die gleich gedielte stime krümmen usw. 191.
Weil Gott sein himmelreich nicht mit dukaten dielen usw. 212.
len: dass die am köpfe schlagenden und von stockenden oder schwer sich durch-
beitenden blute dehnenden adem gemächlich von der kälte zusammengezogen
105. Dass die adem so angefüUet werden, dass sie heftig dehnen, auch wol
X reissen möchten 194. Drückende, dehnende oder stechende schmerzen 195.
ie blättern am gesiebte trocknen, aber am leibe und bänden dehnen sie noch 231.
}hnender verstopfter leib 269.
le f. : die blättern überziehen den ganzen leib, stehen in der dehne, wollen sich
er nicht sonderlich erhöhen 230. Weinhold, Wb. 15^.
le: der ganze schenokel ist mit einer phlegmone derb angestopft, bis ans dünne
it Striemen besezt H 270.
Iiliaiisieren:
Man sah es (gewissen) Stadt und land zwar fleissig durch hausieren.
Doch ohne glück und ohne stem. Dan. Stoppe, NF 169.
MM m.: vollziehe da den eheschicht Dan. Stoppe, T. Ged. 219.
Ill|ii: von eingenötigten külen julepen milchen und schlafmachenden mittein.
106.
240 BIBLINeBB
BiUiaeUen: wenn der ganze körper vorher eine zeit lang in warmem wasser
chet und eingequ eilet wird. Tralles Carlsbad 163.
EinaohOzen: und folglich auch der ström den bau nicht hindern solte.
So schüzte man den Bober ein
und sucht in seitworts abzuleiten.
Dan. Stoppe, NF 236. Bei Logau: schütze f. das schleusenbrett n, 3. 56.
Erdschocke, artischocke: der bauer und die er d schocken. Dan. Stoppe, NF. 188.
„Artschocken^ bei Logau.
Erpochen: Was dieses haus versagt, das sucht der trotzge stab
Mit ungestümer art beim nachbar zu er pochen.
Dan. Stoppe, T. Ged. 211.
Eselefreeser: 12 feindliche Schlesinger, die nit schwirmer sein vnd eselsfresser
Alem. 16, 85. Esores Asini quondam dixere Silesos usw. ebend. 15, 120. Asi-
nos Silesia devorat omnes, ebend.
Eulenspiegel : So vielerley die köpfe,
So vielerley der schluss, so mancherley die fahrt
Till Eulenspiegols kraut war auch von dieser art.
Dan. Stoppe, T. Ged. 209.
Fallen: allein wo schlecht wasser ist, da fällt auch kein gut oder gesundes hm. H15.
Faule Seite: Es legte sich der tod einst auf die faule seite.
Er liess die menseben gehn Dan. Stoppe, NF. 76.
Faust, dr.: Wenn ich den muntern sinn auf diese fahrten lenck
Und an das schöne spiel manchmal zurücke denke,
In welchem doctor Faust sehr ins gedränge kam.
Als ihn der böse feind mit leib und seele nahm
Und in die hölle trug usw. Dan. Stoppe, T. Ged. 115.
Die jungen trugen leid und beuleten so sehr.
Als wenn der arme Faust ihr eigner vater war. Ebenda.
Faust- ninda, prügel: so steht zu befürchten, die herren gassen -jungen möchten mir
mit einem verächtlichen Faust Runda eine ziemliche feldlänge das geleite geben
Dan. Stoppe, T. Ged. 71.
Feige: Feigen die in schulen wachsen
Gehn in Schlesien und Sachsen
Hohen sohülem bitter ein. Dan. Stoppe, T. Ged. 106.
Es würde mich die furcht mit ungewachsnen feigen
Wie jener seine frau mit nachdruck lehren schweigen. 195.
Hedel: doch stille mit der fiedel. Dan. Stoppe, T. Ged. 71. Andr. Gryph. 331
ebenso.
Hnkenritter: Gesezt es wäre so, ihr jungen fincken-ritter. Dan. Stoppe, T. Oed.
1. saml. 11.
Heck: Ich log ihm (der fuchs dem kalbe) rechte flecke vor.
Und sprach: ich hätt einmal aus eckel vor dem essen
Ein brennend seheitgen holz gefressen! Dan. Stoppe, NF. 19.
Rennen: spoar derr dene müh!
Da flennst ümsist. Dan. Stoppe, T. Ged. 150.
Hier flennt das weib, dort raast der mann. 178.
Reurzäune: für jhren vor- Städten jeden thores und für den eussersten fleur-ii^'
uen plancken auffricbten. Infekt. 0. 3.
LEXIKALISCHES 241
lees, fluss: im frischen fliess-wasser baden H. 41. schlecht fliess-wasser 50.
fliess- und regenwasser 76.
neitag, guter bei Andr. Giyph. sonette 32: am gutten freitage. Offenbar anleh-
nung an carus, cara, wie good Fhday.
rette, mund: Sezt die flöten an die fresse,
Nehmt die geigen in die band. Dan. Stoppe, T. Ged. 1 s. 6.
Der dem, der ihn zu lange liebt, zum Öfftem in die fresse speyt S. 31.
Dass mir der schnee der luft recht in die fresse stob 109. Andr. Gryph. 292:
Schweig! halt die frässe! Vgl. Vndt Adam fr aas. Sonette von Andr. Gryph. 39.
iRbehnhut: nein! ich bin kein solcher fünfzehu-hut (der auf s. mammon sizt).
Dan. Stoppe, T. Ged. 131. — In gefünfter zahl 11.
Bden bildlich vom körper: was nun aber dem obersten Stockwerke dienlich ist, wird
wol auch dem mittel- und unter- gaden zu passe kommen. H 114.
imge adj.: die feuchtigkeiten flüssig und gänge machen. 0 104.
alairteriemartyrer: ihre köpfe (durch perücken) länger zu galanterie-märtyrern
zu machen. H 107.
«rsthammei: das äusserliche ansehen wird schon diejenigen, so sich fleissig waschen,
von den wasserscheuen garst-hammeln unterscheiden; denn jene werden immer
ein „ausgeklärtes*^ angesicht vorzeigen. H 71.
ie- häufiger als präfix denn im hochd. z. b. bei H: gebiegig 3, geschlanck 12, ge-
schwüle luft 282; dieses auch bei Stoppe, Ged. oft; ebenda geruhig 87. 105.
lebäucht: das mitlere fingerglied ist mit weiss blaulichten schier todt gebauchtem
leder wie ein panaritium umgeben H 264. Vgl. das alte ausgebauchte pfand
leder geht von selbst weg, ebenda.
ledieg m.: wie denn alle Jäger wissen, dass die heisshungrigen Jagdhunde sich leicht
den magen verbrühen und daher um ihren gedieg kommen, verdorren und nichts
mehr nütze sind H34. Im DWb. lY, 2020 schlesische belege; zum guten tiegen,
Andr. Gryph. 161. Vgl. 71. "Weinhold, Verbreitung und herkunft der Deutscheu
in Schlesien 1887, 207.
ledrang a(]y.: von einem hause:
Volkommen schlecht gebaut, mit fleiss ge drang gemacht
Und alles nach der kunst recht närrisch angebracht.
Dan. Stoppe, NF 57. Ist dir etwan der eingang zu gedrange (dachshöle) 279.
Logau gedrange a^j. J. Chr. Günther (Tittm.) 98: so ächz die gedrange brüst.
Geh den weg durch die gedrange thür. Andi*. Gryph. Sonette 99, 7.
SegenatnuBineii: so dass also die gegenstrammende festigkeit des steins nicht ver-
mögend ist, das in den keil dringende wasser so zusammen zu drücken. H einl.
Begräupe ntr.: sich bey zeite mit meel gegräupe — haußartzneyen, wacholder bee-
ren, birnstein — versorgen 0 31 Körner und gegräupe 71.
Seier: tod, teufel in Verwünschungen:
Soll dis etwan auf künftige zeiten
Ein bißgen Vorbedeutung seyn?
Der geyer wird dich ja nicht reiten. Dan. Stoppe, T. Ged. I. saml.67.
Hier sitz' ich armer geyer
Und habe kaum zwey dreyer. 136.
So jagt den flegel gar zum geyer! 43.
DWb. VII, 2560*» mit schlesischen belegen.
lelleltoniy stocken: das aus der ader gelassne blut nicht ge liefern will. H 101.
mrSCHRIFT F. DKUTSCHK PHILOLOOIK. BD. XXVI. 16
242 BIBLXNeKB
Genatze n.: wenn einer bei lebzeiten einige beule, gewäohse, Überbein oder braeh
gehabt oder mit hitzeblattem und anderm unreinen genätze an der baut behaftet
gewesen. Infekt 0. 117. Vgl. Weinhold, Verbreitung und herkunft der Dett-
sehen in Schlesien s. 61, wo mehr citate. Mitteid. wort.
Genung komt als schlesisch-hochd. noch um mitte 18. sec. vor: siehe Nachtged. (Be-
lach) 18. 42. 44. 115. 120. Bei H genung 49; genungsam 87. 141. In TnDes
Riesenbirge (1750) noch algemein: verherlichung: genung 7. Befriedigung: genrnig
30; lang: genung 33. Vgl. Weinhold, Dialektforschung s. 70. Hildebiand im
DWb. lY, 2, 3487 g: mitteld. im weitesten sinne mit einschluss Frankens und des
Rheins. Ich führe für das einschieben des „n'^ meine Alem. spräche 106, mein
Augsb. wb. lauÜehre y. N an.
Gerinn n.: drauf schlepten sie (die stadthunde) den „budel^ (dorfhund) im geriai
herum. Dan. Stoppe, NF 123.
Geeohlang: die Schenkel so ran und geschlang erhalten haben H 145.
Gestippe: die blättern sind heil, nur noch wenig klein ges tippe H 237.
Gewichste Melder: dass alle ärtzte und andere personen (bei pestkranken) gewüchste
und enge zugemachte kleider tragen 0 21. Alle leichenbesorger sollen enge ge-
wüchste kleider anhaben. 54.
GeeQndem: alles fleissig aufzuschreiben und die aUmoson denen allerbedürftigsten ood
krancken für gesundem und andern zuzuschicken sind. 0 28.
Gnetze f.: altschlesisch. Weinhold, Verbreitung und herkunft der Deutschen in Schle-
sien 1887, 217. Die hausapothek (sprachlich halb alem., halb mitteldeutsch) Leipi.
1620 gab folgende belege: für die räude vnd gnätzo 9^ Erdrauchwasser oder
katzenkörbelwasser ist gut gotruncken für alle gnätzen und räudigkeit 32^ Ist
zu besorgen dass der mensch möcht aussätzig wei'den oder mit Franzosen, riadeo,
gnätzen — überfallen 43*.
Greupner m.: händler mit mehl und trockenen gräupen Weinhold, Wb. 30*; in der
kauff- und verkauffsordnung v. 1608; gebildet wie keuffen, ainkeoffen ebendi.
Meurer in der zimmerordnung 1605. heupte dativ Leichenordn n.
Hamana kirohhof: Dem drohte man, ihn, wie er geht und steht
Auf Hamans kirchhof zu begraben. Dan. Stoppe, NF. 113.
Hamperoh: War vullnd zu Leipzig soal doar schäfer-hamperch lam. Dan. Stoppe
T. Ged. 143.
Handgranaten, ohrfeigen: ihr liesset h an d-gr an aten fliegen. Dan. Stoppe, T. Ged. 44;
vgl. „Faustrunda*, oben.
Handteller: durch starckes reiben, und bürsten an den band te Hern und fdfieoleo init
saltz, essig. 0 127. 129.
Handtieren: das herabgeworfene geld soll er mit einem löfFel aufheben und elie^r^
handthierct oder außgibt in essig werfen. 0 46.
Hans: Und hängt den köpf wie Hannsens Schimmel. Dan. Stoppe, T. Ged. 1B<
Doch müssen sie vor allen dingen
Das lied: herr Hanns lebt wunderschön
Mit euch aus vollem halse singen. 43.
Hauben: erschien dis blatt den andern hochzeittag als die Jungfer braut aaf g°^
schlesisch gehaubet wurde. Dan. Stoppe, T. Ged. 186.
Hauspflaater: anfänglich wird ihm ein fettes, sog. hauspflaster aufgelegt H270'
Hecken, Junge: Deine jacke müsse halten,
Bis mein nachtstuhl junge heckt. Dan. Stoppe, T. Ged. 7.
243
', heiser: nur schmolle darum nicht,
Wenn hier mein heischres röhr den ratten gleiche singt.
Dan. Stoppen, T. Ged. I. saml. 1. Heischres grunzen 14.
Hiakeaperls, hinkebein:
Das gitick zerbrach im grimm den podagra die knicke,
Da lag der Hinkenparts und konte nicht mehr stehn.
Dan. Stoppe, NF. 2. Weinh. wb. DWb.
4fmliiigelii: Sobald man dich einmal gelesen hat,
So stängelt man dich hin, so hat man deiner satt
Dan. Stoppe, NF. 200.
flivtercaatell: so sezte er sich mit dem hinter-castell in kalt wasser. H 121.
4tooli acy. hübsch: Ihr sed ah bischer herr, ihr wist mit arma leuta usw.
Dan. Stoppe, T. Ged. 143.
-fotzweib, mythisch: Dass mich der schmerz erschrecklich plagt.
Wie wenn der nacht -geist ohedessen
Ein holtz-weib durch das dorf gejagt
Dan. Stoppe, T. Ged. 180.
Hand: Ich mal die leute, wie sie sind (sagt der Spiegel).
Da eben liegt der hund begraben,
Rief hier ein pinsel aus usw. Dan. Stoppe, NF. 109. 146.
Das lied vom faulen hunde singen 87. Es würde ein loch werden, als hät-
ten (wie man zu reden pflegt) die hunde drauß gefressen H 265.
iHupperoh: Ich wehs derr eni tantza an hupperch macha,
Su daß ma sich möcht da plautzo zerlache. Dan. Stoppe, D. Ged. 150.
UOtsche: Wie, wenn ein zcitungs-mann die ärgste mord-geschichte
Auf seinem bilde zeigt und vor der hütsche singt.
Wovor gemeines volk den Speichel in sich schlingt D. Stoppe, T. Ged. I. saml. 3.
Matuiig f.: Vergeblich sucht sein schmachtend vieh
Auf dürrer hutung heissem sand verbrantes grases kurze spelzen.
Naohtged. 4.
Acht: auswurf mit röcheln wie der j äs cht aus einem kälber-goschlincke. H 251.
KarfMtag: einige mischen statt der artzenoy ein wenig aberglauben mit zur kur, wie
diejenigen, welche davor halten, die kratze könne von kalten baden nicht vergehen,
wenn solches nicht am charfreytage geschähe. Ein mit dergleichen aberglauben
so starck als mit der kratze behaffteter mann und 2. weibes-personen verfügten
sich an einem char- freytage in den bach, der etliche hundert schritte von ihrer
Wohnung entfernet war, badeten darinnen in ihren hemdem, welche sie anbehiel-
ten, giengen also ungetrocknet nach hause, legten sich zu bette und wurden völlig
rein; da hies es nun wohl nicht, dein glaube, sondern allein das wasser hat dir
geholffen. H 85.
Käme f. karre : in Städten das gemülle und alle vnsauberkeit auf die darzu verordnete
käme oder wo diese nicht sind auff schubkarne geschüttet werden. Infekt 0 31.
Kartsok m.; seidenes gewirk. Zu den schlesischen belegen im DWb. 5, 338 füge ich
folgendes ans Jessners Theophrast. Eunstkammer: wenn ein braun kardeck befleckt
ist: nim glatte laugen, mach sie heiß, darnach stecke den k ardeck alßbald hinein,
laß Jim lange darin liegen, so f erbet sich der k ardeck überall ganz schön.
I: Allein, kam endlich denn die kaupelei heraus,
So putzte mir die soham das licht des lebens aus. D. Stoppe, T. G. I. Saml. 3.
16*
244 BDOJN&IR
Kelle in der küche:
Er nahm die lange kelle,
Womit die köohin pflegt den braten za begiessen,
Und schaufelte mit etwan 13 bissen
In aller eil den papptopf leer. Dan. Stoppe, NF. 226.
Kindersohaube, kindermantel, -rock. Dan. Stoppe, T. Oed. 122. Peter Squenz ed. Palm
s. 12. 43. Ober- und mitteld.
Kipern: (die wasch) ist — von fett-ädergen glandeln nnd allerley schweifi-caDilgen
verwunderungswürdig znsammengewebt, gestrickt, gekiperi H 76.
Kinns, gute tage: Denn hat es gute wege,
Der feuer- stein kriegt kirms usw. Dan. Stoppe, T. Ged. I. saml. 113.
Kiatechern: so dass sie sich solches unzeitigen klatscherns nicht haben enthalten
können. (Von kaum heilen fieberkranken, die baden.) H 72.
Kiauee: Fleisch und blut reift aus der k lause,
Die natur mahnt um die schuld. Dan. Stoppe, T. Oed. 40.
Klemm a4j.: Sind, so wie ich, mit klemmer brüst
Des rechten Zieles unbewust. Nachtged. 58.
Klunker -mutz (= mehlsuppe mit kleinen klössen):
Alleen ver su an stadtscha knacht
Ihs SU a kluncker-mutz ze Schlacht Dan. Stoppe, T. Ged. 150.
Knastern, Geknasler: und alsdenn knasterte es im schulterblate, als wenn emiidgeD
darinnen wäre. H 237. Im schulterblatte lässt sich auch dann und wann noch ein
kleines geknaster hören. 240.
Kneip: Der kneip, den dein papa in seinem wappen fuhrt,
Zeigt, was dir vor ein mann gebührt. Dan. Stoppe, T. Ged. 140.
Knips: Was manchmal hier und da verklatschte weiberzungen
Bey einem gläBchen knips euch kindem voi'gesungen usw.
Dan. Stoppe, T. Ged. I. saml. 8.
Knipsschwester: ja, dass der brandwein manches ehrliche mägdgen in verdacht kom-
men möchte, als ob sie unter die geselschaft der knips -Schwestern geh&ite.
H 73.
KnSmIein: am auswärtigen knörnlein des rechten ellbogens. H 265.
Knöspllch: herzsäcklein in ein knösplichen oder riechpüschlein. 0 129.
Krabel: welche aber beim ordentlichen geträncke nicht eben die abdcfat haben, w^
zu erhitzen, warum wolten sie mord und todschlag, krabel an der wand, gockock,
rastrum, stär und schöps oder gar die mumme in ihre gurgel sttlrtzen. H7.
Krachen b. Andr. Gryph. sonette oft, z. b. wer die Wahrheit sagen wolle ohne sohea:
kracht oft im lichten brande. 40, 4. wenn fleisch vndt seel in sterfoenaschoMneo
kracht 41, 12. Wenn nun die arme seel im schwartzen feuwre kracht 44, 3
usw.
KriutBrsiIppler: welcher arzt sich der neuen produkte in seinen kuren nicht bedieiite)
bekam den verächtlichen namen eines kräuter-süpplers, eines wasser-dootois*
H vorrede.
Kracken: unleschlichen durst, mit eckel, k recken und breoheD, anoli dnoiceo ^
schlucken deß magens. 0 72. Wenn aber das krecken von Mtk sdbtt Idbb^
das zumahl mehr ein leeres krecken und nöthigen, als ledites fareohan wiis V.
Denn dergleichen krecken komt nicht von überfültem mipin ter. 91» ^
ansehnlicher mann von 73 jähren kriegte nachts frost, krecken^ i^rwin*H HM» J
I vom Qsohen brateoder spewea: fett gehackone uod gekreischte Maehen.
\ O 88. Webhold, Wb. 47'.
: auf wirths- und kretsehem häussT. 0 38. Hier nur augefuhrt, weil
IpleonaetiBcli. WeinhoW, Wb. 47,
; ich rieff der magd unuwnst, wotl das vecsessne ding, iodein es tiüch-Eoit
ivu, jnst in der krtppe gieng. Dan. Stoppe, T. Ged. 118,
— — Kr hielt sich pferd und wagen.
Er kaofte sioli ein dorF und ward ein adolmann,
Den der gefrilssge achwarm der niageru krippeerciter
Sich Diramermehr beijuemer wünauheu kann.
Er war zu gut.
. l>iii. Stoppe. NF. 128; siehe DWb. s. v. Ferner Logao 770.
Krfietlin: vielleicht hastu bUher ein kröstlio mir versagt, Aodr. Grypbius Sonette
ae. iL*. Var. ein blsseu.
Kriimmfra swv. subst: daher entstehen an der haut unzehligea mit hefftigen krüm-
rneru bekleidetes gegritzel, blattergen usw. H 78. Wenn wir einen gewissen aus-
Schlsg, welchen manche verblümt das kiümmern, ohrliohe deutsche biedorniSn-
tter aber mit dem rechten iiamen kratze nonnon 84. Jucken, krämmern auf der
'linist 223. It«tc, höchst krüramerDde flecke 232. Heftig krämmero der haut
Weinbold, Wb, 48*; krimmem, zu krimmen.
MH; und hingegen (waschen der kinder mit kaltem wasser) nicht so viel krü-
pel, krumatiefel, kiehl-kröpfe ued gratschier gefunden worden, als lu unsem
■eiteo. E 183.
la: Drauf wählte man ein spiel; man oeots die blinde kuh,
und die gerechtigkeit erbot sich selbst danu,
DnSH sie die hauptperson des Spieles hejssen wolte,
Der man die äugen blenden solto usw. Dan. 8top|)e, NF. 07.
i: Sein kandmaan, der ihm stets was rechts sn lösen gab.
Dan. Stopi«, NF. 173.
Dan. Stoppe, NF. 269.
denn es ist ein recht lausicht, gi-iiidicht und achäbich Icbeu. Brigischc
lenordo. Iö95 durch Nie, Bluoüum.
f. tümpel. lache: grosse briiuhe und lugee , welche durch abzugsgräbeti treuken
gemacht werden kanten. Friedr. LI. kammercirculat 28. aog. 1773. Brealau, Hüller,
Ztachr. !. d. kiilturgesch. IV, 536. Die gro^e luge Jesziomeck 545. Der Kupper
foret bei der luge Latze 547.
H: (Wasserfeuchtigkeit), die bald wider durch die oatürlicheo ausgibge ohne befeii,
atten und dergleichen zurückzulassen fortgehet, H 198, Applicierte käse-mut-
teu 2ö5. — Flüsse, Imcho aaw, Nachtged. H 33. Mit sanftem schritt betrat ich
latten 65.
andere hingegen ihm zwar eblge tage herberge geben mnaeeu, aber
doch durch ein matxenraussermässigoH traktameot die Inst benommen, üoh
bei ihnen zu verweilen. H 176.
■Hob«, aloh: wenn auch die säogenden weiber nicht trinoken, so wird gegen den
Dorgeo ihre miluh ganz uriohaft und tmgescbmaok, und die kinder minliohen
lieh dafür. H 24.
Mmm, knss: Thu an mir die groste süude:
Bittet mir ein mäulgen aus. Dan. Stop|)e, T. Ged. 1, saml. 68.
an'.
246 BIBLINeiB
Dem bräutgam manch stilles mäulgen geben. 203.
Man soll (das sprüchwort gilt ja noch?)
Das mäulgen nach der tasche richten:
Ist diese gross, wer will uns doch
Den mund zur kleinigkeit yerpfliohten? 46.
Wenn jemand seine lust an Jungfern -mäuler bindet. 111.
Main: Wenn der leere bauch nach brodte schreyt,
Wenn die fasten tumme mause macht usw.
Dan. Stoppe, T. Ged. 130.
Mauzen vom sterbenden kater:
Drauf mauzt er noch einmal, als nahm er gute nacht
Er hielt den athem an, lag still und ausgestreckt
Dan. Stoppe, NF. 16; bair. maunzen.
Memmisch: warme wasser verderbet die subtilsten gefäßgen, macht die nerven mem-
misch, die fibras schwach. H 79.
Meraeburger bier: Ach! unschfitzbarer freund! der trotz der nassen weit
Mir mehr als fettes bier aus Merseburg gefält
Dan. Stoppe, T. Ged. 110.
Mteskram: die schwache mutter zu stärken und einen misskram abzuwenden. fll34.
Mittalaalz: überhaupt die salze in den gesundbrunnen , sie mögen laugenhafte oder
mittel-salze sein usw. Tralles, Carlsbad abhdlg. 49. Was von dem eingekodi-
ten brudel, nach dem angeschossenen mittel-salze übrig bliebe. 50.
Mittalaalzigt: befindet sich in unsem saften anstatt der natürlichen mittelsalzigten
teilchen. 99.
Moh, Mohäupter: fussbäder von moh-häuptern. Infekt 0. 126. Datteln, moh-
samen a. a. o.
Morgenmilch: aus eben der Ursache wird auch die morgeu-milch der tiere immer
schlechter von geschmack sein, als die zu andern zeiten. H24. Auch landwiite
können daraus lernen, wie sie die morgen milch der tiere so schmackhaft als die
andre machen könten. 25.
MBfnnzen: die kaldaunen und das müffintzende wildpret mit siedendem waaser
gebrüht H 67; vgl, „bockinzen".
Nachgeben: wenn kalt wasser an geschmeidige und nachgebende körper geraiobt
wird. H 126. Weil etwan dasselbe das fleisch eher geschmeidig und nachgebend
machen könte. 168.
Nachkur schon bei Tralles Carlsbad 162 durch eine ihr gemässe nach-kur.
Nachreue: Zu späte, lieber söhn! die nachreu hilft nichts mehr! D. Stoppe, NF-lKl
NachipHlen : die sog. nachtpillen, niesesäcklein , springkömer , schmecke nicht 0 99.
Nachtzeug: Lass den balsamierten köpf in ein saubres nachtzeug kriechen. Dvl
Stoppe, T. Ged. I. saml. 21.
NachtBchweies Tralles, Carlsbad 74.
Nähepult: Ist denn das nähe-pult und ein historisch blat
Noch stets dein Zeitvertreib? Dan. Stoppe, T. Ged. I. samL s. 58.
Nahrung: Das weib spatzierte manchmal aus
Um an des mannes statt die nahrung fortzutreiben. D. Stoppe, NF. 34*
Pfuy! sagte der kredit, stell deine nahrung ein (z. kunst) 46. Gegenwärtig bid
(Jauer) dergleichen (lein wand handel) nahrung nicht mehr. Nachtged. 96. Bei
Logau ebenso.
r trort auf seinoD uap. vom iiomoranKBubamn, Dan. Stop]«, NF. 145.
RwreiiUHlBrle: diu Verbrecher (welche tierkadaTür, blitt usw. au/ die gasse schütten)
aoUeo ins uarrenkHtterlo oder aufgelichtete kreutze gestelt usw. 0 31.
An eloe alte ehemals gemeine Weibsperson:
Es muste so wal lierr als knecht
In deinem narren-spittale kranken. Dan. Stoppe, T. Ged. 139.
Sieb, der rest der ncben-sorgen
Nimt die Zuflucht zu der öuuht. Du. Stoppe, T. Ged. I. sanil. 37.
Die erste hitae trinckt oft gifft vor gerston-safft.
Dnrt:hkreut2t die lioieo der Junggesellenschaft
Durch die verdammto lust verbothaer nebenstricko.
Dan. Stoppe, T. Ged. I. saml. s. 10.
iß wenig reinen leichten Nektarwein. 0 124.
So macht kein nebentritt dir dein gewiason wund;
Wol dir, beglückte braut! Dan. Stoppe, T. Ged. I. saml. 12.
NtwKils: (Da) der vogel neatwärts zeucht und frühe ruh bugehrt. Naobtgod. 97.
vom dachahunda:
Wenn ieh ein windspisl worden wäv
So würd ich freylich nicht so niederbointgt aoyn. D. Stoppe, NF. 277.
Rldergshm: ich seihst trank noch am abend unter auf- und nicdergohon 7 gläser.
Tralles, Carlsbad 154.
Isdsnailfbn: Hier sof das wcib den mann, der sehn den viiter nieder. Dan, Stoppe,
SF. 104.
prtarwhieben voa einem ochsen am schlagbaum:
Und weil er bey dem niederschioben
Starck an den schlagbanm angeprellt. Dan. Stoppe, NF. 96.
abhauen, scblagen: loh liess ihn (ebscbbeerbanm) ganz gewiss Douh
heute niederschlagen. Dan. Stoppe, NF. 82.
rila: Scheint mein danck voll leerer nullen
liott schreibt («eine Ziffern bei. Dan. StopiX), T. Ged. I. samt. b. 23.
und die rechming in dem beutet gleichwol leere nullen zählt 52.
Me, NQIlMVOlk: Was ist das Nüllen-volk? Ein ganz verkehrtes ziel
Das uns nach Fraockreich führt, wenn man nach Eaglaod wid.
Dan. Stoppe, T. Ged. 135.
MiJaMClw: lliest ohm-jauche aus dein mit der stecke-nadel veilezten oborgelenke
des goldüngerH. H 264.
Omse f. ameise. bei Logaa emse.
Othemalecken H 150. 247. 252. Athemstcckea 188. Das gehemte othemholen
■JS-J. Ztw. einuthmen 286.
, bildliobo negation, von schlechtem tuche:
Dergleichen liederliche soeben
Kanft man auch schon zu hoch Tut einen pappelstiel.
[ Dan. Stoppe, NF. 112.
; aoflegnng des blossen frisoheu wassers im pausohen — mit kaltem wassei
pauücheu über die brüst legen. £E 116.
ü stifte aber pnuaeu uud nehmen mohr raum ein. H 154. Uitte —
■iDBoiit das geblute eher paueondet, zeher. 164. Durch ihi-e gemässigte kälte —
■ ^kahlen, dass sie nicht so heftig pausen und wallen. 282.
124K BIRUNGIB
Pailtling uiKlwnllung, in, bringen, die ausrauchenden feuchtigkeiten beim ein
Hinnm. II K)0. Hausung. 196. Die wallung und aufbausung des geblütee. 194
Sioho ohoM s. 1*37.
Peokelhaft in[].: wonn Hogar da» peokolhafte serum durch die haut des bauch
(»dor dor NcluMikol gorissen. H 55. Dass der gestanck gar nicht wider w<
HJutoinnl aus dor mit dorn peokelhaft en sero der wassersüchtigen befleckteK- ^q
loinwaiul. 07. 1>io peckolhafto schärfe mildem. 152.
Peteohiallaoh , poKüIonzialisch. 0 101.
Petoohleii. il').
Potetsohen: masom, friosel oder gar petetschen wittern. U 96. Bei epidemische^»» .en
lioltoru xu^K*i<>h mit po tot schon oder andern flecken beschwert 99. und da.^^^^.
uoIhmi dt>r ganze loib übt'r und über mit lauter petetschen — besftet ist 10CZ301.
OuImm auch dio po tot sc hon in ihrer blute verbleiben. 101. (Petechien? 22^,^23.)
Potot sehen kommen in Vorschein. 220. Friesel, petetschen oder andere acii^-^os-
sehlÄge. 271>. retotscheiifieber Naohtged. 13. Bairound Minderer v. Augsb. _ in
s. rjitliehen gutaehteii 1620 hat pe decken: .petechen, petechten oder petescheK* ^^d*^,
ital. |H*techia, fr/, in^techie; noulat. ])etechia v. lat. petigo, räude.
PfMtkur: eine solche kur würde man hier vor die gefahrlichste pferde-kur r
»oh ivyeu ^knuiko mit eis bestivueu). H 118. Er lachte alle diejenigen nur
welche das kalte Ivaden eine grausame und unerträgliche kur — oder wie wir
schon XU nnion ptlogtMi — eine pforde-kur nenten. ISO. Eigänzung nun D
YU. u?s:.
m.. Nur schade« dass uns nicht, iiie wünsch und sinn begehrt.
Kin an^csiivkter pfioff iwoy gauzi? stunden wahrL D. Stoppe, T. Ged. HT 1J2.
die lipivn Noruchon sich kriiin(£cht. er pflückt fieissig. H 223. 7m ^ whii-
Vmi^chou. j^luend j^^sicht, pflücken. 223.
PWcfM Sclie K IVin, Stopi-^. T. iW. 131.
fttl \\\ vi:c p\l:o ^ehcn = sv^hit^i^^n. l>an. Stoppe. T. Ged. 122.
Pll|i|Wni Ot-«uf s^^hion ^^ ihm« als wenn der bivT.
IVr plappernd ein^'kvvht. stets: friss mich. £r&& mich spiidie.
IVaiv Sviiv. NF- 22tv
PIMIwiMfi vIk* luuic!. a:«' v^hntvlcst ^^me im kühlec wasMr platscheriL Hl^^^
PIlllClikM l *.^:tv.Y. >:::.; . : > ^ h : . V : . **.;:: ecl:.^hec K^waixe punkte. H 230. Äe
c:ttc s\>.,:-. crÄ^v-hMi^Tv t.vhtv^r h*«^- K.>«? rl*Tr-*r:. w>elch« plet Schicht wmr^ba,
FlMlir N/ s.:iv^t :fc.v: .'.*.' ':\>rj.v.ü.< r&u.>.J:Tfc .irc ross^» ror den rhrf wihrngfi«
A»^^ ^v>T a;*,v*n a1> -:-.:r.>. /•::• i\'i-\!i tlcsT^r i?«c käst«. H 113^ WmahoH
\\>. ; *. • .-.'ANiv Vi.;: \.vr j:*>*.->.»u^.c
flMif« ,: ,* >Ävc. :-,?;• ;-.>rr j:\ vu': ^cs- ^jSlz^ sn-'if *..tz< TisCK' 4er pluBpevi^ /^
.•V -AN.'- •• * <„^ -j*^*. X*; VT* . :r:;r Tr^LIi». CxTalfti 115l
^^^Hiyir •'^- >■^i-■v •■ v-'-.'-'ir^'v>-:cr-:v "vt-.T -■••: jz^SÄTW.-fcer alber ms pnig^t ■•
bi
LKXIKAUSOHES 249
(Mrfl: Die (jungens) hieben hier den Mndem dieser tanne
Die köpfe fleissig ab und machte quirle drauss. Dan. Stoppe, NF. 22.
RabM, gelbe: Weil der zwang der gelben raben
Gold aus kothe zwingen kann. Dan. Stoppe, T. Ged. 217.
Das ungewitter ist nicht weit, wo gelbe raben Schrein. J. Ohr. Günther 169.
Rickel: Ich koan gebrotas frassa
Su wies da grussa räckel assa. Dan. Stoppe, T. Ged. 150.
So schilt der papagei einen zum schlafenden doktor eintretenden bauer:
Was willst du? sprach der papagei:
Du räckel, bist du krank? Dan. Stoppe, NF. 54.
Ebenso 147: du räckel, rief die hüudin zum hunde.
Ramplciit adj.: das hörn und was ihm gleich ist, macht es blind, unscheinlich und
die lebendige haut spröde, r am picht, runzlicht H 66.
Raufbr: ich würde voller zom nach meinem rauffer greifen. D. Stoppe, T. Ged. 147.
RiuiRig: Nur des Verderbens bahn ist räumig, eben, weich. Nachtged. 87.
ReifMirock: Zerrt er (der bock) das kammermensch mit ihrem reifenrocke
Im ganzen zimmer hin und her. Dan. Stoppe, NF. 79.
Reiter: Zwei finken von dem ersten ränge,
Zwey reiter, sag ich, waren sich
Gehäßig — Dan. Stoppe, NF. 181.
Reet: Glaubt, bin ich gleich arm
Das macht mir nicht warm,
loh bleibe
Dem leibe
Deswegen nichts rest. Dan. Stoppe, T. Ged. 49.
Ritter, armer vom ofen:
Ich glaube ganz gewiss, der kerl bäckt arme ritter
Das fasten schmeckt ihm trefflich bitter. Dan. Stoppe, NF. 31.
Rotz und trähnen heulen. Dan. Stoppe, T. Ged. 119.
RIlMzil: Wer Rübenzahls geschichte glaubt
Und der vemunft sich selbst beraubt,
Der mag auch diese fabeln preisen usw. Dan. Stoppe, T. Ged. 177.
RllieenSI in Dan. Stoppes T. Ged. 151.
Rveiiilce: Der himmel ^ird euch stats ah freundlich guschla macba
An wu eer gibt an stiht, rusincka ungersträhn. D. Stoppe, T. Ged. 147.
Sau: Ihr schnarchtet ja so stark als eine sau. Dan. Stoppe, NF. 56.
Stilleder: dass kein kind die rachitis bekomme, es habe denn ein sauleder zur Wär-
terin. H 183.
Siuneii, trans.: und jenes weges schwere
Säumt ihn imd die, die mit ihm, nicht. Nachtged. 86.
SofiafTen: welche von einem heftigen fieber angefallen wurde und es vor hitze nicht
zu schaffen wüste, wenn sie nicht die bände in eine mit kaltem wasser angefülte
Schüssel tauchte. H102. Weinhold, Wb.80»».
Miairfüee: Weil jeder mit der band nach seinem käpgen grief
Und auch zugleich den scharrfuss machte. Dan. Stoppe, NF. 75.
Scheidrt: ich setze zum vorauss, dass man mich und meinen scheckirten schlaff-
rock — ansehen muss. Dan. Stoppe, T. Ged. I. saml. 75.
SoMMlll|er, die, mezger, floischer. 0 39.
250 BnaJNGiR
Sohlägeln: Je dass dich! du ketzer! entschuldigst das vieh
Und schlag eist so wider die Orthodoxie. Dan. Stoppe, T. Ged.85.
Sohlaghaflige lähmang. H 51.
Sohlaudrigt-Iange kleider. Dan. Stoppe, NF. 206.
Soblanmen, Sohtoame: Ich dencke hie an har, su bahl ichs nachts derwadie,
Os schlaumt mer wie gesoat rächt ungesandigliclL
Dan. Stoppe, T. Oed. 145.
?0 müst ich mich su sihr am jammer-schloame droahe. S. 145?
Schlendriren: spazieren. Dan. Stoppe, T. Ged. L saml. 75.
Sohlenkerbraten: Wie, wenn die jmige-magd den schlencker-b raten giebt
Dan. Stoppe, T. Ged. I. saml. 1.
Sohlesing: 0 Schlesing du fiirstenthumb.
Zu dem traurigen spectacul kom!
Bewein dein fiirsten, er ist mm todt,
Stund dir wol an in vieler noth.
Ein klägliches klag-liedt — von jhrer durchleuchtigkeit hoohseeliger gedachtnoB
erzherzog Carle zu Ousterreich usw. Im thon zu singen: Hör auff mein seel trawr
nit so sehr. Costantz 1627 Wolgemui Fl. bl. Frauenfeld.
Sohliemen: oder auch nur mit einigen unter die aimen und an die schlieroen,
schenckel und fusssohlen angelegten, woldurch wärmten sandsäcklein. 0 109.
Schlössen: So prellt' im kürass hier, auf den der hagel schlosst.
Den die kartetsche streut, des reuters muth erbosst. Nachtged. 21.
SohlQsselherr: das vorwerk weisse zeche soll von dem gericht aller fürstlichen vögte
frei sein und nur vor dem Schlüsselherrn von Röchlitz zu recht stehen solle.
1320 bei Steinbeck H, 131.
Sohmalgem: Ich schmalgerte gewiss an grussen küh-haut vuhL Dan. Stoppe
T. Ged. 146.
Schmatzen: Wo vor der feiste karpf im teiche den tiefen schlämm mit schmatzen
sog. Nachtged. 3. Zu Weinhold, Wb. 85, wo diese bedeutung fehlt
Schmauchen: den fabricierenden durch erregten häufigen schweiss die meiste lebeos-
kraft abgezapft und also die armen märtyrer zu tode geschmäuchet usw. E44.
Doch nein, da du (schöpfer) uns schmauchst, erfüllst du land und seen
Bey andern biß zum Überfluß. Nachtged. 5.
Vgl. Ein ieder mensch verschmacht und weis nicht was er spricht Am. Giy-
phius, Sonette 7, 7.
Schmeer: Feld, das, was pferd imd mann an fruchten ihm entzogen,
Mit ihrem schmeer jetzt wider eingesogen.
Nachtged. 26. (Vom schlachtfelde.) Vgl. Peter Squenz 38.
Schmieren: ein reiner ungeschmierter ungarischer-, Rhein- auch Oesteneiobdr
und welscher wein. 0 89.
Sohmuh: dennoch aber, obschon so gar schlechter seh muh mit den wasser-korw
zu eijagen. H 208.
Schnapsbein, ob schöpsbein?
So suchte Hanns auch hier ein schnapsbein zu erhaschen. D. Stoppe, NF. 220-
Seigen: Ob sich das glück auch kalt und stürmisch zeiget,
Nie lauer wird, als sie gewesen ist,
Und stets zum grad der alten wärme seiget Tralles, Garlsbad 25.
Anders: durch löschpapier s eigen 51.
LKZIKAUBGHBS 251
Sdurotwerfc, -hob im rohen blookrerbande, weil kein lehm da, aufgeführtes haus,
poln. chatupa. Müller, Ztsohr. f. d. kuli-gesoh. IV, 550.
Sehnmim (Sohninnen?): ritze und sohrumen in der haut. H 78.
Sdiwager, poetülon; So wurde sohwager Hanns, der kaum aufs pferd gestiegen usw.
Dan. Stoppe, NF. 102. Wahrscheinlich altbair. Begensburgisch-Taxisch Schwager,
rossekneoht, bauer oder kosewort = freund. Sehr alt ist die freundschaft mit dem
kutscher schon bei allen Völkern.
Schwode: Der ist als wie ein fuhrmanns-knecht, der seine pferde „hotte*' lencket
Und doch die falsche meynung heget, der wag^i wtlrde schwode gehn.
Dan. Stoppe, T. Ged. 153.
Got kan uns „hott'' und schwode drehen,
Wir mögen wollen oder nicht 193.
Seigerstimde: Ein kluger spricht ein wort und hat gehör gefunden,
Ein narr schwazt oft umsonst zu ganzen seigerstunden.
Dan. Stoppe, NF. 27. Weinhold, Wb. 90».
^0iideii, Schilfrohr: riedgras, carex ahd. semida.
Und mühn uns närrisch gnug! von senden, schilfif und mooss,
Gott sage was er will, ein paradies zu bauen. Dan. Stoppe, T. Ged. 211.
Wenn mein vermögen sich noch mehr als schilif und senden aus mangel fester
kraftt vor jedem winde bog. 228. Vgl. Alem. III, 68. XV, 138.
SiebenMirgiselie pferde: Da galouppiren wir mit siebenbürgschen pferden. Dan.
Stoppe, T. Ged. 114.
Siedeiischneider zu siede, geschnittenes stroh: grosse klage übers haupt, als wenn
lauter siedenschneider und glockenleuter darinnen rumorten H224. Vgl. side-
wanne, fütterschwinge. Andr. Gryph. 267. Ebenda: du sideschelmo! 292. 311.
^iafeiii, znaammen: Da meckern die ziegen dem bocke zu liebe
und siegeln zusammen mit hitzigem triebe.
Dan. Stoppe, T. Ged. 85.
Sielen, aQlen: denjenigen zwar, die tag und nacht sich schänden und sielen (unter
welchen viel ohrliche handwercks-, kiiegs-, fähr- und landleute sind) und noch
dazu nicht viel schmaltz auf die zahne haben H 7. Viele (haben) aber sich zwar
lange mit ihm ge sielet, doch endlich im kalten bade den abschied geben. H 176.
Erst neulich hatte sich eine frau mit gicht- schmerzen am genicke, schultern, rücken
und armen lange ge sielet und da nichts helfen wolte usw. 179. Weinh., Wb. 96^
Wimmert: Freut ihr bauerni euch deswegen,
Wenn der simmert abschied nimt. D. Stoppe, T. Ged. I. saml. 54.
^omnieiian : die not hiess sie ins bad steigen, welches ernstlich zwar sommerlau —
aber kalt genug gemacht wurde. H 140.
^padoniren vom studentendegen:
Sie mochten ihn auch noch so stark umringen,
m
Er machte sich schon platz und spadonirte sich
Die überlegne macht mit leichter müh vom leibe. D. Stoppe, NF. 29.
Bpörnar der faulen gefMsse (reizmittel ?) Tralles, Carlsbad 106.
Splltoniie: auch alles ausgiessen der spültonnen und andern unflats. 031.
Münder, von einem geizigen reichen: Es kam mit ihm so weit
Dass er auch nicht einmal den Ständer leiden wolte.
Dan. Stoppe, NF 59.
252 BiRUNexB
StsUlMi: So muss die art des lebens zeigOD,
Wer unvermögend oder reich,
Sonst wird man hinterm Steffen geigen.
Dan. Stoppe, T. God. 46. Soll es St Christof sem? Sein riesenbüd an Irimhhofin^ >
leproseuhäusem.
Stabeflnger: ja sie (haut) wird der kälte endlich so gewohnt werden, daas man
jenem skythischen weit weisen wol gar im winter wird stabefinger-nackei
auf dem markte herumspatzieren usw. H 81. "Weinhold, Wb. 20^.
Striganer hier: und ist unter denen alhier vorhandenen bieren das Strigauisc]
noch das beste , wenn es seine rechte aushchtung hat 0 S9.
SMentenhund: Ein ehrlicher studentonhund
Der schon dem dritten herm auf Universitäten
Als ein bedienter nachgetreten. Dan. Stoppe, NF. 228. Sohlenaofa^ .
Stafenjahr: ein vornehmer cavalier, der das grosse stufen -jähr schon überstieg
H 140.
Tlner acy. subst. verb. Tämern durchfalle brechen H 220. Abends 7 uhr
schwach, stehet auch halb im tämern auf 225. 226. Eine ruhige naoht, aber
tämern 2 stuhle ohne ihr wissen 210. Tämern im sdüafe 229. Wie sie
stcnteils nicht bloss beginnen zu tämern, sondern gar zu rasen 280.
Ttoiaeli: Vor ungedult, verdruss und pein
Halb tämisch um die köpffe seyn. D. Stoppe, T. Ged.1. samL
TlMeabavM: 0 tannenbaum! 0 tanncnbaum!
Geh! mach der braut im bette räum!
Der bräutgam lauscht schon von der weite
Und rüstet sich zum liebesstreite. Dan. Stoppe, T. Ged. 71.
TaiMnailct: auf dem markte, gasseu, häusem oder dem tendalmarckt (keine ji
veilaufen lassen). 0 12.
TritoobM: Wie die kinder um weyhnachten
Auf den heiigen Christ sich freuen,
Und deswegen zum voraus
Lachen, traschen, jauchzen, schreyen —
Schatz! so siehts bey mir jzt aus. D. Stoppe, T. Ged. Lsaml* ^-
TrMi: unter diesen äusserlioh treugen grinden und scharfen bleiben die boaen^K^^^^
zwar stockend usw. H IDl.
TrMifeköpl^ : die ventosen. treuge- oder ziehköpfe. Infekt 0.101.
TioWttMiMr: zoisig:
Er hieng ihn zu der nachtigalL
Allein was wai>'r Des tschätschers naher schall
I Wjtr^ dem haushemi eine last, die ihn nun aaswerts trieb. D. Stoppe, NV '-''•
Tm, ■!■: wehklairen, jammern:
Die ti>»nnung dient zu grosssier fnrade.
Drum thu doch nicht ä^^ »hr am midi.
J. Chr. 0 umher l-o: auch obonieutsch.
: ioh über lerne dioh ivi weiten. Dan. Stoppe« T. Ged- 121.
^-.ier dvvh U^y manohen eine fast unübervindbdie iiatiirY die ihr f^****
dt>r kranokheit, hitzio'm wc.mine und feurigen aitmey zo^eick iqgefi^ l«"-^*"*
übermiiiniiot. dass >:t «;•: «iu tracd usw. H 4d.
LEXIKAU80HES 253
Obersialeni: sodann hat in die röhren, die der durchlaufende brudel übersintert,
die luft einen freien zngang. Tralles Carlsbad, Abhdl. 41.
UnlriMe: alle alte lumpen, umbhüllen, die nicht gar viel wert. 0 58.
Ungenurfl: Wo Amaranthens geist, wo Brock und Günther singen.
Da komt ein schlechter reim nicht ungeraufft davon.
Dan. Stoppe, T. Ged. 15.
tintentockefl: so habe ich einige besondere casus— dazu getan und unter die vorigen
gleichsam untergestecket. H vorrede.
^irMaHeii: Galenus selbst Hess schon die krancken in hitzigen fiebern so viel kalt
\rasser trincken bis sie verblauten und durch den ganzen leib schnoe-kalt wur-
den. H 41. Eisskaltes brunn-wasser — davon ziemlich gefrohren und verblaut
83. Mit aufgedunsenem verblauten gesiebte. 101.
VerdumpIlMi: in denen fässem — dieser edle saft; leicht versauret und verdumpfe t.
H 77.
Varützeii, sich: Wenn ich mich aus lüsternheit
In ein andres gam verfitzen
Und mich selbst verläugnen solte. Dan. Stoppe, T. Ged. 81.
Ich (die spinne) spinne wie du siehst imd lebe von den fliegen,
Die sich in meinem gai-n verfitzt Dan. Stoppe, NF. 282.
^^■"freesan: Hat Esau an des bruders linsen
Das recht der erst^burt verfressen. Dan. Stoppe, T. Ged. 120.
^^Viuneuspeliing: vom andern endlich verkreuspelung ihrer fibrarum schrunden und
xitze entstehen. H 73. Vgl. zusammenkreuspeln: die in den magen sich
^fhenden kleinen mündungen der milchgeßissgen verbrennen, zusammenkreus-
peln, verletzen. 34.
^^rkrummeii, krumm werden, vom alten kater:
Gott liess ihn nun zur strafe seiner Sünden
und auch zugleich zu ihrer (der ratten) Sicherheit
Nach wünsch verkrummen imd verblinden. Dan. Stoppe, NF. 15.
Sauf, dass du musst verkrummen und verlahmen. 231. Iterativbildung, schles.
für krimmen, kratzen. Peter Squenz 24.
^^niMUWOliei: das schöne geschlecht hat — ihre von natur gute oder doch passable
haut erbärmlich vermanscht und verhuntzet. H 72. Weinhold, Wb. 60*. Vgl.
mit mancherley manschereyen die heilung — schwer machen. 89.
^emsiTM: Der freude post-pferd bist, vernarre nicht zu sehr. D. Stoppe, T. Ged. 106.
^erptempern, sich: Yerplempre dich fein bald, du ungezogne weit Dan. Stoppe,
T. Ged. I. saml. 8.
^ermfen: wochenmärkte, kirchtage oder kirmessen (nicht) halten, sondern verruffeu
lassen. Infekt. 0. 11.
Versackt, versackung: nachmals aber auch die versackten Schenkel luft kriegen,
ihre yerstockenden gewässer in gehörigen gang kommen. H 54. Wodurch denn
gefährliche Verstopfungen und versackungen in den kleinen kanälgen entste-
hen. 281.
Vanweieii, entzweien, sich:
Ein Organist voll aufgeblasenheit
Yerz weite sich mit dem calcanten. Dan. Stoppe, NF 63.
Vcr-y mhd. Ter, nhd. ver, algemein mitteldeutsch Weinhold über deutsche dialektfor-
schung 51, b. vorfallen. Neue gesindeordnung s. 3. vordechtig kaiserl. gerichts-
254 BXBUNOSB
orda. 1591. vornewerte gerichtsordnung 1591. vormittelt mAarerordnung 17.
vorlaub kauf-o. 1608; in der leichenrede n vorgist, vorgesaen, vorlesdieii usw.
vormehelt ebend. vormitter (venniether), Yormittet Ordnung y. 1610. MettfcB«
haben solche texte auch zu, zwi für ze, za: zurfallen usw.
Vorbeizielen. Der sommer spricht:
Mein lieber herr wintert Du zielest Yorbei,
Bey menschen ists sünde, die schwalbe hats frei. D. Stoppe, T.Ged.8ö.
Voreinnen: sich mit Yictualien und häusslichen artzney- mittein zu Yersehen, auch auf
allen fall Yors innen, wie bey ein reissender pest gleich wol die zufahre fSrisolMr
Sachen — nicht gar nachbleiben würde. 0 8. Von den gassen- meistern — in 8.
kreisse genau erkundigen und Yorsinnen wie aller Unordnung begegnet 14.
Vulinde: war Yullnd zu Leipzig. Dan. Stoppe, T. Ged. 143.
Da sorga warn mer wul doas hartze Yullnde frassa. 145 usw.
Warnigen, warnen; warnigung f. zu jedermans warnigung. 0 3.
WaBcliidtzen: und düifen sie sich nicht befürchten, dass sie durch das fleunge
„schlickern*^ sich zu waschkitzen, das ist, zu solchen personen machen werden,
welche auch zur unzeit und ohne not zu waschen, eine unbändige begierde empfin-
den. H 72.
Weiflfe: Und was mein wünsch am rocken hat.
Mit Yoller weiffe Yor dich tragen. D. Stoppe, T. Ged. I. samliS.
An wu ke flachs nich ihs, do kriegt ma nischt zu wehffa. 145.
Weinzahn: Er schlug sich auch den wein zahn aus
Um vor dem podagra sich zu verwahren. D. Stoppe, NF. 172.
Widerseitig: in den lezten schlesischen kriegen ist an diesem berg mancher znsam-
menstoss der widerseitigen kriegsvölker geschehen (am Zobten). Nachtged.30.
Wille: Doch du wirst vor willen nehmen
Und der notdurft usw. Dan. Stoppe, T. Gred. 171.
Mit diesem danke nehmt für willen,
Und sehet mir in den himmel nach usw.
J. Chr. Günther ed. Tittmann s. 87.
WItteni, sieh = kund geben: ob wol der algemeine gottesdienst in kirchen, auch
wenn etlicher massen die pest sich wittert 12. Stehet zwar, wenn die infektion
sich anfangt zu wittern 24. Wenn in einem orte die infektion sich wittert 29.
imd kein kopfweh hat sich bei ihm jemals gewittert 106. Wenn scbmersen
sich wittern 201. Wenn sich wider einige schmerzen witterten 202. A&df-
Gryph. Miguma: hat als verläumder sich bey Aeolus „gewittert** 185. . Wenn sich
nur ein fieber wittert. J. Chr. Günther 246.
Wochenideider: Arme muse! —
— wirf die schlechten wochenkleider in den winckel hin osw.
Dan. Stoppe, T. Ged. I. saml. 21.
Werff ich mit dem wochenkleide
Auch die sorgenwochen hin. S. 54.
Wochenetube : Der ort, worin sie sich im walde bergen wolte.
War einer bärin wochenstube. Dan. Stoppe, NF. 98.
Wuhne: welche N. im winter mit dem Schlitten in eine wuhne gefallen. H 67.
Wiilger: trockener (vorher inflammierter) Schenkel schöpft sich, im wasaer aber geh«
von wenigen kratzen ganze wulgern weg. H 269.
s»
neugiang :
Wifl nun die krebse stets seht wiui Jerhaftig Heyn,
So kHmen sie anch liier tietrogBO durci den setiein. D. Stoppe, NF. 82.
ichbUtleln Fortunatl: wenn Fortuuati wiinBch-hütgea pder Fsusts mautal noob in
remm naturft wäre, fio wiirila ich mir die§üa magische ruhrwerk auf etliche stnn-
deu ausbitten [uid mit demsellwn eine spatzier -fahrt auf den Panassum anstellon.
Ban. Stoppe, T. Oed. 70.
■, alte leiber
Die sohicken sich zur liebes -pfiiclit
Beynohe wie die Taust aufs äuge
Wie braunes Wurtzner bier und seÜfeuBiederlau^e.
Dan. Stoppe, T. Ged. 139.
: Ihr, die ihr zauhes holz mit stampfen jlxteo spalten. D.Rtoppo, T. Ged. Uli.
Zaches QüsS'boltz spalten. 105.
und wenu auch hinter allen aäuwien
Ein ofner beichtstuhl stünde usw.
Su eh putsche , wie ich bin
Wächst uich binger alla zoim:
Wenn nicht die kinderfrau zum schein
Der nitlie (beim essen) stets leuh um den ii
So wies er ihre haud mit grossem eifer ab.
wilher, öfter bei Dan. Stoppo, NF. (170).
Selbst die iiogo deines glücies
Schreirc lebenslang: m»ck! meck!
.Ite Ziegen auch bisweilen gerne lecken. 140.
) hahn, bildlich: es war aber nicht zu verwundern, dass auch die jun-
witscberten wie die alten sungcn und krälieton. H vorrede.
A. BIBUNOItH (+).
Dan. Stoppe, T. Ged. 102.
■eiten loffel gab:
Dan. Stoppe, NF. 165.
Dan. Stoppe, T. Ged. 8.
LITTEEATUE.
:rage der gross herzogio Sophie
IV, band 10. 11. Weimar, Hermann
les werke. Herausgcgobou im ai
von Sachsen. I, band i. 11. 12. 20. 3
Böhlao. 1892.
Das jähr 1892 hat sieben neue bände gebracht, von denen Ereilich die grüssere
tfte erat knapp vor totschlage erschienen; von den eigentlichen werken erhielten wir
)f bände, einen lyrischen, zwei dramatische, sodann „die wafalverwanlscliaften "
d den ersten teil dar „ti%- und jahresliefte", von den briefen zwei neae bSnde.
ider ist der mit Spannung erwartete epische l)and noch zurückgeblieben und die
.togebücher", deren Veröffentlichung das all erdringendste liedürfnis
den forscher ist, dem doch diese ausgäbe vor allem rechnnng tragen muss, ruht
t schon zwei jähre, obgleich doch gerade hier die bearbeitung keine bedeutende
iwierigkeit liieteu dürfte and man mit besonderer Spannung gerade den lonichst
ideo Jahren 1813 bis 1820 entgegensieht
DcT Bo sehnlich gewünschte vierte lyriscbe band ist endlich erschienen, aber
' ihn leuehtet kein glücklicher stem, da dessen redaktor G. v. Loeper versohied
QT deshalb nur ohne begleitung der lesarten und paralipomena eracheineu
256 DÜMTZER
konto, die gerade hier zur eigentlichen benutzung unumgänglich nötig siiuL
erscheinen im herbst vernahmen wir. diese würden in einem folgenden bände
zugleich mit denen zu 5 I nachgebracht werden. Weiter verlautete daräbei: \
nichts. Der band begint mit den 98 gedichten, die der vierte der ausgebe
hand als ^Inschriften , denk- und sendeblätter *^ gab; darauf folgen die eist qa
ausgäbe lezter hand teils in der quartausgabe und den ^nachgelassenen weriLen'
sonst erschienenen gedichte, und zwar geordnet nach den meist in den frahfir
den von Goethe selbst gemachten rubriken: vermischte gedichte, antiker fon
nähernd, kunstgedichte und gedichte zu bildem [eine neue, etwas seltsame ^
düng], parabolisch und epigrammatisch [Goethe hatte beide geschieden], an pei
löge, Übersetzungen und nachbildungen. Wir wollen auf die Unterbringung d<
zelnen gedichte nicht eingehen, finden es aber verwirrend, dass, statt alle
gedichte durch ein besonderes titelblatt als ans dem nachlass stammend zu b<
nen, jede einzelne abteilung mit der marke „Aus dem nachlass* versehen ist;
ders anstössig zeigt sich dies in der vorangehenden inhaltsangabe des bandea.
neu ist die lezte ,iaus dem nachlass * überschriebene abteilung ,|Jugendgedic
fremden sprachen*^, die ein paar französische und ein englisches gedieht des
ziger Studenten bringt Den schluss bildet ein nachtrag: , Goethe zugesclu
gedichte zweifelhaften Ursprungs*^. Wir bedauern es ausserordentlich, dass a
der Goethes ehren geweihton ausgäbe den zum teil so reizenden Sesenheimer 1
die sämtlich für sein liebesieben hochbedeutend sind, der makel des verdachtes
heftet wird, wozu alle stichhaltigen äussern und innem gründe fehlen. Ab
Spruch der redaktion ist einmal gefallen.
Ob alle hier gegebenen gedichte schon gedruckt waren, wage ich ni
entscheiden; die lesarten werden darüber auskunft geben. Unbekant wan
u. a. drei an fran von Stein gerichtete stossseofzer, von denen die beiden
besonders wertvoll sind.
Ilmenau, den 21. juli 1776.
Zwischen felsen wuchsen hier
Diese blumen, die wir treu dir reidien,
Verwelkliche zeidien
Der ewigen liebe zu dir.
Eranichfeld, den 2. September 1776.
Hierher getrabt, die brüst voU tiefem wühlen
Planvoller aussieht, sehnt sich nun
Mein herz ein weQchen auszuruhn
Und wider was für didi zu tun.
Dombuig, den 2. Oktober 177G.
Ich bin eben niigend geborgen,
Fem an die holde Saale hier
Verfolgen mich manche sorgen
Und meine liebe zu dir.
Bdm zweiten ist die Zeitbestimmung irrig.
Der elfte band entspricht dem zehnten der ausgäbe lezter hand, und ao
er, 80 wunderbar wie dieser, mit ,Elpenor^, obgleich Goethe sich darüber gi
hatbe, dass dies» wegen äosserer rücksichten gegen seine bestimmong von veiii|
dam neunten bände, wohin er in jeder beziehung gekort, in diesen venosl i
ÜBKB GOETHES WERKE (WBIM. AUSG.) 257
war. Hinxagetreteii siad ^hier die ansätze zu einem ^ befreitea Prometheus ^, die
bmchstücke einer tragödie aas der zeit Karls des grossen (aus dem jähre 1807) und
hmohstüoke yon Übersetzungen dramatischer werke, unter denen einige verse unge-
druckt sind. Die bearbeitung war unter verschiedene Qoethekenner verteilt, von
denen Zamcke, dessen zu frühen verlust die Wissenschaft beklagt, mehrei*es übernom-
men hatte. Den druck des n^lpenor*^ hatte dieser überwacht, aber bei den lesar-
ten moste Julius Wähle für den hingeschiedenen eintreten und seine arbeit vollenden.
Sehr erwünscht ist es, dass wir von „Elpenor^ neben dem von Riemer in verse
umgesezten stücke, wie es, aber unter Goethes reger teilnähme, 1806 gedruckt wurde,
nun auch die ursprüngliche prosaische gestalt erhalten, obgleich diese streng geuom-
men dem bände hätte vorbehalten werden sollen, worin die frühem fassungen der
^Iphigenie^ und der Singspiele sich finden. Waren die handschriftlichen vorlagen bei
^ülpenor' äusserst wertvoll, so fand sich dagegen für den darauf folgenden „Clavigo*
nichts handschriftliches im nachlass. Der herausgeber konte hier wesentlich Michael
Bemays folgen, von dem er nur in wenigen fallen abwich, aber nicht in der andern
Verteilung der reden am ende des vierten aufzugs, wo nach meiner ansieht die werte
9t Hülfe! sie stirbt*^, nur Beaumarchais, nicht Buenco sprechen kann, wie ich dies in
meinen „Eriäuterungen"^ bemerkt habe. In der ausgäbe lezter band war der offenbare
felller, dass zwei unmittelbar aufeinander folgende reden derselben person zugeschrie-
beo waren, falsch verbessert, das richtige geändert, das falsche beibehalten worden.
^V^ie man mit Bemays glauben kann, Beaumarchais rühre sich nicht, als Marie mit
dem rufe „Clavigo!*^ zurückfält, ist mir ein rätsei. Gerade dieser ruf der sterbenden
nacli Qavigo hindert Beaumarchais weiter in Buenco zu dringen, und lässt ihn, ver-
z^weifelnd, dass seine wut über Clavigo und die drohung, ihn zu verfolgen und zu
töten, Marien so erschüttert haben, zu dieser eilen. Während er und die übrigen
sie vergeblich wider ins leben zu mfen suchen, fordert Sophie ihn zur flucht auf.
XixT so allein gewint der auftritt echtes dramatisches leben.
Zur nStella*^ lag nur eine von Goethe verbesserte handschrift vor, die wesout-
^idx mit dem ersten dmcko übereinstimt. Der herausgeber folgt Bemays, der ihm
Auch Seine vergleichungen der ausgaben darbot. Die später veränderten stellen sind
»n den lesarten gegeben. Bei „Claudine von Villabella" konte Goethes eigenhändige
11^ Italien gemachte reinschrift benuzt werden, die aber bei der durchsieht zum teil
^^Äik verbessert worden war; eine abschrift davon hat keinen kritischen wert. Die
zuq) drucke verwante scheint nicht mehr vorhanden; einige abweichende stellen, zum
^^ mit spuren noch fniherer fassung, bieten die handschriften, aber wesentlich
^''^Qt der Wortlaut nicht. Auch von „Erwin und Elmire'' hat sich eine reinschrift
Goethes erhalten, daneben eine nach der rückkehr aus Italien gemachte abschrift
^^ einem abgerissenen zettel italienischen papiers stehen die verse:
Hier sitzt in ewig neuer pein
Erwin, bis ihm das herze bricht;
Denn ach Elmire denkt nicht sein
Und ach Bomardo hilft ihm nicht.
7^^ herausgeber vermutet, sie seien ein rest des Versuches, mit kleinen änderungen
^^ diesem Singspiel auszukommen, gedenkt aber auch der möglichkeit, dass sie die
^terschrift eines als Vignette beabsichtigten bildes hätten sein sollen. Aber wenn
^t diditer keine wesentlichen ändemngen des alten Stückes machen wolte, so hätte
**^ keine für die vier verse passende stelle gefunden, da Erwin gleich anfangs im gar-
^ aibeiteiid und sein gefühlvolles lied singend auftrat. So bleibt nur die lezte
F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XXVI. 17
258 DÜNTSEB
möglichkeit übrig, wofür auch die dritte person spriclit, in welcher von Erwin die
rede ist Bei der ^ Befreiung des Prometheus*^ ist Zarncke seiner ersten bearbeitnng
im neunten bände des , Goethe -Jahrbuchs*^ gefolgt) nur nimt er jezt als leiten
Sprecher statt des Apollon mit einem fragezeichen den Helios an. Dass nicht dieser,
sondern Hermes hier eintreten könne, glaube ich in meiner schrift „Zur Ooethefor-
schung*^ bewiesen zu haben. Darauf folgen die „Bruchstücke einer tragödie*^, üb«
welche die lesarten die genaueste auskunft bieten. Mit recht wird der titel «Traner-
spiel in der Christenheit** als haltlos und ungeschickt abgelehnt.
Nun folgen „Dramatische bruchstücke aus fremden sprachen**, zuerst die andere
fassung einer stelle des „Eunuchus** von Terenz in der bearbeitung v. Einidedels
(dessen lustspiel „Die mohrin'*), dann drei verse, welche frei eine stelle des Sopho-
kleischen König Oedipus widergeben , aber etwas kühn als „ ansatz ** betrachtet wer-
den zu einem theaterstücke , endlich zwei scenen einer schon im zwölften bände des
„Goethe -Jahrbuchs** ausführlich besprochenen Übersetzung des trauerspiels ,|Bertraia^
von Maturin.
Hierher würde auch ein blatt von Goethes band gehören, das sich, wie ioli
erfahre, in der autographensamlung des herm Philipp Braun in Düsseldorf befindet,
früher in Schellings besitz war. Der obere teil der seite ist abgeschnitten; wal^v-
scheinlich stand dort die Urschrift der stelle eines wol englischen dramas, die Goetbi'
übertrug. Die Übersetzung lautet:
Mein leben geb' ich her, ich geb's im felde,
Zu edlem zweck, mit ehre nicht umschlungen [,]
Dem netz des schlechten. So sind wir getrent.
Ihr gabt mir nur [das durchstrichen] asyl und auch in diesem
Stelt er mir nach und also bin ich ihm
Nichts weiter schuldig. Offenbarem feinde
Bin offenbarer feind. Und was Euch nützt.
Das fördre ich frey in meinem freyen, eignen,
Eutschiednen sinne, wie der brave mann
Gerechter sache sich verpfändet.
So
Unten steht die bemerkung: „Alle Übersetzungen sind tastende versuche**. V. 3 hatte
Sohelling statt „So smd wir getrent** verbessert: „Das entschied den riss**. Die über*
Setzung möchte man ins jahi* 1799 oder 1800 setzen, doch fohlt mir dazu aogeo-
bhcklich jeder feste anhält, den vielleicht andere finden.
Der zwölfte band bringt zunächst den inhalt des elften der ausgäbe ieztor
band. Von der ursprünglichen gostalt des Singspiels „Jery und Bäbely** liegen zra
abschnftcn vor. Suphans annähme, die zweite habe zu dem geschenke gehört, dtf
er im Oktober 1782 der herzogiu muttcr mit seinen ungedruckten Schriften gemacht,
scheitert schon daran, dass Goethe mit bleistift einen teil der änderungen darin ein-
trug, die im ersten drucke sich finden; auch lag sie nicht in einer gebundenen, mit
aufsehrift versehenen niappe, wie die abschriften, auf die Suphan sich beruft Dass über
jenes geschcnk der herzogin mutter, besonders dessen Schicksal nach dem tode derselben,
jede nähere keutnis fehlt, ist auffallend. Auch der spätere auf ansinnen von Ctfus
gemachte schluss des Stückes liegt in zwei abschriften vor, unter denen die dem
drucke zu gründe liegende. Auf die erste abschrift des Stückes geht die Uofis cfo
lieder und angäbe des scenischen enthaltende handschrift des textbuohes zurück. ^
mitteilung der früheren statt des prosaischen gospräches stehenden ausführung in tbf
ÜBER GOETHES WERKE (WEIM. AÜ80.) 259
seil ist eino erwünschte zugäbe. Die ai'beit des herausgebers , der sich schon fi-üher um
dieses Singspiel in einer Sonderausgabe sehr verdient gemacht hat, zeugt von grosser
Sorgfalt und einsieht. Die abschriften des folgenden Singspiels ^lala*^ geben nur die
«weite bearbeitung. Auch der herausgeber von flLila* hat seines amtes mit grossem
fleiss und kentnis gewaltet, wenn er auch freilich, da er so viel vorgearbeitet fand,
i^ichts bedeutendes neues liefern konte.
Keine handschrift lag von dem Singspiel „Die fischerin* vor, doch deutet die
»bschrifk der von Corona Schröter herrührenden musikalischen bearbeitung (gesang
mit klavierbegleitung) auf die dem ersten druck (von 1806) vorangehende fassung;
^e jenem druck vorausgeschicke mitteilung von 1782 zeigt nur eine bedeutende abwei-
cbung. Für „Scherz, list und räche '^ konte zum erstenmal die an den kompo-
nisten Kayser im august 1785 gesante abschrift benuzt worden, nach Jüngers bear-
beitung in einem akte (1790?), bei der eine jener ähnliche abschrift zu gründe liegt.
Über das Verhältnis der drucke zu einander waren wir längst unterrichtet. Der
Herausgeber hat seine aufgäbe treulich gelöst. Bei „Der zauberflöte zweitem teile*"
wurde nicht bloss auf die erste fassung zurückgegangen, sondern auch das wichtige
scenarium beider akte und eine bedeutende anzahl paralipomena zuerst gegeben. Aber
billigen können wir es nicht, wenn hier auch aus einem notizhefte von 1794 „eine
reihe von ganz abgerissenen, sehr schleuderhaft skizzierten bemerknngen, die Goethe
offenbar bei den proben der eigentlichen „ Zauberflöte " niederschrieb, mitgeteilt wer-
den; denn diese „dokumente für Goethes regieführung ", die mit Goethes zweitem
teile gar nichts zu tun haben, gehören deshalb nicht unter die „lesarten" der unvol-
lendeten diohtung.
Statt der den elften band schliessenden fest- und vorspiele und theaterreden
erhalten wir hier die bruchstücke anderer beabsichtigten opern, zunächst der „Ungleichen
hausgenossen". Diese gab schon Riemer in der quartausgabe, aber, wie der heraus-
geber Singer bemerkt, mit oft wilkürlichen abweichungen. Wir billigen es, dass auf
Biemers lesarten keine weitere rücksicht genommen wird, da jeder, dem die ver-
gleichnng zur etwaigen kontrolle wünschenswert scheint, solche nach der quartaus-
gabe oder den nachgelassenen werken anstellen kann. Sieben verschiedene handschrif-
töD liegen vor. Mehrere papierlagen bieten die hauptmasse (den ersten und stücke
<i68 vierten und fünften aktes). Ein folioblatt, das ein begonnenes scenar der „Hoch-
zeit des Figaro** gibt, ist abgedruckt, weil der herausgeber darin eine studio zu den
»^Dgleichen hausgenossen ** sieht. Jedesfals bietet die neue sorgfaltige Vorlegung
Mies vorhandenen die erwünschte handhabe zu eingehender Untersuchung.
Die unsem band schliessenden opemgesänge und -bruchstücke erscheinen hier
'^ erstenmal in Goethes werken. Die 1794 gednickten gesänge aus der oper „Die
^reitelten ranke**, nach Cimarosa frei bearbeitet, werden Goethe zugeschrieben nach
^^ eignen erklänmg Goethes an seinen enkel Wolfgang, sie rührten ganz von ihm
^'* Ob dieses zeugnis ganz streng beweisend sei, bleibt uns doch fraglich. Die
^P®* ^wurde zuerst, was der herausgeber nicht unerwähnt lassen durfte, am 24. okto-
^ ^794 gegeben. Dass Goethe gerade in dem vorangegangenen monate zu einer so
'"'"'•'^groichen arbeit lust und zeit gehabt, kann man mit grund bezweifeln, und wol
*^ den hauptanteil daran dem um die Umschrift der opern verdienten Vulpius
^^^^iaen. Jedesfals scheint uns die sache noch einer eingehenden Untersuchung
^ oedflito. Dagegen ist es über jeden zwei fei erhaben, dass Goethe selber dem
BeMse in rnusik gesezten schlusschor des zweiten aktes von Racines „Athalie**
'^mlMgslegt hat, die in seiner handschrift erhalten sind. Wichtiger als seine
17*
260 DÜNTZER
geringen versuche, 17^6 Anfossis ^Circe*^ neu zu bearbeiten, sind die in eine ganz
andere zeit und Stimmung uns versetzende oper ^Der löwenstubl*^ und eine andere orien-
talische. Die hier zum erstenmal gegebenen bruchstücke und entwürfe zur eistein
sind von höchster anziehung, da man sich bisher kaum recht vorstellen konte, wie
der dichter den stoff seiner Ballade vom veiiriebenen und zurückgekehrten grafen zq
einer ojmit habe verwenden wollen. Die versuche selbst wie die dabei angestelten
versstudieii sind äusserst merkwürdig. Obgleich die ausführuug des ^Löwenstnhls^
bald stockte, machte Goethe zwei jähre S|)äter den entwurf zu einer orientalischen
oper, dorou namen „Feradeddin und Kolaila*^ nebst personen Verzeichnis und ein paar
ausgeführten stellen wir erst jezt kennen lernen. Von mehreren andern opement-
wüi'fen liabeu sich keine schriftlichen auf Zeichnungen vorgefunden.
Der zwanzigste band bringt die Wahlverwantschaften. Da nichts hand-
schriftliches dazu vorlag, für die ausnutzuug des druckes zur Verbesserung des Wort-
lautes das nötige längst geschehen war, so fmden wir hier nichts wesentlich neues.
Die an zwei stellen (I, 11 und II, 14) angenommene nachlässigkeit der redaktioo
dürfte bei richtigem Verständnis sich nicht finden. Läge solche wirklich vor, so
hätte der herausgeber sie abstellen müssen, was zu tun er glücklicherweise sich
gescheut hat.
Im fünfunddreissigsten bände findet sich der erste teil der Tag- uo<
jähre shefto, wie im einunddi-eissigsten der ausgäbe lezter band. Auffollend fei
die einführende bemerkuug der redaktion vor den lesarte n, so daas der name
herausgebcrs ungenant bleibt; freilich kann man ihn aus einer anführong, die
s. 279 gibt, erraten, wonach er der um die ausgäbe unserer hefte bei Hempel ver-
diente freiherr von Biedermann ist. Etwas seltsam erscheint das zunächst über ent=
stehung und fortgang der bcschäftigung mit den „Annalen** aus den tagebüchei
gezogene summarische protokoll, wie viel tage in den verschiedenen jähren Goethe-
an den Jahrgängen 1749 — 1793 und an den folgenden einzelnen jähren Ins
gearbeitet; denn dieses ist weit entfernt uns ein klares bild zu geben, wie die
beitung der einzelnen jähre aufeinander gefolgt ist, vielmehr wirkt es verwirrend
die zahl der arbeitstago komt kaum in betracht; freilich ergibt sich daraus,
1749—1793 in vierzehn tagen 1819, 1820, 1823 geschrieben sind, dagegen an
1800 und 1807 schon 1817 gearbeitet worden, aber die Zeitfolge hätte deutlicher d»:
lesor entgegentreten müssen, und wann die abschnitte 1749 — 1763, 1764 — 1769, 171
— 1775, bis 1780, bis 1786, 1787 — 1788, 1789 und darauf die einzelnen jähre bis r
entstanden sind, ist aus der summarischen angäbe am wenigsten zu gewinnen. A'
dere fragen, deren lösung man hier erwarten durfte, das Verhältnis der hefte znd<
Zeitschema von 1809, die Charakterisierung der vorarbeiten und die benutzung <i
briefhchen quellen, von denen besonders die briefe der mutter und die Schülers
für die kritik des Wortlautes von Wichtigkeit sind, hat der herausgeber gras
lehnt, als ob dies seinem zwecke fem läge. Unter den handschriften der Ta ^'
und jahreshofte führt der herausgeber auch den quartband (53 blatt) raf, „V^»"'
arbeiten zu den annalen von 1749 — 1798"^, den er zu den lesarten bennst
Sehr wahrscheinlich vermutet er, es sei derselbe, dessen abhandenkommen nod
auffinden Goetlie unter dem jähre 1822 erwähnt. Zwei volständige handschrifteii
hefte haben sich erhalten, die eigentliche druckvorlage zu band 31 und 32
ausgäbe lezter band mit änderungon von Goethes, Riemers und Eekexmaims
und die ursprüngliche handschrift, auf welcher diese beruht In lesterer aöid
blätter ausgeschnitten und durch eine weitere fassung ersext, aber anoh dk
ÜBBR GOETHES WERKE (WEIM. AUSG.) 261
geschnittenen blätter sind vorhanden. Auch sonstige handschriftliche unterlagen haben
sich von einzelnen Jahrgängen erhalten. Die mitteil ung der früheren fassungen gibt
der neuen ausgäbe einen besondem wert. In der altem handschrift liegen die jähre
^749 bLs 1793 in einem umschlagsbogen , jedes folgende jähr für sich in einem sol-
chen; der von 1794 trägt den Wahlspruch:
Let me enbracce thee, good old chronicle,
Thou hast so long walkM hand in band with time.
Die samlung der Briefe ist dank der unermüdeten, sorgfältigen und kentnis-
i^chen tätigkeit von Ed. von der Hellen um zwei bände vorgeschritten, von denen
<fer eine vom 9. august bis zum 31. december 1795 reicht, der andre bloss das jähr
1796 enthält. Hier setzen die ersten briefe von Chfistiane Vulpius ein; die fiühoren,
Qöler denen die von Venedig und aus Schlesien geschriebenen von besonderem werte
'Ȁren, scheinen verloren. Auf erfreuliche weise zeigen sie das herzlich innige ver-
Aültnis Goethes zu dem als gattin treu geliebten mädchen, dem er auch von seinen
Schriftstellerischen arbeiten so viel vertraut, dass sie von dem, was seinen geist in
Ott leidenschaftliche oder begeisterte tätigkeit sezt oder dessen gelingen ihn erfreut,
Qnterrichtet ist. Auch an den hausfreund Meyer sind manche, daiomter einige bisher
na gedruckte briefe gerichtet; dazu kommen die älteren freunde Herder, Jacobi, Kne-
bel ^ dann Voigt, Bertuch u. a., die in unserer samlung zuerst erscheinenden briefe
Vk JYitsch, einzelne an das dioskurenpaar der brüder v. Humboldt, seit 1794 die
reioli fliessenden an Schiller, die freilich zulezt den hauptstrom bilden, aber ohne
d&ss es an bedeutenden andern briefen an manche ausgezeichnete männer und frauen
felilt Leider sind aus dieser zeit nur zwei briefe an die mutter und die herzogin
mxitter, nur einer an die regierende herzogin erhalten, von Karl August nur ein pro-
menoria. Höchst merkwürdig ist der bisher als verloren geltende teilnehmende brief
9^ den Präsidenten Karl von Moser, eine damals sehr herabgekommene grosse. Die
z&hl der hier zum erstenmal gedruckten briefe ist höchst ansehnlich, manche, in denen
stellen ausgefallen waren, erscheinen volständig, einzelnes richtiger, auch die datie-
^ög ist mehrfach urkundlich verbessert oder neu gefunden, und selbst unter den
lesarten werden bisher ungedruckte briefe, auch sonstige unbekante nachrichten mit-
?^eilt, wie z. b. über Goethes pflegling Peter Baumgarten (in 2969). So gehören
«Je neuen bände zu einer der bedeutenden bereicherungen unserer Goethelitteratur,
ue manches aufgeklärt und festgestelt, besonders die Überlieferung der briefe sicher
««steh hat.
Bei einer so schwierigen wie massenhaften arbeit ist es nicht zu verwundern,
^«on trotz alles aufgewanten fleisses einzelnes übersehen und verfehlt worden. Nicht
^ kleioigkeiten aufzustechen möchte ich hier einzelne bemerkungeu mitteilen, die
^f bei sorgfältigem lesen des elften bandes gekommen sind. Den zwölften band
^öitle ich später näher durchgehen und dariiber gleichfals berichten.
Die falsche datiei*ung von 2930 erklärt sich einfach daraus, dass der brief am
^^- geschrieben, aber liegen geblieben war und nun gleichfals mit dem datum des
•«^aiigs versehen wurde. Krabskrälligkeit, dem der herausgeber auch etymolo-
P^oh nicht beizukommen erklärt, deutet auf die schmerzen während des bezeichneten
^'^^tandes. Goethe selbst braucht kribskrabs. Krabben nud krallen deuten
***^ auf stechende schmerzen. Von einem krabs krallig ist das wort abgeleitet. —
*^ 2946 ist ohne zweifei des grafen Görtz, des erziehers von Karl August, gebaren
*"* raiohstagsgesanter in Regensburg gemeint. — Dass der Hildebrand in 2965
^'^lUls hofoieistar im Nesselrodischen hause war, steht schon in meinen „Freundes-
262 DÜKTZEB
bildem*^ s. 224; er war später Oberlehrer am gymnasium in Düsseldorf und hat sich
auch als Schriftsteller bekant gemacht. Ihm verdanke ich einzelne angaben in mei-
nen 9 Freundesbildem ^. Der sonderbar herangezogene anatom war wol nie in Pem-
pelfori — Zu 2967 ist ^Vermerk Jacobis e. d. 10. febroar 1793, b. d. 13ten<^ ofEen-
bar verdruckt. Man könto zweifeln, wclcho der beiden zahlen unrichtig sei. Ich
habe die bricfo vor vierzig jähren in der handschrift verglichen. Diese gibt hier
„empf. den 0., bcantw. 13.'* — Im datum von 2968 muss ,^27. (statt 22.) febr.-^
hergestelt werden.— 2970 hat die handschrift s. 51, 4 „gedruckten'^ statt ,,gedrück-
ten*, 52, 4 „Galizin*, 13 „bösem*, 53, 6 „die* (statt „denen*). Daas „die veriiÄlt-
nisse der handschrift* s. 53, 2 fg. die ergänzung „dass ich nicht einsehe*' wahr-
scheinlicher machen als „nicht emzusehn*, leuchtet mir nicht ein; hier fehlen die
Worte, OS ist keine lücke, nach deren räum die ergänzung sich richten müste, und
an sich scheint mir, dass die ergänzung ^ nicht einzuschn'' natürlicher ist als der
umständliche satz mit „dass*. — 2983 s. 71, 3 steht „macht* statt ,|machte**, 2965
s. 74, 11 „gerade*. — Wenn es zu 3009 (s. 105, 20f.) heisst: „Auch aus Jacobis brief
geht nicht hervor, welches gedieht gemeint sei*, so ergibt sich doch ganz unzweifel-
haft aus Goethes äussorung, dass nur das „allegorische glaubeusbokentois *, das
er im gedieht „Der neue Amor'* angedeutet hat, vorschweben kann. — Entschie-
den irrig ist der zweifei zu 3025, ob nicht Jacobis freund und rechnongsfiihrer
Schenk, sondern der prosektor Schenke zu Jena gemeint sei. Wie wäre dieser dazu
gekommen, Jacobis söhn Max fünf Ix)uisdor vorzustrecken? Hier ist davon die rede,
dieser werde die von Goethe Max gegebenen reisekosten durch Schenk erhalten, dem
er sie in rechnung briugc. Iloinrieh Schenk, der als junger Schreiber bei Jacobi
eingetreten, war damals sein geschäftsführcr, dem er die geldangelegenheiten seines
Max übertragen hatte. Weshalb der hcrausgeber bezweifelt, dass es der im registcr
zum VII. bände freilich sehr unbestimt, auch ohne vornamen, als Schenck ange-
führte sei, weiss ich nicht. Schenk verwaltete, da Jacobi auswanderte, d
besitztum in Pempelfort, bis er 1799 von Düsseldoif, wo er regierungsrat war,
München als geheimrat berufen wurde. Als Jacobi 1805 dorthin als prüsident dei
akadomic kam, war Schenk bis zu seinem 1813 erfolgten tode dessen vertrautesti
freund. — Die datiorung von 3045 gründet sich auf die annähme, er deute auf
zu 3047 angeführte abhandlung. Aber den aufsatz, den er Lichtenberg zusenden wol
schickte er nach den Postsendungen diesem am 30. december 1793, und einer weite!
Verbindung mit diesem in bezug auf die farbenlehre wird nicht mehr gedacht: frei
lieh bliebe die möglichkeit, dass er seine absieht nicht ausgeführt hätte. — Brief 305^
wird annähernd in den aprii oder mai gesezt, während ich ihn der mitte Juni
wiesen habe. Die beweise v. der Hellens kann ich nicht anerkennen. Wenn
am 20. mai das zweite buch seiner Übersetzung des Lucrez Herder brachte,
schliesbt das nicht aus. dass Goethe diese erst einige wochen später eriiielt;
wir ja nicht, wii' lange llcrdor es behalten hat. Noch weniger kann die
düng der o<lon Baldes bedeuten, die Knol^el nsu:h dem tagebuch am 18. april
zurückschickte; denn deutlich ergibt sich, dass Herder seine Übersetzung nicht
einmal, sondeni in mehreren abteilungen den freunden mitteilte. Die nähere
l>estimmung muss sieh nach der absendung des ersten buches von ^Wilhelm Meisto
zum druck riehton. die gegen den 20. juli erfolgte. Es ist nicht unwahncheiiili^sJ^
dass zwischen der einholun«: des urtoils von Herder und Knebel und der
zwei monate lagen; bald, nachdem <Joethe diese erhalten und erwogen hatte, lim flr
die druckhandschrift anfertigen, sah sie durch und sante sie ab. SohlMi all ar
ÜBER GOETHES WEBKE (WEZX. AVSO.) 263
7. joli an Meyer schrieb, der erste band werde Michael fertig sein, wird er eifrig
am zweiten buche, das dieser noch enthalten solte, gearbeitet haben. Welchen
abdraok der am 7. mai gehaltenen rede Bobespierres er mit der einladung an Knebel
zurückschickte, wissen wir nicht; gewiss war es nicht der im Moniteur; es
kann ein besonderer, mit einer besprechung verbundener gewesen sein. Wenn wirk-
^ch am 15. juni Herder und Knebel nicht zusammen bei Goethe zu mittag waren,
^ kann Knebel abgelehnt haben, was v. der Hellen auch bei seiner Zeitbestimmung
umehmen muss. — In 3078 die einladung nicht auf die zu den „ Hören *^ zu bezie-
W (s. 399), sondern auf Schillers anfrage, ob er den „Wilhelm Meister*^ nicht in
^6n „ Hören '^ stückweise erscheinen lassen wolle, ist doch gar bedenklich, auch ein
§nmd zum zweifei gar nicht vorhanden; denn Goethes äusserung: er habe „wenige
Wochen vor der einladung** den roman an Unger gegeben, besteht ganz zu recht, da
^ sich nicht um die einsendung des anfangs der handschrift, sondern um den ver-
^T^ag mit dem Verleger handelt. — Zu s. 205, 13 vermisst man die bemerkung, was
^r ein brief von Maimon gemeint sei, die ich in meiner freilich schon 1859 erschie-
^ex^en Schrift „Goethe und Schiller'^ gegeben habe, deren einsieht auch wol sonst för-
^ox^lich gewesen wäre. Weniger bedeutend ist die hier gegebene Verweisung auf einen
^''^lieren brief Schillers. — Zu 3156 erklärt sich der herausgeber gegen die annähme,
^^Xlig sei hörfehler statt gefällig, aber höchst gezwungen ist seine deutung: „Die
"*^*-^*ch Versendung nach den mittelpunkten Jena, Frankfurt u. s. f. eingeleitete Verteilung
"^^^ exemplare wird eine völlige durch die tätigkeit der an jedem orte bestelten ver-
^^^'tder'*. Es wäre abgeschmackt, wenn Goethe, als er die für Jenenser bestirnten
^^^exemplare des romans an Schiller sendet, bitten solte, sie „nach der aufschrift
^^^Xlig zu verteilen**, ja tatsächhch ist diese auskunft nicht wahr. Bei den vielen
^^^^^ zweifelhaften hörfehlern des Schreibers Geist ist es unkritisch, offenbar falsches
zu wollen. Eben so verfehlt scheint es mir auch , gegen die annähme des aus-
68 eines zum sinne unentbehrlichen wortes sich sträuben zu wollen. In den
^rten: „dass mit dem neuen jahie die subscribenten der , Hören' eher vermehren
vermindern werden** (s. 300, 17 fgg.), den unertnigUchen ausfall des „sich** auf
^^^len gallicismus schieben zu wollen, ist doch recht wilkürlich. Die dafür angeführten
^'^«llen beweisen nichts, da man über die eine anders urteilen muss und der genetiv
^^r andern nichts weniger als aus dem französischen herzuleiten ist. Ebenso wenig
%^t der gebrauch von anderer s. 322, 11 von einem gallicismus aus, er beruht
^^ einer allen alten und neuen sprachen sehr natürlichen freiheit. — 3208 ist der
^ alte freund** nicht der wilkürlich hinein erklärte „kleine August^, sondern nach
^iner Ooethe auch sonst beliebten weise, er selbst, ein porti'ät Goethes. — 3240 hat
^er herausgeber mit recht s. 346, 14 das von Bemays gefundene neun statt neuen
aufgenommen, aber in demselben briefe (s. 346, 8) lässt sich auch das von mir frü-
l^er gebilligte meine elegien nur mit gewalt durch die von Bemays angenommene
^eatung halten. In den lesarte n heisst es: entweder sei der ausdruck meine läss-
lieh aufzufassen oder ein hörfehler statt einige anzunehmen. Mir scheint es jezt
CMissei zweifei, dass Goethe diktiert hatte: „Hier kommen auch neun elegien**. Schon
^or mehr als vierzehn tagen hatte Goethe Schiller geschrieben: „Heute habe ich 21
pfioperzische elegien von Knebeln erhalten; ich werde sie sorgfältig durchgehen**.
SohiUer war darauf sehr gespant und bereit, auch ein höheres honorar zu zahlen.
Daher konte Goethe bei der Sendung ganz algemein von neun elegien (der eüiund-
swaosig) sprechen, ohne dieselben näher zu bezeichnen. Schiller uent sie auch in
einfach „die elegien**. — Wir schliessen mit einem unglücklichen
264 KAÜFIMANN, ÜBBB HEBBMAlf OWSKI , DCUTtKlUB OdmRLlHVB
▼ersehen, das dem herausgeber bei 3234 begegnet ist, wo er unter der lieben
Christin Aorelie yersteht, während man meinen solte, jeder kenner voo ,|Wilhdm
Meister*^ könne nur an die schöne seele denken. Aber der heransgeber moas geghobt
haben, Schiller habe am 9. december noch nicht den dritten band des romaBS in
h&nden gehabt, für den er doch schon am 20. november dankt In jener iilsobBa
voranssetzong schlug er denn im zweiten bände nach und meinte auf der aogefohr*
ten Seite das, worauf Goethe ziele, in dem satze gefunden zu haben: ,^ adMinea
mir wieder zu ehren Ihres dichters, wie andore zu ehren der Vorsehung, ihM
endzweck und plane unterzuschieben, an die er nicht gedacht hat^. Die stalle passt
so wenig zu dem was Goethe sagt, wie Aurelie als „liebe christin*^ gditen kamt
Die von Goethe nach der Seitenzahl richtig angegebene stelle des dritten bandes
habe ich schon in der oben genanten schrift angeführt, und sie war lei<dit zu find«,
wenn man im richtigen bände suchte.
KÖLN. H. DÜRTZIB.
Die deutsche götterlehre und ihre Verwertung in kunst und dichtos;.
Von Paul Herrmaiiowski« I. band: Deutsche götteriehre. IL band: Germanisdw
götter und helden in kunst und dichtung. Berlin, Nicolai. 1891. IV, 284 und
VI, 278 s. 4,50 und 3 m.
„Das vorliegende buch will die kentnis der deutschen götterlehre auf grood
der Edden und alten sagen weiteren kreisen vermitteln. Quellenmässig ' soll gezeigt
werden, welche anschauungen und bilder von den germanischen gottheiten bereits der
Überlieferung entnommen werden können. Der zweite band beschäftigt sich mit «den
künstlerischen versuchen, die ihre vorwürfe aus diesen gebieten gewählt haben*
(Vorwort). Aber der vorfasser hat nicht recht, wenn er fortfährt, der Stoff sei echt
volkstümlich. Ich fürchte auch, dass der breitspurige plauderton seiner darstelloqg
den Stoff nicht volkstümlich machen wird. Volkstümlich werden unsere götter erst
werden, wenn einmal einer so gründlich mit unserem altertum vertraut gewordeD
sein wird, dass er einen antiken charakterkopf deutscher nationalität wird entwerfen
können. Das altgermanische leben, nicht die euhemeristischen novellen und legen-
den später epigonen müste geschildei-t werden. Wenn dem künstler palette und meissd
bis auf den heutigen tag die arbeit verdorben haben, wenn ein verheerender Pessi-
mismus sich in dem genialen musikdrama die schreiendsten dissonanzen der Unwahrheit
in form und gehalt hat zu schulden kommen lassen, so selten wir uns mit der seit
deutlich genug bewusst geworden sein, dass es mit der nacherzählung einer compo-
sitionslosen isländischen götterlehre nicht getan ist, dass eine anschauung des ilt68
lebens not tut. Dafür war das können und wissen Herrmanowskis unzulänglich. Anf
die darstellung selbst näher einzugehen, muss ich mir versagen, denn es wäre gtf
zu viel zu beanstanden und zu streichen, gar zu viel nachzutragen. Aber ich kann
nicht schliessen, ohne den guten willen und die gute absieht anzuerkennen. Leider
solte es dem Verfasser nicht vergönt sein, uns in Zukunft reiferes zu bescheren.
HALLK A. S. FRIKDRICH KAÜFFMAN.V.
1) HerrmannwsVi schApft fast alles, was er bringt, ans secnndftren quellen.
XAÜFFMANN, ÜBER JRLUNEK, GERMANISCHE FLEXION 265
Beiträge zur erklärung der germanisohen flexioQ. Von M. H. JelUnek«
JBeriiD, Speyer nnd Peters. 1891. 110 s. 2,80 m.
Die ausgezeichneten beobaohtungen Hanssens (Kuhns ztschr. XXYII, 612 fgg.)
über- die wirkong des geschliffenen (circomflectierenden) und gestossenen accents auf
die gotischen endsilbenyokale werden vom Verfasser s. 11 mit den dürftigen werten
abgelehnt: ,Ich glaube nicht, dass auf diese weise die Schwierigkeiten gelöst werden*^
(übrigens steht s. 11" geschnittenen statt geschliffenen). S. 65 anm. wird
diese selbe theorie Hanssens als ,, beachtenswert *^ erklärt; trotzdem hat sie Jellinek
niclmt genug beachtet Die folge davon ist, dass seine darstellung des vokalischen
auslsutsgesetzes (s. 1 — 60) antiquiert war, schon ehe sie geschrieben wurde. Jellinek
wixxl nach den Veröffentlichungen von Hirt, Idg. forschuugon I, 1. 195. Eretschmer,
Ktilkna ztschr. XXXI, 358. Streitberg, Idg. forschungen I, 259. Streitberg -Michels
in des ersten Zur germanischen Sprachgeschichte s. 43 sich von der Unzulänglichkeit
seiii^cr behauptungen selbst überzeugt haben. Nach den Untersuchungen von Eock
kafin. es darauf an, mit energie der frage nach einem Zusammenhang zwischen den nor-
dis<2lien und westgermanischen syncopierungserscheinungen näher zu treten und zu den
voirwanten erscheinungen des gotischen Stellung zu nehmen (eingehender als es s. 17
anzia. 2 geschehen ist); vgl. jezt auch Hirt, Idg. forsch. I, 216. So wenig die zahl
dar belege grammatischen wechseis gegen die giltigkeit des Yemerschen gesetzes im
gotischen zeugt, so wenig wird durch zahlreiche ausgleichungen im endungsvokalismus
di^ giltigkeit eines gemeingermanischen syncopierungsgesetzes in frage gcstelt Seit-
dexxi durch Eock nachgewiesen worden ist, dass auch das nordische an dem syncopio-
m^Eigsgesetze der westgermanischen dialekte teil hat, müssen die gotischen belege in
derselben riohtung gedeutet werden. Die darstellung der nordischen syncopierungen
ist trotz einer tabellarischen Übersicht unklar. Es war von den urnordischen mate-
riellen auszugehen, es musten die älteren mneninschriften systematisch ausgebeutet
werden, es war das jüngere vom älteren zu sondern — nicht bloss mit besternten,
zam teil sehr anfechtbaren grundformen. Urnordisch begegnet gen. sg. godagaa,
9^€Üas; dat sg. halaiban. Jellinek trent sie zeitlich von JiaPu- hart-. Er iässt diese
erst gleichzeitig mit dagox-dagr, dagas-dags entstehen. Das ist falsch, vgl. hafni-
*^^^aJ2 ekuProwctR gleichzeitig mit cisugas; oder solte -a in -aR svarnbhaktivokal sein?
^<2h halte auch die Voraussetzung für unhaltbar, dass gedeckte endvokale später syn-
^Piett sein sollen als ungedeckte, weil ich darin eine Vernachlässigung des sandhi
^he; ebensowenig gerechtfertigt erscheint die ausnahm estellung für endvokale der 2.
'^^^P- 3. Silbe, so lange wir noch an dem freien accent der nebensilben festhalten.
Die westgermanische syncope war im gix)ssen und ganzen von Sievers cndgil-
^ festgestelt worden. Das von Paul aufgestelte erklärungsprincip wird s. 29 fgg.
^^nei» kritik unterzogen, die von flüchtigkeiten nicht freizusprechen ist. Jellinek hat
^tcht bemerkt, dass Paul drei ablautstufen und drei intensitätsstufen des nachdrucks
^^^terscheidet (stark, mittel, schwach: hochtonig, tieftonig, tonlos), e und a sind
'^^^h Paul mittelstufenvokale und warum auf sie die von Jellinek als unklar bezeich-
^^ stelle nicht anwendbar sein soll, werden andere nicht einsehen, e, a sind häufig
K^nug ohne nebenton anzusehen. Bechtel, Hauptprobleme s. 106 hat jüngst hervor-
®^*^olben, von welcher bedeutung der Panische satz gewesen ist: es können nicht
^^ei aof einander folgende silben ganz gleiche tonhöhe oder gleiches tongewicht
^^^*oiL Jellinek hält diese tonabstufung nicht für richtig. Die beiden endsilben in
^«Ptttd^pgf pferd^ sollen gleichen exspirationsdruck aufweisen, einen unterschied in
^^r toDstirke könne er nicht wahrnehmen. Selbst wenn die experimentellen messun-
266 KAUfFMANN
gen hier eine nachlässige Selbstbeobachtung erkennen Hessen, so spricht doch Fanl
nicht allein von tonstärke, sondern auch von tonhöhe: Jellinek verschweigt dies und
versäumt den nachtrag Pauls Beitr. XII, 550 fg. genügend zu berüoksiohtigea. Will
etwa Jellinek auch die schwankende betonung der oomposita ohne ^^logisches aocent-
princip*^ erklären? und ist nicht die grenze zwischen wortableitong und oompositioD
unbestimbar? Bei zweisilbigen encliticis wäre jedesfals das verbum finitum za erwüi-
nen gewesen, es kommen nicht bloss präpositionen, artikel und pronomina in betncht
(vgl. übrigens auch Beitr. VI, 132 anm.). Während die neuesten metrisohen tfaeoie-
tiker in voller freiheit zweisilbigen wie — x einen nebenton auf ultima geben,
erklärt Jellinek diese accentuation für unwahrscheinb'ch. Von einem widerpnich FlnJs
in der betonungsform ^ x : -i >< kann nur so lange die rede sein, als Paul nicht
verstanden wird. Paul sagt ausdrücklich, in pansa sei sowol das Schema ik als tt
möglich, im Satzgefüge treten vielfach modiücationen der pausabetonnng ein; in der
silbonfolge aa a müsse aa a entstehen, weil eine von den beiden unbetonten sflbeo
den nebenton bekommen müsse und die zweite ihn nicht eriudten könne, weil oe
unmittelbar vor dem hoch ton stehe. Inconsequent erscheint mir bei Paul nur, dass
er für die regeln der vokalsyncope noch die quantitätsverschiedenheit berücksichtigt
Ich wundere mich, dass Jellinek hier nicht angesezt hat und in der annähme von
^ Satznebenformen "• nicht consequenter und durchgreifender verfahren ist Der ein-
wand, nach Pauls anscbauungen sei ein nebenton wie in kdUnru nicht denkbar, ist
ungeschickt. Paul hat s. 135 umständlich genug hervorgehoben, dass für jeden, der
etwas vom leben der spräche verstehe, selbstverständlich sei, dass der in der flexion
herschende Wechsel zu einer menge von ausgleichungen habe führen müssen; und
s. 136 steht: die dreisilbigen Wörter hatten im nom. und acc. den nebenaocent lof
der zweiten silbe. Jellinek liebt es brevi manu zu verkehren: ahd. hlintan ist int-
logiebildung nach einem utopischen acc. sg. *dan (statt den)^ in blintemu liege beein-
flussung von Seiten des artikels vor, in ags. heafodu u. ähnl.' sei -t« ursprünglich
gefallen, aber nach volzug der syncope wider angetreten usw. Selbst bei ags. rim
hat Jellinek nicht erkant, dass eine totale Veränderung des flexionstypus zu gründe liegt
^ Erfahrungsgemäss ^ ist nach Jellinek s. 52 eine zwischen zwei stark betonten
Silben stehende silbe am meisten der abschwächung ausgesezt* Es liegt hier wider
eine Vergewaltigung der tatsachen vor, denn Jellinek hat die verschiedenartigkeit dff
satzrhythmischen formen ganz ausser acht gelassen. Der satzrhythmus, dem eine
form *kvdnifang augehört, hätte aucli ein *k-vdni bewahrt, und *kvdnifang in einem
Satzrhythmus, der kvdn hat entstehen lassen, hätte auch kvoinfang ergeben. Nor
so vennag ich differenzon wie kvdnfang : demda befriedigend zu erklären. Aber
derselbe Jellinek, der s. 52 jenen erfahrungssatz aufgestelt hat, belehrt uns s. 53 fgi
wenn -»- in *kvd?iifang geschwunden, so brauche es gar nicht tonschwach gewesen
zu sein ! Das ündo ich widerspruchsvoll , nicht aber die lehre Eocks von dem zusim-
mengesezten accent^ bei der Jellinek reduktion der silbe mit reduktion des silben-
trägers verwechselt hat. Jellinek erklärt es geradezu für ein verurteil, dass mw
vokale, die syncopiert worden sind, für unbetont angesehen habe; gerade der neben-
ton sei die ui*sache des aasfalls; das wesen der germ. syncope bestehe gar nicht
darin, dass vokale schlechtweg ausgefallen, vielmehr daiin, dass -a -e -» -w antici-
piort wurden, innerhalb der vorhergehenden silbe aiükuliert worden seien: gttstiB'^
ga'stR. So lange Jellinek nicht die gesamte uralauts- und brechungsbewegung der
altgermanischen dialekte als jurgernianisch erweist oder auch nur eine veriuiderung
\) Vgl. jezt Beitr. XVII , 288.
ÜBER JSLUNEK, GERMANISCHE FLEXION 267
des Yokalismus in der richtung auf -a resp. -e -i resp. -ii wahi'scheinlich macht,
erkläre ich mich von der neuen lehre nicht für überzeugt (vgl. übrigens Anz. XIV,
219. Beitr. XV, 261).
Im zweiten lutpitel wird das Schicksal langer, ursprünglich durch dental
gedeckter vokale untersucht (s. 60 fgg.). Nach Jellinek ist ahd. -emu alter dativ,
-^fmo alter ablativ. Auslautender dentaler vorschlusslaut habe lange vokale ebenso
geschult wie auslautender nasal (ist -n kein dentaler verschlusslaut?). Im dritten
^itel (8. 74) beschäftigt er sich mit dem nom. sg. der n- stamme. Jellinek will
Mer für das got. nom. sg. masc. auf -o und fem. -a nachweisen. Er stelt die
flexionsformen der fremdwörter bei Wulfila zusammen ohne nennenswerte ergebnisse
lor eiklärung der Unregelmässigkeiten. Jellinek meint (s. 84), Marja „hätte ganz
gut wie giba deklinieren können^. Weil dies nicht geschehen sei, müsten im wul-
filanischen gotisch schwache fem. auf -a, -ins existieii haben! Das richtige ist natür-
lich, dass Matja eine ti'ansliterierung von Ma^m ist, und dass es im wulfilanischen
gotisch schwache fem. auf -ö, ins gegeben hat. Dass es kein Widerspruch ist,
zvreite glieder von compositis nicht nebentonig sein zu lassen, solte man heutzutage
nicbt mehr zu sagen brauchen (Kluge in Pauls Grundr. I, 343). Ich freue mich,
Jellinek darin recht geben zu können, dass in der germanischen grundsprache die
sclieidung der „schwachen*^ declinationsklassen nach geschlechtem noch nicht durch-
geführt gewesen ist, dass der übertritt vieler -ä- stamme in die n-declination daraus
zu. erklären ist, dass fem. stamme -ö schwacher flexion bestanden haben. Jellinek
hat nur die geschliffene betonung des nom. -o nicht berücksichtigt, sonst hätte er
^ B8 nicht auf ein *hanu verfallen können. Jellinek untei-schäzt aber die bedeutung
^^^ $fin 1^- Stämme und versteigt sich zu der behauptung, die n- stamme seien im
germanischen generis communis geworden! Er behauptet s. 94, dass die trennung
der genera bei den n- stammen dem leben der einzcldialekte zuzuweisen sei — sagen
^^ die ausbildung besonderer flexionstypen (namentlich im plural) für jedes der drei
g^öera, so erkläre ich mich einverstanden.
Im vierten kapitel handelt Jellinek über gormanische conjunctivo (s. 94 fgg.),
got. .^au sei conjunctivisch , nicht optativisch. Die behauptung, dass got. hairau auf
^^^r-cpn beruhe, halte auch ich für unannehmbar, dagegen ist *hherö(m) durch
^^, Idg. forsch. I, 206 wahrscheinlicher geworden (vgl. auch Collitz Bezz. Beitr.
^Vn^ 241 fg. Bojunga, Idg. forsch. II, 184 fgg.).
HALLE A. S. FRIEDRICH KAUFFMANN.
>^arl Lachmanns briefe an Moriz Haupt. Herausgegeben von J. Yahlen.
Berlin, G. Reimer. 1892. XV und 264 s. 4 m.
Die kurz vor dem 100. Jahrestage der geburt Lachmanns (4. märz 1793) erfolgte
^«röffentlichung der briefe an seinen ti'euesteu freund und mitarbeiter auf dem gebiete
üer klassischen wie der altdeutschen textkritik ergänzen in höchst ei*wünschter weise
^lö biographischen arbeiten über Lachmann (ich nenne hier ausser dem schon 1851
®^hienenen buche von M. Hertz namentlich den für Ersch und Grubers encyclopädie
^Oö J. mid Y.. Zacher, sowie den für die Algemeine deutsche biographie bd. XVII,
^"^"^481 von W. Scherer verfassten artikol). Mehr noch als der im 11. bände die-
■tt leitschrift mitgeteilte briefwechsel mit AV. Grimm über die Nibeluugenfrage und
w die in Pfeiffers Germania bd. XU. XIII abgedruckton briefe eröfuen diese jezt
268 RRDMANK, ÜBRB LÄCH3IANNS BRIEFE AK EA.UFT
zum ersten male an^s licht treteoden uns belehrende einblicke in Laohmanns philo-
logische Werkstatt und in die durch die eigenheit seiner denkart und Persönlichkeit
bestirnte art seines arbeitens.
Die samlung — vom herausgeber mit sachlichen erlänterungmi (namentlich
citaten aus der gleichzeitigen wissenschaftlichen litteratur) und einem register ver-
sehen — enthält nicht weniger als 117 briefe an Haupt; dazwischen zwei eingelegte
briefe an Haupts Schwiegervater Gottfried Hermann (von 1840 und 1845; über Nibe-
lungen und Homer, sowie über Horazstellen) und ein fragment eines briefes tod
Haupt an Lachmann. Der erste brief ist noch im jähre 1834, die übrigen von 1896
bis 1851, also bis kurz vor Lachmanns tode, geschrieben.
Die persönlichkeit des grossen philologen tritt aus ihnen in ihrer ganzen
schärfe, doch auch mit liebenswürdigen zügen (die auch in den früher veröffentlich-
ten briefen reichlich zu finden sind, vgl. z. b. Germ. XII, 242. 247 fg.) dem auf-
merksamen leser vor äugen. Wir sehen die stark ausgebildete individualität des miD-
nes, der immer mehr auf eigene band nach lust studiert (s. 40), der „allerlei leote
verachtend, sich auf die ihm zusagenden lager mehr und mehr beschränkt*^ (s. 51);
der sich der grenzen seines selbstgewählten arbeitsfeldcs sehr bescheiden bewusst
bleibt, auf lexikalischem gebiete keine, auf litterarischem nur vereinzelte resultaie
(^als blindes huhn*^) gewonnen zu haben bekent s. 38. 41 und selbst auf gramma-
tischem über abnehmende receptionsfähigkeit klagt (s. 7), der aber innerhalb der
selbstgesteckten grenzen und vor allem in der textkritik — und zwar einer solchen,
die in die eigentümlichkeit des autors liebevoll eindringt — meisterhaftes zu leisten
sich bewusst war, deshalb gesetzgeberisch auftrat und jeder unvolkommenen Idstnng
abhold war (s. 46) ^ Wie scharf absprechend er sich auch über ihm untergeordnete
oder unsympathische leistungen äusserte — auch in diesen briefen ist mancher beleg
dafür mitgeteilt — , so spricht or doch gegenüber gleichartigen und gleichstrebenden
naturen ein so sehnsüchtiges liebobedürfnis aus (vgl. s. 50. 51), wie man es von dem
Verfasser der frommen und schwärmerisch -elegischen Jugendgedichte (Hertz beiUge A)
nur erwarten kann. Eben daher stamte das enge und von anfang an brüderlich za
nennende (obwol erst seit 1844 die anrede „du'' eintritt) verhältniss zu dem manne,
an den diese briefe gerichten wurden. Die bei diesem innigen Verhältnis in den brie-
fen völlig ungebunden sich zeigende neigung zum spielen mit citaten, parodien ^
sogar Wortwitzen verschiedener art ist charakteristisch für Lachmann, ebenso vm
manche anderen gelegentlich hervortretenden züge (z. b. die s. 52 berührte verliebe
für schön gebundene bücher).
Notizen zur äusseren geschichte der philologie enthalten die briefe natürüdi
vielfach, ebenso nicht uninteressante mitteilungen aus dem leben der stadt und Uni-
versität Berlin in den politisch bewegten jähren. Unter den germanistischen arbeiten
Lachmanns gab besonders die bearbeitung von Hartmanns Gregorius 1838, ebenso die
teilnähme an Haupts arbeiten für den Erec, die lieder und büchlein Hartmanns häufig
gelegenheit zu brieflichen erörterungcn , aus denen vieles wertvolle bereits in Haupts
vorreden zu seinen ausgaben , sowie in kleinere mitteilungen seiner Zeitschrift übe^
gegangen ist.
KIRL. 0. ERD9IANN.
1) Für ftllo boiührton piinkto besonders charnkteristisch ist auch noch dor rorioite brief w«
25. docembor 1850 is. 211 fp.).
WUNDKRUCH, ÜBKR TATIAK, BD. SIEYERS 269
Tatian herausgegeben von Eduard SleTers. Zweite nenbearbeitete ausgäbe. Pader-
born, F. Schöningh. 1892. LXXV und 518 s. 10 m.
Gerade zwei Jahrzehnte sind verstiichen, seit der Tatian erstmals in der bear-
beitung von Sievers erschien, zwei Jahrzehnte, deren arbeitstätigkeit mancher ei-schei-
nung der 70er jähre den boden ganz entzogen hat, für andere mindestens einen völ-
ligen neubau notwendig machte. Auch Sievers hat sich für die zweite aufläge seines
Tatian zu einer neubearbeitung entschlossen, aber die neue arbeit beschrankte sich
mehr auf die Vertiefung schon gezogener linien. Die erklärung hierfür liegt teilweise
in Vorzügen der ersten aufläge, die sich schon mitten in den neuen weg hinein gestolt
hatte, dessen endpunkte auch unsere neueste ontwicklung noch nicht durchmessen
hat; teilweise liegt aber die erklärung auch in einem mangel der zweiten ausgäbe,
in der sich eine gewisse einseitigkeit neuerer herausgeber um so greller widerspiegelt,
je mehr sich sonst die schliffe verfeinert haben.
Die einleitung nach dem vorwort ist jezt auf 64 selten (gegen 53) angewach-
sen, und hievon sind 48 unter dem titel „Sprachliches"^ den orthographischen Schwan-
kungen der verschiedenen Schreiber gewidmet, so dass alles übrige: handschriften,
qaelle und Übersetzungskunst abgehandelt wird auf 16 selten zusammen. Wenn
ich dies als misverhältnis hervorhebe, so möchte ich natürlich nicht gegen die
sorgfaltige orthographische darstellung einwand erheben. Im gegentcU! Es ist ja
deutlich wahrzunehmen, dass die lautforschung, nachdem sie sich aus den fes-
seln des buchstabens endgtlltig befreit hat, neuerdings doch im buchstaben, in den
Schwankungen graphischer Überlieferung, ein mittel zurückgewint, neu sich zu beleh-
i^o. In all diesen mannigfachen versuchen, einen laut graphisch festzuhalten, spie-
gelt sich eben doch der laut selbst wenn auch unvolkommen wider, und darum
gerade sind alle diese schw^ankungen der älteren Orthographie in der tat von grosser
(>«dentang. Für sie bieten nun die neuen feststellungen freilich ein ganz anderes
<naterial, als es die alte ausgäbe, abgesehen von manchen lücken und versehen ermög-
licht hatte. Bis ins kleinste ist das ganze detail sorgsam verzeichnet und, was
Viesonders erfreulich ist, übemchtlich gegliedei*t. Dass auch die foimenlehre aller
^Diten gestreift wird , braucht nicht hervorgehoben zu werden ; wol aber möchte ich auf
^uisätze zu syntaktischen beobachtungcn hinweisen, wie sie in § 10. 2 hervortreten.
Sievers versucht die Schwankungen zwischen ihie (the) und Uier syntaktisch zu bin-
den und stelt als hauptträger der einen form die demonstrativ-, als den der andern
<lie relativfunktion des pronomens bin, während er besser vielleicht von den
Schwankungen in der betonung ausgegangen wäre.
Überhaupt aber liegt hier, auf dem grenzgebiete von syntax und Stilistik, der
piinkt, wo wir den herausgeber einer gewissen dürftigkeit zeihen müssen. Schon der
§ 119 genügt nicht, um die Übersetzung als solche zu würdigen; und wenn sich die-
ser versuch einer Würdigung in § 120 schliesslich zu der frage zuspizt, ob wir
es überhaupt mit einem Übersetzer zu tun haben, so hätten für die lösung dieser
frage doch ganz andere hilfsmittel zu geböte gestanden, als § 122 fgg. angewendet
werden.
Es sei gestattet, diese behauptung an einem beispiel eingehender zu begrün-
den. Sievers hatte schon in der ersten aufläge s. 49 fgg. einzelne Übersetzer zu
scheiden gesacht und war in diesen versuchen dui'ch Steinmeyer (Ztschr. f. d. phil.
IV, 474 fgg.) unterstüzt worden. Auf Steinmeyer geht Sievers nun hauptsächlich
zurück, indem er einige von dessen trennungslinien mit recht beseitigt, andere dage-
gen noch schärfer zieht. Am überzeugendsten scheint ihm der einschnitt vor kapi-
270 WUNDKRUCH
tel 77 (vgl. §122 der einleitung), ja schon der „oberflächliche blick* soll zei-
gen, dass dieses kapitel „im gegensatz zu allen übrigen sich so enge an das latei-
nische original anschliessf^, dass es mit vollem rechte eine „interlinearversion*' genaot
wei-den könne. Es scheint fast, dai>s hier der blick in der tat an die oberflücbe
gebant blieb, indem die stilistischen beobachtungen anf die statistische feststellnng
einiger iinsserlichkeiten sich beschränkten, während die frage „was ist interlinear,
was nicht ^ weder diesem, noch anderen teilen der Übersetzung gegenüber ernstlich
erhoben wurde. Hier muss eben auch die Stilistik aus jenen rüstkammem borgen,
die ihr die Syntaxforschung der lezten jähre bereit gestelt hat.
In der Tatianübersetzung ist ein so enges festklammem an die lateinische vor-
läge wahrzunehmen, wie bei keinem andern althochdeutschen Übersetzer. Um so
lehrreicher sind die fälle, wo auch diese Übersetzung schlechterdings nicht mit der
vorläge gehen kann, weil die spräche widerstrebt. Ausnahmefälle, in denen der
spräche doch gewalt angetan wird , dürfen , namentlich sofern sie auf dem gebiete der
Wortstellung liegen, in erster linio interlinear genant werden.
Hierher gehört nun aus 77, 1 durchaus nicht so sehr rihhi himilo für regnum
celorumy viel eher dagegen accar ihen in gengit inti furcoufit ellu thiu her habet
inii coufU accar then für emit agnim illuni. Allerdings wird das lateinische
regnum celorum durch den ganzen Tatian hindurch mit verliebe durch himilo rihhi
widergegeben (vgl. 72, 1 güih ist himilo rihhi inanne u. a.), und es ist weder aus
der Stellung im satzc noch aus der veränderten betonung oder bedeutung des wertes
in den verschiedenen belegen ein grund für die änderung in 77, 1. 2. 3 ersichtlich.
Aber die Stellung des attributivischen genotivs ist im Tatian überhaupt nicht fest-
gelegt; in anderen Zusammensetzungen tritt der genotiv, der sonst gerne gegen
die lateinische vorläge voranstoht, häufig auch hinter das regierende Substantiv (vgl.
z. b. eine mustersamlung in 145, 19). Und in IOC, 4, wo wir doch unmöglich zwei
Übersetzer scheiden können, tritt uns ol)pn dieses regnum coehrum gar in doppelter
gestalt entgegen: T^uar quidu ih ///*, uuanta otag unodo ingengit in richi himilo
(Amen dico vobis, quia dives difficile iiitrabit in regnum caelorum). Infi abur quidu
ih iii odira ist olhcutun thurnh loh naldun \i faranne thanne otagan xi gan-
ga nne in h i m i lo r i v h i.
Ganz anders dagegen zu beurteilen ist die uachstellung des adjekti-
vischen proDomens, \We wir sie in (77, 1) accar then vorfinden. Schon das
attributive adjektiv wird im pegensatz zum attributiven genitiv nur selten nach-
gestelt. Am ehesten tritt diese Stellung ein, wenn sich die attribute häufen, vgl.
34, () unsnr bröt tagalihhax - panem nostrurn rotidianum u. a., wobei immer-
hin gelegentlich aurh vorsuche gemacht werden, dor ungewohnten erscheinung ein
vertrauteres gepnigo zu geben, vgl. 34, 7 iuuar fater thic^ hitn ilisco = paier rester
caelestis. Einfaches adjektiv finden wir dagegen bis zu unserer stelle* im Tatian
nicht nachgestelt, nachher aber, und zwar über die grenzlinie hinaus, die Sievers
für den Übersetzer von 77, 1 fgg. feststelte, zeigt es sich in 88, 8 habet Hb euuin
- ritam aeJernam; 90, 2 sun gotcs Ubentifjat --- f 11 ins dei riri: 97, 2 hufigar
strengi - famcs ralida u. a.
Und selbst pronominales attribut, das wir ganz ähnlich ausser in 77, 1
auch in der von Sievers demselben Übersetzer über^^iosenon partie von 78, 2 fgg.
1) Vgl. 87, 2 uuilt tha\ stiiituirUnningn.
*i\ Vgl. auch G9, 9 ntm giknusita ni bMihhet int»' lin riohhfnii ni lefh't.
ÜBER TATTAN BD. SIKVERS 271
belegen können (82, 6 faier miner = pater mett^}, findet sich auch in späteren
abschnitten nachgestelt, vgl. 87, 4 giiiuelih de dar trinkit fon xiuaxxare thesemo
= fiui bibit ex aqua hae. Ja die ganze, allerdings etwas seltenere, relativkon-
struktion, wie sie in 87, 4 (owÄ uuaxxar thax ih imo gibu ist in i^no brunno =
9ed aqua quam ego dabo ei fiet in eo fons) vorliegt, ist ohne die möglichkeit einer
nacbstellong des attribnti vischen pronomens gar nicht denkbar.
Also die beiden bedenklichsten formen attribnti vischer Wortstellung, die
uns in 77, 1 begegnen, sind keine erscheinungen , die sich ohne weiteres aus dem
gefdge der ganzen Übersetzung lösen lassen. Noch weniger ist dies aber mit eioeni
Satze der fall, der noch kräftiger den indruck des interlinearen macht. Aus thcsauro
fibscondito in agro, quem qui invenit hoftw abscondit ist in 77, 1 geworden: tre-
9euue giborganemo in accarey thax thie ix findit man gibirgit. Wer jedoch
bieran anstoss nehmen wolte, betrachte 88, 12 Inti der mih santa fater = Et qui
«iwi< me p€Uer; 240, 2 ikio xi scribanne sint buoh = qui scribendi sxmi libros.
Damit wären die hauptsächlichen erscheinungen erledigt, die den ein druck des
interlinearen hervorgerufen haben und die sich , was die von Sievers construierte par-
^^ betrift, gehäuft nur in deren beginn, in 77, 1 vorfinden, einzeln und zerstreut
Aber durch das ganze gefüge der Übersetzung sich durchziehen. Sie bilden den unter-
gnmd ängstlichsten klebens an der vorläge, auf den der Übersetzer immer wider ermat-
tet zurücksinkt, wenn er schon da und dort ausätze zu freier Selbständigkeit versucht
hatte. Und gerade auch in jener partie von 77, 1 — 82, 11, die Sievers unter einem
Übersetzer vereinigt, kann die eingehende Untersuchung Schwankungen zwischen freier
selbstfindigkeit und sklavischer nachahmung belegen, indess der oberflächliche blick
nur die leztere streift.
Was dann endlich die rein stilistische seite betrift, die Schwankungen im
^ort gebrauch, so erinnere ich mich ähnliches auch in Notkera Boothius beobachtet
*ö haben, der ja doch auch von einem Übersetzer stamt. Ein lateinisches wort
^''^ ziemlich regelmässig durch ein entsprechendes deutsches widergegeben; auf ein-
°**^ taucht dafür ein neues wort auf, das für eine zeit im Vordergrund steht und
^ch andere lateinische termini widergibt, bis es wider ebenso plötzlich durch einen
Qduen eindringling abgelöst wird. Oder aus schwerfälliger satzfügung entwickelt sich
^"'^ählich ein gewanter stil, bis an irgend einer stelle die bewegung stockt und
^e linien wider plump und ungelenk werden. Man rechnet bei solchen beobachtungcn
^1 zu wenig mit den pausen, innerhalb deren sich die arbeitstätigkeit solcher
^fangreichen Übersetzungen volzog, mit dem Wechsel der Stimmungen, der arbeits-
"®Udigkeit, mit der Steigerung und dem erlahmen der fahigkeit u. a. Auch ist man
^ geneigt, aus irgend einer wol gelungenen konstruktion heraus für solch einen älte-
*^ Übersetzer ähnliches gelingen auch in allen anderen fällen zu postulieren, obwol
^^ gerade diese Übersetzer deutlich vor äugen führen, dass auch ihr können nur
^okwerk war.
Nach dieser seite erkenne ich auch den Tatiau als ein Stückwerk an, aber ich
*^te den beweis nicht erbracht, der die stücke auf einzelne arbeiter verteilen könte.
^ol aber halte ich es für notwendig, dass eine reinliche Scheidung interlineai'er
'^^KUngen and freier Wendungen versucht werde und dass man mit berücksichtigung
^^ eben dargelegten erwägungcn ernstlich der frage nachgehe, ob sich vielleicht
^ der gnmdlage einer interlinearversion eine freiere bearbeitung volzogen habe.
Kehren wir zu unserer ausgäbe noch einmal zurück. Der text hat durch die
^vgfiUtige Verzeichnung aller rasiiren sehr gewonnen. Durch sie wird auch über
272 RkoaxL
manche freiere wenduDg ein neues licht verbreitet, wie wir z. b. bei 31, 5 sefaflo:
inti 80 utter so thih thuinge ihax thu mit itno gest ihuauni serüto = Et quicHm-
que te angiariaverit miUe passus, wo die ganze zeile bis giat auf rasnr itabi
Auch dem glossar ist die erneute arbeit zu gute gekommen. Meist wurde dit
volständige angäbe sämtlicher belege durchgeführt, so dass die seitensahl aidi um
mehr als ein drittel vermehrte. Ausserdem wurden die belege genauer Bpedaliaiat,
die unterabteiluDgen , unter denen sie aufgeführt werden, bedeutend vermehrt, wodurch
freilich wider die Übersicht etwas litt. Auch wird der reichhaltige ertrag, der ans
den ausführlichen belegen dieses glossars gerade für die syntax abfallen kOnte, durch
die anläge und gliederung wider beeeinträchtigt.
HKIDBLBKBO. H. WUMDEBUCH.
Studien zu Hans Sachs. Von Karl Drescher. I. Hans Sachs und die helden-
sage. (Sonderabdrnck aus Acta Germanica U. 3.) II. Dasselbe, neue folge. ICar-
burg, N. G. Elwert. 1801. Iü2 s. Anhang LIV s.
Vom ersten teil der Drescherschen Studien ist das als dissertatioo gedruckte
bruchstück in dieser Zeitschrift bereits besprochen worden (XXIY s. 204); es bot voo
den 7 abschnitten des ganzen den ersten (Vom hürnen SeufHd) und die erste bälfte
des siebenten (Von der königin Theodolinde). Das zweite kapitel verfolgt die gestalt
des treuen Eckhart vom Hofgesind Venoris an (diesem fastnaohtspiel weist Drescher
wegen der fast gänzlich mangelnden reimbreohung mit recht zeitlich die erste stelle
an) durch die dichtung des H. Sachs hindurch und weist darauf hin, dass diese der
H. Sachsischen ansohauuug so sehr zusagende gestalt almälig den typus des wplmei-
nenden wamers und beraters erhalten hat, so dass man dahinter zulezt den dicbter
selbst zu erkennen meint Beim quellennachweis für das zweite hierhergehörige
stück: Der fürwitz mit dem Eckhart) betont Drescher den starken, bis jezt noch
nicht genügend erkanten einfluss, den Brants Narrensohiff wie auf jene ganze leit,
so auch auf H. Sachs gehabt hat. (Solte nicht z. b., um auch eine formelle ame-
gung zu erwähnen, H. Sachs die anwendung des dreireims zur bezeichnung des
abschlusses dem Narronschiif und seinen dreireimigen Überschriften entnommen haben?)
An einer reihe von stellen wird nachgewiesen, dass H. Sachs die interpolierte Stru^
burger ausgäbe von 1494 benuzt hat. Zu den von ihm unrichtig angewendeten stel-
len möchte ich es auch rechnen, wenn er die Brantschen verse vom unnützen jagen:
yfder ander vofU ein hasen offt, den er hat uff dem kommarckt koufß*' in eebr
nüchterner weise so wendet: O Fürwitx dein rat ist gar arekf du kauffst es ndur
an detn nuirck. Die rolle des beraters und wamers (ohne mythologischen hinte^
grund) spielt Eckhart u. a. in dem gedieht: Ein clagred dewtsch landes und gespnch
mit dem getrewen Eckhart, das Drescher im anhang zum ersten mal nach der band-
Schrift abdiiickt. Schliesslich ist die gestalt des Eckhart so abgeblasst, dass er in
der komödie: „Der kampif mit fraw Armut und fraw Glück *^ am anfang und am
schluss geradezu als ehrenhold erscheint. Nach besprechung einiger bei H. Sadis
nur kurz erwähnten gestalten der deutschen holdensage wendet sich Drescher im
6. kapitel zur geschichte von Alboin und Rosamunde, die H. Sachs einmal behanddt
hat. Den stoff zum spruchgcdicht entnahm er aus Paulis Schimpf und ernst; ob er
zu dem (nicht erhaltenen) meistergesang noch eine andere quelle benozt hat, i0t
nicht zu entscheiden, zur tragödie ist die quelle die Dänemärkisohe ohronika des
Albertus Krantz in der Übersetzung Heinrichs von Eppendorf , deren drittes biieh voo
tbiw
573
<W>ii luf^bardischcD k^migoo haudelt; in der trngndje ,Tlie swölff argen königin' hat
H. Stohs für 'lie RoB&miiDde sein eigene« s|iriicbgei)icht heODzt. Im zweiten teil der
, UDtenuctiQiit'en ober ixe konigia Theudelinde kap, ^ sucht Dreiicfaer nachnuweiBeD,
L laas (Uo boiiiglicbcu gediobt» bei Caspar von (br ßoeu aad H. Sachs litteivisohi»
I alter aagenüberlieferangen seien, die auf eintin niytbus der Herowioger
D, der in Austrosieo entstaDden etwa im 12. oder 13. Jahrhundert am Nie-
^filwriiaiii oder in Niedotsacbäen einen nou^ aostuBs eoi weiterentwieklang erhielt and
^l'iBi 15. jahrhuDdert in Uaterfrankei) cioe uns gliicblicb erhaltene fixieruDg fand
^P(CL itia der Boeo). Darch Verbreitung ancb nach Tim) gab diese sagenflzierang viel-
^rlmibt auoU einem italienischen dichter die anregnng zu ■.■iner seiner novellen (Boo.
[ Dw. UI. 2i. Freilich teilt diese kombination das sdiicksal auch anderer sogenge-
>Cbichtlichen aufstellnngeu , dass an ihr Scharfsinn und phantasie gleiulien onteil haben.
I*Mr Kchlusafolperang, die I>rescher aus seinen unteteuchnngen übet H. Sachs und die
liftldnnsage zieht, dass der dichter die heldenssge im ganzen wenig poetisch verwertet
fcat. wird man wol Eustjminen müssen. Aucb bei ihm macht es sieh entschieden
totiiefkllch, dasB der gewaltig hereinbrechend« ström der durch Italien vermittelten
kliueischen littemtur das immer matter fliesGonde gewässer der beimischen littera-
ilBcheD äbedirrfemng bei eeite drängt; wobei freilich durch kirche und leben die
aaüonalfl eigeuait genügend gc^nhüst, ja bei E. Sacbn noch stark genng war. auch
lU^ra fremdea Stoffe heimisches gepräge 2U geben.
Die uene folge der Studien enthält ^oichfals hauptsächlich quellen Coreohnn-
eon. dooh daneben auch andere untorsucbungen, sprachliche»! und metrisches. Die
ersten G Untersuchungen beschllftigen sich mit raslnachtspielen; es sind weitere bei-
trug in den von Goetze begonnenen nachweisen über die «quellen der einzelnen spiele
luid diu Verbreitung der bebandelten Stoffe; dabei ßndet sich auch manche hübsche
lieiiiertuog über die arbeitsweise des H. Sachs, seine charakteristischen Veränderungen
itnrl urweiterungeo der Stoffe, auch verändemugeu, die er gegenüber eigenen frühe-
ren bearbeihingen in meistergesängen vornahm (z. b. Der halb freundt). Gegen den
toxi ilieses gedichtes, wie ihn Drescher nach der handsclirift des H. Sachs gibt, zeigt
^•o h«i Oüdeko I, s. 249 nach der Weimai'schen handschrift M 4 gegebene fassung
einige ahwoichnngen, die deutlich leigen, wie man sich den unverständlich werden-
<^ii tdterea text sprachgerecht zu ma(^heo HncUte. z. b. ist v. 46 aus: Ich hab allein
_ •'•in trew erferet ^ ioh habe deine treue nur auf die probe gestelt, folgendes gewor-
I hab ich dein tren erfaren', was natürlich des reims wegen anch eine
■Igleicbfals abschwächende) änderung von v. 52 zur folge hat Bei der Untersuchung
«Der uoersetlich geitzbunger" ist Drescher wol ungerecht gegen den dichter, wenn
hm den Vorwurf macht, durch die klagen gegen seine fran setze sich Beicben-
ger in widersprach mit späterem, der dichter habe also noch keinen kiinstleriiwhen
I Uwhliclc über das ganze gewonnen. Draschor hat hier den dichter wol nicht licbtig
_. _.. Die klagen des geizigen sind uicht ernst zu nehmen; sie sind nur aus-
I «Uk des geizBs, der eben ununterbrochen klagt und seine läge als ganz erbärmlich
«UoD sucht. Dass dies vom dichter so gemeint ist. geht auch daraus hervor,
• dar geizige der frau gegenüber, die ihn um geld bittet, ganz andere dinge vor-
■•Wiiigt, als er vorher im Selbstgespräch angeführt hat. Es handelt sich dabei um
■^MctUliiibe schwarzffirberei, ganz ähnlich wie beim geizigen im Molinre, der anch
B<M| und andern gegenüber sich als notli^idead darvtelt 'Wenn H. Sachs den Bei-
n klagen lässt, daas er lOCXl golden liegen habe und nicht unterbrin-
1 niemand 9Va dafür gebeu wolle, so sezt er zwar den geizigen, aber
'. ttBDISCHX PBU«l«ail. BD. ULVl. lä
aioht sich in Widerspruch mit sicli selbst. Das erste hoU den geizlioU charatteri-
sieren; das zweite hervorheben, dass ia der tat <ler baweggniud zur veniutreQuiig
nicht dio not, sondiim nur der geiz ,der uneisetlich geizhunger" iat, wie er ja auch
das stück benajit hat. Der 2. teil beschäftigt sich mit zwei spruchgedichteu. Dou
hauptteil bildet der 3. abaubnitt, der eine interessaiite &Bge erörtert: Hans Sachs un<l
Ovid bis zum erscbeioon der metamorphosenbearbeittuig des Georg Wickram. Drosebet
weist für den weitaus grösteD teil der Ovidisohen stufTe, die H. Sachs bis in dJMen
z«itpanit behiuidelt bat, die <tuello uacb. Wenn unter dieBea zu Bocicacoios Oenet-
logia deorum noch keine so Tnibzeitige Übersetzung bekont ist. und wetui für einigB
stücke, wie Actuon, Midas nnd zum teil Medusa die quellentrage noch luigelost bleibt
so hat Drescher doch ganz recht, weiio er trotzdem Dicht an eiae beoatiang der
originale deakt. Denn mag dem H. Saclis auch dos werk Ovids wie auch Miden
werke des klassischen oltertums und der renaissanco noch vor dem erscheinen ainat
(loutschea Übersetzung zugänglich gewesen sein, so liegt doch ein hinweis anf direkte
benutzong nirgend vor; und der umstand, dass H. Sachs die stoBe, die er e. b. im
Durchlauchtigen weibem des Boccaccio -Steinliüwel entnahm, als Ovidisoh bezeiehiMl,
ja dass er auch solche stoSe so benent, die es wenigstens in der von ihm gegebmuiD
ausfülirliohen form nicht sind, erklärt sich nach Dreseher volkommen ans den dwi
einzelnen abschnitten bei Bociaccio-Stoinhüwel vorgesezten mottos, die auf Orid lU
i^uetle hindeuten. Von algemeineroa bemorkiingeD sei hier noch emähut der hinwMt
darauf, dass dio form bei H. Sachs auch für die stofbeliandluug eine grosse nU«
spielt So zwang das meisterUed mit Beinen drei Strophen oft zu grossen kürznueca,
wülirend das sprachgedicht grössere ausführlicbkeit erlaubte, die denn auch b« d«r
Umarbeitung häufig eintrat. So bleibt bei dem meist«rgesang ,Die liebhabent Hins*
dio in dem sprucbgodicbt von demselben tage: „Die schentlich liebhabeot llim mit
irem vatter Cinera" in 13 leilen ersählte geburt des Adonis einlach weg. Änch nag
der reim nicht selten den grmid für abweicbungen von der quelle gebildet haben, wie
deim überhaupt die cinwirkung des reims auf die diohtung des H. Snohs gegenstanil
einer besondeni botrachtung zu werden verdiente. Auch bildliche darstell uogen. »is
die den quollen vorgednickten holzschnitte, waren unter umständen nicht ohne nia-
fluse auf die gestaltoug des Stoffes durch den dichter.
Dorubaus anschlieasen mnss man sich der [orderung Dreschers, dass anoh ui
bozug auf den inhalt, wie bezüglich der form eine wirklich fruchtbringende H. SHb-
forschung nicbt möghch ist obne die stete heraoziehung des handschriftlich erhalten«
matsriale.
Bei dem nachweis, dass di» Zusammenstellung für die tragödie: „Die infiT
argen königin'' teibt den vorlagen eatnommen, teils von H. Sachs selbst gemaobi ii>.
weist Drescher auch darauf hin, dass H. Sachs bei der liearbeitung einoa frfibsM
Stoffes oft nicht auf dio quelle zurückgieng, sondern sein eigenes fniharcs gedidil
bonuzte, wodurch mancherlei iLnderungen wider entstanden. In späteren jihteu 0t
es daher nicht immer möglich und such nicht notwendig, für jede abweichung wt
besondere quelle namhaft zu machen. Denn die grössere belosenheit and Uttanuwite
Sicherheit des dichtera lässt daraof sohhessen, dass er da auch manches aus «gMna
wissen oder gatdünken und erinnorung des gelesenen hinzutat
Über die metrik des E. Sachs spricht sich Drescher gelegentlich aas Id ib*
anmerkuDg zu s. C3 fgg. Darüber ist man wol jezt allgemein einig, dass die ffotr
löge derselben die tdlbenzählung ist, neben der die betonung eine geringe rolle qM
da dio vurtragsweiüe der meistersinger die obren gegen den onlarschied von beliaB|
TBIEN Ztl ttAN'S SAtlHS 275
1 Benkang abgesinmpft haben musto, Auch daria stimme icli mit DroBcher
rnea uboroin, dass synkope imd silbeaeiDscbiBbang sehr hüuBg dfkzu dienen
, did notigo silbentahl hei'zustoUen ; die verse. die ia den handschriften iiiclit
S «der 9 sUliun habeu, Usseo sich daroh gmiz leichte änderaugen auf diese zahl brin-
pHi imd müssen nuuh so umgestaltet werden. — Die BprachlicheD bsmerkiui-
pn am schlnsae weisen (wie auch schon ref. bd. XXIV, a. 262 dieser ztscbr.) iiuf
(i( botwendigkeit bin, för die apranhücho haarbeitimg das H. Sachs die handschiiften
iD gninde eti legen; denn der gedrufkte text der folioausgabs iteigt so ^el wilkjir-
I bebe sbwMchungtin, ians er nicht kut gmudlage spTachücher nnt^isuobunjren über
L Sachs genoraincu werdim kann. Für den gebrauuh des nmlautes freilich acboicon
1 ifie handsohrifteu keine geaügende onterlage za geben. Denn wenn der ein-
u-baken sowol für das u wie für den umlant angewendet vriid, wenn das
n umlautHzeiohen (") sowol als solches wie als bezeiohuang für u verweudiuig
t, wtmn e als umlant für o den u-haken teils bekomt, teils aach nicht, wenn
(-haken hei o oft überflüssiger weise steht nnd wider da fehlt, wo er hingehört,
. Sachs umgelautet« und nicht umgelnutete formen, wie der reim zeigt,
nandor verwendet, so ist auch dio handschriftliche gmndlage für die spräche
1 H. Sachs keine unbedingt feste, weon aucli freilich eine sicherere und zuverläs-
'N, als die durch die wilkür der dmokor vetänderte spräche der folioausgabe and
r «Inzeldnicke.
rdsutache satzban dargestoit von Hermann W DD derlleh. Stuttgart, J, G. Cotta
»ohfolger. 1892. XTV und 253 s. 4 ni.
Dieses frisch und lebendig geschrichuno buch, dessen ontatehung aus eigenem
Wirvortrage an vielen stelleo bemerkbar ist, erscheint mir zur orientieruog über das
erbiet und über viele probleme der deutschen syntai seht geeignet. Der varlasaer
fi^hl durchweg von dem heutigon sprachgebrauch-e aus (Goethes werken vom Götz bü
"al er mit vorlielM belege entnommen) und erofnct von dort einblioke in den iiinter'
E'^Uid früherer sprach perioden. Freilich kann und will, zumal beim ersten anlauf,
'"" 4ai^t«llung auf diese weise uioht erschöpfend sein. Der Verfasser bezeichnet
^ Selbst s. 20 fg. als eine skizzenhafte, die eist bei der erforschung einzelner dook-
"lUer ToUe färbe erhalten könne; doch bietet er an manchen stellen neben der orien-
''*tviidea nbemcht anch neue beitrage zur 1ösun£ schwieriger fragen.
Dio eintoilung des stoffos schliesst sich — was auch ich für dos förderlichste
'('te — an die sonderang der Wortklassen an. Aber nicht nur gegenüber der Becker-
f^W] identiücierang des satzes mit dem urteil liat der Verfasser Stellung genommen
'"•2 fg.. vgl s. 17 — 19. 108—110), sondern audi an iüteren lebrbüoliorn von Schot-
•»Uä bis auf Adelung übt er gelegeutlich seine kritik. Im Vorworte wio au ver-
"adeueii stellen dos buehes findet or veranlassung, gegen Wustmanns ,aprach-
■öinheiten" aufzutreten.
loh hebe einzelhaitou heraus, im weseatlichen der anordnung dos buehes
Klar oad zum nachdenken anregend ist die erürtemog der sStze ohne vcibum
B^ %' i'*^ 137), sowie die orörtorung dw einzelnen Wortklassen s. 12 — 19. Ülior
^ Imipom lies verbams ist s. 3S fgg. manches gut gesagt; zur erkUrung des nhd.
™8nitin bm lerrden itb faturumscbreibung zieht Wanderlich s. 41 neben der analogie
18*
876
der andereo liIUsTarba auch die venuenguag der inflnitivrcinn mit dem fl<
psrt. pracs. heran.
NioLt billigen kann icti die «rklärung der DebensütKe mit
(>M, en-) s. 69 fg., in denen IVunderlioli deu uot^uncttv ob ^jussiv* aoffutst wi
von der negatioD meint, dass sie couventiDDell aucb in fügungen hiaübergenatnmeD
worden aei, mit denen sie eigentücii nichts zu Bchaffen gehabt habe (b. 71). Ader
gerade in den Kltesten und am besten überlieferten fallen iüt die negaäon immer ror
banden, vgl. die beispieUomlaug bei Dittmar im Ergänzungsbande unserer seitscbnlt
(1ST4); und deshalb pasat für diese riille nur die conditionate oder excipierende bedeo-
tung dieser merkwürdigen nebensfitze. Später erst zeigt sich die neignng, die negs-
tion fortzulassen; diese fartlassung mag bisweilen durch eine jussive aufla-ssiing ÜM
oonjunotivs befördert worden sein (wie z. b. Nib. 14, 4 t» icelk got bekiielen eigeol-
tich; wenn Gott ihn nicht boacbutzen will, aber leicht verbunden mit dam
gedanken: Gott wolle ihn beschiltzenl
Das schwielige problem der stellong des verbunis am Mtblnsse des nebnsitue
wird s. 88 — 95 bebandelt-, Wunderlich versucht s. 91 fg. eine neue erklining, bden
er darauf hinweist, dass das verbum im nebensatze deutlicher und bewusster aU im
hauptsatze als trfiger der einbeit, als cotwendigo unterläge aller besUmmongon gefiad
werde, "Wahrend ich diesen gedanken als geistreich und thiohtbar anerkenne, kann
ich keinen genügenden gnind dafür ünden, dass Wnndorlich den einen nonnal^pni
der verbalstallung im hauptsatze („verbum an zweiter stcUc") s. 97 in drei t^yv
zerlegen will. Die „Inversion" nach und wird s. 103 berührt, ihre vecsuhiedentu
fälle aber nicht genügend geftondert; vgl. J. Poeschel, programm Grimma 1891-
Die geuera und numeri des nomens sind mehr lenikaliach als syntaktisdi
behandelt; fast gar nicht besprocheE ist der gebrauch des inflnitiTB. Die begriflich«
absonderung relativer (d. h. ergituzungs bedürftiger) substantiva (s. 120 Ig.) ud
ndjektiva (s. 167 fg.) ist fruchtbar gemacht-, festzuhalten ist natürlich, doss ancb M
dem wandel unterworfen ist
Bei der lehre vom accusativ ist die Zusammenstellung von objektan, die
durch die verbaltätigkait vergehen («f i^seJineitUi die pfeife) mit solchen, üs
durch sie entstehen {er schneidet pfeifen) a. 144 mindestens aoffiülend. Der Si>
litive accusativ, der einen durch die handlung erst entstehenden oder bewirkten gegw-
stand angibt, verdient für sich betrachtet zu werden, und diese betrachtung iat genl»
im deutschen sehr fruchtbar und lehrreich; ihm gegenüber aber noch etwa dttM
«destructiveu'' abzusondern, süheint mir unnütz, da das vernichten (grammatiwti
betrachtet) nur eine von den vielen arten ist, einen vorliegenden gegenständ n
behandeln. — Den doppelten accusativ bei lehren werden wir (ebenso wie deu b»
ahd. heltm, mhd. terhein, ceratcigen) als altdeutschen Sprachgebrauch ansetzen nät-
sen; die von Wunderlich s, 146 versuchte erklärung durch ergünzung eines in^ilin
{er will mich deutsch [spreelienj lehren) ist mir nicht einleuchtend,
Die behandlnng des dativs a. 151 fgg. ist sehr aphoristisch. Für vids OUt
nnmeutliob im gotischen, aber auch, noch im ahd. und mhd., acheint mir doch 41*
ansebauung eines liLumlicben gegeuiiberstehens (aus der dann anuh leicht lÜi
voistellnng eines persönlichen verhtUtnissea erwachsen kann) ein nicht nbnawEiMii-
der erklümngsgrund zu sein.
Zur erklämng des satzeröfnenden et sind s. ISO zwei bcaclttensweite nt-
Hchläge gemacht Dass aber in dem satze es enltprani/ streit diu snbstautiv jemab
als prüdikat gegolten habe (a. 140), will mir nicht einleuchten. — Das iironoma
ÜBJSB WUNDERUCfl. DEUTSCHER 8ATZBAÜ 277
dertelbe ist s. 192 mit recht nicht ans einem ^papierenen stil*^, sondern aus einer
sehr begreiflichen neigong gerade der volksdialekte zu volleren pronominalformen
eikliii
Die Partikeln werden im lezten abschnitt s. 201 — 248 teils nach ihrer
bedentong, teils nach ihrer abstammung geordnet vorgeführt. Nicht verständlich ist
oür das s. 221 über detm und dann gesagte; sonst gibt dieser abschnitt eine vielfach
brauchbare übersieht
Aach in den hier nicht besonders erwähnten teilen enthält Wnnderlichs buch
nel nützUche anregnng.
0. EBDMANN.
G-octhes gedieht e. Auswahl in chronologischer folge mit einleitung und anmer-
kungen von Ludwig: Blume, prof. am k. k. akademischen gymnasium in Wien.
[Schulausgaben klassischer werke 44. 45.] Wien, Karl Graeser. (1892.) XXYI
und 278 s. 1 m.
Der herausgeber, der 1879 eine feinsinnige Studie über Hartmanns Iwein ver-
öffentlichte (Wien, A. Holder), hat, wie Mher Goethes Egmont, so jezt eine aus-
▼mbl von Goethes gedichten für lehr- und schulzwecke bearbeitet Diese auswahl
uiterscheidet sich im umfange wie in der art der erklärung nicht wenig von der
kfur^ch von direkter Franz Kern herausgegebenen (Goethes lyrik ausgewählt und
orldirt für die oberen klassen höherer schulen. Berlin, Nicolai. 1889. 128 s. 1,20m.).
l^ie eigentümlichen Verdienste beider ausgaben suche ich in einer kurzen vergleichen-
<iexi besprechung zu charakterisieren.
Gewiss ist es wünschenswert, dass für die schul- und privatlektüre eine nicht
2^1. sparsam bemessene auswahl von Goethes gedichten zur band sei, auf welche
Kioli das Studium zunächst concentrieren kann; und zwar eine auswahl, in der die
S'o^chte chronologisch, d. h. nach der fast in allen fällen genau bekanten zeit der
Entstehung geordnet vorliegen, weil sich so fortwährend die lehrreichsten einblicko
'n^ das leben und in die künstlerische entwicklung des dichters, sowie in die littera-
^^x^eschichte seiner zeit gewinnen lassen. In diesen beiden grundsätzen sind Kern
^c^n.^ Blume einig; in der abgrenzung der auswahl aber (nach der gerade Blume s. V
sruiächst beurteilt zu werden wünscht) weichen sie erheblich von einander ab. Blumes
^xiswahl bietet 152 nummern, Kerns nur 71; seine absieht war offenbar, die schul-
^eVtüre auf die schönsten und für diesen zweck am meisten geeigneten gedichte aus
OoeÜies reifster zeit zu beschränken und in diese sich gründlich zu vertiefen. Das
^teete gedieht bei Kern ist der „Wanderer*, während Blume schon mit der „Höllen-
^Bthit Ghiisti *^ (deren echtheit durch den brief des jungen Goethe an seine Schwester
^m 12. Oktober 1767 allerdings eine bedeutende stütze gewonnen hat) begint und
inch aus der Leipziger und Strassbuiger zeit reichlich belege für die persönlichen
eriebniflse und empfindungen des jungen dichters bietet Auch sonst merkt man
^ibeiiü, dass für Blume die yeranschaulichung der persönlichen entwicklung des dich-
^ durch sprechende proben seiner lyrik reizvoll gewesen ist, während Kern sich
te iQflBohliesalich an gedichte hält, die auch ohne rücksicht auf ihre Stellung im
MiQQggiQge Goethes wertvollen stoff zur objektiven betrachtung und Würdigung bei
: d« Uassenlektüre im gymnasium bieten. Die meisten von Kern ausgewählten gedichte
k M B der rabhlicheren samlung Blume's ebeofals vorhanden ; doch vermisse ich in
lielA nur die „Musen und grazien in der Mark*^, die dem Berliner herausgeber
ge abgedruckt; Blome T«^
i soodent. BafOr gilt dii
wer nidit bograilt, im
auharf liurvorgehobeo mi
278
ODZieboodBr selu musteo als dem Wiener, sondoro eu meiDW verwand ennig ancb
die elegie ,Eu])hro3yDe'^, die doch gewiss eine heirlii'be pnmaaerlaktüre hietot. Ba-
den gflinliuigeü fehlt das schöne nnd lehrreiche gediuht ,IIaiiH Sachseoa poetische
Sendung"; ebenso , Deutscher paniass", das freilioh als Hcbulloktfii'e nicht üblich in;
nur Sem bat auE den , König iu Thule" verziohtet. Ohne fra^^ ist bei Kern wie hei
Bluinu reichlicher und bildender etoS geboten; es wärB verfehlt, hier über edu klei-
nes mehr oder minder rechten zu wolleo. Nur gewährt Blume zugloicL %'ieItachM
anhält für den lebrer, um den persöolichen lobensgong Goethes au die entwiokluog
seiner lyrik anzuknüpfen, während Kern sich mehr an die nach ihrem uttJ^ktiTei
gedanltouinhalte woitvoisten gedichte hält.
Rem hat die gediohte einfach in cbronologischeT f<
sacht, Perioden und Unterabteilungen det?9elben z
bemerkung Scherers in seiner Litteratui;gesohiohte s. 751
die einachnitte der epoohen in der darstellung zugleich
andereeits doch wider verwischt werden müssen, der kent weder das leben noch <1»
gesohiohte. Es ist in der tat gerade bei pädagogischer einfülirung iu den gang vn
Uoethes leben und dichtung unerlüäslich, scharf markierte abschnitte zum anhalte fur
die übersiebt über den weit ausgedehnten stoS zu bieten, und anderseits doch miYtt-
meidliob, daas sidi bei der betrachtung und Würdigung des einzelnen diese vorliullj
angesezte einteilung durch vur- und rückbUclie und übergüoge wider verscliiebl lud
verwischt. Ich halte deshalb Blumes periodisiorung — ebenso wie den frölierun »«•
such von Julius Saupe in dein noch immer seht echätzens werten und bniDclihsrsa
büchlciu Qoethes lelien und werke in chronologischen tafeln (Gera, fi. £i-
nitz, 2, aoil. 18Ö6; preis 75 pf.!) für dankenswert trotz der einwendungen, die icl
an uebreron punJcten gegen sie zu machen habe.
Blume macht den ersten haupteiuschnitt um neujahr 1775 (so dass die Uinln
an Lili mit der Weimarer leit KUBanunengofasst worden!), den zweiten im herbd
1787; von den di'ei so gebildeten porioden teilt er die erste nochmals um 1769, <lii
lange dritte noch zweimal, uünilich um 1797 und 1S14. Es ergibt ^ch also folgm^
einteilung der gedicbte;
I. Erste Periode 176B— 1774;
1, abschnitt 1765 — 1769, beginnend mit der „Uolluiifahn Jesu Chrisli*,
absclitieasend mit gedichten des Leipziger liederbnches;
2. abschnitt 1770—1774, beginnend mit dem Sesenheimcr „Wjllkonun snij
abschied", Hchlieasend mit „Künstlers abendüed".
n. Zweite Periode 1775 — 178G,
beginnend mit dem ersten Ii1i-gedi«ht „Neue liebe, neues leben", abschliessend aiit
„Mignon" (H) „Nur wer die Sehnsucht kent"; also auch schon die „Zueignung' unJ
einige dor älteren epignuntne umfassend.
UI. Dritte periode 1787 — 1832:
1. abschnitt 1787 — 1797, beginnend mit „Cupido als gast", schliessnd oft
der kleinen e|iistel „An Bohiller-';
2. abschnitt 1797— lt<14, beginnend mit der xnraguung des Faust, EobUcMal
mit einer auswahl aus den Sprüchen bis 1814 und dem schlusschor aus _t>M^iB»-
uides erwachen";
3. abschnitt 1814-1832, namentlich proben aus dem „Divaa'
und schon abschliesgeod mit dem „Wächterlied " aus Faust (11, 11288 tgf.)
270
Dw stiebon nach künstleriaeber nbnmdung und nach berückitichtignDg bedou-
roUor erleboissB Goethes ist bei dieser gruppiorang vielfach merklich, Doch
Ütl sio aauh bedenhen genog. obwol Blnme §ie in der Liinleitnog s. XXII fgg. ver-
idjgt hat Eioo wie maniugfftche edtwicklnag wird in den abt^ungen I, 2 und II
aungedräogt! Der unlersohied swisoheu dem l*ipzi(;er uod dem Stniasburger
a Ooothe ist für unsefe äugen, wie ich meine, nicht so gros», wie der zwischen
Htm Strnssbui^ei' und dem Wetilarer. Die überEiedelang noeh Weimar macht einen
cruschnilt, der nicht verwisoht werden darf, trotz der reminieceozen ao Mi. Bio
Hitolbilhcn in den ersten 10 Weimarer jähren auftretenden neuen elemente bedürfen
BT sachlichen sünderutig u, v. a.
Om mir nioht den vorwarf einer nur negierenden kritik zuzuziehen, will ieh
Kbnte über Blumes eintdlusg die von mir selbst nach mehreren veii^uchou
eetelte nnd für den Vortrag benuzte Bnordnoug in skizzenhafter form zur ver-
ichnng gegennboretoUeD, Dass ich — ebenso wie Blume — für die schnellerem
de) auagesezte Jugendzeit kürzere periodon atifgestelt habe, ab fär die ep&tero
vieklnng, wird keiner reohtfertignEg bedürfen, Innerhalb der zeitlichen periodeu
n ich sachlich verbundeae gruppen gebildet.
I. JugODdzoit bia mr abreise noch Strassburg 1T70. — Motto: A /4ii tiigili
\i7tes ol naiSuJirnt,
u) Prwikfurt — 1765: Höllenfahrt Christi. — b) Leipzig 1765—68: 1. poe-
ibe episteln und scherze. 2. galante modelyrit. 3. öden an Behrisch. [4. vorlo-
m ,idylle', DW. buch VD.]. — e) Frankfurt 1768 — 70: epistcin. [märehon?]
U. Studienzeit in Strassburg 2, april 1770 — 28. augnat 1771. Motto: Was
S in der jugeud wünscht, hat man im alter die fülle.
1. Sesenheimer Ueder. — 2. volksLed. — 3. Ossianüberaetzung.
III. Leben in Frankfurt, Wetzlar, Frankfurt bis tat veröffuntlichnug des
ätz* (herbst 1TT3). Ebtritt des freiheitaatrebenden Jünglings in das loben der
t und geselschsft; ringen noch ruhe und nach klarer, eigener anachaaung der
Dttmg nnd knnst. Aber motto dennoch: Es ist dafür gesorgt, dass die bHume
in den himmel wachaoo!
Dichtungen (odon) in freien veraon: Wanderers aturmlied. Der wandror. Der
ar und die laabe, Felsweihegesaog. Elysium. Pilgers mergenlied. Concerto dra-
lioo.
IV. Lezto zeit in Frankfurt
iSttBA contra deum, nisi dous i]
1. allerhand gelegenheitsgediuhte. — 2. lieder und spräche an Lili, — 3. volks-
iliche lieder und erste bailaden. — 4, geniedi-ohtungen (Maboraet; schwagej' Kro-
>; ^metheusi Qanymed). >- 3. aatiriacb- humoristische streifzüge. — 6. künstler-
Itt {im anscbluss daran: Hans Sachsens poetische sendung).
T. Erstes Jahrzehnt in Weimar. (7. nov. 1775— juU 1786). Weltmann
Durebbruch des gonies
t (berhst 177H-
1. pereönhehe Stimmungsbilder (, Eislebenslied " — , Seefahrt' — „Hofftmng" —
Bdutatung" — , Sorge" — , Bcherzigung "). — 2. neue dichtungen in freien
Onoi (oft polioodien zu IV, 41): Harzreisc. Geatteg der geister. Meine gättin.
ItttUohe. Grenzen der menscbheit. — 3, lieder der aehnsucht nach mhe (viel-
ptUnadien zu lU. IV!), — 4. zweite reihe der bolladeo, — 5. neue volle erkent-
fst diditui'berufB (Omenua. — Miediugs tod. — Zueignung).
L»8ü
EBDMAMK, ÜBKB BLUMK, 00BIHI8 GEDICHTE
VI. Italioniscbo reisen and ihre nachwirkung 1786~>1797. Klassische
richtung*
1. ologiou (ri'imischo); dazu: Cupido. Amor als landschaftsmaler. — 2. epi-
{^rainmo: a) antiker form sich nähernd; b) vonetianische; c) xenien. — 3. e|U8tdiL —
4. olegiün 11.
VII. Von der Schwoizerroise bis zu Faust I. 1797—1806 (1806). Cht-
raktoristiseh : A rück kehr zu alten planen und früheren richtungen. B berähmng mit
mnmntik und woltlitteratur. 0 einkchr und selbstbetrachtung (lehrhafte richtmig).
1. Dout8ohor pamass (vgl. jezt Goethe -Jb. XIV, 196 fgg.). — 2. leste antiki-
sienuide diohtungon (Weissagungen des ßakis; vier Jahreszeiten). — 3. praloge
Faust 1. — 4. sonetto. — 5. lezte balladen. — 6. epilog zu Schillers Glocko.
VIII. Lezte zeit 1806—1832. Kuhig beschauliches alter in vielaoitiger tätig -
koit. («Ohne hast« aber ohne rast drehe sich ein jeder um die eigene last*^.)
1. Di van und anden> Sprüche. — 2. gelegenheitsgedichte an peraonen.
3. maskonzügo und verwantes. — 4. gesellige lieder. — 5. neue lekkmaohalt
6. torzinon. — 7. lynscho stellen aus Faust II.
Violloioht ist neben oder statt der periodisierung Saupe's und Blume'a auctS ^^Ji
manches aus dii^or skizzo für andere als anhält beim lehrvortmge braocfabar.
IVr toxt ist in Hlumo's auswahl für einige gedichte (z. b. Mahomets gesan^ ..^^ng
und opilog 2u Schillers Glm'ko) in der ursprünglichsten gestalt, für die meisten ihr r rr
r.
le
e
würdiaTun»: hat der Verfasser mit rtvht dem lesenden schüler und dem zum verstSndo
anleitenden lehrte nicht vv^nnroif^n wollen. Nach Lieiden seilen hin stelle ich Blum«
aiin)orkur.^'n höher als die v^-n Kern, v^bwvl auch diese manches wertvolle enthalte-
Nur für cinrolno i^\iiohto •£. K die .Harz reise* s. lt>4) gibt Blume dne dispositic
ilo> 4^^;allkov.pi!;l^^. Pio füi ias ctNii^ht .Ilmenau* v. 116 fg. voigeschlagenc ei
ruiu: i>: uvh: K^akhtor.swt r:. K::: oxcur> s. 112— 119 > behandelt die freien rhytl
lucn tvvthcs. wc^;v. ;o:: auf viio schr.ft v.^r. A. Gvldbeck-Loewe (München, BacJ=
hv^h. l!^^*. :;; vorÄ-.isor. ist; c:a andcri^r s. 171 — 174 1 cibt eine lehirekhe übeisift^ -^'ht
Kur: vi.o :u: sehr o r.'.uX^- v^x^s i^'rc:^ u«: a'visvahl Blume's beruht auf ef^^ni-
stx>R*. uv.i \ ers::i::xln:s\ . '.lo:r. >:u.::uir. Gwthe^ usi kann auch ausserhalb der uihL ^m\k
ua<.'h der ausinilH? lezter band gt^geben. Die anmerkungen (s. 105 — 274) enthalte:
viel giiti's material zur einführung in die lektürc der einzelnen gedichte, auch
faltig^' anjralxMi ülvr ort und zeit der ersten Veröffentlichung und über
kom)Hksition : in Ivzug auf die auffassung des Zusammenhanges und die
Sa«:^-.-. A.;^' T:t;* V^-^. Icmat t. ÜBcvcle. 2. asf
Va^r At^stf": •SjsjP^- *us ri:v.> ^«r Ji:i.--> iVir^- '.iviT:* £r;ci»»>?
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IJ.
cpmaiiist kat adi
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CMidkaiob
SKEBIB, VBKR ZIKQXBLI, SAGEN AUS TIBOL 281
aDsprach machen. Ich verzeichne ein paar nachtrage für das Posterthal. In den
«Sontagsblnmen*^, beilage zum Tiroler volksblatt 1890, nr. 20 — 24, teilt F. Lindner
unter dem Titel: «Aus dem Sagenkreise Osttirols ^ folgende sagen mit: die fürger-
hexe; der büssende ritter; das liebfrauenbrünnl; die wintersennin; die anholden dir-
nen; der weisse gemsbock; die rauschende Petsch; 1891 nr. 1 — 4: die wiege des
antiohrist; die norgen der gand auf Eppan (von Jostina Ralf).
Zingerle steht bezüglich der mythologischen deutung auf dem Standpunkte von
Grimm, Wolf und Simrock, was ihm nicht zu verargen ist, da er ja mit dieser rieh-
tong aufwuchs. Für eine etwa folgende dritte aufläge möchte ich folgende vorschlage
machen:
1) die sagen sind nach landesteilen und mythologischen Stoffen zu ordnen,
-wobei ähnliche sagen nicht beständig widerholt werden dürfen.
2) Bei der auswahl der sagen soll der moderne mythologische Standpunkt zur
^eltung kommen, welcher nicht nach Simrocks manier alle legenden, die etwa aus
predigten oder erbauungsbüchem ins volk gedrungen sind, für die germanische mytho-
logie in anspruch nimt.
3) Die anmerkungen haben nur dann grossem wert, wenn sich aus ihnen die
Entwicklung der mythologischen anschauung bei den einzelnen in Tirol vertretenen
Stämmen in ihrem zusammenhange mit den religiösen Vorstellungen der andern deut-
schen Völker ergibt
Zingerles buch solte nach der absieht des Verfassers auch ein Volksbuch sein
und die alten, schon halb vorklungenen sagen wider ins bewusstsein bringen. In die-
sser beziehung wünschen wir der samlung doppelten erfolg.
MÄHMSCH-WEISSKIROHXN. JOS. SKEBER.
MISCELLEN.
Zn Lnthens sprachgebraueh.
Nr. 30 und 38 der von Klaiber gesammelten „ Lutherana *^ (s. 51. 56 dieses
bandes) erklärt prof. dr. Köstlin in einer freundlichen zuschrift aus der waidmän-
nischen beobachtung, dass das wild, wenn es recht vorsichtig gehu wolle, mit
weit gespaltenen hufon auftrete. — Zu nr. 41 („dem Pilatus opfern'^) erinnert
derselbe an Job. 19, 13: Pilatus ... sezte sich auf den richtstuhl; vergl. Grimms
und Heynes Wörterbücher s. v. papst — Zu nr. 33 (lied vom habersack) sind die
anführungen aus Mumer s. 216 fg. dieses heftes zu vergleichen. Eine in Ostpreussen
noch jezt beliebte fassung des liedes steht bei Frischbier, 100 ostpreussische Volks-
lieder (Leipzig, C. Reisner, 1893) s. 118.
Zum Engelhard.
2730 fgg. hat Haupt als eine „verzweifelte stelle '^ im texte oSen gelassen.
Überliefert ist: cUs ob tüserU hemere
Da klangen in einer Schausen
Es gälte manniehe hausen,
Bartsch in den Beiträgen zur quellenkunde der altdeutschen litteratur (Strassburg
1886) 8. 161 schreibt: als ob tüsent hemere da klunge en ebenhiuxe, ex guUe tnanige
282 8PB8N6SB
biuxe dax goU dax dd verreret wart, Eugen Joseph in der zweiten aufläge tob
Haupts ausgäbe weist diesen Vorschlag zurück, indem er mit recht bemerkt, das»
sich mit den werten ex gtdte manege hiuxe in diesem zusammenhange ein passender
sinn nicht verbinden lasse. Aber auch Josephs verschlag aU ob iüsent hemere d&
klungen in dem louge, ex giäte manege bouge dax goli dax da perrSret wari, den
er in den text aufgenommen hat, trift nach meiner ansieht das richtige nicht TiA-
mehr meine ich, dass von der durch Wackemagel und Iiaohmann vofgescfalagenen
und von Haupt in seiner Zeitschrift 4, 556 erwogenen Verbesserung des verses 2732
ex güUe manegen bisant auszugehen ist, da sie der Überlieferung am nächsten komt,
und bUant ein von Konrad gebrauchtes wort ist In dem in einer v. 2731 steckt
wol in ein (enein) „zusammen*^, während der rest des verses allerdings nicht mit
Sicherheit herzustellen ist Ich möchte schreiben:
(meh horte man dar under
von siegen ein getemere,
<Ü8 ob ein tüsent hemere
dd klunge in ein reht dd xehant.
ex gtUte manegen bisant
dax goUy dax da verreret wart.
Zu Walther von der Togelweide.
Lehm. 148, 1: Ich hoere des die wisen jehen,
dax ein gerihte sül geschehen,
dax nie deheinex me wart also strenge,
der rihter sprichet sä xehant:
„gilt äne borg und äne pfant**,
dd wirt des meines rät vil kurx und enge.
Im Mhd. wb. I, 164 wird vermutet, dass v. 5 gilt äne borgen unde phant
gelesen und borgen = bürgen, dat plur. von borge sw. m. erklärt werden müsse,
und zwar wegen der feststehenden rechtsformel bürge unde phant. Pfeiffer (nr. 89)
behält zwar die handschriftliche lesart bei, erklärt aber die form borg nicht, verweist
vielmehr auf die anm. zu 79, 63, wo pfant noch bürgen steht Nun ist aber bor^
= bürge bei Walther nicht weiter belegt, die form scheint vielmehr mitteldeutsch.
Ich erkläre mir borg an dieser stelle = „bürgschaft*^. Diese bedeutung ist bei Leier,
Nachtr. s. 97 zwar nur durch eine stelle dos Freiberger stadtrechts belegt, war aber
wol häufiger, wie auch im mnd. (s. Mnd. wb. I, 386). Von der gebräuchlichen for-
mel ist also nur insofern abgewichen, als hier an stelle des concreten die b&rgt
(plural) das abstractum der bore getreten ist
Zu Friedrich Hebbel.
Durch die neue billige ausgäbe, welche jezt im vorläge von Hoffmann und
Campe in Hamburg erscheint, werden die werke Hebbels unzweifelhaft die verdiente
weitere Verbreitung finden. Freilich ist Hebbel kein dichter für jedermann, und so
ist es begreiflich, wenn neulich ein viel gelesenes familienblatt der verlagshandlung
keine günstige aussieht für ihr unternehmen eröfoete. Wenn man aber von dem
hohlen pathos und den vielfachen geschmacklosigkeiten des dichters reden hört, so
erkent man leicht, dass dieses verdammende urteil meist einem mangelhaften ver-
MiBcauxKN 283
ndnis entspringt So wurde mir neulich eine stelle des ^Diamant^ als eine
che genant, in der der dichter sich einen schlechten scherz erlaubt habe. Sie
ht in dem 2. bände der sämtlichen werke s. 72 (ausg. v. 1891) und lautet:
Dr. Pfeffer. Streckt den Juden am Boden hini
Block (zu Jörg). Nun werden wir zu sehen kriegen, ob der Mensch
inwendig wirklich wie ein Schwein aussieht!
erdings ist die stelle unverständlich, wenn man nicht weiss, dass die anatomen
; mittelalters häufige Sektionen an Schweinen vornahmen, weil sie deren inneren
1 filr dem des menschen sehr ähnlich ansahen. Auch der amerikanische dichter
Qgfellow erwähnt diese anschauung der mittelalterlichen medicin in seiner „Golden
gend*^ (The poetical works of H. W. Longfellow. Tauchnitz ed. vol. n s. 129):
After ihia ihere are five yeara more
Devoted wholly to medietney
With lectures an ehtrurgieal lore,
And diaseetiofis of the bodiea of swine,
As likest the human form divine.
ngfellows kontnis beruht auf Kurt Sprengeis Versuch einer pragmatischen geschichte
r arzneikunde. 3. aufl. Halle 1823. Hebbel schöpfte dagegen wol aus dem volks-
luben seiner heimat Ditmarschen, wie ja anschauungen der mittelalterlichen medi-
i noch vielfach in der heutigen volksheilkunde bewahrt werdend
Zu „Siegfrieds tod*^, 5. akt. 7. scene (Werke 5. bd. s. 120).
Eriemhild spricht: Fandet Ihr?
Was sprach er da? Em Wort! Sein letztes Wort:
Ich will dir glauben, wenn Du's sagen kannst,
Und wenn's kein Fluch ist. Aber hüte Dich,
Denn leichter wächst dir aus dem Mund die Rose,
Als Du's ersinnst, wenn Du es nicht gehört.
ISS rosen aus dem munde lebender menschen wachsen, berichtet die mittelalterliche
;ende. Hebbel kante wahrscheinlich die kleine mhd. erzählung, welche v. d. Ha-
n Oesamtabenteuer HI. bd. s. 599 fgg, abgedruckt hat. Auch in Kirchhofs Wend-
mut herausg. von H. Oesterley bd. 5, 32 wird erzählt, dass rosen aus dem munde
les betenden Karthäusers fallen, wozu der herausgeber auf Luthers tischreden 351b
rweist Zu vergleicheo ist auch die bemerkung J. Grimms zu einer stelle des
V. Neuenstadt in den Altdeutschen wäldem bd. 1, (Cassel, bei Thumeisen 1813):
^em ersten beispiel vom rosenlachen liegt ein noch nicht ganz verschollenes
ihrchen unter. Begabte glücksleute lachen blumen und rosen, weinen perlen und
Id (wie Freyja)*^. Möglich ist also auch, dass Hebbels anspielung auf volksttLmliche
erlieferung sich gründet.
Wnrmlocli.
Wurmloch stn. wird in Lexers band Wörterbuch IQ, s. 1010 ohne weitere
[lärung mit einer stelle aus Heinrich Mynsinger von den falken, pferden und hun-
a herausg. von Hassler (Stuttgart 1863), s. 78 belegt: das pulver werfen in die
irmlöcher (des kranken pferdes). Yen einer derben speise pflegt man noch jozt
1) [Vgl. aachFr. Reuter, üt mine fostungstid , cap. 5 (SHmtl. werke, Tolksausg. 1878, bd. IV
283). B«L]
284 6PSBX0KB
in Norddoutsohland zu sagen, dass sie sich vor die Wurmlöcher setxe. Hier
net der ausdmok offenbar die gedärme, die wol wegen ihrer warmförmigeo bewegiu-
gen so genant werden. Dieselbe bedeutung scheint vonEuliegen in Jeremias GottfaelfB
Uli der knocht, 13. kapitel (ausgäbe von Ferdinand Vetter, Leipzig, Philipp Beclim
jun. 8.180): „Aber heiss ihn kommen*^, sagte die mutter, «es düecht mi, d' Wurm-
löcher solten ihm aufgegangen sein*^. So in der ausgäbe von 1841, wihrand in der
von 1850 mit rücksicht auf nicht schweizerische leser geschrieben ist: der appetit
Holte ihm gekommen sein.
Za WoUhuns Pani?tfl.
147, 28 got was an einer süexen xmM,
do*r Parxivälen tcorhte,
der preise wSnec vorhte.
Diese stelle ist nachgeahmt von Rudolf von £ms im guten Gerhard 2174 gol wu im
tjüetllckcr xuht, do er dir tnensehltehex leben geruoehte in sölhen tilgenden
Bartsch bemerkt zu dieser stelle: y^xuht ist hier das schaffen, bilden; es war «i- ^-«n
liebliches schaffen, als Oott Parzival schuf *^. Nun lässt sich aber für xvkt dS .Edie
bedeutung ^das schaffen, bilden *" nicht weiter nachweisen; bei Lexer m, 1170 iflk-f ist
sie zwar vorzeichnet, al«r auch nur mit unserer stelle belegt Dass anoh hier d§.AE:^ie
bedeutung ^höflichkeit« liebonswürdigkeit*^ anzunehmen ist, geht auch herrc^-^pvor
aus der vei^leiohung von Parz. 464, 28:
got selbe antlütxe hat getwmn
ftdeh der ersten meide frukt:
dax tras sinr hohen art ein xuht.
Zwar hat Ikn^h, Germania VU, 212 luhi an dieser stelle = suboles lassen wolle ^^fen
aber hier hat Bartsch unzweifelhaft das richtige getroffen, wenn er übersezt: «df» .dai
war bei seiner hohen abkunft eine feine rücksicht, die er dem menschen erwies^K^^es*
Man vergleiche über die höreseheit gotes die anmerkung Haupts zu Erec' 3461.
Kindh. Jesu herausg. von Kochendörffer 2340 fgg.:
er fpraeh ^herre nnd fiebim fromte min
und dN, rii saligei kint^
Hnd alle, die mit in kie sinty
ftM Sit ir gote triUekomen
Hl ereezt den imperativ; deshalb ist das ir der Wiener hdsclir. (94, 55), wtkhM ^9^^ ii
kttner der übrigen handschriften übeiüefert ist, anstössig. Ich Tcnmto, das ^ ^
sohTVMben ist : ftn ^f7 aitr gi4e triUeiomem . , .
Die HNiensart gote ttillekomen sin . entspnetcbend dem Hebekdien bis iner fohnkes^'^'^^T
noch V. ITSö. Vgl. auch Enin^lhait 7^ so sint mir triitekmmem goie uid andp J i^Jeie
sieUen im Mhd. wK und bei Lex«.
Zu den veK>eR X"4 ic. in SiK^t« Vronwen Zuhu
Ja ieJk hlz sine kaixe J/m
tnd fianie sinen ksimt Rim*
MISCIUJ07 285
Zingerle, Germ. Vn, 197 müs und I^n als ^verkehrte benennungeii'' verstehen
», habe ich in Bezzenbergers beitragen III, 85 fg. an Reinke 1770, 2517 erin-
, wo Rin ebenfals als hnndename erscheint H. Lambel, der den yerweis auf
laert 2678 und 2681 hinzufügt, hat diese erklärung in der zweiten aufläge seiner
ihlungen und schwanke (Leipzig, Brockhaus 1883) s. 345 gebilligt Ich füge dazu
D beleg aus oberdeutschem gebiete, der beweist, dass dieser hundename noch
euerer zeit gebraucht wurde. In den Deutschen sagen der brüder Grimm l.ausg.
in 1816 lesen wir auf s. 151 unter nr. 92 (Blümlis Alp): „Des hirten geist, samt
3m hausgesinde sind verdamt, so lange, bis sie wider erlöst werden, auf dem
rg umzugehen; „icA und min hund Rhyny und mi ehu Brandli und mhie
krtfy müssen ewig uf Klaride syn!'^^ Als quelle zu dem stücke sind genant:
mchzers Naturgeschichte der Schweiz (bekantUch auch eine der quellen Schillers
Teil) und Wyss, Volkssagen 1815.
Dass aber der name des Bheinflusses auf den hund übertragen sei, wie
L Lexer im Mittelhochd. band Wörterbuch n, 441 für imsere stelle (= Ga. 1, 54,
I annimt, halte ich nicht für wahrscheinlich. Jüngst hat Selmar Kleemann in
er Schrift über die familiennamen Quedlinburgs (Quedlinburg, H. C. Huch 1891)
I den dort mehrfach vorkommenden familiennamen Riehn (Biehn) aus der kose-
i Begino gedeutet; und diese erklärung möchte ich auch für den hundenamen
schon deshalb annehmen, weil auch andere tiernamen im Beinke (Hennink,
ze, Metke) als koseformen zu erklären sind.
Zum Melker Marienliede.
MSD'^ 39, 6, 1 Ysdyas der uüssage
der habet din gewage,
wie rane Jesses stamme
uniehse ein gerten imme,
dd vone seoÜ ein hluome varen:
diu hexeiehint dich und dün bam,
Saneta Maria,
imme in v. 4 ist von jeher eine crux interpretnm gewesen. Die anm. in den
kmälern ' berichtet darüber: „nach Pezens umme vermutete Lachmann ehedem ger-
\ne, aber die ableitung gertunne oder gar gerteunne hat keine Wahrscheinlichkeit,
im. 2, 318 fg. Hoffmann vermutete gimme; dass aber ghnme auch wie lat
ma die bedeutung „ knospe '^ hat, scheint unerweisliclL Wackemagel liess imme
Brändert; möglich, aber nicht sicher istZachers üffe (Ztschr. f. d. phil. IV, 461).*^
Ich vermute, dass imme durch assimilation aiis impe entstanden ist, einer
eutschung aus mlat. impotus (pfropfreis, schössling). Vgl. aengl. mengl. impe,
»ngl. imp (hier z. b. bei Spenser auch von menschlichen sprösslingen), schwed.
y dän. ympe.
Zu Ztschr. XXY, 142 trage ich nach, dass der stoff unter dem titel Est, est,
auch von August Kopisch als „weinlied^ behandelt ist. (Vgl. die answahl der
chte Eopischs von Franz Brummer. Leipzig, Philipp Beclam jun. S. 311 fg.).
reten hier ein abt und sein mundschenk im wechselgesange auf.
NEUE ERSCHEINUNGEN.
Bartsch, Karl, Deutsche liederdicliter des 12. — 14. Jahrhunderts. 3. aufl., besorgt
von Wolfgang Golther. Stuttgart, G. F. Göschen. 1893. LXXXVI und 407 8.
5 m.
Dtintaser, H«, Friederike von Sesenheim im lichte der Wahrheit Stuttgart, J. G. Cotta
nachfl 1893. 152 s. 3 m.
Entgegnung auf die schrift von Froitzhoim (Gotha 1893).
Ewert, Max, über die fabel: der rabe und der fuchs. Rostock, diss. 1892. 124 s.
Franek, Joh., notgedrungene beitrage zur etymologie. Bonn, F.Cohen. 1893. 49 s.
Erwiderung auf die recension von Francks Etymologisch woordenboek der
Nederlandschs UmI im lit. ctralbl. 1893 sp. 51 — 54.
Frlsehbler, H., hundert ostpreussische Volkslieder, gesammelt und mit anmerkuiigeQ
versehen. Aus dem nachlass herausgegeben von J. Sembrzycki Leipzig,
C. Reissner. 1893. VIT und 152 s. 3 m.
Gneisse, Karl, Schillei-s lehre von der ästhetischen Wahrnehmung. Berlin, Weid-
mannsche buchhandlung. 1893. XI, 236 s. 4 m.
Ck^mbert, Albert, weitere beitrage zur altersbestimmung neuhochdeutscher wortfor-
men mit besonderer berücksichtigung des Heynischen deutschen Wörterbuches.
Progr. des gymn. zu Gross -Strehlitz. 1893. 20 s. 4.
Jahresberichte für neuere deutsche Uttoraturgeschichte herausgegeben im verein mit
Max Herrmann und Siegfried Szamatolski von Julius Elias. I. band (Jahr
1890). Stuttgart, G. J. Göschen. 1892. 10 m.
Jessen, £., dansk etjrmologisk ordbog. Udgiven paa Carlsbergfondets bekostning.
Ejebenhavn, Gyldendalske boghandel. 1893. lY, 291 s. 4 kr.-
Jönsson, Finnnr, den oldnorske og oldislandske litteraturs historie. Udgiven p&
Carlsbergfondets bekostning. Ferste binds ferste h»fte. Eebenliavn, i commis-
sion hos univorsitetsboghandler G. E. C. Gad. 1893. 240 s. Kr. 3,50.
Bas werk ist auf drei bände berechnet, von denen der erste die norwegisch -
isländische poesie bis zum jähre 1100, der zweite die Uüteperiode der islindischen
prosa (1100—1300) und der dritte die iitteratur von 1300—1450 behandehi wird.
Kahl, Wilhelm, mundart und Schriftsprache im Elsass. Zabem, druck und vorlag
von A. Fuchs. 1893. (VUI), 62 s.
Kettner, Gustav, Schillers Warbock. Progr. von Schulpforta 1893. 28 s. 4.
M6moires de la societe neo-philologique a Helsingfors. I. Imprimerie centrale de
Helsingfors 1893. 412 s.
Aus dem inhalt dieses bandes verzeichnen wir: Gustafsson, das stndium
der neueren sprachen in Finland. — Wallensköld, das Verhältnis zwischen den
deutschen und den entsprochenden lateiniscken liedem in den „caimina Burana''. —
Joh. Ohquist, über einige Schwankungen im deutschen Sprachgebrauch [enthalt
286 NEUE KRSCIUEINUNOKN
Zun pfkffen Amis«
2013. Sit er mich verstSn liej^. Zu meiner erklärung von verstSn = verfal-
len (ursprünglich von einem versezten pfände gebraucht) in dieser ztschr. Vlll, 215 |
vgl. auch Strickers Karl 3368 fg. swä er Sine triutce versetzet hat, ich gesekafftf
da^ si niht verstät, wo Bartsch verst&t ebenfals durch „verfält*' erklärt
NORTHEDC. R. SPRBÜOIB.
treffende bemertimgeD über die Bt. und sw. aäjelitivfLexioii). — W. SodDrhjelni,
über einige ritUe sogonanter foiinaler auiigleicbuDg [mit besonderer rücksiobt auf
doDtschen sprach gebrauch]. — M. geiliog, svetioismen ia der deutsoheu umgangs-
aprache iu Finlaad.
Hnndonu, ein englisches dramn hus Sliakespeares zeit übersezt von Ludw, Tieck.
Hersosgegeben toh Johannes Bulte. Berlin, Wilh. Gronau. 1S93, XXXIX,
67 8.
Nesbuir, L., nene mitteilungen über die sage vom ewigen Juden. Leip-
zig, J. C. HiurichB. 1893. 24 s. 0,60 m.
Enthalt eine reihe von nachtrugen zu der 1884 in gleichem verlago erschie-
nenen abluuidlung des Verfassers.
OUert, A,, algemeine raethodik des sprach untomchts in kritischer begriindung. Riji
hilfsbnch für lohror und studierende aowia zum gebrauche in pädagi^ischoii eemi-
I uarien. Haiiiiover, G. Meyer. 1893. Tu uad 293 s. 3 m.
' KADolt, Ilermanii, Lenz und Shakespeare. Kin beitrag zur Shakespearomanie der
aturm- und drangperiode. Berlin, Emil Apolnnt 1892. 110 8. 3 m.
Bester, F., die Erlanger freunde F. Rückert und J. Kopp in den jalireii 1634 —
1836. Nach familienpapieren dargestelt. Altena, programm des gymn. 1893.
86 sp. 4°.
Fortsetzuug und erg&nzutig der pragi-amiaabhandlung Altena 1888 {sueh in
komm, bei H. Seippel, Homburg).
Sdildter, W>, Untersuchungen lai' gcschichto der altsäciisischen spräche, L t«il. I)ji<
schwache declination in der spräche des Heiland und der kleineren as. denkmäler.
Göttingen, R. PeppniüUer. 1892. XV, 263 s. G m.
[ Sclunedcs> Jnllns, untersuclinngen über den stil der epen Rether, Nibelungenlied,
Gudrun. Kiel (diss.) 1893. IV und 59 s.
I Sekflddekopr, 0., Gedichte von Job. Nie. Götz aus den jähren 1745— 17Cr> in
ursprüDgUcher gestalL [D. Litldkn. des 18. und 1 9. Jahrhunderts nr. 42.) Stutt-
gart, 0. J. Gäsehen. 1893. XXXVI und 89 s. 2,40 m.
Seliuli, Bernkud, auswabi aus den gedichton Waltbers von der Vogel-
weide, herausgegeben rait anmerkungen und glossai'. 3, auü. Leipzig, Tenbner.
1893. 1,20 m.
Die anmerkungen erläutern immer von neuem auch die ein&chsten dinge,
lassen aber bei wirklich schwierigen stellen oder auffallenden eigentumlichkelten
des aosdrucks grnndllchkeit der erkläning gar sehr vermissen.
, Willehalm, rittergedicht aus der 2. hälfte des 13. Jahrhunderts von
Ulrich von dem Türliu. Prag, Verlag des Vereins für gesohichte der
Deutschen in Böhmen. (In komm. \m E. Doniinicus.) 1893. T.XTtXnC und 410 n.
IlStndlen rar Utteratnrgeschichte. Michael Bernaus gewidmet von achülem luid
freunden. Hamburg, K Voss. 1893. 330 s. S m.
Aus dem iahalt dieser festschrift verzaichnen wir: R W. Singer, einige
englische urteile über die diamen deutscher klassiker. — Max Koch, ein brief
Goethes [an Sabbe "Wolff, mutter des Schauspielers Fius Alexander Wotff; vom
1. soptbr. 1803) nebst auszügen ans briefon P. Ä. Wolffs. — K. Borinski, die
überföhning des sinnes über den versschluss und ihr verbot in der neueren zeit —
U. Wöirriin, die herzensergiessungeu eines kunstliebendeu klosterbraders [von
W. C. Wackenroder]. — G. Witkowski, Ooethe und Faloonet (vgl. Der juuge
Ooetlie m, 688 fgg.]. — W. Bormann, über Schillers „Künsüer*. ~ E. Kuh-
288 NACHRICHTEN
nemann, Herders lezter kämpf gegen Kant. — H. Schnorr v. CaroUfeld,
briefe Georg Rodolf Weckh erlins [4 lateinische briefe an Camerarios, schwediscbeD
gesanten in Holland; vgl. den in dieser Zeitschrift I, 350 fg. abgedmckten brief
Weckherlins]. — W. Golther, die Jungfrau mit den goldenen haaren. — H. Bod-
mer, die anfange des zürcherischen Milton. — H. Wunderlich, der erste deat-
sche Terenz [Übersetzung des ^fEunuchus*^ von Hans Neithart, gedruckt in Ulm
148C]. — J. Elias, fragmente einer Shakespeare -Übersetzung [von J. G. Begis,
t 1854].
Uppsalastndier tillegnade Sophus Bugge pa hans 60-ära fodelsedag den 5. januari
1893. Uppsala, Almqvist & Wiksells boktryckeri-aktiebolag. 1892. (VUI), 2368.
Inhalt: L. Fr. La ff 1er, bidrag tili tolkningen av Tune-stenens runinskrifl -
£. Brate, sjöi. — M. Lundgren, bidrag tili svensk namnforskning. — R Arpi,
tili „GrägÄs**. — F. Tamm, anmärkningar tili östgötalagen (textkodex). — A. Scha-
gerström, läksikaliska och stilistiska notiser ur Gustaf 11 AdolfiB skrifter. —
K. F. Johansson, tili läran om femininbildningen i sanskrit — E. Liden,
smärre spräkhistoriska bidrag. — R. Steffen, n&gra strövärs i vär folklyrik. —
0. Klockhoff, konung Harald och Heming; försök i jämförande sagoforsfadng.
[Wichtig für die geschichte der Tellsage.] — E. H. Lind, värsifikation i Onla-
tingslagen. — E. Wad stein. Alfer och älvor. En spräkligt-mytologisk under-
sökning. — P. Persson, om betydelsen och härledningen af det gr. äfiav^
(ufiavQoü))^ fiaüQog QiavQÖa)) jämte en exkurs om den grekiska resp. indoenro-
peiska ««-epenthesen. — A. Noreen, mytiska best&ndsdelar i Ynglingatal.
Yelthnls, H. J., de Tegemseeör glossen op Vergilius. Groningen, J. B. Wolters.
1892. (Vin), XLIV, 116 s. [Groninger doctordissertation.]
Wllmanns, W., Deutsche grammatik (gotisch, alt-, mittel- und neuhoch-
deutsch). 1. abteilung: lautlehre. 1. und 2. lieferung. Strassbuig, KarlJ.
Trübner. 1893. 160 s. 3 m.
Der Verfasser beabsichtigt in vier abteilungen von je 20 — 25 druckbogeo
lautlehre, Wortbildung, flexion, syntax durch das gotische, ahd. und mhd. bis n
unserer heutigen Schriftsprache zu vorfolgen und darzulegen. Die beiden ersten
lieferungen enthalten: Übersicht der laute. Geschichte der consonanten: L ger-
manische lautverschiebung; n. hochdeutsche lautverschiebung; ÜI. «-laut, nasale,
liquidae, halbvokale; IV. algemeine Veränderungen der consonanten. Geschiebte
der vokale: ablaut, vokale in betonten silben got. ahd.
NACHRICHTEN.
Der ordentliche professor dr. Fr. Kluge in Jena folgte einem rufe an die Uni-
versität Freiburg i. B.; sein nachfolger in Jena wurde prof. dr. F. Eauffmann aus
Halle.
An der Universität Heidelberg hat sich dr. A. Waag für germanische phiiolo-
gie habilitiert; ebenso an der Universität Greifswald dr. J. W. B ruinier.
Halle a. S., Bachdrackerei des Waisenhauses.
DEÄUMÄ-JONS SAaA.
Für die kritische herslellung des textes der Drauma -Jons
i, die hier ximi ersten male vernffentUckt wird, sind vier islän-
\itche pergamenthandscfmften der Aniamagnäisehen samlm»g benutt
porden, von denen jedoch nur xwei (A = AM. 335, ■P' und C =-
iM. 510, 4") Dolständig sind, während in B (^ AM. 657, 4°) der
tehbtss fehlt — der codex bricht ab mit den worten: gerMz meö S*
- und von D (= AM. 567. 4") nur ein einziges hlatl erhalten ist,
IS mit den worten: ]>ü ert vanr 2*" begint und liereits 4'* mit
H Worten: Nä U3a svi (iag[ar) nchüessi. Über alter und inhalt
eser handschriften genügt es jezt, auf Kdlunds treßichen Katalog
er den Arnamagnoianskc händskriftsamling (Kbh. 1889 fg.) zu
nveiseH: vgl. danelbsl I, 574 fg. 670. 721 fg. und II, 68 fg. Die
hh'eicken, meist sehr jungen chartaeei, die in den bibh'otheJcen
i Kopenhagen, Stock/iolm und London sich finden, wurden nicht
rwksiehtigt.
Von den vier genanten membranen ■•tteht untweifelhaft A dem
trlornen archetypus am nächsten. Der schreiber hat im ganzen sehr
yfältig copiert und nur wenige fehler und auslassungen sich zu
dulden kommen lassen. Die amiern drei handsetiriften gelten auf
'. gemeinsame vorläge luriick, da die gleichen lacken und verderb-
te in ihnen begegnen. So steht t. b. 3' i« BCD die einlöse lesart
l (1) vftg at ftera, während A allein das richtige bietet. Den hsa. BCD
einsame auslaasungen sind 2"^ sem — ert, .V^ sem — til, 4*- '
sem — fengit, ■<" ( siSferM, 4*' eftii; datu kommen aus den tei-
i der erxähhiruj, die in D nicht erholten sind, 2'^ b&ska ok, 2"*
5i — miiiG, 2**' '* aila — landit u. a. m. B und D scheine» näher
mit einander vertcant x,u sein, vgl 2^ tveggja BD — beggja AC,
" se^r harni BD — f AC, 2^'"' gat BD — gat til AC, 4" beri
jßfiJ — berr AC u. a. C, die jüngste der trter membranen. ist auch
tkrvf» vierte naeh die schlechteste: der schreiber hat oft wilkürlifhe
290 OKSINO
änderungen und xusäixe sich erlaubt und mitunter seine vorläge gar
nicht verstanden, sodass sein text zuweilen baren unsinn enthält (vgl
X. b. 5^7- 3^- 7*J. Völlig wertlos für die kritik ist jedoch C nicht:
es hat auch in ihn, wen?i auch selteiier als in B und D, die echte
lesart sich mitunter allein erhalten, und es haben daher, obschon A
ab gmndlage festgehalten ward, auch die andern drei /iss. zur ergän-
xung von lücken uiid in den fällen, wo der i?i A überlieferte text xu
bedenken Veranlassung gaJj, bei der constituierung des textes verwetk-
düng gefunden. Die Varianten sind sämtlich verzeichnet; Wörter, die
in der Orthographie der handschrift tridergegeben wurdest, habe ich
durch anführungsxeichen kentlich gemacht
Der Inhalt der saga ist in kurxen warten folgender: Ein reichen'
grundbesitxer namens Asgautr hat einmal einen merknnirdigeti traufn^r^^
und begibt sich infoU/e dessen xu dem jarl Heinrekr in Saarland (d, i^'^e: t-
Deutschland), da dieser, ein Schwager des sächsischen kaisers, tvegen^^^^^
seiner gäbe die träume xu deuten, in aUen landen berühmt ist. Un — -a*-
terwegs trift er einen jungest bauern, Jon geheissen, dem er au^^'^^^t
befragen den xireck seiner reise mitteilt, worauf dieser seine verwun — ^^*'
derung darüber ausspricht, dass alie leute xu Heinrekr pilgern, da
doch nicht der einzige sei, der die genante gäbe besitze,
fragt Asgautr, ob Jon vielleicht der gleichen kunst sich rühme, uwÄ"^^"*'
fordert ihn auf, den traiim, den er gehabt habe, xu erraten und dan/nF^^-^^^
auch die deutung ihm vntxuteilen. Jon eruidert, dass Asgautr vons^^^^^^
ihm etwas fordere, was von Heinrekr noch niemals verlangt wordew^^^^'^^
sei (denn keiner wisse etwas davon, dass der jarl ^ungesagte^ träume^^^^^
xu deuten verstehe) — gleichwol aber wilfafirt er dem ansuchen und^St:^^^i
erzählt den träum des Asgautr, den er dann auch sofort auslegt. Der^^^^^
reisende ist xu:ar hierüber höchlich erstaufit, will aber doch seinen ^^^
v»orsatz, den jarl aufzusuchen, nicht aufgeben, da er deti warten eines
unbekanten mannes nicht ohne weiteres glauben beimessefi köfine. Bei
Heinrekr angekommen, trägt er diesem den inhaÜ seines traumes vor,
und der jarl deutet ihn genau ebenso wie Jon. Darauf erxählt ihm
Asgautr, was ihm mit J6n begegnet ist. Heinrekr gerät in die höchste
venvmiderung und befiehlt dem Asgautr, auf seiner rückreise wider
bei Jon vorzusprechot und ihn au fxu fordern, an seinen hof zu kon^'
men. Der junge mann leistet diesem rufe folge, und nun wächst
Heinreks ruf noch um ein bedeutendes, da er ?nit hilfe Jons jezt
aüer leute träume deutet, ohne sie vorher erfahren xu haben. Sein
unifisch ist es jexioch die gäbe, die er a?i J&n mit neid bewundert,
selber zu erlangen, und er bittet den jüngling, ihn die kunst zu faA-
J6n erklärt darauf, dass er daxu nicht im stände sei. da diene
^Shi^keit nicht eitte priemte, sondern eine atigetjortme sei. Der jarl
kllU dies aber nur für einen Eoruand, -und da Jon ihm seine kentnis
tickt guttmUig abtreten will, so beschlieast er mit gewaU sie xu
wJangen. Er befieltU nfimUch seiner gemaldin Ingitijorg, Jon im
'aMafe XU ermorden, daranf das herx ihm ausxnschneiden und dieses
speise xuxubereiten: durch den gettuss des fierxetis denkt er die
-wünschte gäbe, die Jon eigen ist, für sich zu erwerben. Durch die
•Drehungen ihres gatten eingeschüchtert begibt sich Ingibjorg in das
tehlafzimmer Jons, vermag aber den lauten atisbrucb des seitmerxes
.nicht xuruckzuhalten. J6n, der wach im belle li^t. fordert sie auf,
'4em geheisse des jarls nachzukommen: derjmiige, der ein verbrechen
tcusführe, sei weniger strafbar, als der; welche die tat befohlen habe.
•Ingibjorg entgegnet, dass sie um keinen preis der imtat sich schuldig
maehen werde: Jon möge eine tist ersinnen , durcii die der jarl
getäuscht werden könne. Er heissl darauf die frau einen grossen
twnd herlmscliaffen, tötet ihn, schneidet ihm das herx aus und gibt
M ihr, damit sie es ihrem manne als speise vorsetxe. Er selber fer-
tigt aus wachs ein ebenbild seiner eigenen person an; dies -wird
htgraben, während er seUier coh Ingibjorg versteckt gehallen wird.
Her jarl %ferspeist das hundeherx, natürlich ohne den gehoften erfolg.
Inzwischen hat auch der kaiser von Saxland einen seltsamen träum,
träumt ihm, dass seine hauptstadt von einer grossen ilberschtvem-
immg heimgesucht werde, doch war das auffallende dabei, dass die
' der Strasse befiruUichrn menschen nicfit alle gleich tief im ivasser
einigen reichte es nur bis an die knöchel oder bis an die
anderen bis an die hüften oder den gürtet, einzelnen aber bis
«n die achsein oder den mund. Um zu erfahren, was dieser träum
bedeute, macht er sich auf den weg xu seinem, schtoager, von dem er
dass er seil kurxcm träume nicht nur deuten, sondern auch
frraten könne, und fordert ihn auf, seine kunst jext an ihm xu
bewähren; der jarl abpr erwidert, dass die gäbe bereits wider von ihm
■gewichen sei. Der kaiser erktindigl sich darauf nach J6n, von dem
ebenfats gehört hat, worauf Ileinrekr antwortet, dass der jüngUng
w kranhlieit erlegen und begraben sei. An detn benehmen seiner
tehwesier merkt jedoch der kaiser. dass der jarl mit der Wahrheit xu-
,riickhalte; er führt sie daher bei seile und fie/iehlt ihr, den wirkliehen
taehverhalt ihm mitzuteilen. Nachdem dies geschehen ist, lägst der
tkoiser Jon vor sieh kommen, der sogleich anzugeben vermag, was
geträumt hat, und auch die deulung des Iraumes ihm nicht
19»
292 &KRIHO
vorenthält Die beiden personen, denen das wasser bis an den mund
reichte, seien die kaiserin selbst ufid ein höfling gewesen, den sie aus
ihrer heimat Flandern mitgebracht habe und mit dem sie ein strafe
Uches Verhältnis unterhalte; die übrigen leute, die mehr oder weniger
tief im wasser standen — je nachdem sie begünsiiger oder nur mU-
toisser des ehebrecherischen bundes seien — gehörten teils dem rate des
haisers, teils dem hofgesinde an. Der kaiser rüstet hierauf J6n mii
einer volmacht aus und sendet ihn nach der hauptstadt um gerieht
zu halten. Es gelingt Jon, die schuldigen in flagranti zu über-
raschen, worauf er sie auf ein schiff bringen und nach Flandenm^
zurücktra7isportieren lä^st. Auch der jarl Heinrich uird von deif
kaiser des landes vertviesen und J&n erhält die hand der Ingibjorg.
Der Verfasser dieser interessanten kleinen geschickte, der vermut-
lich in der ersten Mlfte des 14. Jahrhundert^^ in Island lebte,
geschickt ^u erzählen verstanden; der ström seiner rede fliesst
behaglicher breite, ohne hi Weitschweifigkeit sich zu verlieren. Mass — =-
voll auch hat er des althergebrachten schmuckes der alUterierende^^sn
forrneln sich bedient, die nicht nur die tiddarasqgur und cevent^i m S
sondern auch manche werke kirchenhistorischen oder legendarisehe^^^
inhaltSy tvie z. b. die Hwngrvaka und die ältere porläkssaga zu käu
fen lieben; die meisten dieser verbiiidtingen werden sich auch ander — -
tvärts nachweisen lassen: 2^ räövandr ok röttviss (.^. 9^); 2^ liiiul ^s
ok lagar /'Cfar. iSH Grett. 164^^^. .^. m^^) ; 2^« häska ok
indum; 2^^ hüsi ok herbergi (Fms. I, 104^^); 2^^ g(jrt ok greil
4^'^ mjükr ok ra&ldjarfr; 4^5 spa^ ok spiz; 6^ rjöör ok reWr (Clor. 7*V
e«2 Uf ok limu (Karlam. 209^^); 7« sujallt ok satt; 7« meira
minna (Vsp. V. Fms. I, 275^^). Sprichtoörter sind nur
eingeflochten: 2^^ {)angat veltr hvat sem vera vill und 5*® d;^
dröttins orö ; beide finden sich in Oudm. Jönssons Safn af islefixkuf
ordskvidum (Kbh. 1830) s. 63 und 348.
Dass der isländischen erzählung eine fremde quelle zu
Hegt, ist fiöchst wahrscheinlich (ivenn aiich der umstand, dass sie
jySaxland^ hcalisiert ist, als zivingender beweis nicht gelten kami^ J-
Meine nachforschungen haben bisher noch nicht zum ziele gefühw^^l
doch werde ich hoffe?itlich bald in der läge sein, hierauf in eine^^
besonderen artikel xurückztikominen.
KIEL, APRIL 1893. HUOO QERINQ.
if Brauina -Jäni.
1. Heiorekr er Illa^r iiefndr, jarl at tign ok siit f Saxlandi;
hacii var forvitri oc OQkkiit haräniär; draumamaSr svä mlkill, at |iat
•l£ree^iz um qU iQod, at sä draiintr mundi engi fyrir bann koma, at
i r68i eigi aem eptir gekk. Af (leasi siuni speki l'ekk hann pA
'{nrnkreemd , at bann m^gSiz vi^ sj&lfan keitmrann i SaxJaDdi ok fekk 5
Vystur bans er ItigibJQrg bSt. Yäru {tau ekki mJQk skaplik jarl ok
dnisara eystir, |ivlat hon var binn mesti heUbugi, kristin vei ok guö-
linedd; llktiz hon I pessu ijUu keisaraDum bröBm- siniim. Keisarinn
flar ok kvaantr: var hüsfrü kynjuö veatr af Fländr, baröla vsen ok
Üguboriu; benni hafSi fylgt beiman eiun ungr uiaBr, leiksveinu beun- 10
!r benni )>j6na6i i b^Il keisaran&
2. Nu vlkr s<jgunni, at norQr 1 sjötitni nijkkuru sat eion Ibrrfkr
Mndi er Äsgautr h6t, vel at sör gt^iT um alla hluti, mildr ok gestris-
|Dn, rÄÖvandr ok rfittvfsa, göör örlausna vi5 ))ä er haus purttu; enda
ftorti hann ekki til, pvlat haue rlkdömr sti^S & niQrgum fötum btebi
knds ok lagar. Ht & sjöinu fyrir bQfuÖbffiuuni Ifigu ,111. eyjar er hann 5
itti, hver üt af annarri; var par 1 IfenaJir lians eöa akrar ok JraisHg
1tk& til ävinnings. Nu kemr svä tima, at ärferB hallaz mjijk ( land-
.n; geriz venrä.tta k^ld sv& at koruit frjiivaz ekki, en sakir {}esB ftt
) Bhkum lijndum er pat mest almennings matr sem jijrtiin gefr, varö
jött bit mesta hall^ri ok öäran, svä at rfkir menn b^fSu varla mat 1 10
tonn. Eom |>etta tilfelli svk til Äsgaul« bönda sem anuarra manua;
^sti bann jiil margra mauna vandkru^^Si um eiua hrlQ, pviat hann
Obertehriß: Af Drautun-Jöiu rot B, Drauma-Jüos saga vmi junger hanä Ä.
1, 2 hacD f. Ä (nark var eine liicke im xeilmgchluat, die wol für den rubri-
«w einiragttTig der Überschrift freigelaase» uar). liuin var] maArB. laf<n\jBC.
jRrfirUr AB, orundBJübr var haaii iiqkkut hnrträCir G, mikill avü BG. 3 alfra.'gt>ix A,
IfhegJK fi, „ olfiffiddiz '^ G. at sä niyndi engi draumi' BC. koina AG, boiinii B.
»m eptir AB, eptir jivi sem C. \iä, AB, hvä mikla C. 9 biuia sjstur C. bans —
ipbjgrg /. A. 7 harfila gnohnndil B. 8 ük liktiz C. keisara G. 0 ok kvientr AB,
nentr nuiSr 0. büsfm AB, haos frü C. vestr A, vwUui C, utan B. 10 liafSi
■DBi B. ,flugt'' beiman A, beimaD fylgt C. leiksveinc beanar f. G. 11 {y6tL
noi B. 2, 1 Vlkr A, er at vikja BC- at AG, aUt B. ajötüoi nqkk. AB, q&-
|fa>tim /aol als orlsnante gefaett/ G. 2 böndi AB, maUr ok böedi at alekt C.
liOboUr C. 4 Ibtum f. C. 5 lagar AB, lauaaQitr C. i Bjäaum C. Gif. C.
I AO. e6r B. 7 aWoDinga BC, atv. A. svä A, {«r flC. «jgk /l B. i lyiid-
iiuu C. 8 ok gerajK C. hijid JS, hijrfi (7. koroin C. fgova» .i(7, fiiovabiz B
gi SC. uo ^, ok G, f. B. 9 Igadum AB, st^Bum C. uieat /". B. jgrtJin AR
*it C.^ 10 fljött AB, skjütt C. at f. C. varla JB, eigi C. 11 muea sör C. tU-
C Aegautar C bünda f. C. sum til C. 1 2 [m ,ÜJ. [>ä C margra manna A,
purgH mannä BG. vaudkviL'öi) „ vieiikviudi' A, vaudrjjiJi BC. eiua hrid iß, tuna U.
284 ataasa
haßi büit ( djöpaia lagi beetSi körn ok aunan kost. Var ok sv& komit
gi5zi landsunacDa, at ^at var mJQk strokit üt til kaupmanna me^aIl peir
15 hQfSii iigkkut til at kaiipa fyrir sik. Ok sein menn eru ätaddir I svä
miklum liiiska uk haröitiditni, dr(.'ymir As^aut bönda draum eiiin er
honum fannz mikit um. Hann sepir eiigum maunj drauminD, [n'Ial
pat var rlkra maniia hÄttr i Saxlandi ok nü lujijk alltföa, at Heinrekr
jarl skyldi einn räSa drauma alla fiä sem iiQkkurs väru veröir. I'vl
20 bugsar Wadinn svä gera at so-kja hans fund; tekr sinn fylgd ök ferr
I veg. Honuni var nijtjk tttt utu teröina, svÄ at n^liga ferr bann bicM
dag ok nött, pviat forvitni di'auDisins flutti hann. Bar (»at til eiuti_
moi^in ärla sem hanu liefir enn eigi hfUfsött veginn, at hann rJSr fr
t eitt Utit porp. T'ar var eilt n,-ftt büs t rSf reist, ok smiör at verl
25 slnu. RtSr böndinn naer fram hjö l)vl n^ja hüsi ok Uerbei;gi, ok saki
pess at hann var mikillitefr mai^r uk alfrsegr at gö&mn hlutum, la;l
smi&rinn bvilaz exina ok kastar pegar orSum ä hann nieS eignarnafei
svä segjandi: „Hvert skal rföa bondi?" segir bann. Böndj segir
„Hvcrr spyrr at?" SmiÖrinn segir: „Ek heiti Jiin". Böndi spyrr [jj
30 enn: „Hverr er Jon fyrir sör?" Hann segir: „LItill böndason er ht
sitr I {»orpinn". Bändi spyrr: „Hversii beitir faöir J)inn?'' ,Vall
heitir bann", s^ir smil5rinn. „Er bann rlkr maör?" sagöi bdndi. ,h
ferr fjarri, eegir Jon, utan pi'i vjlir {lat rikdOm kalla at eiga bqmi
"^^''S''- n^)^ pikkjumz pat sjä, segir böndi, at ^ü munt miküs Q&r afllH
35 f hveijum m^aSi meS bandaverkum ])[ntmi, ef pd hefir smiSat kspelL
14 lausagözi BC. strokit -45, stokkit C. lit AB, allt C. 15 fyrir sik ko^^l
inn B. gvk sem B. menn eru (vfiru B) Htaddir AB. laodit stütt C. 16 biaka ^c=il
f. BC. einn f. 0. 17 um mitit B. Hann dopprll C. sogFÜ O. 18 hittr f. <:
nii AB, var du («t C. alltifta A, aleiOtt orsit B, alf»:f6u mSl (7, 19 diimin rite ■^.
n^Itkure — veröirj draumum jwilli skiptn r. t'vi AB, Nii C 20 Iwndi C. at Ken — Ä
s»kja u bftDs lund 0. lekr hann C. ,.Sugd'' ./l- <il i veg f. C. Honaiii var —4
ok er honum C. titt A, anal O. 21. 22 Honuui — nött f. B. niUiga — nott] hi-«™
reifi näliga nitt seiii dag C. 22 forvitni AB, fjstin (7. bimn B, lionum C, /, --J.
Ben- |»«t Bvli tu BC. 23 enn f. B. 24 i J, um BO. ofit Ä, liüt C, f. B. i lif -A
i upp j1, upp G. 25 nier vi, rett B, /. C iyA AC, med B. nyja huai ok herb. — Ji
litla hüai ok n.f-ja herb. C, n^ja herb. B. ok BC, nü A. 26 mikilhtofr maSr A^
mikill »nininör C. at güönni C, i göham B, at güäum | i göftum .i. 28 segir <^)
AB, sagfti 0. Bondi aegir vi, B. svarafii ß, f. C. 2» at AB, at fwaim »^
böndi C. 30 Hann segii A, Ennn segii veni C, SmifiriDn svarar B. litill JJS
liUls bättar C. 3t spyrr A, segir C, spyrr [td enn B. nach |iinn: Smittrinn mgif
add. C. VallliiT B. 32 amiftr B. waör /; C, segir BC. 33 Jjarri {.vi C JAn -A
amiör BC |>ii — kallal [)at nt f*r vilift kalla {lat rikdum C. 33. 34 mgrg bpra BC
34 {nkiü AB, [lat f. C. m&Ct BC, 35 k hv. B. 35, 36 ka|«llu ^easa AB. bb
[wtta C. nach |>eB8s; Jö» sogir C, JCm svaiuöi B.
„t'ptta er ekemma UtU, segrir Jon, at faSir uiinn sofi i, ea I
«igi bapella. Mentan min oi- oh nijijk Util, fa ek {ivl gmätt at gQii;
en |h), IxJiidi, sHtt at segja, heldr (tat iiil iipp räM fcjöur mlns 1 n^kk-
uni lagi er ek vi! eigi epara iiiik lü starfe aeni veröugt er. Nu ])6tt
ek 86 maflr i'irfkr, er kiiiinig hfeverska {ilu, ok [ivl muntu vUja segja 40
m6r Htjkkut af. hvert ]iä tptlar at fara, {»viat {lö ert eigi gjarii til naiiß-
K'synjalaust at rekaz um li^nd". Biindi segir: „Pat er mitt creiidi sein
nijijk er tftt ! landi t>otisu ok ijdriuQ DäJaigjiiiD rtkjum at sa^kja fund
Heinreks jarls". Jon sagir: „86tt er jnA erindit: fiik mun dreymt liafa
nqkkut nierkiligt; e&a mim ^at Iqgtekit, at engL matlr I Saxlandi kiuini 45
drauma at rä?a nema Heinrekr jarl". „Hejr, segir böndi, er Jiat tu,
at ])il {likkiz f n<jkkunmi viPitdum hjä f)v{likum spekiugi seni jarl er'i"^
„Eigi ein J>at inlii orö, segir Ji5n, at ek ])ikkiz jafbviti- jarJi; enda
iKundi jiat svi fara, [iiitt ek fÄtsekr ]>fitii dramn eigi verr eu bann,
I*A miindi engl trila fyrir mamia niun af |ivl at lians fr^gd tlytz um
tili li^ml, eil ck ligg ä iitliim kolbte f hdsi fijdiir mias", „Vanligt er,
r bi5ndi, at svä fari sem ^i\ segir, en kost sd ek heiz tii at {)il
niz milli manua, ef J>it hefr svä upp at sogja Jivat mik Iiefir dreymt
stöan pyöingina J>ar eptir". Smi?ir svarar |)d: „Meinfanga |)ikkiz
ui^ leita m6r, bijndi; s'^mz m6r ok undartigt, ef {iil i£tlar annan 55
».nn ritrara en jarl i |>esai list, {>v(at I>at hefir engl af boniim sagt,
36 BBgii' Jon f. BC. Bt AB, er C. sofi i Ä, bafl (hefii' C] tyrir svefahiis BC.
*. 37 en — kap. f. BC. 37 llentan J, oii meutan B. en viona C. ok /: BC. nijyk
C ok f* C. aaiätt AB, litit C 38 [lo ^, Iw oü B, |iä er |*r uü C. lieldr
- DU Ä, at ]>\i lialdr ß, ^ft hcldr [)at C. rM — mius /. BC. 39 vil — atnrfe]
i mik eigi (til add. C) BC. Nu /. C. 40 mafir /". J. er mer C. 41 at fara Ä,
t Ü, f. C. fin — gjam] |Mit er [)6r eigi gjarnt C li! f. C. 42 stegir jiO, sva-
*. 42. 43 si-m — rikjniiij uii aem fleHtra Bonarrn C. 43 ok — oiUiegj. in A durch
1 loelt xeritörl. at /■, J. ä fumi C. 44 segü' AC, svarar B. &itt J5, Au»-
erinilit AB, [lat erindi C. [ük mim ^IS, ok mmi Jiik 6'. hafii (ireyint C.
i — kauiii] engl skaua' ma&r i S. ,4. 4ö at /■- Ä nema AB, utaa A
ir, jarl AB, liann einu C. Heyr herm ß eegir /tC, aagfli B. iagautr Ixiodi C.
mA er: Jon svarar J5. Jon segir C. 48 eru B, evA, iiiunu C. segir Jon f.BC.
1 jIB, tnuni |)ikkjaz C. Heitireti jarli BC. 49 [lat /■. Ä mundi — fai'a]
du f«ri hn, til bans Ü. ek f&t J , ak Kt. mfiOr B, ok vieti Tut. aveiiui G.
li dr. J. al {f. B) [j^aa nokkum dr. BC. oigi J, eogu BC. 50 [jvi tröa C
: BC flyta Aß. er O. 51 Igud -i, rUi B, lijnd ok riki O. kotbie A, kodda
5ä sugir iH'mili naeh Tari C segir AC, ssgäir B. en kost se ek J {»thr
1 ojlt veit ek [lo B, er [tat C. ö2. 53 at |>ü — manna f. Ä. 53 manua i
svi /. B. segja A, segja riier B, j)ä segir iner C. 54 si5aD f. C. optir A,
t flC tJft- — eptir in A fast gam erioachm. Bmiftr — fA B, Jon segir (^
löT C, mik A, f. B. IwQdi f. C. ok syn. C annan /■. B. 56 vitrari 0.
I jarUlii) B. li [«stiä list C. vn^ — sagtj cigi af lioaura Üaz B. sagt ^, Uult C.
296 OEBINO
at hann rÄ9i ösagSa drauma. En ^6 mun ek svä djarfr at pr6& til
heldr en vi^ skilim svä büit''. Böndi jätar t)essu. Jon segir {>&: jf'Pik
dreymdi at t)ü vserir genginn af sseng |)inm ok st8Bt5ir fynr karlsdymm
60 ä I)lnum hQfaSbae, en |)6r er kunnigt at ^ax liggja üt undan .IIL eyjar
er t)ü Ätt S^diz {)6r sem 1 landnoi^r & ^ztu eyjunni gysi upp logi
mikill, en sakir veSrs er & stö^ lagbi logann til peirar eyjannnar er 1
mi^ju var, ok sem hann kom |)ar, spruttu upp .11. eldar i |>eiiTi ey i
landnor^r ok ütnorSr. Fellu logarnir nü saman ok gengu inn at |)ri6ja
65 eyjunni; en er t)ar kom, hlupu upp 1 henni .111. eldar af ütnor^ii
follu norSri ok landvet^ri, ok geystuz sföan allir samt upp & meginland
me$ svä h^rSum flug ok eldligum sveim f*allar aettir, at |)ti bugl$ir
allt rfkit mundu brenna. Yartu t)vl akafliga hrseddr, at {>e9si y&^i
stfT6i fyrst Ä l)inn bügarS, en dreif^iz sl^an, sem ek sagt^a tör, alla
70 vega um landit; en svä vltt sem t)essi ögnareldr rann yfir, brendi hann
eigi eitt hit minsta. Nü er kunnigt ef draumr t)inn er nc^kkut I>ann
veg fallinn**. Böndi segir at aldri bar orb I milli: ^ok ertu afbor^ar-
maör meö undarligri vizku: eöa hversu reeör {)ü nü drauminn?* Hann
segir: „P^Öing draums J)essa er mikil ok eigi Iqng. I |)e88um .VI.
75 stQ^um, 1 s6rhverja aett er eldrinn kom upp, leyniz jar^fölgit f6 er
hermenn hafa fölgit eptir fomum sit5, sem tltt er ät$r menn heyja har5-
ar omistur ok bera fö ä. land, en gijöt ä skip. Nü er 'pat Ijöst,
böndi, at I)etta f6 allt er t)in eign; ok ^ri lag^i logann fyrst at I)fnum
57 at pr. til] vera at ek man til rÄ6a C. 58 ski^um sy4 bünir C |>e68n ÄC^
{)vi B. Jon AC, Smiör B. ^ f. C. 58. 59 fik dreymdi AB, I>at dreymdi f>ik C.
59 veerir geng. A^ {>6ttiz ganga üt BC. staeöir A^ standa uü C. 60 a be {ooum C
en BC, ok A. er {wr C. üt (/. B) undan liggja BC. 61 er — dtt f. C. Spid. —
logi] ok i norÖQStu eynni s^ndiz {>6r sem logi gysi npp C. 62 en A^ ok BC.
62. 63 i raiö C. 63 {)ar upp C. ey A, eynni B, er M C. 63. 64 i ütnortr ok
landnor5r C. 64 Fellu A, feldu BC nü A, sik BC. hinni |>riöju B. 65 eyimi C.
{mit kom AB, jwir komu Jyar C. 66 fullu — landv. f. A., noröri — landy. f. C.
geystiz B. megiiüand AB, landsmeginit C. 67 svk miklum ok h^rOom C, ^flaug** C.
ok eldl. sveim A, ok eldingum B, f. C. svä at C. 68 allt — brenna] at likit alU
brenna mundi C. {>vi AB, {)u C. at AB, {>viat C 69 8t;^i AB, stefiodi C
bügart ^, biegarö B, bse C. 69. 70 alla — landit f. BC. 70 en A, ok BC. ^eui
ögnareldr A, l)essi ognarligi eldr B, hinn ogurligi eldr C. 70. 71 brendi — eitt]
brennandi mütti hann eigi brenna C. 71 hit minsta strä C. er kunnigt A, er ^
kunnigt B, heti ek |)er kunnigt gprt C. 71. 72 (>ann veg (7, st4 BC. 72 b«ri (7.
\ A, k C, f. B. 73 nü rnicA drauminn B, f. C. 73. 74 Hann segir A, Jon aagirC^
Smiftr svaraöi B. 74 {)essa draums BC. ok ^, en BC .VI. AB, .IH. C 75 er
(1) ^, sem BC. leynaz jaröfolgin B. 76 folgit A, grafit niör BC. er A, tm* BC
äör en C. 76. 77 heyja — orr.] hpföu bardaga C 77 ok AB, at C. fiat /*. BC
78 fe allt f. C. ok f. A. 78. 79 h |)inn bse C.
|W, en sitiui dt I rlkit beggja ve^na, at ^6 munt finna ok app grafa
1 oi tu l)(n heimflytia ok siöan dreit'a sem [lü ert vanr til beggja handa, SO
1 STÄ at mai^r mnn i'ulJsa>ll veröa af iiinni eign; eiiiiu er nü lij^ingin
1 'ein jafnegiin som dftr vai' draumrinn". BOndi svarar: „ fii segir
nitkla hluti, sv& at ek veit varla hvat ek skal upp taka. P&t man
tikkja üvit^iit stefnt minnar handar, ef ek gef svd inikilin gaum at
Irrtum [ilDiim Akunnigs luauns, at ok seti aptr mlna ferb, ok munu SS]
, oi™n lilteja at mfer, ef ek treysti svä mj^k [linum vlsärtm en fino ek
I ^^i Heinrek jarl eptir allra mauna si?), einkanliga cf {)at prdfaz Qdk
■■flitt er Jiü segir mör". Smi^^ segir: ^Ekki er um ])at at tala, at jjö
■iDtinir aptr hverfa, {»riat mör vseri |>at hugfeldra, jjvlat {langat veltr hvat
sem vera vill; en jiö muu [tat svä fara at üvilja [ilniini, at \>\\ munt {
g^tTt mör mein Ti5 Heinrek jarl meö orfium f)(nuni ok geta ortia ükk-
"rra., ok Ijkast at ]iä s6 gijrt ok greitt um f)at at jarl raun gern m6r
da&iiir. ok at Jivf erindi niunto geraz sendiboSi; he&' pü 1»& litlu betr
ea cb". Btjndi segir at eigi 86 ervient at ßvA fari: ^mun fiÄ ok miklu
bc'ti* at sllkr maSr sem liü ert feliz eigi lengr fyrir mQnnum". Skilja 95^
[■öir eptir pat; geugr Jietta eptir \ivl alla leiö sem nii var sagt ok Jon
79 ut — vegnft] beggja vegna üt i M i rikin C. fyrat fiona C 80 en
»i*w* C. |)ll ertl mit diesen trortfn btymt D. beggj» AC, tveggja BD. %l mun
wmti die ernten ticei ImeAslabm pon fnUsiEill erlosehen />. ver5a af BD^ tS ver5a Ji
it^-rnt, nf at C (rfucA wi liiireh leseteicken angedeutet, riaaa s( verÖa af geteeen vier-
df^* lalt). eign ÄBD, eigu C. mi AB, üti C, nü üti /;. 82 veitt B, rett AD, ok
<^r ^. drauinriDn var ft5r ZI. uvarar BD, üegir ^, aag4iz Dii i mikiun vaodii iLom-
inn C. 82. 83 K — Uuti ^. C. 83 at /! J. upp toka A£. at lata i>, af
«aa C. 84 stafnt f. BCD. gaom at C, trünan BZ), trnnn» i C. 85 ek sHti JflO,
sBÖa C mann |» C. 86 8 in ek «» /> xeralöri. [treylsta D (dte enfnt 4 buchst.
""^tehtnV 9vd ^ viad.] [>er svft Z), svA mjpk fwr B, {>er svii vel ü. en linn ek
^'^- %a finnag £). st finaa G. 87 ra tn allra x^atört D. luaniis in D erloschen.
^''- 88 ISük «itt dB/), f41s a 88 segir M-ii^fAcn D. rapr/: Cfl. Smidr JB, Jon G, «er-
"**" Z>. segir JC, 8vara^i (Bva arfrf. ö) BO (svara in D erlo»cken]. tala bondi B.
^ 'iverfi .4, sniia BCD (sn m D xersUirt). hvat /■. B, itO vill ^. TK j>at /■. BGB.
" "Jv. jiinmn /". C. 91 vi6 H. jarl f. C. ok A, {lü mant BZ>. |ivi8t [,» mant G.
"**• okk. J, talB okkars ECB. 92 ok (1) AB, er ö, g^rt ok f. BD. greint B.
■^ likast — nni jjat at f. C. at (2) f. A. jarl muu ißü, ok mnn jarl C. 93 öniS
■ meft [ivi BCD. muntn eriodi C {dorh ist die richtige Wortfolge durch leeetd-
'''«H angedeutet). sendiboOi bans B. ok liefir C, ^ BC, [i.j ß. [>A — betr in A
**•■«(*/. 94 ruielt ek: segir Bmifir add. B. at f. CD. se AB, er C. f. B. üvient B.
'toi iBB, SR C mun fia ok itBO, ok mau ]>&. C. 95 betr /■, D. ror af: segir
*>»wi add. BD, segit böndi nrfrf. C. slär .i(7ö, {>vilikr B. sem — ert /". BOÜ.
'^ ABC, leyniz G mqDmim erlorchen D. Sibaa skilja G. 96 ok gengr G. |>ettB
I ««UCi). epör ^vi .^, elm B. svd til GO. alla leiö (IdB in G <i»i ramh naeh-
■ AMr^ ABC, at •aas'* Inachher im \eiUHanfange einige buekil. ieratörl} D.
298 GSBING
gat tu, at Äsgautr böndi kom fram ok sagt^i jarli draum sinn, en hann
r6« svä at hvergi greindi ä vrö Jon. Äsgautr r^ I>& trdnaWnn ok
segir jarlinam alla sQgu |)eira Jons. Fylliz |)ar af hugr jarls mikilli
100 undran, ok b^r Äsgauü at 1 aptrreit^inni skal hann finna Jon ok bjöt^a
honum me5 allri virkt ok saemd ä jarlsins gart$; segir at hans Iftilli
aett skal |)at vera til mikillar uppreistar. I^etta erindi berr Äsgautr sein
t)eir finnaz, en Jon segir: ,,Nü er svä komit, böndi, sem ek gat til,
at |)ln or$ mundi m6r meina, {)vfat eigi mun sett min efling h]jöta af
105 Heinreki jarli, heldr mun ek msota t)eim tunga {xStt ek fari, at fal^ir
ok mö5ir mundi eigi orb eptir senda; en t)ött ek viti |)etta, mun ^
fara eigi at slör, |)vlat |)at er forsjä |)ess er qUu rajör**.
3. Er nü t)vf naest at segja af ferQum Äsgauts bönda, at brätt
sem hann kemr heim, ferr hann til eyjanna meS hüsk^rlum slnum ok
finnr |)ar fö 1 svä mqrgum st(}(3um sem fyrr var visat til, ok svä mikit
er saman kom, at |)at nenti ongi ma^r ä bak at bera. Yar^ t>etta
5 eigi hans eins gle^i, heldr alls rlkisins umhver&s, sem draumrinn spä^i.
Er |)at svä üti.
4. Nü skal vlkja til Jons: hann segir Valtara fq^ur slnum olc
96. 97 nü var sagt ok Jon gat til C, Jon gat ÄB^ nü var sagt 7>. 97 at f. C^
Asg. — Bagdi A, Asg. fram kemr ok segir B^ Asg. kemr fram ok segir />, kemr^
Äsg. fram ok sogir C. jarli draum sinn ABD (jarli draum in D erloschen)^ dran^
minn jarli C. 98 greindi h AB^ greindi orö ä Z>, bar orö k milli C, Asg. bondi C.
r^'fr AB, rauf CD. trünaöinn ABD^ trüuaö viö Jon C. ok f. B, 99 {)ä jarlinam i),
jarli {)ä 0. SQgu AB, ra)öu O, x^stört D. Fylltiz C. ^ A, t>a6an BCD, hS f. B
hugr jarls (jarlsins BD) ABD, Hoinrekr jai-1 C. ki in mikilli verstört D, 99. 100
mikillar undranar C. 1(X) Asg. bonda C. aptri-eiö sinni BCD, ftnna] in D nur der
erste buckstabe erhalten. 101 med — garö AB, k sinn fund me6 allri virkt (lias leUe
wort uyisicher) D, meö ast sinni ok makt a minn fund C. segir J., segir svi BD,
ok seg honum sva C. hans x. t. Tier stört D, ebenso [Htjelli. 102 }>at ABD^ honum
C. ver6a BD. uppreistar mikillar D. er. borr erloschen D. Asg. ABD^ i.8g.
bondi Jöni aptr C. 102. 103 sem — segir A, en Jon svarar til sem (er 0) \ek
linnaz BCD. 103 bi'»ndi AC, bondi segir hann BZ), til /*. 5i). 104 mundn AD.
meina ABZ), at meini koma C. min AB, minni CD. t4j6ta A, leifta BZ), af leite C
105 faöir minn C. 106 myndi B, mundu AC, munu A en ABD, nu (7. viä
{»tta A, vita {»tta fyrir BC7). 107 at AC, {)vi BZ), forsja ABD, {» C. 8, 1 &
ABZ), En C. {)\i nsest A, fyrst BCD. af ABZ), fra C. Asgautz A, Aagavtar BD,
abgekiirxt C. bonda f. CD. 2 eyjarinnar C. 3 ))ar — stQÖuni AD, fe [mut sem til
var visat ok i sva m^rgum stQöum C, fo i sva m^rgum stQÖum B. sem — tu] sem
„furr"" visar til A, /*. BCD. 4 er saman kom ABD, var saman komit C7. a «bi^
at bera A, a (i Z)) vag at faera BCD. Varft ABZ), Var C. 5 at eins hans ißM d
heldr — rik. ABD, „hf K allz** 0. umhverfis AB, umbergis CD. s «Pi tptfi «r-
«töW Z). 6 t)at AD, [)ctta B, /*. 0. sva f. A. 4, 1 M skal A, ok ad aU S, Ai
nü skal Z), £n nü er at C. at hann C. feör AD (e in D xentäri^ !
Ii^ki hvat talat var, segir at öf^rt er nt tdtja orbsendii]^' jarls,
\ })V^f gerir hann sik räMim at rfSa- Var [lar skji5tltga mikill grätr i
[ bdfii, ])vlat allt )mt fölk \t6tüz nä.liga tapat hafa Efnii llfi, ef honiiru
fei nf^kkiit ül meiiis. Ferr Jon ok fraiii kemr ok er tokinii af jarli 5
bliSu aem lieimuligr vinr ok trü^la^a^lla5r; ok sem jarl
])enna la&iin fengit, breytir hann ä ^ann hätt me& hoiialigum
at hvern tima sem draumaiuenii koraa, ]>& ferr hann 1 ein-
bli vi» Jrtn ok la>tr hann aegja s6r, hvat ^lenna ok i>ann hefir dreynit.
r h6r sA manna munr, at Jon 16t jarliuii hafa sik iindir hendi s^r. 10
lka?(iz jarli eun f^a1g^io af o^ju yfir q11 li^nd, at nCi beri {»at yflr
I fyrri spekt, at bann r6Si aü alla draama ösag&a. OeisaSi hans
i af ^üäsi n.fjiing svä hätt, at jafovel kom hon tram til själfs keis-
Kluttiz f)al ok hör mefi, at einn ungr maör var kominn Hl
rtar jarls, ok BQg&u sutnir at bann vseri forvitri, {lött ]iat fieri lägt 15
Si far 1 vitrir menn, hversu {icnna sefint^ haf^i saman borit, jiviat
Jon reyndiz einkanligr maör f siöferöi, hitverskr ok lltillitr. mjükr ok
ildjar& ok as hallr til hins betra hvar sem hann var viö staddr mfU
I. 2 ok — b>-Bki f. A. hyski sinn Ü. 2 talat XBC, „talla" D. vw AG,
SD. Kpr Ä, segir üvii BD, ok sagOi C. ei ABD, nuri C. s in mija un--
I D. 3 rtiaiiiQ i C. [mu- BCD (die beiden l&iien bvcl,«labm in D x. t. xerglöri),
Wa. stjMiga Ü, skjAtlißi- BG, f. Ä. mikiU /TB. 4 allt ^ J)6ttiK ABD, a!lh'
nÜigft f. C. 5 Ferr AD, ;Nü ferr C, Ei6r fi ok er BCD, er hann A.
Ö nieitri AB, mosti: D, »hinnu' mestu C. 23, 24 aem — tnjn. B, sem „heniolegs-
^t". eL .tmnaSr in- J, sein nhoiinuligs vins ok trunadar maiiz' /), sem hariD vteri
jpl» ttuuaflarmattr oär hinn mesti vin C. 6. 7 ok ((em — fengit f. BCD. 1 lireytir
■kt i Ä, he&r jarl nii £2), hafa JMii: oü G. k uie5 C. beimligom ABC (Ate abge-
^nUa mdvnn in A nicht dfotlieh), beimalignui D. 8 metoabi ABD (ia A ata
Bwk ttaehgetragen), vitoiM C. hvern ^ßZ>, [>aiin C hbiii ABD, er C. |)ä f. A.
'Qaiui MgJB ser ABD, J6n hauii segja C jieDna ok |jann AB, |i& D, Jieüsa ineiiD (7
'p^SSft hoiir menn C, ifocA »f die nchlige icortfhlge durch Uaexeichen antterieutet),
"> b4 jißC, sjä D. maona ^B£», mAla C. sik sv.i imdir BD. 11 AukaöLs ^a
^Vki Ü, Äiikai Uli C. jarli — fnegöin („fra>gd ou") J, Heiureki sva fnegfi oiin Ä
Höinreki jaiU svfi (ra-gö ü. hana ft»KÖir C. af ABC. at D. at nü bari BD, at nü
'W* J, ok upp berr C. 12 fjTri /: C. n-öi nü B, segi mi A, segBi i), neör C.
t f. C. fyrit ^ilfan kasarann A. 14 Flutüi {)«t ^BD, FljtK [»tta C. hör
, t«r G var ABD, vajri C. 15 jarlaDS BD. sogfli C. sumir meon C. bann
lorritr fi. tt m pott Tu^xtÖH D. fiat ACD, hann & lä Sa |iar i BD,
ii J, Saa (»at (?. menn hvet- in B cdyeriesen. |»enna AD, |>038i ß, [letta C.
reliirl), beflSi C. 17 reyndiz ACD, profaÖiB ß. einkanligr J.
, f. CD. mB&r /■. CD. i siMarhi /". JCi). IT. 16 haav. — mS!4j. Ä,
r ok litillntr, uijiilur ok B, hsvcKkr ok litillätr mjtikr (ukr xcratört) ok D,
i wjäkUtr, hieverKkr ok litiilatr C. IS olt «> f. B. » f. C. til baUr A.
r BDC, ,bü' A. Die -i k%im buchtl. in aladdi' xerHüri D.
300 aisBiNG
manna. Herbergi haf^i hann s^r ein til sve&s ok |>eira sinna gerSa
20 er honum llka^i, {)yiat hvat er hann tök sinni hendi var forkunligt
yfir fram abra menn. Yar hann af |)essu efni qIIu saman sy& vinsaall,
at engl ma5r talat^i honum 1^, en margir vel. Nu ll^r sv& h^^
at Heinreki jarli llkar eigi at lüta Jöni svä opt, heldr vill U, f^essa
speki sem meö eign, ok by^r homim at kenna s^r sagda list fyiir ssi
25 mikit f6 ok ssemdir sem själfr vill hann; en svä opt sem hann leitar
eptir blltt e^a stritt, svarar Jon 83 sama til, at hann feer eigi keat
honum, |)vlat hann segiz me^ gJQf pegit hafa |>etta 14n en eigi m^
list I'ar kemr at jarl reit^iz dauöliga, |)vlat hann trüir at Jon fyiir-
muni honum listarinnar; ferr nü til räös met3 honum er aldri er dyggr
30 n6 Tel dugir, at hann skal at komaz listinni hvat er kostar. l^vl
kve^r hann |)at upp einn morgin ärla sem hann vaknar i sinni sesng^
at hann b^ör frdinni er fyrr nefndum v6r, at hon skal taka I>at sax
sem t)ar hekk uppi ok ganga lägliga i svefhhüs Jons ok drepa hann
sofanda, kryfja hann sföan ok taka or honum hjartat ok raalgera
35 honum t)at sama me9 spab ok spfz 1 dagv^erQ um daginn, en lykja
herbergit sföan, svä at {)ar megi engl koma utan hon ein, |>vlat STji 33
skal flytjaz, at Jon hafi sött fengit ok andaz or henni ok grafaz. PettB.
bo$ allt saman angrar svä särt früinnar hjarta, sem hon vseri iQgS i
gegnum, en met5 pvl at viö Jiggr hennar lifljön af illzku jarlsins, dregr
19 ein f, C. ^irsL ABD, til G. 20 er ^C, sem BD. hvat er ABD, \inr
sem C. hendi til C. forkunnigt G. 21 fram /*. BGD. efhi /*. BCD, saman /. P'v
saman sva f. G. 22 talaöi ABG^ maolti Z). 1^ — vel ABD^ l^s 66a maignuei'
is C. Nü — heöan Aß, Nü liör svä ok fram kemr (7, Nü liöa svä dag [ar] D (mi^
dag- bricht D ab). 23 Heinreki f. G. vill hann G. {iessa AB, ^ C. 24 sem i^
af Jöni G. eign AB^ eigu G. b^ör — at AB^ biör hann Jon G. fyrr sagte (7-
fyrir AB^ ok b^6r honum G. 25 själfr vill hann AB, hann vill mest luggjft ^->
opt f. G. 26 meö stritt eör blitt G. svarar AB, segir G. se f. BC. samt C-
27 l^tta f. B. 27. 28 t>etta — list] en eigi meö list numit hafa {>etta lan C &
reiddiz G. trüir A, trüir sva B, trüöi G. 28. 29 at — fyrirmuni AB, sem J«*^
mundi fyrirmuna G. 29 ferr nü AB, fyrir {)vi tok hann C. er(l)] sä er BC, sii-
er (2) A, var BG. 30 ne vel dugir A, sinum vinum G, f. B, hann skal A, n^
skal hann B. 30. 31 hann — sseng f. G. 31 ärla f. B. i saang sinni B. 32 fitv'
inni AB, sinni frü G. nefadum ver AB, var nefhd G. |>at /*. C. 33 aem —
uppi AB, er liggr hjä henni G. 34 sofanda — siöan f. G. taka si&an (7. ittA-
büa G. 35 honum B, siöan A, mor C. sama /*. G. um daginn AB, i dag ^•
36 herb, siöan AB, siöan aptr herbergi G. inn koma G. utan hon ein ^, atvi
hann einn B, nema ()ü ein G. ()viat /l (7. svä f. A. 37 hafi A, hafOi C, skii
hafa ^. fengit AB, fangat G. hafi andaz G. ok grafaz A, en si6an gnhi B^ ^
siöan hafi hanu grafiz G. En {)etta ^C. 38 saman AG, samt ^. frdariDnar T.
iQgö C, lagiii .4^ (lagin i doppelt B). 38. 39 i gegnum meö sver6i C. 39 n«*
2^C, viö J. lif^on heunar G. {>ä drogr 5C.
;;
1 8i)c At af lirtsinu ok fmm ( )ifi skommii er Jfin liggr I. Eanu ls>tr 40
] bimii eofi, on hol! stendr & goifinu uk grietr nijijk s&rt {lar tu er
bn vfkr oröum at henni ak segir svä: „Frrt min, segir bann, gr&t
i, ger heldr {)Ut er ji6r er boSit; ek skal hvergi flfja. Vit ok jiat,
»4 hefir meiri 6byrg^ er b_*!5r glatpinn en hinn er gerir nauMgr".
a svarar ok svßrr viö giibs rtafu at eigi skal bon spilla haas blüSi, 4:i
i |«r Ugi viö hennar llf: „Iivfat oiei^ vizku ^intli, segtr hou, er ^tr
äfritt at vit beituni svi jarlinn brQgSum, at J»ii Iiafir Iff, en liaun
kkiz hafa sinn vilja". Jiin segir: „Hvat er Jjä aimat, sfban |ni ert
Bin 1 at gera ni^r ekki mein: ek veit ]>ann staS er visl er at hgndla
Bn Bti^iran rabka, tak bann ok tser mf-r". Sem jiat er g(jrt, drepr 50
an rakkann, tekr bjiirtat or lionum ok bf-ftr henni jtat matgera jaj'l-
Svä gerir hon, atrengir slban akemrauna, ok ui^ fleytir lU f
9iDn, at Jon haS s<3tt fengit. Kemr nü jiar mdli, at bjartar^ttrinn
borinß jarli um daginn, ok bann etr, en eb f miUum sem bann tekr
l^ttinnm, s6r haiin niör ( gaupnir eör sem prötandi hver vizka hlypi 55
honum til draumspekinnar; en fiat i6r svä at bann lykr hunds hjar-
lu ok er at eogii vitrari en äbr. Er |)es8u niest vikjanda til Jons,
bann gern oitt inanultkan meft vax [me^] svä forkunligum hagloik
. llkt sjÄlfum s6r, at Jtar mätti bann sjiilir kennaz. Segiz nd fljött
»s andtät eptir f4 daga; gengr frrtin niest hans naiiBsynjum ok 60
iO Üt AB, i buri C. af hüsinu A, or biisiau B, af loptiau C. ttiutx f. C.
iB, .Tön d 41 en er hon C. a&rt tnj^k C. 42 at becni AB, til heODar C
AC, talw B. segir Aü, sagfli B. 43 Ji^r ov (er f. B) boftit AB, jarl bJör^C.
Bk C livargi JB. ok f«t J. ok B, tyrir vist C. 44 aS hefti- AB, |>eBS er C.
Spinn b^r C. hinu ,4. bä 5, hins C. nauftigr gern 5C'. 45 svarar ok B, segir
A, f. C. guftfi uafn J, guft BC. hon skal eigi C. bli'ifli Aß, lifi C. 46 sagBi
; fl, /: a 47 ^jWfvald B. beitini J, svd jacünn B, avi jarl C, .u» J. 47. 48
n — hafa AB, jarl hitfi |)6 C. segir .4 C", svarar {imdeutl.) B. [>i /". B. at siflan 0.
^ B. 49 at gera — mein f. AB. er vist B. at viat C, at rfiSinn A. 50 stör-
nldta AB, liimd sturao G. 51 ok tekr or hontim bjartat C. [tat at C. 51. 52
bmin AB, fytir Jarl C. 52 jiarA bon: sem Jon b«u6 henni aäd. C. aptr sitan B.
irtir üt A, Üeytir B, Uyti [»t n« C. lit /". B. 53 Jon JB. hami C. fengit AC,
S (uncfruff.) B. mMinn C. !i4 borina jarli AB, inn borinn ok settr fyrir jarl C.
O otr AS, im otr bann r:'. sem hano tekr AB, er bann At C. 55 ser AB,
C. pröfandi A. efanili C (in H isl der an fntuj de» vi/rtnt abgttchmtten u-nd
-odi frbattfn). iiö. 56 at hooum blypi C. 5ti draumspekuinar AB, dmumanna C.
A 8*4: me6 yUu luM. C. r in för wnii svä at in B abgejiehnitttn. lauk (.'.
7 l««rtanu J, „hjtrtteno- (sie) C, hjarla B. 57 ok er AB, en bann var C.
iJ., visari B, nnrr C. en 4&r JB, en lifir am draumuTiEkuna C. Er — vi^-
AB, Bu nü er [«ssa n»at at vikja C 58 at f. A. eitt /: A. ine» (2) /*. AB.
I Weö {2| — ok] svä forkunliga P. 59 nü tljott AB, ok llj-tz C.
fiveipar Ukit iiöi- nienn koma (il at gera Ifkfor^iiia, on 36n hefir l>i ri
f lientior trilnaM sem leynir alla meiin. UrSii \<c^s\ UftenJi luijrgtkKu
ril hrygöar er Jon trüBiz tU grafar borino uk oiSpsettr, svft at mar^
var gr&tandi at peiri fijÖDiiatu.
5. Nd er ]>ar til m&b at taka, at keiearaDn f Saxlandi drvyniir
drauui einn er liomim s^niz merfciligr, en vill [mI piiwiim s^a, [ivJat
Heinrekr inägr hans var ml svä gseddr {lossi frtegö, at hann sti^i
drauma alla en räSi slSan, ok ]itI metr keisarinn eigi {lann mnn af
5 bjöf^a jarli ä sinn fiind, lieldr rtßr hann sjiilfr n\ef> sitt hoffiMk ok rnm
kemr ä jarlsins garö. Ve^^^ früin systir bans bjartaliga fegin hins
kvätnu, en jartina sfnir sik nijbkut glaflan ok bylr raeh 9(Jr bnnlil«
samvizku, fivlat hann ^iVViz vfat vita at koiwarinn hefir ä einliTem hiH
raikit erendi, sfäan bann sjölfr reifi. Fdr [jat fram meS honnm waa
10 skrifat er, at engi blutr wvlkr br&Öara manninn en i!l mUlacfhi. SflOO
l^jeir taka tal nin k milli m%amir, segir keisarinn sik ba5i drormt ]i$i
er honum s<niz merkiligt: „ok {ivl viljum v6r, m&gr, at Jul ^Air os*
rizfcu ptna er n\\ ferr land af landi ok segir draum niinn, on I)tBÜ'
sf&an sem eptir gengr*". .Tarl kennir nü at hann hefir sjÄlfr egnt f>Ä
15 snijru fjrir sfnwni Wtuni, at övfst ot hversii hann forSaz; verSr n<*
hljöbr ok fordjarfaz allr, segir [lat län skanim»;tt liafa verit ok nü mff^
ijlln aik fyrirlätit Keisarinn s&r meS sinni vizku at jarl vard illa ri*^'
61 Mr en 0. eo J<3ii AB, Jons C. «2 tninBAi lioanai ß. tmaaAw C lefTV-
ix C, mQrgmii /■. A. 63, 64 er .Ion — var f. C- 04 «l ,iC, af ß. [wiri [ijÖBMta i^^
|>Wgi lik^lflu C. 6, 1 inÄls J, Msaguar B, f. C. nach taka; ok M M «f^^
add. C. at 1,2) AB, er (' teisaranu J, keissrinu B, rfü? tttdung aigdHint C^
drejrmdi it. 2 eina AB, mikiDn C merkiligr vera nie rill C 3 nü mri fi, m
Rvi O. gneddr S. [lessi fi-ingb £, )iein iist A, (wssamr fraigOar C. wgir
4 ncAr r^ hann keissrion ^ilfr C eigi /l ^. [noii mnn J, Jmuid mnDiDn B, m
lüa 0 jnrliuiim B. 6 haDs s}-stir harbia C 6. 7 d jarisins ~ tm f. A. 7 kvinra
tundi C. jarlinn J, jarl BC. sjnir AB, gerir (?. nijkkiH ;'. JA ok hylr BC,
befir A. 8 vist /. A. keisari C. Ä /: C. 9 sjÄlfr hann B. \»t AC, hör Ä n
hoamnf.B. 10 Kkrifat stendr a in ikr BC, sfkii A. hrASan. AB, avk C. «i J
Bern C. malaetui A, niilefni BC. tiach milai-fni: Liiia syslir kciisarans vtutr hJH
liga fegtD ban» kvilma .1. 11 taka tal .1, tala B. taka ouUe&ii ok lala C. A milli
{ milli B, i inilluin C. droj^it liafa C. 12 or f. A. ^vi f. A. nach Btigr-. *tf^-^~
hasu B. 13 tand af landi AB, um i^U l^tid C. segir oss C. draium mim <"
draumitm BC. 13. 14 |>«Air — sem AB, rA6 sifian aem [)feir ok (7. 14 kmnfr Ji
s*r a sjillfr hollr Ä. U. 15 ogot — fyrtr AS. lengit J™ sooypn a IJ hTia
at B. verSr haun nii C, 16 hljAftr ir^ok C. fordjai-far A. tjnr ^vha H, (bni*b
(,F*lnlaxt*) C. ok segir C. akammiBtt B. ekammoitt A. skamt C. ««tit kalk A
17 sik fjrriiUtit AB, fyrirltntr liaiui sik (!) C. >mt ou C. Hitini vütkv AB, iirtl
saAinu-JoNa sasä 303
r^vf tekr hann nieS s6r st^Äugt at hann er bitinn af vdndri samviit-
in talar fiä: „Oss var flutt at h6r vteri einn iingr maSr, Jon
tbrvitri ok vinsa'll; hvar er bann nö?" Jar! segir at hann 20
er dauSr ok grafinii. Eii er JK;ssar rtDÖui' fara frani , sör keisarinn at
fhlin systir hans hylr sinn liarm ok grtetr fiü särt. Pvf ondar hann
fyrst at sinni Jietta mal en tekr sißan systur sfna meß einnueli, bji'iB-
aadi henni upp & sina kurteisi at hon liiti upp sannindi fyrir bonum:
,I>vrat v6r {»ikkjumz sjä, segir bann, at >it bj('in erut üllkrar samvi/,kii 25
[ ^essu mdli, ok pvi beriim vär trauet ä, at fiil mnnt oss sannara segja
en jarlinn". Pniin meS slniim gi^Meik var nü sett niilhtm {>eira boi^a
er eigi vorn lägir. Hon sä fyrir bversu hennar böndi var h&ßnliga
stetndr ( sfnuni glrop; sft hon ok bversu hon var skyldug satt at boöa
ok &3&lsa saklausan. II6r kemr niAli, at hon leysiz pvi af seni minnstu 30
mWti via knma, segir Jon lifa ok vera I sluu valdi. Ketsarinn krefr
liä oh ekki franiarr af hemü, utan btbr I sta?^ at Jon leiMz ii lians
fiißd. Sera {)at er gijrt, talar keisarinn beldr stutt I fyrstu ok segir
BvA: „Ev( forr fiü svä mer> |>6r lifandi maßr: grefr |)ik sjjUfr I leynd,
endÄ triiiz dau«r ok grafinn af QÖnira? Seg oss |jat, I)Vfat v6r bjööuni 35
tfe, ok ger engan manna mnn at", segir hann, Ji5n svarar ^esatim
Ekran» oröum rajcjk göÖmanUga, sem hans nÄttiira var tÜ: „Herrn
n, segir hann, ef ek skal greina I>ann litla (efintfr, biß ek at |i^r
16 [ivi — atijä. AB, fieiikir meS ser stqSugt aanivit C. at bum BC, radlUi
-at liQ gebessert, das r aber nick! radiert B, bltiun af vtludii samvtzku A-, tut.
nättiiru B, liundiDn af illum andn ok vaudri sanivizku C 20 forvitri A, for-
\ forviU B. 21 ei- AB, so C. giafinn .^l-Ö. ,grauftur'' C. Eti BC, Ok A.
AC. |«ira B. fara AB, füni C. 22 hylr ^LS, hl.yr C. Ki AC, H B.
tyrat -^ taäi AB, sitt mäi ^'rat at siuoi C. en BC, ok A. siOan f. C. 24 upp
kurteisi J, kwrliga tniD, tristiliga trü C. läti upp ,.16, lüti uppi C 25 seg-
Ji Z". .d. hjÜD AV, jailioD biindi |)mii £. erut ulikrar .IS, vib ykkra C.
'tvi f. A. oss {. C. Begja A£, hafa C. 27 jarünn iß, jnrl C. En &iiin C.
' AB, sÖtt C. i mtllum C. 28 er JC
B. 29 3>i hou ok AB, huD si C. Ii
'■ 30 saklaiisan manu C. at /. Ä, t
af C. 30. 31 sem minustu ta&tti jB, :
■iKm mAtti C. 31 ok segir C. 32 ok f. C.
Uuui bjflr C. i ataa /: C, 33 stutt BC. „stugt" J. 34 avu (1) /. B. Hvi Aß.
a tarda XÖC'. \>er liraadi Aß, ^iau miUaefni C. sj&lfr B, själfan C, oiftr A.
BBdaAB. en {lü C. dauör ok /", C. ijörum mqnQum C. |«t /". AC. 35. 36 tuüö-
{ler AB, tnium [»r ok bjiiöum ver [)er undir hlföni C. 36 ger AB, beiß C.
ist mun AB, man mana C. segir biuin A, sag^*)! Ltiuu B, f. C. ^ufanm f. C, 37
im keisaraus '1. it^qk f. A. baua nfittüra Aß, navei-a (!) bana C. 38 minn
L rwcA greina: segir hann ailil. C. fiatt litla BC. 38. 39 (wr gefit AB, [lü
■ C.
n A h&buliga .4, biBugÜga C, harb-
Bu skyldug bou var A. boSa Aß, seg-
.iz JB, lyair C. [.vi af B, af fivi .^,
1 hon matti miou&tu .4, atuoi samvizku
framarr ß, ineiraA, frekah C. utan
gefit ni6r valil >'fir eins manns Kfi". Keisarinn svarar: „!*ii ert skytd-
40 bundinn upp ä f)iiin h4ls at segja satt, ^ött v6r kaupim I>at ekki vtan
rIkiBstjörn ". Jon hefr |iä fräsQgn, })ött eigi vaert fqgr, ok vertlr )i
mikill munr {leira hjöna, seni i'it gekk fräSQgmn. Keisarinn variS sri
rei!)r vi?^ fr&SQgn fiessa, at saklr niEeg^a vii) jarlinn |i6ttiz hann sjilfr
skemdr 1 ^vflfkuin glcep ok fordEPPaskap, {»vtat Ifkt m&tti e^az, tSi
45 nQkkat sefaMz til, at logi brennandi mundi jarli heim bjöl^a; en eptir
Utinn ])agDartfina talar keisarinn: „Seg nü draum |)ann er fyrir oas bv
ok OBS s^udiz merkiligr, fvfat pröfat er hver vizka me5 fi6r w oi
hvert högömafals meö Heinroki jarli". Jon segir: ^D,^rt er drtfttiiB
orö. Yör dreynidi, sem fiftr vterit heima i j'Övarri Li^fiiöborg, tt \6t
50 gengit upp f einn turn ok litit ni5r yfirstaöiun: sjndiz y9r Bern vatiW'
gangr gejstiz svä mikill i Iivert pla>;, at staTtarins fötki var hvargi
fffirt me8 |iurrum ftPti, heldr var allr lyilr A vaSli; en |id Kr {«t und-
arliga, Jivlat pat sama var Jicim (niisligt: sumum tök eigi mein en l
ijkla, sumum til knfe, sumurn f mjaBmir, ijSrum f beltisstaS, jjfi «in
55 6. axlir, ni^kkurum allt til mnnns, svä at vatnit feil ilt ok inn- Er
nrt draumrinn i'iti, herra", segir bann. Keisarinn segir: „Frftbsera vlata
hefir guC gefit jj^r, pvlat hvargi vlkr af r^ttu; en seg nü Ijösligi.
hverir j)eir väru er hs^tan hijföa vaSilinn". „Pat var drottning yflni,
39 yflr AB, til C Bvarar C, svara&i fl, segir A. iO k f. C. saUiB.
Jon O. kaupum O. eigi C. 40. 41 vftiri (undeiillieA O) rikiBstjäm BC, »t [»er i.
41 I>4 frdajgn AB, [tä upp itäsqga [jessii C. Vieri AC, se B. ok /". C 42 mnnr m i
tjA«' der xeile naehgetrage» . fräsi^gDin .1_8, friisQgiintii C. vurS JB^ vftr C. IStti'
sqgn AB, gl»p ok fordseSu C at dB, ofc O. Jarlinn .iC. Heinrek B. by»
Bjilfr -Ifl, keisBrinn C. 44 akemdr vera C. [iviliku C. gl»p ok ford. f. C ^li*
(svÄ at B) — Bjnaz JB, sem [liktja mfttti C. 44. 45 Ä8r — til /■. r. " '
juli AB, hoDtim G. nach bjoSa: sem verkin sfoiu til add. C. en f. C. 46 vA
keis. AB, mslti keisarinn til JönB C. dranminn [>ann C. bar /". J. 47 ok
afnii A, ok afndii oss C, er oss virBiz B. 47. 48 pröfat — jarli (jarli er A) A0
ver vilJQm vita hier vizba er me6 {ler ok Tiyum ver vitn hvärt n^kkot ^r „
e8r fiOa i C 48 segir AO, svarat B. 49 naeh orS : herra add. A. som AB, »t C
vierit BC, vAiat A. i AB, « 0. hqfuS- /: ^. 50 gengit AB, ]^t6t gugs '^
litit AB, litot C. sjndii — sem A, {>er »yndin at C, at B, 50. 51 vatxgwigt d
51 geystii sva mikill B, gengi svi mikili J, vieri mjqk geystr C. i bvort pUi A^
yftr allau sta&inn ob hvert plaz ynr füllt T at AB, stä at C. hvergi C. 52 hrrt H
tax A, friSr fl. meft /: C. 53 firiat /■- B. sama — ^ialigt BC. nto lök
fmisliga A. B4 sumnm(2) JB, «u sumum 0. 54. 55 jia enn h A, qtrum . _ ,
& C. 55 n.!kkiiniiii .4, ok nqkknrum C, i(6rtini B. munns JB, miBs C. av4 at — ^
inn f. V. 56 draumrinn J, dmumr B, dranmrinn yKvar C. segir (2) JC,
iS6. 57 Frftbfera — rettu] hvergi frft hera: „ok heflr gab gefit («r mikit iH ok
Itviat hvergi vikr af neinu C. 57 {>er gefit B, seg — Ijöaliga AB,
58 vaialiiin C.
Jfin, dk »& t1»'iii»ki iiiaür er htiiiii l^lgili lieiman, sfCan margir
af hfllinni ok yJSviirt räS". „Satt er {»ettu, segir keisarinn, m 60
nA dniiimiim'^. „Ef ek skal räM draum f)enna, segir Jün, vilda
gJaniK fä valil tt'&ggjn nianna lf(s, jivfat stA Eettu ek at ambana gu8i
f sfna, at veröa engum raarnii tÜ raoius". Keisarinn spgir at vt'l
Ör Ijdst, liverr umör lianii er: ,en (lö miintu draiiminri f\^Öu veröa
B (jllu kauplaust". Jon segjr: „Wj er verr at drauinr sjä hefir 65
gta tjJ'JÜDg, Bvä at mi'ir |iikkir mikit fyrir upp at kveöa; eii meö >vl
gnS hatar rtlift'fiir allar, niiin yfir af fvl sjnt liafa verit, at eigi
üi 8VÄ lengr fram fara. Eigi er betra um at taia t)at er frü y^var^i
nir til, en hon svfkz frÄ ySr ok heSr um langaii Uma legit meß
fliemska maniii, sinum kumpfin; er ok eigi fegra en margir af 70
stürmenoi eru sanivitandi [leasa IJtis: sumir meirr, en siimir
if, eo sumir nieö griin af Ifkinduni hversu |)au fara, Tuk I>vf
it ^misliga. at samvitand ok samfiykt jiessarrar öhtefii er meß sv&
il^ra 8t6ttum; en Jieim tük djüpast eeni hqfuSsmenn eru svä Iji'itrar
^w: j)vfat I livem tinia sem ^dr erut braut samrekkja Jian niett 75
. Er nü {i^ingin liti J»6tt eigi s6 gleöüig".
0. Keisarinn verSv ba-Öi rjöSr ok reiSr viS r^tiu fiessa, teraprar
[>6 Tel, |)vlat bann var gu^hncddr maßr. JiSn fellr fiä fram meB
im lyrir liann ok mtclir svä: „Herra minn, segir bann, bafit vftrs
69 segir Jiin BC, herra A. flieuiski maör AB, flokir niaona C- fylgdi AB,
E« 0. heisiaD /. C. CO ok /". Jß. ySvart räa SC, yfirir mann [nirhl gaiix
*«•) J, »egir ;'. A. öl draumino Jicnna B. 02 gjarna — valJ JB, ais» ri]ÜB-
> >t ribtt C lifi (7. auibooB AC, kuua B. 03 Eiim gjff C vor^a — uianni AB,
ma vnri C til meitis BC, at nieini j1. Gl veriir AB, yiüi C. (k) muiitu drauiuiun
tt(räfia iJ) vcrS« AB, segja verSr [)ü draujn jjenDR C. 6ö segir AC, svarar B. -Iraunir
^, dr. |<eBBi it. bann C Cft ötagra (gv» üfitgraS) li^Cing AS, ägorliga |i^fiiug
tkgoi 0- 66 Bvä /■. BCi tnitit «w C ülnfr der xeile nachgetragen, (. B, upii
krata jIB, i at segja barm C. 67 allar AB. mntina C. y6r at [ivi fl, yflr C,
lengr AB, guQ viU at eigi se sva lengr lata C. 68 Eigi
B, En ejgi C. {at is. {«r C. M erhi»eheti A. 69 til heyrir C. en (at B)
■« — jr8r AB, hin sTikaligaata M yfiar C legic A , gengit C, f. B. 70 manai —
O- Ml A trloaehen. er Aß, en er C. 71 (>es3a l^-tia AS, [leira svika C. 71. 72
ÖT — meö »rt A sehr verbUehe». eamir meir — minnr en f. C. 72 mionr
f. B. med A, ai B. af A, meS B. meS — faraj hafa gniii af |)eira meSferlt C.
-ga U ü) A erloschen, ok äBm|>ykt B, ok aimdrtiykki C, f, A. {jeasan-ar ,IB,
■i G- Oluefa C. er svti ine6 O. 74 mgrgiun stettum A, nigrgum stett B. margri
H C eani BC, er A. pru A, eru orftnir B, Tiru C. 74. 75 svä Ijütrar ödjg ar
ä, gkapsins C. 75 i /". A. sem Aß, er C. i bartu C. ^i samrekkja C. 76
Ailig-B, glaalig Ä, glnaiigt C. 6, 1 verfir bsdi AB, vord C. neSa [leaaa A,
in (i(«) t>essH B, [lesaa iii^u C 2 [id A(\ [mi B. 3 mielir BC, talar A. segir
u (7, Wgt>i bnao B, /. A.
.ouüüu, Uli. XXVI 20
306 euoNO
herra |>oliDm8e^i fyrir augum y^r ok Ifkiz honum 1 |)Yi at befna y^var
5 eigi, {)6tt |)6r megit, heldr llknit at hans dsemi ok Ij&it ^im til um^
bötar llf er dauba eru veröir: |)vlat sv& megi I)6r mest Tinna, at yfimr
skapraunir seti |)6r miskimn ok {)oliDin8BM^. Keisarinn Imgnar vi'
tQlu Jons ok m^kiz svä fyrir gu^s vitjan, at hann tärfeliir ok tal
slt^an: ^I^ött ek vaera grimmr 1 m6r, maetta ek 8j&, Jon, hverr t>ü e:
10 viö |)ann er |)lnu blööi eptir leitatJi, ok I)vl er |)at Ijött fyrir guW et
mQnnam, ef ek skal verr gera en t>ü, svä miklu sem m6r er vandanBi^
fyrir f)at mikia l&n er minn dröttinn veitir m6r, ok t>yl skal tu f>iggj«A.
t)lna bsen bä^um okkr til säluhjälpar; |)ar met$ gerz formaler at iieiiyflB.
|)ä llkn f hverjum stat3 sem v6r viljum skipa^. Yar nti dagr mjq
15 lokinn. Stendr {)ä keisarinn upp or {)vl litla berbergi ok hefir Jon
ferS me^ s6r. S^niz h6r nü undarligr hlutr, sem hann 86 af dauSi
reistr. Keisarinn er hljöSr ok harmandi me5 själfam 86r, ok sem n»si
nött Iför af , byi3r hann at jarlinn s6 gripinn ok leiddr fyrir hanim .
S^nir keisarinn honum |)ä undirstgt^u slns mälefiiis, bjö)5andi honuncM
20 upp ä sitt h&lsbein at segja allan veg {)eira Jons, hversu farit hefiir.
Er nü svä drengt at jarlinum , at hann segir opinberliga f>ött Ijött vaeri. ;
ok sem |)at er endat, bi^r Jon |)Ä enn fyrir honum, at hann fäi llf o^
limu. Keisarinn segir at |)at skal |)iggjaz fyrir hans baen; jätar at ^m^t
muni satt, at Jon eigi mest vald ä Ilfi jarls, ok |)vf skal hann btk^
4 herra BC^ druttins Ä. 5 liknit AB, likna C. 5. 6 til ombotar lif
lif t. u. B^ til ambota C. 6 er AB, sem C. dauda em verdir ÄBy daufiamesrnJi
Yseri C. megi Ä, mogu B, megit C. mest AB, heizt C, at f. C, 7 skapiaon ^•
seti [>er AB, som {)er hafit meiri C. nach t>oliiimsedi: vid overda menn add, ^•
8 Jons Aß, })essa (7. fyrir AB, vid (7. 9 vaeri BC, grimmr madr C. mstta -A
maatti ^, |>u maetta C. 10 eptir {)inu blodi C. Ijött B, l^ost A, ^öst ok 1^ ^-
11 flach yandara: um en {)er add. G. 12 er minn dröttinn AB, sem dröttinn minn ^'
13 säluhjälpar ^B, saemdar ok salubötar C ok ))ar C. gerz A, gerztu B, «gi^'z* ^*
14 likn Jß, hluti ok likn C. hverjum AC, hv4rum B. skipa /*. C. 14. 15 Var — lokifi^
f. C. 15 lokinn ^, ^lutinn^ B, \k keis. upp B, nü keis. upp J., keis. \ik npp ^'
or BC, gengr üt af ^. {»vi litla herb. AB, ))vi saeti er hann sat i ok 4 bort af ^^^
herbergi C. 15. 16 i ferd B, i f(?r C, f, A. 16 S^z AC, S^ndiz B. nu /l ^
undarligir hlutir C. hann ^B, Jon C. 17 reistr J^B, risinn (7. er AB, yar ngQk ^*
harmandi B, harmadi AC. sor själfum B. 19 S^nir keis. honum \k (^ nodb 8^1»^
B) AB, Keis. segir honum \k C. mälefnis B, raälsefnis C, m41s A. aina nach mil^'
efnis C, e/oeÄ ist die ricfUige Wortfolge durch lesexeiehen angedeutet. 20 upp f,
sitt AB, {)itt (7. at hann skal segja C. 21 at hann — yseri BC^ |>6 at ^dtk
at hann hlj'tr opinberliga at segja alla SQgu {>eira Jons A. 22 ok /*. J3L sem Jül ^
J.^, sidan {>at var C. enn t>a (7. 23 limar BC. [>iggjaz AB, üi CL jittf AR
ok segir C. 23. 24 at |>at — saU f. C. 24 muni A, man J3L «gl AB^ «ttl ^
jarlsins B. {)vi /". ^i. hann /*. B. lata bua ^i.
^^^^^^^^^^ DRirnu-n^Ns 307
um eitt Alp av6. ulvarliga brott or Snxlandi. at hann komi ]}ar 25
1 9lnum fffiti. Sem |iat er g^rt, skipar keisarinu Jiliii at sEPkJa til
ur h<;fuBboi'gar ok taka raa* skilrtkum vättum }iä ülllfismenn aom
•na frÄ sagt, ok fÄ {»oim akip ür lantli heim til sinnnr ivt^arbar;
ieisarinn segiz muim Möa I saiiia stu^, [wtat bann vill oigi t'yrr
IK f slna borg, en hon lireiiisaz li^^ af svft raiklu grandi. Vil liann 30
[»it apara at ekripta fieim eptir atvikum ok mäkvoxti er samiietjaz
i gmndri illzku. Skipar hann Jiini |)ä menn af sinni iVlgd til vsettis
honum h'jfÄu aldri brugSiz ( tninaPi, Ferr J6ii ok Tram kerar,
Ur 8vA kli'iklign sinn veg, at & nftttarpeli kemr bann f staOinn: gengr
I 1 |)at lüptbüs sem drottniiigin var vijn at sofa I epHr tilsQgn keis- 35
; manna. !>,f^ddiz 8va vaSillinn seni Jan hafbi sagt, at {lar lAgu
vaneignun baiöi samt: {)ar tekin, haldin ok ft skip rekin eptir foi^
i koisarans. Svfi fdru })au ok kömu aldri aptr,
7. Eptir ]mt Itetr Jüd blÄsa keisara lüör ok boöar ijitum borgar-
ü eitt möt: |)ar steudr hann iipp ok talar breSi snjällt ok satt erindi
5>eim, bversu skemdir [leir väru ( Ijötri ödygi5 viB sinn herra; segir
i ^ö verst sama er mestan hei^r halda af själfum honum <.>k bann
^ti bezt; kveSr A slöan mann af manni, hvat hann hefir eignaz 5
i eBr minna af fessum vantnÜnaSi; segir jieim enga aßra llfe tau,
I fieir ausi sitt h<jfuS moldu ok dupti ok gangl berfa-tür üt ei
25 svi f. BO. «Ivarl. AC, siijüttliga B. 25, 26 hann — foti A, bann
Jux Hidan aldii Tteti B, aldri komi bano f^ niilan C. 26 uk üeoi C, er AB,
'. 27 hQtüdborgar sinnar (7. sem jLS, er <7. 28 Fyrr ßC, Mr J. ti:&AC,aIB.
AB, burt C 29 eigi AB, ekki 0. fjtt /■. C. 30 koms J9C, lieim A. on —
'ilB, fyrr en liou er hreiusut C. 31 atvikum »k niälav. ÄS. mabligleikuin ok at
~ lam C. Bamnefja* A , sameignaz B. 31 . 32 er — illzku f. C. 32 |<ä Jöni menn B.
■ JB. vitnia C. 33 sem AB, er C. honum BJiUfnm C. Siflan ferr C. 34 ok
O. klükl. — veg AB, tit sinum veg klükliga C. bann kemr ü nuttarlieli C.
35 ok gengr {*gar upp P. 35 lopt- f. C. seni JB, er C. drotttiiug C. var
s( Bofa i J, var vijn i at sola B, svaf i C. ti! sijgu B. Sfi. 30 eptir ~ moDiia
I. keisaraas B. konuiigsiriH A. 36 ^Jdi^ G vadilliDU AB, M ill G, hafdi
: AB, s(agdi) C 37 bicdi roDfiiguuil (7. aatnt /*. A. [)ar J, sidan väru pau C,
l baldlD .4, ok haldio B, f. C. 7, 1 [tat SC, [letta A. lüdri B. 1. 2 borgar-
AB, keisara 1yd (7. 2 Jim dB, ])Ä C. hann BC, Jon d. talafli C. liaHli —
di J, anjallt biedi ok satt mudi B, snjalit erindi ha<Si ok hätt C. 3 ^eir vArn
Bäir A. Binn herra AC, kebai'a B. 4 [leim — sama AB, \A jietta mest sanna (t)
tulda AB. hofa haft O. 5 treyati BC, treysür A. hezt AB, til C. A — manni -4.
n 1 mann ok mana B, A aidau mann fyrir mann C G af AB, i C. fiessum AC,
i ft ok »egir C. adra lifs vän j1, lifs vän adra B, lifs vfio standa mega C.
rMa ok dupti .4, med dupti P, „diiptn" B. ot ganp BC, gaogandi A. 7. 8
^ — atadiium B, banim fdlnm butt iJ stadnuui C, titau staflar berfsettir A.
20*
S06 otBXm
ätannum m6ti keisarauuni sem Lann kemr nierri; ok sakir ^esB at tteuil
skildu sina sekt ok säu meS ^essuIn manni Ji'iiii bceSi vizku ok bi-
10 bferau gödvilja, tahu allir fognir bans räS. A Jon {»ar ekkt leugiidv^
vikr aptr til koisarana ok segir honum sin erindislok. Lyptir keisarinn
|)A siiini ferS, ok er bann iifilgaz staSinn, fara borgarmenn alla leü
meS slnu ni&li seiu Jün baföi til lagt: falla fram berfeettir, härklffiddir
cik askaöir bünum til föta, jätandi sinn gliep, en beJRa miskunnar, (i
15 haca fö fieir; |>vlat gott hjarta var fyrir, sföan 3vä var leitat Var od
|)v( Ukt, sem bdtiB risi upp eptir dJmnia nött, Jivtut aakaSir vÄru leyit-
ir ok til pess frelsiR aptr leiddir sem [leir hQf$ii tnpat fyrir sfna syod
f)k dvizku. Fekk Jöti svä mikla smmd af fiesBuiu mälum (i]l\im Bunt
sem dO bafa sggS verit, sem eigi er auSvelt at greina. Gaf keisuiun
20 honum jarldöm uk rlki eptir Heinrek ok (lar meS aystur sfna. Vir
l>at eiunifelt, at nii vteri hon betr gipt.
8. Ä eiubvem tfma sem peir s&tu büMr gamt keisarlou ok jart-
inn, spyrr keisart jarl beimoliga, hyaftaD af haiin hefM ]>6git av& mikla
gjgf fräba^rrar vizku yfir a^ra menn. Jarlinn segir at [less bättar litnb
hefCi legit i m63urtett hans, at Jafuau hefSi iiQkkurr verit foispir, „J^dtl
5 ek bafa ttar meira af I}egit en ek veit nQkkum bafa baft ininna seit-
8 Diüti A, i moti C, inöt B. mem stadiram C. 9 ok sin A, en aiu C
„visB* B. vizku AC, vitru B. (rttb-ceran AB, fräbEerligan C. 10 fegnir bans rii AB.
[letta ntil ok verda [ivi Tegiiir C. Ä Jüd Jior BC, ^ar a Jan A. ekki BC, eigi J.
lengri ^, longr B, mein C. 11 vikr liaoa C. 12 ok Aß, en C. 12. 13 ilU -
m&M AB. med Muna mali aJla leiä C. 13 lagit BG. (üb. frnai £, falla B, Mt. («r
frajn f , Tara fram A. bürkloEddir Zt, ok herklseddir C, i klieddir A. 14 ok ist-
adir f. G. honum til füta AB, til füta koisara 0. jataadi AB, jätudu |»eir honiuD C,
beida AB, beiddiz af lionutn C. 15 (i AC^ Tengu B. var bjarta C, doch Ut Üi
ricbtigE Wortfolge durch Usexeiciwa angedeutet. 16 tisi upp AB. snem C. «fi
dlmma AB, af -Jimmri C. askadir AB, allir C. 17 ^ess f. A. aem — ^«1 BC
[less sem >eir väru adr frä leiddir A. 17. 18 synd ok f. C. 18 avA — samt (jifc-
samt Jt JB, af (»essuin hattum qllnm samt svä mikla viidiog C. J9 Min ai -
vorit /: C. 20 honum AB, Jörn C. Heinrek jarl C. ok (2) f. B. 21 einramll -t(;
nd melt B. nu — gipt A, bon vieri l)etr gipt B, hon vor nu betr gipt on f;s f'
8, ! dnbvern A, einn B. situ 4, aitjo B. 1- 2 Ä — beimoL] ok |)Ti sitj« t«
bidir samt keiaari ok .g" Jon jarl talandi sem beimngbga til bans sni «^andi C
jariinn B, jarl J. 2 jarl f. B. eS AC, at A bann bef.ti AB, hefir tni f . 3 »■
bterrar vizkni .4B, ok fribiera C. nach menn: fnun add. C. Jarlinn AB, IIa C.
Bagdi B. )>ess — Uulr AB, svä fallin nättüru gjgf C. i i BC, k A. m&iia- f. C
nijkkiirir B. at jafn. — toreiiir f. C. forsp&r A. foraynir B. Jtott fl, ^4 ■! C
|n> J. 5 [lar af C. »ach [wgit: sagdi bann ihW. I
f. A, 5. 6 miima sttmauua BO, mina xttmenn A.
dba.üma-j6n8 saoa 309
Qna, ok |)yl ok sem ek sag^a fyrriim mä ek {)at engum kenna^.
rla fekk jarl orlof heim til slns rlkis, sv& var keisara keert til hans,
I)ö fekkz |)at Slöan üti var brü^laups tlmi, gei^iz |)eira höf meö
i heimsins mekt ok vir^ingu. Tök bann si^an fagra landsstjörn
rör af hverri tungu fyrir sitt frelsi ok fräbeera vizku. Skiptu |)ä 10
4tt faöir ok mööir büstgtJum: 16tu lltit |)orp en töku I möt vsönasta
5tala meö rikum eignum, ok l^kr svä |)e8si SQgu, at hon gefr gööum
»nnum {)at dsemi at |)ola ngkkut en hefna sfn eigi f hverjum hlut,
dr bi^a svä gu^s, |)vfat bann mä um sI6tta {)egar bann vill; bans
11 s6 blezat at eilffu. 15
6 ok sem — fyrnini f. A, ok sem — mä ek B^ ma ek ekki sem ek sagda
C. |)at engum A^ {)at eigi C, engiim Ä 7 Varia /*. C jarl A^ jarlinn B,
C rikis sins A. 8 ea {)6 — {)at AB^ sem sidan* er sagt C. Sidan — timi J.,
LD brudlaups timi {)eira keisara systur var um genginn B^ ok er nü komit at brud-
»8 tima i samgangi {)eira Jons ok keisara systor G. er gerdiz B. |>eira höf /*. B.
t] mt7 diesem worte bricht B ab. ^ 8. 9 gerdiz — virdmgu f. C. 10 sitt frelsi
ielsi*^ A) ok /*. C frabsera ^, sina C. Skiptu (>&, Skipta {»au C 11 s]g6tt /*. C.
r hans (7. sinum büst^dum (7. i mot /*. (7. vaenan (7. 12 med A^ i C, {)es8i
1 A, {)essarri fr^Qgu C. 14 heldr «n A erloschen. Statt des Schlusses (von at
in X. 12 ab) hat C nur folgende worte: at gudi [lies gud) se lofstdr um allar
r alda veralda. Amen.
DEE NAME GERMANEN. ^
Die frage nach dem Ursprung und der bedeutung des namens
rmanen, der um das jähr 80 v. Chr. in Rom bekant wurde ^, beschäf-
te schon die antiquare des Augusteischen Zeitalters. Wir würden
3r die ergebnisse ihrer forschungen genügend unterrichtet sein, wenn
vom älteren Plinius verfasste geschichte der kriege mit Germanien
ht verloren wäl-e. Denn in diesem werke hatte der unermüdlich
imelnde Verfasser ohne zweifei auch alles, was bis dabin über her-
ift und bedeutung des namens Germanen geschrieben worden war,
ammengetragen. So aber haben sich von der antiken litteratur über
1) Wir haben dem nachstehenden aufsatze unseres geehrten herrn mitarbeiters
aufnähme nicht versagen wollen, weil seine bedenken gegen die bisherigen erklä-
gen des namens Germanen uns begründet und beachtenswert erscheinen, erklären
)ch ausdrücklich , dass sein eigener erklärungsversuch uns nicht überzeugt hat rbd.
2) Vgl. Roth „Über das alter des Oermanennamens *^ in der Germania I, 156
. and Müllenhoff, Deutsche altertumskunde ü, 161. 176. 180. 189.
310 jämosl
diesen namen nur zwei knappe bemerkungen , die eine bei Strabo, die
andere bei Tacitus, erhalten.
Für die gelehrten des mittelalters ist stets diejenige erklärong
des namens Germanen massgebend geblieben, welche Isidor von Sevilk
in seinen Origines (XIV, 4, 4) gegeben hatte ^, wonach derselbe römi-
schen Ursprungs und von germinare abzuleiten wäre. Übrigens kam
es im mittelalter wol nur selten vor, dass jemand sinn und herkanft
jenes namens zum gegenstände seines nachdonkens machte.
Dagegen haben sich in neuerer zeit zahlreiche forscher mit dem
namen eingehend beschäftigt Sie giengen bei der Untersuchung korrek-
ter weise von den ältesten Zeugnissen über den namen Germanen aus,
konten sich jedoch über die auslegung gerade des hauptzeugnisses, des
Schlusssatzes von Tacit. Germ. 2, nicht einigen. Was sie aber aos
dieser vielgepeinigten stelle der Germania herauslasen, machten sie zur
grundlage von Schlüssen, durch welche die einen das Germanentum,
die anderen das Keltentum des namens erwiesen zu haben glaubten.
Auch die bisherigen versuche, den namen Germanen etymologisch zu
deuten, lassen die strenge der methode vermissen. Denn ohne sich
erst klar zu machen, nach welchem princip Kelten und Germanen ihre
ethnographischen gruppennamen bildeten, um so einen sicheren ans-
gangspunkt für die deutung zu gewinnen, suchten die einen sofort
nach germanischen, die anderen nach keltischen wortstämmen, mit
denen man den namen zusammenbringen könte. So spizte sich schliess-
lich die ganze diskussion zu einem erbitterten streite darüber zu, ob
der name keltisch oder germanisch sei. Dieser streit hat mit einem
non liquet geendet; nur haben sich die mit der historischen gram-
matik vertrauten forscher, weil ihnen die unhaltbarkeit der bisherigen
deutungen aus dem deutschen ganz besonders einleuchtete, daf&r ent-
schieden, dass der name keltischer herkunft sein müsse. Aber positiv
beweisen konten sie dies ebenso wenig wie eine völlig einwandfreie
deutung aus dem keltischen liefern.
Um mich zu vergewissem, ob man sich wirklich hinsichtlich der
bedeutung und herkunft des Germanennamens bei diesem non liquet
zu beruhigen habe oder nicht, unterzog ich zunächst die wichtigsten
der bis jezt unternommenen erklärungsversuche einer eingehenden prü-
fung auf ihre methode. Es ergab sich, dass auch nicht einer dieser
versuche in rücksicht auf seine methode einwandfrei ist Zugleich
1) Propter fecunditatem gigoendorum populorum Oermania dicta est; vgl. dun
Ztschr. f. d. a. IV, 480.
311
6lte, nach welcher seite die bisher gewöhnlich angewendete melhode
bericiitigung bedarf. Ein erklariingsvei'such, den ich sodann nach
ter berichtigten mcthode anstehe, führte nicht zu einem nun liqaet,
idem zu einem bestirnten, klaren ergebiUB. Da dieses, wie ich
Bbe, auf algemeinere zustinimimg anspruch erheben darf, will ioh
Ine DQtei'Guchung hier vorlegen.
Der erste versuch, sinn und Ursprung ries namens Germanen
fcustcUen, röhrt, so viel wir wissen, Ton Strabo her. Öeogr. TU,
l bemerkt er: ätö äf/ xai (tot doxoüai 'Piofimoi toCto ai'zoig {näm-
( den Oermanen) itiaitat tovvofia, lüc; Sv yvrjohvg FaXätai^ ffQ<i'Ceiv
\X6fievQi' yvi'jaioi yäq 6i Fegfiaroi xarä TTjy 'Ftof-iaiwy didXexzor.
e ansieht, dass der name von den Römern ausgegangen sei und
„echten" oder die „brüder" bedeute, hat in der neueren zeit
' noch hier und da anklang gefunden' und ist jezt mit recht ganz
^geben, Denn für eine derartige entstehung eines volksnamens
B jede anslogie fehlen. Überdies fanden die Römer, als sie nach
,lien kamen, den namen schon bei den keltischen bewohnen) dieses
des im gebrauch, die ihn also nicht erst von den Römern über-
,nien haben können. Die sache verhält sich vielmehr gerade umge-
rt; die Römer haben den namen von den üalliem äberkommen.
je bezeichneten, wie wir aus Beda' wissen, die angehörigen der
ifremden nation, die östlich von ihnen sass, als Gamiani. Die
JBP machten sich aus diesem worte, das für ihr Sprachgefühl nicht
littelbar verständlich war, ihr Oennarä zurecht; und zwar ist die
ische form des namens, wie kaum noch gesagt zu werden braucht,
it die lautgesetzliche lateinische eutsprechung, sondern eine voiks-
fJologiBclie latinisierung der keltischen form Oarmani. In raetbo-
lier hinsieht ist der erkläriingsversuch Strabos von grossem interesse.
behauptete nämlich lediglich auf grund der alti'ömischen form Ger-
i die römische herkunft des namens. Für ihn war die namens-
ftilein und ohne weiteres ausschlaggebend. Ihr echtrömisches
Vi Wii6 lue <ou aeuereu geäussertea auslohten über den naiuen GeimaDeii
gt, w wi bisr. weil ich ilire Vertreter nicht sätntlioh beeonderB namliaft machen
■af die von liaumatark. Äuaftihtl. eilüutcrung des algsm. teila der Oetmania des
(1875) s. 95— 1411, Waitz, Dentfiche vorfassuugsgesch. I", s. 2ö fgg. und Hül-
, Deutsclie nltertiuusliundu 11,
gg. citierte umfangreiche Utteratur hiuge-
!) Biator. eccles. V, D: ,in Germania plarimas esse natjones, a qiiibus Angli
]ai asDO Britantuom incolunt, genna et originetn diixisse noBouiitur;
a vicina gente Britonnin ooirapte Oirmani nasoapAntur'.
318 lAJucn
geprüge nahtn ihn ganz gefangen. Er schloss aus ihr nicht, wontv
berechtigt gewesen wäre, dass der name römischer herknnft Sita
könne, sondern dass er römischer herkunft sein müaao. Aus diesem
grundfehler entsprang der weitere fehler, dass er zu fragen untertieK,
ob die erklärung des namens aus dem lateinischen mit den nachridi-
ten über sein frühestes vorkommen vereinbar und ob das lateiniadie
appellativum germani vermöge seiner bedeutiing zur neubenennDiig
einer nation geeignet sei. Man wird sich über diese fehler bei eiflOD
manne, der die gallische form jenes namens nicht kante und von deD
wirken der Volksetymologie noch nichts wüste, nicht gerade wiindflisj
verwunderlich aber ist es, daas diese fehler, wie wir sehen werden,
in den Untersuchungen der neueren forecher, die über Straboe erkit-
riingsversuch lächeln, widerkehren.
Während man die erklärung Strabos getrost zu den akten lef;«)
kann, wird man der ansieht, die sieh einige seiner Zeitgenossen übet
die entstehung des ethnographischen gesamtnameos Germanen gebiWel
hatten und die Tacitus Germ. 2 — offenbar nach Plinius — überliefcrt
hat, sorgfältige beachtung schenken müssen. Mit gutem gründe itl
sie in neuerer »eit von jeder Untersuchung des namens zum auagaii)pt-
punkte gewählt worden. Tacitus berichtet an jener stelle: „quiduu
atSrmant ... Germaniae vocabulum recens et nuper additum, quosiim
qui primi Rheaum transgressi Gallos expulerint ac nunc Tuugri, liuc
Germani vocati slat; ita nationis nomen, non gentis ovaluisse paulaliBi,
ut omnes primum a victoro oh metum, mox etiam a se ipsis invaito
nomine Germani vocarentur". Ins deutsche übertragen besagt dieser
satz: „Einige behaupten, der name Germanien sei jnng und erst jn
neuerer zeit beigelegt, weil die, weiche zuei-st den Rhein Uberechiittto
und Gallier aus ihren sitzen vertrieben hätten und jezt Tungem hiessen,
damals Germanen geheissen hätten; was der name elnee Stammes, viiM
der des gesamtvolkes gewesen sei, habe seinen geltungsbereich alnlUi'
lieb in der weise erweitert, dass die gesamtheit zuerst von dem Biegltr
aus angst, dann auch von sieh selbst mit dem vorgefundeoen nUM
als Gormanen bezeichnet wurde".
Keiner der bisherigen forscher hat es zu einem vollen »erettmi-
nis dieser einfachen, klaren werte des Tacitus gebracht, über diw
sinn niemals ein zweifei hätte bestehen sollen. Für alle aosleger W
der ausdmck oh metum zum steine des anstosses geworden. Die»
beiden worte bedeuten nach dem lateinischen Sprachgebrauch all« tti-
„aus furcht", „vor nngsf^, und dass Tacitus mit ihnen genau dw-
solben sinn verbindet, ersieht man zum übertluas aus den beiJ««
^H inderen stellen seiner schrifteu, au denen die wendiing noch begegnet,
^1 aus Ann. I, 1 {res ob ineium falsae „ans angst talsoh dargestelte
^B g^icliichte") und I, 08 {milite quasi ob mehim defixo ^weil der soldat
^1 vor angst gtoiclisam starr war"). Die orblärer meinten nun aber,
^H Yrsus furchf pnsse nicht auf den sieger, sondern nur auf den besieg-
^H ten>; man miisse daher entweder die worte oh meium anders deuten
^P oder den text der stelle ändern. So weiten denn die einen das hand-
~ schriftliche a «Worß in a viclo ändern; aber da die sämtlichen hand-
»ohriftcn nbereinstimmeiirt a vkUtre haboti und dieses genau in das
STntaktiäche Satzgefüge passt, ist eine «ierartigo änderung nicht erlaubt.
Andere erkl&ror iiessen zwar die hämisch rlftliclie lesart unangetastet,
I renuchton sich aber in abs'indor liehen anslegungen. Die meisten
[behaupteten, ob metiim bedeute hier nieht „aus furcht", sondeni „um
furcht zu erregen", was es bei Tacitus sehr wol bedeuten könne. Dies
ist schlechterdings nicht richtig. An den beiden anderen stellen des
^acituB, an denen noch ob meium begegnet, bedeutet es, wie wir sahen,
*U8 furcht", und oh gibt überhaupt bei Tacitus stets den grund, nie
absieht an. Wenn Baumstark (Ertäuter. d. alg. teils der Germania
118) für die bedeutung „nm furcht zu erregen" die wendnug nihil
imltti „nichts furchterregendes iu der miene", welche Tacitus
ricol« 44 gebraucht, ins treffen führt, so beweist dies flir die worte
*>& metum" noch nichts. Allerdings kann inetus in activischem und
jMasivischem sinne gebraucht werden, wie Geilius 9, 12, 13 und
Pl^intiUan 6, 2, 21 ausdrücklich bemerken (metus utroque versuni dici
tnetns duplex intelligi potest, quem facimus et quem patininr), und
[•^o forderung lIüllenhofFs (D. A. II, 199), dass der zusammenbang
fcfr*tjher entscheiden solle, ob der eine oder der andere sinn vorliege,
i sich gerechtfertigt; aber an unserer stelle passt der passivische
*»i von mehis, wie wir gleich sehen werden, eben so gut wie der
""ti^iscbe- Die entscheiduug kann also tm vorliegenden falle nicht durch
'■<'»* Zusammenhang, sondern einzig und allein durch den Taciteischen
*P**achge brauch gegeben werden, und dieser verwendet im einklang mit
"*■* gesamten latinität die worte ob mvhim sonst nur in dem sinne;
'■■Vm furcht", „vor angst". ''
Einige von denen, welche bei den worten oh met?im an die
"lischt der Oallier dachten, glaubten nun noch den schtuss ziehen zu
imens Germanen selbst etwas
jseii einfall, den schon Zoass
•"^Äböcti, dass iu der bedeutung des
•^^wkliafteB gelegen haben miii
Ui
t«, Verfassunt'sgeafL, I", s. S7; Jlnllönhoff, D. Ä II, l'.t!).
314 MUH,
(Die Deutschen s, 60 anm.) hatte und zulezt wider Laistner (Ztschr. f,
ti. a. XXXII, 336) vorgebracht hat, kann man ruhig mit der taeinung,
ob nieiiim bedeute hier flUm furcht zu erregen", zu grabe tragen, di
nicht die angst der besiegten Gallier, sondern die des germanischea
Siegers gemeint ist
Andere ausleger wollen die worte a Victore durch „nach dem
Sieger" übersetzen. Allein dies ist schon wegen des folgenden a m
ipsis, das dem a victore entspricht, unmöglich. Ritter ändert in Eeioer
ausgäbe der Germania a rictore in e victore. Aber dies ist, da all«
bandschriften übereinstimmend a haben und sich dies in den satzbiu
genau fügt, nicht gestattet; es wäre auch unnötig, da „nach dem
Sieger" bei Tacitus ebenso gut a rictore wie e victore, boissen köDle
(Baumstark a. a. o. s. 118 fg.). Dederichs künstliche Übertragung „an-
fangend von dem sieger" (Julius Caesar am Rhein, 1870, s. 81) pNOt
nicht einmal in den Zusammenhang des Satzes.
Die stelle bedarf eben weder einer änderang noch einer küDst-
heben Interpretation; es ist vielmehr einfach nach dem Wortlaut lu
übersetzen, dass die gesamtheit zuerst von dem sieger aus furclil
als Germanen bezeichnet worden ist. Nicht die tiesi^en Gallier, Bon-
dem der siegreiche deutsche stamm hegte die hier gemeinte beeoi^ni».
Der deutsche stamm, der sich zuerst über den Rhein hinüber in das
Keltenland wagte und an der peripherie desselben sich festzusetz«!
suchte, muste — dies ist die meinung der gewährsmänuer dee Tad-
tiiB — ob seiner eigenen geringen kopfzabl gegenüber der grossen g»l-
lischen nation besorgnisse empfinden, und diese besorgnis veranlafite
ihn, auch die Transrhenanen den Galliern gegenüber als seine specid-
len stammesgenossen hinzustellen, um so in den augeu der Galliu
mfichliger dazustehen. Da nun jener stamm den namen GermaDUfl
getriigen, hätte er eben den Galliern gegenüber auch die Transrhenanen
als Germanen bezeichnet
Auch die worte invento nomine kann man sich noch immer niriit
entschhessen ohne künstele! zu übersetzen. Die dem Zusammenhang«
des Satzes allein entsprechende und mit dem Tsciteiscben Sprachgebrauch
im einklang befindliche Übersetzung „mit dem vorgefundenen namen*
ist zwar schon von vielen vorgeschlagen worden, aber diejenigen fn^
scher, welche den namen für keltisch halten, glaubten, diese ihre mo-
nung gerade durch eine absonderliche autfassung der worte tmwrifl
nomine stützen zu können. So erklärten denn einige, zulezt Hülln-
hoff (D. A. II, 199), ^invento tioTnine" bedeute hier „mit erfundeneni
namcQ". Jene gewahrsmänner des Tacitus, meinte man, hätten si(^
liie Gallier als die erfinder des Oermnneuuamens gedacht; während
□ach UttileDhoff der name deswegen „inventum" heissen soll, weil
„seine anwendnng auf die 'fi-ansrhenanen neu und für diese erfunden"
sei. Gegen diese Übersetzung bat Ijaistner (Ztschr. f. d. a. XXXII,
334 fgg.) mit recht Verwahrung eingelegt. Er selbst sebiiesst sich der
erkläruiig Baumstarts (Jahrb. f. philoIogie 1862, s, 775, Erläuterung
s. 122 fg.) an, wonach „invenire nomen" hier wie bei Cicero Tusc. IT,
22, 49, De fin. I, 7, 23 „einen nanien überkommen, erhalten, empfan-
gen •* bedeute. Aber dieser Sprachgebrauch lässt sich eben nur als
ciceronisch, nicht als taciteisch nachweisen! Laistuer bezieht nun
inveuto nomine irriger weise nicht nur auf n se tpsis, sondern auch
auf a t-ictore und wird dadurch zu einer ganz unnatürlichen und gegen
'iie latoinisciie Grammatik verstüssenden erklärung des Tuciteischen
satees gedrängt, deren unhaltbarkcit G. Kossinna (Anzeiger f. d. a.
I X.VI, 31 anm. 2) ausfiihi-lich dargetan hat. Nach Laicjtners auEfassung
( »oll nämlich die steile hosagen, dass „alle mit einer benennung, welche
I nierst der Sieger angst halber, später auch die gesamtheit überkam,
L'Gernianen hiessen". Natürlich ist Laistnor der ansieht, dass die angst
f "ßr gallischen namengeber gemeint und dass der Urheber jener bypothese
I *on der annähme ausgegangen sei, dass der name „Germanen" einen
J_Äti6<lnick der furcht enthalte. „Was immer aber Tacitus", schliesst
ftistner {s. 336), „mag im sinne gehabt haben, die von ihm mitgeteilte
ypothese sezt als bekant voraus, dass die Denischen sich selbst nicht
*®rnianen nanten, und lehrt, wie sie den namen empfangen (nicit
Unden) haben". Diese Schlüsse beruhen auf der falschen bezie-
hUng der worte ab metum, auf der schon aus rhetorischen gründen
*"l möglichen Verbindung der woite inveuto nomine mit a se tpsis
L?***^ R Victore, endlich auf der mit dem Tnciteiscben Sprachgebrauch
'^cfet stimmenden Übertragung des ausdrucks inveuto nomine, der wei-
üichts besagt als „mit vorgefundenem namen".
Dass alle bisher versuchten erklärungen jener Germaniastelle mehr
Ser weniger verfehlt sioil, folgt schliesslich auch daraus, dass mir die
uns gegebene auffossung, die weder einer änderung des textes
^'^oh einer künstliehen Interpretation bedarf, den Satz in rhetoriscb-
Tiatjscbor hinsieht zu seinem rechte kommen läsat, Denn in dem
**3Be „ut omnes priraum a Victore ob metum, mos etiam a se ipsis
ruine Germaui vocAreutur" entsprechen sich, wenn man ihn
i unserer anlTassung interpretiert, 1) zwei Zeitbestimmungen (pri-
^''^m — mox), 2) zwei subjektsbestimraungen (a Victore ^ a se ipsis)
""^ 3) zwei causalbestimmungen (ob nictum — invento nomine). Wer
316 JABKSL
„ob metum" final, „invento nomine" causal erklären oder gar mit
Laistner „invento nomine" zu „a victore" und „a se ipsis" ziehen will,
zerstört den streng harmonischen bau des satzes. Also fort mit allen
künstlichen Interpretationen !
Die von Tacitus mitgeteilte ansieht einiger römischer antiqaare
gieng also, um es noch einmal zu sagen, dahin, dass der erste deut-
sche stamm, der sich über den Rhein in das keltische land gewagt,
„Germanen" geheissen habe, dass dieser stamm aus angst vor der über-
zahl der Gallier seine jenseit des Rheines verbliebenen Volksgenossen
ebenfals als Germanen, d. h. als seine speciellen stammesgenossen
bezeichnet habe, und dass dann von den Transrhenanen, als sie im
verkehr mit Galliern und Römern das bedürfnis nach einer gesamt-
benennung empfunden und eine solche gesucht hätten, jener name vor-
gefunden und daher angenommen worden sei. Wer jene Germaniastelle
unbefangen liest und sich dabei die in ihr angedeuteten Verhältnisse
vorstelt, wird sich leicht überzeugen, dass diese erklärung die einfachste
und natürlichste ist.
Ob übrigens jene ansieht von der entstehung des ethnographischen
gesamtnamens Germanen, eine ansieht, die Tacitus nicht als seine
eigene, sondern als die einiger gelehrten hinstelt, die ihm aber, da er
von den mancherlei erklärungsversuchen nur diesen einen mitteilt, als
die annehmbarste erschienen sein mag, in allen stücken das richtige
trift, ist eine andere frage. Dass die furcht in der hier angenommenen
weise bei der entstehung eines volksnamens eine rolle spielen solte,
hat weder eine analogie noch die Wahrscheinlichkeit für sich. Die
eigentliche bedeutung des namens Germanen lässt diese hypothese ganz
unberührt, und nur bei Voreingenommenheit konte dies verkant wer-
den. Dagegen behauptet sie klar und deutlich, dass der name deut-
scher herkunft sei, ursprünglich aber nur einen teil der nation und
zwar den westlichsten bezeichnet habe und erst infolge des zusammen-
stosses der Deutschen mit den Galliern zu einer benennung für die
gesamte nation geworden sei. Dieser zusampienstoss hatte nach den
gewährsmännern des Tacitus am Niederrheine statgefunden. Man darf
ihnen aus diesem irtum keinen zu schweren Vorwurf machen. Sie
stüzten sich ja auf Caesars geschieh te des gallischen krieges, in der die
Germanen als anwohner des Rheins aufgeführt werden und von den
früheren sitzen der germanischen Völker keine rede ist Auch die
neueren forscher haben ja sehr lange an der ansieht, dass Kelten und
Germanen zum ei*sten male am Niederrheine zusammengetroffen wären.
feaigeJiiäten ', und ca liat wst MüUeiiLuff (Ü. Ä. U, 207 — 236) ausfiihiv
, ticb und überzeugend (krgetan, dsiss die erste berßhnitig »wischen
iOenuaneii um! Kelten viel weiter östlicli, wie ermeiiit, zwischen Weser
nnH Elbe, als noch dio Volcae den östlichsten stamm der Gallier bil-
deten, erfolgt ist, Die urheber jeuer hypotheso irten sich auch insofern,
hls Kie glaubten, dass sich die Transrhenanen selbst jemals als Germa-
Don bezeichnet hätten. Sie haben dies ebenso wenig getlian, als sich
die Kelten jemals als "Walchen bezeichnet haben. Aber bei der nian-
I gelliatten kiinde, welche die Römer um den anfang unserer zeiti-ech-
nung von den inneren Verhältnissen Germanieus hatten, falt ein solcher
irtiim nicht ins gewicht.
Die von Tacitus überlieferte hypothese enthält also drei irtümer:
I sie schreibt der furcht eine rolle bei der entstehung des namens Ger-
' Manen zu; sie verlegt den ersten zusammenstoss zwischen Kelten und
Qermanen an den Niederrheiu; sie nimt an. dass sich die Transrhena-
I nen selbst als Germanen bezeichnet hätten. Eliminiert man diese drei
j fehler, so bleibt als rest ein gedanko übrig, der grosse innere Wahr-
scheinlichkeit hat, iler gedanke nämlich, dass der name Germanen
I •'eutscher herltunft und ui-spriinglich nur dem westlichsten teile
«•ir Deutschen , also denjenigen Germanen, dio den Kelten zuerst bekant
*Urden, zugekommen sei und erst infolge des zusammenstosses der
^«nnanen mit den Galüem, also durch die Gallier, zur bezoichnung
^öf gesamten nation verwant worden wäre. War doch ganz analog
^^f name Graeci, unter dem der Römer die gesamten Hellenen ver-
^*aDd, von haus aus nur der narae einer kleinen Völkerschaft, die an
^er Peripherie der Griechenwelt sass; bezeichnete doch auch der name
"^alchen, unter dem der Gerraane die gesamtheit der Kelten begriff,
*öRinglich nur einen kleinen, und zwar den östlichsten teil dieser
■^Ation*, Jene erklärung der entstehung des ethnographischen gesamt-
^ainens Germanen ist in der tat sachlich so ansprechend, dass sie, fals
andere quellenangaben nicht im wege stehen und sich eine ein-
•"«üdfreie deutung des namens Germanen aus dem Germanischen lie-
. lassen solt«, für die richtige anzusehen sein wird.
Woher wüsten denn aber jene gewährsmiinner des Tacitus, dass
Tangern zuerst unter den Germanen den Rhein überachritten und
nals Germanen geheissen hatten? Sie schlössen es aus Caesars Com-
"ent de hello Gallico IT, 4. An diese stelle erinnern zunächst einige
1) Dm tut z. b. Doch Waits a. a. o. l\s. 29.
2) Äooh ist Dani im ma, bezeicbiiutig der Skimdiiiavier überbau|it; All-JuiMiids
^ fttiu. die dor I
318
ausdrücke im schlusssatzc von Tac. Germ. 2, wie folgende nebeneinan-
derstellung ergibt^:
Tacitu8: «,quoniam, qui
primi Rhenum trans-
gressi Gallos expu-
lerint . . ."
Caesar: „plerosqiie Beigas esse ortos ab Ger-
manis Rhenumque antiquitus traductos
propter loci fertilitatera ibi consedisse Gal-
losquo, qui ea loca incolerent, expulisse".
Sodann erkent man die abhängigkeit der von Tacitus überliefer-
ten hypothoso von jener stelle Caesars, wenn man sich bei der lek-
türe der lezteren die Wohnsitze der Tungern vergegenwärtigt
Die Tungern werden zuerst bei Plinius (N. H. IV, § 106 Tungri
und XXXI, § 12 Tung^ri dvitas Oalliae), femer bei Tacitus (Agric. 36,
Eist II, 14. 15; IV, 16. 55. 66. 79), Ptolemaeus (II, 9, 9 ToCyyQOi
KLal Ttolig ^^covcLMvvov)^ im Itiner. Anton, (s. 378, 5: Ädtuuxi Tungro-
rum)^ bei Ammianus Marcellinus (XV, 11, 7; XVII, 8, 3; gehören die
iHww^rri^am XXVI, 6, 12; XXVII, 1, 2 hierher?) und späteren Schrift-
stellern genant; ihr name begegnet sodann auf zahlreichen inschriften.
Sie wohnten an der mitleren Maas um Maastricht und Tongeren. Der
leztere ort, von Caesar VI, 32 Aduattica genant, heisst später Ädua-
iuca Tu7igronnn oder bloss TungrL Von jenen inschriften ist beson-
ders Coi-p. Inscr. Lat VII nr. 1073 interessant. Sie fand sich auf einen
altar, der vom pagus Condrustis mililt(ans)] in coh(orte) II Tufigro-
rum gesezt worden ist. Mau sieht daraus, dass die Gondrusi, voi
denen der pagus Condrusiis, die heutige landschaft Condros (nri i
rechten ufer der Maas gegen Huy , Namur und Dinant hin) ihren namei=:Ä
hat, in militärischer beziehung zu den Tungri gehörton, Tungri alsc3rir>
eine art von gruppennamen war, der die Maasvölker, die auf den öst
liehen Ardennen und von diesen abwärts nach dem Rheine zu,
westlich von den Ubiern sassen, umfasste (vgl. Waitz a. a. o. I^, & 27^^
Nun lag nach Caesar, der den namen Tungri noch nicht nent, Ad
tuea ziemlich in der mitte des landes der Eburones, gegen die C
bekantlich in den jaliren 53 und 51 einen Vernichtungskrieg führti
Die Eburones müssen also einst in das land der Aduatuker ein
gen sein. Nachdem sie selbst von Caesar, wenn auch nicht vemieh
wie er prahlt, so doch stark geschwächt worden waren, verschwind
ihr name. An ihrer stelle erscheinen die Tungern, bei denen
nicht an einen frisch eingewanderten stamm (denn es werdra soi
nirgends, weder in Gallien noch in Germanien, Tungern genant!)
1) Dies hat zuei*st Watterich, Der deutsche name Oermanen, 1870, 8.47 b^^^r-
vorgehoben.
Hnm nur an eine in den kriegen mit Caesar wenig mitgeDommunii
nbteilutig der Ebnrniies denken kann. Nun berichtet Caesar, der sonst
Ü. 2; E, 4; VI, "^1) den uamen (jermaoen als othnograpliisclie gesamt-
benennung im gegensatze zu den Kelten verwendet, ini 4. kap, des
n. bucLes, dass vier am oatrande Belgiens wohnende völkei-schaften,
ilie flJmidrusi, Eiurones, Caeroest, Paemani , ?,u flenen er VI, 32 noch
'he Setjni fügt, uno nomine Oermani appeUanhtr. Diese fünf volker-
scbaften, von denen die Segni Condrusique am südlichsten, die Ehii-
f^nes am nördlichsten sassen, wohnten auf und nördlich von den Är-
dennea vou der Mosel und Maas bis zum Rhein, der sie von den
istvaeUoheu Ubiern schied, hatten also den nstrand Belgiens, d. h. das-
splbo land inne, das wir als !and des militari seilen Verbandes derTun-
gern kennen lernten. Ihre namen haben sich ausser dem der Ebiirones
in laDdschal'tlicben und in Ortsnamen sehr lange, zum teil bis auf den
heutigen tag erhalten, wie zulezt MüUenhoff (D. A. II, 196 %.] ausfUhr-
lif^h dargetan hat.
Nach Caesar (LI, 4 und VI, 32) diente also zu seiner zeit der
ituiie Germanen als zusammenfassende bezeichnung von fiinf an der
™lgisch -germanischen grenze wohnenden Völkern, die sieh derselben
abkunft rühmten, nebeneinander sassea, also durch nachbai-schaft ver-
''untien waren, und ihre truppen vereint ins feid rücken Hessen, d. h.
•^r war kein völkerschafts-, sondern ein gruppenname. Während nuu
diut ganze altertum die stelle Caesai-s so, wie wir sie erklärt haben,
^'erstanden hat, dass nämlich jene fünf Völker den namen Germanen
S'^ftihrt haben, bat Georg Kaufmann 1874 in seiner schrift „Ein rais-
^'erstündnis dos Tacitus" behauptet, dass Caesar uiclit dies mit seinen
*ort»ti gemeint, sondern nur habe sagen wollen, dass jene fünf Völker
^^rrnanen seien. Wenn dies richtig wäre, so müste sieb Caesar
Sorade hier wider seine gewohnbeit ganz dunkel und verwon-eu aus-
Setirückt und mit den worten nomen und appdlare einen sinn ver-
I **U>ldeD haben, der ihnen sonst nicht eignet; es müsten femer seine
^buschen leser, namentlich auch jene gewahrsmänner des Tacitus, und
) bisherigen forscher Caesar falsch verstanden haben. Dies hat denn
, Kaufmann als notwendige folgerung seiner anslegung angenom-
Äber soweit ich Caesars Schreibweise kenne, kann ich ihm eine
unklare ausdrucksweise und dass er beim niederschreiben jener stelle
sen haben solte, was nomen und was appeUare sei, nicht zu-
Den gedanken, jene fünf Völker seien Germanen, würde Cae-
Wol einfach durch eine wendung mit esse, ausgedrückt haben. Ich
pBlte daher mit dem gesamten altertum und mit sämtlichen neueren
forschem »usser Kaiifmniin dai-aii ft^at, dass Caesar nacli seinen eigeneD
Worten den namen Germanen, den er sonst, wie seine zeitgenoseeat,
als otlinograpliische gesaratbenenniing verwendet, an der bolgisdi-gei^
manischen gi'enze von fünf Völkerschaften, deren gröste und wich-
tigste die Eburonea waren, als gruppennamen gebraucht fand.
Wenn nun aber jene fünf Völker, die in einem militärischen vet^
bände standen, zu Caesars zeit den js;emeinschaftlichen namen Germtuie-n
führten und derselbe militäriache verband zu des Tacitus zeit den nanteu
Tungem trug, so ist es klar, dass jene quidam des Tacitus die angäbe
Caesars vor äugen hatten, was ja auch die obeu nachgewiesene Über-
einstimmung tu einigen ausdrücken ergab. Man hat also bei einer
Untersuchung des namens Germanen jene hypothese, die Tacitus Oenn.3
vorträgt, mit der 150 jähre älteren angäbe Caesars zu verbinden; uoil
zwar berechtigen uns die nactirichten der beiden schriftstelter zuD&dut,
folgende tatsachen als quellentnässig verbürgt hinzustellen:
1) dass die zwischen der mitlereu Maas und dem Rheine sitaeail«
Völkerschaftengruppe, die etwa seit dem beginn unserer Zeitrechnung
als Tungern bezeichnet wird, schon vor Caesars zeit über den Rhein
gedrungen wai- und sich am ostrande des alten belgischen lande«
fes^eaezt hatte, und dass sie noch zu seiner zeit den gruppeunainen
Germanen führte, der aber als solcher nach der aufreibung ihm
hauptvolkes, der Eburones, verschwand;
2) dass zu Caesars zeit die IVansrheiianen schon längst mit deni
ethnographischen gesamtnamen Germanen bezeichnet wurden; dass o
also eine zeit gegeben hat, in der die gesarate nation von den Kelttn
und Römern mit einem namen benant wurde, den zugleich fünf a«
der belgisch-germanischeu grenze wohnende Völker als boGondonW
gruppennamen fülirteii;
3) dass eben dieser doppelte gebranch des namens Germanen jm
von Tacitus überlieferte hypothese veranlasst hat.
Dieser hypothese haben die berufensten neueren forscher durdi-
w^ insoweit zugestimt, als auch sie die ethnographische gesamtbeneo-
Dung Germanen aus dem besonderen gruppennamen jener fünf Mus-
Völker hervorgehen lassen. Dagegen wird über die natlonalität dex fiinf
völkerBchafton noch heute gestritten. Der älteren ansieht gegenüber,
die in ihnen beigisierte Germanen sah, hat namentlich MüllenhofT ain-
führlich zu beweisen gesucht, dass wir es hier mit echten Beigen m
tun haben. Es ist für uns unerlässlich , hier näher auf diese streit&v*
einzugeben, weit mit ihr die frage, ob der Germanenuame kel^dV
oder deutscher herkunft sei, im innigsten Kusammenhange stehl
Es fcommen zunächst drei stellen
Caesars Cummentani <Ie
ellu Gallien in betracht:
Nach U, 3 erfuhr ei
i jähre 57 von den hol
,iretiquos omnes Beigas in aruiis ciase Gorma
isquc,
ischen Remom:
(jui eis Rhe-
Nftoh VI, 2 beobachtete
s, Äduatucos ac Menapios adiiinc-
esse in armis". VI, 32 erzählt
i
11 lim iticulant, sese cum bis coniu
er itu anfange des Jahres 53: „Nervk
Üa Cisrheuanis omnibtis Germani)
«r bei demselben jähre; „Segni CondruBiquo ex gente et numero
Germanorum, qui sunt intor Eburones Treveroaque, legatos ad Cae-
sarem niiserunt oratum, ne se in hostiiim nnmero duceret nevo omnium
Germanorum, qui essenl citra Rhenuni, unam esse causam indi-
caret".
Nach der ersten stelle hielten die belgischen Remer jene fünf
Kaasvölker nicht flir Beigen, sondern sezten sie als Germanen den
B*ilgeii entgegen. In der dritten stelle nent Caesar den clsrhenan Ischen
BDHtnerus Gerraanonim" ansdrücblicb eine gens und spricht es damit
*leut!icb aus, dass sich dieser „nnmerii» Germanorum" auch durch seine
Abstammung von den keltischen Völkern Galliens sondere. Und wenn
die Segni Condrusiquo ex gente et numero Germanorum sich
^Ibst zu den Germani, qui essent citra Rhenum zählen, so müs-
*ßi sie sich als teil eines volkes betrachtet haben, dessen anderer teil
jetiseit des Rheines sass. Dasselbe muss Caesar gemeint haben, da er
'•'e fünf Völkerschaften als Germani Cisrbenani bezeichnet. Hätte
®*" wlbst diese Völker für Beigen gehalten, so mtiste es ihm doch auf-
S^fellen sein, da^ sie als gesamtbenennung einen namen führten, der
ff»oichzeitig zur bezeichnung einer n ich tkel tischen nation vei-want wurde,
"•itl er würde ganz sicher über dieses merkwürdige zuaanimentrefTen
'**ö wort verloren haben.
Wenn nun Müllenhoff (D. A. II, 197) behauptet, daas „nach Cae-
^»J^ ansieht und darstellung (V, 27-29; VI, 5. 35 — 42) und den
'^Utredenden , von ihm berichteten tatsachcn zwischen deu Germani eis
**l>Olium und den Trnnsrhenanen keinerlei stammesgeroeinschaft noch
™^ ^aube daran bestanden habe", si> vermag ich diese bebauptung
*Unäch8t mit den soeben angeführten stellen Catsars nicht in einblang
*•* bringen. Wenn die Germani eis Khenum von Caesar I, 1 stil-
*^h.-weigend unter den Belgae mitverstanden werden, so hat dies seinen
id darin, dass diese Germani sich in der Belgica festgesezt hatten.
'■it^recbetid lüsst Tacitus der zu seiner zeit herscbenden ansieht gemäss
lügemeinen Germanien im Westen bis an den Rhein reichen, wäb-
'd docti damals auch auf dem linken ufer des Stromes reiugermanische
21
322
Völker, z. b. Yangiones, Triboci, Nemetes, übii, sassen (Müllenh., D. A.
II, 3). Wenn ferner Caesar (V, 27) den Eburonenkcmig Ambiorix sich
und die seinen einmal mit zn den Galliern rechnen lässt, so erklart
sich dies hinlänglich ans der damaligen, von Caesar selbst treflich skiz-
zierten politischen läge. Ambiorix will den Bömem b^reiflich machen,
warum die seinen nicht anders gekont hätten, als sich der erhebuog
der Gallier g^en die Römer anzuschliessen. Wie hätte es ihm in die-
sem augenblicke in den sinn kommen können, sein Germanentam zu
betonen und nicht vielmehr hervorzuheben, dass sich die EburoneD
angesichts der von Caesar drohenden gefahr mit den Galliern eins
wüsten? Dass die Remer Caesar über herkunft und nationalität der
belgischen Germanen falsch berichtet haben selten, ist eine blosse
annähme, der ich nicht beipflichten kann; sie werden sich doch nicht
verhehlt haben, dass Caesar ihre aussage über die nationalität jener
Völker leicht auf ihre Stichhaltigkeit prüfen konte. Müllenhoff legt ein
ganz besonderes gewicht darauf, dass Caesar die fünf Völker als 0er-
mani eis Rhenum, Cisrhetiani, dira Rhenum von den Oermani Trans-
rhefiani (V, 2) unterscheide. Aber darin kann man doch keinen
hinweis auf Stammesverschiedenheit der eis- und transriienanischen Ger-
manen, sondern nur einen hinweis auf ihre Stammesgemeinschaft sehen.
Oder solte jemand, wenn er die Deutschamerikaner als „Deutsche
jenseit des Oceans^ bezeichnen würde, glauben, dass er ihnen damit
die Stammesgemeinschaft mit den Deutschen diesseit des Oceans abge-
sprochen habe? Die alten haben, wie jene von Tacitus berichtete
hypothese beweist, Caesars bemerkungen ebenfiüs dahin verstanden,
dass jene fünf Maasvölker germanischer herkunft seien, und man wird
doch nicht annehmen können, dass Caesars landsleute den sinn seiner
Worte nicht richtig erfasst haben selten. Wer Caesars darstellong
unbefangen liest, wird nur sagen können, dass nach Caesars ansieht
und darstellung zwischen den Germani eis Rhenum und den Trans-
rhenanen keinerlei Stammesverschiedenheit noch ein glaube daran bestan-
den habe.
Von Wichtigkeit für die frage sind auch Caesars zerstreute beme^
kungen über die inneren zustände jener fünf Völker. Die einzelnst
Züge, welche Caesars nachrichten erkennen lassen, hat Müllenhoff
(s. 202) zu einem bilde zusammengesezt: „Das königtum war bei ihnen
der menge gegenüber machtlos (bell. GalL V, 27), von einer reichen,
mächtigen aristokratie und der abhängigkeit des niederen Volkes ist bei
ihnen nicht die rede. Städte scheinen sie gar nicht zu kennen, selbst
Aduatuca ist erst von den Römern befestigt (VI, 32); den krieg führao
■nnp
w
sip (VI, 33) in einzelnen zoi-streiitt-n liaiifen, nicht in geschloseeneni
bä«nj, wie sonst die Gallier". Demnach unterschieden sich diese fünf
röUter, die den besonderen gruppennamen Germanen führten und von
sich selbst, von den Oalliern und von Caesar für Deutsche gehalten
woriien. in ihren inneren veihältnissen. aufe schärfste von den GalÜern.
MülWihoff erklärt dies durch die abgelegenheit jener Völker von der
südlichen kiiltur: alte, einfachere zustände hätten bei ihnen noch fort-
ff^daiiert, als Caesar mit ihnen Kusammentraf, ja in diesem verharren
in den alten zuständen und Sitten könne „locht der grund gelegen
liabon, dasedie südwestlichen fortgeschrittenen Beigen einmal ihre nord-
ästiiclicn nac.hbarn und stamracsgenossen durch einen besonderen bei-
nonien von sich unterschieden". Wärp ihes richtig, so müsten andere
'>'-'Tgisrhe volkerschaften, z. b. die Menapier, die von der südlichen kultur
noch weiter ablagen, zu Caesars zeit nördlich von den belgischen Ger-
^nanen und noch zu beiden seiten des Rheines wohnten, oder die
texajid Tischen völkerschiiften , ebenfals alte, einfachere zustände aufgewie-
sen haben, also auch als Germäni bezeichnet worden sein. Es müste
ferner das von Milllenhoff — und zwar mit recht — vorausgesezte
l^eit appellativ *i/ar»ianos, wenn es von fortgeschritteneren völkerschat-
ten zur bezeichnung solcher, die in iler kultur zurückgeblieben waren,
*^bere zustÄndc und sittcn bewahrt hatten, vorwaut worden wäre, ver-
flöge seiner bedeutung einen tadel oder eine geringschätzung, etwa
^e unser ^der wilde", ausgedrückt haben'. Dies war aber nicht der
•aU. Das kelt. 'gamianos wurde vielmehr, wie wir bald sehen wer-
den, von den Beigen im I. Jahrhundert v. Chr. als ehrendes, rühmen-
•les beiwort verwendet und zwar königen beigelegt. Wir müssen
'loh«' den Müllenhoß'schen gedankengang ablehnen und die erkJärung
jener anstände bä den belgischen Germanen auf anderem wege ver-
n D&hor spreclieii -Jie anhüngor lier MülleDhol^clieQ erldüriing von dem ,iiul-
tntTUmrn" oder „kultiirelleu nomen" Oermuien, und 0. Kosainna stell ihu (West-
"^atache «eitanhr, 9. 9. 'i\Q) uebeu den ^kiühircamen' Suebou. Kr scbÜeBt sich iiäm-
Ibh (ior von It. Uucli (Zsitactir, f. d. a. 32, 407 fgg.J gegebenen dcutung des Sueben-
"amsuE im, wunaoh derselbo „die schlärrigea'- bedeutet. Auf die Hchwereu sachliolien
li'-*deni;,,n , denen diese denlnng, unterliegt, hat schon A. Riese in dec Westd, Ktsclir. 9,
'■ 343 fg. nnd 10, s. 293 fg. hingewioseo. In spr«chlicher liinsioht ist nur als sicher
"" Wrnchten, daas dar name Sueben zn oltn. »rtfa „schlafen, storben" guliört, darsos
'sl nber noch nicht, dasa er gerade „scldäfrig" hedeaten mass. £b sind bei diu-
^^ 'lorlüiliui); noch andere bedeutmigen möglich. Zwischen dan verschiedenen müg-
"'o^ij lii'iluntungen aber wird man sich auf grund sachlicher örwägungeii zu eutschei-
*• haben. Eine (.■rwiesene tatsacbo, aur der man weiter hauen könto, ^sX es also
^''*** keineBni>gs, dnsa der name Sneton ein ^kultamame* sei.
21'
324 JAKKBL
suchen. Wer die Verhältnisse der westlichsten Germanen, namentlich
die der istvaeischen und inguaeischen Völker genauer kent, dem kann
es meines erachtens nicht schwer fallen, in jenen bei den belgischen
Germanen herschenden zuständen echt deutsche zustände widerzuerken-
nen. Denn schwaches königtum, das fehlen einer reichen, mächtigeD
aristokratie, Unabhängigkeit der grossen masse des volkes, scheu vor
dem wohnen in Städten, kämpf in häufen sind ja eigentümlichkeiten,
die wir durchweg bei den westlichsten Germanen widerfinden! Die
zustände der belgischen Germanen sind also nur ein weiterer beweis
für die deutsche herkunft dieser Völker.
Müllenhoff hat ferner diese fünf Maasvölker durch den hinweis
auf ihre volks-, personen-, fluss- und alten Ortsnamen als keltisch
erweisen zu können geglaubt (D. A. II, s. 196 fg.). Allein das Kelten-
tum der fünf volksnamen ist mit nichten erwiesen. Der name Ebu-
rones^ also gerade der name des hauptvolkes der gruppe, kann nach
Zeuss (Die Deutschen s. 212 anm.) keltisch oder germanisch sein, weil
sich der personenname Ebur, von dem er den volksnamen herleitet,
bei den Germanen ebenso findet wie bei den Kelten. Zu dieser her-
leitung von dem personennamen Ebur stimt auch das sufßx des volks-
namens. Dagegen wäre das auftreten gerade dieses sufißxes in dem
namen Eburones schwer erklärlich, wenn man ihn mit Glück (Die bei
Caesar vorkommenden keltischen namen s. 116) von einem gallischen
*ebur == ir. ebar, eabar „schmutz, kot" herleiten wolte. Der name
Paeniani könte schon deshalb, weil er mit p anlautet, kein keltischer
name sein; es lässt sich aber mit diesem namen überhaupt nichts
anfangen, da er offenbar verderbt ist. Denn aller Wahrscheinlichkeit
nach hat er sich in dem namen der landschaft Famen ne (südöstlich
von der landschaft Condros), die im mittelalter den pagus Falminenm
bildete, erhalten. Mag man nun den namen für keltisch oder für ge^
manisch erklären wollen, so ist doch immer die annähme, dass sich in
ihm der Übergang eines p z\x f volzogen habe, unmöglich (Müllenhoßi
D. A. n, 196 fg.). Die namen Segni, Ckmdrusi und Caeroesi hat man
bis jezt weder auf germanische noch auf keltische wortstämme mit
Sicherheit zurückgeführt. Denn dass man Condrusi mit dem eigen-
namen Drusus^ der „libidinosus" bedeutet (Zeuss a. a. o. s. 212 anm^
Glück a. a. o. s. 64), und Caeroesi mit dem gallischen Ortsnamen Cirt-
sium, Ceresium (Zeuss a. a. o.) oder mit ir. cdir, jezt caor „schaf*
(Glück a. a. o. s. 40 fg.) zusammenzubringen habe, will mir nicht ein-
leuchten. Das sufßx 'Oes-, welches der name Caeroesi enthält, lässt
sich sonst in keinem keltischen namen finden, wie Glück selbst zage-
DIEB .VAHe OBnUANEK
Davon also, dass das Koltentiim jener fünf rolksnamen
Bewiesen wäre, kann ebenso wenig die i-ede sein wie davon, dass
dio fünf namen als germanisch erwiesen seien. Aber selbst wenn man
für den einen oder andern dieser namen eine einwandfreie deutung
aas dem keltischen vorbringen könte, wäre dtiiuit dns Keltentnm des
betreffendon Volkes noch uiclit dargetan, weil nnchgewiesener niassen
einzelne deutsche vftlkerschaften, die sich auf altkeltischem boden ansie-
dellpn, keltische namen erhielten. So haben bekanüich die Nemeter
U-nd Triboker, »wei Völkerschaften , deren Deutschtum qnellenmässig
feststeht und noch von keinem besonnenen forecher bezweifelt worden
ist, namen f!:allischen Ursprungs (Gluck a. a. o. e. 16, 75 nnd 158 fg.)!
JeTie fiinf vnlksnamen können demnacli die frage nach dem Kelten-
'**lor Germanentum der fünf Maasvölker, die zu Caesars zeit den grnp-
[»«'iiuamen Qermani führten, nicht entscheiden. Ebenso wenig künnen
'Uns die kelb'ächen flussnamen der gegend, welche die fünf völker inne
'»atien. Denn sonst dürfte man z. b. aus dem keltischen namen der
^ieg oder Ijahn folgern, dass ihre anwohner zu Caesars zeit Kelten
gewesen seien. Desgleichen folgt daraus, dass dio ältesten Ortsnamen
jfiner gegend keltisch sind, für das Keltentnm der bewohner zu Caesars
^«'it nichts; denn anch in den strichen am rechten ufer des Nieder-
'"hcins tragen die ältesten orte keltische namen, und doch wird es nie-
"^andem einfallen, deshalb die Völkerschaften, welche zu Caesars zeit
'las rechte ufer des Niederi'heins bewohnten, wie die Ubier, Sugam-
"Prn, Tenkterer, Ußipeter, für keltisch zu erklären. Was schliesslich
^•e Personennamen jener fiinf Völker anlangt, die alle heltisch seien,
*o kennen wir deren nur zwei, Ätnbiorix und Catnvoleus, deren trÄ-
S^r könige waren. Von diesen beiden namen könte Caluvolcits, dem
i ®*n ahd. "Hadu-miakth entspräche (Mailenhoff. D. Ä. 11, 281), auch
1, da deutsche personennamen mit fmdu- als erstem, und solche mit
! als zweitem komposition steil häufig begegnen, ein keltisierter
Rutscher name sein, Ämbiorix dagegen ist sicher ein rein keltischer
•me (Glück a. a. o, s, 18). Aber aus diesem einen namen auf das
^Olttotam jener Völker zu schUesaen wäre misslioh, zumal wir gar
it wissen, mit welchen familien das kfmigliche geschlecht, dem Am-
ix angehörte, verschwägert war. Der name veranlaset uns, die wir
> den schon angeftihrten und den noch anzuführenden gründen von
1 Oermanetitum der fünf Völker überzeugt sind, lediglich zu dem
, dass diese Völker zu Caesars zeit schon auf dem wege waren,
t zu keltisipren. Da es feststeht, dass die den Rheinstrom zuerst
reifndcn rjernianen in keltiacliea land drangen, sich unter
326 JAIKIL
Kelten festsezten, so hat die ganze auf die eigennamen sich stützende
deduction MüllenhofEis keine beweiskraft. Er hat sodann (s. 198) noch
geltend gemacht, dass man die Wallonen im westlichen teile ihres
gebietes nicht gut für ursprüngliche Deutsche halten könte. Dies ist
auch gar nicht nötig. Man kann ruhig die westlichen Wallonen för
reine Beigen, die östlichen für belgisierte Deutsche halten. £ine Schwie-
rigkeit vermag ich darin nicht zu finden. Nach allem wird man 6. Kos-
sinna (Anz. f. d. a. XVI, 31) recht geben müssen, wenn er zu der
behauptung MüllenhofPs, dass die belgischen Oermanen nicht gallisierte
Oermanen, sondern ihrer herkunft nach reine Gallier gewesen seien,
bemerkt, dass er in MüllenhofFs gründen, dass alle ihre volks-, per-
sonen- und Ortsnamen keltisch seien, sowie dass die heutigen Wallonen
nicht gut romanisierte Deutsche sein könten, das zwingende nicht
finden kann.
Schliesslich führt aber auch die meinung, die belgischen Germa-
nen seien reine Kelten gewesen und es habe zwischen ihnen und den
Transrhenanen keinerlei Stammesgemeinschaft noch auch bei ihnen selbst
oder bei den Galliern ein glaube daran bestanden, zu einer unhalt-
baren folgeruDg. Wenn man nämlich glauben soll, dass die Kelten
ihre stamfremden östlichen nachbarn mit dem namen einer keltischen
Volksabteilung benant, dabei aber gewusst hätten, dass jener name der
gruppenname für fünf keltische Völkerschaften sei, so müste man fol-
gern , dass die Kelten zwischen den angehörigen jener keltischen gruppe
und den Deutschen nicht zu unterscheiden gewusst hätten, was man
doch verständiger weise nicht wird annehmen können. Um dieser
konsequenz aus dem wege zu gehen, hätte MüUenhoff am liebsten die
schuld an der Übertragung des namens Germanen vom linken auf das
rechte Rheinufer von den Galliern abgewälzt „Die südlichen händler
und kaufleute'', meint er (s. 206), „die mit ihren waaren, wein und
andern produkten und fabrikaten des Südens nach norden vordrangen
und dafür namentlich sklaveu eintauschten, sind geradezu für die
hauptfaktoren wenn auch nicht der ersten anwendung und Übertragung
des namens auf die Transrhenanen, doch seiner raschen Verbreitung
und herschaft in dieser anwendung zu halten und dazu mag die bedeut-
samkeit, die er im lateinischen hatte oder durch die latinisierung in
ihrem munde erhielt, nicht wenig mitgewirkt haben". Aber die rasche
Verbreitung des namens Germanen komt für die frage nach seiner her-
kunft und bedeutung nicht in betracht, sondern lediglich seine erste
anwendung auf das gesaratvolk der Deutschen, und diese kann Müllen-
hofiT den südlichen händlern nicht zur last legen, auch er musssieden
CrCklliern zusolireiben. Seia gedankengang fuhrt also io der tet zu
der ft)tg(?niiig, dasa dio Gallier bewusst (!) ihre atamfremden nachbam
loit dem namen einer gallischen volk^abteiluiig, d. h. als Gallier
Waseichnet , mit anderen worten, dass eie zwischen Kelten und Gorma-
aeo keinen rttammesunterschied bemerkt hätten!
Auch dio ansieht, zu der Müllenhoff iobetreff der zeit dor ent-
stehung des namens Germanen gelangt ist, führt zu einer felgening,
dei" niemand beipflichten wird. Müllenhoff hat nämlich fostzusteüen
ffoeiicht, wann jene fiinf Völker, die er für reine Kelten hält, von den
Böigen den kollektitischen heinamen Germanen erhalten hatten, und
wann man diesen namen auf die Transrhenanen, also die Deutschen,
üu übertragen begonnen habe. Er hält es (s. 204) für wahrscheiulioh,
iaes Nordgallien einmal vom rechten Rheinufer her einen teil seiner
Bevölkerung erhatten habe, die belgischen Germanen also, fast die iez-
^n und nördlichsten der gallischen tluBsanw ebner, von Jenseit gekom-
inen seien'. Aber dass die lezteren bei ihrem einrücken und vor dem-
selben auf der rechten seite des flusses den namen Germanen geführt
"^tten, sei eine blosse annähme, für die nichts spreche. Freilich, die
MiJllenhotfeche bebanptung, dass jene fünf Völkerschaften erst auf
*lem linken Rbeinufer den namen Germanen erhalten hätl«n (6.202),
ist ebenfals eine bloBse annähme, gegen die sehr vieles spricht! Nichts
"lötige uns, so führt Müllenhoff weiter aus (s. 205), und nicht die
(?eringBto spur spreche dafür, den namen auf dem rechten nfer des
'Rheins viel früher hinauf zu rücken als die Zeugnisse dafür begännen.
'^io hauptursache für die Übertragung des namens sei das bedürfnis
**e'r unterscheidimg der beiden benachbarten grossen natjouen gewesen,
**»s sich mit dem einbruch der Kimbern und Teutonen aufgedrängt
•*n<i noch zugenommen habe, als nach demselben der handelsverkehr
■'in Gallien einen neuen, stärkeren aufsohwuug genommen und sich
^.^•rftber hinaus nach Germanien ausgebreitet habe. Dass der name bei
«n Galliern zur zeit des einbruchs der Kimbern und Teutonen noch
^iolit üblich gewesen sei, dürfe man daraus scbliessen, das8 sie den
Äten grossen heerhaufen noch mit dem alten collectivum für die Nord-
^©Bvfilker, den ersten aber ganz neu benant hätten, denn der gallische
öisprung des Kimbemnamens werde um so mehr einleuchten, ja mehr
II TrefTend bemerkt hierbei MiincDhoFT, dass dio Stellung der belgischen 0er-
1 am (•ebirgt! nicht von der art sei, dass mau sie fiir einen äberrest der filteren
keruct- liiilteii nud »utiehmeD müste, dnss der straoi der einwaDderung an ibaen
P*^b«JIBeg»ngeii sei.
328 JAEKXL
man sich von der späten Verbreitung des OermanennamenB überzeuge
(s. 206).
Fast jeder dieser Sätze fordert zum Widerspruch heraus. Der
name Kimbern kann, wie Müllenhoffs eigene ausführungen (s. 116 %g.
und besonders s. 118 anm. 1) zeigen, ebenso gut aus dem keltischen
wie aus dem germanischen erklärt werden^, und genau dasselbe gilt
von dem namen Teutonen (MüUenhoff, D. A. II, 113 %g.). Den einen
etwa für keltisch, den andern für germanisch zu erklären kann natür-
lich niemandem einfallen. Beide sind entweder keltisch oder germa-
nisch. Die entscheidung hängt wesentlich davon ab, ob der name Ger-
manen keltisch oder germanisch ist und ob dieser name als ethn
phische gesamtbenennung schon vor oder erst nach dem einbrach d
Kimbern und Teutonen bei den Oalliem im gebrauch war. Dass derr
Massaliote Pytheas den namen Teutoni als ,,gesamtnamen für die nicht
keltischen be wohner der Nordseeküste ** verwendet habe (vgl. MüUenb
D. A. I, 476 fgg., 485; II, 114) und Teutoni nur als eine altgalliseh
benennung der inguaeisehen Nordseevölker zu betrachten sei mit
lieber entwicklung der Wortbedeutung wie xä td-ptj im neuen testamei^&t
(MüllenhofT, D. A. U, 115), wird nur derjenige glauben können, d^^-r
mit MüUenhoflF (D. A. I, 479) in Plinius, N. H. XXXVII, §35 da^s
handschriftliche Outonibiis bez. Omonibus in Teutonihua ändert, eii».^
änderung, die ich mit Waitz (Verfassungsgesch. P, s. 3 anm.^) und and^^»-
ren für durchaus ungerechtfertigt halte. Wenn solche änderungen fiÄ-r
stathaft gelten, gehen wir der festen, quellenmässigen grundlage fi^r
unsere forschung verlustig. Aus unseren quellen ergibt sich nicht mel
und nicht weniger als dass der name Teutoni ebenso wie Cimbri benei
nung eines germanischen Stammes war. Wenn man aber einmal anneB- 1**
men weite, die MüUenhoSsche ansieht von den namen Oermani, Te«i--t-
toni und Cimbri sei richtig, so würde man sich vorzustellen bab^ «><<
dass die Gallier den ersten einbrechenden Germanenhaufen ganz neu
mit einem gallischen namen — benant, den zweiten dagegen mit d<
alten gallischen gesamtnamen für die nichtkeltischen Nordseevölk:
benant hätten, gleich darauf aber auf den gedanken gekommen
zur gesamtbezeichnung der germanischen nation den gallischen Dam*
einer kleinen gallischen völkergnippe zu benutzen, und dass aiob
neue gesamtbezeichnung augenblicklich nicht nur über die Keltonw^^l'^
sondern sogar bis zu den Römern und Griechen verbreitet haba
scheint dies alles so schwer denkbar und unnatürlich verwickelt,
1) Vgl. hierzu auch die bemerkuDg Tomasoheks in OGA« 1888, ■. 901.
ich diesen ganzen gedankenbau als verfehlt betrachten muss. Er ent-
liUlt aber ubgeselien davon, dass er von der wükürlichou Änderung des
bandHcUrifUichen Giilonibits in Teudmibus ausgebt, noch t^inen fehler.
So lichtig es nämlich ist, als bauptursache für die entstsbung dos
j^L^aintnamens Germanen das bednrfnis der Unterscheidung dieser nation
von der keltiechen hinzustellen, so falsch ist die moinung, dieses bedürf-
nis habe sich eret seit dem einbriiehe der Kimbern und Teutonen ein-
festelt Nur für die Römer trift diese datiening zu, insofern diese
pi-st seit jenem einbnicb Germanen kennen lernten, folglich vor dieser
t^it das bedürfnis, sie ron den Kelten zu unterscheiden, gar nicht
kecken konten. Aber ihr Öermani ist ja nur eine volksetymologische
latjüisierung des kelt Gannani, sie haben also die gesomtbonennung
jener uatton von den Galliern entlehnt, mitbin haben wir nur zu fra-
pon, seit wann die Kelten mit den Germanen in berührung gekom-
ii"»en sind und das bedürfnis empfunden haben müssen, ilire ostnacb-
l>ani mit einem nnterscheidenden nameu zu bezeichnen. Für diese
ft"«?«» aber ist der einbruch der Kimbern und Teutonen ohne alle
Bedeutung. Denn der erste zusanimenstoss zwischen Kelten und Ger-
manen war ja, wie Müllenhofi' selbst gezeigt hat, schon Jahrhunderte
frfiher und zwar, wenn nicht noch weiter östlich, zwischen Elbe und
"t-sor erfolgt, als die Volcae den nordöstlichsten stamm der Kelten
•bildeten. Wenn die Oerraanon gleich damals bei der ersten berüb-
"■«ng der beiden nationen, wie der name Wnkhen beweist, das
"ediärftiis einer gesunitbenonnung für die starafrcnide nachbamation
'ählten, wenn sich femer bei den Romern sofort nach ihrem ersten
* "sammenstüss mit germanischen stammen das bedürfnis einer
B'OsHmtbenennung der gerraaniscben nation einstehe, so wird niemand
ernste ^''^nben, dass die Kelten bei ihrer ersten berührung mit den
^rnianen dieses bedürfnis nicht empfunden, sondern mit der umfas-
Qden benenuung der stamfremden nachbamation noch ein paar jahr-
ttderte gewartet hätten. Das widerspräche der Vernunft der dinge
t wäre ohne jede nualogie. Müllenhoös aufstellungen verlangen aber
der tat diese fulgeruug. Denn nach ihm sollen erst die Beigen
r den Rhein gerückt sein, sodann ein teil von ihnen auf dem lin-
Rheinufer den beinamen Gemianen erhalten haben, hierauf die
Sehen vom herkyuischen Waldgebirge (Harz, Thüringer wald usw.)
I Rheine vorgedrungen und jezt erst ^ zur zeit der Kimbern-
I Teutonenkrioge — der name Germanen, ein keltischer name einer
l Völkergruppe, auf sie übertragen worden sein'. Wer an der
D Tomfuuliek UGA, 18S.S h. 3U2 Jiimt, Mülleubuß' vertrete im liiubliuh
330 JAKKEL
Müllenhoffschen ansieht festhalten, jene folgerang aber vermeiden wolte,
müste annehmen, dass die Kelten vor den Kimbern- und Teuton^-
kriegen einen anderen ethnographischen gesamtnamen für ihre stam-
fremden östlichen nachbarn gehabt hätten. Aber da von einem solchen
nichts verlautet und sich gar kein grund für den Wechsel in der benoD-
nung angeben Hesse, so wäre diese annähme hinfallig. Somit ist der
schluss nicht zu umgehen, dass die Kelten, sobald sie überhaupt die
germanische nation mit einer gesamtbenennung zu bezeichnen uifien-
gen, als solche von anfang an den namen Germanen verwanten, dasß
also diese gesamtbenennung entstand, als Oallier und Germanen zwi-
schen Elbe und Weser oder noch weiter östlich zum ersten male auf-
einander stiessen. Man hat nun von jeher richtig erkant, dass jene
fünf Maasvölker, welche einst den gruppennamen Germanen fahrten
und zu Caesars zeit neben den istvaeischen Ubiern auf dej: scheide
zwischen Germanen und Galliero sassen, bei der entstehung des gesamt-
namens Germanen die entscheidende rolle gespielt, also schon zur zeit
der entstehung dieses gesamtnamens an der keltisch -germanischen grenze
gesessen haben müssen. Daraus aber folgt mit notwendigkeit, dass sie
keine Beigen und überhaupt keine Kelten waren, denn die Germanen
grenzten damals, wie der name Walchen beweist, nicht an die Bei-
gen, sondern an die gallischen Volcae. Jene fünf Völker können also
überhaupt nur von der germanischen seite her die anwohner i&
keltisch - germanischen grenze gewesen sein, d. h., sie waren Ger-
manen.
Für die ansieht, dass die in Belgien zu Caesars zeit sitzenden
Germani Cisrhenani keltischer herkunft gewesen seien, lässt sich also
kein durchsclilagender grund beibringen. Sie steht überdies mit den
nachrichten der alten im widersprach, vermag die zustände, welche
bei den fünf Völkerschaften herschten, nicht zu erklären und führt xu
unhaltbaren folgerangen. Wir haben daher an dem bestimten und kla-
ren Zeugnisse Caesars, der mit diesen Völkerschaften widerholt verhan-
delt, gefochten, sie in ihrem eigenen lande aufgesucht hat und sich
wahrhaftig aaf den unterschied zwischen Germanen und Kelten ver-
stand, durchaus festzuhalten. Waitz sagt (a. a. o. s. 26) mit vollem
auf den ui*spruDg der kolIektivbczeichDung Germanen die römische überliefenmg,
wonach damit zuerst verschiedene belgische stamme an der Ardaenna bezeichnet
worden seien, so ist dies insofern nicht richtig, als nach der römischen überliefenmg
nicht belgische stilmnie zuerst mit diesem namen bezeichnet wurden, sondern die
zuerst in Belgien einrückenden germanischen Völkerschaften diesen namen als grap-
peunamen trugen.
recht, äans kein griiiid ist, den fünf villkorn den duiitei'hen Ursprung
abzustroiten '.
Uro die hartnäckigkeir, mit der sich Millleniioff abmiilito, aus den
aogefUlirten steilen Caesars etwas anderes herauszulesen, als was ihr
blHrer Wortlaut fUr den unbefangenen aussagt, zu hegrelfen, niuss man
Jie Überzeugung, von der dieser gelehrte bei seiner nntersudiung des
Qormauennnmens beherscht wurde, ins äuge fassen. Da er nümlicti
die ansieht, dass die Reimer den uamen von den Oalüern überkommen,
sicJ) also erst ihr (icnnßni aus einer galUscheu naniensform zurecht
?eniBcht haben, durch die von Beda überlieferte keltische form Oar-
tftani bestätigt fand, kam er, wie so viele andere lorscher, zu der iiber-
^öugung, dsss diese keltische form Qarmani die originalfomi des namens,
dieser also keltischen Ursprungs sein müsse, Der echtkeltisehe Cha-
rakter dieser nainensform machte es für MüUenhoflf von vornherein zur
gGwissheit, dass der name keltischer berkunft sei, gerade so wie einst
f^trabo durch das echtröraische aussehen der namensform Gentiäni
bewogen worden war, den römischen Ursprung des namens ku behaup-
ten. Der tirieche versäumte es, die berechtiguug seiner deutung nach-
zuweisen, und übersah, doss dati Int. appellat. germäni vermöge seiner
otHteutiing zm- neubezeichnung eines volkes ungeeignet ist. Müllenhoff
•^Pliante (D. Ä. U, 2.3tl anm. l), dass es bei jeder deutuog eines volks-
'^Hmona zuerst darauf ankörnt, eine berechtigung für sie zu schaffen.
"« ihm nun aber das Keltentum des namens Germanen von vornherein
'^Btstaud, 80 muste er jene fünf MaasvöJker als keltisch erweisen. Denn
'Witt© er das Germanentum dieser fünf Völker zugegeben, so hätte er,
die germanischen völkergruppen besondere gruppennamen führten,
*<Jh die trage stellen müssen, welchen namen denn diese gruppe gehabt
Er hätte also die zulässigkeit, ja notwendigkeit anerkennen müs-
binter Uarntaiii zunächst den deutschen gruppennamen die-
fiinf Völker zu suchen, der sich mit namen wie Inguaeones, Ist-
»nes auf eine linie stellen würde. Dieser f'olgerung wolte er aus
, wege gehen. Daher Idieb ihm nichts übrig als die angaben Cae-
I absonderlich zu interpretieren, um üulezt behaupten zu können,
I fünf Maasvölker seieu weder Germauen gewesen noch von sich
>ib8t oder von den Galliern oder von Caesar dafür angesehen worden!
"ii haben gezeigt, dass dieser versuch, für die deutung des namens
*ormanen aus dem keltischen eine quellenmässige berechtigung zu
I) Diester ansieht ist offenbar auch MommBon, da er (Ilormps XIX, 1884,
li) die Tuiigerii oebeii [IhlerD, Vanglonon, Npmntnni, Nerviern, Siigamberu.
., Trovcreru lu deo germoiiischoD oder haltt^erinsuiBcheu vöUera i«chnet.
332 JABKKL
schaffen, an dem klaren, einfachen worüaut unserer Zeugnisse schä-
tert Und es wird ein derartiger versuch immer scheitern, wofern
man unsere quellenangaben nicht nach vorgefassten meinungen, son-
dern unbefangen aus sich selbst erklären wird.
In methodischer hinsieht ist es, wie kaum gesagt zu werd^
braucht, falsch, daraus, dass sich die Römer ihr Oermäni aus Gor-
ma7ii zurecht machten, zu schliessen, Oarmani müsse die original-
form des namens gewesen sein. Müllenhoff hätte daraus nur schliessen
sollen, dass kelt Oarmani die originalform des namens gewesen sein
könne. Denn es gibt noch eine andere möglichkeit Eelt Ourmani
köute nämlich auch die keltisierung einer germanischen originalform
sein, sich zu dieser ebenso verhalten wie lat. Oermäni zu kelt Gar-
mani. Hätte Müllenhoff diese möglichkeit erkant und durchdacht, so
wäre seine Untersuchung des Germanennamens zu einem gane anderen
resultate gelangt. Wir werden dieser möglichkeit weiter unten zu
ihrem rechte verhelfen.
Was man ausser den besprochenen angaben an litterarischen
nachrichten aus dem altertum zur aufhellung des Ursprungs des namens
Germanen beigebracht hat, ist bedeutungslos. Inbetreff der angeblichen
Oermäni^ welche die von Augustus aufgestelten triumphalfasten beim
jähre 222 nennen, genügt es, auf die bemerkungen von Waitz (a. a o.
s. 26) und Müllenhoff (D. A. II, s. 194 fg.) zu verweisen. Über die
iberischen Oretani qui et Oet'mani cognominaniur des Plinius III,
§25, in deren gebiet die von Ptolemaeus II, 6, 59 aufgeführte Stadt
^'Qqtjtov Fegfiaviov (beim heutigen Granatula am Jabalon, einem linken
nebenfluss der Quadiana) lag, handelt Müllenhoff, D. A. II, s. 193 %.
Er vermutet, dass, „wenn nicht ehedem die Oretaner überhaupt, doch
die in imd um Oretum wohnenden von ihren keltischen nachbam so
benant wurden". Dies ist freilich sehr unwahrscheinlich, da die Rö-
mer, wie die bozeichnungen anderer iberischer Völker, z. b. Meniesani
qui et Oreta^ii, Mentesani qtii et Bcusttili cognominaniur (Plin. IH
§25), Calagurritani qui Nasici^ Calagurritani qui Fibularenses cogno-
minantur (§ 24), lehren, die beinamen spanischer Volksgemeinden dem
voiksmunde entlehnten, der eben in der gegend und an dem orte von
einem volke dieses namens sprach. Bei jenem namen der Oretaner
dürfte man also in erster linio an einen iberischen volksnaroen zn
denken und seinen gieichklang mit dem ethnographischen gesamtnameo
der Deutschen dem spiel des zufals zuzuschreiben haben, vorausgesezt
dass jener iberische nanio mit dem deutschen, der in keltischer form
Oarmani lautete, wirklich genau übereinstimte. Dass übrigens die von
UkerC (OermanioD s. Tä) nusgesprocheue veriuutiitig, daas in Üretnm
ainoial eine gemiantsclm trupponabteilung gelogen habt-, eine Vermu-
tung, der itrandes (Kelten und Germanen a. 172), Waitz (a. a. o. s. 30
unni. 1) und andere ziigestimt Laben, „ganz ins blaue eebiestje", wie
klüllenhuff (s. 194 aum,) beliauptet, dürfte sieli schwer beweisen lassen.
l^Clr die frage nacli der licikunft des etlintigrapbischen gesamtnainens '
tJermanun scbeiiien mir aber die seit Plinius genanten iberisi;lien Ore-
let-rii, qui et Qerma>ii copiominaniur, gar keine oder wenigstens keine
g7-£jssere bcdeutung zu Ilaben, als etwa die italiechen Mai-si für die
fra^f nach der entstehung des istvaeischen gruppeunamens Marsi. Ich
het-lte es daher nicht für gerechtfertigt, weon 0. Bremer {LittemturbJ.
germ. und roman. phil. 9, 437) meint, dssa gerade der gebrauch des-
s^ll)en namens, hier für ein keltisch- iberisches grenzvolk, dort für die
l>^1gi^hen, grcnzvülker darauf hinweise, das» die deutung dos namens
ikis „nachbarn" die richtige sei. Dass diese deutung wirklich fatscli
ist, wird sich aus dem folgenden ergeben.
Von entscheidender Wichtigkeit für die Untersuchung des namens
|Oerinane.n sind die vou MüUenhoff übersehenen autschriften einiger gal-
I uschen münzen. Es haben sich nämlich mehrere, durchaus römisches
IftUgiiehen zeigende münzen von einem Trevererfürsteu Germanns Indu-
%f*äi ffiU^M) gefunden'. Ferner steht auf den münzen jenes Comviios,
■den Caesar bei den Atrebalen als könig einsezte (bell. Oail. IV, 21):
f^^mmtos Garmano\ wozu stimt, dass sich von einem seiner oachfol-
W, dessen name auf einigen münzen ÄNDOB, auf anderen ANDOBRV
*Htet. eine münzsorte erhalten hat, lüo auf der Vorderseite nur den
Paoien ANDOB, also eine stark abgekürzte form zeigt, wahrend auf
■em revers ein pferd dargestelt ist, zwischen dessen Vorderbeinen das
•"■ort Oanna steht^, sodass wir es hier offenbar mit einer stehenden
**«ixennung der AtrebatenkÖnige nu tun haben. Die französischen und
'**dgischeo numismatiker haben dieses GarmajGarniano zu Onnnanos
vervolständigt, und dass sie damit recht haben, beweist das treverische
^«rmanus, das nur die iatinisierung eines keltischen namens auf -os
^in kann.
1} Vgl. E.Hacher, L'art gaulois 1 (imi) 8.41 uod Uf.5U ur.2; ferner Suhnee-
'**'utD iu den Jahr))!!, il. ver. voq altertumsrieiuiden im Rlieinlaude 21, a, 71 fgg. uud
■^o hier angeführte numismatiBohe litteratnr.
') Statt Commios begegnet auf oioigeD exemploren Comioa, statt Oarmano
t Oarmano. Auf gatlischeD münzen steht bekantiich Öftei« C f^r G, sei-
I. 3t uiiil Uf. C2 1
, 11 (1874) 9. 100— lOS
334 JAKKSL
Es war ganz natürlich, dass man das vorkommen des namais
Oa7inanos/Oerma?itis in den königsfamilien der gallischen Treverer
und der belgischen Atrebaten, also zweier Völkerschaften, die nahe der
germanischen grenze und in der nachbarschaft jener fünf Maasvölker
Sassen, mit der gut verbürgten nachricht, dass sich die Treverer ebenso
wie die belgischen Völkerschaften germanischer herkunft rühmten,
in Verbindung brachte. Denn da der ethnographische gesamtname der
Germanen in keltischer form Qarmani lautete, so ist der gedanke
unabweisbar, dass zwischen jenem gallischen namen bez. beinamen und
dem Germanennamen irgend eine beziehung obwalten muss. Nur bitte
man nicht bei jenem Oarmanos/ Oermahius an eine ethnische bezeich-
nung denken sollen! Denn fals sich, wie wir auf grund der angaben
Caesars annehmen können, Commius und sein volk für abkömlinge der
Germanen hielten, so würde es doch gar keinen sinn gehabt haben,
wenn sich dieser fürst seinen Untertanen gegenüber durch einen beson-
deren beinamen als Germanen bezeichnet hätte. Wenn man aber auf
jene angäbe Caesars keinen wert legen und glauben wolte, die Atre-
baten hätten sich für Kelten gehalten, so würde man erst recht nicht
begreifen können, wie Commios zu einem derartigen ethnischen bei-
namen gekommen sein solte. Einige forscher haben jenes Garmams
für einen auf eine besondere abstammung hinweisenden famiiienbei-
namen der Atrebatenkönige erklärt. Aber dann wäre es darcbaos
unverständlich, wie derselbe name als personenname in der königs-
familie der Treverer zur Verwendung kommen konte. Es bleibt nichts
übrig als in jenem Oarmaiios einen appellativischen beinamen oder
titel der Atrebatenkönige zu sehen, also anzunehmen, dass sich aas
einem keltischen appellativum "^garmanos ein stehender beiname oder
titel, aus diesem ein personenname entwickelt habe. Daher ist es viel-
leicht richtig, wenn der belgische numismatiker Hermand in Oarmanos
einen ehrentitel sieht, den Commius geführt, ganz unsicher aber, wenn
er meint, dass sich Commius selbst diesen titel verliehen habe, und
falsch, wenn er dazu bemerkt: „comme les Teutons se T^taient attri-
bu6 par Tappellation de Germains "^
Für unsere Untersuchung ergibt sich aus den atrebatischen mün-
zen zunächst die wichtige tatsache, dass die spräche der Gallier ein
appellativum besass, das mit der keltischen form des Germanennamens
laut für laut übereinstimte, sich also zu dieser genau so verhielt, wie
1) lobetiefP der angeführten vci'suche, den beinamen Oarmanos zu erilireiL
vgl. E. Hucher II, s. 101 fg. Huchers meinung, kolt. Oarmanos, lat Oermamu
könne der deutsche personenname Hermann sein, ist natürlich unhaltbar.
lateinischen gennäni zu Geimani! Wir bomei-kteii schon oben,
J die ecbtkeltieche namnisfonn Garmanif welche zu den keltischen
DUcsirainen C'cnomani, Sepfimani usw. stimt, die üborwiogeBde raehr-
Jll der neueren forscher zu der ansieht gebracht hat, der naiue müsse
eltiBcbeu Ursprungs sein, dass es aber den Vertretern dieser ansieht
acht geUin^n ist, eine queileomässige berechtigung filr die deiitung
» nsnienti aus dem keltischen zu schaffen, dass uns viehnehr unsero
I l|o«lien nur zur deutimg des namens aus dem germanischen berecli-
tig«n'. Jene forscher haben sich nun auch widerholt nachzuweisen
bemüht, dass das kelt. appellat. *garmanos vermöge seiner bedentung
xor neubezeichnung einer nation geeignet gewesen sei. Indes haben
aiieli diese beraühungen kein algemein befriedigendes resultat erzielt;
und man schwankt noch heute swisclien ganz verschiedenen erklä-
rungrn. Die wenigsten anhiiuger fand die in sprachlicher hinsieht
"öhaltbare deutung, die Pott, Etymologiache foraehungen II*, 873 auf-
nestelt hat, wonach der name Germanen ,,0Btleute'' bedeute. Die jüng-
sten alt*irttimsfürscher, auch MültenhofF, haben sich bei der algemoineo
öhorzeugnng, dass der name keltisch söi, beruhigt, da sie nicht wis-
•len, ob sie der von Zeuss oder der von Leo und von Urimm gegebe-
nen dentung zustimmen sollen. Wie es mit diesen beiden deutungen
«teht, ersiebt man am besten aus Müllenhoff, D. Ä. II, 203 aiim.. wo
^ heisst: nGegen die zuerst von H. Leo, Haupts ztschr. (1845) 5, 514,
dann auch von J. Orirara, GDS. 787 gegebene erklärung jioijv dyai^ös
prhebt Zeuss bedenken und stell ihr die andre „vicinj" entgegen, Gr.* 773.
821. 825; vgl. Glück s. 59. Die bedenken sncht Mahn (Über den
Hamen Germanen 1864 s, 18) zu beseitigen, hat aber andre nnd weicht
m der erkläiiing ohno not von Zeuss ab, in einer weise, dass die
historische grammatik dagt^en Verwahrung einlegen muss, Ebel liSlt
in den Beiträgen zur vergleichenden Sprachforschung (1863) 3, 230
Leos und Grimms erklHnmg für annehmbarer und Zeuss bedenken für
ingerechtfertigt ". Ein durchschlagendes resultat haben somit die deu-
lungsrersuche, die auf das keltische zurückgreifen, nicht ergeben, und
Baumstark (a. a. o, s. 105) bemerkt mit recht, dass die möglichkeit sehr
I] ßi ist geradezu dmv, wcon Wnitz (n. a. o. s. 29) für den galliachen ui-si>riing
'* QtirtnaDenflaineiiD den umstand ^Itend macht, ^dasH die Gallier EueraC das bmliirr-
• «npflndwi musfon, die nsclibam mit aiaam antersclipideuden namen nu l^neii-
Dtases bedürfnis warde ja durch eine gosonitbeDeiiniing deutscher lierkunft
B bifriedigt wie durch eine solche keltischer horkuoft! Befriadigten denn nicht
« Cermcmiin das (■«düj'fnis, dio koltischsD nachbam mit einem unlcrecheidea-
] EQ boaennen, durch eiae beneaaung gailischer herkunft?
336 JAIKKL
verschiedener ableitiingen und erklärungen aus dem keltischen kein __^
beweis besonderer Sicherheit sei^ Müllenhoff hatte nach dem ansfiEdL^^
dieser deutungs versuche eigentlich recht wenig grund, jeden versus
den namen aus dem germanischen zu deuten, als lächerlich und voi
vornherein unberechtigt hinzustellen (a. a. o. s. 206). Es leuchtet übri-
gens ein, dass man bei dem versuche, kelt ^garmanos etymologisch zl 3
erklären, durch berücksichtigung des atrebatischen Oarmanos zu, grosse- _
rer Sicherheit gelangt wäre. Denn wenn bei den Atrebaten , wie wk^ j
sahen, Garmanos zur bezeichnung eines ihrem könige zustehende
amtes oder einer hervortretenden rühmlichen eigenschaft ihres
gedient hat, so kann das wort natürlich nicht „ ostmann ^ oder „nacl
bar^ bedeutet haben; und es bleibt dann von jenen deutungen (L:xe
Leo- Grimmsche, welche auf corn. arm. garm, ir. gairm „clamor** zmj-
rückgeht und ßofjv dyad-ög als sinn des wertes feststelt, als die sack-
lieh allein mögliche übrig. Und wenn nun bei Homer gerade (Ler
heerführer die bezeichnung ßofjv äyad^dg erhält, so tut man mein,
erachtens am besten, das gleichbedeutende kelt Oarmanos, die stehea
bezeichnung der Atrebatenkönige, auf den feldhermberuf dieser fürst^jn
zu beziehen. Dann ist aber klar, dase sich das kelt appellativLHU
* garmanos zur neubezcichnung einer nation nicht geeignet haben kann-
Denn es wird niemand im ernste glauben, dass die Gallier dasseH>^
wort, das eine königliche befugnis, das feldherrnamt, bezeichnete, sstir
unterscheidenden benennung der stamfremden nation, die östlich von
ihnen sass, gewählt haben solten. Und dies wird man auch dann nic^b^
annehmen dürfen, wenn etwa * garmanos einmal noch anders gedeia*et
werden solte. Denn immer bleibt die tatsache bestehen, dass dieses
wort ein königliches amt oder eine königliche eigenschaft bezeichne^^ -
Der gallische Ursprung des Germanennamens ist also wegen
Sinnes, der dem kelt * garmanos zukomt, ebenso unmöglich wie
von Strabo behauptete römische ui-sprung des namens w^en der bed^**'
tung des lat germänus. Deswegen und weil unsere quellenangat>^^
nichts enthalten, was für den römischen oder den keltischen UTspmoS
des namens spräche, ist jeder versuch, den namen aus dem römiscb^^
oder keltischen zu deuten, als unberechtigt zu bezeichnen; dageg^^
festzuhalten, dass die beiden formen, in denen der name überliefert i^^
Qerynäni und Garmaniy ungermanisch sind.
1) Nach Waitz (s. 30) „kann die deutung zweifelhaft sein*^. Alte
selten durclisichtig; nur sehr wenige der deutschen namen könten wir mit
Sicherheit erklären. Man dürfe zufrieden sein, die herkunft im
wissen !
i
^. "Wenn nun aber der namo Germanen weder römischer noch kel-
■■tischer herkiinft sein kaiin, so muss er germanischen Ursprungs sein.
Dass die deutung des namens aus dem germanischen, und nur sie,
nach dem klaren Wortlaut unserer quellen eine berechtigte ist, haben
■wir oben ausführlich erörtert. Aus den dort besprochenen Zeugnissen,
Iaqs der analogie, welche die entstehung des gesamtnamens "Walchen
'darbietet, und aus einer reihe sachlicher erwägungen ergab sich, dass
die ethnographische gesamtbenennung Germanen 1) beim ersten zusam-
menstosB zwischen Kelten und Germanen, also gleichzeitig mit dem
gesamtnamen Walchen; 2) aus einem westgennanischen gruppennamen,
und zwar 3) in derselben weise, wie der namo Walchen, d. h. dadurch
entstanden ist, dass die Kelten den namen derjenigen gormanischen
abteiluug, die ihnen zufi'iihst benachbart war und sich zuerst mit
ihnen nachhaltig berührte, auf die ganze uation bezogen, und dass
4) dieser namo von don Kelten den Römern überliefert wurde. Unsere
Untersuchung wird also zunächst die germanische gestalt des namens,
sodann, da der name urspiüaglich ein westgermanischer gruppeuname
■war, das bihlungsgesetz der ältesten westgermanischen gruppennamen
festzustellen und von diesem gesetze ausgelieud den etymologischen sinn
des namens Germanen zu ermitteln haben.
Die bisherigen versuche, diesen namen aus dem Oennani&chen zu
deutschon, kunten kein befriedigendes resultat erzielen, weil man sich
sofort, ohne erst sorgsam zu prüfen , welcher art denn dieser name
eigentlich sein, wie seine originalform gelautet haben müsse und in
I welcher richtung die bedeutung zu suchen wäre, auf die philologische
[ deutung des namens seihst, und zwar seiner nicJitoriginalen form Ger-
mäni, warf. So erklärte man denn die Germanen nach einander als
I speermänner, wehrmänner, heormäuner, kriegsmannen , pllüger, irmins-
söbne, voUtsgenossen. Da «liose imglücklichen doutungsversuche schon
oft, zulezt von MüUenhoff (D. Ä. II, 20C anm.) widerlegt worden sind,
brsache ich hei ihnen nicht zu verweilen. Itinen allen lag die richtige
erkentnis zu gründe, dass die angaben der alten für den namen Ger^
maneo deutschen Ursprung behaupten, dass uns also unsere quellen
nur zu einer deutung des namens aus dem Germanischen berechtigen;
dagegen verkante man, dass die überlieferten namensformen OennOm
und Oarmani ungermanisch sind, also nicht ohne weiteres aus dem
Oermanischen gedeutet werden dürfen. Seit huigerer zeit sind die
Teisache, den namen aus dem Germanischen zu deuten, oingestelt wor-
den. Man hätte nur, gestüzt auf die Zeugnisse der alten, an seiner
imTSomurr r. deutschk rumiLaaiE, ud. rxvi. 22
^SB lata.
deutschen horkuntt festhatten und sich sagen sollen, dass ncräätldl-
tjge erklärungsmethode noch nicht gefunden sei.
Um die germanische originalform des GermaneDnameDS mit hilfe
der keltischen form festzustellen, haben wir von dem verhältniB, du
zwischen der keltischen und der lateinischen gestalt des namens obffkl-
tet, auszugehen. Wir sahen, dass sich die Römer aus der keltiscben
form Oarmani, die für ihr Sprachgefühl nicht mehr unmittelbar fö-
ständlich war, mit Verlängerung des sufGxvokals (Zeuss, Gr. Celt* 8. 825|
ihr Ocrmäni zurecht machten. Dieses Oermäni ist nicht die IboI-
gesetzliche lateinische entsprechung, Ständern die volksetymologiKbe
latinisierung des kelt Ganiumi. Wenn wir nun aus der kelt lorra
Gannani die germ. gestalt des namens erschliessen wollen, au sind,
was das Verhältnis der kelt. form Oarviani zu der germ. originalform
des namens anlangt, zwei fälle denkbar. Entweder haben nämlich die
Kelten die wahre bedeutung jenes westgerm. namens gekant nnd ilim
die dieser bedeutung entsprechende kelt. form gegeben, oder sie habeu
diese bedeutung nicht gekant und den uamon ihrem appellat plm.
*gar7nam angeglichen, sich also den namen in derselben weise mund-
gerecht gemacht, wie sich die Römer das keltische Oartnani durch
angleichung an ihr appellat. ptiir. gerrriäni mundgerecht machten. In
ersten falle hätten wir in kelt. Oarmani die lautgesetzliche kelt
entsprechung, im zweiten falle eine volksetymologische keltisierung
der germ. originalform des namens zu sehen. Im germanischen musa
nun aber der name, da er nur die wesÜichste gruppe der deutscbeo
völfcerechaften bezeichnete, selbstverständlich die gestalt der Slteiteii
westgermanischen gruppennamen gehabt haben. Bekantlich sind die
ältesten gruppen der westlichsten Germanen wie die gruppen der ge^
manischen urzeit überhaupt verbände sacraler natur gewesen. Ans der
sage von dem erdentsprossenen gotte Tuisto und seinem söhne Manncm,
die uns Tacitus Germ. 2 überliefert hat, wissen wir auch, wie die
namen der ältesten westgermanischen gruppen gebildet waren. Such
dieser sage waren nfimüch die drei söhne des Mannus die Eponymider
Ingiiafone^ , Istuaeottes und nermi(n)i»if^. Wenn also der name Go'-
manen ein westgennanischer gruppeuname war, so werden wir schliess«
müssen, dass seine germanische originalform nach demselben princip wie
jene drei westgermanischen gmppennamen, d. h. von dem nainen oini«
göttlichen Eponymus gebildet war und das suffix -au- onÜiidt
Da aber dieses sufhx in der gallischen form Oarmani nicht vorliegt
HO kann diese nicht die lautgesetzliche entsprechung, sondern nur die
volksetymologische keltisierung jenes westgermanischen
L gruppeDoamaU
sßiD. Seine germanische origiuHSfurm muss die Gallier an ilir appella-
tivTim 'gamiani erinnert, mit diesem also dem klänge nach ziemlich
S^nau übereingestimt haben. Da sie sich aber von diesem keltiseben
Worte, wie wir eben sahen, im suffix unterschied, eo muss es das
stamwort gewesen sein, worin der geraianiscbe name und das keltische
appellativuni Übereinstimten. Diese tibereinstimmiing muss eine buch-
stäbliche gewesen sein, Denn wenn die beiden worto, die im suffix
«■on einander abweichen, auch noch ira stamwort eine wenn auch noch
so geringe Verschiedenheit aufgewiesen hätten, so wäre ihre volksety-
niolügische Verschmelzung nicht möglich gewesen. Demnach ergibt
sich als genn.-got- entsprechung für das gallische Gm-mnnd die form
^Oarm-ana und für den mythischen ahnherm der gruppe der name
istgerm. *(iarm, got. 'Garmi, altn. Oarmr, urgerm. *Oarmas.
Den germanischen namen *fjarm-ans gilt es nunmehr mit hilfe
■ historischen gramniatik zu deuten und damit die probe «u machen,
die ansieht, dass der name Germanen deutscher herkunft sei und
Bpriinglich nur die westlichste Germanenabteilung bezeichnet habe,
P8<sljtig ist Denn diese ansieht wird für riclitig angesehen werden
, wenn sich für *Giwmans eine für einen wcstgerra. grnppen-
■^«■öien passende bedeutung ergibt
Urgerm. *Oarmax entspricht nun einem iiidog. *ghm-m08, das
'^'i-f die Wurzel y)ter „brennen, glühen" zurückgeht und in altind. (/Äaf-
***** „glut, hitze", zend, garenui „wärme", „heias", altpreuss. gorme
n hitze", ir. garm in raad-gt/nn, lat. fonniis „heiss", griech. ^eg^rfg
s" vorliegt', also, wie man sieht, sowol substantivisch als auch
jecüviscb gebraucht wui-de. Demnach bedeutet *Qarmax so viel wie
BHPr, gllit, hitze" oder „der feurige, glühende, heisse". "Wenn also
. mythisches oder göttliches wesen diesen namen trug, so muss das-
■|I611)B eine beziehung zum feuer gehabt haben; mit anderen werten:
tergott, von dem die fiarmen stamten, kann nur der gott des feuere
"der eine hypostase desselben gewesen sein. Dass in der altnordischen
mythologiü ein hund den namen Oarmr führt, ist bedeutsam, weil
pferade die gottlieit des feuers den hund zum diener und begleiter
1) Vgl. Fick I', 40. 204. 416; CortiuB, Grundzügo' 8.493. Nicht hierlier
gehurt liaa vou Cartius und von Fiok I', 40 noch bemugoKogene gemi. tearm, weil vor
K*»^. a ^ indog. o der labial sich nicht hatte baltou Itönueu. Fick hat denn ancli
■ *lß wegen icarra wider an lit. virli „koohea", ksL tarü „hitie" erinnert. Des-
^^iohmi tront aneh Bezaenberger, Beiträge XTI, s. 257 wnrm vun gharmd und atelt
I in armen. Fofem „anzünden", aal. rarü ^gluf, rarili , kochen", liL teirti
310 uxaa.
hatte und in der germanischen mythologio öfters die gottheit und das
sie begleitende und symbolisiei-ende tier einen und denselben nanjpji
trugi.
Die *Oarm-ans sind also ihrem namen nach abkömlioge des
glühenden, feurigen. Dass dies eine durchaus paasendn bedeutung
filr einen westgermanischen gruppennamen ist, lasst sich daraus erse-
hen, dass der gruppenname Istvaeones etwas ähnliclies bedeutet ffjts
nämlich den Eponymus der Istvaeon angeht, so wurde sein name tor
Mimenhoff (Ztsehr. f. d. a. XSni, 9) auf die würze! is (Fick, V^ wb.
I*, 113 und Curtius, Grundz.'' s. 402 nr. 617) zurückgeführt und ob
„der erwünschte, verehrte" oder „der zu wünschende, zu verehreiide'
gedeutet Aber diese deutung, nach der spracldichen Seite, wie sieb
Mülleiihoir keineswegs verhehlte, nicht ohne bedenken, ist auch in
sachlicher hinsieht nicht haltbar, weil sie einen viel zu algemeinen,
farblosen sinn für den nameu des gettes ergeben würde. So abstrakl
wurden von den völkem die nanien und beinamcn ihrer götter nicht
gebildet Dagegen ergibt die Scherersche deutung des namens (Hist
zfachr. N, F. 1, 160) aus der wurzel idh ^brennen, entzünden, eüt-
tlammen", die in ahd. eU, eid, ags. ad „glut, brand", mhd. eilen „bren-
nen", lat aed-es „feuerstätte", aestus „glut, brandung"' (Fick I*, 113,
Vaniöek, Etym. wb, der lat Bprache» s. 277 fg.), aber nicht m f«fl
(vgl. Osthoff in Paul -Braune, Beiträge XUI, 398) vorliegt, einen duidh
aus passenden sinn. Nach dieser sprachlich und sachlich onanfecht-
baren' herleitung war der Eponymus der Istvaeen ein Agni, Vulci-
nuB, "Hrpaiarog, ein Feuer- und Herdgott*, d. h. die istvaeiBcheo
Völkerschaften betrachteten sicli als abkömlinge des feuergottOft
Die Garnien und die Istvaeen hegten demnach inbetreff ihw
abstamniung ein und denselben glauben, nämlich dass sie von der
gottheit des feuers stamten. Diese Überzeugung muss einst die gesamt*
beit der Germanen beherscht haben, denn der glaube, dass die gott-
heit des fouers und blitzes den menschen erzeugt habe, war ursprüng-
lich allen Indogermanen gemeinsam. Bei den Germanen hatte daoD
diese indogermanische anthropogonie eine besondere beziehung zum
Ursprung des eigenen volkes erhalten: es hatte sich aus Ihr eine ethno-
1) Vgl. darüber diese Ztsehr. XXIV, 299 fg.
2) Die Hpnchliohe Unanfechtbarkeit dieser herleitung heX Müllenlioff mlbt
(Ztsehr. (. d. a. XXHt, 4 fgg.) nachgewiesen.
3) Die Sdiererscho herleituug des namens am der wurzel ütt haben uuh uit
Uoiroi-y [Gott Ol-I, iiaohr. 1888, s. 437J uoil Mogk (Panls niundriss I, 105ÖJ «u ä
geinaclit.
^
DGB HAMK OEBUint!« 341
ische sage entwickelt', von der üu des Flinius und Tacitus zeit
chiedene vcnsionoa umliefen (Germ. 2). Die göttlichen nhnheiren,
denen die sage die einzelnen völkergruppen herleitete, hatte sich
mythenbüdende phantaüie unseres volkes offenbar dadurch geschat-
sio altu beinamen des jneuschen erzeugenden feuer- und
Bgottes hypostasterto und die s» entstandenen wesen für söhne des
auäah. Deswegen werden wir mit Elard Hugo Heyer' auch
er den stauiTütem der Inguaeones und Hei'nii[n)oneB, deren namen
nicht bcfriüdigead gedeutet sind, feuer- und blitzwesen zu suchen
L.
Die von Taeitus überlieferte ansieht einiger römischen altertunis-
Icher, dass die ethnographische gesamtbenennung Gormanen deutscher
kunfl sei und sich beim ersten zusammenstoss zwischen Kelten und
nanon aus dem namtii der westlichsten germanischen gruppe ent-
^t habe, winl also nicht nur durch die ganz analoge entstehung
lerer voUtsnamen, wie Walchen, Oraeci, imd durch Caesars bericht
r die zu seiner zeit zwischen Maas, Mosel und Rhein sitzende völ-
(ruppe gestüzt, sondern wird auch dadurch als richtig erwiesen, dass
der name Germanen aus dem Germauischeu in einer sachlich und
achlich befriedigenden weise deuten lässt
Dass der westgermanische name *Gamums von den Galliern, wenn
Beinen sinn verstanden hätten, nicht durch Garmani, sondern durch
rmones widergegeben worden wäre, braucht kaum noch gesagt zu
Jen. Die almahtiche herausbildung des namens Germäni kann man
nur dann votkommen begreifen, wenn man das wirken der volks-
nologie gehörig in betnicht zieht. Denn wie lai Gmnani eine
ih das lat appellat. germäiU veranlasste volksetymologische
iUdling von kelt Gartnani, so ist kelt Garmani eine durch das
'^ormöm veranlasste volksetymologisehe Umbildung von germ.
rnians.
Üher das alter des namens Germanen, auf das wir schon mehr-
xa sprechen kamen, kann man nunmehr ebenso wenig im zweifei
wie über die gegend, von der aus sich die benennung über die
mwelt verbreitet hat. Denn waren die Garmen die ersten Qerma-
welche den Kelten bekant wurden, und waren andererseits, wie
name Walchen zeigt (Müllenhoff, D. A. 11, 279 — 282), die Volcae
Itrsten Kelten, welche den Germanen bekant wurden, so muss die
berUhrnng zwischen Kelten und Germanen in eini
1) TgJ. Vfuti a. B. 0. s. 11 aom. 3.
JE) imlogeaiiauüoliQ mfthaa n, 648.
etoBS zwischen Volcse und Garmen bcstandon haben. Lettero mfisseB
damals, was aucli die Isge ihrer späteren, linkarheioischcD sitze nodi
anzeigt, die westliclie vorhut der Germanen gebildet und vor ihrer
Westfront die keltischen Volcae gefimdcn haben. In dieser «eit ßntetao-
den aiis den gnippcnnamen Vo/ear und 'Oarmans die vulksoamen
Walchen und Gomiaaen. Dies kann natürlich nicht am Kheine, wo die
Garmen belgische Völkerschaften vor sich hatten, sondern nur wtiter
ftstlich geschehen sein. Hier bestand einmal, wie Miillenhoff, D. A. H-^
207 f^, dargelegt hat, die keltisch -germanische grenze in dem Urwald
gürtei, der sich über den Harz, die Thüringer und die weiter natwftr
streichenden höhen hinzog. Von. der keltischen seite her war die
grenze durch die Volcae bosext, während ihnen gegenüber in der obeoi
die Garmen als westlichste Germanenabteilung gewohnt haben
Es haben also offenbar die Weserkelton damit begonnen, den gi'u^
pennanien Garmen auf die gesamte germanische natlon aaszudehn«^
und zwar zu derselben zeit, als die Germanen den grappcnnamun Volc^^
der speciell den Weserkelten zukam , auf <lie ganze keltische nation ^"^
bezieben antiengen. Die ethnographische gesamtbenennung German^^
Ist somit an der Weserlinie entstanden und genau so alt, wie der ethm. ■«
graphische gesamtname Walchen, und beide können nicht jünger eftJa
die wende des 4. Jahrhunderts v, Chr. sein.
BRESLAU, WEmSACirTES 1892. HCOO JAKEEL.
ZU KONEADS VON rUSSBSBEUNNEN KINDHEIT JEStT-
Was von den geistlichen dichtungen Im atgemcinen anzuDehii*-^^»
ist, dass sie nämlich (gleich denen aus der helden&age) wilkärlic-t»*^"
änderungen und Interpolationen mehr unterworfen waren als die i»t-a»
den hiifischen Sagenkreisen, das gilt auch von Konrads von Fussoshn* »»"
nen Kindheit Jesu. Sie ist in drei bandschriften erhalten, von dei^»«?*
keine direkt von der anderen abhängt, Dazu kommen noch vier klei***'
bnichstiLcke und die erzählung der flucht nach Ägypten aus dem P***"
sional, in welches ein teil unseres gedichtes bearboitet aufgDOonuE»^*'
wurde (vgl. Bartsch, Germ. V, 432 fgg.). Karl Kochendnrffer t»**
seine ausgäbe des gedlchts Straesburg 1881 (Quellen und fr ' —•"
XT'TIT) liauptsäcblich auf B als die relativ hoste handschrill
sich aber doch genötigt gesehen hier und da einige verse lii
Schrift zu streiclien, auch solche, die nicht in B überliefert .■iinJ
1) äobon duawugen darf man nicbt Üvrmani ^ , bergt» wotuav* i
t anzti erkennen. Wenn man aucL seinem britiBohen grundsab.e,
I. iass nämlich bei der reconstniierung des textes FAC zusammen B
höchstens gleichwertig sind, im algemeinen zustimmen kann, scheint
mir doch nicht genügend beachtet, doss uns in B ebenfals keine origi-
nalbandschrift des umarbeiters vorliegt, wir es vielmehr mit einem
rielfach entstellen texte zu tun haben. Es wird demnach an einzelnen
stellen vielfach der kritischen erwägung unterliegen, ob Konrad wirk-
lich so habe schreiben können, wie in B überliefert ist. Glücklicher-
weise ist dies meist nicht so schwer, da wir in Konrad, wie ja auch
Kochendörffer bemerkt hat, einen dichter von entwickelter technik vor
uns haben, der seinem vorbilde Hartmann von Aue, dessen sprach-
und verskunst wir ja genau kennen, möglichst nahe zu kommen suchte.
So auch in den zahlreichen bewuaten entlehnungen aus diesem dich-
ter, besonders aus dem GregorJus, über die ich die schon von Gom-
bert in seiner dissertation De tribus carminibua theotiscia Halle 1861
geäusserte meinung teile, dass bei diesen stellen diejenige handachrift
den besten text gewährt, welche dem Hartmanns am nächsten komt
Schon bevor Kocbendörffers ausgäbe erschien, war ich mit einer kri-
tischen besrbeitung des textes beschäftigt, zu der mir das gesamte
material noch vorliegt. Ich habe dann meine absiclit aufgegeben, bin
aber in den verflossenen elf jähren immer wider zu dem lieblichen
gedichte zurückgekommen. Ich teile nun von dem dabei aufgezeich-
neten mit, was mir zur kritik und erklarung dienlich zu sein scheint
40. mtck fiäst uTtit, herre, für geleit
in di/ieyn evangiliö.
für legen vormiasen wir ein objekt Da in hdschr. C statt hfrre
"6 überliefert ist, so vermute ich:
oiich hast uns merre für geleit.
I. niht sd schreibt B, und es ist keine Veranlassung diese wort-
>llung zu andern.
60. Da ujiser (iunser) in B und C überliefert ist, so lese ich:
dax in der ivirl, unsr herre Christ.
120. Für da von (AC) statt van danne (B) spricht auch die ver-
l^eickimg mit Greg. 994, eine stelle, die, wie such Kochendörffer be-
— :kt hat, hier nachgeahmt ist
126. nemen „zum manne nehmen", vgl. Tristan 12831 fgg.: und
mtn frmtwe her kam, den kimec ir herren genam und xfw im
i%n soUe gäm, —
307 ist zu lesen:
nv rernemet ander (nämlich rede)., diech in sage.
d
344
dieeh statt tue ich ist eine zuGainmeiiziehuiig, die sich selbst HntnuD
Lied 11, 12 erlaubt Kochendörffer bat das in B überlieferte &
gestrichen, doch üjadot sicli für die auskssuDg des relatiTpronomeot
kein beiBpiel bei unserem dichter.
226 fgg. schreibt Kocbendörffer:
ein enget sckosne unde Ueht
ersctiein ir, da si dü sa^.
diu frouice des wcrkea vergaz,
ir hende enpbielen in die sckoz:
vil sSre si daz siune verdroz,
wati si wände, ex wäre ein man.
229 hat B: ufi enphielen ir die hende l die sckox.; Schererwoltt
dies mit viersilbigem aiiftakt lesen, der als zeichen des schrecken«
stehn soll. Möglich ist aber auch unde enphieln ir h&nde In die schäx.
V, 230 ist dax sinne eine konjektur Scherers, gegen die zu bemerken
ist, dass sinne in der hier allein passenden bedeutiing = visio nicbl
belegt ist, B liest: vil sere si dar inne r.; ich vermute:
vil s^ si sin dar inne verdröx
„es verdroHS sie sehr, dass er darin {in der kammer] war" nach heltt-
ter elliptischer redeweise, Tgl. Greg. 793 fg. dax uinigesttexe wart Ȋ
grSx, dax si üf dtm se rerdrdx.
244 vermute ich nacL dem zusammenhange und nach der lentt
von C, dass es ursprünglich gelautet habe:
ich ziuhe %e nieman wan %e ijote
„ich nehme keinen geringerea als Gott zum zeugen dafür in ansprach'.
Statt xiuhe hat B gihes; die cntstcllung erklärt sich aber leicht, di
besonder g und x- im anlaut oft verwechselt wurden (vgl. ^«»ecA etitt
gevech v. 517).
258. Es ist nicht wahrscheinlich, dass Eonrad hier von den
schriflworten abgewichen sein solte. Luc. I, 38 dixit Maria: Ecoe,
ancilla Domini; fiat mihi secundum verbum tuura. Solte nicht fro aus
frö-n = dem herren gehörig, geweiht entsteh sein? Eine Bich«"
Verbesserung weiss ich allerdings nicht anzugeben. S. auch Kocheo-
dörfTers anmerkung.
285 ir spise ist unklar, da es sich auch auf das von den «offÜB
gebrachte himmelsbrot beziehen könte; ausserdem raaclien die in C
nach 284 iiberüeferton verse durchaus den oindruck der ochtheiL Wi
vermute, dass v. 28^ fgg. ursprünglich etwa folgeiidennassen
haben: wan si helen wol gesellen,
dax ir die enget bnlMen dar
-massen g<iw*t j
a xanBxa j£BU
StS
von hhnel ib'e Hpnar,
von liem vrönen paradise.
irdischer sptse
si vil kleine nö»,-
91 erkaitdens aller süjide blüx.
296. benenien wird mit dativ der persoa und accus, der sacha
ionstmiert; das fehlende ir ist aber nach bekanter nachlässiger rede-
veise ausgelassen und aus dem s^i t. 295 herauszunehmen.
375. dö er heim kam und si rani. C schiebt ein so (in dem
oben geschilderten zustande) hinter si ein; und dies verlangt der zusani-
meobang. dorl, welches B einschiebt, ist meines erachtens hierher
gekommen, indem das äuge des schreibors auf die vorhergehende zeilo
labirte (s. auch Kochendörffers anni.).
380 lies: die xe Oelbö e (einst) tvurdett erslagen.
432. im ist nihl s6 wie B hat, ist meines erachtens nicht mhd.
C hat 63 statt im, das wol nur ein Schreibfehler für ixii {ix mit ange-
BchliSener negation) ist. Wir lesen: exn [oder esn?] ist niht sd.
438 fgg. lese ich, nachdem ich hinter 437 einen pwakt statt de»
zt habe:
dax weUe wir Urkunden
und bestaten mit der teärkeit.
hat aber iu ieman geseit
von ir aiiders danne guot,
der Unget, nnde ir missetuot,
dax ir si vclschet äne schult.
Y. 439 fg. sind in R umgestelt, in C fehlen sie. Die richtige
anordnung ergibt sieh aber schon daraus, dass v. 440 fgg. auch in C
in dieser reihenfolge überliefert sind, u^rheit bedeutet hier „eidliche
Versicherung" wie 571 „reinigungseid".
477. swax ir dö seht, dax ist von gote.
ir cnhät wan er und stn böte
nieman anders gepklegen.
«denken erregt hier er und, da auch die anderen handschriften nur
Ton der ersclieinung des engels berichten. D hat: ir hat nieman ivan
böte unxe herre (d. i. unxc her „bis jezt") sit gephlegen. leb vor-
lute deshalb: ir enhdt unx her wan sin hole
nieman anders gephkgen.
496 fg. Vgl. Rudolf V. Ems, gut Gerb- 1819; von herxen ich got
rief, unx ich mit dem gedanke entslief. Auch dem Gerhard
leint darauf ein engel im träume.
346
514 ist zu lesen: er gunde ir xe füexen vollen. Über gundm.^
statt begunde s. Haupt zu Erec 23 und unten zu 1688.
517 lies: er wände, st wcer im gevich. Vgl. die lesarten uü'
die bemerkung zu v. 224.
531 lese ich: man sol in nceten, da^ er sage. Denn dafür,
hier die conjunction ausgelassen sein solte, bietet mir die yerstümmel
lesart von D nicht anhält genug.
543 fgg. lese und interpungiere ich:
ivir stn des schiere äne wän,
ez emaürde niemer sin ergän,
ex wcere an ir danc geschehen,
und wcllenz üf dich selben jehen.
und wellenx üf dich selben jehen d. h. „wir wollen dir selbst
schuld davon zuschreiben". V. 547 — 551 sind als rhetorische frage zu
fassen, auf die die fragesteller v. 552 fgg. sich selbst die antwort gel>^ri.
568 fgg. interpungiere ich:
heizet iwer decreie lesen:
swaz mir ze tuonne geschihi,
daz ich mich dirre inziht
unschulde mit der wärheit,
des bin ich hie ze stete bereit.
Über wärheit „reinigungseid " vgl. zu v. 439.
Nach 576 würde ich lieber kolon statt komma setzen.
614 fgg. lese ich:
woldet ir michs erläzen,
ir hat da von sd vil gereit,
daz ich doch der wärheit
ungerne tcete deheinen kranc.
„Selbst wenn ihr mir den reinigungseid erlassen woltet, ihr habt soV'i^^
von meiner schuld geredet, dass ich ungern unterlassen würde ihn ^^
leisten **.
622 fg. ist zu lesen:
diz wart im vervangen
für ein michel zeichen.
„Dies ward ihm für ein grosses wunderzeichen (Gottes) angerediafi^ *
D hat vor, G für. Das Durch der hdschr. B entspricht dem zaBUDMa0^'
hange nicht
652 fgg. ist die Überlieferung in sämtlichen hdadir. entstaÜ 1^
glaube, dass es ursprünglich gelautet hat: j
t wern hästu dix hint
i wer i^t stn vnier? wtsr herre got.
f und D überliefert und deshalb nicht in ihr ku
se ich mit B: des siver exn ist, indem ich auslassi
proDomcns wie in ynein = mein ich annehme.
cA bringe ex-, sicie ich sol. bringet = „beweisen
I*) ist in der dichtung des 13. jh. bisher nicht weiter nachge-
i nächsten berührt sich damit die bedeutung „volbringen, zu
n" in den von Haupt z. Erec' 9504 gesammelten stellen.
r. lese ich:
^^ Ir liabet wal vemomeri dax,
^^krvne J&sep geriht, noch michele tax
^^Iferihie bi diu reine vmt,
^^ dax si nihl war was an gescit.
8 überliefert ist, steht für da bl. Über die form ist zu vet-
ipts anni. zu Erec' 1060 und Über die bedeutung „in ver-
." Iwein 7360 fgg. : sttie leide dem biderben man von dem
'äht: kiimt ex voti vmotwiüen niht, ob er den unUen trücge,
eme slüege, sone ist er im doch niht gehax ttnde behaget
vne da bl ein bcese vum, des er nie schaden gcwan mit
rkung.
5. Vgl. Diemer z. Genesis 113, 20.
Das st m. murmer „gemurr**, welches von B überliefert
inet reichlich belegt ist, war nicht in mtirmcln ku ändern.
Ober mit scltaüe rani vgl. Jünicke zu Wolfdietr. B 229.
i Gudr. 161, 1; Wigal. M, 35; 230, 26.
g. Hier ist deutlich die art und weise zu erkennen, wie
Der Schreiber nabm an m heidn anstoss und schrieb: ^^_
De er fwr sieh ufi für de \dni ^^^^|
IT vers gefüllt, und er fährt fort: ^^^H
Und für die iTowen hale gedaht. ^^^^k
t aber da« unbedingt nötige xe xinse vergessen. Dass die 1
oaoti V. 726: und (%Dr a»ne/i sinen knefit. dis wc bi den I
Knm Schreiber von C hinzugefügt sind, geht sclion daraus J
Ir - j
748. dax heil z'oti disen gähßt kann nur heissen „das heil «at-
feriit sich eilig von ihnen, (vgl Trist 18499). C hat hien statt diaea,
was walirscheinlich aus ienen entstelt ist
774. unt sack näeh gelabede hin ist nicht möglich. B bat nh statt
saek. Der flüchtige schreiber hat hier, wie öfter, ein wort auegdts-
aeu; es ist üu schreiben: unt huop sich iiack g. k.; vgl. v. 713. 2101.
810. Vgl. Lob Salomonis in Müllenhoff u. Scherer, Denlonälet
XXXT, 16, 8 in sitiem hovi wirt nimmir tiachi. dd ist imä liat
eiüigi licht, des niwirt xiganc hini vwdir nickt, nachgeahmt im Bo-
landsliede des pfaffen Konrad; s. die anm.
624. B hat anders statt wunders [wnders C), und dies
richtig sein
„übrigens".
837.
der Iw. 425 und sonst erschoinendon bedeutani
„jd s3 ist unser wtbe site,
dax ir genuoge homent da mite
des libes in vil gröxe not.
Hier ist offenbar nachgeahmt Erec 3848: ««« ex- ist iuwer manne «
dat ir ntis armiu fip da mite vil gerne triegent. Dieser anklang ist
Haupt entgangen; sonst würde er ihn in der annierkung zu der rtdl
erwähnt haben.
864. nu greif st müexeclicken kine
über den back an diu bein.
jniiexeclichen „langsam'^ passt nicht recht in* den Zusammenhang. C tut
missectichen. Danach scheint misseltchen „in verschiedener weise' dtt
ursprüngliche zu sein.
889, Diu frouwe erbaldete dö
und gie dar und vani also,
als diu hete gesaget,
diu als demonstrativ ist nicht wahrscheinlich; auch hier bat der
her wol ein wort ausgelassen. Ich lese: also diu ander Af'te
912 fg. lauteten ursprünglich wol:
der werlt ich gar verphlac,
Sit dax min lieber man verschiet;
oder ist stt = später und daz = weil?
Zu 941 fg. vgl. Greg. 2526 fg.
947 lies gctoube. Vgl, Er. 2534 ir sit geiicuen, gcloubei
973 lies kreftiget mögen.
1012. stn gotheit si erkanden
an dem engelischem lobe;
der stiebte ein michel teil dar obe.
mgeHschen ist engel zu versteiin. Beispiele solcher wendim^D,
uer nacbl^si^keit mündlicher rede cntsprecheD , bat Haupt zu Erec
t gesammelt; vgl. besonders Senratius 1584: da horitms ein stimme
r von englischem gesange: die trerlc uk'i lange dnt. si (die engel)
; leären lüt. Unsere stelle ist Haupt entgangen.
1016. suie er hie enerden «■(Wr,
sin alter doch enmakle
tiietmm xe gnnxer ahte
den jAren geliehen.
Ut statt enerden: ain »Aktig und mincktec „eine nacht alt" ver-
l der gegensatz. Dar seltene wort ist noch belegt in des Strickers
{also ebenfals aus Östen'eicb) 8764, wo der Schreiber der Mün-
Ötr papierbdschr. H os ebenfab nicht mehr verstanden und dafür
▼erständlieh einfeldig gesezt hat.
1036 vermute ich:
ni)eh enwfus ex \ea'^'\ niht yemioe mite
. Haupt z. Erec» 1060. B ergänzte zu mite hie, C da.
1037 igg,. Ein änb yiotyoB ist bei dem höfischen dichter nicht
Peinlich. Ich vermute;
die himel sanden i/m mich dar
ein lieht, unx an deyt morgen gar
dax utinneclichen drohe sehein.
• ist hier demonsb-ativ. Auch im, das von C überliefert ist, scheint
fc durch den Zusammenhang geboten.
1058. Wahrscheinlich ist dieser nur in B überlieferte vers gleich-
nd mit Greg. 795 zu lesen: diu state enmohte in niht geschehen.
Zo 1071 ^g. vgl. Erec 8591 fgg. d(l mite giengm si enwee släfen
fiemenätcn. diu ivas wol beraten mit ricker betteuwte und anderm
1076. Es ist wol mtwtennaget als kiompositum zu lesen, da es
I hier nicht um die jnngfränüche, sondern um die gehurt in armut
niedrigkeit handelt.
1098. Vielleicht ist hier tirel einsilbig (s. meine dissertation über
9 Tondalus s. 18) und der vei^ ohne auftakt zu lesen.
1153, JVw stuant ex unz an die frist,
als dö sfl iva^ und nach ist
4t auch in Hahns ubdruck 80, 68, doch ist unzweifelhaft sile
Die lesart von C <lo me. bi den ziten aitte stimt fast wört-
yzu Iwein 3429. Über den ersten kirchgang der „sechswöchnerin"
r^ristati 19.')3 fgg.: Nu dax diu giiote luarschaikki der nüt genesen
350 spsweiR
solte sin und nach ir sehs wochen, als den froutven ist gesprocker^^
des suns xe Idrchen solte gän, von dem ich her gesaget hän, si sd^^e
in an ir arm nam und truog in suoxe, als ir gexam, mit ir xe^rm
gotes hüse also. Vgl. auch Weinhold, D. frauen im ma. & 79; Schals,
Höf. leben I, 113.
1174. der aÜherre wol gesaeh,
der e was blint sö lange.
Diese angäbe der apokryphischen evangelien beruht wol auf missv^r-
ständnis von Luc. 2, 26. Besponsum acceperat a spiritu sancto, ^ton
visurum se mortem, nisi prius videret Christum Domini.
1184. Der in B verstümmelte vers ist von Kochendörflfer niolit
befriedigend ergänzt C hat den vers nicht, und wahrscheinlich hal>^ii
wir hier eine schon alte lücke von mehreren versen.
1187 ist zu lesen:
also amest du mit dem smerxen,
daz von manegen herzen
die gedanke werdent goffenöt
Vgl. Luc. 2, 35 et tuam ipsius animam pertransibit gladios, ut rev^e-
lentur ex multis cordibus cogitationes. Auch C hat De, wo in B €ic
steht Der fehler erklärt sich aus der bekannten abkürzung.
1195 fgg. lese ich:
die friunt volgten ime mite,
unt wart ez fidch der kinde site
in die wiegen geleit
Für die Umstellung von wart spricht Eonrads stil und die lesart von
C; für den einschub von ime in v. 1195 ausserdem die vergleichnng
mit Greg. 939. Vielleicht ist auch nach geleit komma statt punkt 2^
setzen und mit C fortzufahren:
under ujide über gespreit
gewant reine unde wtz.
Für diese lesart spricht wenigstens die vergleichung mit Greg. 636: da
tvart daz schcene kindelfn mit matiegem trahen in geleit, under uft^
über gespreit ah rtchiu sidtniu wät, daz nieman bexzer hdi,
1217. D6 tvurden drt künege enein,
in der lande daz lieht erschein,
s^- ncemen kreftic guot,
U7id kam in vaste in den muot,
si tvolden iemer vamde stn,
in Ußte gotes genäde schtn,
uxix disiu zeichen lerten.
J
[218 ist die lesart beider hdschr. tatit nicht zu beanstanden,
iavftic dagegen krefüg&x zu lesen, wie die vergleichiing mit Erec
zeigt Der vers ist dann mit einsilbigem auftakt zu lesen. Eochen-
>r bemerVt mit recht, v, 1221 fgg. widersprächen 1242 fgg. Viel-
t ist der widersprach dadurch veranlasst, dass Konrad zu eifrig
verse Hartmanns sich aneignete, denn v. 1220 — 23 sind fast wört-
aus dem Greg, entlehnt. Vgl. ferner 527 Nil kom in vaste in den
( und 1630 fgg- ich'n geruowc niemer tne und ivil iemer vanille
mim tuo noch gotes gnäde schtn, voti wanne ich si ode wer.
1249 hat Kochendörffer vergessen zu t)emerken, dass B vfter statt
' hat, eine noch öfter (a. Lexer I, 24) belegte form.
1288. den wec si belitaideji, den .«' d^i wären kamen dar
Viotdens aber k^en hin. Über die auslassung des relaüvpron. vgl.
, wb. I, 319a, 34 und Becb zn Erec 1226.
1287. Da auch C x^ Umde : bekanden reimt, und die formel stets
xe lande (vgl. v. 2073 und 2535) heiast, so dürfen wir uns nicht
len einen übrigens auch bei anderen dichtem dieser zeit nicht
wohnlichen unreinen reim anzunehmen.
129S. in gotes geißle sie riten
mit frihiden in tr lant.
vermute, dass heim (nach hause) vor in aaegefallen ist, wodurch
der vers gebessert wird. C hat sogar u-üier futin in.
1334. kfeftic velt unde hart,
gdrirgc nniie Heide
mamige lageweide
zwischen den landen teüeste lac,
da ndemen deftetnes hoves phlac.
Lesarten von A (powes) und C (biiwes) sowie der zusammonhaug
isen, dass hoves aus boues cutstelt ist. Es ist zu lesen: da nie-
dehänee iriiwes phlac „wo niemand das feld bebaute". Aach vcU
134 scheint gegenüber dem von AG überlieferten waä nur ein
tibfehler, da es hier nur „unbebaute fläche" bedeuten kann, die
dchon durch heide v. 1335 vertreten ist, während die begrifto wall
hart sich nicht genau decken.
1340. Weil dd „daJiin wo" bedeutet, so scheint es mir bewser
komma hier und im Greg. 3052 zu tilgen.
1346. si- aäiien dd ein krefiic bioc
nirtster unde griulich,
dar üx trocken vreisUeh
spalten argen dent kinde.
352 SFBINOKB
Ich bin fest überzeugt, dass spiln in B widerum eine der zahlreichen
flüchtigkeiten des Schreibers und dass mit AC spiUen zu lesen ist
Zu 1360 fg. vgl. meine bemerkung in Bezzenbergers Beitragen 6,
158 und Strauch, Anzeiger f. deutsches altert Vlil, s. 220.
1389. Ich zweifle, ob die lat endung in natura dem dichter
gehört; von natüre würde dem höfischen stil besser entsprechen.
1406 fgg. interpungiere ich:
er künde ir niht verirtben
mit stner gewarheit:
ez wcere im Uep oder leit,
si entwichen im niht durch keine not,
um in dax kindeltn gebot
Hierüber hat Bech zu Iwein 8114 gesprochen. Er vermutet wol mit
recht, dass Eonrad diese stelle hier nachgeahmt habe. Er liest dort
mit allen hdschr. gegen A: st sprach y^ich hän es gesuH)m, ez wcet
mir liep oder leit, dax icfis mit mtner gewarheit niht underkumen
künde"', und übersezt mit mtner gewarheit durch „ohne meine Sicher-
heit zu gefährden".. Diese bedeutung würde sich auch hier in den
Zusammenhang vortreflich fügen. Über gewarheit vgl. auch Benecke
zu Iwein 1777.
1409. durch keine not „durchaus nicht"; vgl. durch alle M
„unbedingt, auf alle fälle". Sommer zu Flore 1455; a. Heinr. 223.
1423 schreibe ich: in wart von müede nie so we. Für von (A)
statt vor (B) spricht die vergleichung mit Greg. 818 uns u^art von we-
ter nie so we. C hat den vers nicht
1429. Durch die einschiebung von vil vor guoten, das auch A
und C haben, würde der auftakt hergestelt.
1431 lese ich mit AC nach ir arbeit, da ir in B vom Schreiber
leicht übersehen werden konte.
1437 fgg, lese ich:
sih, mahtu beginnen
des obexes uns gewinnen,
des cBxe ich gerne, dunket mich,
B hat sih mohstu, Kochendörffer schreibt mohtest dü des begmnen-
Aber abgesehen davon, dass dann der accent, der logischen betonung
entgegen, auf di2 fallen würde, dürfen wir das charakteristische sih
nicht streichen, mohstu ist aber nicht Schreibfehler für mohtestu, son-
dern eine seit dem 14. Jahrhundert aufkommende nebenform der 2. sg.
prs. ind., vgl. Weinhold, Alemann. gr. § 325, Bair. gr. § 378. des in
v. 1437, da.s nur B hat, ist dagegen offenbar erst von dem Schreiber
dem die konafriikticrti von beijiniien niit dem Inf. ohne Xf
{ mehr gelauBg war.
\ 1440 lautet in C: Kr sprach rr&we es i.3t unmugeUch. Da na«
I D frottwe bat, so wird es wol nur vom Schreiber der hdschr, B
. lauten bei KochendörfPer:
leider ja gedtmke. ich mi're
umb unser Uule und umb dax jiVip.
dax ich vor durste sterben d}m;
und dax wir ni/it selbe haben
waxxers, dd toir uns mit laben,
dax ist min meiste not.
unter gedenke ist von KochendÖrffer ergänzt, doch erregt die iesart
bedenken, da yvxlenken nicht in der bedeutung „sich sorge
' belegt ist. Der schrelher von B hat gedenke wol als inipe-
gefasst, so dass Joseph sagen würde: „Maria, denke lieber an
r vieh und unsere leute". AB hat sorge ich, C nach müeget und
ein ausdruck der furcht oder besorgnis muss hier gestanden
Las von Kocliendörffer v. 1447 eingesezte dax, welches in A
B fehlt (C hat die verse, wol weil der Schreiber an der konatruk-
aastoss nahm, ausgelassen), ist zu streichen; unde ist in nachlSä-
wortfügung gesezt ähnlich wie im a. Heinr. 1088 ich xiuhe dich
tkte bldx . und teirt din schäme harte grdx diu du von schulden
ie liäsl unde naeket vor mir stäst. Tgl. darüber Haupt z. Erec'
' durste hat C von d., was die ältere Verbindung ist.
1449 schreiben A und D: dax ist mPn aller vieiste w., was
I des Versbaus den vorzug verdient
1458 fg. dannoch He sine talden
der bomn teider erde sweften.
»ratliche hdschr. ausser B bt der erdett haben, so ist iHder unzwei-
ein Schreibfehler, um so mehr, da b und w im anlaut im
jabriiundert schon oft verwechselt vrarden; vgl. Weinholds Bair.
136.
1461 ist mit B und (' zu lesen: dti riht er sich iif und stnoid
Der herausgeber hat uf aus metrischen gründen gestrichen.
1469. Statt tr^b in B haben alle übrigen hdschr. tribe, was dem
nmenbange besser entspricht. Vgl. Pfeiffer, Deutsche mystiker I,
1484. Die Iesart
lenhaoges wegen
1 ACD ;
wol ist dem heint von ]
t f. DKüisoHB pBaoLosm.
354
1492. Wir sind nicht berechtigt gegen die übereinstimmende
art sämtlicher hdschr. (denn heint ist doch nor eine andere form
hinacht) hie in den text zu setzen. Vielleicht ist zu lesen: als wi
htnt dar bt stn beherberget schöne,
1499. der engel xuhte einen ast,
dax er also lüte brast,
dax aber Jösep erschrac.
aber „widerum^ widerspricht dem zusammenhange. Die lesart d<
übrigen hdschr.: da von fuhrt darauf, dass dar abe zu lesen ist
Gregor. 2356 nü wart Gregorjtts dar abe vil harte riuwec unde m
vrö. In der Zimmerischen chronik, citiert bei Uhland in der abhai^<i-
lung über die pfalzgrafen von Tübingen (Gesammelte werke 5. bd. s. l^O)
heisst es: darab erschrok der graf nit wenig und er solU darab 9-^^i
erschrecken, und 1500 sich, da verdirbest du abe,
1503 fg. vgl. Trist 16765 von disem berge und disem hol so tf:?^w^
ein tageweide wol velse dne gevilde und taüeste unde wilde,
1507. xwen ist ofTenbar ein Schreibfehler für xwelf, wie särr&t;-
liehe hdschr. ausser B haben.
1517 und 1518 stimmen, wie auch EochendörfTer bemerkt kmfiLt,
zu Tund. 43, 42 (Wagner 201 fg.), doch muss zugegeben werden,
die lesart von A über riche noch über armen besser in den
menhang passt Es könte dem Schreiber hier die bekante formel sti^xs
der erinnerung in die feder gekommen sein. Freilich ist auch die l^fS-
art von C gleichlautend.
1523 hat A und so statt also. Das und scheint mir für d^T^
Zusammenhang durchaus nötig. Ich schreibe 1520 tgg.:
swenne aber ieman durch dax lant
fuor mit geseUeschaft,
Ü7id si die so w^hdft
und diso biderbe Hute fanden,
dax si in niht genemen künden, usw.
1541. Die übereinstimmende lesart von AG so si ihi gewinn^^
brühten verdient den vorzug.
1547. A schiebt hinter getoinne ein: des tages, C: kkUe, D^^
lezte verlangt schon der gegensatz zu morgen v. 1551; ebenso ]&i gcf^
mit C wegen dne teil 1549 einzuschieben. Ich lese 1544 fgg.:
nu berieten si sich xeiner stunt
dax si saxten ir löx:
ex waere klein oder gröx
s^wax in xe geteinne hiute kam,
^^^^H da» den einer gar narrt fl
^^^^P und in hMe äne teil ^
HttiJl „an (lemselben tage" und morgen „am folgenden tage"
Sommer z. Flore 3322.
1563. dax fihe vor in al ezxetid gie
Ü allex ex-xe-fule, B alicz, C alsanfte. Ich vermute: iJax inh vor
ilx-ane ffie. Über ähnliche entstellungen des alten oücx o» oder
» B. Haupt z. Erec 4178.
1572. einer, wie B hat, kann richtig sein, fö steht hier im
eines demonstr., e. Paul h. Bnrnne, Beitr. II, 518 %g.
1576 fg. sind nach C zu vervolstandigen : ir müexet iuwer wette
I, ween ich, von andenn bejage. Ebonso muss es 1578 nach ÄC
Bn: ich enmuote an iwer deheines tage nie deheines teiles.
1586 fgg. vermute ich:
und ml sicherlich nü l*ben
xe gemache und nach eren
und teil der mite keren
etwa, da guote Hute sint.
'verbessei'ung des handschriftlichen mhi in nii wird durch AC gestüzt.
Bchreiber gebrauchte wahrscheinlich schoo die form nun, wodurch
der fehler noch mehr erklärt
1602. Hier haben die andereu hdscbi-. gegen B misverständhcb
jdert, denn mit diseni nvo kann nur heissen „von diesem augen-
I: an".
1620 vermute ich: wan dicke widergeÜ geschiht. Das seltenere
srgett, das in AC überliefert ist, konte leicht in das gebräuchliche
,T6räadert werden, wähi'end das umgekehrte nicht wahrscheinlich ist.
1626 wird die Lesart von A xe rehier mäxe durch Greg. 1075 fg.
I tiröude und sin klagen kund ei' xe rehter mäxe tragen bestätigt
1651 lese ich: dax fdndeHn ist mir relit. Da dnrxuo in A, der
Igen bdschr. ausser B, welche diesen vers überliefert, fehlt, so ist
itchtiger dies zu streichen, als die abkürzung ki/ndel zu setzen.
Auch 1666 ergibt sich das richtige nur durch kombinafion der
Khiedenen handschriftlichen leearten. Ich lese:
sus xöch er in sinn geivatt
disen Huren geivin
itnd treij} in tnit unwrrden hin
sin hüs, da in (den fremden) gexcJmch ... h
gemach mide. reste. ^M
366 SPKiNcaB
Statt in haben zwar alle hdscbr. inne; dass dies aber schon ein ait^r
fehler sein muss, beweist die vergleichung mit Greg. 487: Nu fuor^^^
dirre tutse man ^ne juncvrouwen dan in sin hüs, da ir geschac^^
michel guot unde geinach. Diese stelle hat Konrad Yorgeschwebt
1674 liest KochendörflFer: der vmotgrimme noch allez gie. Da es in
AC der wirt grimmic lautet, so ist anzunehmen, dass wt m ^ ebexx-
fals eine abkürzung für vdrt ist Ausserdem ist der yersbau fehlerhs^A.
Ich vermute: der tvirt grimme cUxane gie. Über alxane vgl. zu 15Q3,
Zu 1676 fg.: sin herze begunde wanken umbe stne gevangen ^^\,
Gregor. 313: Nu begund' ^tn herxe wanken in manegen gedanken.
1678. er blicte ie belangen
die frouwen und dax kint an.
Über belangen an dieser stelle handelt Haupt zu Erec* 8407. Er meint:
„Die bedeutung scheint „„nach langer frist"", was im Erec und clor
Kindheit Jesu einem „„zögernd*'*' nicht fem steht**. Vgl. auch W. Grimm,
HZ. in, 272; W. Müller, Germ. VII, 137. Nach meiner meinung ver-
langt hier der Zusammenhang die bedeutung „von zeit zu zeit** [^g*/.
1681 (er) vant ex xe aller stunde d. h. jedesmal]. Diese bedeutung
hat über lange, welches an dieser stelle in C überliefert ist Dass hier
in B ein Schreibfehler vorliegt ist um so wahrscheinlicher, als ie „im-
mer*' sich nicht recht in den zusammenhaug fügt KochendörflFer (s. 1 7)
meint ohne grund, dass die lesart von C „recht unsinnig'' sei.
1680 fg. lese ich mit C:
nu vant der schaxegiric man
dax kint xe aller stunde
mit laehundem munde
und mit spilnden ougen,
Für die richtigkeit dieser lesart spricht die Übereinstimmung mit 6r&^*
3122. Die folgenden verse lauten bei KochendörflFer:
als im wcere tougen
dax ditxes tville wcere,
C liest als im wäre tSgen. Des mannes Übeln gebaerde; B hat tpor^-'
A ix wesse. Die lezte lesart könte etwa erklärt werden: „als ob es i^^
stillen die Sinnesänderung des mannes erkant hätte". Voigeschwe^*^*
haben Konrad die verse aus dem Gregor. 863 fgg.:
Der eilende weise,
watid er deheine vreise
gefürhien niene künde,
mit einem süexen munde
so lachet er den abbet an,
i
ihreibe dtmacb: als hn was tmigert tUtx tb'lxes unUe wtsre „wie
n (als einem unverständigen kinde) die böse absiebt des man-
trborgon war".
1688 ist mit B zu lesen: under wäen begunde er schouwen,
mau die wähl bat, üb man guude oder begunde lesen will. VgL
t zu Krec* V, 23. Der auftakt ist kein schwerer, um so mehr als
id ancb die synkopierte form undr gebraucht
1695 fgg. Wie die teilweise verwirte lesung der handscbrüten
ist, die alle stark von einander abweichen, hat hier keine der
die echte lesart bewahrt. Dieselbe ist nach der vergleichung
Bregor. 3174 fgg. aus den verschiedenen hdsfhr. etwa folgender-
m herzustellen:
n« vermute er an im nie,
em sähe ime ie
diu vugen über walhrt,
die heizen xäker vaÜen
aber den hart her ze tat
nach ein ander 86 gexal,
dax ein xaher den andeiii sluoc,
sivoz er gewandes ane iruoc
um er daz alles vor beiffix.
lefügcs weinen zu schildern heben die mittelhochdeutschen dich-
bervor, dass die trähnen das gewand benezten. Vgl. Sommer
ire 1350. Iwein 6226 wati in die irehene %'ielen von den ougen
wdt. Das vor vor begd^ in v. 1701, welches in OF fehlt, wird
durch Rudolf v. Ems, gut. Gerb. 6641 sin weinltch jämer was
da^ er üf stner brüst t>ego$ vor im in jämer dof geivant.
1711. Der die IsrakefHen
bt Fharadnes xilen
üx Effijpto leite
und in trucken wec bereite
durch dax wilde jner
unde ir tiimule her
dar inne lie beliben tat
und Sil dax himelische brät
in der wüeste regetien Uez
und üx dem Herten steine hiex
lüter waxxer rinnen,
der geruochte den werden innen
einer barmunge ttrsprino.
Gb ist dies eine von den stollon, auf welche EochendÖrfTer (s. IS) des
Vorzug von B allen andern bdschr. gegenüber begründet. Der üsn
der V. 1722 fg. soll nacli ihm eeio: „Der räuber gedachte der grossen
bami Herzigkeit gottes und witrde dadurch selber zur milde bewegt',
Diese künstliche erkläning ermöglicht er aber nur, indem er annimt,
dass in der verlorenen urhandschrift statt werden innen das alte in-
bum imien „in erinnerung bringen" gestanden habe, das er jedoch
selbst nicht in den text zu setzen wiigt Der sinn der verse 1722%.,
wie sie in fi überliefert sind, kann nur sein: „Gott Hess dem ränbar
seine barmherzigkeit zuteil werden". Das passt aber offenbar nidit in
den Zusammenhang. In ACF lauten die verso 1720 fgg.:
der üz dem herten steine htei,
liiter waxxer fiiexen,
der geruochte ouch disem entsUexen
siner bamtunge ursprmc.
Kochendörffer meint den vrsprinc dt^r barmutige einem cnisliexen heisse
„barmherzigkeit an jemand Üben" und verwirft deshalb diese, wie er
selbst gesteht, poetisch schöne lesart. Nun ist aber seine auslegung
nicht richtig. Der dichter vorbleibt vielmehr" im bilde; „So wie et
einst Moses wasser aiis hartem felsen fliessen liess, so eröfiiete er auch
den quell der barmherzigkeit, der in dem harten herzen dieses sündure
verschlossen lag". Kochendörffers irtum ist, dass er barmunge vi
Gott bezieht, während es sich unzweifelhaft um das erbarmen handelt,
welches der räuber an den fremden übt
1734. hin %e mir, wofür C von mir liest, scheißt das richtige.
1738. vart alUx sanfte itdck mir. Anch hier führen die va-
schiedenen losarteu auf das alte ahane; vgl. zu 1563.
1745. als rehte liep als ich dir si. Buprecht von Wauihatf,
Von zwein kaufleuten Ztscbr. f. d, phil. VII, 65 fgg, V, 869.
Zu 1749 fg. vgl. Erec 1120 fg. ivaz ir geschach xe leide von dm
riUer üf der heide und Erec 932 %g.
1755 lies: dax ich dirs immer likte. Nur B hat dir, was nnzwti-
felhaft ein Schreibfehler ist.
1763. Der zu kurze vers ist mit F durch den zusatz vor (vmfi
alier zu ergänzen. Vgl. Lanz. 8834 Ji^lt vor aller sni'ivix und 274%
dö saeh er sitxen da einen man, der was gni, sin hür von aUff
1764 fgg, lese ich {v. 1766 nach der übereinstimmenden lesUl
von ACFG);
ob er die frotiwen Üit beste,
des enweixr ich ah noch an.
er ist lihte ir valcr oder ir man.
te ist durch „vielleicht, möglicher weise, etwa" zu übersetzeo. An
3 alte Itcheii — „äbnlich sein" {vgl. Kochendörffer s. 17) ist nicht zu
uken.
1767. Ulan ist wahrscheinlich mit AGCi zu streichen und iiiicli
766 ein [luokt xu setzen.
1770. ob si dnz lci?it udle baden
des hilf in so du beste megcst.
wie ACF hat, ist allein richtig; sonst mrtste es ja ir, nicht
lauten.
1780 lies mit ACG: ab ex- ir triieu-en tohte.
1789 lies; in ir herzen sl des jacli. Für die einschiebung von
f mit P spricht der gebrauch Hartmaans, vgl Greg. 508 und 1772.
1794. Wenn hier B hegunde statt gunde schreibt, so kann dies
1 mit für einen beweis gelton, dass man im 13. Jahrhundert hin und
der gunde für begiinde schrieb und spracli. Denn nur so läast sich
» entstcUung erklären. Vgl. Haupt zu Erec' v. 23 und oben zu 514.
Nach 1805 setze ich koion statt ktimiUB und schreibe weiter:
die hende vuoren im vil gerade,
um da% ex sehä/men began:
der jesl oben üx dem schaffe ran.
eine bände bewogten sich sehr schnell hin und her, bis es (das bade-
Mser) zu schäumen begann", ruoreti habe ich aus ra/ren in B mit
igleichung der lesart von C giengen hergestelt, F: mm waren d. h.
g. scheint gerade in der noch jezt üblichen bedeutung gefasst zu
tboD, was aber dem zusammonhange widerspricht.
1811 für manx, statt man sprechen alle bandschriften ausser B.
1819, an ein gras „auf eiuen grasplatz", wie A und C haben,
t offenbar dio echte lesart
1825 {gg. der udrt iwte läien bourne s6 xe ?näxen umbe den hof
leitet, ir este gebreitet usw. Über das pari prüt. nach laxen in der
deutung des inßnitiv s. Grimm, Gr. 4, 126 tgg. Schon früher ist
ox diese konstruktion gehandelt von Lat^hmann zu NibeL 585, 6 und
aiecbe zu Iweln 3142. Dass sie den schreibem nicht mehr geläutig
ip, beweisen die Änderungen; nur B hat hier das richtige erhalten.
t den Bchatten spenden den bäumen und dem klaren quell, die in der
ibung des gartens Erec 871S fgg. fehlen, vgl. Tristan 16734 Igg.
1836. Zu under, wie B richtig für dar under hst, ve^eic^
sich mite für dar mite und 14 täi da bi; vgl. Haupt zu Erec 1060
und oben und under MSH. 2, 386"; 3, 101'; Troj. 3751.
1838, Ausser Erec 8735 vgl Iwein 609 der te geutsen von
ein tötriuwvsmre, des herxe wiere da ffei'röut. Flom 4424 tr Aw/I
(die K. der edlen trauter in eiuem baumgarten) schinet dar an, iea
sie köchgemtieie gcbent allen den die smäre- lehent und dar timie
koment dar: swax den ungetnüeies war, des werdetits danne ergebä;
und 2087 dar itffe was der vögele sanc (in numeger wfse tixu tr timt
dem grabe xe beiden nUen) so süexe %6 alleti Atten dax ein frätideläm
man, der nie fröude geunm, stner swan-e verg<exe, ob er da slütnii
od scexe.
1855. Es ist wol besser da mit AF su streiehen und gebresk la
schreiben, wie auch B hat.
1857. aJs iimbc ir llp ,als wenn es ihr leben gälte".
1877. Ob ergangen oder vergangen zu schreiben ist, wird ticJit
auszumachen sein, da jenes in AB, dieses iu CF tiberliefert ist
1885 lies: traf her unde enbixe wir. vrid, welches in B Mlll,
ist in AC überliefert.
1892. Ich glaube, dass wir in diesem veree, der in B nicht nbe>
liefert ist, mit Iwein 1222 gächspise zu lesen haben. Das in C ftber-
lieferte gdhe spisc ist nicht weiter belegt, und ähnliche ändeningOi
finden sich in C öfter.
1900 fg. »I Iciiste dicker denne iwir des süeien kindetines miail
Ähnlich a. Heinr. 1427 fg, si kiisten ir fokter munt etewax. mi <toi
dri stunt. Vgl. auch R. v. Ems, gut Oerh. 3531 fgg. für mtru teer-
den vrouiccn reit mtn sun dicke schouwen sin herzeclfchex Uep an ir-
dax, muoste et dicker danne xivir mit süexen blicken dar gesduhm.
Ausserdem erscheint die formol dicker denTie xwir nach dem Mhd. wb.
in, 955 auch in der Weltchronik 49, a.
1902. Auch im guten Gerhard wird der segenswunsch von 4m
scheidenden an die zurückbleibenden gerichtet 6579 tg%. Du icir htrri-
ten uns xe wege, in die vil suchen gotes pfUege gap ich die vroKtn
: ir man.
1912 lies: ex was s3 wiltUch da gestaÜ. dd, welches nur in B
feUt, ist nicht zu entbehren.
1917 ist emcesie wol druckfehler, da in den leaartcD
)en ist, duss B eriwesse hat; auch A liest wesse.
'elches nur in B 1
LTtco nicb^|M
1923 ist zu lesen; ahtts äniumrt tn der man. Vgl. Iwein 543
I antwurt er im da. Weitere beispiele der apokopierton form a»/-
'■ siefao bei Haupt /.. Erec", s. 414 fg.
1935 liest B: hl dem mere bi d' x,ejiu-v.ien hant. Kochen dÖrfFer
üer statt U der geschrieben, wol um die widerholung von bi zu
meiden. Diese ist aber nicht aiistöysig.
1951, xehant räumlich wie 2455. Vgl Haupt zu Erec 590, wo
1 Ürst 114, 73 nachzutragen ist
1965. Nu kete nmnege xU dd
ijebrhiwen als oui-k anderswd
der leide Uuvel stnen spot.
Ut gebrm-et, d. i. ijebrüevel „bewiesen".
1971 fgg. lese ich:
als ex im o«eh da vor ergie,
da in da (jot durch sin höchvart Ue
mit sinen nötgestallen
in da% ahgrüride. vollen
und vaUeitt immer jn^re.
, 1791 hat AC. vallent, wofür Kochondörffer vollen schreibt,
B. DasB die leaart richtig ist, lässt sich auch aus der lesart von
iaüet schliesson. undf ist in nachlässiger Wortfügung gesezt wie
, 1088, worüber Haupt zu Erec 7028 zu vergleichen ist
1978 fgg. lese ich:
die gote aturxten Iter .te tat
mit alie üf den esterieh,
(si müesen (hdschr. viusen) aller tegelick
xe stückeltnen brechen)
ab ob si solden sprechen usw.
tt siurxteii, wie A hat, bietet B stiexxe, was KochendöilTer in stie-
I geändert hat. Da aber das intranait. siöxen in der bedentung von
eipitare nicht belegt ist, so müssen wir wol annehmen, doss der
reiber in seiner vorläge stiex er fand. Diese lesart ist aber, wie
, vergleich mit der quelle beweist, nicht richtig. Für alkr teegelich.
■ B und C haben (A hat alle gnneinUeh), schreibt Kochendörffer
iegeltch (olle iegelich vormutet Gombert in seiner dissert. s. 22).
aber diese Verbindung nicht belegt ist, so werden die verse wol
eingeBchaitete reflektion des dichters (möchten doch immerfort die
nbilder zu stücken brechen!) zu fassen sein. Dass viit alle in A
[kotige lesart gegenüber nach einander in B ist, schliesse ich auch
362 8FBBNGEB
daraus, dass G an entsprechender stelle vallen hat, offenbar eine ^t-
stellang aus 7nitaüe oder betaue. | "^
1994 fg. daz si ir gote solden sehen gestceret und xebrotken. A
und G schreiben: so lasterlich x., und diese lesart scheint allerdings
die richtige, da dem Schreiber dieser ausdruck wol zu stark schien. | «^
Auch 1997 sezte der Schreiber von B mit zome wol nur der
deutlichkeit wegen für mit schalle (schallen) wie in GA überliefert ist i v
2025 fg. lese ich: \.'^
der bedcehtige man
viel nider unde bette an
B hat das fi/ra^ eiQtjfiivov behaftige, was durch „vom teufel besessen-
erklärt wird. Da aber hier nach dem zusammenhange ein lobend«
und nicht ein tadelndes epithcton am platze ist, so liegt unzweifelha^-rft
ein Schreibfehler vor. Die übrigen hdschr. haben dem sinne nach üb^ :ä*-
einstimmend: G vil bedahti^e, B vil bedachte, A der gnote tvol versuw^^^
nefi m. Die lesart von B bettet in bettex zu ändern scheint mir nic"Äit
unbedingt notwendig.
2036 fgg. lese ich:
dem mnc ex vil lihte ergän
als wtlen Pharaöne,
der dises landes kröne
vil gewalteclichen truoc,
tmt got Egyptum durch in shcoc
mit xefieri egesUciieri siegen,
unt V. 2040 (in BAE) ist das relativ temporale „als, da*' und nicB^
in unx zu ändern. Vgl. darüber Haupt z. Erec 7028. egeslichen sta^"^^
engestclichen in B setze ich vermutungsweise wegen eisUchen A (C
üchen). Doch kann auch engestlicheti richtig sein.
2051 — 54. Diese nur in B überlieferten verse scheinen mir v(
dächtig.
2057. der wärheit AG ist wol gegenüber des toären in B di-^^®
ursprünglichere lesart, da lezteres dem späteren, noch jezt üWichec^^
Sprachgebrauch entspricht
2069 fgg. Auch hier haben die hdschr. wilkürlich geSndert,
dass keine den völlig richtigen text erhalten hat Ich glaube,
nach V. 2068 ein punkt zu setzen und dann mit G ein absatz zu madie^^''
ist Sodann lese ich:
Ak schiere dö er erstarp,
die boteschaft der enget tvarp i
in Egyptum von Juded.
^^^^^^V zua KIMDHEIT JESU 363
Vgl. Gregor. 2973: als schiere dö er erstarp, ein ieijlich Römeere tvnrp
besundcr stnem künne durch die gotes wünne unibe den selben i/cwalt.
£inen kleinen absoJiiiitt von 10 rersen haben wir auch 2093 — 2102.
Zu 2073 vgl. a. Heior. 1356 dÖ (uor er gar dräte wider heim
,fe lande.
3103 fg. Die fibereinstimmung mit Greg. 751 fgg. Nu laxen dise
rede hie und sagen tu une ex ergie dirre vrmiwen kindo beweist, dass
hier der lesart von C der vorzug zu geben ist Es ist demnach zu
lesen: JVil läx,en dise rede hie
und sage?i iu une ez, detn ergie,
der usw.
B hat ahten statt sagen, was ein lieblingswort dieses schreibeis scheint;
TgL 1740, wo es an stelle von schaffe in AC steht, u. Ö.
2107 fgg. Da diese verse iu der lesart von AC 2323 genau wider-
tehren und solche widerholungen in den höfischen gedichten gebräuch-
lich sind, so liegt die Vermutung nahe, dass der Schreiber von B hier
wiUrürlich geändert hat; v. 2108 macht ganz den eiadruck eines flick-
)e8. Der Schreiber nahm au dem seltenen Uixen „sich gegen einen
]>enehmen, ihn behandeln", welches sich noch Farz. 11, 28 och hat
mich der kiinir. hin als im mtn dienest danken sol und Iw. 2025
teb kdn si übele Ulxen-, sowie 4570 herre, ir liabet misselän, weit ir
den Hier alsits län findet, auätoss. An allen diesen stellen nahmen
die orklärer (vgl. Bartsch z. Para. 11, 26; Benecke u. Bech z. Iwein
2025) bisher die bedeutung „ entlassen " an, die sich aber schwer in
den Zusammenhang fügt; auch wird unser „entlassen" mhd. durch ver-
iäxen ausgedrückt. Das richtige hat schon Lexer im Hodwb. I, 1843 fg.
■Zu vergleichen ist auch nhd. „einen anlassen", das in älterer zeit auch
iin gutem sinne gebraucht wurde. Durch die einführung der losart von
^C wird auch die änderung von 2109 bedingt Es ist nach 2108 punkt
SQ setzen und forzufahreu: dax kam int sH xe stalen.
2117. Da gcleiie auch „den zoll für das geleite, das geloifsgeld"
bezeichnet, so ist die Ironie des ausdnicks [anspieiung auf 1525 fgg.)
klar und eine Änderung ijicht geboten.
2118 lies: und dise teilten ir gerinn. Für ir AC gegen den B
«pricht die vergleichung mit Erec 3301, Es mag noch bemerkt wer-
den, dass Bowol hier als bei der abfassung des abschnitts 1503 fgg.
Beben der lat. quelle die rauberepisoden aus Hartmanns Erec 3106 fgg.
als vorläge gedient haben; vgl. besonders Erec 3190 fgg, mit Kindh.
1672 tgg.
364 8FBBNGEB
2122. Es ist hier kein grund von der lesart von B disem unsm
Herren gastgeben abzuweichen.
2129. schuxgendxe halte ich noch jezt für einen Schreibfehler
statt schäehgendxe , s. meine bemerkung in Bezzenbergers Beitr. I, 53.
2141. B liest mit gröxen taunden, AC mit starken w. Wahr-
scheinlicher ist, dass später starken in gröxen verändert wurde, als das
umgekehrte.
Zu 2151 vgl auch Mai und Beaflor 13, 38.
2160 lies: hie ein slac, da ein stich. Für diese in AC und im
Pass. 41 , 26 begegnende lesart spricht auch die rergleichung mit Iwein
3734.
2167 fg. (92, 52) lauten in B entstelt:
JcemerUchen schrcei we
mit armen owe
EochendörfTer, der s. 9 über die stelle spricht, stelt folgendermassen her:
jcB7nerlichen schrei er j^we,
we mir armen, 6 we.
Aus der vergleichung der übrigen hdschr. und der hier nachgeahmten
stelle des a. Heinr. 1299 fg. Vil bitterlichen st schre ^we mir vü armen
unde owe. (vgl. auch R. v. Ems, gut Gerh. 2087 ir ieglicher an midi
schre anders niht dan .^we owe . .) geht hervor, dass schr^ im reime
gestanden hat. Es ist zu lesen:
JcemerUchen er schre
y^we mir annen, Ö we^.
2169. lätj herre, stän, ir tcetet mich, lät stdn „unterlasst das"
vgl. Trist 11574, 11750, 15607.
2193. die hende huop si dicke
mit manegem üf blicke
xe himel
Vgl. Greg. 2220 und bot sich an stniu knie mit venje vü dicke mit
manegem üfblicke.
Zu 2211 fgg. vgl. Iw. 3475 mit der vil edelen salben bestreich si
in allenthalben. Ich lese:
Nu si die salben hete bräht,
sie streich mit guoter andäht
dem man in die tvunden,
nu wart er kurxer stunden
ganx und äne mäsen heil:
Über kurxer stunde „in kurzer zeit** s. Haupt zu Erec' 2300. Vgl-
auch kurxer tage.
zun KCÜIBBIT .TEST' 36B
2218 ist mit AC ah schiere zu schreiben,
2224. si sitraeli „du MM yenflde sagen
gote, der dich erlccsei )täl
ler blosse infin. bei hohen weder im althochd. nucb im mhd. üu
iftt, liegt offenbar ein Schreibfehler von B vor. Ich vermute,
hast aus malmt, einer nebenform iar mala (s. Weinhold, Alemann.
378, Bair. gr. § 325) entstanden ist vmi/pn hat hier die bedeu-
niireache Laben, sollen".
2239. si gtebe se in und luetue ir habe
Mfl rugm in B steht in allen übrigen lidschr, mnlip.. Icli vermute
Ib einen Schreibfehler und setze uvthe in den text
Die nur in B überlieferten verse 2161 fgg. lese ich:
dax dinem ein senfte wtere,
detn riuwc und iierien swcbts
trä/ren umle. Strien ffll,
dat. dühte jenen ein hertiu xit
dem nie nikl leides geschach,
wand er habet gemach für ungemach
einschiebung von }tahet = hält verlangt der Zusammenhang, wände
ie Kochendörffer schreibt, ist mir unverständlich.
Za 2275 vgl. a. Heinr. 1420 si enwesten iffie gebären, sowie
d. 3031. 3916. Kudr. 454, 1,
2277 ist UUent siunt wio AEF haben, wol das richtige; B änderte
weil ihm der auadrnck zu stark schien.
2294. (lax si in machte gesunl
und in heilte als ir man.
sämtliche hdschr. ausser B die taiitologie und in heilte nicht haben,
lürfen wir sie wol nicht dem dichter zurechnen, sondern müssen
n B schreiben: d. s. i, m. g. als gälies als da vor ir man.
2396, dax triben si imx si gewau
Sre linde rtcheit.
BD die lesart von E spricht schon der nmstand, dass es sich hier
zusammenhange nach gar nicht um aaisseres ansehn, sondern nur
Teichtom handelt. D^m Schreiber ist hier eine gebräuchliche for-
in die feder gekommen. Ich schreibe mit samtlichen übrigen
•hr, von gtiote soUch richeit.
2298 feg. lese ich:
ir vletxe dax was e beleit
mit teken bi dem viure.
siracten nü vil Hure
pfi£lle dar unde
unt tepch, dax nieman vutide
dekeines vürsten kemenülen
mit wate bax beraten,
stracken sw. v. „ausgebreitet Hegen". Dass UTuk vor ilar Htidt- (,<!»
unten, am boden" öfter im Parz.) in die folgende zeüe gehört, bewcisl
die lesart von F.
2305. ir ivende uruk ir stangen
die sehineii alsQ bevangen.
Ich lese T, 2306 mit allen übrigen hdaclir.: die warn also bthangm,
obgleich die äodening von benangen- „bekleidet" in behangen auf den
ersten blick leichter erscheint als das umgekehrte. Doch bieten vaA
die lesarten zu Greg. 3271 bevangen neben dem richtigen behäng«^
Tgl. auch Erec 8596 fgg. si (die kemenfite) was wol bchuiigen mitguo-
t&n umbehangen: der genuek was vmi gulde rieh, dar zuo icas der
estcrlch mit guoten teppechen gespreit als ex des wirtes richeit mal
bringen {für bringen Bech) tnohte.
2312 fg. Vgl. Greg. 1042 dii hextin-ten sich starke alle ^nesaehe.
2328. in yol. Für diese Wortstellung spricht die Übereinstim-
mung von AEF.
Nach 2330 ist der punkt zu tilgen und 2331 mit ACEF wul
statt er (B) zu setzen.
Zu 2343 Tgl. meine bemerkung in der Ztschr. f. d. a. bd. 36, 16!
und Beneckß zu Iweiii 7400.
Nach 2347 ist eine stärkere interpunktion zu setzen und 2310
dt« mit ACF zu streichen.
2350. dax. mr nu guot und vre hän,
iuwer eigen kneht und itiwer diu,
des enjehe wir niernan wan von iu.
In V. 2352 ist i'on mit AF zu streichen. Es ist zu übereelzpii;
„Bass wir, euer tnecht und eure magd, mm gut tmd ehre haben, i
schreiben wir nur euch zu".
2353 fgg. lese imd interpungiere ich :
Nu wol )ier ntinven an dax gra
wie wunneeUeh der garte was,
da von ir S hörtet sagen.
Vgl. 1827 fgg. Dom schieiber von C falt ein, dasa dort hof pxoA
wurde, was hier ein garte genant wird. Diese lesart wird aber darcli
die anderen hdschr. gesichert
Zu 2363 fg. vgl. Urst. 116, 59 /mi tmig fx aJb-i
ereelzPii;
ben, das I
r genn* *,
niiu ttuer dorch i
t 367
93 fgg- verstohu ich Koehendörffere tcxt nicht Ich lese mit
rer snlebnung an A: 23S6 die •wlle man dar truM kophe
r Wide glas, ko pH des gesjudes was, als ob si mafielßti soMen.
■ diener wareu ao viel, als üb man eiue grosse hochzeit halten
)". Dem Schreiber von B war wol d<ir phir. glas nicht gelSufig,
iha zu dem znsatz von vax veranlasste.
2402. Auch hier ziehe ich küele7i (AC) vor. Siehe zu 1825 fgg.
2407 lies: r/iV ez abtö diihle guot
2416, Über die form tele (und spanbete 2570) vgl. Lachmann zu
B 1212, Ich lese mit F; rUtcft Franxoiser sUe; franteis ist wahr-
inlich aus ftanxeis* entstelt.
2422 fg. lies: dnz diu sch-ux^el (schiUit ief) tif/srhcn m hrtcu
genuoge.
2466 lese ich : wan ei-nex, ist mir u-n/ hekunt. Das biMchränkeode
„nur" auch 2367. Der fehler in E {rin anderx) erklärt sich
BO Idehter, wenn wir uns erinnern, dass wan später mit wandv
fecbselt wurde.
2464 lese ich, indem ich das zweite und in B streiche (in A
^oty. kuiisi, guot unde bedieklckeil und fasse j^ho^ als subst „ver-
in, beeitz".
2483 lese ich: er sprach „dtircli got, war tlet ir? Diese lesart
t ausser AG anch Pass. 47, 93.
2513 bietet unzweifelhaft die lesart von C swaz man siki und
gesehffn ma^ „sichtbares und unsichthares (geister)" das richtige.
Schreiber von B hat man widerum nur aus flücbtigkeit ausgelas-
Vgl. R. v. Ems, gut. Gerhard 306 fg. d^s dn'valtigiu vteisierschaft
drin kreften werden hiex swax- sieh ie gesehen b'^t und dax- mich
f/eseheti wart, und 353 fg. auch lobeni sttelecltchen dich, swax mit
kreften sich verborget fuit sd taugen vor menschlichen ougen,
CS itamei- alle vrist von menschen ungesihtic ist.
2614. Ueht, vinster unde tac. C hat: viristri lieht naht un tag.
einschub von naht verlangt der umstand, dass wie das licht dem
, so die nacht der finstemis entsprechen muss. Auch in der ein-
Dg von Rudolts von Ems Weltchronik (s. Haupt «, gut. Qorh. 333)
m: in der wisheät — mit der din goteUchiu maitt vinster lieht
nde naht gescheidcn hat ....
2521 fg. Auch hier hat B wahrscheinlich geändert Statt erbarme
A und G gcde^nke min, und für die richtjgkeit dieser lesart
instand, dims din worte des Djsmas wörtlich übereiostim-
mend mit der lesart von A auch in der Urstende 127, 64 fg. Untea:
Heire, nü ffeiknke min, s6 rfrt kamst in dax. rS^h din. Vgl. LuaS3,
42: Et dicebat ad Jesum: Domine, memento mei, cum tmeri» in
reffnum tuum.
2534 ist noch nach AC xxi streichen. Dagegen machen die TcmS
eingeschobenen verse: daz Jdfnelriche er vor Itesax. die nu wirk «in,
die merken dax durchaus nicht den eindruck der nnecbtheit Ebeneu
nimt der dichter 2335 sd nü ist maneges tuirtes site auch rncltsidit
auf die Verhältnisse seiner zeit.
2538 Bolte kern in B wirklich eine art dittographie von hm-
dis sein?
2551, Statt ertcnrp ist ivarp zu sclireiben, wie auch in C fil»-
liefert ist, was Kochendörffer in den lesarten nicht bemerkt hat
2554 fg. Ps. 127, 2. Labores manuum tuarum qtiia numduaäit:
beatiis es et bene tibi erit.
2564 ist iivel einsilbig zu lesen, wie öfter in bair.-öBteir. didh
tungen; vgl. meine dissert über Albers Tiindalus s. 9 ig.
2636 fg. Anklang an a. Heinr. 263 fg. in klageten elUu diu M
da er inne was erkant.
2651. Die lesart von B wird bestätigt durch Greg. 2701 M wir
dax, zc gewalie.
2668. Für aber ergibt sieb liier die bedeutung „wider einmal*.
Diese passt auch 2923 (s. Haupt z. Erec 6806 und Eochendörffeis beml
Es braucht damit nicht auf etwas bestirntes vorher erzähltes nicksiulil
genommen zu werden.
2675. und mel xe tode sich her abe. Die lesart von A ist
zuziehen, weil eher die auslassung von sich als der zusatz wahrs^ra*
lidi ist
2681. sis statt si (B) ist nicht unbedingt nötig.
2711 ist wol zu losen: unt leiten daz ivaxxer drin.
Nach 2712 ist komma, nach 2713 punkt zu setzen und dann
fortzufahren: s6 aoü uns weseii vil gäeh
verlaufen in die rinnen,
so mugen se uns mht entrinnen.
Die koush'uktion von mir ist gäch mit dem infin. (lesart von A) obw
%e wie gdheii (vgl. Orimm, Gr. 4, 98) ist unzweifelhaft das richtig
Der änderung in B vergleicht sich die von 2712,
Zu 2737 %g vgl Gregor. 2177 fg.: Sich, ja
Wide }Wul mir da mite gemachet tna?iege sweere.
ist vor ,
ja ums ex ie (Iftufl^J
2751. Ich halte diese nur iu B überLieferteo verse, auch wegeu
at- eltfnul, das dorn (juten mild, nicht ^niäss scheint, t'Hr unecht
277ß fgg. den M/ er anders niht erwarp,
uan dax er im ^nc furch brach
lind uns dräte dar uns leilrkeri sack.
De-B eirischub von drötc {Neidh. 39, 15) gebietet der Zusammenhang, da
der jilngiing nur Jesus seine „furch" zerstört, die anderen kinder aber
bedroht, vgi, 2741. Zur herstellung einer singemässen betoniing in
I T. 27T7 Ist däxer (einsilbig) oder dA- zu lesen; vgl. Lachmann z. Iwein 504.
' 2784. fuddi; wie BA bat, scheint eine schon für das gute mhd.
geltende form von fiirdfr.
2794 lese ich: hit di'itn süh ddx- enn gnadic ni'. er im hat
AG, er B.
2817. ir vike weide „futter für ihr vieh", nicht viheweide als
komposit. ist zu schreiben.
2878 lies: nu seht, welch ein kindea spil. ir, weiches in B ntelir-
niala falschlich hinter dem imperativ gesezt ist, fehlt in ÄC.
2892. Zu dax leben enwäge setzen „aufs spiel setzen" vgl. Erec
5478 du sehest eninlge dinen lip vil ^m. 2. büehl. Iü7 iliie friuiide
f*'tige saite si enwiige ir lip und ir ere.
2901 ist zu lesen: sit aber ich
mich her x.uo iu geneigte
und iu mit wcrkeii xeigle.
üie vergleichuBg der lesarten zeigt, dass mich in ß sich aus 2902
"' tlio folgende zeilo verirt bat
2912 lies jmwA statt doch.
2952 fg. lese ich: ^^m
nu wer imx, S der iumbe ^^^H
etwoüen trerdc xe ntan. -^^P
"Wehre ihms, bevor er völlig zum manne heran wächst" (und du iHn
''aoo nicht mehr zwingen banst) e der t. haben A und C, aber auch
"'«^ in B ist deutlich aus e eulstelt Vgl. Gregor, 577 unirtle er irmmer
^- fiian. Zu der lesart von C stimt genauer R. v. Erna, gut Gerb.
** fg. wis uiid wwatidelbtere was er geioalisett xdnetn man, wo
**<^schr. B ebenfals xe. man hat
2970 wird der fehlerhafte versschluss (s. Lacbmann z. Iwein 4098
**■ -lÖS} vermieden, wenn wir schreiben seistä mir r4ht, so i
m^^ ouch, weiches in A überliefert, ist, konte vor ich in B leicht
370 SPANIKB
2978 vermute ich: des enwil ich künnen daz ich kan ^daram
will ich nicht erst kennen lernen, was ich schon weiss, kunnen ist
die lesart von AC, das in B nach späterem gebrauche in chunden (s.
die wörterb.) entstelt ist.
2990. wäre als schelte, von Lachmann Iwein 4924 mit berufuDg
auf unsere stelle (s. die lesarten und Beneckes bem. z. d. st) eingesezt,
wo aber mit Bech ttoerc zu schreiben ist
2992 lies: die Jiabe dir eine „die behalte für dich allein **. Das
in B zu arte entstelte eine fehlt in AÖ.
3006 fg. lese ich: disiu starken mcere dühtn in ungeloupUck
Vgl. a. Heinr. 1073: Daz dühte in ungelotiplich,
NORTHEIM IM OKTOBER 1892. ROBERT SPRENGER.
EIN BEIEF THOMAS MUENERS.
In der NB. und SZ. versichert Murner widerholt ^ dass er ,in
der gemein" geredet habe und bestimte personen mit seinen strafen-
den werten nicht habe treffen wollen. Auf der kanzel in Frankfurt
wo Murner 1511 und 12 auch über die NB. predigte, hat er diese
seinem Charakter widerstreitende Zurückhaltung gewiss nicht geübt
Es bezeugt dies auch ein brief Thomas Murners, den ich hier zur
Veröffentlichung bringe 2. Die Vorgeschichte, soweit sie sich aus dem
briefe selbst ergibt, ist folgende. Mumer hatte von der kanzel über
die frau des Hans Mey — wahrscheinlich über deren sitliche führung
und am ende gar über ihren verkehr mit Barfüssermönchen — sich
äusserungen erlaubt, durch welche der gatte sich beleidigt fühlte. Hans
Mey verklagte deswegen Murner bei seiner ordensbehörde. Die ange-
legenheit wurde verhandelt, und auf grund des ihm vorliegenden
berichts war der provinzial (Georg Hoffmann in Strassburg) nicht
geneigt, sich auf die seite Murners zu stellen. Dieser wolte jedoch
seinen vorgesezten zu einer andern meinung bringen und den Wahr-
heitsbeweis für seine behauptungen antreten. Inzwischen verbreitete
1) Vgl. Narrenbeschw. 2, 107 fgg.; 90, 20fgg.; 97'''*; 97, 27 fgg.; Schelmen-
zuuft, Entschuldigunoj 2 fgg.; 41 fgg.
2) Ich hatte mich mit einer anfrage nach Murner betreffenden Schriftstücken
an horrn stadtarchivar dr. R. Jung in Frankfurt a/M. gowant, der mir darBufliin
mitteilte, dass sich unter den Barfüsser-akten des Stadtarchivs derartige papiere
bofiinden. Die Veröffentlichung derselben hat mir dann der herr stadtarchivar gütigst
überlassen. Hierfür wie für die freundliche Unterstützung, die mir herr dr. Jung
wähnend meines arbeitens im Stadtarchiv, besonders bei der eutzifTerung undeutiidi
geschriebener woiie angedeihen Hess, sei ihm an dieser stelle herzlicher dank gesagt
RDS Mey in Frankfurt einen schmahbrief, in dem ee liieas, duss Mur-
jr vor seiner ordensbeiiürde seine beleidigenden äusserungen wider-
nfen habe. Nun sante Murner folgenden brief (Stadtarchiv, Baifüsser-
(rk. 88) an den rat der atmlt Frankfurt a. M.':
I Edlenn / vestenn / ersamen / weyseon lieben herren / Hnnß mey
tob wort willonn / so ich vß wamung fruramer herren zÖ ere dem
plen / vnd nutz diasem gotzhnfl / Hyii bußfrouw antroffenn / mit der
forheyt gethon hab / hatt sich wider mich erhabt / mit treSeliehen
leawortcn vnd falschem erdichten / eyn erlognen / erlassenn / schmacli
pfiff mengküchen zö zeygenn / eyn widerräff antreSenn so ich syner
(pawen solt getlion habenn vor vnser giuiteer provintz / des sieh mit
rorheyt nymmer erfinden mag noch kan / des ich mich erbdt vff myn
IkDtze provintz / wie ich vff syn auclag / myn wort beharret hab mit
pbietuug erlicher kundtschafft die by zu bringenn / vnd ob schon myn
Fürdiger vatter der provintial vß falschem bericht vereiglet liptt / des
^ mich nit zfi jm versühe / So byn ich in wiUen vnd hofl'enn in mit
'orheyt eyns andren zu vnderrichten / vnd solchs bandelß hanß meyen
kit recht nit zfl crlossenu / Ich hoff ir myn gnedigen hen-en lasst mich
g vwrem myncm armen dienst nit also mit der worbeyt erloß wer-
pn / vnd tassen zft hertzen das ich ucb myu gnedigen herrenn vnd
^nor frummcn geraeyn zön ereu here byn gesandt wordenn / vnd
elffendt myr so fer ich recht hab zÖ synen ziten zö eynem erlichen
vnd frundtlichenn absoheidt / Ist myn gentzlicher fflrsatz vö solchem
dienst zö wichen dorj'n beroubung der eren myn Ion soll syn / oder
^darin von vch myn herrenn getrrist zä werdenn / denen ich mit wil-
Bln gern lang dienen wolt so fer ich mit recht by eren bclibenn
lacht bitt vwer gnad / eyn solchen schmach brieff Tngewarnet syn
•nder uch zfl nemmon / das er nit ettwas zft dt» brieffs vorendrnng
icbte / vnd myr do von eyn cnpy lassen werden biß zfl vßdrag der
lohen / vnd myr darin alB vwrem armen gewilligen dienor / raten /
Iffen / vnd gebietten / myn ore zft rettenn so fer icii recht hab / Ich
iQt mich ouch aller volge vnd gehorsam vch myn gnedigenn liebenn
/ den mich der erlogen erloß handel schier vmb alle vemunfft
Bd syn bringt
Thomas nnirner leßmeyster zilm barfüssenn vwerer ensamen
wißheyt armer gewylliger
I) Die interpunktioD und nrlhograpliJe diesoH briofaH habe icb nicbt gtiüiid^rt,
r die abkiirouugeii siad aufgelost Bei den jjq weiteren mitgoti>ilten äclirinslüukcn
fhe ich jeiloch zur Verdeutlichung moderno interpuuktioaszeichen eingeBcxl.
(Auf der riickseite von der band des stadtschi'eibers : Bruiler Tliüni»
iiifirnür schribt vber hanssen meyen.)
Dieser brief ist nicht datiert. Ich finde jedoch im Frantfortcf
börgermeisterbiich von 1511 s. tiSb eine eintragung, durch welche
die zeit genau genug bestirnt wird:
Feria Quinta post Exaltationem Crucis. (19. Sept 1511.]
AIh Thomas mnrnor, leßmeist^r zu den Barfusseii, bj^, die brieff, so
hans mey hinder ime hat, — den leßmeister betreffen — her fnrthun
vnd dem rat anzeigen: sollen burgormeister darin handeln.
Der rat scheint also dem wünsche Murners folge geleistet n
iiaben. Inzwischen hatte der rührige Franciskaner gewiss alles ao^
boten, nm seinen provinzial für sich günstiger zu stimmen. Hans Mey
bekam nun von diesem einen brief, worin ihm wahrscheinlich auch
vorwüi-fe über sein verleumderisches vorgehen gegen Mumer gemaolrt
wurden. Murner hätte nun gern genau den Inhalt dieses briefes ffr-
kant. Er wante sich deshalb an den rat mit der bitte, ihm eine
abschritt desselben verschaffen zu wollen. Ich ersehe dies ans folgen-
dem vermerk im bürgermeisterbuch s, 69a:
Feria Quinta post Bemigii. [6. Oktober 1511.|
Als doctor Thomas nnirner, leßmeister zu den Barfussen, bitt
vmb abschriÖt hansen meyen brielTs, so er von dem provincial bekomen
liat: Jme abslagen.
Aber auch Haus Mey wolte gern den (oben veriifFentlichten) brirf
Muruers sehen, der dem bürgermeister veranjassung gegeben halle,
gegen ihn einzuschreiten. Uuter demselben datum wie oben ist fel-
gender beschluss eingetragen:
Hansen meyen doctor mornei-s brieff, er Jn den Rat gethan bat,
abslahen.
Die ablehnende haltung des rats in beiden lallen wird luu
nur berechtigt finden können. Es war, wie man deutlich sieht, <lffl
Stadtbehörde dai-um zu tun, die unangenehme angelegenbeit zur ruh«
kommen zu lassen. JiaBu übrigens die frau des Hans Mey nicht at
den bffltbeleumdeten gehörte, scheint mir aus einer kurzen aber tid-
sagenden eintragung im bürgermeisterbuch s. 124a hervorzugehen:
Feria Tertia in die sancti mathie. [25, febr, 1512.]
Als hans mey bitt fnr syn hußfraüwe zu eyner Bere ammen uff
zu nemmeu; beruhen laisßen vnd naeh redelichen amraen ateeiL
Wie sehr der streithandel mit Hans Mey den leidenschafUicboii
Murner erregte, geht ans dem tone seines briefes deutlich genug ba^
EIN BRIEF MÜRNEBS 373
vor. Es ist doch nun nicht mehr als natürlich, dass er in der NB.,
mit deren abfassung er damals ja noch beschäftigt war, seinem unmut
ansdruck zu geben nicht versäumte. Ich vermute, dass er im 31. ka-
pitel auf die ganze angelegenlieit angespielt hat Hier findet sich jene
drollige Unterhaltung Murners mit dem wachsamen hunde, der, den
ehemann warnend, belt, als die frau („die ist erst kurtzlich zu im
kummen") nachts den „klostersteg'' wandeln will. Nun soll der hund
das leder, das die frau verbuhlt und verkauft, gefressen haben ^ und
deswegen totgeschlagen werden. Mumer tröstet den hund damit, dass
auf der erde treue dienste nun einmal so belohnt würden — wie er
es selbst erlebt habe:
Zw61ff iar dient ich in einer statt.
Das yederman gefallen hatt,
Vnd feiet nun ein mal vmb ein wort,
Do strafft man mich als wers ein mort;
Der langen iar gedacht man nie,
Darumb ist kein belonung hie! (NB. 31, 52 — 57.)
Dem armen treuen Weckorlin bleibt nur die aussieht auf das
himmelreich der hunde. Am Schlüsse des kapitels macht Murner von
der geschieh te des hundes auf sich einen Übergang:
So sich die reden also gyt,
Mag ich warlichen schwygen nit,
Wie man vns armen predigern lont.
Wann wir nit glych hondt wol geschont.
Mit straff ein wenig laster treffen.
So flftchendt mann / die wyber beffen.
Ich thü myn bests vnd straff die lugen,
Ich schilt das laster / lob die tugent,
Dir zu gut vnd anders nit.
So sagent sy: „das der ritt schitt
Den münch in synen hals hin yn ! "
Vnd lonendt mir wie weckerlvn.
Hab ich nit das leder fressen.
So bin ich übel sunst gesessen.
Die weit bricht vrsach ab dem zun,
Wol an! was sol ich darzü thün? (NB. 31, 83 — 98.)
1) Marner gebraucht die bekante sprichwörtlicho redensart, von der Simrock
" *iiier nbertragODg des NS. s. 335 eine reiche Zusammenstellung gibt, in diesem
*'W«l i»wdeiitig, vgl. NB. 39, 76; LN. 980; 4571.
Wenn auch durchaus nicht anzunehmen ist, dass Murner, wenn
er in seinen Satiren in der icih-fonn zu uns spricht, iinmer von sich
selbst erzählt, so scheint doch in diesem falle die ganze art der ds^
Stellung darauf hinmweisen, dass er in eigener sache das wort fiilirt,
und die gewiss nur symbolisch zu deutende leiden sgeschichte des aimai
treuen huudos hat wol nur den zweck, — den prediger selbst im beeteo
lichte erscheinen zu lassen.
Man würde sich nun täuschen, wenn man glaubte, dass der kon-
flikt mit Hans Mey Muniers Stellung erschüttert habe. Ich Terßffenl-
liehe im folgenden einen briefwechsel , aus dem hervorgeht, daes to
Frankfurter im frühjahr 1512 den hochgelehrten und geistlichen nunn
noch gern zur ehre ihres gotteshauses behalten wulteu:
Der provinziai Georg Hoffmann in Straasburg schreibt dem lU
der Stadt Frankfurt;
Mein demMtigs wijligs gbett boüor: Strei^n, Testen, Eisonion,
gunstigen, lieben Herrn! Nach dem vnd ir mich vor joren ern&tlidi
vnd vleißlich geholten haud, doctor Murner euch zfl gefallen, einer
gantzen gmäin zü trost vnd vnserem vnd eüwei'em gotzbuss zA aHt
lassen hüben in franckfort fdr ain leßmeister — des icli gaatz gutvil-
lig was vnd noch bin — wo ich das mecht verston , euch meiDen pJ^
digeu Herren zu gefallen sein, wo dem also ist, lond mich das gesclirifi-
liehen wissen, will ich euch zu gefallen komen in dem vnd anderem,
so mir möglich ist Alß meinen günstigen lieben herm, denen got
Tcrleyh all zeit einen gluckliaffiigen stand vnd wesen.
Datum zfl Stroiiburg auff mittwoch noch Jiidioji nnun domini radli)
[31. märz 1512.]
Doctor Georgias Hoffmann
^^^^H Barfiisen ordens provincial
^^^^H in ober di'itsch laudenn. (Stadtarc^hiv, Barfüsser-uiiL^
^^^^^P Über diesen brief wurde (nach dem bürgermeisterbuch) folgeoilff
V beschiuss gefasst: Tertia post palmarum [7. april 1512] Als doctor ßeot-
I gius Hoffmann, barfusßer ordens prouincial jnne ober dutsch laud«i.
I schribt, wo sie doctor morner für eyn lesemeister nu behalten begeim
I syn wurden: widder fnintlich schriben vnd uff sin wolegebllcDS atetlsD.
W Auch das konzept dieses briefes ist erhalten (Barf.-urt, 87):
L Hern Georgen HofFman, Barfiißen ordens provincial in oberdntsHi
H landen.
■ Vnnser willig dinst sin ewrer Erwirdigkoit zuuor aubereir. cmt-
H diger gunstiger lieber her! ewrer wirde schrifft, vris itzt von wigw
H des bochgelerten vnd geistlichen Bruder Thema muniers dcKton «tt
iiif;<ü8chicl[t, haben wir iiihiilts verBtanden vnd Insson es zit Ewror
virde gofallon, durch du» das gotzbnß bi ws vnd der predig stiil mit
ayiiein frommen gelorton man versehen wirde; das wollen vnib diosolb
E-wre wirdß wir mit willen gern verdienen.
Datum Üonrstags nobst niich dem heiligen palraotag anno doniini
XV' duodecimo. [8. april 1512.)
aEIDBI^ERG, FKBRCAK 1893. M, SPAKIKlt.
1»IE BRIEFJ!: VON GOETHES MÜTTER AN IHKEN SOHN,
ALS QUELLE ZU SEINEN WERKEN.
Die briefc der fraii rat Goethe an iliren söhn, deren vcröSoiit-
lic-hung durch die Ooethegeaelschaft im jähre 1889 unsere littei'atur
"Hl einen wahren schätz vermohrl bat, wurden auch von Goethe selbst
pObiihrend gt^würdigt, nicht bloss aus pietiit, sondern auch aus inlerosse
des inenscheubeobacbters an der liohenswürdig-uaiveo, kraftvollen indi-
'^iUualilät, die in ihnen zur ausspräche gelangte. Auch Schiller urteilte
über einen ihm zugesendeten brief in ähnÜeliem sinnet Sorgfaltig
'Wiwahrto Gouthe diö briefe der rautler auf — wenigstens die seit endo
1792 eingeJrtufeoon, während die frfiheren dem beklagenswerten ver-
'*ronnnngsakfc vom 2, und 9. juli 1797 zum Opfer gefallen sind; und
'*^i seinen späteren geschichtlichen und biographiscboti werken waren
•*'« ibm oine gern benuzte quelle.
In sniner 1821 — 22 ausgearbeiteten Campagne in Frankreich
'-■fzäblt fioethe nuter dem 28. oktuber 1792, wie mitten in dem kriegs-
'utuulte ein verspäteter brief seiner nintter angekommen sei, mit der
"^li ttt'ilung, dass ihm die stelle eines "Frankfurter ratsberrn angetragen
"•^r<te. Nachdem er die gefüblo, die dieser antrag in ihm erweckt
''*^>*;, gescbildert, skizziert er den inhalt seines absagebriefes a» seine
iiutti'r, „welche sieh auch wo! nicht anders erwartete", und fügt hin-
^ - „Freilich mag dieser brief spät genug ?m ihr gelangt sein". Diese
"^ sich nebensächliche bemerkung wird in ihrem Ursprünge nur dann
''^»^(Sodlich, wenn man ilio gleichzeitigen briefe der frau rat vergleicht.
^^r ei^le „verspätete " hrief der rautter ist zwar nicht mehr vorhan-
sgen ist vom 14. decbr. 1792 ein nach Weimar gerichteter
dO)-]
•"'IjaH^n, in dem die mutter auf die ratsherrnstello zurückkomt und
I 5^tUioh um cino entscheidende antwort bittet. Am 1. Januar 1793
boscheinigt sie dann den euipfnng der ablubuendOD antwort Ooöl
den Worten: „Vielen Dank vor deinen Bcliönen Brief der ist
sein soll ich werde bey deinen Freunden Gebrauch davon loachen''-
So waren zwigcben dem miitterlicheu briofe mit dem antrag« und dia
ankunft des absagenden sehreibens in Prankfurt mindestens lü wi
verstrichen. Goethe ersali bei der aiisarbüitung der Catnpogiic
tatüAche aus dem vorliegenden briefe »einer mutter, und darauf
sich seine benierkung.
Auch die unmittelbar vorausgehende bemerkung, dam seine
tor sich wol nicht anderes als eine absiige erwartete, erklärt sieb
der benutzung desselben briefea vom 14. derbr. 1792, worin sie d*f'
annähme dee ratshermpostens in verständiger crwiigung der verhilinisae
ebensu entschieden widerrät, wie sie schon früher einer verauchung;
Morcks, ihren söhn aus Weimar zurückzuholen, eine herlicho vericuguunj
ihres mütterlichen eguismus ent^egengesezt hatte'. Ja beinahe wörtlich
hat Goethe an dieser stelle die briefe seiner mutter verwertet Frau m-
mahnt ihn am 4. decbr. 1792 von einer reise nach Frankfurt ab; „dut-IV i
tluit mirs leid, dich aus deiner ruhigen Lage heraus zti ziehen, i«:
eine Gegend, wo mann in beständiger Angst lebt und athmet ....
Ich bin eine schlechte Gcograpliin — will dir also nur moldttn
dass der guntze Landstrieb von Speyer, Worms nnd Mainlz unHicher
und du auf dieser Ruthe nicht her kommen kanst". Sie hat grw»»_^
besorgnis um das Schicksal Frankfurts und schreibt am H. decbr. 170S -li
^Solange Maintz noch nicht wieder in deutschen Uuiiden ist, schwi'bt— •=
wir immer noch in Furcht und Unruhe — Zunialil da auf unsere gut^*
Stadt von Maintz und Strassburg aus so infame Lügen auKguoticiK^'
werden .... nnderdessen sind die Francken jetjst erhosttt — und küme '
sie zurück Gott weiss ob nicht diese Veriäumdungen doch Unkrat^^
unter den Waitzen gesäJit hätten''. Damit vergleiche man, was Goc
als einen grund seiner absage anführt: „. . . zugleich die aussicJit m
der Vaterstadt getrübt, ja verfinstert Mainz in französischen händv
Frankfurt bedroht, wo nicht schon eingenommen, der weg ilorttÜL. — 0
versperrt, und innerhalb jener mauern, Strassen, plätte, wohnnngi!^i
Jugendfreunde, blutsverwandte, vielleicht schon von demselben unglüc^rrt
ergriffen, daran ich Longwy und Verdun so grausam hotti; leid£?Ji
sehen: wer hätte gewagt, sich in solcJien zustand zu stürKon". Wi-nn
sonach die weitgehende benutzung der mütterlichen briefe au dicsKY
stelle unzweifelhaft ist, ohne die Goethe sich nacJi -iO juliri'n iniiiiiLt-ltr.*
1) Vgl, ihren brief au Ouelhe vom 17. juiu 1781, j
^H HIUSM VON ÜOETHKH MCTTTER iLS QUELLE XC .SKIN'KK WIRKEN 377
^B gen&u und lebendig der damalij^en verhültnisse in seiner tilteu hel-
^Bat hätte entsinnen können, so i»t es anderseits interessant fustzustellen,
■Ibss er seinen eigenen absagebrief, dessen inbalt er eingt^liend wider-
I gibt, nur wiikiirlich und oberttächlich beniiKt hat. Denn dass ihm sein
I One erhaltener brief an die mutter vom 24. decbr. 1792 vorgelegen
Pkat-, beweiäl die genaue Übereinstimmung in einigen gedanken und
■ Ititsdrücken. Aber gerade der passus fehlt, den er in der Canipagne
r ds den ausschlaggebenden hervorhebt: „so hatt ich nddi andere
lg:«*ünde| hinzuztit'ügen, die auch das wohl meiner Vaterstadt borück-
"iobtigton und meine dortigen gönner überzeugen konnten" usw. Es
, Scheint, als ob Ooethen im jähre 1821 sein brief von 1792 zu ein-
■teitig, gevrissermassen »u egoistisch erschien, und er das bedürf-
I*i« hatt«, vor der Öffentlichkeit die gründe seiner absage zu ver-
diene nicht bloss durch das eigene, sondern in erster linie
lUrch das interesso an seiner Vaterstadt zu motivieren. — Ferner
Brüht jene bemerkung: „Freilich mag dieser brit'f spät genug »u
i»r gelangt 3cin" auf einer (lüchtigkeit Goetlios. Hütte er das datiim
absagpbriefes : den 24. decbr. 1792 genau mit dem datum des
Ikütterlichen antworUchreibens: dem 1. jannar 1793 verglichen, so
^rde er eingesehen haben, dass dieser durchaus pünktHch beför-
worden ist. So aber übersah er dies datum. Wälirend er in
Wahrheit «wei monate hatte verstreichen lassen, ehe er seinen lands-
uten auf ihren antrag antwortete, nahm er 1821—22 an, er habe
K>fort abgeschrieben, und die spate ankunfl des brieles sei durch die
damaliger kriegSKOJt unaiehern postvorhältnisse verachuldet worden,
toch kann diese ungenauigkeit auch nuf absieht beruhen. Vielleicht
npftmd G. bei abfassuug der Campagne dies lange schweigen auf den
tirenden antrag als eine unhöflichkeit gegen seine Vaterstadt, und er
rermiod es, ihren schlechten eindruck vor der Öffentlichkeit zu erneuem.
ist dies ein instruktives beispiel d;ifür, in welcher weise Goethes
[äographigche werke sich aus Wahrheit und dichtung zusammensetzen,
ind was für faktoren bei dieser mischung wirksam waren.
In den Annalen oder Tag- und jahroshef ten , die 1823 begonnen
Trurden, handelt der bericht vom jähre 1794 in längerer ausfübrung
Hber die läge seiner mutter an der spitze des väterlichen besiztums in
Pnuikfurt wälirond der hin- und herschwankenden kriegsereignisse.
|Di6ser abschnitt, der ungefähr den neunten teil des ganzen jahresrefe-
! ausmacht, beruht fast satz für satz auf den mütterlichen briefen
ücsünders ausgiebig verwertet wird der brief vom 1. aprij
p<gewiflB wegen seiner famosen, dramatischen tonn noch 1823
die helle freude des sohnee «rweckte und diesen so gew
bestach, ihn nicht unbeachtet zu lassen. Nur so erklärt es sid
Goethe die unausgeführt gebliebene und deshalb bedeutungslose l
der trau von La Roche, Weimar zu besuchen, überhaupt crw&hnle.
Auch zum jahro 1795 hat er die mütterlichen briofe nachgelesen. Kr
deutet auf diejenigen „noch vorhandenen bricfe" anderer personen und
auch seiner mutter hin, die ein urteil über den damals erscheinenden
W. Meister enthalten, wie denn wirklich frau rat mehrfach auf dieseo
roman in ganz interessanter weise zu sprechen komt. Auch den Tor-
kauf des väterlichen besiztums schildert er in demselben verlaufe, wie
es ihm die briefo an die band gaben, und besclireibt zum sohluss dis
„neue lustige quartier seiner mutter an der hauptwache", wozu ihn die
hübschen briefe vom 16, mai und 24. august 1795 veraulassteo. —
Für das jähr 1796 ist an einer stelle ein briof von fi-au rat direkt lU
qucUe angegeben. Goethe skizziert die politiscli- kriegerischen Verhält-
nisse vom juli und verweilt bei dem unglücklichen Schicksale Pranl-
furts und den gefahrvollen etlebnissen seiner mutter. „Ihr brief des-
halli verdient beigelegt zu werden". Damit ist der brief vom 22. joli
1796 gemeint. Aber genauer hätte G. deu phira! setzen müssen; denn
nicht einen, sondern drei briofe hat er hierbei benuzt Der anf«B(t
dieser stelle: „Dio östreicher gehen über die Lahn zurück, bestehni
bei anniiherung der Franzosen auf dem besitz von Frankfurt; die
atadt wird bombardiert, die Judengasse zum teil verbrannt, sonsl
wenig geschadet, worauf dann die Übergabe erfolgt" ist nämlich aus
dem folgenden briete vom L august genommen, in dem frau rat auf
bitten ihres sohnos einen genaueren borioht von dem Unglücke der sladi
schickt und so den vorigen ergänzt: „Im engsten Vertrauen sage dif
also, daes die Knyserlichen die erste ursacb gewessen sind — da sie
nicht im stände waren die Frantzosen zurück zu halten — da dieee
vor imsereo Thoren stunden — da Franckfurth keine Festiuig ist —
so war es Unsinn die Stadt ohne dass sie den minsten vortheil (Utuu
haben konten ins unglück zu bringen", usw. SobliessUcb beruht du
folgende in den Annalen: „Die Frankfurter flüchten, meine nuitter kill
aus ... In den Rhein- und Maingogenden fortwährende Unruhen und
flucht", auf dem briefe vom 2L juni 1796, der eine anscbiuliclie
Schilderung von der kriegspanik der beviilkerung enthält, dem gef:<ni-
über die gottvertrauendo coui-age der alten dame in holste boIeucbtnD)!
rückt: „Hier war wieder eininahl alles in grossen SchwulitÜten — ein-
gepackt — fortgegangen — Pferde hestelt — täglich vor ein Vkri
11 gülden bezahlt damit es parat wäre — manches tiauss brauchle fi
Brist
jUlch noch mehrre — war also alle Tage so viel Pferde so vioi Caro-
fnea — die Kutscher haben wieder ihren Schnitt gemacht — auch
■e Schreiner — Packer u. d. g. Hey diesem Specktackei bliebe ich
irie die gantze Zeit her ruliig — packte nicht — regte mich nicht —
Basen — Trincken und Schlaf bekamen mir wohl — Erfahrung brachte
lung — der 3 mahl geholfen hat, hats nicht vorlernt — Er kan
^h jetzt helfen'^ ....
Viel interessanter als dieser quellenzusammenhang zwischen den
bliefen der fran rat und späteren biographischen werken ilires Sohnes
ht das Verhältnis zwischen den briefen und einem gleichzeitigen poe-
ÜBchen werke desselben, nämlich Hermann und Dorothea. Frei-
icb kann hier der nachweis eines einflusses jener auf dieses nicht so
Mrikt geführt werden. Dort handelt es sich um direkte entlehnung
äes Stoffes und dessen Übertragung aus einem historischen dokumente
das andere; hier überwiegend nur um anregungen, die den dich-
ischen Intentionen durch die briefe zu teil wurden, und wo wirklich
mich Übertragung des stolfee in frage kommen solte, so wiire dies doch
Äbertragung in eine ganz andere weit, aus dem bereiche des lebens
1 das der dichtung, nnd damit notwendige Umformung und abklä-
ing dieses Stoffes. Wir müssen uns daher hier mit einem mehr oder
feniger grossen grade von Wahrscheinlichkeit begnügen. Ich holle
(her doch den wahi-scheinlichkeitshewels in dem masse führen zn kö»-
ten, das8 er künftig in betracht komt. Dazu muss ich die entsteluings*
ät des gedichtes und alle umstände, die auf die oonception von ein-
iss waren, auf das genaueste feststellen. Deshalb sehe ich mich gonö-
Igt, manches bekante über die entstehungsgeschichte, besonders aus
aiiisatze Hermann Schreyers: Ooethes arbeit an Hermann und
[torothoa: Goethe -Jahrbuch, bd. X, 1889 und aus H. Düntzers kom-
lentar zn H. u. D. erweiternd zu widorholen.
Die quelle zu H. u. D. ist schon 1809 mit Sicherheit erkant; es
M jene erzäiilung der Salzburger emigranten von 1731. Aber sie hat
den rahmen hergegeben; der ganze Inhalt ist eigentum des dich-
Ibis. Die wichtigste Veränderung, die Goethe vorgenommen, ist die
rlegung des Stoffes in die französische revotutionszeit, die i^rsetzung
le veralteten konfessionamotives durch das aktuell politische. Dadurch
kt die dichtung erst ihre seele bekommen; sie hat den Stoff aus der
jBchränkten Sphäre der Idylle in die weite des nationalen bürgerlichen
Ipos erhoben, und der augenblick, in dem Goethe den entschluss zu
Umgestaltung und erwoitoning fasste, kann als die eigentliche
^ebortsstunde der dichtung bezeichnet werden. Wie ist der dichter
dasu gekommen? Cboloyius, desson kommentar zu H. u. D. auf den
höheren schulen noch die herschaft führt, greift auf Goethes eigene
erlebni880 in der campagne in Frankreich und bei der beiagerung rnn
Mainz zurück; er weist die tibereinstiranmng in einer reihe einzeln«
Züge nach, erinnert an den gleiciien sitlichen und künstlerischen Stand-
punkt, der in dem gedifhte und in seinen beiden biographisch-histo-
rischen werken gleichormassen zum ausdruck käme imd zieht folgenden
8clilu8s: „Diese reminiscenzen sind hinreichendes zeugnis, dass flneüie
wirklich das gedieht im bewusatsein jener Vergangenheit, in der unmit-
telbaren erinnerung an seine tTlebnisse bei jenem wilden kriegs- und
Huchtwesen, das gleichsam die kehrsuite der idyllischen zustände bil-
det, verfasst hat .... Die damals gewonnenen eindrucke bewirkten,
dnas er die geschichte der Salzburger in die gegenwart verlegte; sio
bestirnten aiiffassung und behandlung des Stoffes, geist und tundenz
dos gedichtes; darum können wir mit recht von einer zweiten quelle
desselben sprechen. Ja diese quelle hat eine höhere aatiir, als diu
andere; denn ihr verdankt das idyjl die gestalt, die seele und viel-
leicht den ersten Ursprung. Es ist wahrsehclnlich , dass Goethe mitdonr
entwürfe der handlung und mit der ausbilduug mancher einzelheitm
gleich nach seiner rückkehr beschäftigt war, und Schiller wusto, da»
er sieh bereits mehrere jähre mit der idee getragen hatte", (Brief u
Körner vom 28. Oktober 1796.)
Die Unrichtigkeit dieser ansieht lässt sich durch zwei getionderte
beweisgänge: durch eine litteraturgeschichtliche betraehtung und durch
die eigenen Zeugnisse des dichters auf das sicherste dartun.
Ooetbes poetische Produktion ist erst 1796 fQr das idyllische epoa
reif geworden. Goethe ist in dem bereiche der poesie, die das episdte
umfasBt oder wenigstens nach Inhalt oder form an dasselbe gr«iizt,
systematisch von gatt.ung zu gattung geschritten. Von den Römischen
elegien 1790, in denen das epische nur erst ein mittel zum auxdniclLO
des eigenen gefiihls war, geht der weg über die episteln 1794, deren
erste in dem eingefügten märcheu das idyllisch -epische schon rein zum
ausdruck bringt, zu der herlichen Idylle Alexis und Dora im mai 1796.
Der glückliche wurf, den er hier getan, ermunterte ihn zu weiteren
proben auf diesem gebiete. Wir wissen sicher, dass auch nach Vollen-
dung von Alexis und Dora der nun erst hervortretende plan zu H«ir-
mann und Dorothea nichts mehr als eine weitere idylle bezweckte,
zumal da der etoff der quelle nur die reinen elemente der idylle bot
Anderseits halte Goethe den weg der opik schon 1784 mit dem be^Biv
von Wilhelm Meister beschritten, ihn aber wider verlassen, nm mS
1793 auf ihn zurückzukehren. Die etjippen sind hier Reineke Fuchs
1793; die Unterhaltungen deutscher ausgewanderter 1794 — 95; Wilhelm
Meister 1795 — 96. Erst bei der ausarbeitung und vullendun^ dieses
prosaischen epcw konte ihm der gedanke kommen, die nun gewonnene
einsieht In das wesen der epik an einem stofTo auch in gebundener
form zu bewähren. — Auch Vossens Luise ist als Vorläufer Ton Her-
mann und Dorothea nicht zu üherBehen. Ihrer gedenkt Goethe dank-
bar in seiner ulegie Hermann und Dorothea; während der arbeit au
H. u. D, erklärt er, das ganze werde so stark, wie die Luise von Voss
(brief an öchiller vom 26. Oktober 1796), ein howois, dasa ihm dieses
. gedieht tingefähr als muster für den umfang dos seinigen vorgeschwebt'
Im briefe an Schiller vom 28. februar 1798 bestätigt er, dass
'die Lnise ihn in die idyllische gattung gelockt und am ende auch den
Hei-mann erzeugt habe^ Xnn aber erscheint Luise als geschlossenes
azos erst 1795. So ruckt Vossens Luise den terminus, a quo 0.
5. u, D. als grösseres gedieht geplant haben könte, auf das jähr 1795.
Durch Alexis und Bora würden wir bis in den mai 1796 und durch
ilhelni Meister, der erst am 26. juni 1796 beendet wurde, sogar
*i« zum juli 1796 binautgefdhrt. Deo einwnrf aber, dasa der dichter
*2hon vor iler beendigung W. Meisters den plan zu der erweiterten
®l*i8chen dichtung, wie sie dann in H. u. D. zum Vorschein kam,
*'*»beobei iu sich getragen und ausgebrütet haben könne, müssen wir
stimt zurückweisen, schon allein durch einen überblick über Goethe
*-tigkoit von 1796. Gerade tlieses jähr fülten grosse aufgaben aus,
*^ nicht bloss des dichters zeit, sondern auch seine seele gänzlich in
^spmch nahmen: die Xenien und vor allem W. Meister, dieses
^bmerzenskind vieler jähre. Die briefe an Schiller aus dieser zeit
öaeugeu aji vielen stellen, wie sauer ihm gerade das geschäft wurde,
i weitsclücbtige und tiefe werk zu vollenden, wie es alle seine
^^■Äfle forderte, und wie er es ohne Schillers fortwährenden ermuntern-
den und ratenden Zuspruch vielleicht gar nicht zu stände gebracht hätte,
^och in den annalen nent er W. Meister eine höchst lieb und weile.
1) WiJnii Ooethe an der lezten etella nicht do.^ gany.e gcdjcbt iit>ut, soudem
Oitt der bexeiehuiiQg „Der pfarrer von Gi-ünau' nur dia dritte, araprüngliuh üelli-
I «lylle inoiot, die 1TB4 im „Teatsoheo Herkur' arscbieo, so wldorBpricht
i tmaeret Bunalimo, womuili erst die xum ganzen vereinigte form der Luise als
\ Torbild Kit UörmanD uuJ Doruthea anzusehen istt, durchaus nicht Denn an dieser
I liegt der ganze uAchdruck auf dem vergleiche zwischen der aufnähme, die
I Goethe den) Vo»«<i8chon gedichte beim ersten erscheinen bereitete, uud der aurnahme,
I Vooa der üoelhisohen dichtung zn teil werden liesa.
aber auch schwer lastende bürde. Die stundeo batber arboitskraft iH-
»endete er fleissig und unausgesezt auf die Übersetzung von CelSnl
Bazwiächon fält als maiepisode: ÄJexis und Dora. Da bleibt nJdlt
einmal die psychologische möglichkeit, dass der geist des dichtare, eo
mächtig er auch war, noch einen andern grossen plan in lobendigeni
waclistume beherbei^t habe.
Nun wenden wir uns zu den haudstliriftlicheu Zeugnissen des
dichters, die den hisherigeu erwagiingeu völligen halt geben, »Dil zwtr
zunächst zu den tagebiichern und dem sie ergänzenden briefwediiwl
znjscbeu Goethe und Schiller, der reichsten quelle für das Innenleben
des dichters in Jener zeit Iiu tagebuche steht unter dem 9. september
1796: „Neuer antrieb zur grossen Idylle"; vom II. sept an ist m
in voller tätigkeit der ausarbeituug begriffen. Der ausdruck: nenet
antrieb sezt einen' vorfaei-gegangenen antrieb voraus. Diesen dürfen trir
auf anfang juli legeu, also kurz nach Vollendung W. Meisten. Desii
am 7, juli schreibt er an Schiller; „Ausser Hero und Leander liabe
ich eine bürgerliche Idylle im sinne, weil ich doch so etwas Midi
muss gemacht haben". Natürlich ist unter dieser bürgerlichen idjlU
Hennann und Dorotliea gemeint; aber damals handelte es sich nur cnt
um ein gediclit beschränkten umfanges, als" mu die reine idylle, nicht
um das epos Hermann und Dorothea. Denn unmittelbar vorher klagt
er über die ausgedehutheit des W. Meisters und tährt fort: .„Ich werde,
insofern man in solchen dingon herr über sich selbst ist, micli käJiftif!
nur an kleinere arbeiten halten, nur den reinsten stofi' wählen, od
in der form wenigstens alles tun zu können, was meine kräfte w-
mögen". Noch am 2. august kann von einer solchen bedeutendm
conception, wie sie das bürgerliche epos Hermann und DoroÜiea mil
modern - politischem hijitergrunde sein niUste, nicht die red« saa
Verstimt über das scheitern sebies reiseplanes nach der Schwell vti
Italien schreibt er: „und dass ich jezt keine »rheit vor mir aefaB, di*
mich beleben und erheben künte, macht mich auch verdriefisUch*^. fiA
jene notiz im tagebuche vom 9. septbr. spricht von dem erwtitvW
plane: nun war es die grosse idylle geworden.
Nun kommen noch als leztes und durchschlagendes gUed du
beweises zwei stellen in betracht, in denen sich der dichter selbst öbf
die entsteh ungsgeschichte von Hermann und Dorothea mit wtlnscho»'
werter klarheit ausspricht: der brief an H. Meyer vom 5. dechr. 17M,
und die Annalen über das jähr 1796. Der erste beansprucht als gleiduKi*
tiges Zeugnis, das Ooethe noch in voller erinnerung an alle momeote det
entstebung niederschrieb, autoritativen wert um! wird ja auch HbvA
H wo TDD der Torgcsckichl» von H- u. D. die rcdo igt, in solchem sinne
H uiurkant. Die t>iuHctilU|^ge xtelle lautet: „Durch meine Idylle (cl, h.
r Alexis and Dura) bin ich in das vcrwanle e|>ische fach gefüliil wor-
doii, iotleni aicli ein gegenständ, der zu einem kleineren gi^dichte
btwtimt war, za einem grösseren auegedelint bat. Ich habe daa reJn-
nieiisefiliclie und üuglcioh die grosse bewegujig und voräiideruiig des
welttheaturs aus ejiwni kleiuön spiogul zurückzuwerfen getrachtet. Üio
zeit der bandhing ist ungefähr im vergaugencn aiigust, und ich habe
die kiihnhoit meiner Unternehmung nicht ehor wahrgtiQummen , als bis
das achwersic überwunden war . . . ." Sie lehrt uns: I) Alexis und
I'ora ist die v-orstufe zu Hormanu und Dorotliea, und auch dies gedieht
war ursprünglich uur als blosse idyllc gedacht; 2) die ereignisse dos
augiists lT9t(, d. h. die nnmittelbai-en zeitverhältnisse haben dem dich-
ter als hintergruüd dos gediclittis vorgesehwobt; 3) der entschluss diizu
War nicht von langer band vorbereitet, sondern fassen und ausfühning
waj eiQ und dasselbe. Die Intention zu dem gedichte kam so plötzlich,
<la»H Goethe sich nicht die zeit nahm., berechtigte bedenken über die
Ausführbarkeit dieses poetischen planes aufkommen zu lassen, sondern
*ni.t genialer naivotät die aufgäbe ergriff und sie mit genialer kraft
wste. Seine bemerkung über die kübnheit des Unternehmens bezieht
I gewiss Eura teii auf die Schwierigkeit der aufgäbe, in kleinem
Pi-<^1 gewaltig grosses aufzufangen, zum teil aber aucJi auf das
JBkliche mich wildfliissige, in ihrem ziele und aiisgangn unsichere
'itereignisse in die feste form poetischer Verwertung überzuleiten, —
'>Q stelle aus den Annalen lautet: „Kaum aber hatte ich mich durch
*ec«88ive herau^abe (dos W. Meisters) davon befreit, als ich mir
) neue last auferlegte, die jedoch leichter zu tragen, oder vielmehr
feine last war, weil sie gewisse Vorstellungen, gefühle, begriff« der
öit auiueuspreclieii gelegenheit gab. Der plan von Hermann und Dorothea
'^ar gleichzeitig mit den tagesläufleu ausgedacht und entwickelt; die
IkijgfUhning ward wührend des Septembers begonnen und vollbraciit
Dieser bericht deckt sich volstäudig mit jenem briefe. Auch
; beweist, iliiss die unmittelbar gleichzeitigen ereignisse als der hin-
teigrund des gedichtcs godacht sind; auch aus ihm geht hervor, dass
{der plan zu Hermann und Dorothea erst nach herausgäbe W. Meisters
P'Antstand; als treibendes moment zur Abfassung wird hier der umstand
hervorgehoben, dass das gedieht ihm gelegenheit gegeben habe, Stel-
lung zu der zeitlage zu nehmen. Eine koutmllo für die walirheit der
bebanptuujf. duss der plan des gedit'htes in abhängigkeit von den
SiXullon ausgedacht und entwickeil worden soi, gewährt uns der
brief Goethes, der damals mit der Vollendung der dichtung Iwetjiifti^
war, an Schiller vom 13. mai 1797: „Auch mir komt der friede {<&
priüiminarlen zu Leoben vom 18. april 1797) zu statten, und meto
gedieht gewint dadurch reinere einheit". So nahm Goethe die tagss-
ereignisse nicht bloss zum anlnsse, sein gedieht in sie hineinzugtellai,
sondern er liess auch die fortlaufenden ereignisse der Weltlage auf im-
SCO fortgang einwirken, indem die damalige friedensaussicht ihn to
einem beruhigteren abschlusse bewog.
Diese Zeugnisse erheben es zu volkommener gewisbejt, daes ia
august und anfang September 1796 der geburtsmonat der dichtung «w.
Aus ihnen können wir noch deutlich die Stimmung des dichtera erken-
nen, die den plan des politisch erweiterten und vertieften idylls wi-
tigte: Zwei seelen wohnten damals in seiner brüst. Die eine drin^
ihn zu weiterer betätigung auf dem gebiet© der epik und idylle; die
andere mahnte ihn zu einer poefischen entlastung von den dröckendai
und spannenden empfindungen, in die ihn die augenblicklichen zfflt-
ereignisse versezten. Von diesen beiden Strömungen eriasst, suchte «
naturgemass nach einem bette, beide zu vereinigen. In dieser suohs
bildet der 9. septbr. entschieden eine epoche; Honst würde jene bedea-
tnngsvolle notiz nicht im tagebuche stehen. An diesem tage kam er
wahrscheinlich zur klarheit darüber, wie die Vereinigung zu erzielen
sei: hier wird er den pian gefasst haben, die Salzburger emigranten-
geschichte in die franzosische rcvolntionszeit zu verlegen. Gedacht,
getan; schon zwei tage später war er, die äugen ge^en die tühnbeil
des Unternehmens vereehliessend , in voller arbeit So möchte ich dw
9. septbr. 1796 als den geburtstag von Hermann und Dorothea bfr
zeichnen.
Danach ist die auffassung von Cholevius zu berichtigen. NiÄt
die ereignisse von 1792 — 93 haben den anlass zur transponiernng d«
Stoffes in die gegenwart gegeben, sondern die vom sommer 1196.
Sieher Ist, dass Goethe unsere grosse idylle Hermann und Dototlio»
niemals geschrieben haben würde, wenn die revolutionswirren mit ila
eroberung von Mainz 1793 zu ende gewesen wären. Seine persSnlicbei)
erlehnisse haben ihm zwar manchen einzelnen zug geliefert, und ilw
(he fahigkeit lebendigster schildorung gegeben; für die wähl dt« gtnMn
zeitpolitischeu hintergrundes sind sie ohne einfluss gewesen; sie mi
nur quellen für kleine einzelheiten.
Dieses auf grund von Goethes eigenen ^.eugntsseu gewonnew
resultat würde unbefriedigend bleiben, wenn nicht als etT^äuzung di»
frage antwort fände, wieso der dichter gerade damals von dem kriegt
i8i;iien dorn rripublikuiiisutlieii Frankroit^h und Deutäcblaiid in Diuoui
flrgrilTen worden koiite, welches für ihn eine pnßtisclie löaung
spaunuti^ nüüg inachta Gerade iiu Eoramer 1796 iiahmoD die
»pfe einen so bedrohlichen und zugleich so abschoulicben Charakter
dadiirc'li die ereignisse der vuraufgclieuden jabro weit über-
urden. In zwei heeressäulen unter Joiirdau und Moroan iii
Der gesanitstärke vnn über 150000 mann stürzten sich die Kranzusen
B juni von Neuwied und Strassburg her auf Deutsi^hland, Kwangen
; erzherzog Kai'l zum rüokzuge und ergossen sich über die wehr-
1 Rhein- und Mainlaude und Süddeutachlaud , indem pliinderungeu,
iresHungeJi, bi'andstiftungen und entsetzliche gewalttaten ihren weg
«icboeten (vgl. Ludwig Häusscr: Deutsche geschieht« II. 60 — 63).
1« Algemeine flucht dor bevolkerung vom fürsten bis zum schlichten
'ger ins innere Deutschlands begann; bis in den fränkischen und
mStihsiscticn kreis reichte der juinische schrecken. Zum ersten male
sich Thüringen, dessen Staaten zu Ostreich hielten, von dem
zeckeu der rovolutinnskriege bedroht; zum ersten male sah Guethe die
vcrhasste zerstörende bewegung gegen seinen eigenen lebeuskreis
Eiifsweific vorgehen; zum ersten male war er in der notwendigkeit
■ fraiwüsischen revolution, über die er bisher als conservativer staats-
1 und ästketiker abgeurteilt hatte, alä deutscher famiUeuvaler, des-
; teuerste guter in gefahr kamen, entgegenzutreten. Seine waffe war
poesio, und seine natur drängte ihn dazu, sie «u gebrauchen'. —
«r öicht bloss die besorgnis für sieh und seine familie in Weimar
Irückte ihn. War er von der heranschäumenden brandung nur erst
Iroht, so war ein teures glied der famtlie von den wogen gleichsam
verschlungen; seine mutter. In der ersten hälfte des juli war
irdan von imrden her gegen das von den östreicJiern besezte Frankfurt
f;edrUDgen. Am 12. und 13. juli ward die reiche handelsstadt von
Franzosen bombardiert, ein um so schrecklicheres ereignis, da
tfikfurt als unbefestigte reichsstadt gegen solche eventualität nicht gerü-
I war. Feuersbrünste brachen aus, die einwohner flüchteten, so viel
konten; die frau rat rettete sicli während der beschiessung nach
abaob. Gewiss waren diese tatsacheu dazu angetan, Goethes bcsorg-
l) Am deutlicbsteo l.ntt nm sclilnnse des güdiclitos seioo beileatmig als
lnil|Sinittel für Juti Jiuhter, als waffe ttegun die feiade heivur. Denn indem
lUttS DiSunliuh-entsohiedea« stuUuuguahins gegen dio rcvulatiou den nicg aber
tjncWutUub-leidmiKuhattlidhe anteilnohnie d«s ersten lirikutigains dnvoDtrIigt, atelt
*' ' ' r BeiD eigenes urteil über die li{i«ogiiiig aus sioh heraus iiq<I malmt sein
I äto seiner uotur goiiiNsse und soiner stärko zu kommen de ort der »bwnlir.
25
t r. iiKurauBK phiwlogik.
380 A. SCHMIDT
nis um seine matter aufs höchste zu steigern, und dies vereint mit
der gefahr für die eigene Umgebung musten ihn so tief g^en die
revolution erregen, wie noch nie zuvor. Wertvolle belege für die
Stimmung des dichters diesen ereignissen gegenüber gibt wider der
briof Wechsel mit Schiller. Dieser ist bis mitte juIi 1796 sogar von
anspiehmgen auf die Zeitverhältnisse so gut wie frei. Vom 13. juli
aber bis zu Goethes reise nach Jena am 18. august tritt der politische
gegenständ in den Vordergrund, sehr wider den willen der dichter.
Schiller schreibt am 25. juli: „die politischen dinge, denen ich so gern
immer ausweiche, rücken einem doch nachgerade sehr zu leibe**. Beide
dichter haben ihre verwantcn in gegenden, die von feinden über-
schwemt wurden, Goethe in Frankfurt, Schiller in Stuttgart Sie tau-
schen ihre besorgnisse und nachrichten aus. Schiller nimt zarten anteü
an der sorge des freundes um die mutter. Er zuerst tröstet am
22. juli: „die Frankfurter begebenheiten sollen Sie und Ihre mutter,
wie ich hoffe, nicht so schwer betroffen haben, noch betreffen**. Goethe
schreibt am selben tage: „Frankfurt hat doch mehr gelitten, als wahr-
scheinlich war"; am folgenden tage teilt er näheres über die brand-
schatzung seiner Vaterstadt mit und macht seiner sorge um die mutter
in der bomerkung luft: „Von meiner mutter habe ich noch keine
nachricht; sie wohnt auf dem grossen platze, wo die hauptwacbe steht
und sieht gerade die zeil hinauf; sie hat also den ganzen halbkreis
der Stadt, der bombardiert wurde, vor äugen gehabt**. Am 28. juli
schickt er an Schiller einen brief seiner mutter — es ist der vom
22. juli, dei-selbe, den wir als hauptquelle seiner annalen für die
Schilderung jener Zeitverhältnisse kennen gelernt haben — den Schiller
zurückschickt mit den Worten: „Für den brief Ihrer mutter danken
wir schönstens; ausser dem, was er historisches enthält, interessierte
uns die naivetät ihrer eigenen art und weise". Rechnen wir zu die-
sen Zeugnissen noch die tatsache, dass er in den lezten julitagen zwei-
mal an seine mutter schreibt und noch im September sie auffordert
nach Weimar zu kommen, so sehen wir zur genüge, wie sehr firau rat
Goethe damals im Vordergründe seines interesses stand.
Die grosse sorge beider dichter um ihre eigene g^end erhelt
ebeiifals aus mehreren brieflichen äusserungen. Goetlie schreibt am
23. juli: „das Schicksal unserer gegenden beruht bloss darauf, ob es
möglich sein wird, zeit zu gewinnen . . ." Nachdem er einige gün-
stige momente aufgezählt hat, fahrt er fort: „dies zusammen Üsst am
einige hofnung schöpfen, wenn nicht diese, wie so viele andere, so
nichte wird". Am 26. juli: „Thüringen und Sachsen Ittty 80 aduint
^pt, frist sich 7M be^inoen, und das ist schon viel gh'iek''. äi'hüier
^BUtvortet am 28. Juli: „der liimmel weiss es, wie es uns nuch ergehen
^■rird". öoethe am 30, jiili: „das französische ungewitter streicht noch
^■xnmer jenseits dos Thüringerwaides bin; wir wollen das geblrge, das
^kuB sonst die kalten winde schickt, künftig als »ine gottheit verehren,
^■weiin m diesmal die oigenschaften einer Wetterscheide bat". Noch am
H^ä nugiist: „. . . dem ungeachtet wird wol dm beste, was zu hülfen ist,
^bliebt von macht und gewalt, sondern von hühern verhültnisseii und
^Bcvastellationen abhängen". Noch der berioht aus den Anualoo spiegelt
^pn seiner priignanteu lebhattigkeit die dauialige furcht und erregung.
^Bh'cM war der geeignetste moment, um Goethe eine antirevoliitioiiäre
Bficlitung einzugeben. Und tragen wir mm. wann nach den creignissen
Bieser Zeitpunkt tiefster erregung Hegen muss, so kommen wir wider
^■nf ende Juli und august 1796, wohin auch schon die bisherigen
^porteningen die ctmccption des gedichtes festgelegt hatten. Denn am
Bj^- — 14. juli borabardement Frankfurts, worüber Goethe erat im lezten
^pittel des monats uochricht erhielt; und den ganzen jull und die
^p^teri beiden drittel des augusts über weiteres vordringen der Fran-
^P^Sen: erst vom 20. august an gieng der orzherzog zu seiner berühm-
^PA offensive über,
^V Wüdun^h erhielt nun Goethe nacbricht von den ihn tief eiregen-
l^ti ereignissen? Er gibt in den Ännulen selbst seine quollen an: „so
HUrvh fliichtlinge, briefe, boten, staffeten strömt der kriegsalarm ein-
P^d das andrenial bis zu uns". An zweiter stelle nent er briete.
Pptese briefo sind vor allem natürlich die seiner muttor, die er natur-
pS'^tliäss mit dem allerhöchsten Interesse erwartete und sich einprägte.
[ **Onn ihr Schicksal liekümmerte ihn, wie wir sahen, am meisten. Dies
"*blte such frau rat So schickt sie am 22. juli, sobald sie wider zur
''*^l)e gekommen ist, ausführlichen bericht an ihren solin, mit der
"Gründung: „Aus den Zeitungen wirst du die jetzige Lage Deiner
' «tterstadt erfahren haben — da aber das Tagebuch von Frau Äja zu-
verlässig nicht darinnen steht und ich doch mit Zuversicht glaube dass
^ Dir nicht gleichgültig ist wie ich diese Epoche überstanden habe;
80 wenle eine kleine Relation davon abstatten . . , ." Inzwischen hatte
Uuetlie sie nra genaue nachrichton gebeten; sie erfiUt diese bitte am
I. august. Am 7. august übersendet sie ihm berichte über die über-
gäbe und einnähme der stadt und verspricht alles, was ferner heraus-
■ komme zu sammeln und ihm zu schicken. So erhält Goethe von sei-
H^aOr mnttcr während des Julis und augusts nicht bloss eigene prächtig
^KöadHOiliche briefe über ihr und Frankfurts Schicksal, sondern auch
■ 25*
388 A. SCHMIDT
gedruckte berichte und manifeste. Frau rat ist in jenen wochen,
er den plan zu dem antirevolutionären, bürgerlichen epos fasste, unstrei-
tig wie der hauptgrund zu seiner erregung, so auch die hauptquelie
seiner informationen gewesen.
So hätten wir ein gewisses Verhältnis zwischen dem gedichte und
den brieten gefunden : Goethe wurde zur Übertragung seiner idylle in
die Zeitgeschichte durch seine tiefe erregung veranlasst; der grund sei-
ner erregung war zum guten teil seine mutter und ihre äusserst gefähr-
liche läge; er erfuhr diese durch die briefe seiner mutter. Aber
freilich dies Verhältnis ist recht indirekt und wenig greifbar und könte
auch nur die briefe betreffen, die unmittelbar aus jenen wochen stam-
men. Erfreulich wäre es, wenn dieser ätherische Zusammenhang durch
irgend einen anschaulichen zug bestätigt würde. Wenn Goethe diese
briefe aus den monaten juni — September in den annalen als quelle
benuzt hat, warum nicht noch viel eher damals, wo er sie eben empfan-
gen und daher noch in frischem gedächtnisse hatte, als quelle für seii\
gedieht, das doch dieselben kriegsbedrängten gegenden schildern solle,
aus denen jene kamen?
Gerade diese briefe sind voll der lebendigsten Schilderungen i^^
kriegswirren, die über die Maingegenden sich verbreiteten; sie ware"^
daher wol geeignet Goethes phantasie mitten in den tumult hineinzt^
vei-setzen und seine eigenen erlebnisse von 1792 — 93 in ihm wide^
wachzurufen. Freilich haben die eigenen erlebnisse den untergrun-^
zu der Schilderung des zuges der vertriebenen im I. gesange gegebec:^
Aber wenn der apotheker, glücklich darüber, in diesen tagen des^
flucht und Verwirrung allein für sich sorgen zu können, erzählt, m^
er öfters schon auf flucht gedacht und die besten Sachen zusammen
gepackt habe, das alte geld und die ketten seiner seligen mutter, s^
bieten die erwähnten briefe gleich mehrere parallelstellen. Die aus
führlichste Schilderung der fluchtvorbereitungen im briefe vom 21.jun
1796 wurde schon oben citiert. Am 22. juli 1796 schreibt frau rat
„nun fieng ich an auszuräumen, nicht vor den Franzosen, aber wo-
vor dem Feuer — in ein paar Stunden war alles im Keller "
am 1. aug. 1796: „noch andre Leute folgten dem unglücklichen Bey -
spiel — trugen aus ihren sicheren Wohnungen alle ihre Sachen —
(leld - Silber — Betten — Geräthe — Möbel in dieses unglückselig^
Hauss — und verlohren alles " Dazu vergleiche man aus deu
vorhergehenden jähren die briefe vom 13. Januar 1794, vom 26. ju//
1794, vom 24. sept. 1795, und man wird begreifen, warum der dich-
den apotlieker, den frau rat einen hasenfuss neriuen wiii-di.', sagen
t: „Öfters dacht ich mir auch ächon die flucht . . ."
Nun aber kann man die briefe noch in viel weiterm sinne als
Inello ansehen. Goetho schrieb in Hermann und Dorothea gewisser-
passen ein epos seiner eigenen fiimilie; eine ganze reihe von äusseren
Ind inneren anlehnungen an die Verhältnisse seiner heimat sind st^bon
Iwkant. Insbesondero steht seine absiebt, in der luwenwirtln seine
p9Utter zu zeichnen, durch eigenes zeugnis fest Seine niutter schreibt
am n. juni 1797: „Auf das Werk worinnen eine Frau Äja vor-
kommen soll freue ich mich sehr". Natürlich ist dies die antwort auf
mitteilung ihres sohnes. Für die diirchführuug dieser absieht sind
|ber die briefe der fi-au i-at als eine wichtige quelle anzusehen. Goethe
in den 21 jähren mit seinem eintritt in Weimar niii' viermal in
l^nkfurt bei seiner mutter gewesen, im ganzen 4'/, wuchen. Da ist
natürlich, dass trotz lebendigster jugenderinnerungeu das bild der
n hinter der fülle der neuen gestalten etwas verblas.st sein wiii-de,
wenn nicht der stete briefverkehr geblieben wäre, in dem sich die
■nichtige frau in Hebens würdigster urspriinglichkoit abspiegelt Jeder
ffief war ein portrait ilires innorn. Je mehr Übereinstimmung wir
Biiscfaen der schreiberin der briefe and der löwenwirtin finden, um so
dürfen wir diese als quelle — bewusst oder unhewusst verwer-
ete — ansehen. Von diesem gesichtspunkte aus komt natürlich der
aze briefwechsel bis 1796 in botracht, wenn auch die übereinstim-
inden züpe in den briefen um so grössere beachtung verdienen, je
pher an 1796 sie sich finden. Aber selbst für de», der diese bedeu-
BDg der briefe als quelle für Hermann und Dorothea nicht zugeben
Uli, bleibt doch ihr wert als belege, inwieweit der dichter seiner aut^
sprochenen absieht gemäss die lüwouwirtin nach seiner mutter gebil-
it hat In diesem sinne verdient überhaupt der ganze briefwechsel
lO^agezogen zu wei-den. Denn ein oder der andere charakterzug der
tau rat könte zufällig erst in einem späteren briefe einmal zum aus-
Intck gelangt sein, während ihn Uoethe an seiner mutter schon von
iräher her kante und ihn von dort aus seiner löwenwirtin verlieh,
sdes halte icb an dem direkteu einllusse der briefe auf das gedieht
|Bt und beschränke mich daher auf die briofe bis 1796 — 97.
Ich echliesse mich in der gegen ilbersteUung der gemeinsamen
(ige dorn gange des gcdichtes an.
lesang 1. Trefflich hast du gehandelt, o tVau, dass du milde den söhn fort
Schicktest mit altem linnen und etwas essen und trinken,
Um es den armen zu spenden . . .
Dieser mitdtätigkeit entspricht fraii rate gute gegen ihre niannigf&chi'
einquartierung iiiid ihre opferwilligkeit gegenüber der kriegsnoL Am
25. juni 1793 lobt sie Ihre einquartierung; „Freylich thut ihnen «udi
das gute Essen, und die weichen und reinlichen Betten Überaus gut
. . . ." Am 13. Januar 1794: „die [soldaten der ein quartierung |
glauben nun wenigstens im Paradiess zu seyn — aber was die auch
fressen!! Die waren so ausgehungert, dass es ein Jammer war! Üesttm
liosse ich ihnen einen Schweinebraten zu Tische tragen — das war
dir eine Königliche Pläsir . . ." Am 2. februar 1796 teilt sie dwi
küchenzettel für ihi-e einquartierung mit: „Heute bekommen sie bey
mir Fleischbrüh Suppe — Weisskraut und Rindfleisch, das ihnen sehr
wohl behagen wird". Höchst bezeichnend ist ihr stolz auf den palno-
tismus und die opferwilligkeit ihrer Frankfurter, dem sie am 23. decbr.
1793 luft macht: „Hierbey kommt ein stück von uuserm AnzeigblStt-
chen da sehe und sey Stolta dass du ein Franckfurter Bürger bist
Wöchendtlich sind schon 3000 fl. beysammen, die jede Woche biss
zum ersten Mertz vor fvebensraittel vor unsere Brüder die braven Deut-
schen bestimmt sind. Das beisse ich doch deutsches Blut in den Adern
haben . . ." usw. bis zum ende des briefes, Dass freu rat unter den
Spendern mit oben an stand, bezeugt das lob des Frankfurter magistnls,
sie habe in schweren zeiten mehr getan, als sie zu tun schuldig
gewesen sei.
Die praktische Sparsamkeit der löwenwirtiu, die abgetragene [Pin-
waud nicht gern verschenkt, da sie zu manchem gebrauche und ßr
geld nicht zu haben sei, wenn man ihrer bedürfe, erinnert an einen
früheren brief. Am 10. juli 1793 übersendet sie Uirem sohoc naokin
zu beinkleidern imd weste, »nur daran muss du dich nicht stossen,
dass es ein Überrock von mir -war — wenn alles gemacht ist — wird«
ihm wohl niemand ansehn, was es vorher war". Am 25. mai 17M
schickte sie batist „nicht vom gantzen Stück, sondern aus lauter Lip-
pen", weil so „die Hälfte zum allerwenigsten gespart' sei. Am 14. «ept
1794 als nachschrift: „Hier ein Stückgen Bordüi-e die in einem d«
Mereurc gelegen hat — mann kan immer so was brauchen ".
Eine Uebenswürdige schwäche der wirHn ist ihre Ungeduld. Si«
fiilt dem pfari-er ins wort, als dieser sich in philosophischen belrwh-
tungen ergeht (Oes. 1); und heim langen ausbleiben ihres sohnes iirf
der brautwerbung vermag sie nicht ruliig auf dem platze zu bleiben:
Ungeduldig betrat die mutter zum dritten mal wieder
Schon das zimmer der männer, das sorglich erst sie verlassen.
In vortrellicher überöiaatimimiiif,' hiermit steht das beuehmen der
1 rat, wenn sio ihren söhn zu besuch erwartet. Schon ihre mah-
ig vom 26. april 1793 „. , , lasse mich ja nicht vergeblich warten —
was kan ich durchaus nicht vertragen" ist charakteristisch; noch
lir ihre bitte am 16. uktobijr 1795 an ihren söhn, ihr jn den tag
iflr abreise mitzuteilen, „damit ich nJL-ht Tagelang (wie seit Sontag
Fall war) am Fenster mich bald bliud gucke und jode Postscliüsee
die deinige halte". Noch zwei jähre spater hat sie ihm die damals
Etuschte erwartung nicht vergessen. Vgl, brief vom 20. juÜ 1797.
Freundliche geschwätzigkoit äussert sieh bei der wirtin, wenn sie
jra eheherrn behende das wort abschneidet, um ihre verlobungs-
ühichte ausführlich zu erzählen (Ges. JI). Auch frau rat hebt mit
lendem eigenspott ihre lust zum schwatzen und unermüdüdikeit
in hervor. Y\m 19. juiii 1781 schreibt sie über einen besuch des
rinzen Constantin: „Wir waren ungemein aufgeräumt und behaglieh
immen. Frau Aja Äjate das kanat du leicht denken, doch alles
ibsch mit Uass und Ziel — Sie wird ja eiiunahl gescheid werden";
td am 1. juli 1797 gibt sie ihrem söhne die humoristische versiche-
ng: „Dein Aufenthalt bey mir wird eine wahre Erholung vor Deine
irage soyn — denn Frau Aja fühlt sich so rodeselig — dass Du
[fihe haben wirst ein ja oder nein schicklich anzubringen''. Diese
alle fält freilich schon nach Vollendung des gcdichtes. Bei der schil-
'itng des kühleren sälchens und seiner einrichtung bildet glänsende
iberkeit die woltuende grundlage. Derselbe rein lieh keitssinn äussert
Moh bei frau Aja am 22. Januar 1793, wo sie über die ein quartierung
klagt: „Wenn diese Menschenkinder nur nicht den gantzen Tag Tuback
rauchten meine Zimmer sehen aus wie eine Wacbtstubeü"; und vor
allem am 7. febrnar 1T93; „Die Ordnung und Buhe war in meinen
jungen .lahren schon mein Element — und jetz da ich alt bin ist es
mir gantz und gar Bedürfnüss .... Mein Hauss sieht zum Erbarmen
irig aus" usw.
Die beiden frauen gleichen sich in gediegener haiisfrauenhoriich-
Wie Goethe im IV. gesange der wirtin eine Aristeia bereitet,
lern er sie auf ihrem tätigen gange durch Wirtschaft und gärten
Iderl, so sind auch in diesem sinne die briefe der frau rat eine
isteia für ihre Verfasserin. Sie ist die sorgliche gattin für den allern-
rat, die gute mutter für ihren söhn, dem sie jahraus jahrein grosso
■n mit allerlei nützlichem für haus und küche sendet, die zärtliche
imuttor für enkel und urenkel, sie ist femer die umsichtige her-
lerin in ihrem reiche, die nicht bloss ihr banswesen in schwöret
kriegsKeiten in Ordnung hält, eondern auch ihr ganzes veraiögen mit
klugiißit verwaltet. Bei der anläge von kapitalien, bei dem verfcatift
ihres bauses und ihres grossartigen weinlogers beweist sie rutüpta
geachäftsgeist Nicht ohne grund hat Goethe die wirtin in besoixlm
nahes Verhältnis zu weinhau und weiupflege gesezt Denn lusi der umtlur
war CS genau ebenso; dass sie ihren ehrennainen frau Ajs in ihrem
amte als liebenswürdige wirtin und woinspenderin erhalten hat, ist ji
aus Wahrheit und dichtung algemein bekant. Auch in den briefni
spielt der Weinkeller eine grosse roile. Besonders iustmtctiT ist itt
brief vom 25. mai 1794, in dem sie trobi ihrer hohen jähre als anf-
opfernd fleissige Verwalterin des woinlagers auftritt: ^ich bin der Kel-
lersitzerey müde und satt — Vorgestern musste wiederum alles k^ko-
füllen — Trinckwein zu breelieu usw. 5 Stunden unter der KrdoÄgm'.
Dass gerade der dreiiindachtxiger, den die wirtin auftischt, %'on der
rätin mit besonderem jubei begrüsst wird, sei hier erwähnt
An einer stelle entwickelt frau rat ihre aufiassuog von den pflich-
ten und dem werte einer echten hausfrau. Es ist im briefe an Chri-
sdane Vulpius vom 23, sept. 1797, der fftr die sehreiberin obcnwi
ehrend ist, wie für die emptängerin: „mittlerweile wir nun hier g^m,
klaffen und ein wahres Schlaraffen Leben führen — Sind sie mflio*'
Liebe arbeitsam — sorgsam — wirthschaftlich — damit wenn da
HäscholhanH zurück kommt — Er Kammern und Speicher angefüllt vnn
allem guten vorfinden wird — nehmen Sie auch davor meinen beslw
Danck — denn ein wirthschaftliches Weib — ist das edelste Oesdieiui
vor einen Biedermann — da das Oegentheil alles zerrüttet und TJogWii
und Jammer über die gantzf» Familie verbreitet — Bleiben Sie bcjf
denen Ihnen beywohnenden Edlen Grundsätzen — und Oottt und Men-
schen werden Wohlgefallen an Ihnen haben — auch wird die Kmde
die Mühe reichlich belohnen''. Es sind dieselben gruudsätxe, die ßiwthe
in der wirtin und in Dorothea verkörpert. Man vergleiche den gwjj
der wirtin durch ihr besiztum Des. IV und das schöne bekentuis Dwft-
theas Ges. VII über die pflichten der frau:
Dienen lerne beizeiten dns weih nach ihrer bestimmang usw.
I) In der 2. epiKtol entwirft Goethe ein eingohenileB, poetiauhes bild Toa 4«
arlwit der Imusfroti otid baostoübtor im woinkeller, Soine Schilderung hnt ein* irai'
linotreibende gcgend xiir grundlagei ako bejnibt sie auf jugendeind rücken. Sidw
scbwebt ihm auch hier frnu Äjas tätigteit vor. Dabei könten widerum dio brieh £>
rolle der anregung und labendigh<ung Beiner jugendbilder gespielt habt^n. Deen A«
eiiifitel ist Im decomber ITU4 vorrnsat, und fmu rata niitteilun),'<rn übvr ihn fV
uud {ilutje um den weinschafz etanunen aus d^m Jattuiii und nini Juisolbno jabiH-
1 bostcht liii}r ctne merkwürdig pamllcile xtvisolion den persouen iles
idichtes lind denen der briefe. Die wirtin und Dorothea Bind als
fcernliafte doutsche frauen einander wesensgleich; deshalb verheisst Her-
taunn der Dorottii?« das beste Verhältnis zur niutter, und Dorothea
' etimt zuvereichtlich ein:
„Denn dw mutter sinn ist wie mein eigenes wesen*.
Khensn haben sich fran rat und Christiane Vulpins mehr und
L m>lir i^enShert scliliesslicb bis zur innigsten freundschaft, da aneh sie
^L die gleichhoit ihres durch und durch tücbtigun wesens erkant haben.
^m In nnsrer briefetelle steit fran mt ihrer schwiogertotihter du» wärmste
W ):e>ligiii!! ihivr Kufricdt'iiheit aus, das ohne weiteres in den mund der
r w/rtin gelegt werden könte. Nun kommen auch nnklänge im Wortlaut
' und in den gcdanken vor: vgl. ges. IV: „denn ein gesfhäftiges weib
"»m kuine sohrittfi vergebens" mit den oben angeführten worten: „denn
«in wirthsdiaftlicheB Weib ist das edelste Geseheuk vor einen Bieder-
nie^nn", und ihre fortsetzung: „da das (Jegentheil alles zerrüttet und
tr«»Klä»:k lind Jammer über die gantze Familie verbreitet usw." im
^^*>rtlaiit und gcdanken mit ges. VII: ^Billig seid ihr, o freund, zu
"^E guten Wirten zu zahlen usw.", wobei die beiden verKc:
^B -Aber den menschen, der alles erhält, wenn er ttichtig und gut ist,
^V Und der alles zerstreut und zerstört durch falsches beginnen . . .
^^^^«ondere hervorhebung verdienen. Auch dem im gedichte widerhoit
"" ^^Tkommonden hinweise auf die künftige belohnung Dorotheas für ihre
'^^^ue dienste entsprechen ft'au rats wertet „Auch wird die Emde die
**fihe reichlich belohnen", wobei an die freudo erinnert werden möge,
I ^^It der sie die spätere kirchliche weihe des bnndes zwischen ihrem
^hno und Christiane aufnahm'.
Ein zufalt scheint mir hier ausgeschlossen. Wie ist aber das ver-
ÄSltnis? Ära 2.1. sept. 1797, dem datum des briefes, war Hermann
«d Dorothea schon seit monaten vollendet; also ist abhängigkeit des
«lichteB von diesem briefe unmöglich. Anderseits war Hermann und
lorothea im September 1797 noch nicht veröffentlicht. Erst mitte
^>tober erschien es*, Und erst am 5, novhr. 1797 dankt frau rat ihrer
ichwiegertochter für die Obersendung zweier exemplare und äussert
ibel ihr höchstes entzücken über das gedieht. Danach scheint auch
umgekehrte abhUngigkeitsverhaltnis nicht vomnliegen. Dennoch
butfen und müssen wir annehmen, dass fran rat, als sie den brief vom
j^'BrieT vorn •!!. oktol>or 180e,
U bti«f äubUlvrn ui UueUio v
r
304 A. scuiUOT
23. septbr. scliricb, Uei-niann und Dorothea schon kaiite und zwar das-
selbe erst jüngst in eindrucbsvülstor weise kennen gelernt hatte, liir
solm halte ihr im Juni das gedieht angekündigt und ihre hohe span*
nung erregt'. Ende Juli trat er seine geplante Scbweizerreise über
Frankfurt an und verweilte bis ende augast bei seiner mutter Dass
ei- eine abschrift seines epischen gedichtes bei sich hatte, beweint seine
Tübinger mitteilung an SchiUer vom ]2. septbr., er habe in StullgKit
seinen bekanten den Hermann vorgelesen. Bei diesen tatsachen ist die
schlussfolgemng geradezu zwingend, dass er auch seiner mutter das
gedieht nicht vorenthalten hat , auf das er sie selbst als spi^;el ihrer
eigenen person kurz vorher hingewiesen hatte. Müssen wir dies ein-
mal zugeben, so können wii' aneh den zutuuumenhang zwischen de-ni
gedichto und jenem briefe nicht mehr leugnen. Unbedingt hat ihn fmu
rat in friseher eriniicrnng und unter dem lebendigen eindrucke des
gedichtes geschrieben und ihr lob auf Christiane aus der erinnerung
an ähnliche stellen des gediclitos augelehnt, So hätten wir in diesein
falte eine plötzliche umkehnmg des Verhältnisses: die dichtung ist xut
quelle, der brief zum empfangenden gefosse geworden. Aus der fnu
rat des lebens und der briefe wurde die wiitin des gedichtes, und die
wirtin des gedichtes wirkte wider auf die trau rat der briefe zurück.
Aber einen rUckschluss auf die Intentionen Goethes bei der abfassun^
der dichtung dürfte auch diese nachträgliche, scheinbar ganz zufällig«
Übereinstimmung erlauben. Wenn frau rat sich, wie natürlich ist, mit
der wirtin identificiert, so wolle sie Christiane der Dorothea gleicb-
gesezt wissen. Damit hat sie gewiss den sinn des dichters getroffen,
Ich bin in der tat der ansieht, dass Goethe bei der dichterischen
Schöpfung Dorotheiis zum teil seine Christiane im äuge gehabt bat
Wie Dorothea ist auch sie auB ärmlieber Sphäre in höhere verhJiltnis&e
hinübergeführt. Wie Dorothea ist auch sie eine tüchtige hatistmu.
vielfach ähnlich der mutter; und wie Dorothea, wird auch sie von der
mutler wilkommen geheissen, und je nälier sie sich kenne» lemeu, ntn
so höher gesehäzt
Wenn die wirtin nach der mutter Goethes gebildet ist, so liejj
es nah in dem wirte ein abbild seines vators zu vermuten. In d«
tat gleicht er ihm in dem Verhältnisse zum söhne. Dort wie hier ver-
kent der vater das wesen des sohnes und sucht ihn auf einen seiod
natur widerstrebenden lebonsgang zu drangen, und dort wie hier Inl
die einsichtige mutter das schwere amt der vermittehing und ausgleiditpif
1) Vgl, den schon oben imgefülirteN hrief v
1 17. juai 17B7.
' g^eosütza Auch tlor wünsch, „dusB tier 8ohn dorn vtiter nicht
blaidi sei, sondom ein beaarer", ist beidoB gemeinsam. SohliesBlich
riniiort Auch die bedächtige würde dett Wirtes im äussern an die
iedanÜHche grandezza des rata Guethe. Abi-r dumJt dürften mich die
er^Ioichungspunkte erschöpft sein. Im panzen Inhalte dos wosens ent-
brictit der wirl ebenso wenig dem nttu Ooethe, wie der schwerfällige,
■Inseitige, ernste Ueniiauii dem genialisch-übermütigen, beweglichen
txd vielseitigen jungen Goethe. .la sogar als ausgesprüohene gegen-
I darf man beide männer bezeichnen: der rat ein grämlicher, an
(einer Untätigkeit krankender pessimist, der sich aus sorgen ein geschäft
'macht; der wirt ein leberisfrohor, tatkräftiger uptimist, dem die sorge
mehr alt; selbst das übel verhasst ist Charakteristisch für ihn ist seine
atelliing ZI) den drohenden kriegsgefahreu. Er kümmert sich nicht viel
darum, Er vertraut den wackern Deutschen, und vor allem er vertraut
«lern üobcn Gott, „wer weite töricJit vorzagenV" Wüi'de wol der alte
rat 81. ruhig-fröhlich gedacht und gehandelt haben, wenn er die wiri«n
der revolutionskriepe noch erlebt hätte? Bei erwagung seines aus
AWalirbeit und dithtung* bekanten veriialteus im siebenjährigen kriege,
ilaH man geti-ost mit „nein" antworten. W'olte man für den rat Goethe
nach seiner geraütsverfassung ein abbild im gedieht« suchen, so f^de
nian keinen andern als den apotheker; und wolle man für den löwen-
wirt ein urbitd in der famiiie des dichtere auffinden, s<» wäre es nie-
"»«mi anders als widorum frau rat Goethe. In Wahrheit ist die ähn-
'urhkeit beider personen in den hervorstechendsten cbarakterzügen auf-
"*llend genug, um die annähme zu rechtfertigen, dass frau Aja auch
*U dem bilde des fröhlich-liebenswürdigen löwenwirta manche Züge
S^boten hat Es wäre dies nur ein neuer beleg für das ja sonst hin-
•ÄBglich nachgewiesene verfahren des dicbters, eine person des lobens
I Kwei porsonen der dicbtung zu zerlegen. In diesem fallt! um so
Weniger verwunderlich, als fi-au rat wahrhait die sonne ihrer famiiie
die den gatteti völlig verdunkelte. ludem der dichter zu seiner
kI«11 deutschen wirtsfumilie seiue eigene famiiie möglichst als vor-
; verwBrton wulte, wurde ihm seine mutter zur repräsentantin der
1 famiiie; um ihr reiches wesen aufzufangen, war die löwenwir-
i oin zu ertger rahmen, so bekam denn auch der wirt einen teil von
r mit — sehr zu seinem vorteile. Widerum sind es die briefo, die
r annähme halt geben. Der wirt ruft aus:
^ laaat uns nicht mehr die traurigen bilder erneuen,
PS bnschleichet die furcht gar bald die herzen der menschen,
IJnd die aurgo, die mohr als selbst mir das übel verhasst ist."
mß
Das ist jreiiau der »tamlpiinkt der fmii rut, den mio in dem küstlidieD
briefe vom 13. jimuftr 1794 entwickolt: „Ein pantacher Schrt-ckeo hat
ach freylich über gante Kraiicbfiirtli verbreitet — und (js wäre lein
Wunder, wenn man mit dem ätriidel fortgerissen würdo — FuTCbt
steckt an wie der Sdinupfen — ich hüte mich daher bo viel ich hO
den Mpmmen iiueziiweicheii — um mir den Kopf aiclit auch vcrdjriwff-
zu tttssea" uaw. Ära Sfl, august 1794: ^Unruhe im Gemüthe ist loi^'
ärger als (ich schriebe das sdion einmahl) als alle ohne Honen bey d
guitzon Armee-. Die haben mir noch keine ein^i^ schlufloHO NubC
gemacht . . . ." und su noch sehr olt — Die »iin'tsicht des
beruht auf festem gottvertrauen:
,,Frisch hi^rr iiachbar, getrunken! Denn noch bewahrte vor un^
Ctott uns gnädig und wird auch künftig uns also bewahren^ i
„Sollt er fernerhin nicht uns schützen unri hülfe bereiten?
Denn man sieht es erst recht, wieviel er vormag, in gefahren"
„Seht, 140 schützt die natur, so schützen die wackern Dotitscboi
Und so schützt uns der hcrr! wer wollto thoricht vorza^jen?"
Überreich sind die briefe au belegen für den beherzten niiit der wM
fraii und für ihr iinorschfittcrliches gottvcrtraueii, anf dem jcnor ben
Wegen grosser Übnlicbkeit der godanken hebe ich heraus den brie
vom l. januai' 1793: ,Qott bewalire unsere Stadt vor einem Bombi
toraent — denn dann könnton wir alle arm und elend werden .
das wollen wir nun niolit hofeii — sondern Oott vertmuen — i
den Deutschen Glück und 'Sec^gon wünschen".
7. Januar 179^: „Vor der Hand habe ich noch guten UnUl
Einmahl glaube ich steif und fest, sie kommen nicht wiodur zu v
und daim habe ich glauben an tiott — der hat auch hey der I
noch was zw Hagen . . . ." Icli verweise noch auf die briu&i (
19. dec'br. 1792, 20. juni 1793, 13. janiiar 1794, 14. Boptbr. J
5. oktbr. 1794, 19. Januar 1795.
Von gn'ist^'m und unmittelbarstem interossc für unBam xm
sind aber die belege auf> den briefen vom sonimer 1796, die fld
unmittelbar vor oder während der abfaBsung von HentiMiii und ]
tboa erhielt, 21. Juni 1796: „Hey diesem Specktaket bliebe icb vm.-*l
die gantze Zeit her ruhig — packte nicht — regte mich nicht -
Eüsen — Trinken und Schlaf bekäme mir wohl — Erfahrung bncbV
Hoffnung — der ;imahl geholfen hat, hats nicht rerlenit — Kr fc»"
auch Jolzt helfen, und Er tliats durdi die braven Sucbüxun, diu lulteti
une wieder vordissmübl befreyt ....■* 1. august 1796: „Unser jetnfP
Lage ist in allein Beü-acht fatal und bedencklich — doch vor dw iSo"
397
grämen oder gar vorzRgen wai' uie meine Sache — auf Gott ver-
ittsuen — lien gegenwiiitigen Augenblick nutzeu — den Kopf nicht
Verliebren —■ sein eignes werthes Selbst vor Kiancklieit . . zu bewah-
im — da dieses alles mir von jeher wohlbekomraeo ist, bd will ieb
dftbey bleiben . . ." 17. aept. 1796: „So weit wären wir nun wieder —
Gottl wird ferner durcLhelfen . . .^ Auch der brief vom 1. okL 179ö,
in dem ihr gottvertrauen rührenden atisdruck findet, kaun noch in
betracht kommen, da Uoetiie noch im Oktober mit der durcharbeitung
der im September gedichteten 6 ersten gesange beschäftigt war '. Auf die
grosse ähnljchkeit dieser briefstellen mit den angezogenen versen des
gedichtes noch im besonderen hinzuweisen, ist überflüssig. Frau rat
und der wirt sind volkommen gleich in ihrer gesinnung gegen gutt
und in ihrem heitern mute gegen gefahren. Wenn der pfarrer diesen
I Standpunkt des wirtes lobt:
„Haltet am glauben fest und fest an dieser gesinnung!
Denn sie macht im glücke verständig und sicher, im unglück
Reicht sie den schönsten trost und belebt die herlichste boffiiung . . ."
io ist unbedingt sicher, dass diese verse dem dichter durch den
l^anken an seine rautter eingegeben worden sind. Denn sie war ihm
Ifohon jähre lang das herlichste und vielleicht einzige beispiel für die
Wahrheit dieses satzes; und gerade zur selben zeit, als er diese verse
dichtete, erneuerte jeder brief vor ihm das köstliche bild dieses gott-
.uenden, im glücke fröhlich - verstandigen , im Unglücke ti'ostberei-
ten, hofmingsvüllen meuschenkindes. Noch in den annalen über 1794,
Wo Goetlie den fui-chtiosen mut der matter gegen die kriegsgefahren
d>enfals rühmend hervorhebt, bezeichnet er als den grund dafür ihren
j,a]ttestamentlichen glauben". Hat somit auch der löwonwirt seinen
iverzagten Optimismus von frau rat überkommen, so ist damit fest-
jgestelt, dass der ganze zuversichtliche ton des gedichtes, der in bemer-
iüswertem kootraste zu den oben geschilderten kriegsgefatii-en steht,
Wesentlich dun/h die briefe, die für den dichter die einzigen Zeugnisse
jene haltung der mutter waren, bestirnt worden ist. Zugleich hat
Utürlich zu der behaglichen, gewissermassen siegesfrohen Stimmung
r dichtung auch der umstand beigetragen, dass Goethe das gediclit
it niederschrieb, als erzherzog Karl die Franzosen schon unaufhalt-
n zurückwarf.
Noch auf einen punkt, der nicht die pereon, sondern die örtlicb-
fUiit betrift, möchte ich hinweisen. Man weiss schon lange, dass der
1)
gl. briof au Schiüar
1 17. oktLr. 1796.
ilichter auoti zur scliilderung der firtliehkpit im gedichte znge sau vain-
ata<]t und väUvrhauH benuzt liat Dor brunimn vor dem gnsüi&iiiw, dor
garten hinter ilcm iiaiise, das pfürtolipn in der Btadtmaiier, der WOD-
borg, der bimbaiim verdanken walirstheinÜcti jii^ndorinDtmnigtm to
dasein im gedichte. Die daclikaramer Hermanns enlsi|iricht d« woh-
nunf; de» jungen Onethe im olter1ii.-tien huDse. Aber datt haus itelbit
ist von dem hii-schgraben a» den markt versezt werden. Nichts tiKtür
lidier aU das, mag man denkt>n, dn ein ^stbaii^ in kleiner stadt kniM
besseri* läge haben kann, als »ni mnrhte! Ich würde mich anrfi AmAr-
aus bei dieser erkläning ans dem praktischen leben bernhigen, woio
nicht gerade das gomiitlicho gvnrebild, mit dem das gedieht bf^Jnt:
das wirtapaar nnter dem tor doa bauses sitzend, sich der anmidifc flNr
den markt erfreneitd, neugierig das treiben der rilckkehrenden rrwu-
scheu musternd, in den brieten sein pendant ffinde. Kran tat haM
nach langen Verhandlungen und Schwierigkeiten im mai 17i)5 ihr faaai
am birBi'hgraben verkauft und eine wohnung am rossmarkte Iwxogen.
Sc^hon vorher hatte sie gut« aussieht als uuerläsalit^he eigenschatl ihm
neuen logis gerordert; und diese wohnting erfülti^< ihren wuusch llh«r
alle erwartung. Ihr jube! über diesen Vorzug ist rubrem!: „wie irfi
aber in die Zimmer kam, so kann ich Dieb auf Bhre versiohom, da«
ich da stunde wie simpel vor Erstaunen — nein eine solche Aussieht —
eine solche Lage ist in der ganlzen Stadt nieht mehr anzulreffen *
(16, mai 1795). Sie wird nicht müde gerade diese eigenschaft zu rüh-
men und ansi.:baulJche beschreibungen von den belebten marktbildem
unter ihren fenstern zu entwerfen (z. b. 24. aug. 1795), Sic wünecht
widerholt ihren söhn zu sich, nur damit er mit ihr zum fenster tÜDanv-
gui'ken, das getümmel beubachtan, diewachtpurode aufziehen («eben kOol»
24. eopt 1795; 16. okt. 1795. Daher denkt Goethe bei der nachrichl
von dem humbardement Frankfurts sofort an die exponierte mjtrktwoh-
nimg der mutter^ ebenso wie diese selbst in dem vun der beschreibung
handelnden, schon widerholt verwerteten briefe vom 22. juni 1706
die weite aussteht von ilirer wohnung aus hervorhebt, dicfimal aborab
nachteil, da sie nun „all den Specktakel" habe mitanaeben milsaen.
Wenn dei- dichter also in der lowenwirtin eine frau Äja zeichnen
wolte, und wenn er nacliweiabar auch sonst lokale züge aus Frankfurt
in sein gedieht verwebte, so ist es wo) wahrscheiulioh, das« er in dw
eiogangsscene der diebtung, die uns die löwenwirtin zum erstsBinile
vorführt, durch eine so charakteristische Situation aus dem leben
mutier geleitat worden ist.
I) Vgl. ilie früher citierte steÜL- aus iletn brietL* an Kfliiller «oni 28.
Noch einpti ziiänmmen klang zwischen gedieht und briefen will
I wenigstens erwölinon. Hermann blauiiert sieh beim kaufmaun und
inen töchtera, weil ihm die Zauberflöte von Mozart ganz uul)ekant
l>lieben ist. Nun wird in den briefen kein theaterstiick häufiger tinil
mehr vurliebe erwähnt, als die Zauberflöte. Kran rat berichtet
ilerholt, wie oft sie sclion in Frankfurt, gegeben worden sei, wio
( der heifall, wie erstickend voll das haus immer sei (6. sept. 1793,
febr. 1794, 5, mal 17(14). Am 9. novbr. 1793 entwirft «le eine
imuristische schüderiiu^ dieses zudranges: ^ Neuen giebts hier nic^bt»,
I dass die Zaiiberflüte ISmabl ist gegeben worden — und das.s das
IU93 immer gepropht voll war — kein Mensch will von sieh
,gen lassen -~ er hätte sie nicht gesehen — alle Handwereker
Gärtner — ja gar die Sachsenhäusser — deren ihre Jungen die
ffen und Löwen machen gehen hinein so ein Spet^ktackel hat man hier
[fch nicht erlebt" usw. Dnverkeiibare ahnlichkeit zeigt diese stelle
it jenen versen des IL gesangcs von Hermanu und Dorothea; aber
ist doch kaum ein direkter znsanimenhaug zwischen beiden anzu-
llimen. Der brief ist bei abfassung der dichtung schon drei jahro
und die Zauberflüte, die am 16. Januar 1794 zum ersten male
Weimar aul'geflUirt wurde, war 179ti ein allgeraeingut der gebildeten
■worden, woraus die crflndung des diditers ganz natürlifh auch ohne
eitere speciolle anregung abgeleitet werden kann,
Ich fasse nochmals das Verhältnis zwischen den briefen und dem
jichto zusammen, wie es sich ergebeu hat: Aus Goethes tiefgehender
ilnahme an den ereignissen des sommers 1796 erklärt sich die vor-
bsang seines Idylls in die gegenwart; diese teilnähme gründet sich
ossonteilH auf besorgniw nm seine mutter; ihre bricfe vom sommer
96 vermittelten ihm ihre gefäbrüclie läge. Dieselben briefe haben
I anregung zu einigen zügen aus der Schilderung der zeitlage im
»dichte gegebon. Sie sind die direkten quellen für wichtige cbarak-
Kflge der Wirtin und des wirtes geworden. In seiner bedeutung als
arakterspiegel der frau rätin kernt der ganze briefscbatz bis 1796 in
itracbt, durch den vielleicht auch die Örtlichkeit in der eiugangssvene
( ^edichtes bestirnt worden ist.
HAOitEBinin,
ALWIN SCHMIDT.
400 DETTER
BERICHT ÜBER DIE VERHANDLUNGEN DER GERMANISTISCHEN
SECTION DER XXXXII. VERSAMLUNG DEUTSCHER PHILOLOGEN UND
SCHULMÄNNER IN WIEN.
In der koD8tituiei*eDden vcrsamlung der germanistischeD Sektion am 24. mai
gedenkt der leiter der vorbereitenden geschäfte, prof. J. Minor, der Verluste, welche
die deutsche philologio seit der lezten versamlung zu München 1891 erlitten hat Er
iient die verstorboueu : Karl Gustaf Androsen, Friedrich Zarncke, Gustav v. Loeper,
Anton Birliuger, Ernst Ludwig Rochholz, Ignaz v. Zingerle, Reinhold Köhler; aiu
benachbarten gebieten Ernst v. Brücke und Rudolf Westphal.
Darauf tragen die anwesenden ihre namen in das goldene buch ein. Es sind
97 mitglieder verzeichnet, so dass die section — obwol die romanisten diesmal geson-
dert verhandelten — nur hinter der Iicipziger von 1872 (mit 117 mitgliedem) aozahl
zurücksteht. Darunter: E. Schmidt, R. M. Meyer, Pniower, Bötticher, Kinzel (Ber-
lin); Michels (Göttingen), Köster (Marburg), Sievers, Hirt (Leipzig), Martin (Strass-
burg), Streitberg (Freiburg i/Schweiz), Kelle, Hauifen (Prag), Seemüller (Innsbruck),
Creizenach (Krakau).
Zum ersten Präsidenten wurde prof. Johann Kelle (Prag), zum zweiten prü-
sidenton gymnasialdirektor Gustav Waniek (Bielitz); zum ersten Schriftführer dr.
Siegfried Szamatolski (Berlin), zum zweiten Schriftführer dr. A. Stern (Wien)
gewählt.
Erste Sitzung, am 25. mai (8 — 10 uhr vorm.).
1. K. Kraus (Wien) begann mit dem angekündigten vortrage über die auf-
gaben der forschung auf dem gebiete der litteratur des 11. und 12. Jahr-
hunderts und die mittel zu ihrer lösung.
Nach einigen einleitenden werten über die notwendigkeit engster Verbindung
von Philologie und litteraturgeschichte zeigt der vortragende an einigen beispielen,
dass das princip, bei jeder betrachtung von einer eingelienden Untersuchung des
äussern der handschrift auszugehen, noch immer nicht alseitig beobachtet werde. &
fordert nachdrücklich die feststellung verwantschaftlicher beziehungen, die nicht bloss
für die datierung einzelner gedichto von weit sind, sondern auch über die strömioi'
gen der litteratur unter umstöuden aufschlüssc bieten. Bezüglich der quellen bandelt
es sich teils um auffindung noch unbekanter, teils um die genaue Untersuchung der
bereits bekauten. Weiter bespricht der vortragende die kautelen, die bei gramma-
tischen Untersuchungen zu beobachten sind, weist auf die lücken in unserer kentnis
des Wortschatzes, der syntax und des Stiles hin und führt einige beispiele aus jedfliB
der drei gebiete an, um zu zeigen, wie solche Untersuchungen auch zur feststelloBg
der lokalisicrung und datierung von nutzen sein können. In bozug auf die beartet*
lung der reimkunst der einzelnen gedichte empfiehlt er schärfste individoalisieraiig
und bemerkt, dass sich über die metrischen fragen vielleicht durch eine betrachtung
der Wortstellung, sowie durch die vergicichung mit den quellen bei solchen dichtsEB.
die sich an das original mit ängstlicher treue anschliessen , manches entscheiden las-
sen dürfte. Der vortragende betont die notwendigkeit, zwischen litterarischer und
sprachliciier hcimat zu scheiden, und bemerkt, dass die zahlreichen verwantschaft-
lichen beziehungen eher aus dem regen verkehr der klöster, als mit der annahine
verloren gegangener kompendien zu erklären seien. Eingehender verbreitet er aidi
über die fragen nach dem zweck der geistlichen dichtung; auch hier fordert er
sondenmg der individualitäten , boobachtung des wechselnden gesohmackes und
ffifläie6B»VKRwm.TOQ js 1
■.gehendes atadimn der kiemeren iGgenden des 14, jekhrhondertft, um über einige gediclite,
i deren datierang man zwischen doiii 12, und H. Jahrhundert schwankt, beatimto
eDtBcbeidiiDg eu gewinnen. Die frage aaali dem urspraugs der geistlichen poesie
irird wol algemein auf die gleiuhe weise boantvcortat; es handelt sich aber anah
ilaruin die faden aufzuzeigen, die von dem 12. ins 13. Jahrhundert btniiberfabren.
Der vortrageode scidiesst mit der bemerkung, dasa die notwendige Toranssetzuag zur
lösnng der angodenteten aufgaben TOrurteilsfrei und im engsten ansdilnsso an die
baodsobriften bergestelte texte jedes einzelnen deukmales seien.
2. Es folgt Erich Schmidt (Berlin) mit emigen bemerkuugen über Les-
fings fragmeut „das horoskop".
Kenner der polnischen goachichte und sage leugnen mit bestiintheit das Vor-
handensein polnischer ijnollen. Auch das von Schiller für den Demotrius benuzte
bncli des leibmedikoB Counor, dessen uamen der arzt bei Ijessiug führt, ergibt nichts.
Schmidt zeigt, einem winke Ä. Brückners folgend, wie das bauptmotiv, der verhäng-
nisvolle orakelsprucb , der Fatricidageschichte im mathematicas des Uildebertue luro-
Qenais (ed. Beangendro, Paris) ontaommeu ist
Creizenach erklärt darauf Qnintilians IT. dekUmatiou fiii die auch von Les-
nng unmittelbar benüzte quelle Hildeberts.
3. Sievera (Leipzig) ergreift das wort xu seinem vortrage iZor rbythmik
nad melodik des neahochdeutscbeu apreohverses".
Sievera plädiert füi- erweitemng dos herkämlicheu begrifa der metrik, und
«war zuuSchst mit anwendang auf die modernen litteraturen, welche atlein eine solohe
erwoiteruDg auf gruud direkter beobachtung zulAsseu. Erst wenn daa feld hier geeb-
net ist, kann man auf die Ulteren Perioden zurückgreifen. Da der metriker die auf-
gäbe bat, den auteil festzQstellen , welchen die lautfonn der gebundenen rede im
gegeusatz zur ungebundenen an der eigentümlichen Wirkung der dichtnug hat, so
kann die metnt nicht nur die lehre von den zeitmafisen sein; und auch die berbei-
tiehung der bet«uungsachemala, wie sie Jezt geübt wird, reicht nicht aus. Es iat
notwendig nüt lebeadigea teilen des kunstwerkee und nicht mit blossen Schemen za
operieren. Eigentlich ist nur das gesprochene dichtwerk ans dem munde des dichters
masagebend ; ,ila aber die werte der dichter gewöhnlich durch bucbstaben überliefert
and, so müssen dem metriker gute nachempGitdungen vorliegen", um die eigen-
scbaflen der gebundenen rede, welche für den metriker entscheidend sind^ richtig
■nsanBOndem, gebt Sievers von dem fostatubeEiden satze aus, dass alle dichtung
Drsprunglich gesang war. Jedes musikstück sozt sich aus zwei wesentlich verschie-
deoen elementen zusammen: rhythmus und melodie. Im rhythiuos versolilingen sich
wider zwei eleraente, zeit und kraft (nachdrack). Aber nicht nur für den gesang-
ten, sondern auch für den sprechvera sind rhythmus und melodie wesentlich. Der
nnterscbied ist nur ein grad unterschied, kein Wesensunterschied. Tor allem mnss
man aich von der vojstcllung Ireimachen, die aus der herkömlicben bezeichnunga-
weise des sogenautou musikalischen taktes geflossen ist, unser taktstrich schei-
det im princip weder rhythmische noch melodische tetlstücke aus-, er dient nur der
abetrakten Zeitmessung. £ine rhythmische oder melodische figur entsteht erst dadurch,
dass eine reibe von einzelschällen dadurch zu einer einheit bSheren grades gebunden
werden, dags man sie mit einem gemeinschaftlichen willensinipuls berv»rbringt. Daa
ein- und absetzen dieser Impulse, nicht der taktstrich scheidet die einzelnen gruppen
van einander. Der Wechsel von fallendem und steigendem rhythmus findet sich im
gesaags- wie im sprechverso (vgl. dos crescendo, decrescendo der vcrse mit weib-
inrSOBIUTT F
26
iich«r cisur und deo gleichl&nfendeD rhythmuB det milen mit n
eing&DgsmoDolog der iptügeoia).
Ferner komt in betracht dor umbng und die innere gliederuDg dtr gr^ifM.
Sieve« unterscheidet podisohe und dipodische bindnng, TgL Beitr. 13, 124 fgg. In
podisclien veno sind die einzelnen rhytlimusgruppeD oder füsse coordiniert, der m
druck wectiselt nur nach den Abstufungen des siunesAccentes. Im dipodischen «ad
iwei rdsse dersit eu einer eioheit verbunden, dnss der eine dem aadem im udr-
druck untergeordnet ist (podiscb: Xennil du das Idnd, irv die eitröntn bliilutf
dipodi&cb: Sah ein Imdb ein rö' stein alihn). Dem dipodifichen vei«c hAftet hu
gewisse leichtiglieit au; er ist der vers der volksdiRbtang. Der podisohe ven eignet
sich zum Busdraot schwerer gedunkeii fülle, weil kern fuss hinter dem andnn n
naohdruck lurück zubleiben brauclit; er ist unser kunstvers.
Sievers handelt weiter über die inelodie des sprechverses. Die dipodiedMi
verse sind notwendig die einrörmigeren in melodischer hinsieht, ia der schnlobere
[u3s muukaliscb tiefer liegt, als der stärkere. Schwierig ist es die grosse mannip
faltigkeit der melodischen formen der (KHÜschen verse annähernd lu bestimmfai; ab«r
es sind doch mehrere haaptgruppeo zu uoterscbeideu: k. v&ise mit mehr oder weniger
volfitändiger durcbfühmng des princij>s der gleich berechtigung der einielnea fasse socli
in melodischer beziehong; sie haben getragenen oharakter (Fkten, Grab im Bosento).
B. verse mit stUrkorom und angeordnetem Wechsel der tonhöhe. Eier eine gnaas
fülle von müghchkeiten. Die regellosesto art. neet Sievers verse mit BpruDgiotea, «u
^selne icteo sich eprun^aft über das sonstige niveau des verses hinaus oriiobMu
Am stärksten zeigt sieh der Charakter solcher Terse, wenn nur ein solcher sprang
iotus darin vorkomt. Den gogensats za den verseu mit sprungioton bilden die sca-
len-verse, wo der vers in nachdnick und in tonhöhe Btufenweise za einem liöb«i>
puidite aufsteigt, oder von ihm herabsteigt (vgl. die scalenverse Wagners und dJt
verse Fansts mit sprungideo). Ton einem bewustea sobaCTen der rhythmischen ori
melodischen formen kann nicht die rede sein; aber unwilkürlicb bildet sieh bei den
dichter ein gefühl heraus, welche von den verschiedenen möglichen formen die pi»-
sendste ist, und er trift darnach die answahl. Das seigt sich a. b. deutlich im
Faustmonolog, wo die wechselnde Stimmung Fausts in so wunderbarer weise udi
rhythmisoh melodisch eom auadruck komt
8iovers nent seine ausfübrungcn bloss baosteine zn einem erst anSEnführeiwleB
gebände. Soll dieses wirklioh einmal erstehen, so braucht es der hlngebaiKba
Zusammenarbeit vieler, uni durch reichlicbo beobnchtung der nis mustergiltig eiiaa*
ten interpretationsformen, wie wir sie aus dem mun<ie erfahrener tünstler hören, du
subjektive moment, das die Wertschätzung des oinEolnen mit sich bringt, nach kiif-
ton einzuengen, und so ahnablich zu einer objektiven gnindlage zu gelaagen, wo dw
wir uns rühmen dürften eiuen neuan Schlüssel für das Verständnis der rode nuanr
grossen dichter und ihrer Wirkung gefunden zu haben.
Zweite aitiung am 26. mai (8—10 uhr vorm.).
1, M.E..!ellinek (Wien) spricht über die nntwendigen vorarbeiton (n
einer geechichte der mhd. schriftdialekte.
Wer sich mit dem problem der mhd. Schriftsprache beschäftigt,
frage zu beantworten: haben die mhd. dichter, vornehmlich die der blütesot, dient 1
ihnen gebrauchten Worte anders ausgesprochen wissen wollen, als ihrem i
geniüKs war? Muu kann aber das wort Schriftsprache auch im eigentlichen tmt
■nun uuil Rieh ilie Trage vnrlegeD: wie wareo tue rogeln aad tnulitioiiea besclinr-
, ilia sich fiir din aafzeichmmgim inlid. gedichte herausgebildet liaben? Boss es
[iesatn ninue eina mhi. achriftapraohe, oder besser njhd. Schriftsprachen gege-
hat, di« den einzelnen Schreiber wenigstens zam tml von seiner inondort eman-
nipht IQ bezweifeln. Eine genaue kentnis der soliriftsysteme wäre nicht
an ftiuh von bedeutung, söodem auch sehr wichtig Für die historisrhe sjiracbfor-
, für die textesconstitution mhd. gedichte, auch für die gesohichte der nen-
fcd. Bchrifteprache. Bisher ist aber wenig in dieser richtung goscheheu. Wir icunan
J die hBDptontei^chiede, welche die grösseren dialcb (gebiete Dentschlauds charak-
dei^D', aber für die genaue bestiaiinung der orthogtapliischen typen nnd Systeme
noch sehr viel zu tun übrig. Bio buchhandachriftfln sind TeraachlfiBaigt worden
r dsT unteraoobung der Urkunden. Allein es ist durchaus nicht a priori sicher,
I litteratur- und Urkunden Orthographie an demsellien ort sich immer gedeckt haben.
lioh würde die nut^rsuchung siUntlicher buchhandsobritten die träfte eines ein-
m w>it äbersteigen. I)er vortragende macht den verschlag, dass eine Vereinigung
gelehrten die saohe in die band nehme. Zunächst müston die principien der
mDCbung genau festgestelt and insbesondere die reihenfolge, in der die orthogra-
lehan eisoheinungen zu vorzeichnen sind, genau bestirnt werden. Dann wären die
totheken, die mhd, handsohriftea besitzen, den einzelnen mitarbeitern zuzuweisen.
V mitxrbeiter miiste das von ihm gesammelte material einer vorläufigen untor-
■ unterziehen und jede von ihm leobaohtete handaohrift kurz obaraktensieren.
ai wfre insbesondere darauf rücksiebt zu nehmen, oh ein gedieht von mehrem
Eabani aufgezeichnet wurde, oder ein Schreiber mehrere werke verschiedener her-
kimft in ein corpna zusammengetrageu hat. Besondere beaobtung verdienten Jene
liilie, in denen ein manuscript aas einem andern uns ebenfals erhaltenen abgesobrie-
tttD worden ist. Die mitarheiter hätten dann die bogen au eine centralstelle einzu-
endgUtige vei^rbeitimg erfolgen miiate.
Es folgt der vertrag von Ä. Eanffen (Frag) über das deutsche volks-
1 Österreich-Ungarn,
Der vortragende fuhrt aus, dass es kein österreiohisobes Volkslied gebe, das
I teilen des reiches gleidiartig sei und »^ich von dem übrigen liederschatii
inds abhebe, Wol abor gibt es in Österreich landstriche, die durch hocb-
Irge und fremde voltsstUmme vom verkehr abgeschnitten, durob ihre hesonderon
andschaftlicben und erwerbs-verhBltnisBe noch ein eigenartiges Volkslied entwickelt
laben. So zeichnet alle Österreich Ischen Volkslieder aus, dass sie mundartlich sind,
tröhTeod in Mitteldeutschland, am Rhein, in umgabung grösserer stfidte das Volkslied
lohriltdeatscli ist. Die üeder lokaler färhung sind in der regol in mundart, dagegen
di« bolladen und dichtungon heberen etiles, die fast überall gleiohlauteud sind,
Bobriftdentsch. Hauffen gibt eiue übersieht der gattongen des Volksliedes in ÜKler-
reiob (almlieder, wildschüteenlieder, sobnadahüpfeln usw.). Er handelt darauf über
die Sprachinseln; Siebenbürgen, Oottaohoe in Krain, Euhliindohen , Deutsch böhmen.
ESne ausgäbe noch ungedmokter Gottacbeer-voltslieder ist von IlaulTcn im herbst
l_ erwarten, HaulTeD bospricht dann die historischen Volkslieder und Soldatenlieder,
feTolkslied der Slovenen, Ungarn, Tacheohon ist national eigentnmlii;h und hat auf
1 deutsche Volkslied nicht eingewirkt.
r (Wien) betont die notwendigkeit, auch die musikalische Seite des
9 ta beachten. FriedlSnder (Berlin) unterstflzt diese ansieht nnd weist
1 nDteiscbicd des norddeutaohon und ästerreichischen voIkBliedcs hio.
■26*
404 DCTTMl
3. £a folgt der vartnig von Szamat^'iUki (Berlin) iibar dk" Jalireibsriftklt
ffir neuere litlorator. Szamatolski legt die eDb^tehuogsgetu^ichte, dta «ntäliu;
und xiele (loa BHueo uutornohmeDS dar. E. Kiosel spricht seine vorwvsdanuig nu,
dass dos aaue aaternebmaD das 16. Jahrhuadert mit eiabenabe, welahcs im iitrat-
boricht der Berliner geaelschiifl für deatsohe philologie liinroivhßod bsrüukKiditi^
werde. £i' verteidigt die einrichtung des gemanten jaliresborichtG, wnfnuT Sfini-
lÖlski bura erwidert
Dritte sitiung am 27. mai (8—10 idir rorm).
1. Gotthold Bötticiier (Berlin) erhUt das wort au dem vortrage üli«ril>
mittelhochdeutsche lektüre »n den gymnasien.
Böttioher bespricht die preusBiacheu lehrbestiminQDgen und hebt die nnUaiW^
des gBsetzcs bervor, welches vielfaeb dahin aasgelegt wird, dass dum aohtiler bot
eine Übersetzung des Nibelungenliedes vorzuliegen habe, und vom original dut eu'
Keine proben mitgeteilt werden soUon. Die versamlnng nimt die aulgeatältiui ttwg*
an, welche betonen, dass die schüler unbedingt mhd. t^xte in li&iideti iiabon «eU«K^
und in selbsttätiger mitarbcit vom lebrsr auf inductivem wego in die poetische oigM —
art und sprachliche form der originale eiazuführeo sind. Als sU>a der lektün emfifidi
Icn sich Nibelungenlied and Walther.
2. Der Vorsitzende, prof. Kelle, ergreift aelbgt das wort und zeigt im anw.hla«
an den von E. Eraus in der ersten sitaung gehaltenen Vortrag na dem baispido da
Eitoliedea, auf welebe abwege die subjektive kritik altdeatacher denknülar
wenn sie nicht die lateiui.sohon quellen berückHichtigt. äoheror und Vilinanaa kabe^
das Exxolied für ein meiatcrwerk der kcmipoaition gehalten; eij «rgibt sich abnr al^
eine armselige bompilntion aus Hrabanus Maaras De laudibus S. Craois und den deda —
tatjones dazu. In dieser quelle stehen auch die lateintscben Duadriicke, weteho ii^
gedieht vorkommen. Das seltsame citat der Oenests, von welchem HüUmihiiff aagM
d«EU) es keinen sinn gebe, erklärt sieb gteichfals. ürabanus Hauras xlhlt TüLnili(-.M
im prooeniium die quellen auf. Von den 17 alttostamentariscben geachiclitsbQrlieT^
nent er 6, als erstes die Oenesis und ab leztes den Liber n-gain. Dm dtnitauh -
diahler kante nicht alle 6 bnachen und erwühnt deshalb nur 1 und 6, OenmÖK w^-^
I.iber regum. Der vergleich mit der quelle zeigt, dass gerade die wenigen nnuMKgv«
originalstollou des dichtera von der kritik als unecht erklärt wurden, wXhrend "t* "*
aus den fast wörüieh aus Urabonns entlelmtau particn die grosse uetateraohaft 4^
diuhterB dedacierte. £s ergibt sich Corner, dass da» EztoUed mit den knumnlfai»
gar nichts zu tun hat, sondern ein lohgedieht auf das heilige kreuE ist
3. Darauf folgt der vertrag von Hax Friedlündor (Berlin) Qbsr olnif
volkstümliche Üeder dos 18. Jahrhunderts.
Friedländer zeigt, dass das liud .Morgenroth* von W. Hauff (1834) maf
.Wie gedacht' von Job. Chr. Günther (1T15) zurückgebe. Das zwiaohoiigllad fiodM
FriedlUnder in v. Atnim^ aamlung von volksliadem ans fliegendim bUttem aus des
jnliren 1T!>0 und 1H17. Günthers quelle ist Uenantes (1702). Die melodie-ijoi^t
Ht ein Paderbiu^sohos geistliches lied (1770). Friedländer bespricht auob daa
vom kaoaiiee" als ein modemea, aber von alten ahnen ahstamm
aus dem jalire 1740. Der vortragende zeigt die emtwieklnng der
proben in trefUchem geaange.
4. Auf antrag von prol. Oombart beschlicast ibo seotion nia
gramni an Uudoll Uildebrand in Loipzlg aliHueauden.
5. Per Yorsitzeadä prof. KoIIq scliliosst die beratougeD der eoctdoa mit der
Hg, dBAS die peisöDÜche annäheruDg der beteiligten bleibende wirkaegou Italien
E. Schmi-lt 6|iriclit [irof. Mic
Beinen irärmstea danic aus.
: für die besorgung der vorberoitondon arbet-
VoD den vortnigen in der englisubon Boction (vorsitxendor prot. dr. Eül-
ji Breslau), waren zwei von algoniain germanistisohem interessa.
1. lo der ersten aiUang sprach Ferd. Detter über die Heaäobearden
ovrnlf. Der vertrag ei'sobeint mit andern sagengesobiobtliobeu untersachun-
im QöchBten bofte der Beiträge. Detter zeigt, dass die sage nicht historisch, ist,
UüUcnliofi' angenommen hat, sondern dass hier der KagnaT^k'niytlius vorliegt.
2. Darauf folgte der vertrag des oberlehrara dr. Hartmann (Insterburg in
lassen): Zum eiDflusse der englischen litferatnr aaf die doutsohe im
[■Urhandort. William Wyoherley und Christian F. "Weisse.
Der vortragende behandelt nicht alle beziobungen zwischen Chr. F. Weisse
yfyahtffley, sondern nur den oiaflusfl des Engländers auf Weisses Amalia. Nach
F eingehenden analyse des englisoheo stüclces (The Countrywife) zeigt Hartmaun,
sioli Weisse sehr früh mit engüschar und französischer titteratar boschäfb'gt hat,
dasa die besch&ftigung zunahm, als er sich mit Lessing in der ersten Lolp^^iger
befrsundstc. Weisse envähat das englische stück, und Lessing besitt es sogar.
fcriefWi ist Dachzuwelsen, dasa Weisse das stück von Lessing für einige zeit ont-
hatte, Der vergleich einzelner scenen des deutschon und enghschcD Stückes
, ilie abhüQgigkeit Weisses von Wyaherloj gaoz deutlich. Weisses stück spielt
Dgland, in einem gasthofe, die namen sind mit Überlegung gewählt, zwei kommen
Pb^D-Dealer vor (Uanly und Freentan). Weisse muate aber die gestalten des
Stuckes in anderem gewaiide vorführen. Die englischen personen sind roh
Folguader zog ist beiden diobtem gemeinsam: MaiJy (im eng-
itüoke) wird mittellos; Fidelia reist ihm in mäimorkleidung nach, am ihn
nnwärdigen Obvia zu entreissen. Auch bei Weisse findet sich das. Amalia
rt lioh ihrer nebenbuhlcrin Sophia, um sie zu prüfeo. Yergleicht man die
len, 80 sieht man, dass Manly gemildert, aber doch noch zu erkennen ist;
UBSt bei Weisse Freeman, während Manly das psoudouym der verkleideten
ia ist Hanly klagt (bei Wyuherley), dass er der frcundschaft keinen wort boi-
aoch Freeman hat durch die froundsubaft matorieil schaden erlitten. Eine wei-
flhnlichkeit besteht darin, dasa Olivia und Sophia dem kartenspiel gleich ergeben
Beide frauen besitzen Juwelen, welche die tuänner zurückverlangen, sie kün-
aber diesem verlangen nicht naohkommoD, Endlich geben sich in beiden stücken
rerU^dcten frauen za erkennen. Zwei gestalten in Weisses stück finden sich
fiobOD bei Wycherley. Eine boeinllussang Weisses durch Lessmgs Uiss Sara
^eea hält Hartmann für aasgeschlossen. Beide dichter {Geisse und Lessingl
B in der ersten Leipziger zoll gomelnaara Wyohorley studiert, und ähnlichkeiteo
■tSake sind auf diese gemeinsame beschiLTtigaog mit derselben quelle zurück-
UTTEBiTÜK.
über das gediotit vom könig OTendol. Von Rlcbwd flelniel.
berichte der ku§. a^ademJe der msseaBchaften bi Wien; philos.-hlstor. U. kai
OSXTl, 1]. Wien, Tempsliy in komm. 1892. ÜU s. 1,80 m.
Vorliogetide arbeit suclit die Orendelfrage darchweg in niüglicbitt vuffia
anschloss an das Ijttorarisoh überlieferte la löseii. Die abfossangBeeit das godidil^
wird deijeaigen dor vortiegendeD teste mögliclist nahe gerücVti dio iotegriüU wi
oiuboit aeiner überlieferten faBsong wird gegeo die vermotuag, das§ e« Ititsj
und aas Tersobiedeoea elomontea zusainmeageatückt sei, tunlichst vuiteidf^;
Inhalt wird, anter ablehuung der beziebnng auf mjthuB und uationBlsago,
angeht, auf litlerarisohc traditionen legendarischen and ausländischen ura|
rtickgeführt, En ist gewiss fordedicb, den gegenständ einmal in dieser richtang nf-
Tolgt za sehen, nachdem dio entgegen geseste in allen drei punkten zum eitnni
getrioboD war. Ich freue mich, den verehrten Verfasser daboi iu uianubtui lehi
woBontlicbon dingen mit den bd. XXn , 468 fgg. dieser xeitschrift gegebenen aasfäbnui-
gen in ü herein Stimmung xu finden, in anderen neue ausbVuke durch ihn sa gowiD'
nen; keineen'egs aber kann ich mich seinen BufsteUniigen üborall onsclilieswu.
Die entstohung des Orendul sest tluiniet mit Hüller lHogem xoit nach 1!
an. Dass die Vorstellungen, die der dichter vom heiligen lande hat, mit ciaer «nl —
chcD annähme recht wol ru vereinigen aoin würden, dnss sie sich aber siiidi aus dea
leit um 1190 oiklären lassen, habe icb a. a. o. s. 483 fg. bomockt, Ebcudgrl hab^
iuh dann auf einxciheiten dos inhalteg und des spracligehrauubes biugewitnen, di^
aus siäterer zeit stammen. Dass meis-ter Isea rittersL'hlag nicht vnr d«iii 14. Jahr-
hundert eiBonnon sei, mochte ich jezt bestunter behauptoa. Wie ftvindanig de^
Deutschon noch gegen mitte des 13. JahrhandeTts Jio sitle des ritIorschlaf{«a übet-
baupt war, zeigt Ulrich von Türhuim, wenn er im WiUehalm bei der unililuag w^
ßnnoewarts sobwertloito den boricbt der französischeu iinella von dem um I nim lilit,!»« ~l
den Bainouart dabei erbUt, ganz fortljjsst, vgl. diese ztsohr. XIII, 103 (g. Die mr
dieser corimonio verbundeno Verleihung der rittcrechoft am heiligen grabe aber, ms
die es sich im Ürendel liandelt, ist überiiaupt vor dem 14. Jahrhundert niaht nMdi — -^■
suKcisen. Die fabel von der gründuiig des ritterordons vom heili([cn grabe
Gottfried von Bouillon int längst widerlegt Dagegen ac:hoint der glaub«, dnu
im jähre 11Ö7 graf AdolTIIl. veu Schaacuburg xum rittor des hoiligen grabi« gcoiKk'^
sei, noch nicht eudgültig zerstört zu sein. Wenigstens huldigen ihm noch Iludf .
Deteriptiott (ks tombeaux (U OotUfrojf d» Bouillon 1855 I, 164 and Barineat,
iler Onien norn Iteil. Qrabg' SÜln 18TD s. 21 fg. Die einsige stutu dsßr i« Aa
bebaoptung Muibonis in den ootun zu seiuem Btnun Üermantearum tom. ni (Habn*
stAdt 1688) a. 531: legi in qttodam iitanu*criplo chronieo inceiii ... teriphrü,
Äilolphum Srhauxnburgentem in hac ejjii^iticne {H^"!) a primoriht* qtiibumlaat
efcleeiattici* equUem tine tniltlem ul cooabant ijreatum"; das aoi wi^«o anna
«nteils an den kfimpfen gegen die Sarazenen geschehen, und er habe tnfblgo dnaa
in sein wappen eq dem [lesselhlatt noch 'i kreuznifgel aufgenommen. A.bw ontMa
sagt nicht einmal Uvibora in dieser vagen angäbe, dass Adolf am buili^n grabe cid
überhaupt in Jenisatem die rittorwiirda erhalten haho; cwoitens ist
nie der graf, über dessen hervorragend« boteüigung an den .
Städte baschrSnkten Unternehmungen der jähre 1197/93 wir dimh
407
. Sl, 203 tgg. gut unterriobtct sind, wähiBud dea briegcs in das von den Smik-
beeexto Joruaaleiu hinein gekonuneD sein soll; und drittouM wird die ganxe it&cb-
ÜB eioe aus dem Schauenbnrg-Holsteiniscbea wa|tpea apU abgeleitete erfindiiog
sage ilailiirch erwiesen, dass dies wappen in der ältesten fomi, die wir durah ein
1 Aduifs IV. vom jabre 1224 und durch, eines des grares Koucad vom jähre 1237
w»dor das nt-sselbUtt noch die nSge!, sondero einen löwoli zeigt: siehe A. v. As-
, Uriiuadliches mat^Tial zur gescluobto und goDoalogie dar grafeu voe Scbauon-
bd.II s. CI. 07 und taf. 1. Das ue«sell>latt führt auerst Jobann I. auF dam
eiDer utkonde vom jalire 1342 [a. a. o, s. 99 aod taf. II); die drei nilgel alier
B aiah weder bei ifam ooeh io der DöuhGtrolgetLden »eit; sie sind erst spüter aus
Terlingerten form der 3 eekapitzen des nesiulblattes hervorgegaogon, mo sie sich
■D. tnf. V nr. 10 und taf. VIU nr. 3 zeigt, vgl auoh a. a, o. s. 21 1. Das meiues
älteste beisptel für die verleihong der ritterwürdc am hedigen grabe bietet
Mb Wilhelm von Baldousel im jähre 1318, a. Hody a. 1Ü8; Tobler, Golgatha
Alniäbliob norde es eine beliebte sitto, <Ia£s die adlioben pilger diesen akt dort
vülueheo heseen, mochteti me niui sclion ritlor sein oder mohl. ITelix Faber
ptorium II 8. 4j erzählt, wie sie sieb suhorenwois unteroiuauiier am heiligen
in rittera schlugen in der weise, dass imnner der vomohmere dem ibm im
siiDächfit folgenden den schlag erteilte. Ein« verworrene Vorstellung vou sol-
unoeseniieteiligung an dieser art von ntteracblug mt^ im OrendeL der erzfihluug
tinde liegen^ noch welcher jeder der anwesenden beiden dem mmster Ise bei
oerimonio einen kräftigen schlag gibt {Or. 2202).
Die aohilderuDg von Meatwins abentauerliohem helmschmucb wird wol trotz Ber-
bemerkaag in dieser steobr. XXIV, 12U fg. nicht in einer zoit gedichtet sein, in
oiUit in Dentsohland weder dio üichtong noch die bildende kunst das belmzimier
Bs werden wol überhaupt nicht viele mit Bergor für „eioe ziemlich belang-
te' halten, ob dinge, die das ganz vou überliafei'ten formetn und motiveu
Bobte gedieht besehreibt, zu der zeit, in die er ee setzen möchte, dem deut-
leben und der deutschen litteratur und kunst noch fremd waren oder nicht,
i ftbendländiachen und was wichtiger ist osteui-otäiscben parallelen", die Vosn-
nach Heiniel a. 29 „zn dem automatiscben achmuck voo Mentwins holni' bei-
cbt hat', betreffen nicht etwa den hBlmschmuck , sondern nur autouiatisuho
werke überhaupt and ergeben für dio deutsche litteraturgeschiohto keine neuen
IltüHSO. Was ich GoiUicb in dieser Kteclir. XSH, 486 über den spaten urspnmg
i der Mentwincpisodc im reime gebrauchteo fin bemerkte, gilt umsomebr, als
r dort erwähnten glosse des 10. Jahrhunderts nicht finlieho sondora einticha zu
ist; vgl Steinmeyer, Ahd. gU. 1, 310, 1 uod Ztschc. f. d. a. 34, 28ä fg., wo
ms f\i» im höfischen epos zuerst bei Berthold von Holle belegt wird.
Kach alledem glaube ich nach wie ^'ür, dass die uns erhaltene Orendeldich-
nioht ans früherer zeit stamt, als ancb HeinEol nnd Müller annehmen; aber ich
such dio Überzeugung nicht aufgeben, dass sie ans keineswegs in ihrer arsprüng-
I, sondern oui' in einer stark veränderten und mit zuefitzen vermehrten fassuog
<g^ iSns bestimto datiemng des Originals muss ich jezt noch ebenso wie
XXII, 4S7 ablebneo; nur dass, wie ich dort ausführte, kein grund besteht,
r das ende des 12. Jahrhunderts zu setzen, während die entatebung der gattung,
1] Ein« wutUhiliol
40e F. TD« ^^^^^^^H
der es angetört. in Westdeatsctüand gegea 1200 sohr wnl dcnlibu isL ^^^H
niedere fortbildong der durch den Rother vertretooeD dlohtaitgsweiso darf dic^^^H
Orendel und Uorolf in der litteiftrhiBtoriscben beuitoilung vom Bother oialit fHV
werden. Daas sie andrerseits auch sehr nahe beziehiuigeu lu godictitan wie OitM
und die Woirdietriciie xeigt, glaube ich im Morolf zitr genüge uacbgewiwiaa su hitia
Nor it'igea doch auch die niederen volkaepen des 13. Jahrhunderte irmner irgnd-
welche einflüsse der von den Nibeliingen eingeluitetHi höhoron volluopil: oder anck
des konetepos oder der beiden Engleich, wahrend sieh davoa im Oretidel auil im UoroU
keine spur findet. Dass diese beid»n epielniauiu^diohto dangen beiiehiuig&n mm
ßolandsliede aufweisen, verdient liei dieser Sachlage doch mehr heachtung, nie Siaoer
A. I. d. a. 17, 124 nun. «uninit Aas dem HokndaUede wird wul im Murolf tfefU
6S. I slammcD (vgl. Konradü Bolud 42, 22 NabUi, 273, 30 NobiUs; Cluamm
OxI. V. 1775 NopUi); femer Marsiiie 69, 2 (rgL Rol. 96, 1«) und Btliän. Ba
Suriiln findet sieb Mor. 755. 758 und Hol. 270. 30; Uodelger Mor. 730/31 bihI
llol, &H, 17. Hinter dem Sarpe Hat. 69, 4 vgl. CXrV (Varr. »fJiarpp, tdmtp,
larant) könte Sorbe* Rol. 273, 32 stecken, und das rniilii;li nur m E und tu oinwm
vermutlich jüngonin stücke des MorolT üiiorliafertu Funde OJiS, 1 mag auf BoL97, Il_
(vgl. auch Bol. 125, 23) zurückgehen, ^en Selian des Orendal fuhren Singcir &.&■_
und Heinzel s. 17 auf den BaligatU des Itolaitd, den McrtUian des OmuJel Itiliifll
Heiazel anf Marsiliet im Boland zurück. tTber den formfUen untriachltK) nrlsd
Morolf und den volkaepen des 13. Jahrhunderts vgl, Mor. L'IX. Ebenda sowie a. CXIO.^
s. CXrV' und bd. XXU, 482 dieser xeitachrift sind ober auch momimte angödtFDbA, di^
zur reuhtfertignng einer jüngeren daüerung UDseror sirtelmaunsgcdichto verwertet wm— HJ
den k5nten, um so mehr, wenn man erwOgt, dass so wenig wie das hCihor« voUa— i
epos aach die höfische kuist im 13. Jahrhundert in Eheinftanken and Bipuarien fd^pv
fand. Über die beiden tatsacben, dass gnr manches in Stoff, stil and rciin d)iw»r
gedicbtc trodition des 12. Jahrhunderts ist, dass aber die nüchste gnuuiUge dasaan,
was uns von ihnen erbalten ist, nicht übor das 14. jahrbundeH EDräckreicbt, werden
die chrono! ogiscben bestimmuDgen schwerlich hinsusznfShren sein.
Bezüglich der komposition und der ontstehungsart unseres gediohtw vorwirll
auch Heinzel Bergeis hypotbese, dass demselben twei [larallellioder von Otvndrii
heimkeht zu gründe gelegen hätten. Er etimt mit mit in der ansieht übenda, dm
das epos ursprünglich so gut wie ia der vorliegenden fassung luoht von dea taatdn
rückkanft zu seinem eheweibe, sondern von seiner hrautfahrt gehandelt bat«, od
dass der zweite teil nicht ein nrsprüngliob selbständiges gedieht, sondern jwia ^fjath
fortsetzung der hanpt^chichte ist, die im Kother and im Uorolf Qtro DttchM ua-
lope findet. Aber Heinze! geht in der Verteidigung der originalltit des flbcoUnfeiM
noch viel weifo^r und sucht mehrfach widersprüclie durch interpreUtioa tu keaii-
tigen, die andere als Zeugnisse für die Verwirrung des textes, für mtcrpotatioti wal
für das znsammenfügen verachiedenartigor bestandteile auflassten.
Mit erfolg ist das in bezog auf die geechichto von der achlie«sUolieii wite-
gewinuung des heiligen giaboB (v. 3TSß fgg.) geschehen, indem Heinzel das aohelBte
widerspruchsvolle beuebmen Durisna gegen Beers, Borgers und mein« fmfhfOTnt
auf eine list zurückführt Nur moas man doch wol auch bei dieser OTkUrong ■iinit
1) loh b
Iiielt. Slocsn aagiba ■.
s dort nickt nnc, <Uk die omUnniis von KasIbI «nl d)
» ouna iioli etil in Sa lliulal, irUimiil G vinsD gini uiili
L» gmndl^s in des lialnffSDdea m» (TS, *l Ul0()uB|>( t
. 0. , du dio iBopliD all iatspoUan ■ugMati«! wwd« ,
Ubbb b
409
^■eu, dA8A die (irühlniig nrsprungliRli etwas volstandiger und ileuUiulier war. — Fitt
Bbinifiglieh lialle lab dagegen die doiitung, «inrok welche Heinzol don schrofFeo wider-
M|inicb iwisoheu den beiden angaben des pilgera 6b«r Brides gefcuigensohaft 3299 fgg.
■biii 33(H fgg. wegKuacbaflen giautit An ereter stelle wird JerusaiBui als der ort
^■enml. wo fromi} Brtäe gefangen ist, an »weiter „das heidniacha land"; und zwar
nti sie anf dio barg Himteral gehrodit Da soll con zunaohat iTerusalem iiickt die
Mbdt, Hondern das land bwimiten; aber das ist nirgend ini ganzen gedichte der fitll,
Bnmi niulit auadrliokltch Jerunaiem den lai*l gesagt wird. Ja selbst bei dieser Ijezeiob-
^■tang wird diioh aitoli immer in erster linie an die stadt gedacht, vgl. i. b. 448 — 50,
mpffl—ßS; so sagt auch Bride, als sie die Wanderung von lokers nach der stadt
Hhnisslam antritt; u>k kü uallen gen Jentnalim in dat lant. Auf dieser pilger-
^Uit gtn Jtrwfolim in dav. lanl war sie gefanpu genommen nml über die wüste
Bibilunie nach Mtintoval in den kerker geführt: diese tatsache kann doch unmöglich
Hinit den Worten sie tat luo Jerusalem gefartgen belichtet werden. Überdies müste
Rhum das hfidcnisi-he lant v. 3303 sohlechtweg (tas „land Jerusalem" bezeichnen,
Bpas doch trotz der vorangegangenen ongalw von der abgötterei, die äugen blioklicb
WfKt heiligen grobe gntriebon wenle, höchst auffiUUg bleiben würde. Bei alledem setze
Hbh vomuB, dass HeJnzel im gegeasatze zu Berger und mir die worte ist gefangen
nur auf die pfangonnahme, nicht auf die gefanf^uschaft beziehen will. Freilich
Bpteht er dos nicht aus, und so ist es oiuht ganz sicher, oh er uioht etwa dem
Begriff des Isodes, an welches er bei Jerusalem denkt, eine so weite aiisdubnung
Bteban will, dass es auch Munteval, den ort der gefangen sc baft, mit umfuäsou könte.
^■fcer tliese auslognng wSre vollends nomöglicJi. Nicht nur Fuhrt, wie wir sahen,
Bir «ng DB6'b Unuteval über die wüsle Babibnie; Munteval gejiört auch selbst iwei-
BUlos EU diesem heidnischen lande (3231. 3378), und während man von Ackers usch
BHuaalem geht oder reitet, betragt der weg von Ackers nach Munteval 700 meilon
naafahrt (3338 — 41; und 7 lange lageiceide landreise (3362 fg, 36S1 fg.). 8o mnss
Hb dean bei meiner aufTassung, doss in der rede des pilgers die parallelniotive Bri-
nea gefiugensuhaft bei Minolt und Brides gcfangonschaft zu Jerusalem mit einander
Hennischt seien (Ktschr. XXtl, 487), stehen bleiben. Als ursprüngliobe parallcterzäh-
■ongen betrachtet auch Heinzel s. 43 die gefangaoscbaft. Brides bei Hinolt tmd die in
ntauealetn; dass ein bmelistück der ursprünglich Eelbständigen fassung lezterer erzüh-
hng in den vere«n 3293 fg. stehen geblieben sei, scheint mir nach wie vor deren
«nfachste erklärung zu sein.
Als eiue reihe zusanunengehoriger Interpolationen tiatte ich a. a. o. s. 487 fg.
lue stellen Dachwoiseo zu können geglaubt, »□ wolch<:<n Ises weih eine rolle spielt
(Hier welche mit dieser Persönlichkeit in irgend welchem zusammenhange stehen,
HeinzeJ euoht auch hier überall die Überlieferung zu rechtfertigen. Ich muss es
andern überlassen, seine gründe gegen die meinigen abzuwägen, muss nur auch hier
widerbole«, dass die stellen nicht einzeln, sondern im zusammenhange beurteilt sein
woQen; es ist etwas anderes, ob eine auflege ersoheinung, die sieb zur not weg-
inlarpretteren lässt, in einem einzelnen falle vorkomt, oder ob sich dergleichen immer
r gerade in iiestimten, inhaltlich zusammengehörigan und aus der Umgebung min-
a teioht aiiszuscheideuden stücken der dicbtoog findet. Sonst bemerke ich nur
) Heintel s. 24, dass in Verbindungen wie naektnt minder kleit das naefxnt
) lediglich pleonastisoh ist, wie er anzunehmen scheint An der stollo
tibeo wQrtei'bnches, auf welche er sich tiemft, ist für naeket minder
IS^ 1 (ätierti das gibt in diesem Falle das einfache muhu der hibel
410 F. TOST
(Hattb. 35, 30) wider, es ist also trirkliube nacktheit gemeiut; ob dio ebcndnt^
der MartiDB angezogenen worte tiacket ttatder vmle etwas oaderos bodoaten icBl^
ergibt eich nicht aus dem Eiisammenhang. In dem aas Bari. 159, 19 beigebnolitn
belaß naekent äne nah gewant ist »aob PfeifTers aasgaba sUtt rieh sn lesaa raU.
und es ist damit der hämo non ventitus ceste nuptiaii MatUi. 159, 19 I
Hüglicb doss hier cur die wurto wm veslitiis zur wähl des nacket geführt b
möglich auch , dasB hier eine hyporbolisclie anwendung des wortea vorliegt wie üe
UWb. ?, 247 belegt wird. Dass aber ein dichter bei völlig freier wohl du aua-
drackes von einem mit mantel, hose und schuhen bekleideten gesagt haben aulbi
,niao sab ibn ohne den grauen rack nacket stebn" wird mir dadurch noch diinfa-
aos nicht wahrscheinlich. — Was Eeinzel s. 22 fg. über reiche fischer beibrin^
kann doch <Ua unvermittelte nebonoinander von kleinen uod grossen Verhältnissen 1d
der erzählung von meister Ise uooli nicht erklären, wahrond mit der auch dontb
andore gründe gestuEten annähme, v. G2S habe sich ursprünglich an v. 587 aa
schlössen, die Schilderung von Isea prächtiger bürg und fiirstUcb geUadeter f
und damit anch jener widersprach fortfallen würde. Denn gegen Heinzela «nwi
düng, dass dann immer noch Isos vornehme vorwantschaft bliebe, bemerke iah, ilv
der erste und meinos eiachtens (a. a. o. 470) inhaltlich älteste teil des gediohtM m
dieser durabaus nicht« weiss, dass wir von ihr vielmehr erat von v- 2931 ab in t»
sen hören, welche Ises erhebung zum bcrzog voraussetzen. Diese aber hato U
s. 470 als „eine wilkürUcbe erweiterung dos Stoffes' bezeichnet. Hit rückaiofat sd
sie worden eret die verae 588—627 eingeschaltet sein, Auch bei bemteihiDg te
Interpolation 2207—2230, 2235—2248 beachtet Eeinzel nicht, dasa ich a. &. o. naj
s. 488 die eizfihlnng von Ises abSndung durch Bride und die von äeiaer bemfong is
den hof veracluedenen entwioklungsBtufon des inlialtes unserer diobtong SUiriM: il»
erste motiv entnahm der dichter seiner quölle, das zweite fügte er hinzu — ungesolüakti
wie ich bemerkte, aber Aach nicht ungescIiiekteT als manche andere niderbolung BBd
Variation von mottven in der poesle der spielleate. Dass er der überliebrton enit
lung von Ises aufiorderong an Bride noch eine solche von der gleichen anffonlaiB^
Orendela anfügte, und dnss et der eisten belohnung Isea noch eine iweita folgen lios.
entspricht ganz dieser manier. Später wui'den dann erst Jene veise eingefügt, duni
die der offenkundige widetspnich hineinkomL So sehr ich sonst im princip Hcianli
vorsichtiger behandlung der teste bcistiimne, so verbieten uns doch aodraeraeiti
schon die in den vei-schiedenen recenaioneii volksmiissiger e])eu urkundlich bcatlbg-
ten Eahlreichen ünderungen und erweiterungen, der späten Überlieferung einer soldin
diohtung zu grosses vertrauen entgegenzubringen. Die drucke des Orendel sind jüa-
ger, die handsohrift igt wenig älter als der Strassbuiger druck des näckstvetwut«
gedichtes, des Morolf; wie roich dieser text an interpolationen ist, lehrt sdiw fm-
gleichung mit den hondsohriften auf den ersten blick.
Den interessantesten teil von Heluzels arbeit bildet der s. 46—90 gemaohtanc
Buch, den Ursprung des Stoffes unserer diohtung zu bestimmen. Heinzel raubt ihm atlia
mythologischen sohimmer; er führt ihn auf oine besondere form der legende von der fl(-
dungdes krouzes Christi durch Helena und einen ritterlichen belTer zurück, wie er m
aus einer vergleichnng des Orendel mit dem mittelniederländischen SegheliJQ tid
Jberasalom und mit dem ungedruckten prolog zu einer oltfranzösiscben VengeiDti
(Tindicta Salvatoris) erschliesst. Die überaus reiche und vielseitige litteratautfiabHi
welche dem Verfasser bei derartigen Untersuchungen stets als grundlogc seiner (eioM
and überrasohenden oombinabonen dient, zeigt sich auoh bier, aowol bai der dnicb-
dvr einiolDen niotive der goaanteu dichtungon wie bei der aogewibloasonoii
nidit über die entwickelang der legende tod Heleoas kreiufiuduag. Bei dieser
ioh DOT die iienatzuDg von Sauerbods Trierer gescbiditsquellen, wo s. 57 fg.
titEgo erOrtetoagen üt)er die \an Heiniol s. 73 fg. bebandelte Vita der Heleaii voa
DDd Über die ältesten traditiooen Tom heiligen roclt in T/ier goboten werden,
übvrdies die selir bemorkens werte doppclvita der Helena und des Ägritius
«tugugeben int. In Alttniuma vita scheint mir otoe von HoiDnoi nicht erwähnte
besondere bonchluti^ zu verdienen. Nach ilir (vgl. Sauerland s. <J3) hatte
als HJo voij Jerusidoin imoh Born heiiuf^kehrt wer, vun dort eine Idate mit
Iquien, uuter ihnen auuh das \oa Gbdstus beim Abendmahl benuxte messor, noch
r heimal (d. i. Tiiur) abgL'sant. Das schiff aber, wulchea dru Eohati trug, gieng
dem fluBse Dnubs unter, ond dort lag nnn der reliquieDsehrein sehr
|;q nntor dorn wassor, bis sein Inhalt endlich doch ooch wider herausgefordart
i teilwoJB in BeBan^-on geborgen worde. Saueiland hat (a. 81) gezeigt, wie in &Xt-
ana Ug&bon über deu iohalt joner von Helena Tür Trier bestirnten kistc 200 jalire
der Tita Agridi noch eelerae relvjuiaa doraini hineininterpoliert werden,
lor denon nuiu suhun damals anch den nngenäliteD rock Christi vennutete (a. a. o.
I9&. 137. 91. 116 fg.). Diese erweiterten nachrichten aber Helenas reliqoiensohrein
Ml ihn allerdings niobt mehr im wasaer vendnlieii, sondern ohne einen den-artigon
bohenEall itaeh den heiligen Agricios nach Trier gelangen; aber eine von Heinnd
Bgentliub gemachte beinerkung, dass ältere Stadien von legenden und romanen
neb jängerr nicht ans der weit geschaft werden, läe«t sich auch hier anwenden;
i wenn wir demnach onnebmeo, dass die ältere sage vom achiclual der durch
kioB nach Trier abgeschickten reliquieukiste auch in der seit noch fortbestand, wo
uüim, dass sie den heiligen rock enthielt, so ist der ursprnng des nur im
überlieferten tnges erklärt, dass jener ro«k Christi jähre lang in einem stel-
len sarge unter dem wnsser verborgen gewoaen sei, bis er aof wunderbare weise
IT ans liebt kam,
Eine gewisse vorwautschaft des Oreudel mit dem Segholijn nnd dem prolog
Vungeauoe ist nicht zu verkennen. Es finden sieh üboreinsümmungen im ganzen
im einEelnen; viellrächt ISüst sich sogar den von Heiniel bemerkten noch einiges
So wird im Seghel^jn erzilhlt, wie der held, aufgefordert das von den
aa oingeschlosGone Born zu entsetzoo, mit den Christosreliquian, die er aus dem
geolande bringt, vor die stadt komt, und wie ihm da die ganze einwohnersobatt
tief ende auUij'n entgi>genzieht (Segh. T124fg. 7349 fg.). Dieser demütige aufXng
Tor allem jenen reiiquien, nnd er widerholt sich, als Helena und Seghelijn das
ue nach Jerusalem bringen (Bagh. 11379 fg.), Im Orendol wird dem beiden durub
o eogel befohlen, das von beiden belagerte Trier au befreien; und ob er nun
seiner Christusreliquie, dem heiligen rock, aus dem morgeulande vor die stodt
igtn komt, da geht ihm anob eine gewaltige menge trulltn und auch barfuon,
^gen — aber hier ist es das grosse heidniacho heor, welchos sich, sowie es nur
Orandal hört, ihm unterwirft Das sieht ganz wie eine äbertreibendu umgestal-
[ des im Seghelijn in ursprünglicherer gostalt uberllefeiten xuges aus.
Dio hauptfrage Ueibt aber doch: war die Belenalegende geeignet, der ganzen
üddsage als einzige wesentliche grundlage ta dienen? Diese frago muss ich im
UBte «1 Heinzsl verneinen. Der hauptinhalt jener legende bleibt doch in allen
ieaH der, dass die kaiserin Helena mit grossem (kiiegeriscben) gefolgu nach
■diB sieht, um dna kreuz zu suchen, welohee sie denn anch sdtliesalidi uoh
'(12
ftllcrlei zwisolienQlUtin findet und feierlich transferiaren ISsst Im Oreudel soll oni
der heilige rock dna kreun, Bride die Helena, Grandel deren kriegerischeD be^eitn
auf dor pilgerbhrt vorti'eteD. Aber Bride bat mit der aufiiDduag des rockeB pa
niclite zu tun; Ürendel kernt auf seiner fahrt nach JeroEalem durch zobU in MUn
besitz, ebe ei mit ürid« anch nur EuüammeDtrift*, Bride hat auch oii der bhit oid
Jeruaalom gar keinun Anteil, sie weilt vielmehr von vornherein dort als ongeatamtc
königio, tochter des königs David, d, i. natürlich des biblischen, der hier dkedb«
ohristliche metamorpboso durchgemacht hat wie Salomo im Salraan nad Morolf, lud
den mit einem im prolog der Vengeance als gemahl der Helena auftretenden Darid
von Troja in besondere beziehung zu setzen doch ziemlich fem liegt Fol die vei-
loderte Stellung der Bride bat Hemzel eine recht kompliciorte erklämng. ZonikilMt
sei die kaisorin Helena zur känigin voo Jerusalem gemacht, neil sie mit einior köni-
gin Helena von Adiabene verwochsalt sei. War sie aber einmal Inhaberin doa thniiiM
von Jerusalem gewoideo, so muste ihr hetfur bei dor kreuzfindung die fahrt donhia
jezt allein antoroehmcn; da in der legende nun andrerseits der zug feststand, da»
sie mit jenem bolfer zusainniea kiiogerisRbe taten volführte, so niuEto sie in konfiifcl
mir ihren eigenen Untertanen gesezt werden, um so räum für gemeinsame toten n
gewinnen, wie sie denn im Orendel geachitdert werden. Dagegen ist jedoch söboi
einzuwendeu, dass Helena von Adiabene weder königin vou Jerusalem war, noch Kt
eine solche gehalten wurde. An den stellen bei Oildemeister-Sybel und bei lipaioi.
auf welche sich Heinzel a. 13 (vgl. e. B3) zur stütze seiner kombinationen beruIL
wird nur vermutet, dass die legende die kaiserin Helena deshalb zu einer jndln
gemacht habe, wei! man sie mit jener gleichnamigen königin Ton Adiabone verwach-
selt haben werde; diese war nämlich zum Judentum übergetreten, hatte wie ihre bi-
serliohe DBUienssoh wester eine pilgerfabrt nach Jerusalem gemacht und war toc du
toren Jenisalems begraben. Dieser lezte umstand bietet Heinzel den einzigen mball
für die annähme, die adiabeniscbe Helena sei in der tradition zur königin y>m Jtn-
s^em geworden-, einen beleg dafür, dass dies wirklieh irgendwo geschehen sw, lnii(l
er nicht bei. Dagegen beruft er sieb allerdings für die übertiagung jener würde auf
die kaiserin Helena s. 83 auf eine syrische handscbrift, welche Lipsins Abgamg*
s. SO heranzieht. Ks ist dies eine «lyrische Version der auch in lateinischer Ensnig
vorliegenden Acta Cyriaci (oder Judao Quiriaci), in welcher Helena, gans dar alg»
meinen tradition entsprechend, als kniserin und mutter des Constantin nach JoirtBiln
zieht und dort das kreuz findet Im ansohluSB an die anordnungen, welche ae dOK
dort trift, heisst es aber am ende, sie habe in Jerusalem regiert. Dieser dor lata-
niaelien &ssung fremde zuaatz erklärt sich ans dom Zusammenhang, ohne dass mV
Helena von Adiabone heranzuziehen braucht Ist er wirkhoh so zu deuten, daes HM
immerhin doch spooiell syrische tmditjon der kreuzfindorin die würde einer köu^
von Jerusalem beilegte, ao beweist das nur, dass dies geschehen konte, ohne dw
sie deshalb von ibrar feststehenden rolle als kaiserin und kaisermutter sowie ill
Unternehmerin der fahrt nacli dem kreuze irgend etwas einzubüssen brauchte, dos
also zu der völligen Umgestaltung der legende, welche durch die beilegang der jon-
salemitischen königswürde bedingt sein solte, keine veranlassung vorlag. Eine todiR
Helena oder Oleina lebte nach angäbe der Toledoth Jeschu als königin Ton Rüittint
ZOT zeit Jesu, wie Binger in Weinholds Zwtsrhrift für Volkskunde 2, 295 aaolttmt-
Drsi die angaben dieser niclit vor dem 13. Jahrhundert entstandenen jüdiatdioa IWS*
■ohrift für die Orendelsage verwertet werden können, bezweifle ioh. Aber mM
wenn dsa zulüHiig wäro, so würde doch jene Holona, die als witvre dM Üüfi
413
r Jmiuieiu imd oIh eine ältere verwante .lesa anftritt, mir mit Sioger in
äetiang zu der ü^leDa, welche nacli naB^rem gedichte deo rook Christi wirkt,
bt ftber in bexiehimg zu ii'au Bride gebracht werden köniieD,
Die eiasigo beriihning zwischen der kreozÜDderin Helena und Bride bloilit
Mslioh die, dsgs uacli der daretellniig des Seghelijn und des praloges zur Voii'
» luch Helena mit den liämpren ihres ritterlichen helfers gegen die Sontxenen
verbindong steht Im Seghelijn beschrankt fii(^h ihre («ilnahine freilich darauf,
B sie für den in der schkcht bedrängten Schwiegersohn Seghelijn Ijetet (v. 10422 fg.
. 10934) und sodann bei der nnbludgeD verfolgnng der beiden durch ein engelhoer
624) mit Seghelijn und seinen gesellen hinter diesem herreitel (v. 1053B), Ea ist
1 Hiebt xotreSecd, wenn Beinzel mehrfach bemerkt, dass Ilelena in diesem geditilite
mpfo; es wird im Begbelijn nirgends auch nur gesagt, dass sie eine waffe führe.
1 beteihgt sie sich im prolog der Vengeanoe nach Heinzels angaben auf s. Ol
trdiiigs titig am kämpfe ihres gatten David vor Jerusalem. Eine andere rolle als
' ctesanstarke heldonjnngfran Bride spielt aber Helena doch wol auch hier. Ich
e in dieser ztacbr. 22, 474 hervorgehoben, nicht dass Bride (wie Heinzel s. 32
irtj eine riesin, aber dass sie von riesischer natnr sei, dass ihr auftreten in
irem gedichte noch sparen einer aatFassnng z:eige, nach welcher sie sum riesen-
whlecht gehörte; dafür hatte ich mich neben den änsseruogen ihrer gewaltigen
'perbraft auch anf ihre ausrüstung mit der stählernen stange, der typischen rie-
itraffe, bemfen. Die beispiele, durch welche Heinzel das lezte argiunont zu ent-
ften sucht, sind nicht glücklich gewählt. Wenn die unbewafnete Guibor einmal einen
B xwei kämpfenden hinteiTÜcks mit einem stocke schlägt oder wenn sonst eine frau
mal einen stock schwingt, oder wenn Uirabel dem neben ihr stehenden geliebten die
nUxt entreisst, am ihm im kämpfe beizustehea (vgl. die a. a. o. cilierten stellen),
e natürlich deshalb „keine riesinnen" zu sein, so wonig wie der mstroso
a riese ist, weil er im Gaufrey als waff« einen mörserstössel ergreift (nicht,
I HMniel angibt, „die Stange führt"). Es handelt sich aber bei Bride nioht um
1 beliebigen znra angriff oder zur Verteidigung ergriffenen gegenständ, sondern
. eine EU ihrer volstandigen ausi'üstung gehörige waffe, die sie, von köpf bis zu
I gewapnet, sogar noch neben dem Schwerte fuhrt; und es komt darauf an, dass
I gerade genan die waffe ist, welche nach der iiberliefcrnng deutscher dichtnng
j und allein die riesen tragen. So geschieht es im Hother, im Nibolungon-
de, im Laurin, im Sigenot, im Goldemar, in den 25 riesen-
r Tii^al, so nuoh b erfundenen epen höfischen stiles, die zugleich von
D elementen durohsezt sind, wie Strickers Daniel und Fleiers Oarel. Es
I nicht eine wafie, wie sie durch das fremdartige kostüm eber kdnigin von
k veranlasst werden konto (Heinzel a. b. o.); es ist vielmehr die charak-
BOhe waffe der übermenschlichen ungefügen kraft So wird sie denn auch von
I gehaodhabt, wenn diese mit ihror stahlstajige eine weite Strasse durch 16000
tden bahnt, und wenn ein schlag mit ihr genügt, einen sclüld in drei stücke und
l^^eich seinen Inhaber vom roHse zu baden zu schroettem.
Niolit aus der Holonalegonde zu etkläreo ist auch die biautfahrt Oretidels,
I Bcbifbraob und seine knecbtaohaft bei Ise. Zu der leztgenonten findet Heinzel
1 Seghehjn ein entsprechendes motiv und in diesem zugleich den keim-
t fär die erzäblnng vom sohifbraoh des beiden. Seghelijn wird nämlich gleich
I seiner geburt, um deu nauhstellungen seines vaters entzogen zu werden, einem
: mu* erzichung übergeben, der deu knabcn dann auoh '
boDUEt, bei deocn disser onritterlicb am hofe aoftriti Trotedam erwiriit Oru
al* er bald nachber zu ehre und aosehen gelangt, eine rente ala lotm.
sich nan eine ühnlichkeit mit dem gnechiechen mman, apecieU mit dem J
ergeben, dessen einfluBS auf den Oreadel Bej^r nodiKQweiBen Bachte. Dmm Im
A[iolloDius wird der schifbrüohige held von einem fiacher anfgenommcni and AütfSf
bekleidet, eraobeint an in finuliehem anfinge bei hote und belohnt Bchlic>6sliRb »ach i
flscher. Das babe daiu geführt, dass der Apollomus „auf jenen Iftgenduisdten ramui
Beinen einfluss aoBüben konto" (s. 80), d. h. doch wol dozD, daas der Iteld (OnniMI
von dem fisohor nicht mebr aufenogen, aondem gerottet wird, unü ■
einen scbifbruch zu leiden hat. Soite wirklich auf diese weiee daa oino motiv da*
andere an aiob gezogen haben, so solte man meinen, du» das im Segbntijn Aber-
haupt nur auf die sohnespfticht gegründete dieDStrerbgltuis des hddon zum GstJm
darob die ApoUoniassage, die von einem soloben ILberhanpt nichts weiita,
wäre, während es im Orendel vielm^r zu einem niemaU in TOi^Büechcit gcnt«od«t
lmeehtSGhaflaveiii£ltnis gesteigert ist, dessen bedeutun;; üeinzel muinua eranhten« d«4i
nnterschätt Aber das vermittelongsgliod zwiacbeu der Seghelyn- und dw Apdl*-
niostradition sdieint doch überbaupC ein recht schwaches, um so schwäoher, wwu
man bedenkt, dass jener fiacher im Apotlonins eine ganz nebensieblicbe rjUb apUl
and dass das fisohermotiv überhaupt ein sehr verbreitetes war. In dim Seglttliji
mag es in der charaktoristischen form, dass der Tomehme findling von oio><m IbelMr
aufgezogen wird, ans der Omgorlegendo gekommen sein, din anch auf den soblnM
des gedichtet eingewirkt hat, vgl. Eeinzel s. 60. Wenn auch die von Qeinial mit
angoführto orzählnng, dass Seghelijn einer Prophezeiung tsnisprooheni] etune beidra
eitern tötet {Se^. 11906 fg.), der Oregorlegende &emd ist, so untspricht diuaer dodi
angenscheinlioh die etzlUilung von der walil des schuldbeladenen büMen som
papsta; und bemerkenswert bleibt es, dasa sowol Segbelijns schuld wie die ^nra-
chende des Oregorins an die Oedipugaago gemahnen (vgl. üeinzel s. SO fg.). daw
vergleicbung auch bezüglich der votbersagnng der unheillat des beiden und tKinvi
dadurch venusachten anssetzong nikher liegt, als die herbeiziehnng der Piinmig*^
der Heinzel, unter annähme einer Vermischung der kaiserin Helena mit der ttnjt-
niBchen, auf gnind überfeiner kombinationen einen einflnss auf die amgc<8t^hu)g iU
Helenalegende beimisst. In der faagung, wie sie im Sogbelijn US15 fg. ertUilt iriri,
gebort aber die unbewusste volführung des prophezeiten elteramordss Ttaüiushr tut
l^nde vom heil. Jiitianus HospitaLor an; s. Acta BS. Januar 11 s. 074, ],egeiwla Kinl
od. Qrässe* 142: wie dio ottero den söhn suchen, wie ihnen in dessen ihirinnnW
aein sfaebett ala mholager angewiesen wird, wie er dsnn die achlummei
meinong, sein woib und einen bnblen vor sich zu haben, oniiordet und i
alte Weissagung erfült, der er sich hatte entziehen wollen — das alles wird |
legende wie im Segbelijn berichtet
Die widemm recht komplicierte entstehungsgesohiohle der btantCahct 4
welche auf a. 84 vorgetragen wiid, fuast auf der üben schon abgolabntMV
Setzung, dass eine überliefsnmg, welclu- Helena zur königin von
ihren rittoiüchen helfer, der nun such iiir mann werden solto,
nach JeniSBlom kommen Inasen miissoa Nimt mtui zu aDediMn lunm,
nameo der hauptperaonän imsores gediohtes, Orendel küoig Ougels aahn, '.
gar keine boriihrang mit der nolunaleginide zeigen, so wird diese t
die erklAnmg dnr sntstehnng seines inhaltes anarachen. Den namMi DtiriH
Heinxal allerdings mit dem Prides, der im Segholün ab vater des fa
416
lenaabringen; aber es fehlt an einer erllärung dafür, wie der angeblich ant
Helena übertragene name Bride von dieser auf einen mann übergehen kante, der in
der einzigen quelle, welche den narnea Fndi?s überliefert, als vatcr ihres Schwieger-
sohnes doch in sehr entfernter beziehuag zu ihr steht; nad es ist voUends unortUr-
Ueh, wie der name Helena dnrch Bride eisest sein soll. Nach Helnsels konatrak-
tioiien (s. 63) müste da» schon in einer Version der kroiizfindungslegende geschehen
sein. Ais kreuzünilerin war aber die hell. Helena doch so algemein bekaut und in
dieser beziehno^' stimmen alle traditionen so überain, doss, so lango es sich wirklich
noch um die legende vom heil, kreux handelte, ihr name meines erachtens unmi^g-
lich durah einen beliebigen andern ersezt werden konte. — Dem gedanken lae für
Jesos Christus zu erklüren (s. 23) wird Heinzel selbst kein Rouderlicbcs gewicht bei-
legen wollen. — Von traditionen über einen Oreudel endlich wissen wir nichts wei-
ter, als dass der name gern ein germanisch ist, daas die Skandinavier und die Angel-
sachsen nach ihm einen glänzenden stom benanten, dass die Snorra Edda diesen
umstand mit einem mythns in Verbindung bringt, nach dem Orendel über ferne fluten
ins riesenland gekommen war, und dass eine dänische sage von seiaen kämpfv^n als
seeheld ond von seiner Vermahlung mit einer konigatochter erzählt, unter diesen
nmstfindea scheint es mir Immer noch das nächstliegende, anzunehmen, dass ea eine
loT mythischer grundlage ruhende dentsohe heldenaoge von Orendels seefahrt und
seinen ahentenem im riesonlande gab, welche eineiseils die aus fremden überliefe-
mngen nicht erklärten rüge enthielt, andrerseits aber auch gelegeaUeit bot, kronz-
EUgsmotive und insbesondere auch traditionen aus der romanliaft erweiterten Helena-
k^ende in Vermischung mit fabeln vom heiligen rock an sie zu knüpfen.
I - '-
■ur Sünden widerstreit Eine geistliche dichtung des 13. Jahrhunderts, hentus-
r gogeben von Victor Zeldler. Graz (Styria) 1802. 114 s. 3,40 m.
^ Die litterftrhintorisülio bedoutung der allogoriachen dichtung, die lünr zum
'testen male veröffentlicht wird, lernen wir nach wie vor am hosten ans Oervbus* U,
B. 302 ermessen; der heransgeber hat keinen versuch gemacht, sie ins licht zo rücben.
Dagegen komt er den phllologisohen ansprücben, dio man an eine textausgahe zu
atellen gewöhnt ist, ziemlich weit entgegen. Wenn an anderer stelle (littenu'. ccn-
tralblaU 1892 nr. 21) das nrtcil aasgeE|irochen wird, dass in diesen partien die dar-
stellaug sich durchaus „in tmditioneller weise" bewege, , welche in tnanchor bezie-
hltng anfechtbar ist, namentlich was die metrik botrift", so ficheiuen uns die einzelnen
ptel doch nicht so gleichartig zu sein, und gerade in der metrik sind einige sehr
dienstliche nouerungen hervorzuheben.
Allerdings stört hier das festhalten i
hohe abteilung eines überladenen vet?
I «abwar belasteten auftakt, wie z. b. i
lUIrt) da», hiimelisehe erbe gus bejagen
üielten, in himclixche den ton v
■tübigen auftakt construiert i
der schwebenden belonung nnd die
363 in 4 correct geliaute hebungen und
in 2324 (nicht 2319, vno Zeidter s. 34
Q Zeidler statt mit Synkope und elision
D der bauptsilbe auf das sofTu riiokt und einen
Aber auch wenn man sieh an solchen piinci-
i punkten stösst, wird man darüber doch nicbt das gate übeisehen, zu dem der
r auch von soIcJibd aosgangspunkteD gelangt Und ich muss gestehen, dass
I nidit leioht im metrischen teile neuerer textausgabcn so hübschen beohachtnngen
r das yerhftltnis von satzbau und vcrsbaa begegnet bin, wie sie Zeidler hier gibt
r
416 voNDUiuia
Sie metrische Tarweitbarkeit miiEelner wortfclaaaeu i
sich deutlich in der Verwendung, die sie biet im verse geFunden habi
dienatliohe dieses teils der nntersnokungea tod Zoidler wilnls nncix
treten, ivenn er sieh kräftiger vom schematisraoB befreit nod an
Btumpfoin und klingendem Schlüsse^ die er g^trent babaudelt. dut dae ahgeKoäist
hätte, was den eiuen wirklich im gegensatz zn den aoderu bt-suoUor« nigäs ftt (■
vgl. RuI B. 37 die bemeikoDg unter B. 1. b.). Ähulioher BebcmstiBinuii bat inüh fie
darBtellaag des hnudBchriftenverhältnisses angoschwelt, ohno den nnsffihnuism doi
verfassen damit mehr vei^tüidlioUk'eit oder übe rzeoguugs kraft zu verteihsti. Zndia
geht von der Oiesaener handschrift (Qj aus, deren dialekt oberhe«ai£^ iat, «fli-
rend eine Heidelberger baodsohrin (H), deren dialekt dontlii^b , milloUeulsoH«*
gejiiäge zeigt, und eine ausgesprochen bairiacliu hondsehrift (W) beide gloiohM irtae
auf eine voriage zurückgehen solieo, die ihrerseits mit der Giesscnor au« tarn
gemeinsamen absuhiift «Iob originsJä floss. Den dialekt des Originals Mdbrt baatiBl
Zeidler auf grund der reime als tburiogiBch, und er hat nicht auf den versucb >«•
dchtet, ihn widerherzuateUen. Wenn xidi auch natürlich bei der Duuig«liitliaL bewäif-
f^obeit oneorer bÜfsmittel im algom«inen und bei den zerflieBSendea grouiUnien Mi-
schen .thüriDgiach' und .oberheBaiach" keine absolut sicheren ergebniüso «uxinla
liossen, m war doch der versuch die nufgabe zu lösen vordienstlidi . und er m|I
(Ion beorbeiter auch durchaus vertraut mit den vorkeDtnissen. Irtüinor und W-
stöttso Bind uatiii'bcb auch hier mit imtergciaufeti, einige Bind in der oben erwüiiln
recenfflon verseiubnet, andere ergeban sich in der syntax aus der ooigung, «in|n»-
ses schuIinBssiges mittelhochdeutsch gegen die handschrifton ziuecht xn ibitHk
Wonig gelangen scheiut mir die verzeichnueg des kritisolieu apparatse, di* v
grosser weitachveiligkeit leidet, ohne die eigenart der oinzolnen handaclirifban fan-
gend zn kenzeichnen. Aus der Heidelberger handeohrift wenigstens, die ich ni/ii-
prüfen koote, sind die abweichungen recht wilkörlieh angegeben. Vr^r .-"r *-
ich bei denjemgen erBcheinungen , die sich in gewisser regelmöasigk' n
handB«hrift oeben, an geeigneter stelle einen vermerk: denn die V- 1
darstoUung du dialuktes (s. 22—24) xeratreuten bumerkungou r-.i<
Hioher gehören nomoutliob die abbürznngen, die im nppamt doch ^i..^ijiU. :> i<
geführt werden und dann den eindmck der ausnähme machen. SoilariN irM' i: .'l ■<■'■
chuugea irio trarb (i) gegen ivarji; oueh (H) gegen ueh u. a. Falbel» k'^'I"i-'<i '•'''
allein auf der ersten tieite formen wie gdrutvecliehin (t. i gelrüu-etiehi), ji^
lichiu (x. 0 gulliehin]; rreitndcn (fohlt z. 16); volginge (z. 32 wnlginge) u. i-
vebei teilweise druckfchler vorliegeo mögen, die sivh anch sonst ziomlich bonittUw
machen.
Anmerkungen hat Zeidler seiner nnsgabe elienaoweuig mitgegelm, lää <■>
litterarhistoriBche Würdigung. Es ist das um so bedaueriiebcr, als in dar tat !■<'
sehr interesBante ergebnisse mitgenommen weruen konten. ZunAchst mum woeal^
metksomen leser hier die verquickung alter und neuer sttlfermea «nlUI»
OoiBÜiche poeaie hier und dort, hat aie ^ob doch in einzelnen teilen gase in M
verrostete tüstnug höfischer stüistit gehOlt, wilirend sie in andoreo iiartiii'n l-ni*
die neugeprtgten formela der beginnenden mystik aufweist Besood'i ^
sieh zum lieispel aus einem modern gefärbten znaBnunenhiuigo 143
aatuis heraus, der über die person Christi allerlei mitt«lungen
ine rarainiscenz an eine hSIlscho chrlstolugie
alaohnitte Eagleicb die »u&llende einachiinkung doit
:^^^^_J
417
1 hervurKuheben. rtir deHBeu ciitwlckIuugs),'i>echichUi üWhaupt ann uiittenini
knul «Qurl« fiiignnceig« xu cutnelimBii Bind, luunnDtlJuli, wo es Toin raim begiiii-
% tS3l) (iilnr xnninkgnilr&Qgt wurde |1456. 57).
Aodi sonst k<iiit«u j^-eradö die schwniikungcn dos krlKschon app&rate« allerlei
itaktlsoliti aualieute gewähreu, so i. b. wudu in 1232 gogea unwer liebe hrrre.
0.) dia Imidnu aoderii hatidsuhririen Ktwk ttubtieran (umer tiebir /http), udur
n in 367 tml in rr vil tilee nuin tdLmtli<;lie bnodsL-lirilten ti'ol im zeigi'u,
nwnd in 230. 2313, ST01 u.a. gerade G. W. vou U. sich abheboo, dos stnmp? an
I vprmatlic.h auch durch das orifpcal gebotenen dativ fosthült, In ein andoreü
iet (ahn 1'291 und otirh »hl l/nider min her Nil. Es ist ja gelegentlicb der
le IL Fr. 218, 19 die fr^() erliobeu wordeu, inwieweit di« r^gung min her auch in
miUuHioolideutsdiHD spraube sich zu einem compositum vtu^ichtet bat, das
esalioh naf den boileutungsgebalt des einfachen aimplex l,h«r) hembainben konte.
( fragn ist für iHe Chronologie Hartmanns v. Ane von bedeatnng; hior liegt
IT Andetnn bolegeo, di« mir sonst begegneten, eb mittel der lüsung. 0. and W,
uea die rorbinduiig min her ganz als siinplex xu fühlen; dem sulimber von H.
pn kam der liedtintangBgehalt des poBsessivuinB mm bewosstsoin, qt lieas bh
A-Unb BODüt wären noch maucbo orsi^beinuDgen, namentlich des wortsohaties,
IwAolitnng wert gewesen; ku Urs scbwaulten zwischen tiebe and minne, das allur-
) sohr vom roimzwnnge liccintluast ist, odnr 8pit*ne 1-nlego wie 1331 ri>n nldrr
llohnlni. Ein ritbTgüdichl aas der zweiten liätfte des droiiiehnUin jahthuiidurts
»oo ineiätflr Ulrich von dem Türlin. Herausgegeben wo S. t^lni^r. Im
dea vereiiiH für geacLichtc der Deutsohon in Böhmen. Frag, Doininicusvor-
[. 1893. LXXXIX und 4iÜ s. H m.
Die bftitrtojlung der älMrliefeniug, welche dar heraosgeber des nunmehr im
> vorliegenden Willehalin dos Ulrioli von dem Türlin m gründe legt, beruht
im weeentliohen anf der seiner xeit von H. Suchier in der babililiktionsaahiilt
(lis quelle LUricbs von dem Tiiriin (Paderborn 1673) gegebenen, bat aber die
ioH Doob tmgelcJst gobliebenen fragen mit glück beantwortet und dabei zugleich einen
iDtorasonlen einbück in die arlieiteweise des Verfassers eriJfnet Suchier auterscbied
titat recensiooen, von denen die erste A, ausser einigen brucbstücken tmr durch die
Hmdi'lbtirger bandscbrid (Cod. pal. germ. 395) überliefert, allein die ursprüngliche
gentatt biete. B eine freiere, vielbch erweiternde, doch auch stellenweise kürzuudu
beftriiettimg, C und D dagegen stark kürzende aoszüge, der eine von A, dei' andere
B, äHieu, iJchlieesUch E ein prosaischer aiiszug von A. Daran bat auob der
ImniisgelHT nichts geändert. Dabei bleibt aber unaufgeklärt die Stellung der fori-
ectsUD;;, welche allein die Hoidelborger liaudsclirift hinter dem 310. abschnitt auf-
wiust, weiche uuverkenbar von Ulrich selbst berriibrt Da führt nun die entdeckung
des h<.'rausgel>ers, dnss im onfang des gedichtes, im 7. abschnitt, ein akrostiohon
■ntballeii ist, zur richtigen einsieht Es beisst in Ä: ii«iatvr elriek von dem tvrlin
hat mih getnochH ihm i>deln emtieh von beheim; in B fehlen die verse hinter
j/fmndtel, in denen die anrede an den, mit nsme» genanten, küuig littakor erat
bo^ot. Trotedeui nun in dem vcrbeiigebendcn teile der text nicht unerheblich vou
418
dem in A abwoiobt, sogar iwoi veree amgestolt s
teil das akrostiohon maititer vtrirk von dem iprlin hat vtick gemadiet. So bumcckl
mau <lie abiiioht; e& LTgibt siuli, daas auch A nkht Axo uisprttoi;liohu füttii dis» gedidi-
tos ADfwt^ist, andern eine, vom liiahtor sulbst rerfeitigte, Uuirbcituag, vulub« dam
könig Ottokar gewidmet wurde und dcmu handtung durch eine fortsetiiiag nAher an
diö dos Wolf ramschen godichlea heraagefiilirt wurde. Diiiso tatsaiiho linilm nun t-iae
vorzüglicbo bestätigutig dadurch, ätaa diu verlereu ^'eglaable uod iisuerdinga wider
anfgefuDdene Groutesishe handu^lirin in Köln (tiocbier a. o. o. b, II nnd in dlicrr
xtschr. XXJV, 462) oIe vertreteria einer bnsomleren nus O, der urstiMi fosMung, din-kt
abKoleite&den receosion anzneelieD iät. Diese hdsclir., g, geht mit der reoenaioo B
überall nicht zusaainieu, wo dies« ia »rkeiibai'er absieht (Siiohier a. 9, Sü^ar
B. LXXVI— LXXSI) erweitert uud guaudert hat; dias hat Jur heranageW In 4u>-
kenHwcrter weise im u[)i>arat immer lieaoQders bervergelioben. Wo sie ab«r iiiBaui-
mengebn. kümmeo wir fast immer auf einen lesbaren, zusammi'nliimgiindon worthut,
boi dem wir auch meist in diT log« sind, die abweii;hung in A aus der dieser xvcn-
ÜQM eigenen tvndeoii zu (•rklaifu. AllerdingB babou B und g aueb fohicriiafla losailMt
gemoiD; dem stehen aber aueh gemeinsame fehler von g uud A uud von alleii dn^en
gegenüber. Eine rnilie dieser fehler, besondere soiehu die A mit einigen der bdaebr.
von B hat, durfte auf lufal! beruhen (wie nimt für mini 7^ 23; lülerbierer für /<U^
biarnr S7, 29). Boi iuid«ni braucht man sich nicht zu Bcheaon, vrrsehon im itrigin^
uimnehmeD, wie die art dieser feliler es nahelegt (Singer s. II — IT.) Aus dionm
drei patallelen rocensiooeu ABg lässt siuh 0 aber nicht im ganzen umfange ennit*
telu, da g nur bis 187, 15 reicht. Dies genügt aber um die uinarbeitunic dee ditJi-
tets noch in einer diitten beziehung zu cbamkturisiereu. Die oiguntümliube form de*
godichtos, welche Wolframs uud Wirnts mustcr kombiniert, die 3lKnilignn, auf dnl-
Kim ausgebenden abschnitte, diese form war in 0 noch nicbt gant darchgwfttfart,
weil aiD dem diehtor zu sohwierig war. Die Umarbeitung bat sie dann Ubwall her-
gestelt, bis auf vier abschnitte, weloho mit 33 versen steben gebheben ainiL Hier
jed«smn] mit Suchier (s. 6) an interpolation ta denken, verbietet schon die gescbtobte
d«r Überlieferung. Eben»o zeigt auch schon 0, soweit erkenbar, diewlbu fnrtbildung;
in den ersten 27 abschnitten ist die länge noch sehr verschieden . von da ah ist die
SlxeOtge die bersobende. Wie »ehr die arbtnl des dichter« unter dem zwange diesM
Hohemas steht, leigt nun ganx besonders die wunderliebe lurm, in der die furtsettu^
in A ütierliefert ist, für die dor herausgober die richtige erkUruug gefuntku bat.
Der dioht«r leiste üch ein scbema voji je 31 Zeilen au und fehlten ihm die vokaMa,
dann liess er platz frei. Die hdschr. A gebt also auf ein exemjiiar d«a diohlM
zurück, dae noch unfertig war (s. liSI fgg. vgl. Sucbier s. 7). Die überwrafMda
zahl der Auslassungen tiift den schluss der abschnitte, eutweder fehlt die lette iMife
attoin (I4mal) oder die drei leiten (llnial), gegen 10 andere Ihlle (a. LXIII).
9t>mrJie war keine lebendige, sondern eine angelernte, i
spräche redete und dai.'hte nur in reiinpaarcn; sobald der dreireun komt, iat d
lecunheit da und begiot das Htettem,
Alles «rürtemswerte, was den dichter mul sein werk angeht, t
beaprecbnng der Utesten fassnng (1) gebracht Dadurch ist as sachber o
detntUiart«n nachwfös der autnreehaft TTlricJiB fhr die fortsetEung t
fgg.) Dws Ulrichs spräche uicbt unprünglicb sdiSpferiscb , sondimi i
wni>n twdentende geistor dos werk vorgotau, Ittterarisaheii votbildera n
wird auafubrlidi dargestelL Doch int- n Qnt«aclieid"n. Diu ankl
4IB
id Wlrct (s. XXXI — XXXHD und ondare, die bertibruagen hiuriiin und daliin,
i ioaea kma bestirntes vorbild oaohznwoisen ist, soodeni die znm algemeingut
hären (XU — XLTT), dime bilden die uuimiie seiuer duruh leoen imd vorleseD
vconeneii apnchlicheo bilduug, die er ohne sbaioht anwendet Anders ist es mit
olfram; dieeoD nachzubitden war seine, ilim selber verderbliche, abmoht (a, XIX —
SXJ). DesMD gediobto, bcsoaders den WiUebalni, moss Ulrich anuähenid aua-
mdig gekont Iinhen. Iiieser auaführliohe natshweis muss jedes bedenken, da« imcb
bttndigem beweise (8.37 — 3d) über die oatatehung des Stoffes ungetes
iiditea noch gehegt werden künte, endgiitig beseitigen.
Sb viBiv nun aber der mähe wart gewesen^ etwas genauer za verfdgeo, wie
I d«n aadeutuüf^n bei Wolfram die fabel Ulrichs sich ausgebildet hat. Das mal«-
1 dasa int vom heraosgeber hcigehracht, aber nicht deutlich heransgebobou. Es
rfte doch zweckdienlicher sein , die entlehnuiigon tuid bonihruDgeD der darstcllungS'
ttel gesondert von denen der motive der handlung zn besprechen Die ansführun-
a dss heraosgebers haben in ei^r linie im äuge, welche Schriftwerke Ulrinh
kant haben kann and welche scbriftsteUer ihn. Das wesentliche für die erkentnis
r {ihnntasietätigkeit des dicbters ist nun bereits durch Suchier gegeben {s. 41),
las eine heidenkönigin im fernen osten (xe Arait W. W. 192, 7. 294, 21} den
hngenen Christen ans seinen eisenbaaden lost und sich von ihm entführen lüsst,
naerte den dichter an die spielmannsgedichte, die gani den gleichen stoS behon-
b, Diese gaben für die gefangenschaftü- nnd eutfübrungsgeBuhiobte den faden und
[orten noch daxu das niotiv, dass der konigin die obhut des gefangenen besondere
vertraut wird, sowie die Insel als Station aof der enlführungsfahrt und platz des
unimentreffeus mit den Verfolgern. Auch dass die königin beim schachspielo
t dem firemden mann sich verslündigt, dürfte aus der gleicbeci qaelle entnommen
n. Die insel und der kämpf dabei, dies motiv, das ans derfiildesage in dieapiel-
nns^ohtong üIwrgegaLigen ist (vgl. Edzardi, Unt«rsuchnngon über das gedieht von
Osrntld 8. 20, und auch W. Meyer, zur Hildensage Beitrüge 17, 154 fgg.), kann
n oioht wol auf die Kudron lurüokgeführt werden (s. XXXVTI); dort fehlt ja grade
t orientalisnhe und die befreiung des gefangenen. Der dichter des Willehalm hat
M inotiT benuzt, um die geschütztechnik seiner zeit zu Schilden). Es findet kein
mpf mehr auf der inael statt, wie in der sage, sondern die gewaltige tlotte der
ideu wird mit anltrerken nnd bilden, autih mit feuer beschossen (absclm. 16!^) und
mt gar nii'lit an die iusel heran, bis sie ein nnwetter völlig auseinandertreibt.
Der heransgeber findet in der erzühlung von der gefangennähme und befreiung
a Willehahn eine kaum znTalligo ähnliohkeit (s. XXSIV) mit der analogen [rnrüe
9 Tandarais vom freier, wobei aber unentsohiedec bleibt, wer geber und wer
ipQnger ist, Die Khnliclikeit beaohränkt sich aber, gensa besehen, auf einzctheiten
BHadruek nnd nebenslthliche motive der erz&htung. Ton vorne herein war bei-
D dichtem ein ühnlicher atoff gegeben. Ulrioh aus Wolfram, dem Fleier aus einem
Dass Hill ftlso beide , durch Übermacht gezwungen werden, Sicherheit
geben", besagt für das verhältnii^ zwischen den beiden autoren nichts. VerstAnd-
1 ist es, dasB bei gleichen oder ähnlichen Situationen der eine den ausdruck des
leni widerholte, wenn er ihn kante; und das ist hier ohne zweifel der fall. Die
lehnnng eines motivs fOr die hondlnng dangen ist kaum zu erkennen, wenn nicht
oaem pmücte. Die ercählung von der befreiung Wilhelms zeigt nooh melir als
at dAS gedieht Unklarheiten des beriubts, onstcherheit dar Vorstellung. Die äussere
KÜang war dem dichter neben den glänzendeu beachreibungen und den langen bald
27«
420 ROSENHAQEK
zierlich minniglichon, bald mystisch erbaulichen reden offenbar nebensache. Auch
vergass er sie wol zwischendurch bei seinem, wie es scheint, sehr langsamen, kurz-
sichtigen arbeiten. Z. b. bei Willehalms ankunft fangen Arabels äugen sofort feuer,
und sie lässt es sich angelegen sein, dem markte seine pri^ün etwas behaglichei zu
machen (abschn. 59 — 62). Nach 8 jähren aber erst wird er herausgeholt, und die
beiden lernen sich kennen. In Willehalms eigenbericht nachher macht es auch den
eindruck, als ob erst in diesem momento der coup de foudre gezündet habe. (Abschn.
233.) Dann ist die erzählung auch viel folgerichtiger. Ebenso ist es mit dem
berichte von der gefangonschaft und der befreiung WiUelialms. Hier kreuzen sich,
wie es scheint, zwei verschiedene Vorstellungen. Bei Wolfram ist er in hoyen und
isefibant festgeschlossen, deren ihn Arabel entiedigt (W. W. 220, 27. 294, 14).
So erscheint er auch bei Ulrich in ketten, am stein des kerkers festgeschmiedet
(61, 9); wenn er hinausgelassen w^ird, schliesst man die kette auf (102, 17) und vor
der flucht muss er sich krank stellen, damit Arabel dem emeral befehlen kann, zur
orleichterung ihm die ketten abzunehmen (122, 5 fgg.). Bei derselben gelegenheit
steckt sie ihm eine feile zu, womit er sich üxvtlen soll (122, 15. 127, 10 fgg-)* ^^
heraus aber, wird nicht erzählt; an einer spätem stelle sagt der markis selber, er
habe sich aus der hoye herausgefeilt (236, 25). Das passt hier aber nicht, da er
wegen seines „ siechtuoms ** frei von den ketten ist. So scheint die feile ursprüngiicii
dazu bestimt, dass er das schloss der tür seines kerkers damit durchfeilen soll. Denn
eine reihe von stellen setzen durchaus voraus, dass der ort, in dem er sich befindet
durch eine verschlossene tür zugänglich ist für andere. Der emeral schliesst ihn im
gefängnis fest, da er von der königin zurückkehrt (102, 17). Auch die scene, wo
Arabel zum schein sich von ihm verabschiedet und ihm die feile zurücklässt, sezt
voraus, dass sie sich in demselben räume mit ihm befindet (128). Domgegenüber
ist imn die vorwiegende anschauung, dass Willehalm sich in einem unterirdischen
verliess befindet, dass nur oben eine öfnung hat, durch die er herausgeholt und
widor hineingelassen wird. Dann befinden sich die andern menschen über ihm (62, 14.
102, 16. 103, 1. 129, 14). Beide anschauungen sind unvereinbar, doch schreckt
der dichter davor nicht zurück. Er lässt den emeral mit Willehalm einfahren, ihn
unten im loch festschliessen und wider hinauffahren (102, 16. 17). Und wie Arabel
es macht, da sie ihm die feile zusteckt, darüber macht er sich keine sorge. An
einer stelle aber sucht er die beiden dinge zusanunenzuflicken, den charehcer hiex st
oben beslie^n; niden g4e oueh ein tür darin (123, 2. 3). Das gibt aber ebenso-
wenig ein bild. Wenn wir nun uns erinnern, dass die eine anschauung der bei
Wolfram angedeuteten entspricht, die zweite der erzählung im Tandareis, so Hesse
sich vielleicht folgende erklärung versuchen : Ulrich legte sich die geschichte zunächst
nach Wolfram zurecht; dann lernte er neu kennen oder rief sich ins gedächtnis die
gefangenscluifts - und befreiungsgeschichte des Tandareis; darin gefiel ihm ausneh-
mend die romantische scene, wie die dame mit ihren mädchen bei nacht den ritter
aus dem kerker ho rauszieht v. 11481 fgg.; sie gab gelegenheit, die starke, mannhafte
Aral)el Wolfranis Schilderung gemäss zu zeigen, indem sie ihn alleine tix tnii kref-
ten zieht 0'«^^ -•^^' Diese scene also mit der dazu gehörigen Vorstellung des ker-
kers würde Ulrich hier dem Tandareis entnommen haben ; dabei wären dann manche
t^tellon stehen geblieben (wenn auch nur in seinen gedanken), welche in der auf
Wolfram beruhenden anschauung gedacht waren, und die erwähnten Widersprüche
entstanden. Des Fleiers lebenszeit würde sich so etwas genauer bestimmen; er ist
jedesfals ein Zeitgenosse Ulrichs gewesen.
nimm 421
Wio duui aaoli khi, diu vorllogetitle uui^gubo luiil ihm dnloitung gibt raiohlicb
nult, was man zum Studium diosor diobtiuig budarf, unil für wi'itorgehenda
itcrear.himgpn noregonde imd nutzharo gntttdlegung. Es sei nocb vcratattet, aut
'ei Susserlicha diogo Eurückzulomnien. Die bezaicIiQung strot'bu Hubeiut mir Tür
I 31»iUgeo abachüitto wenig angamasBen xix seiu. Diu ai>isolieu (IiubtuDgeu dus
intsdiea jnittul<era xei'lalleti nuu eioma] (onutJ! üi xwei gruppun, gUtrphiscbo
id uitatropbiBübe. Die tweitu gruppe, die diühtung im i'eimiiaar, bat in ihroui
ndmnli, in den formelo vrie auoh in syntaktiaeiien verbindungeü und im perio-
. eigenheiten, die uiif der eigeiiart 'ier kurzoo ruinipaaru bembeii. Dia aiuun
fügoii Biob mebr dein elastischen, gleiuhmäaaigen dradu dieser aietriacbon
andre, wiu WoUram, rebulliei-en dagageo; aber zu raohneo baben sie doub
mit Ulrichs gudi(^bt gubürt nun troU seiner besonderheit zu dieser grapi«. Durch
t boEoichniing strophc würde es denimälem formell nahe geatelt werden, mil denen
niclita zu tun bat. Nocb äusserlicber iat es, wenn ich die bezeicbnung der
«okuitl«) mit lateinisobeu siSeru als unliequeiu anmerke. Bai Wolfrain uind wir
m die zweifauben arabisobcn aift^rn gewohnt.
Neben der anerlienniuig, die dem herausgeber für seine anregende und beleb-
mdc arbsit gobühri, ilarf an dieser stelle aarh dem Voroin für geschlchte der duul-
iheu iu Bijbmeij, in doGsou auftrage diese atisgabe veranstaltet ist, ain wert den
IM ausgusprucben werden. Wird doch beim Etadiom dieues buches eine leeit
v lebendig, tu der uzeobisoba fnrsten dentsobe dtcliter und s&ugor u!h üborbriogor
ven, geistigeren wl^seus bereitwillig ebrlon. Braditen ülrieb und seine genossen
iltiiin auch neues und friacbes loben, im zuManunenbongo der deutscbou litte-
lur gebort er in diu zeit des raschen vorfols nach der raschen bliite. Die sweige,
I ain majwintur von den kaum begrünten bäumen geiiHsen, sammelt er auf — grün
w, aber vom lebendigen stamme gctront; Dnd »o kanten sie weder bliite noch
Lcht geben!
E litteraturdenkmälor des XT. und XVI, jahibunderts. Her-
ausgegeben von Hax Herrmaun und glcghrled 8zninKt6Isk1. Heft 4 — 6. Der-
lin, Speyer & Petei's, 1891 — 1H93.
I) Fbilippns Melaiichthon, Deelajnationes, Ausgewählt und herauB-
3 Karl Hartfelder. 1801. XXXIX und flö s.
In der ainleitung entwickelt der bemusgelwr den begriff der declamation, wie
b auf HeUncbtbons anlasG seit 1523 an der Universität Wittenberg in regelinüssigen
jtabechnitten abgebalten wurde. Hatte die declamation als eine an der Universität
0 lateinische rede zuoret den charaktor einer spracblioben Übung in QuinÜlians
, so wurde der name sImSblicb auf alle akademischen gelegenbeitsreden, pro-
ns-, grab- und leicbenreden übertragen. Die meisten der im Corpus reforma-
1 51 vmd Xn vereinigten declantationes sind zwar oboe Molanchtbons namen
Ruhienen und von anderen vorgetragen; aber ihie echtheit, die diirch glaubwürdige
logen bewiesen wird, kann ausser bei der in Padua gehaltenen rede des Ragiomun-
ui de AJfragnua nicht bezweifelt werden. Der neudruck ist durchaus gerechtfer-
^, da diese reden zwar nicht den meistcrwerken der autiken Schriftsteller arj die
ijt« £11 sielten sind, wie es Melanchthons dankbare schiUer Lanrootius LndoTicus,
ind Ch}trfius nnd Niuolaus Gerbel wollen, wol aber als moster der „proprietas
dmplioilan sui'QiOuls" batraohlat werden hüuuen.
Das voriiegende heFt I
g&Diote doT fflottgc^!^
redoD, diu moi»t d
angehöreD, nämlich 1) die Bltesto uns orhalteoe iixle Melnnchthnm de ortibiiii L
libufi. die noch aus der Tübbger zeit stamt und wo! dorn jähre 1517 oder, wie di«
heranegeber der LLD. ans einem Tcrmerk der von HartfeldcT uicbt bemerkten ddlil»
princeps HuhlieBsen moobton, deni jähre 1616 angotiört Der junge nniveniUUalelim
behandelt in ihr dm hergebrachte humanistische thcma von den sieben rroioii knii'
Btsn, die im Trivium nnd Quodrivium in die otschebung traleu, donon er aher nndi
g«6ohiubte und dicbtkunst aU achte und neunte muse hintußgt. Ei- widmete ilio
rode dem berübrateu Jehrer du mathematik und astrooomie in Tühinijun, Jobanm
Staffier aus Juatiiigeti. Die xweite rede ist die berühmte Wittenliorger antritannl«
HelnnchthoDS vom S9. nugust 1518 De cotrigendis adulosuentiao ettidiig, id der ef
schon aul die notwendigboit der erueuerung der Wissenschaft ml klassischer bb4
evangelisober gruudlage hiovios. Dia diittc ist das Encomium eloiineotiau, diu vierte
ist die reda, mit der Melanchthen am 23. mai 1530 das i^yninastnm xu Nttrobatc
erA&cte- Die lezte bandidt De miserüs |iaedag<igorum, eine akudemiachn gi!lugiinheilii>
rede, die Hehmchthnu wahrsoh ein lieb Tür einen bacCfllaaniandoD oder inagiatiUldM
geflohrieben hat, Sie bietet ein düsteres hild vom schiüweson dos lö. jahriinnderti,
indem sie drastiaob das elend des lebrersUndes sohitdert.
Die drm ubdmok der reden folgende bib]iogra|>hiu vialtt K von iri'Jü hngin-
nendo ausgaben der samlungcn der declaniationes und diu verschiedenen Gon<lf*riuia-
gaben der auagowähllen fünf reden nach, von denen die iwoito tind dritte sich io ja
11 aasgabeu finden, ein beweis, welohen wert man ihueo beilegte.
gen des heraungebers (b. XSXV— SXXIX) geben ausser den vi
bonnxton stellen antiker Schriftsteller auch mannigfache vrertvulle belehrungm Ab«
sobolastificbe lehrer des mittebtiterg a. a. and zeugen von seiner vertrantheit mit dar '
gesehichte des humacismas und der reformation, wie er diese schon durch lahlrrttAo '
Schriften bekundet bat Zu Buisson (s. XXXrV) vennissl man uiigem dun titrf d
Werkes. Übrigens werden wir die fraude haben uouh ander« aas den übrigen gehjo- -
lou Melanchthonsuher dechtniadones ausgewählte stücke in weiteren heßun ilnr >I|P
lu erhalten.
2) Enricius Cordus, Epigrammata. (1520.) Heraus gegeben '
Krause. 1892. LH und III s.
Durch seine »eit 20 jähren der gcBobichte des humaiiismus und dem
gewidmeten titadien war Krause wie kein anderer geeignet,
gramme des Eoricios Cnrduä za vemDStolten. Sehen 1863 gab er eine blO)
akiaie dieaes dichtars Iteraus, die er jeil in vieler («xiöhung vorvoUt
erfahren wir den bis dahin unbekanten &)nilionuainen des dichlers,
der Erfurter matrikel findet, wo im herbst 1505 Heinrich Solde auM FnutUnlwK
(dem seinem hoimatsdorfe 8imtahausi>n nahe gelegenen aUiil'^henl erscheinL Jlach
1507 wird er in der liste der boccalaurnon (oder, wie Krause sagt; bakularieu) mit di»-
Bern nameu aufgeführt, während er 15ÜÜ als diuhter unter dem natneu Ridiu O-n-
duB Simesuains (äimtshauson) auftritt und xwar iu der tlireDodio auf den l«d do
landgtafon Wilhelm n. Die weiteren isehickaale dos dichters sind bekant KachdoD
er 1516 in Erfurt magistet geworden, war er daselbht lehrer bis 1523, dann wtadl-
snt in Braunscbweigi 1527 wurde er profesaor der inediuiu an der n«u ertiolitBl«
Universität Marburg. Bin die berufan^ naoh Marburg btttnlTender, an awei Ata dot
landgtafen gericbtetu brief seiner traa (Kunigunde ßalla), mit der üt Bohos •
Terheiistet war, gibt den wünschenswerten nufschlai» libcr i
heßun dnr 1I,P
>geb«n vit&i^fl^l
dernÜB^^^H
ausgab« 4^^^H
line biopld^^^H
, wie er Ä^^F
uwMariM|H
[oideD, wohlo or zu iLTztüober bebandJuiig des unheilbar evkranktou gntfen Estknl
ton Ctet&iealand berufon war. Seine wirkBamkeil in Marburg währte bis 1534. Im
Ugondeo jftbi« gieng er nach Bremen als orat und Inhrer am gjmaaiüum. la deiii-
jihre starb er. ^ Des EuriciuB Cordus litterariscliti tätigkeit hat ihren höbe-
in der epigremmeudiubtong erreicht. Bekantüch verschmähte selbst Lessüig
icfat emo reihe von singedichten (im ganzeu 12) veo ihm zu entlehnen. Sein voi^
Id war Maitial. let sein stil auch niuht gana korrekt, so rerdient der tiefe aitliche
mat seiner muse rtntsohiedenea lob. Die beiJsn arsten büolier der epigramma eut-
■Iten die bittorsteo klagen über das traurige loos der musen, über die gleiuhgultig-
rit des grossen haufena gegen gediegenes wissen und über den spärliehen besuch
itner Terlesungen m Erfurt Der lifterariachft streit det^ Euricius Cordus mit dorn
poeten Ühiloninos Philymnus wird von Crause auaführlich besprochen und
ibd viel neues über die persöntiohkeit dieses hitzkopfea beigebraoht
Dem neudruck ist die ausgab« von 1620 £u gnude gelegt. Der text ist dureh-
ea korrekt Als anhang der umfaogreichen elnleitung gibt der verfoäsei' I) eine bibllo-
ihia der epigramme und der Defensio in malediciuu Thiloninum I'bilymuum-, 2j
fnerkungen zum texte der ^pigiiunme; 3) dia abwoichungen des teiles der 1. sus-
ib« nebst den epigrammen, die ausschliesslich in der 1. ausgäbe enthalten sind;
einiges zur erkllining der epigramme; 5) die acbrirten des Thiioninus; 6j eine
laahl von cutlehnungen aas Mortial; 7) ein najueni'egister.
3) Jacobns Wimphelingius, Stylpbo, In der ursprünglichen fasHuug
a dem Coi. DpsaJ. $87 harausgogeben von Hugo Helatein. 1802. XVUl u. lÜ s.
Der Cod. 687 der univereitatabibliothok xu Dpaala, der einst von Jakob Wim-
Reling dem berühmten stottmeister von Strassburg Jakob Etnrm geschenkt wnrdo,
pnthfilt ausser Bencblins Scoomca progymuasmata und einem reichhaltigen, für die
geec^chle des hunianiamos, namentlich des Heidelberger kreiaes wichtigen ijaellen-
«ierial aueh Wimpholings Stylpbo, und zwar to der orsprüngliehea faftsoog von 1480.
er ätyljiho ist ein gegen die Unwissenheit der mittclaltorlieheu pCründenfresser
pcichtetes, in eingehe gesptgchBform gekleidetes lustspiel, das aber Wimpheling
machst nicht zum «wecke der aufführoug verfasste: das et vielmehr in seine bei
>r einennaug von magistem der philosophie am 8. m&rx 1480 im grossen soale der
ule der omveimtät Heidelberg als dekan der RTtisteulakultät gehaltene
mnotitmarede einschob. Aach diese rede bietet der uodei, weshalb sie in dem neu-
mcb veiöäentliüht wird. Der Stylpho ist daii erste in Deutschland entstandene,
ich dem vorbilde der oeulateinischen komiklie in Italien und unter dem einfluss dos
irac^ebraucha des Terenz gestaltete erzeagnib der humanistischen dramatik. Der
üBle druck erfolgte 1494 und zwar durch eiuen sdiiUer WimpheUngs, Eucbarius
HaUiparias; aber Wimpheling unterzog den test einer nouen redaktion und machte
■Dch manche zusatze. In diesem ersten druck war aus verseben des diiickere das
jabr 1470 als das jähr der abfassung angegeben, Jozt ist durch Wimpheliugs xeug-
, dass der Stylpho im jahro 14äÜ outstanden ist.
whjulxshaveh. hugo hoi^tbin.
Dlrichs von Uutten deutsche Schriften, üntersuohnngoti nebst einer
nachlese von SieirfHed Szamab^laU. [Quellen und fotsohungcu. QT. heft.]
StrsBabutg, K. J. Trübner. 1891. 4 m.
Die Huttenlorschong hat sich seit Strausa und BöokiDg auf den von diesen
Irttdan vorge zeichneten pfadeu bewegt und wesentlich neues nui wenig xu tage
424 tuirauR
gebrachl; di« vorlingende schrilt, diu sicli auf bisher nnlKikantem, tmi i
in dem StoiDbachor luid tlitkenfelder tuvhiro cntilocktea uiAterial >afl
dert anaai'o koiitnis von Hatt«as persGoliclikeit um oiii bedeutende,
«eine iilttnu und die nittol. dereu er eiob lui erreichung deradbcn h
gani neuas lidit wirft, die bttitaulen scJirifteD roit hilfe der luiuentdeaktan n
in einen widern, und wie mir subeiot ihnen zukonutunidcn zosamtnoobu
cadlich und vor Atlom dt^n iiliorj^g von der Uteinicchoii lur deatscheo spr»
uns tiiuher aus maii|;o) an iirkaudlichem material als ein plüUliober unil uiivmdiSM-
ter eniclloini'n niuste, alti i'iiioii wolerwogenen uiid eorgOJtij; vurbL-ruilclf^ untolit.
Sudann giht eiu 'lurch genaue bcoliacbtungen über iluttons spiMbn wertvc
trüge Eiir kontnis der entwicklung Aea dentschen Stiles im anlnoi;« dos i
liniidens. Eine kurxo angäbe dea miuiias wiid diosos urteil rochtfertjgen.
Dio güÜMtisohe betrachtnng geht aus von dem dreilaclieo verurteil, i
cbom man an Huttsna deataube Schriften heranzutreten pttegt; man vntnliiii
Bohwerfälliges duutsoh entweder mit Keinem gawant^n latnin nder mit d
Buhun deutsch, odor man glaubt auf die deatsohen Schriften aU auf gültig
sühriflen geiingschütKig horabbtii'kon la dürfen. Dio Untersuchung i
»or, lu einer wirklichen dai^stellung von flutteos deutschem stil voriudrmgBn durÄ
empiriuüie beubaubtuug und kriliaolie vLTgleiubuiig. Zum gi'gentibuidc niilüt sie diu
ÜbersetxUDg des Vadisuus, weil dieso sobrift xugloidi die möglichkeit gcwAlirt.
Gut gleichüeitiga Übersetzung Ulrich Vnmbülera int vergU<ichiing liNnuiiosobol
Her in der söhn des durch Dürers portrlit Iwkanteu protonotarius gleioheB 1
der die Übersetzung irahraoheiiiUcb in 8traBsbui^ auf vetaiilaatung ivroiur t
die rufurmatien lAUgon niüuner, Butxer und Capitu angefertigt iiat Unter fort
der gegenüberstcllung dieser Übersetzung wird der stil der Hutten»:heti ii
ten eingehend untersucht. Zunächst wird der einflnss unirturt, den die kanalei
spräche, die ritterspraohe und die hofapracbe auf Uutten« tti\ ax
haben. Zu ersterer »ind auc;b tu roohnen die begrUTe cler kirohensptnchp , w
die hofspracbe, in dem bestreben, die nocktheit des Uteiniäuben zu Tt-rhuUeu.
da. wo OB sich um bezeicbnung von unsitlicbem bandelt, entweder Im
gebraucht, oder eindeutige Wörter durch oolcho craeit, welehe im
mubt BUEHchlieaslioh uu^ttiche bedeutnng haben (x. b. scortari durch l
mit nlgemoiucn reduuBarteu hilft, odar endlinb das unsitlichc wott gani B
Ratten steht hier ganz deutlich im gegensatK zu Luther, dem Vertreter der"«
tümllchen spreche, die jedes ding bm seinem namen nont. Biu^icbüidi dca gvbnm—
choe der fromdwörter verteidigt der Verfasser die huiuanistuo, insonderboit Hnttna,
gegen den vorwarf, dass sie das eindringen derselben begünstigt hatten; vieUttchr
bBngt dasaelbo mit der einführung das rornischen roc-htes zusaromen. und Hntton irt
eher als ein gegner derselben zu bezeichnen, da er sie nur m ironischer uder agita-
tnrischer abdoht verwendet fiuttens fremdworterlist« ist nicht grvsaer, ab diu mms
roodoruen schriflstelleFsi es fehlen sogar bei ihm seltihe, die wir hentt nicht mlbak
ron kiinnen, wie z. b. religion. I.Atelaisiüic wortsiiiKlo werden oft sehr glilokln^ w-
doutscbt, wo Luther die fremdwörter beibehält B^dlich hat Hütten liiin üiiizirr-
lateinisches citat AJs ijoelle des im 16. jahrhoudert so beliebten .
Synonyma sieht dar vorfasset mit reubt nicht die vulksspracbn. »ori .
leisprache an, die allerdings volkstümliohe Wendungen mit l>esonderer
I>ie Übersetzung des Vadiscus enthalt deren gegen 300, ohne indw> dviu
ton der kanzleispracbe zu verfallen. Violmehr weiden die culoree t
425
1 »n bedeiitsaiuca stellen huÜero liditor aufzusetxea, wekha das (-anxe gemulde
fcen. Besondere ist (las bei seheltworten gogoQ Koni der fidl. Kleiner ist. üu'e
bl bei solchen begriffcti, die oinei; ton der Kiiueigung iu sich schtiosseo. Eitiiielne
Bonyma sind von ihm neu gesohaffeD, — Wenn auch Hütten bei wi<iergabe dar
tstrsots oft dem oinflosso dos lateinischen erliegt, so ist t-r doub weit davon nnt-
nt, in das iibersetzerdeutsch des Niclas von Weil eu verfaUoii. Er eraext in den
kn, wo das abstriK'tum niuht beizubehalten ist, difBea untwoder durch ein verbum
BT atliectivnm. — Der im deutschen oft notweudigo onutz der ptononiina des
ihen ist entweder der obje*:tive, wenn nümUch der doutUchkeit halber statt
I pronomons das entsprechende nonien gesozt wiid; oder der sulüelitivo, wemi
I «objektive urteil, dcts im lateiniscbeD pronomen vielfach nur angedeutet ist, im
itsüheo in tleatli(:he wortu umgeseit, beispielaweiso: nemo arbitratur übersezt wird
'ch: das närrische volk glaubt uit. Beide aiißn dee ersatxea sind bei Hütten luige-
tinli<^h hfiuSg, daher für seinen stil uharaktuiiütisoh, — Bilder werden einfach
»rnommon nur iu wenigen fEIlen; öfter werden dia bildliuben ausdrücke wuiler
■UfeTuhrt. uft fast zu einem gleichuis gestaltet Ebenso häutig ist der ecsati durch
neues bild. — Citati- aus klaasiaoheu Schriftstellern sind Bohr zalilreich) inetrinche
a wird, im gegensatz m Vambüler, stets beibehalten. Die %'erdoutschung ist
ist 8^ geschickt; der iobalt der citate ist dem Zusammenhang genau augepasal,
ividuellea stets ausgemerzt, während sich bei Varabüler in dieser boziahung arge
iverstätidnisae finden. Griechische citate sind mit grosser Umständlichkeit wider-
^ben. Anspielungen auf antike vevhältDisse, die dem gelehrten leser ohne wei-
ss klar waren, werden für das gräs-sere, deutsc;he publiknm orlfiutert. Die polo-
k ist durchgehenils verstärkt durch deu gebrauch von synonymen, des dsminutivs,
' litolas, durch antitbetiaobe beniusarbeitung der gegeueätze, durch gerades aus-
des subjektiven Urteils, durch Verwandlung der rhetorischen fragen in aus-
e- oder anffordeningssätze , durch parenthetiEche zusfitie, endlich durch formall
I inhaltlich selbständige e'mschübe. — Aus der ayntas kommen nur die grüaseren
igeföge in betracht. Die konstruktion des accusatives mit dem infinitiv ist nicht
ifigei, als bei Luther; bei behandluug der pEuticipial-coustructioneD, sowie dM
■hauiBB überhaupt, ist möglichst auf einfachhait und Übersichtlichkeit gesehen; nir-
ids komt sklavische abhängigkeit vom lateinischen, vielmehr überall lebendiges
&fal für die eigentiimhchkeit der deutschen spräche zum Vorschein.
Die auf solche weise gewonnenen eigentiimUchkeilen des Huttenschea Stiles
nun benozt. am zu erweisen, dass eine bisher ungedruckte anonyme über-
der KlagHchrift an den kurfürsten Friedrich von Sachsen Butten zum vorfas-
' hat, wobei eine andere, ihm bisher zugeschriebene iiboraetzuug derselben schrift
gleicher weise als gegenbild bennzt wird, wie vorher Tambülers Verdeutschung
I Tadiscus zu Huttcns eigner.
Die historische betrachtung, welche den zweiten teil des buches bildet, hAt
i zweok, einen inneren Zusammenhang zwisdien Hattens deutschen schritten und
I einzelnen phasen Keiner |K)litisuheu ontwicklung nachzuweisen; sie gelangt mehr-
li EU ganz neuen resnltaten. Sie gellt aus von einem ncuentdeokten briefa Haltens,
n ersten, den wir haben, imd schliesst mit einer ebenfals bisher unbektutteo
trift, die wahrscheinlich Huttt>ns Icztes werk ist.
Jener dentecbo brief zeigt aus Hütten am Scheidewege: auf dar einen seile
fct eine durch die projektierte verheiratnng mit einem CriUikischon frünleio sich
ehrenvolle und friedliche Uufbahn am Bamberger hofe; auf der andsRU
i2i
die durch einen briof Bidoiigonfl in sussivht geetetta ainSuasreleha, ab«r
lisf-iie rollo eines ralgobera bei dem «rzher»ig Frieilrich, dem hnidur dos
RrÜBRel. Hntten folgt der einladung an den hof za Brüssel. Die Wirkung
Wendung komt auoh litteronsch zum ausdniok in dem Widmtingmchrotboa
DoutBoben und in dem ersten briefe au Luther, wodurch er offen atellang
pabHt und für die refonnation nimt. Von BcüsBel reist er Judcwh sofort
als er die geisUichheit am hofe des erzhoraoges mili.'htig «ieht, uni so tnehr,
nach den nensteu vertiffentlichungen aoa dem vatieoniHehen arehive — tatdfUich
unter den genossen Luthers, nach denen der pabst damals — angosl 1520 — Mine
hand sasstreokte, auch Rutteu war. Dieses oreignis bringt seine revolutionllnja |iUoc
(,pbflenkrieg") zur ■'eife. Damit hfLngt zusammen der Übergang zur deulschui synAt.
Der Verfasser erbringt nun den beweis, datis dieser Übergang keineswegs jilätslkfc
erfolgt ist. Bs geht vorher: Buttons betoilignng an Juh. Schwiirz«nliergs iiborwtniag
Cioeros, die anonyme, aber HtiHen ziizuschreibunde ühersetzong der hoideo dialop
Febris und Phalarismus, ondlioli die abfassung zweier reimgedichte. Liefern dimt
Bohriften den beweis, dass HntCen sich überhaupt schon vor dem bekeututa: LaWn
lob vor geschrieben hab . . . (Clag nnd Vormanung) auf dem fuldo der
spräche versucht hatte, so wird das Vorurteil, als sei er in überhnxteter eile als
scher schriltsteller aufgetreten, zen;tdrt durch die tatsaohe, dass vor dem eben cttlor —
ten gedichte bereits zwei andere deutsche sohriften eischienen waren
ftlschlioh sp&ter datierte überaetzung der Ktagschrift an alle Doulsohen,
der erste versuch anzuseilen ist, dorn vclke zu xeigen, „welches die bmnt Wj_
danimb man jm lontzen zägeinüt'; ferner die bisher als Huttenscbe codi
erkante auonyme somlung von übersctzongon aller 5 klagschriflen, voti denon die an
kurfünt Friedrioh bereits betrachtet war. Die zeit des erscheiuens ist anfang navem—
bei 1530, während die Clag und Vormanung schon im anguBt und soptumbor niM—
standen sein musa. Jodesfals gebt aus allem hervor, dasis er den pUn, doatsch ni
schreiben, Borgfiütig vorbereitet hat. Nach der v«rbr0nnniig Lutlinrscher Bohrinaa
in den Niederlanden schrieb er: Eyn klag über den Luteriselien Brandt an Umla.
Die „Entschuldigung" endlich, als dereu erster druck die kürzere, vun Bookittg ab
.entgtelte omeueruiig " bezeichnete fassung naoligewieaen wird, ist schon endo 1&3(l
nicht, wie jener anunlun, miLrz 1521, eisohienen. Die vom 13. Januar 1621 dabvr-
ten Dialogi novi, welche Sickingen als kriegerischen Yorklmpfcr der refonnUtai
preisen, musten in verbindang mit der vorrede in den Gesprächbiiohlein (31. dnd*
1530) den glanbon erwecken, als stünde ein gewaltsames losbrechen Sickingnna aai
Huttens unmittelbar bevor. Ein bündel ueuaufgefaudenor zwischan Huttvii, SieUngcc
und andern persöulicbkeiteii gewevhstiltou briefe fdio in der .nachleae" mitgetnilt w«.
den), klärt das bisher ungelöste problem auf, warum jenes lusbreohen nicht ocM|^
Sickingen, dem Hnttons imgcsCüni onbeiiuom war, empfiehlt ihn einem onica tnmi
(graf Robert von der Hnii), zu dem Button kein vortranen bat; gleicbzeitlg hat liA
dieser an seine familie gewendet mit der bitte nm Unterstützung seiner plüos. Hatlr
sieh der Zusammenhang und das zusammenhalten der familie gUuzend buwiUirt, A
aie rar den ermordeten Bans Hntteu eintrat, so hielt sie doch in Huttens hand«) d*
zeitpnnkt dazu noi^h nicht für gekommen, um! Bernhard von Hnttan bemUht bM
um einen Zufluchtsort für ihn, erst l>ei Hans FSag von Rabenstein, dtr bSflii4
ablehnt, sodano mit bessorm erfoljEo bei Kaspar Eilliegh von TmnaniL
aicli Hütten« oft getadeltes verbalten zur zeit der eröfiinng dos ceictulagM
Die auäsluhtaloalgkuit , von irgend welcher soite untenrtützung
aniL 8o «4^^
i auHiiouKi, uunc-is ä
427
lens XU finden, verbnudeo mit der niänsigung de§ hnisers, der von eiaem Rofov-
] «nRchreilnn gegon Luther varläufig abseheo will, Icinkt Hütten in friedlichere
wo. In tfiosor Stimmung schrieb er, wio der vortasser iiachwoist. die vorrede zu
m hiiohe, in dom er eine alte schrift aus der loit dos Basler conoils und omo
> Toa dem Bamberger vioar Konr, Zärtlin bersusgab, ans welcher herrorgeht,
. er die ntdikaleru eutwiofcliuig LutfaerB niolit mitmaoben, »oedoni auf dem bodeu
alten reTontialion tttehen bleiben will. Daher seine Tonlerniig, dass alle lehn
re xtti erledigung Itirchlioher, wie BtaaÜioher rrageo coDcilia uotei' beteiliguug das
wtB statfioden müsHen. liidesseD trat für Liithei'3 und Hutteus sacho eine goßhr-
a «eodimg dadurch ein, dass der pabst beide in den bann tat. (Bulle vom 3. jan.J
die auf dem reioh.iiag versammelten deutschen füreten die berufimg Lnthots
er siehurum geleite beantragtea, verliielt sich Hütten abwartend. Am 10. märz
r gehot ein kaiserliches mandat die Buslioferung aller sclmften Luthers. Infolge-
HeB kündigte Butten aämtUeheD geistlichen und den nuntioii iuBbeaondore die fehde
Inod drohte mit einem pfaffen kriege (Drei invoctiTon* Mahuselireiben an den koi-
t ^. mirz 1531); wenn man auch nicht abaieht, aufweiche realen machte er sich
seiner drobong stufte, machte dieselbe doch in Worms eindruok, offenbar, weil
1 noch eine Vereinigung Siokingens mit Hutto^n fürohtete. Der kaiscr verhandelt
; Butten, und dieser erklärt, dass er duicbaus nicht in allen punkten mit Lathet
reratamden sei: er wolle nur, dass die priester in xucbt genommen würden und
poasen reichtümer lassen solten (= programm der spanisclien, d. h. katholischen
mpartei); endlich ist w bereit, Luther zum widerruf eeinor offenbai'en und vor-
1 angriffe gegen den glauben zu veranlassen. Das litterarische ergebnis dieser
sdlung bildet die Schrift: AnzGig usw. (s. 103), deren entstehuog, wie eine ver-
ichung mit dem inhalto des Mab nach reibons lebrt, nicht, wie Stmusa nnd Bucking
oieti, mitte novbr. 1520, soudeni nach dem 27, mIrz 1521 Ott. Diese ttnde-
l der Stellung Huttens zum kniser veranlasste don nuntiua Aleander, sich statt
' bulle vom 3. janoar, die Hütten mit Luther baute, eine zweite, gleichlautende
Enbitten, in der Kutten nicht genant sei. Weini auch Luther auf Huttens ver^
InagevoracUflge nicht eingieng, nelmehr gerade an den aützen Festhielt, die Hütten
t Terteidigte, so wurde dieser doch durch den gang der ereignisse auf dem
nnser reiclistage wider auf Luthers seite gedrüngt. Er gieng, nachdem er die
mhurg verlassen, angefeuert durch einen lirjef Hejinanns von dem Busche und
ntabngeilicht des £ot«nus Hesse, zur tat über nnd legte, wenn auch ohne erfolg,
I ountien einen hinterhalt. Zwar unfernahm er darnach, namentlich diw;h krank-
t gezwungen, vorläufig nichts, hielt sich vielmehr, aus furcht vor der nacbsteUung
inr feinde, auf Sictingens bürg Dürmstotn versteckt; doch gab er seiner Stimmung
c dnrch das berühmte lied: Ich habs gewagt, welches, wie dar Verfasser sieh
idrttokt, den scliluss der höhezeit in Huttens bhen bSdet Die fehden, die das
B }»iir von herbst 1521—22 ausfällen, sind, wie der Verfasser nachweist, teile
grossen, von Hütten angekündigten [ifafTenkrieges, bilden also die ansfühi'ung
planes, den er nach dem ausgonge des reichstagos gefasst und verkündigt hatte. —
I nane puhlicistisohe tfitigkoit arSfoete sich Hütten in seiner Ltterarisuhen hetei-
1g tu dem kriege des rittertums gegen das fiirstanlum, in welchem Siokin gen die
«mlle ER übernehmen tüoh entschloBS. Hütten verfasste zunSohst im sommer
i dlB gedieht An die freien reichsstadte, welches in zwei faasungen erhalten ist,
denen der Verfasser, entgegen Strauss und Böcking, die kürzere für die urapriing-
I etkUUt. Mit diesem gedicbte musle bisher jede daretellong über Hutteos
428 MATTHIAS
deutsche Schriften abbrechen. Der Verfasser kann sie nun zu einem abschloss brin-
gen, nachdem es ihm gelungen, das verloren geglaubte werk: Ein gegenredt usw.
(s. 113 fg.) widoraufzuiinden. Die Schrift ist für Huttens rechtsstandpunkt sehr bezeich-
nend. Pfalzgraf Ludwig hatte einen diener Huttens, der im auftrage seines herm
mehrere übte überfallen hatte, als strassenräuber hinrichten und Huttensches eigen-
tum auf pfölzischem grund und boden confiscieren lassen, also getan, wozu er als
landesherr nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet war. Hütten sucht nun in jener
Schrift das recht der Selbsthilfe zu verteidigen und den pfalzgrafen, einen der besten
fürsten seiner zeit, als ty rannen hinzustellen (daher auch der nebentitel des buchos:
libellus in tyrannos), der die froiheit Deutschlands vernichte usw. Damit schliesst
die inhalt- und resultatreiche abhandlung; es ist ihr, wie schon im eingang der
besprechung hervorgehoben, gelungen, mit ziemlicher Sicherheit nachzuweisen, warum
Hütten in den verschiedenen phasen, die seine politischen und religiösen anschauun-
gen durchgemacht haben, so gehandelt hat, wie er es getan, und nicht anders; mei-
ner meinung nach aber wird durch sie, wenn auch nur indirekt, auch ein zweites,
und zwar mit fast noch grösserer Sicherheit, als das erste, erwiesen, nämlich die
richtigkeit des bisher über Huttons persönlichkeit und Charakter geltenden urtoilesi
dass ihm zum reformator oder auch nur zum gehilfen der reformation die rücksichts-
lose eutschlossenheit gefehlt hat, das einmal als richtig erkanto, unbeirt durch hin*
demisse und einflüsse irgend welcher art, durchzuführen, ebenso wie die klarheit de&.
blickes, zur durchführung die rechten mittel zu finden und im rechten augenblickc^
anzuwenden.
Anhang I erweist vier angeblich Huttensche deutsche briefe in ßöckings brief-
samlung als briefe von Huttens gleichnamigem vater.
Anhang U stelt eine behauptung Kluges (Von Luther bis Lessing) richtig, als
ob Huttens wendung zur deutschen spräche die folge einer mahnung des buchdmckeiB
Jac. Eöbcl sei.
Die nachlese endlich enthält das neugefundene material: I. Brief Ulrichs v. Hüt-
ten an Bernhard y. H.; H. Ulr. v. H. an den kurfürsten Friodr. y. Sachsen; UI. U.
V. IL an die Deutschen aller stände (lesarten); IV — VL Spengler an Pirkheimer;
Vni. (soll heissen VH.) H. an Luther (losarten); IX. Conz Leffel (ged.); X. Mumor,
Von dem deutschen adel; XL H. an die familie v. Hutton; XII — XXI. Briefe Sickio-
gens, Roberts von der Mark usw.; XXII. Gegenrodt oder ausschreiben usw. — Am
ende 2 bibliographische bemerkungen.
BUBO BEI HAODEBÜBO. 1. MATTHIAS.
Schriften zur germanischen philologie, herausgegeben von dr. Max Roedlfer.
V. hoft: Deutsche Schriften des Albrecht von Eyb, herausgegeben und
eingeleitet von Max Herrmann. IL band: Die Dramenübertragungen. Bac-
chides. Menaechmi. Philogenia. Berlin, Weidmann. 1890. XLTTT and
156 s. 7 m.
Am nei^jahrstage 1511 übergab der Eichstättcr bischof, Gabriel von Eyb, der
neffe Albrechts, das von diesem druckfertig hintcrlassene manuscript des Spiegels der
Sitten dem domherm Joh. Huff mit dem auftrage, das buch „mit allem fleiss zö
übersehen vnd in ain gute Ordnung vnd zö end'^ zu bringen. Ende September des-
selben jahi'es erschien das work, welches ausser dem Spiegel der sitten enthielt:
comedien Plauti in Menechmo et Baohidc vnd Philogenia Vgolini. Albrecht voo
Obkr 1
<3ii
hatte drei von Ana neiWDfgi'faiiileovu flautas^oiDoeiüpn, Menaechmi, Baochldea,
nlns, 1466 bei d«in professor Balthasar RaHimia in ?avia gehört uiid aus desBon
, ifair ilnnth vermitlung eines exemplnres des Antonio Beccatdli ans Oraiuis
t stauitfl, oigeohSudig eine abscluift dar drei Glücke angefertigt Die iiüuli
lieti« Bbschrifl enthält ausäerdeui mehrei-e neulateinische uumödieii, dainuitfi' die
oguiüa des Vgoliuo PisaiiL Nach dieser absoliiift Btelto er 1472 und 73 eins
tni£UQg der Baocliides, der Menaoi:hmi, der Philogema her, weiche <lio vciiüe-
t ausgäbe emeaert. Seine aibcit ist eino Übertragung, keine Ubersot^uDg. die
etwa streng an den Wortlaut der vorläge auscbläBse; oft bat er die LTÜtuterimgeu
»eine beaibeitung hineingezogen; aus dessen vorlesuugeu stammen
1 aigumente und iahsltsBogabeo des ganzen stücies, sowie die ziüil-
len im text und an den rändern stobeuden lateinischen gtossen und schaben;
, sowoit sie auf gestaltung der Eybschen Übertragung von einiluss gewesen
, ^bt der neuilruuk b aumerkungeo, ebenso die abwelcbuDgen des Saainus-Eyb-
1 taxtos vou der 2. Hufloge der grossen Eitscblsuhen Fl&utusausgabe. Aus uiuer
I der vorrede zum Spiugel der sitten, an welcher sieb der verlasser über das
n der Tüiuisehen comödie im algomeiuea auH^iiricht, geht bervor, daas er als
lag zu diesem werke nur die beiden ^tüoke: Menaeehmi und Fhilogeuia geben
tt; die Übertragung der Bocchides, die in der Alten ausgäbe (loa beschlnss macht,
B ab älteste im ueudrucke an erster stelle steht, ist offenbar erst von deui
ittageber HuS aus Eybs nocblass angefügt worden. Die abkürxuiigen des alten
s aiud meist aufgelöst; eine tabelle (s. XXI fgg.) gibt über die hauflgkeit dir
iiHi auEtchlusa; femer ist moderne Interpunktion ebgeführt, endlich sind druck-
Ur verbessert. — Der Spiegel der sitteii (S) bat doo neue au&ago nicht erltibt;
1 gibt 83 «ou deu tomÖdien di'oi widerliolungen , AI, ein Augsbuxgec druuk
i jähre 1518 («u den btbhothekuu, <üe ihm uach s. XXV besitzen, füge ich noch
I (ünilliüh ätolbergsohu in Wernigerode); A2, eis Steinerscher nachdruck davou;
] abdruuk nacbS, als unhang zu der 1550 bei Cyriaoo Jacobo in Frank-
orschieneoen ausgäbe von Paulis Schinipf und ernst Indem sich der heruus-
I Würdigung der Eybsch^n verdeulächung für das vorlezte kapitel seiner
ngraphie aubpait, berichtet er noch über zwei versuche des 16. Jahrhunderts,
Ejrbscbeu stucke zu erneuem. 1548 erscbien von Hans Sachs: Eine oomeili
iti ... heyst Menechmo; und 1552 omo widerholung der Philogeoia durch Martin
r den jüngeren. Beider Verhältnis «ur Eybsohen vorläge wird eiuer eiogohon-
besprechong unterzogen (s, XXVIH — XXXV und XXXV — XLIH). — Es folgt
I auf 156 Seiten der aeudruck, der sich für die Bacchides, bei wekbem stück
I dachprüfong erfolgen kontc, genau erwiesen hat bis auf folgeode stellen: 9. 3
n alten druck das ich, was die anmerkuug als fohlend ergänzt; 14. 8 steht
saudmck i/eta» für geton des alten; 28. 17 ist eine zeüe übergangen: Nach:
.. ist nicht das mein feinde lentü? steht im alten drucke noch: deu ich da
LentE. ja es ist cntz. Entz. ja, es ist mein feind leutz; 53. 2 steht
alten dniok pöss (ndr. poss); 59. 2 ist naub: überreden ausgefallen: Baohia
ee mit mir hinein vud strafe deinen sun nach deinem
vonn mir, du vergifftes weybe. — 15. 19 fehlt wol nach
1 und 16. 29 nach tecn nin fragoEeiaheu, nach nu, 24. 7, ein knmma; ÖO. 12 ist
D Ar, 53. 14 y« in jm stÜsebweigeud verbessert; 44. 30 ay: solte dna iijuht eiu
BT des alten druckos sein für sieh'^
Bum Bii MAOiiRBuiio, ■. Kiknaua.
tat lie
XwchUttee zu den „Luthei-ana^^ in dieser seitsthrift (a. 30-
1) a. n5. D&ntaffo. — nerr ilr. Schlütter in Darjial macht niL-li aubnerksun
auf den au&aU vun P. MJtKscKko ^das UnifaTchen" in doc Ztsohr. l. ili.<ut8cli<i hultui-
gMohiiJite (utiue folge) bd. II (Rorlin 1892) s. 259 fg^ loh eatnohmv aiM ilL^nuHllno
in kürca folgcudos. Eine wirkliche affenort unter liiesom noraen gibt rs niaht Üit
wort aber ist joxt noub im gebrauch in einigen Büuhsischen gegetiden I. tun apM-
leug — boi den händlem (Springkästchen", , springtonfel ' — kleine kobo1<lart)g*
ßgorsa, welche inaanunongeprosst in einem kästeben hocken und liabD lockern -Ib
vorscblnsses durch eine feder in die höhe schnellon. Noch vor 100 jähren gehün«
das tautätcheu in den twlnstigiuigen des sächsischen faore» und befand sieh anter den
Biilttka, welche im lustschloase Pillniz vorhanden waren; 2. als kosewort (^»r »ueh
in spöttisuhein sinne) für kleine, schön angexogene, drollige jiersonen, ln%t«aciit4em
kindcr. In Dreeden. Tergau, Leipzig sagt man r.a einem sok-hea kiudo ,dD kleinee
tantaff^hen ', „da sitzest da, wie ein tantSfchon". 3. In Btlicheii sUidten winJ ui
markten ein geliäok unter dieaem namen Teilgebotän, von bestirntem t«ig gebacken.
Ulis 4 runden, aneinander hängenden stücken bestehend — rielleicht ein ront ahhaid-
iiisoher kullur, d. h. eine ruhe naclibilUnng hoidnisohor heiliger tiere, wie ee d#r"
Ursprung auch anderer noch jezt gebi^Ufblicher backwerke ist. — Für das ,taut^
Uge am nSflhateii das woft „tanto", welohoa mundartlich nocli in der gugead *c^
Saatfeld und Rudolsladt gebraucht wird, und sich auch im isl&ndisdicn ' als Barnim
und im englisoben als diiady vorfindet =: unbebolTene, geistig xurückslelipnde inxnn»--
(leraon. Dti8 mittel- und niiiderdcutni-he ,.dat, dutohen' f^ ein niedliche« kJnnes
kind, Ircsse sich mit dem kosewort „tnutfifcheu* insammen stellen. ICtuwlike
tot aber folgenden iirs|>rang, .Taut* künte eine besohOnigendi
smn. Oder es koote darin dsssi-dbe wort stecken, wie in dem eDglimhen
»oblafle kopfbedeckung, nachtmütze. Damit kllmen wir Mif Wodan. B«i^
ütindiges abdeichen der lilzhut „ TautHfchen ' vrftm = teixtel mit dam hx
spiebeug mit dem plötzlich hervorspringenden kohold wllre ein abhtld des
tos Wodau, der nnveisehens mit seinem wütenden beer (d. h. 'WodaudiMT) dn
roeuHohun fibernut Die Qubige bcUcidung der llgur entspricht dem blauen, boal-
gespreukelten mantol Wodans. Die Übertragung auf lubbafte kinder und gnxiert tut
tretende (lerBOnen ergibt vch von selbst &nch der mylhologisdte ure|irung 4m
gebScks erklärt sich so, wie bei manchem audetun gebicke, k. b. ChriststnUen.
Mitzschke. — Luther sellier hat an diesen Ursprung oatürlich nicht
ist der dautafie eben ^ narr, oder =^ maulaffe. So findet sich bei üiin
hauptwort lulaffe und das xeitwort lulaffen 26, 125 (KtL
menohler zn Dresdon t.'ill) ,Was ist nu gesagt, du lieber lülafle; wo :
rischeu empörten usw,' — kuri vorber heisst es: Lieber Hansworst, wai
nicht? ~ 10, Ü7I (Kirvbenpost.) .si« mögen lulafTen und alfenxou, was i
LoUaife. nach Heyne in Orimm, Wb, = kindisch dammer menstdi —
I.aUe — , von lullen, saugen, wie ava kjod an der bruEt
2)S. -IS. Hatthiasch — Matthiaske. Herr prof. dr. Gideon Pata in
teilt mir mit. dass Luthen Bchreibuag Matthiasch der ungansefaon
WSCELLEN 431
Wortes onlspricht [oDgarisch MÄtyÄs — apriuh Mätiftsch], und dnsa dieser umstand wo!
«n beweis dessen sei, dass unser reformator den namen des ungariscbeu konigE nicht
aus büohem und Schriften, soodöm auch aus der lebendigen spräche, vom hören-
BBgen, gefcant haben mochte — moglichenveiso aus dorn oinnde der ungartäadischen
Btudierendeu , deren es damals in Wittenbei'g eine nicbt uiibüdcutende anzahl gab.
3) S. 5S. schwilch ist nur andere form = schwelli, landstibartliuh ^ welk.
Bohmeller Et, 632 si-hwelk, schwelch, welfc: müibe, gebeugt; schwolkeu, »cliwel-
^en = welken; schon mhd. Mwrlhen und ahd. nielfMn = martere. Oraff, Altbochd,
^rachschatz VI, 876.
NotiE ZD Tfttlan.
Wann E. Wonderllub oben s. 369 findet, (lass aich in dem fehlen einer eingeheo-
den syiitaktiRch-RtilistiBoben Untersuchung „eine gewiase eiaseitigkeit neuerer beraus-
^bcr um so greller widerspiegelt, je mehr sicli sonst die schliffe verfeinert babeu",
tat er offenbar meine angäbe s. LXXIV ontfin üboraeheo, wo zu lesen ist, daas
gewünschte unteisucbung demnächst von ajiderer aelte vorgelegt werden wird.
Pleae untersuch ung , von herm Carl Dietz ans Coburg, war benuts in angriff genom-
ehe ich meine neubearboitnng begann. Sie hat mir inzwischen als dissci-tation
iforgelegen, uud ein erster teil (das Verhältnis der Übersetzung zur Itala betreffend)
wird demnächst im druck erscheinen, während die stilistischen partien später iu den
„Beiträgen" folgou sollen. £s ist vielleicht nicht überflüssig, hieran i
damit nioht etwa jemand durah Wunderlit-hs erürterungeu dazu angeregt werde,
arbeit nochmals zu machen, die bereits getan ist.
LEtpziB, 13. JUNI issa. 1. srnrnis.
Beriebtl^iuig' z
1.258, IC fg.
Übersehen wurde, dass das blatt. als es sich noch im besitze von herm A. Cohn
1 Berlin befand, im Ooetho-jabrbuch VJII, 143 als ein „fragmeat" Goethes gedruckt
fwonlen, und da.ss ich (vgl. daselbst IX, 248) bemerkt habe, die i-erso seien aus
i ,Graf I.irmagnala" I, 2 übersezt, was ihre zeit näher bestimt. Mich irte
SS das blatt ans Schellings besitz stamt, der es spat erworben haben muss.
I Weimarische ausgäbe hfitte im vierton bände diesen veranch unter den über-
9 Manzonis dramen bringen müssen, obgleich das blatt, wie so man-
ches, sich aus Goethes eigentiicheni nachlass verloren hatte und anoh in neuester
Kflit für das archiv nicht gewonnen worden. Aaffatlend Ist es, dass die In demselben
gofandenen Übersetzungen aus Maturiua nBertram*^ nachträglich im elften bände unter
der abteiluQg ,Aus fremden sprachen* ^s „dramatische bruehBtücke " stehen. Ich
habe die betreffenden verse naoh einer absohrift des jetzigen beaitzera gegeben. Eine
TBtgleiohung wird ergeben, ob Schelliugs band die Verbesserung ,Daa entschied den
' machte, was bei der jext feststehenden späten zeit des btattea sehr onwahr-
I ist Naoh Cohu hat Goethe die werte mit bleistift an den rechten rand
ieben, Schelling hat nur seinen namen ab besitzer rechts am rande angebracht.
kSlh, am 20. JUKI \im.
432 NEUE EBSCHEINtrNOSN. — NACHRICHTKK
NEUE ERSCHEINUNGEN.
Germanistisehe abhandlungren zum 70. goburtstage Konrad von Maurers dar-
gebracht. Göttingen, Dietrichsche Verlagsbuchhandlung. 1893. VIII, 554 s.
Inhalt: W. Golther, zur Faereyingasaga. — K. Lehmann, das bahr-
gericht. — Derselbe, kauffriede und friedensschild. — Ph. Zorn, die staats-
rechtliche Stellung des preussischen gesamtministeriums. — Björn Magnussen
Olsen, sundurlausar hugleidingar um sijomarfar Islendinga k |>j6dveldist]manum. —
A. Petersen, om indmaning i Danmark indtil Christians V.'s Danske lov. —
0. Brenner, die Überlieferung der ältesten Münchener ratssatzungen. — C. Ga-
reis, bemerkungen zu kaiser Karls des grossen Capitulare de villis. — V. A.
Secher, nogle meddelelser om skurdsmsend eller skursnaevninger og om udmspl-
delsen af ransnaevninger pä landet i Jylland. — E. Hertzberg, len og veizla L
Norges sagatid. — F. Dahn, zum merovingischen finanzrecht. — E. Mayer,,
zoll, kaufimuischaft und markt zwischen Rhein und Loire bis in das 13. jahrhun —
dert — Finnur Jonsson, um |)ulur og g&tur. — Valt^r Gudmundsson^^
manngjöld - hundrad.
Kaspars Ton Nostiz haushaltungsbuch des fürstentums Preussen. 1578
Eiu quellenbeitrag zur politischen und Wirtschaftsgeschichte Altpreussens. Im auf —
trage des Vereins für die geschichte von Ost- und Westpreussen herau8gegebei=
von Karl Lohmeyer. Leipzig, Duncker & Humblot. 1893^ LXXX und 421 s.
Nicht nur als geschichtsquelle, sondern auch sprachlich vielfach intere6saot=
TrSg^r, J., rector Manso im xenienkampfe. Aus der festsohrift zur 250jäh -
rigen Jubelfeier des Magdalenengymnasiimis zu Breslau. Breslau, E. Morgensten^Mi
1893. 25 s.
Kettner, G., über Lessings Emilia Galotti. Gratulationsschrift für St. Afra. Nanim. -
bürg (Schulpforta). 1893. S. 5 — 32.
Lambel, Hans, zur Überlieferung und kritik der Frauenehre des Strickcrc».
Abdruck aus „Symbolae Pragenses''. Prag, F. Tempsky. 1893. 4. S. 82— 94.
Riehemann, J., die dichtungen des Osnabrücker dichters Broxtermann
[geb. 16./6. 1771, f 14./9. 1800 zu München; vgl. Goedeke» s. 1112 J. Abdruck
au.s den Mitteilungen des historischen Vereins zu Osnabrück XVII, l. 1893.
S. 71 — 164. Mit büdnis.
NACHRICHTEN.
Am 3. juni verschied zu Magdeburg der geh. regierungsrat dr. Albert Schulz
(San Marte) im 92. lebensjahre (geb. zu Schwedt a/0. 18. mai 1802). Die Zeitschrift
betrauert in dem verewigton, der als gelehrter namentlich durch seine forschungen
zur Artus- und gralsago und seine eng damit verbundenen arbeiten über Wolfram
von £schenbach einen hochgeachteten namen sich erworben hat, einen ihrer iltetiten
mitarl^eiter.
Dr. H. Wunderlich in Heidelbei^ wurde zum ao. professor emant
Der auTserordentl. professor dr. Philipp Strauch in Tübingen wurde in glei-
cher oigenschaft au die Universität Ualle berufen.
Au der Universität Breslau habilitierte sich dr. Otto Luitpold Jiriczek
für germanische philologie, au der univei-sität Gielsen dr. J. Co 11 in für neuere litte-
raturgesehichte.
Halle a. 8., Bnchdrockerei des Waisenhauses.
DER NIBELUNGENlIANDSCHElIT B.
In einer früheren abliandlung dieser Zeitschrift (bd. X_X, 217 fg.)
tbe ioh über das verliältnis der phisstrophen der Nibeliingeuhand-
:hrift B zum ^iteearnttext geliandelt und aus dem nachweis, dass die
lehrzfthl derselben aus dem niaterial des übrigen gedichtes zusammen-
esetzt ist, den Rcliluss gezogen, dass sie jüngere zusätze sind. Dafür
ie beurteilung der beziebungen der gesamten hauptredaktionen unter-
linaader gerade die auffassnng dieser stropbea von entscheidender
eiitUDg ist, so soll im folgenden ein weiterer beitrag zu ibrer kri-
k geliefert werden. Wenn bierbei manclie sclion längst bekante
Bobechtungen widerholt werden, so mag die rücksicht auf den zusam-
lenhang nud die algemeinore Verständlichkeit dies entschuldigen.
Ich sehe davon ab atrophe für stropbe der reihe nach diircbzu-
ehen und jede einer oinzelprüfung zu unterwerfen. Mehr als ein
olches verfahren dürfte vielleicht eine zusammenfassende belrachtiing
lacb algemeinen gesicbtsp unkten ein urteil über den Ursprung und
cbaraktor dieser Strophen ermöglichen. Hieibei ist es nun nicht meine
ibsJcht möglichst zahlreiche ausgangspankte Zugewinnen; fürdiesaclie
idttrfte es zweckdienlicher sein eine auswahl von besonders in die äugen
fallenden erscbeinungen zu treffen.
Auf eine art der beurteilung, die man bisher gern angeweudot
it, werde ich jedesfalls verzichten. Das ganze Nibelungenlied ist, in
einigen teilen mehr, in anderen weniger, durchsetzt von überflüssigen,
nnbede Uten den und schlecht stilisierten Strophen. Bei einigen lassen
sieb 30gar widereprüche mit anderen, insbesondere besseren teilen des
Nibelungenliedes nachweisen. Ich denke hierbei selbstverständlich zu-
nSchst an die „unechten" Strophen Lachmanns. Üass nun die pluss-
strophen in B zum allergrösten teil überflüssig, oft inhaltlich unbedeu-
tend und gehaltlos, zuweilen auch in der form tadelnswert sind, ist
Ton denjenigen, die ihre echtheit vertreten haben, zugegeben, z- b.
Tun Holtzmann' und Wislicenus *. Mag man aber auch über den weJt
1) ITuters. übet d. Nib. a. 6 fg.
2) Boiträge z. Nib. in Baitsoh Oerraau. stud. II b. 20 fe.
amciiiurT r. deutschi pmiuii.ogik. bu. xivi, 28
oder unwert der Strophen viel schärfer urleilen wie dioaf ihre Teitei-
diger, die bei ihnen alles von der günstigsten seite anzusehen guuStt^t
sind, so ist docli mit allen solchen aiissetzuii^n zunächst noch nichts
gewonnen. Ja eine solche überwiegend Ssthetische kritik wUrde aJdi
sogar zur rettung' der Strophen anwenden lassen. Denn warum sötte
üin Schreiber, der sich vielleicht auch seine arbeit etwas beniaeitj
machen wolto, hei oiner fülle wertloser Strophen sich nicht dazu rot-
schlössen haben, diejenigen zu übergehen, deren weglassung den ziian-
menhang nicht störte? Gerade Lachmanns viertes und fünftes lied tut
besonders reich an „interpolationen", d, h. geringwertigen mtrojdHia;
und gerade auf diesen teil komrot^n 55 von der gesamtzahl der 63 pln*-
strophen. Freilich dürfte ein so verfahrender Schreiber nicht so gedw-
keulos und aerstreut gewesen seiu wie nach Burtschs urteil der recU-
tor A, der es nicht merkt«, wenn sein äuge von einem rerse in
dem älinlich lautenden einer anderen stroplie über mehrei« iteitei
hinüberirte'.
Also man kann soweit gijhen, dass man behauptet: die plastiQ-
pben sind aSmtlich entbehrlich, sachlich und formal Kehr minig. ji
zum teil entschieden schlecht — und dennoch kann man mit dta«
behauptung ihre Zugehörigkeit zu der ältesten uns vorliegenden Ubtff-
Ueferung nicht verneinen.
L Der Inhalt.
Ein grosser teil der Strophen trägt in der beschreibung des gogeo-
ständlichen, des aussehens der personen, der beschutfenheit der vnSoi
und kieider, in der Schilderung konventioneller Vorgänge einige WCtÜf^
oft recht ausdruckslose zttge nach. Oder es werden Situationen wdW
aiisgi'malt tlurch genauere angäbe einzelner, gewöhnlich sobr nnW^
geordneter und gleichgiltiger momente; es wirtl hierbei die beteiligUDI
der handelnden personen hervorgehoben durch ihnen in den BWM
gelegte belanglose reden. Oder es werden reden und handlungeo "»>
bereitet und verknüpft durch reden, die zuweilen eine gesuchte nn»*"*
vierung geben, meistenteils aber nichts weiter beibringen, als wa» J"
leser sich selbst sagen kann. Einige Strophen enthalten aach nV
reflexionen, die ebenso überflü^ig wie störend sind.
1. Die erste frage, die an uns herantritt, vrürde sein: komtisi
in diesen so beschaffenen stniphcn Widersprüche der art vor, daas wi'
ans ihnen auf eine abweichende auffassung und demgemitss auf uineD
anderen Verfasser schliossen
1) unters, ülwr d. Nib. a 3
rfüfe
nuBsnopsn am mBELUNantHS. b ©5
Durchaus berechtigrt erscheinen beim ersten blick die verae 338,
12. Siegfried erklärt auf Giinthers frage eine zahlreiche beteiligung
bei der fahrt zu Brunhild Für zwecklos und für allein angemessen eine
fahrt zu vieren. 339 gibt er diese vier teilnehmer an. Wenn nun
•ber vSiegfried 338, 5—7 sagt swie ril wir volkes füeren — dw
fnäeaen doch ersterben, so widerspricht dieser bedächtigen yoreicht die
kecke Zuversicht 339, 4 tüscnt man mit strite geturren nimmer nns
(»ier) besldn (ttns endurfen ander täsejit m. s. n. b. B.). Und doch
fcitt diese verschiedene autfassung des Charakters und der Verhältnisse
nicht so störend hervor, dass sie etwa «inen Schreiber zur weglassnng
bestirnt haben könte. Diese kritik betrift freilich zunächst nur 338,
i; da sowol Konr. Hnfniann' wie v. Muth' nicht abgeneigt sind
für 338, 9 — 12 einen ausfatl in A an^.unehmen, so trage ich noch
bedenken sie auch auf diese str^iphe auszudehnen.
Nachdem die ankunft und der empfang ßunthers und seiner genos-
sen in Brunhilds bürg erzählt ist, beisst es weiter:
392, 5 I)u wart vrowen Prünhilde gesaget mit maereji,
dax tmkunde recken da körnen waerm
in h<cher loaete gevloxx&i ilf der fluot.
dd von begundf vrägeti diu maget sc/ioene ufide gtwt.
Was soll hier die in der form an 1D53 erinnernde umständliche ankiin-
digußg und anmeldung der gaste durch die dienerschaft? Alles hat sich
ja in die fcnster gedrangt und den fremden in fast unziemlicher weise
seine aufmerksamkeit zugewendet; schon hat man sich über die gaste
längereu unterhalten, denn soweit nähert sich das schiff der bürg,
auch von den ankommenden die mit den anderen frauen oben in
den fenstern stehende Brunhild erkant werden kann! Der redaktor B
bat hier offenbar den bei den besuchen in Worms (80 fg. 1115 fg.
1370 fg.) sich stets widerholenden vorganp einschalten zu müssen
geglaubt, ohne zu bedenken, dass dort jedesmal die Situation eine
^anz andere isL So ist z, b. 80 fg. Siegfrieds ankunft in der bürg selbst
so vrenig bekaut geworden, dass Günther erst nach Hagen schickt und
dieser dann vor ihn mit der frage tritt: tcaz stn der künie icolde.
Fast überflüssig könte es scheinen, auf die bereits mehrfach he-
aprochene' merkwürdige stelle 432, 5 — 8 einzugehen, wo Siegfried
mit dem umgekehrten ger auf Brunhild schieset Doch gibt die stelle
1) ZoT textkritik der Nib. b. 6.
2) Eni. io die Nib, s. 127.
3) Von Müllenboff, Z. gesch. d. N. N. i
stschr. XXU ä. 465.
02; noch kürKÜcl vou Martin in diespr
'. tribe drr
übcnfli^n
49S URtinn
einen so schlnguDden beweis der unochtheit, enthält einfln
widerBpnich , das« man immei'hin ^ut tut ihn sich in seinen
2u verdeutliclten. Nicht der nämliche dichter kann znerst sagen
achöx da hin widere des starken Sifrides iumt (432, 4) und dtmul
Er däkie, ich lüil niht schiexen usw. (432, 5 fg.). Nur der dichtf-r.
der die schneide dos geres, nicbt der, der das stumpfe ende aufprallen
Hess, konte fortfahi-en Dm fiwer sloup üx ringen, als ob ex tribe drr
vnnt (433, 1). Dass also 432, 5 — 8 zugßsezt ist, steht ausser
zweifei. Wie unglauhltch gedankenlos aber dieser ziisutj; gomi
verdient doch noch hervorgehoben zu werden. Brunbild trügt
schJld, und was für einen! Das hat der redaktur B ganz Ul
Jh er bat nicht einmal das allernäcliste mit einiger aufmerknanilieit
abgeachricben, sonst hätte er, nachdem er 431 Des starkni ijfres sntdc-
at durch den schilt gebrach, dax man dax (iwer laugen äx den»
ringen sack gelesen hatte, sich doch die fra^ vorlegen luUäsou, wie«
denn das stumpfe ende durch den bünenschild BnioliildB liütte di
kommen sollen.
637 spricht Siegfried seinen eutschluss auä, die heimreise
treten: liep was ex sinem wibe, iti'i et diu vrowe rt-hte- ervant.
dem äussert sie 637, 6 dax ich so tiarle gühf, dax heix ich tvot
mir Silin e mtne brüeder teilen mü diu lant. Wa» sie 637 erfrenl,
ist nicht die ausBiobt auf die abreise überhaupt (die versteht
selbst!), sondern nur auf den baldigen aufbruch; mit dieeer ihrer
verträgt es sich also nicht, wenn sie gleichzeitig zum au^hub
Nicht folgen möchte ich &tüllenhoff in der beurteilung einer
der er ein ganz besonderes gewicht beilegt 1614 hat Volkor an Rö-
deger gesagt: wenn ich ein fürst wäre und kröne trüge, wünacbte idi
mir eure tochter zur gattin. 1615 darauf Gornot: auch ich möcbte
sie, wenn ich freie wähl hätte, gern nehmen. 1615, 5 — ^8 Büdegw:
wie sollte ein könig dazu kommen, meine de« elenden tochter heiratM
^^^^^L 2U wollen? Als aber darauf Hjtgen sie als braut für Giselher empGt^l
^^^^^B 1616, ist Rüdeger Über diesen Vorschlag hocherfreut 1617. Ütu" wider-
^^^^r eprucb zwischen der 1615, 5 — 8 ausgesprucheueu zughalt bescheidenen
^P zorückbaltnng und der freudigen zusage 1617 gehört zu denen, du
H man sich gefallen lassen kann; wenn es überhaupt ein Widerspruch ift
^1 und niclit vielmehr ein solches umschlagen der durch Volkera hyp»-
^1 thedsche bemerkung hervorgerufenen Stimmung beim eindruck dw W-
^P sächlich sich darbietenden glütJies als natürlich erscheint Setbstrcr-
^V st.tndlich soll mit diesen einwenduugen nicht gesagt sein, «Iws dil
■ Strophe echt sein mUste.
^^ -
437
An diese Widersprüche einfacherer ort schliessen sich einige ans-
fUhrungeti, in denen der Verfasser der plusstrophen eiiie eigentümliche
Vorliebe füi' gewisse züge zeigt und diese mit einer umständlictiteit
behandelt, die Verwicklungen mit dem Inhalt des gemeinsamen textes
herbeiführt
2. Hierher gehört vor allem eine mehrfach hervortretende neigung
den gegensatz von schein und Wirklichkeit möglichst klar zii
machen. Dieser gegensatz ist vorhanden in Siegfrieds dienstbarkeit
gegen Günther und seinem sieg über Brunhild. Und beidemal handelt
es sich um eine täuschung Briinhilds.
Seinen genossen gegenüber betont Siegfried aufe nachdrücklichste,
(lass er Günther durchaus nicht zu irgendwelchen diensten verpflichtet
Ut Gleich nachdem er sie aufgefordert hat ihn als Günthers mann zu
behandeln, hebt er hervor:
376, 5 Jane lob ichz niht sd verre durch die liebe din,
so durch dine stvesier, daz scoene magedin.
diu ist mir sain min sele und so min selbes Hp:
ich vnl dae gerne dienen, dax si werde min wtp.
Mit stolzer ablehnung nimt er Günthers bitte um ausrichtung der bot-
flchaft entgegen:
499, 5 Des ger ich an iuch, Sifrit: nu leistet niinen muot,
dax ich ex iemer diene, sprach der degen guot.
dfl widerredete ex Siprii, der vil kUfme man,
unz dax in Ounther sSre vlegen began.
Umgekehrt mnss die dienstbarkeit Brunliild gegenüber sich recht
bandgreiflich darstellen. 383, 5 — 16 wird ausführlich geschildert, wie
Siegfried Günthern als Stallmeister bedient, und der Verfasser schärft
dabei widerbolt ein, dass Brunhild und ihre trauen dieses alles auch
nirklich sahen. Dieses bestreben ist nicht aul die plusstrophen beschränkt,
Bondem greift auch in die gemeinsamen Strophen hinüber. B geht in
ilier darstellung di«6es dionstverhültnisses über A hinaus. In A wird
£ser 375 noch 399. 401, 4. 402, 1 davon gesprochen. In B komt
iBoch dazu 400, 4 min hirre erldxet dich es niht statt A er crläl
'" ' ain niht. Femer 401, 3 B jd gebÖt mir her ze vorne der recke
getdti : mSht ich es im geweigert hdn, ich hei ex gerne verlän
A durcJt dich mit im ich her gevam htm: waerer niht min herre,
•4eh hetex nimmer geUhi. Man sieht, wie der Redaktor B sich bemuhte
r saohe einen möglichst scharfen auadruck zu geben. Nun könte
allerdings auch ein schreiber an dieser so weitgehenden Unterwür-
figkeit des haupthelden anstoss genommen und demgemiiss abgeschwächt
oder geRtrichen haben, Waram hat er dann aber nicht 376, 5-
499, 5-7-8 stehen iaason, wo ja Siegfried Ounthern seine unab&l
keit sehr deutlich zu verstehen gibt? Und dasa wir ea hier i
znsatzen zu tun haben, dafür ist vor allem 376, 5 — 8 entscheidend.
Die Strophe ist zunächst an ihrer stelle ganz unhaltbar. 376 ist mit
seinem reflektierenden und anticipiei-euden inbalt ein scharf marbiertfr
BchiuBs, wie solche am ende liedartiger abschnitte so sutilrcich sind,
gewöhnlich auch zusammen mit der Überschrift der neuen avoDtian,
Tgl. z. b. 3*23. 495. Es müste also 376, 5—8 mindestens an 37B
angehängt werden. Aber auch das ist nicht üulässig. Der anechlnn
ron 376 au 375 ist so tadellos, dass man sich nicht noch etwas doziri-
schenstehendes denken kann, und weiter hat Siegfrieds wort jane M
ichi keine beziehung auf das vorhergehende. Was er seine bereitet
376 loben küx, ist klar, nämlich immer zu sagen, Günther sei sein
herr und er sein mann. Was er selbst gelobt, kann nur sein, sich
immer wie Günthers mann zu benehmen. Davon ist aber noch gar
nicht geredet Es schwebte tiier dem redaktor B das bild vor, das a
nachher (383, 5 — 16) auszumalen gedachte, und unter dorn eioflntt
dieser Vorstellung (lichtete er 376, 5 — 8 hinzu.
Mit <üesen Strophen gehören nun eng zusammen dio aus deiBcl-
bea tendenz erwachsenen plusstrophen, in denen die andere tüuschung
Brunhilds, die unsichtbarkeit Siegfrieds und der scheinbare sieg Gon-
tbeni behandelt wird.
428. 5 — 8. 429, 5 — 8. [Günther erwartet Brunhilds wurf, Sieg-
fried tritt heran und berührt ibn.] Erstaunt umherblickend fragt sich
Günther, was ihn angerührt hal>e. Siegfried giebt sich zu orkt'uncn
und spricht ihm mut ein: [er solle ihm den schild geben und di«
arbeit überlassen und nur die gebärden dos kämpfenden machun;] doch
solle er niemand von dieser täuschung etwas sagen , so werde dar
königin ihr wnnsch über ihn zu triumpliieren nicht erfiilt wordön. -
437, 5 — 8 enthält die Versicherung, dass man nach dem warf DBd
dem Sprung nur Günther sah und dass Siegfrie<l ihn gerettet hotia,
dazu eine bemerkung, die zu Brunhild überleiten soll. — 442, B — 16,
Vom scliitf zurückgekehrt stelt Siegfried fragen, dio seine günzltohe
unkcntnis von dem hergang der spiele zeigen sollen. Brunhild dräokl
darüber ihre verwnndonmg aus, und Hagen gibt schliesslich (
kl&rung.
Hsn hat durchauB ein recht, mit dieeen atrophen m
wie mit denen, die jenen verwauten gegeni«tand behandeln,
wirklich zusütze sind, geht abor aucli aus gewissen einzelbeiten 1
tfi«
139
jondora widerstreben 428, 5 — 8. 429, 5—8 der Terbindung mit ihrer
ebung. Oimther weiss zum mindesten das reotit gut, dass Sieg-
I irgend eine wunderbare list beabsichitigt — wie woit eine genauere
"ubredung statgefimden hatte, wird nicht gesagt — ; und da soU er
l einmal die plötzliche berührung so ganz unerklärlich finden! Und
vergegenwärtige man sich die weitere Situation! Brunhüd steht
zum wurie schim ausholend, da ist Siegfried zu Günther heran-
i noch ein paar rascli geflüsterte worte, das ergreifen dos schiJ-
8, der ger fliegt und trift. Wo ist da noch zeit für das iimherbÜcken
nthers und die ermahnung zur Verschwiegenheit, die noch dazu fiir
Ken augenblick sehr überflüssig ist? Ein unbegreiflicher zufall,
IDD hier durch wenige leichte verftnd&rungen und durch Streichung
reier Strophen sich ein guter, glatter text' und eine klare, höchst
isprechende handlung hatte herstellen lassen.
Die Strophen 102, 5 — 12 und 394, 5 — 20 enthalt«n eine
[cn tum liehe, mit einer teichoskopie sich Torbindende Schilderung des
sseren und des Charakters von personen. Einen ansatz zu einer sol-
cn darstellung haben wir sonst Nib, 86 , 3. 87, 4 ; eine ganz kurze
Isführung 1690. 1691, an einer stelle, die Thidr. c. 375 entspricht,
alte Überlieferung ist. Die scJiilderung der plusstrophen geht in
baillierung der die erscheinung und das nesen der beiden betreflfen-
1 angaben nicht bloss über die kürzere, sondern auch über die tän-
B stelle des gemeinsamen textes hinaus. Ich will hier nicht geltend
■chen, dass 394, 5 — 20 im nusdruck so eigentümlich mit 1690 fg.
lereinatimt*, dass man daraus auf eine nachbildung schliessen kann,
von anderen formalen kriterion zunächst absehen. Schon eine
«rfigung Bachlicher art nötigt uns der zweiten stelle die echtheit abzti-
chen. Liesae man sie gelten, so würde der erregte ausnif BrunhJlds
, ihr ent.whlusB Siegfried sofort entgegenzutreten n;ich der über die
br Strophen ausgedehnten schildernden und charakterisierenden nia
• dienerin seine eigentliche kraft verlieren und unmotiviert (
Mit diesen Strophen fält aber selbstveratändlich auch di« |
tfdiartige ausfübrung 102, 5 — 12.
I) In etr. 428 bat v. 4 nur ebe untergeorilnute bedcutiing. Q
iter ftrrtftthreD: Er sprach mit beziehimg auf die Iiaupti«rson der «
3anE ebenso 601. G02, 1. Au<-h hier hat das Er tpnuk
aus vglUf; leerom gerede bestehenden gtrophe
) Vgl. Ijd. XX 8. 219.
i
440 ntnu
4. Es bleibt noch übrig auf eini^ wenige sachlichen oinscW
heiten aufmerksam zu machen, die im Nibelungenliede sonst gv
nicht oder nur sehr selten roricommen.
385, 5. Guntlier und seine drei genossen sind mit s})€m ni»<r-
differi ausgerüstet Das wort sper findet sich im übrigen Nib«lun{roa—
Hede nur dreimal : 1315, 3. 1548, 1. 1826, 3; sonst stets schaff. Hai
gebraiioht die speere nur beim buhurt oder im eigeatlich ritlerlichei
rossekamjife. Siegfned und seine mannen (74:), die auch in recket^
weise einherziehen, führen gere.
102, 11 wixxe krist. Diese formel ist wie überhaupt der m
krist dem Nibelungenliede fremd; got u-eiz findet sich einigemale.
ganzen kommen solche formein mit religiösen beziehungen nur in «eiLs*
Variationen vor.
Gere erscheint zweimal bei konveationelleD handlungen S26. |
und 540, 5; nnd zwar jedesmal als genösse Ortwins. Im übrigen Xib.
wird er zwar mit den anderen aufgeführt in der einleitung 9, tritt aber
handelnd erst 6S4 auf. Er iet etetä markgraf, während er 640, 5 bar
zog gonant wird. Diese abw«ichung ist um so auBaJliger, als der
titel herzog sich nur noch zweimal findet: bei Ramung 12S3 und b«l
Sigdstab 2195.
n. Der Stil.
Es ist bereits beobachtet worden — ich dünke besondere «n
v. Uuth, Einl. 8. 127 fg. — , dass einzelne stellen mit andereu nolie
stehenden stellen sowol dieser plusstropben wie auch des gemeinumin
tcxtes auffallende übereinstimmungon zeigen. Sollen nun für deren
vorkommen sich gewisse regeln oder eine gewisse liäufigkeit Dacliwtj-
sen lassen, und ein unterschifld von dem im übrigen Nib. hunKhen-
den Sprachgebrauch sich heraiisstedlen , so würde dies zu dem scblun
führen, dass sie auf einen Verfasser zurückgehen, vielleicht au«^ eiofr
bestimten stilgattung angehören. Üb solche Übereinstimmungen ^ch
auf die plusstrophen beschränken oder zwischen diesen imd dem geiDois-
samen texte bestehen, tut nichts zur sache: ein veri'asser, der geneifCt
ist sich selbst zu widerholen, entsohliesst äzh auch leicht zur nit^
ahmung Iromder dichtung.
1. Eine widerholung stellt sich zunächst da ein, wo UbcK
selben gegenständ entweder von derselben person wideriiolt odei"
verschiedenen personen gesprochen wird: die variatioD de» aui
ist dann durch die verschiedene beidehung, in die der
gesezt wird, bedingt Über die fahrt «u Brunhild heisst es in
auf Günther:
328 Dö aprodi der voget von RPne: ich ufil an den tte
hin xo Prünhilde, Ä^ut'e ex mir ergc.
329 Dax. wil ich tridemileri, sprach da Stvrit,
ß höt diu kiineginru! s3 vreisbcJic sU.
Über denaelbea gegenständ in beziig auf das gefolge:
338, 5 Smie vil wir volhes fiwren, sprach dA Sivnt,
es pfligel diu küneginne sO vreisltcher sit.
11 selbe vierde degene vam wir an den sS,
sC erwerben wir die frouwen, siricx uns dar ndvh (o-gS.
Ouothei' äuseert KriemfaÜd gegenüber das bedUrfnia nach schünon klei-
ilera 345 algemeiner, 348, 5 — 8 specieller:
345, 3, 4 tcir wellen hübschen rften verre in fremdiu laut.
wir sohlen luo der reise haben xierlick fftwanl,
348, 7 trir wellen latrxtvilen in Prünhilde lant.
da bedurften wir xe haberte vor frowen hirlicb gciranL
'Dann Krieraliilds zusage widor in zwiefacher beziohung:
348, 10. II sv'ax der minen helfe dar an kan geain,
des bring ich iuch wol imien, dax ich iu bin beniL
15 3waz iu von mir gevalle, des bin ich iu beieit.
Kocli charakteriätiscber ist die voraufgehende übereinstimiDiiiig tob
anrede und erwiderang:
348, 5 Do sprach der künic rtche: eil UcMu smester min,
äne dine helfe kund ex niht gesin.
9 D6 sprach diu juncvrouwe: vü lieber Irruoder wIm,
swax der minen helfe dar an kan geain.
Der umfong dieeee ui einem so bosdiränhten miinm bcniMMmlMi
paralleliBmuE wie auch dessen form ist äo auffallend, ^m Bn tn
diesen widerholungen ein mit bewasster absicJit anguwendlta M8mitii:\
sehen muss.
Durch übereinstimmenden ausdruck wird uucb dt AoMMtini-
mnng zwischen einer handlung und einer sich dmaähmttmhn n-'U:
hwTOi^ehoben. Über Günther wird eiziihlt:
589, 5 sine rtwhte »'te im uttere, wnnt ai vil tm^^
dort muosl er aüex kangeti die naht imt €t 4m tat- '
l) Hollzmana und WiBlic«Dua htilteD ü" stitiiilsi.' ISr ^m ^m^^r-
Mao scheint bei der kritil: liieam- (tl-.'Ili< iminor d>fa M^^Kf..r. /
s iM btguniU jUyen als unmittelbar auf die ftiNstilun^ Vfm^ MkI.t. ■ .
in aber in dem Dö eiuo gaun unbestimte Zeitangabe D^pii M. <. k ^
Nldila bindert also anKunehuiju , da£3 die scene &9B~NtX^A an", ^-y- *
'~ 'a der uaciit abspielt.
442
Günther selbst berichtet darüber:
600 Da hieng ich angestlichen die naht unx an den iac,
e [dax] si mich enbunde. wie sanfte si dö Iac!
Oomot ordnet 554, 6 an: man lasse die rosse für den heimritt ste-
hen, unx ex beginne kuolen. 556, 3 und ex begunde kuolen: man
bricht auf.
Diese erscheinung zeigt sich femer bei vergleichenden Schilderun-
gen von personen und umständen oder bei beschreibungen verwanter
gegenstände:
394, 5 Der ander der gesellen der ist sd lobeltch,
9 Der dritte der gesellen der ist sÖ gremelich.
13 Der jungeste darunder der ist sd lobeltch,
607, 5 Der kiinic in gtLotem tcäne dö vroeltchen sax.
609, 1 Stvrit der herre vil minneclichen sax.
384, 3. 4 ir schilde wol getan die Whten von den hafiden den waet-
liehen man. 388, 5. 6 mit swerten wol getan y diu üf
di sporn giengen den wctetlichen man.
432, 7 er schöx Üf ir gewant, dax ex erklanc tdl lüte. 435, 4 du
spranc si mich dem wvrfe, ja erclanc ir aUex ir gcicani
[A dax lüte erklang ir gewant],
383, 7 dax sähen durch diu venster diu wastltchen ivip.
16 dax säfien durch diu venster di vrowen schoen utute her.
385, 8 dax saeh aUix Prünhilt, diu vil hirUche meit.
Dieser zug wird den einzelnen vergangen bei der landung vor Bnin-
hilds bürg hinzugefügt
Auf solche weise lässt der dichter auch den gegensatz schärfer
hervortreten:
637, 4 liep was ex sineni uHbe, dd ex diu vrouu^e rehte ervant.
637, 8 leit tcas ex Sifride, dö erx an Kriemhilde ervanU
Hierher gehört auch eine stelle, wo nicht bloss der gegensatz hervo^
gehoben, sondern auch ein Übergang geschaffen werden soll:
582, 5 Dö der herre SifHt bt Kriemhilde Iac
und er so minnecUche der juncfroutaen pflac
583 Ich sage iu nüit mere, tvie er der vroutaen pflac,
nu hoeret disiu maere, wie Günther gelac
bi vroun Prünhilde.
An allen diesen stellen wird, indem die gleichartigkeit des ausdmcks
das gleichartige des gegenständes bezeichnet, durch die formale abwei-
chung um so mehr die aufmerksamkeit auf den sachlichen unterschied
gelenkt
443
Als solche widerholungen, die nur aus der bequemüchkeit oder
auct aus der yerlegenheit, eiuen passenden vers- niid stropheuscbliiss
zu finden, hervorgegangen sind, dürften folgende anzusehen sein:
341, 9" mit herlichen siten = 348, 14''.
9tf3, 3" wax Opfers man dß truoe! 999, 7" wax man in Opfers
405, 3 gege?i der künegirine-; er sold an angest sbi. \truoe!
428, 8 vor der hüneginne soUu gar an angest sin.
519, 3 $i welltet schiere komen. si hete in nianegen xiien sd
Ueber maere niht vemomen. 519, 7 diu rr dd wären
komen. dd wart ir michel trüren unt ir weinen be-
tumien.
348, 3 er tntoc si in dem herzen, si was im sd der lip.
Sit wart diu schoene KriemhiU des küenen Sifrides wip.
376, 7 diu ist mir sam mtn sele und sd min selbes Up:
ich wU dax gerne dienen, dax si werde min wip.
583, 8 ja was ix. nodi unnähen, S si wurde stn wip.
582, 7 si wart im sd s!n lip:
er naeme fiir si eine niht ti^sent anderiu wip.
601, 7 mir ist dtn swesier KriemhiU Heber danne der lip.
et muox diu vrawe Prünhilt twch hlnie werden dttt wip.
Diese in den plusstrophen bis zum überdruss widerholte wendiing, die
schon der epik des 11. und 12. jahrh. eigen ist, begegnet im geiueinsa-
men text nur zweimal: ausser 348 nur noch 1340 si was im sd sfn lip.
2. DasB die widerholungen meist unter beobachtung gewiaser
regeln gebildet sind, dass sie in den plusstrophen auffallend häufig yot-
kommen, werden diese xusammenstellungen erwiesen haben. Um aber
jeden zweifei an deren bedeutung zu beseitigen werden wir ims der
forderung nicht entziehen können, das übrige Nibelungenlied zum ver-
gleich heranzuziehen und wenigstens eine art Stichprobe vorzunehmen.
Wählen wir zuerst das fast die haltte der plusstrophen um&ssende stück
325 — 443 (Lachmanns viertes Med), aber ohne berücksichtigung dieser
Strophen, also nach dem text Ä. Hier habe ich folgende Wiederholun-
gen bemerkt. Am auffallendsten ist vielleicht 434, 3 si wände, dax
r «rc hete mit siner kraft getan. 439, 4 si toäntlen, er Acte mit siner
\ kraft diu apil getan. 430, 4 dax, fium- spranc i^on stäle, sam ex, leäte
r 4er wint. 433, 1 Dai fiwer stoup liz ringen, als ob ex tribc der
\ XBint. Schon entfernter und ohne beziehung auf einander 393, 4 und
uies liehe die itelde her gevam Mn. 400, 2 durch dine liebe
1 wir gevam her. Andere stellen 416, 4 den ir kameiaere selbe
Y'm^rde küme getruoc. 419, 3 den truogen käme drte Priinhilde nutn.
425, 4 in iruogen kihne vu-vlfe der küetien fielde unde »fiel. Dk (■
sich hier um die erzählung eines gleichen uiustaiides handelt, wir du
widerholmig kaum zu umgeheu. Eine formelhafte häufung von e{»the-
ten; 418, 3 stare und tingefiiege, michel unde breit. 425, 3 gHix
und ungefiiege, niiekd unde mel. Rein formelliaft sind diu maere wetx
ich gerne 340. 1. 344, 2. me e% (tu, umh . . .} stät 330, 4. 344, 4.
Eine niir sachliche widerholung ist 417, 4. 426, 4.
Ich lasse einen von pliisstrophen freien abschnitt folgen 721 —
819 (avent. XHI. XJV. AB). Formelhaft: 729, 4 da icart vä michd
grüexen die iiebeti geste getan. 739, 4 mm in wart michel dienest
den liehen gesten getan. 775, 2 dd wart i-il wol gexieret manic rrouire
unde meit. 4 dö icati oueh avol gexieret der Slowenen Kriemhilde Up.
Wesentlicher 762 , 2 dax icJi in äne schulde nikt gelobet hän. 763, 2
ican ich äne schulde niht die rede hdn getan. Ähnlich 806, 3 daxex
erbarmen muose die Gunthercs man. 807, 3 dot ex eramcn müese
Kriemhilde man. Weniger bemerkenswert, weil zu einfach und sadi-
lich, sind folgende widerholungen in den mehrfach auf dasselbe eurtick-
kommenden streitreden: 770, 3 sd miiexen läute kiesen (nu tnüeim
hiute kiesen B). 771, 1 Du nitiost dax hiute sehouwen. i du »olt
noch hinte kiesen. 767, 2 erst tiwerr danne si 0. 771, 2 utul dai
min man ist tiwerre danne der dhi st. 772, 2 ich wil tvescjt tiuvm
danne . . {selbe t. w. B). Entfernter und ohne bezichung auf «iuuuler
788, 4'. 798, 2' htit ct- sichs gerüemel (810, 3).
Solto von diesen stellen sich die eine oder die andere visUeüU
mit jenen aus den pluastropben vergleichen lassen, so ist doch Av
parailelismus dieser ganzen abschnitte im Verhältnis zu dem der ptas-
Strophen so spärlich, geringfügig und regellos, dass er nirgends als gil
beabsichtigter, einer Gtilistischen manier entsprungener erscheinL
Das urteil zu fallen sind wir also wol berechtigt: der TerfiuHi
der plusstrophen , d, h. der redaktor B, steht gegenüber als ein andew
dem lezten dichter unseres Nibelimgealiodes, oder als Vertreter taoK
anderen stUgattung den dichtem des Nibelungenliedes,
3. Im Nibelungenliede hcrecht trotz aller formelhaftigkeil im ti^
meinen ein streben nach mannigfaltigkeit des ausdrucks. Komt dv-
selbe daiin auch keineswegs den höüschon epen gleich, so l&Bot sA
doch die durchgehende absiebt nicht verkennen, widerholungen ea va-
meiden. Der Verfasser der plusstrophen aber hat sich vor widerhi^DB-
gen nicht nur nicht gescheut, sondern sie vielmehr gesucht. Dasabtf
ist die weise der spielmannsepik, die teils zum erziele
poetischer Wirkungen, teils zum zwecke der erloichterung der
PLUSSTROPHEN DES NIBELüNQENHS. B 445
solche übereinstimmende ausdrucksweise, oft von formelhafter algemein-
gültigkeit, in weitestem umfang anwendet. Ich führe zum vergleich
einige stellen aus zwei ebenfals strophischen spielmannsepen an, aus
Salman und Morolf und aus dem Wolfdietrich D, von denen das erste
dem Nibelungenliede ungefähr gleichzeitig, das zweite mindestens ein
halbes Jahrhundert jünger ist.
Zu 345. 348, 5 fg. (auch zu 328 fg. 338 fg.):
Mor. 283, 3 so drinkent üx diseii tvln:
ex ist win von Apperlant,
mir Uex in di^ edele kunigln,
284, 2 ir solnt iix drinken disen win,
»tt mir dax gut nit xn staten kan ko79ien
geilt der vil edelen kunigln.
285, 3 stt mir dax gut nit kan gewegen,
sd drinken üx disen tain,
3Iorolf spricht hier einen im wesentlichen einheitlichen gedanken aus,
dessen dreifach verschiedene beziehungen in jeder strophe mit überein-
xnenden Umschreibungen angegeben sind.
Zu 348, 5. 6 und 9. 10:
Mor. 532 Dd sprach die froutve wolgetän:
warumb hilfest du nit, kunig Salmün?
533 Dd sprach der heideniscJie tnaii:
warumb s^v igest du nit^ froutve tvolgetdn?
Wolfd. D V 75, 1 Heltj swax ich dir gebiete, (ks soltu volgen mir,
76, 1 Stvaz du mir geMutest, des wil ich volgen dir.
Zu 589, 5. 6. 600, 1. 2 beispiele häufig
Mor. 739, 3 „wwd solt vähen den kunig Privciän
und manigen argen heiden,
den läx ex an dax leben gdn^,
745, 3 er ving den kunig Priiiciihi
und manigen argen heiden,
den müste ex an dax leben gän.
Zu 394, 5. 9. 13. 384, 3. 385, 5. 6:
Wolfd. D V 6 Der ander schächaere der hiex WidergrfiL
7 Der dritte schäehaere was Beteivin genant
8 Biterolf der w^^rde schäehaere geheixm fOK
9 Isenhart der fünfte schdchacre wo»
III 2 Man lerte die drt fürsten lop reinen
3 Man lert die jungen fürsten mamie
4 Man lert die jungen fürsten die
i
Mur, \l dö ging . . . »tauig stoher degen in ritterlicher itdfe
12 Dl) ging ... t>il mantg diensiinan in ritlerUcher w^ltt.
Zu 637, 4. 8:
Mor. 27 mix einer dax wort ie vol/eapracb,
der kunig von zorrie nld^ saeh.
30 Sitx er dax wort ie vollesprach,
der kunig ron freuden üf saeh.
Wolfd. D TU 59 Vfl Hugdieteriche der jungen rede vernam,
er sprach gexogenltche der tugcnthafte man,
60 Dd Wolfdieteriehe siiis iialer rede vernam,
dö sprach er xomiclieh^;, der üxerwelte man.
Solcher stelle» liessen sich leicht noch mehr aus diesen und andern
spietmaoDsepen sammeln, doch schon die angeführten dürften ui» li
einem urteil über den stilcharakter der plusstrophen und die litten-
rische Stellung ihres Verfassers befähigen. Diese und jene stcltea sind
im wesentlichen gleichartig, und der unterschied ist nicht ein qualita-
tiver, sondern nur ein quantitativer oder gradueller, insofern als dvr
Schematismus in der spielmänulschen darstellung schärfer ausgepra^ ist
und auch — was natürlich aus unseren Zusammenstellungen nicht bor
vorgeht — einen breiteren räum einnimt So stehen die plusstrophen
in der mitte zwischen dem freieren, individuelleren, mehr künstleriscbea
Stil der Nibelungen und dem gebundeneren, mehr traditionellen und
band Werks massigen stil der spielmaunsepik. Und dos ist auch gani
begreiflich. Der interpolator muste zunächst darauf bedacht sein — den
ton des Nibelungenliedes zu treEfen; dessen darstellungsweise war also
für ihn vorbildlich, und wie selir er von ihr boeinflusst ist, läfist i\t
parallel ensamtong in der früheren abbandlung erkennen. Ausserdem
aber ist er abhängig von der technik, die er gelernt bat, und koDle
&ich dem einfluss dieser spielmänuischen darstellungswetse nicht ent-
ziehen.
in. Der Verfasser.
Wenn uns also diese stilistische Untersuchung darauf geführt M
dass der redaktor B dorn kreise der spielleute angehüiie, so vonalHll
uns dieses nach weiteren autschlüssen über seine dichterische penüs-
licbkeit uns umzusehen, namentlich auch, wie weit in seinen stroptrto
und textesänderungen die seinem stsnde eigentümliche gescbmadBiici-
taug zum ausdruck komt.
Wenn er G34, 3 statt manegen küenen man schreibt numigm
varnden man, attu) bei der algemeinen boscheukung die rittur znrOct*
itelt, die spiolleute aber in den Vordergrund schiebt, m xehen wir
teuUich, wie er seineD stand zu vertreten siob bemlibte.
Nioht zu verkennen mt der spiulmännisclie zug zum wunderbaren,
Rl Verstellung und täuschung, der deu redaktor B bt«IJntU\ bei den
ULI der unsicbtbarkeit Sieghiodü sich ergebenden Situationen länger zu
rerweilen und sie wirkungsvoll anszumulon.
Spielmänniscber gestbmack ist es ferner, Avenii er in der behund-
inng des Verhältnisses zum weihe das sinliche Clement geflissentlich
lervorkehrt 607, 5 — 8 schildert er, »ie (luntber di« nacht nicht
Vwarten bann: der eine tae in dnhte woi (Irixic läge tanc. 028, 5—8
^aubt er den gegenständ noch aiwmak'n 7.a müssen: vrrn siner hnn-
tche &i mart ein UiixU bleich. In den warten er hmtiw für *»' eiiw
nht tiiaent mtderiu uHp 582, 8 schäzt er den wert des weibes nach
nnem massstabe, der eine ziemlich niedrige au^ssung verrät Diese
[esiDDung bekundet er auch, wenn er Günther über seine gattin sich
lusäeni lässt: 599, 2 ich hdn den iihehi H«vel heim ce käse mir geh-
len, statt lasier unde schaden hdn ieh an miner vrouumi xe hüae
\eim geladen k. Vgl. hiensu Salmans worte über sein ungetreues weib
Bor. 718, 4. 5 sie hol dem lilvel gedienet, der mux ouch ires Ultes
ifiegen. Es kenzeichnen somit die niedrigere anschauung, die grössere
lentlicbkeit, die drastiäche darstcllung den redaktor B als einen spiel-
mann gewöhnlichen scldagea Damit steht nicht in Widerspruch, wenn
BT zuweilen einen mislungenen versuch gemacht hat zu zeigen, dass
ta- auch etwas von hötischer galonterie verstehe. Diese abacht bat ilni
Wf den wuniiorlicben einfall gebracht, Siegtiied mit umgekehrtem ger
Ulf Brunhild achiessen «u lassen. Dieses bestreben zeigt sieb femer
n der Umständlichkeit, mit der die mit jeuer handlung in Verbindung
tebende anfertigung der kleiiler eingeleitet wird. Schon das original
kitt diesem unbedeutenden Stoffe eine mehr als genügende ausführung
[^eben. Der redaktor B dichtet noch 6 Strophen dazu. Dabei hat er
lie stdle, wo Günther seiner Schwester ihre ohne ihr wissen volziigene
rerheiratung mitteilt (566. 567), erweiternd und steigernd nachgeahmt,
Us ob es sich auch hier (341 fg.) um ein ansinnen handelte, mit dem
Innther seiner Schwester gar nicht zu kommen wagte! Eret Hagen muKS
Im an Eriembild weisen; dann bogint er mit Umschweifen, und nicht
liier aU bis Eriemhild ihm gesagt bat: ir sidt mich, rtler edek, niht
torgende bitcn , ir srät ndr- gebieten, spricht er unumwunden sein anlie-
fen aus. Gerade dieses Ungeschick in di^r entwickluug fa&fischcr galau-
IBiie beweist, dass dies sonst nicht des verätasers sacbe vfar. Das«
kber audi andere Spielleute darin zuweilen gem etwas besondere
1
448
leisten wünschten, ersieht man z. b. aus dem ceremoniell, mit wel-
chem im Rosengarten Rüdeger als böte vor EJiemhild auftritt (Roa. Or.
947 fg.).
Der spielmännische Charakter zeigt sich weiter in der voriiebe
für humoristische eflfekte. In der erzählung von der erwerbung Brun-
hilds ist in A nur Hagen humoristisch behandelt Dies genügte dem
redaktor B nicht Er dehnt dieses auch auf Ounther aus:
419, 5 Er dähie in sinem muote: wax sol ditxe wesen?
der tiuvel üx der helle wi kund er da vor genesen?
waer ich xe Burgonden mit dem lebene min,
st viiieste hie lange vri vor miner mtnne sin.
Vgl. auch 599, 2 B. Die humoristische rolle, die in A Brnnhild mit
ihrer Sparsamkeit spielt, ist in B noch erweitert worden
486, 5 Er gtt sd riche gäbe, ja waenei des der degen,
ich habe gesant nach töde, ich tvüs noch langer pflegen,
otich irüwe i'x wol versüßenden^ dax mir min vater lie.
so miUen kameraere gewan noch küneginne nie.
Die pointe ist ungefähr dieselbe in dem witz:
882, 5 Do spräche7i sine jegere: miigez mit fuoge wesen,
so lät ufis^ her Sifrit, der tier ein teil genesen,
ir tuot ufis hiute laere den berc und ouch den teali.
des begonde smielen der degen küene u/nde baU,
Der sinn ist das erste mal: er schenkt so viel, als ob ich sterben wolte,
ohne mir für mein weiteres leben etwas übrig zu lassen. Das andere
mal: ihr erlegt so viel, als ob der ganze berg und wald leer werden
solto, ohne uns für spätere Jagden etwas übrig zu lassen.
Dass es ein spielmann war, der als redaktor B das Nibelungen-
lied erweiterte, wäre an sich noch nichts merkwürdiges; scheint es
doch schon in der redaktion A eine solche erweiterung erfahren zu
haben. Dass er aber, indem er die ausgestaltung eines ritterlichen
volksopos versuchte, die spielmännische geschmacksrichtung, denk- und
anschau ungsweise, die spielmännische technik so wenig verieugnen konte,
ist sehr zu bi^achten. Vielleicht wurde er im verlauf seiner arbeit
sich selbst über die Schwierigkeit klar. Und so könte man es erklären,
warum er, nac^hdem er sich mit bestimtheit für eine erweiterung ent-
si^hiedon und ilbor 800 Strophen hindim'h an diesem vorhaben fest-
gehalten iiatto, es doch wieder aufgab und im algemeinen davon abstand.
MrilUlAl'SKN IN THrRlNO.KX. EMU. KETTNKR.
ZUM OEENDEL.
die 8tarke und streitbare Jungfrau Bride ihr analogoQ in
Brunhild hat, Ist leicht wahrzunehmen und widerholt bemerkt worden
(vgl. MülienhofF, Deutsche altertumskunde I, s. 38; Vogt, bd. XXII
dieser Zeitschrift s. 474). Zunächst wird man hierbei mehr an die Brun-
hild der sage als an die unseres Nibelungenliedes denken- Es scheint
indes, als ob auch der hierhergeborige text des Nibelungenliedes und
der text des Orendel sich berühren. "Wenn über Bride gesagt wird
205 fg.: nun enwcix ich keine frowven ..., die dir mitge geliehen, ...
ican eine künegin . . . gesesxen vil verre über des trilden s&wes fluot
(210 %. Nib. 325 B); wenn Orendel sich eine gattin wünscht: die mir
vol gexeme xtio der minne über dax lant xuo einer kihteginne (196 fg.
Nib. Z. 49, 4. 50, 3) ^ so sind dies freilich «och anderwärts vorkom-
mende motive, vgl. Mor. 38 fg.; Roth. 64 tg.; Bergor zu Or. 196. Erheb-
licher dagegen ist folgende stelle. Orendel nähert sich Brides palast,
' wendet sich an seinen begleiter:
859 Hclt, 7iu sage mir durch got,
wclchex. ist die niaget kere
über dax lant und btirg xtto JerusaUme?
Er sprach: sikestu an den xinnen stän
iwelf megte ivolgetän?
die mitten under in stät
und einen xobeln mantel umbe hat,
dax ist die maget ht're usw.
Günthers schiff nähert sich Bi-unhilils palast:
60, 4 Saget mir, frinnt Sifrit, durch den icilkn mtn:
bekennet ir die frouwen und auch die magedin?
60, 6 53 sihe ich under in (hs) eine in jenem venster sidn
in snhetter toaeie: diu ist sd tvolgetän.
60, 7 ez ist diu starke Prünhilt, dax schoene magedin.
Diese übereinatiramung, die in G am genauesten ist, dürfte doch schwer-
lich nur Zufall sein. Eher Hesse sie sich verstehen als ein traditioneller
zng innerhalb des beliebten motivs der brautfabrt Aber die stelle im
Nibelungenliede ist sieher nur eine Variation und unikehning des hier
I Bo oft begegnenden motivs: mustening der fremden gaste und nmt-
hnuflsUDg über ihre Persönlichkeit, wie es am ausfuhrlichsten 80 fg. vor-
P'komt; somit dürfte es nicht als entlehnt zu betrachten sein, und es
müste hier eine beeinflussung des Orendel durch das Nibelungenlied
angenommen werden.
ZUTSCSBirT F. CKUTBCHR FIOLOLOOIK. BD. XXVI. 29
4fiO xxmm
2. Im Saal des königs Minold befindea sich Orendel, Ise, AdiiDi
und Bride. Da Minold seine feinde, Orendd und Ise erkent, so goik
ten sie iu lebensgefalir. Orendel springt an die tür:
3626 ml likte rief er in (lax häs:
Icünig, hie gäl ein enge tür -(Ix,
die hän ich lür verstanden.
An seiner statt übernimt Bride die wacbt an der tür:
3714 sd stemd ich üxen für daz. tor,
ich enläz nieman iJt noch tor.
Ähnlich ist die Situation d(^r Nibeluage in Etzetg saal
1916 der küene videlaere rief über die menetje:
der sal ist wol besBxxen, vriwit, h^r Hagenei
jd ist also verschreiütei die Etxelen iure.
1915, 1 Iktnctrart der sneUfi stumit üzerhalp der Iure.
1910, 4 Bancivart liet ir deheiiien die stiegen tif noch xeiaL
An zufallige Übereinstimmung wird man hier wol noch weniger alsu
der ersten stelle denken ; für via episches motiv ist die baodtun^ ilwr
schon zu Singular.
3. Dass der ^^ve^g Albau eine wJderholung von Alberich ist, W
sich nicht bezweifeln; die änderung des namens entspringt der verliebe,
die der dichter des Orendel und andere spielleute für die bequem rei-
mende endung an bei eigennanten haben. Seine behandlnng dur<:h Bride
2439 fg. entspricht der Alberichs durch Siegfried zum teil bis auf den
Wortlaut N. 466. 467. Der gleiche Vorgang und gleiche wortkut findet
sich aber auch bei der bchandlung des kämmerers 1614 fg, Deutlicher
ist Albans verwantschaft mit dem Alberich im Ortnit £s betest in
der zur ergänzung des druckes und der hdschr. zuweilen verwendbann
prosabearbeitung des Orendel (Berger nach 2500): Damaeh sprach das
xwergUn Alban xü dem grauen Rock: . . . nnl ich dir noch heyndt i«
disrr nacht die fnirg geivinnen. Hieniil gieng es liynweg in die barg
vnd au/f die maur, da xerhi-ach es alle schloax (?) vnd ivt'ir, so üt
hayden litten. Alberich sagt Ortn. 367. 368 ich ntadie, dai wä
hinte ir schalienn wirt geawigen . . . urlmip namx xuo dem käiUft
Ufid huop sich üf den berc. äö suadtte ex ilf der müre; xwat et gt-
schoxxes vant, dax brar:h im gar mitalle und warf ex von der mml
Wenn man die abhängigkeit des Orendel vom MlbelungeDUed*'
and etwa auch vom Ortnit für diese stellen zugibt, so fragt es sick
1) Änf 80 formelhftfte ül*reiiisHiiiinungQn wit> Or. 872 fg. mit N. 1873, 3 *.
Or. 1112 mit N. 2L'13, 1, Or. 1021 fg. mit N. IfiüS. 2. 3, Ür, l»»« mit N, 475, J
und tkhnliohe will ich hior niclit eingehen.
^B^K
ich, ob man sie zum original (Borger: c. 1160, Vogt: gegen 12001
kIct zu der umformiing desselben {Berger: gegen 1300, Vogt: grös-
Itentetls apiiter) rechnen will. Die stelle 858 — 867 kann man, wenn
man will, für interpoliert halten. Die stellen 3626 uew, würden sich
pber schwerlich aus der ganzen erzUhhing jenes absclmittes wegdenken
Hier heraiiBlösen lassen. Die tat Albans, die ja nur in der prosa vor-
Scomt, künte unberücksichtigt bleiben , wenn nur nicht gerade ein Albe-
orich im Ortnit dasselbe täte, und also der we^all diesei* handlung auch
nicht die ausscheidung der ganzen porson nach sich ziehen könte.
Ä'Ui man dies alles mit der nraformung in Terbindung bringen, so
Tirde man <len wert der frage nach dem original erheblich venuin-
Schriebe man es aber dem original zu, so hätte man dessen
ibfnssung etwa nach 1230 anzuset^Kou , also ungefähr in die zeit, die
Eeinzcl (Über das gedieht vom könig Orendel 1892 s, 10, Sitzungaber.
Id. Wiener akad. bd. 126) unnimt Doch solche Vermutungen weiter zu
■verfolgen, verbietet die geringfiigigkeit iles beigebrachten materials.
lll7BI.BAnSEK ly TuCk.
ESnr. KETTNEB.
ZJJ WALTHER i
1-
n (Die gedichte Walthers von der Vogelweide, anm. zu
1) beweist au» ihrer abweichenden form, dass die Strophe Nietnan
Hier K'(»c/i mac nicht zum liede 87, 1 — 40 gehöra Indeeeen auch
Jbst dann, wenn diese strophe in der form genau mit den vorauf-
ihendea übercinstimte, knnto keiner mit anspruch auf wahrscheinlich-
leit behaupten, dass sie mit ihnen ein zusammengehöriges ganzes bilde.
licd Niema» kan mit gerleti ist in sich völlig abgeschlossen:
, 1 — 8 einleitung, 9 — 32 ausfiUirung, 33 — 40 schluss. Was soll bei
leo emmhnungan an die Jugend, zungon, äugen und obren in acht zu
^hmen, der völlig heterogene hinweis darauf, dass kein mensch es
bushalte über die zeit der Verjährung hinaus ritter zu sein, ohne dass
: an mut, kraft und vermögen einbusse erleide?
Unwilkürlich drängt sieh nun aber die frage auf; wie korat denn
di« »truphe ^8, 1 hieher? Lachmann meint, sie sei aus Freidank 57, 6
: beigefügt Diese annähme ist mir nicht wahrscheinlich. Was hatte
ni«n Schreiber von C oder seine quelle bewegen können, vier verse
1 späteren denkmale, deren Inhalt mit dem voranstehenden liede
29*
ch in I
4
nichts zu tun hat, hieherzusetzen P Ebenso unniögUcb ist es naclizu-
weisen, wodurch derselbe schrsiber dazu gebracht wurde, aus den vier
verson Freidanks durch umkehrung eine strophe herzustellen, welcl»'
den Walther&chen ähnlich ward. Lag ihm daran zu zeigen, dase der-
artige küusteleien leicht zu luacheu seien, bu hätte er im Freidank tu
diesem zwecke genug zweckmussigeres material gefunden, z. b. gan£
der nähe 56, 9 — 12:
Nieman wolle sinen muot
gerne wechseln umbe gitot.
Swer richel an detn giu>le,
der armri an dem inuotc.
Vielleicht führt eine andere erwägung auf einen richtigGren
Lachmann selbst erwähnt, dass diese verse sich auch noch
einer spruchsamlung des 16. Jahrhunderts finden. Dort haben
innerhalb eines längeren Spruches — folgende fassung:
Vnd doch niemand geleben mag
Drdssig jar vnd einen tag,
Ihm gebricht Ucbs oder guts,
Darxü weisxheyl oder nutxK
Die form, in der dieser Spruch hier auftritt, weist, wie Lachmann rich-
tig bemerkt, darauf hhi, dass er ohne vermitteluDg des BrantisdieD
Freidanks widergegeben sei,
H. E. Bezzenbergor, der lezte heraaggeber der Bescheideiibat,
führt in seiner einleitung 8.43 fg. 45 den beweis, dass Freidank, »«
als Spruch im volke umhef, auETasste und benuzte, uud das» er teils
aus eigener erfahrung, teils aus der Weisheit des rolkes, teils aus sei-
ner für die damalige zeit beträchtlichen litteraturkentnis sprat
sprucli reihte.
Damach ist mir nicht zweifelhaft, dass die beiden in etwas
chender gestalt überlieferten spräche aus einer gemeinsamen qadlB
stammen. Es ist eines Versuches wert, dieser quelle nachzuforschen.
Das scheint zunächst sicher, dass Froidanks verse der urspriinp-
lichen fassung näher stehen als die des Frankfurter druekes, in dua
mit zeitgemässer änderung vom menschlichen leben überhaupt, nicht
bloss speciell von dem (damals nicht mehr im Vordergrund stehenden)
ritterlichen leben die i-ede ist Ferner ist klar, dass Freidank diea»
Spruch seinem werke nur in der absiebt einverleibte, auf die vergiB^
1} Vgl auch Adelbert Eollor, Alte guto subwänke* nr. 52 mit uiineripatf'
Bohkeit des irdischea besitzos btnzuweis«D. Es kam ihm besonders aiif
^7, 8 an. Aber in dem Spruche liegt mehr, wie jeder auf den ersten
»lick erkennt Es sind die übermässigen anfordeningen hervorgehoben,
Jwelcbe das rittcrloben an den mann stelte.
Der Verfasser dieser vier ?^ilen ist gewiss nicht in ritterlichen
'treisen zu suchen. Es wird ein mann gewesen sein, welcher voll neid
■tlber die Vorrechte, die der ritterstand genoss, zu seinem eigenen tröste
*nd zum tröste vieler auf die aufreibende Wirkung des lebens der
■edlen hinweisen wolte und aus dieser Stimmung heraus sang:
Nioftan rilter rceisen mac
drixee jär wid einen lac,
im gebreste muotes,
Ubes alder guoles.
Pas gefiel und verbreitete sich schnell im volke. Wie es nun aber
;|;ebräuchUch war, kurze poetische ausspriiche, um ihren inhatt den
llörern noch eindringlicher ans herz zu legen, durch umkobrting der
«eilen (vgl. Carmina Burana 136*) zu vriderholen, sn machte man es
.ftDch hier, ohne zu beachten, daes diese umkehrung keinen gnaz kla-
fen einn ergab. Jeder versfand sie ohne weiteres, der den anfang ver-
kommen hatte.
Diese gewiss viel verbreiteten verse hrirto auch Walther. Er
konte ihrem Inhalt nicht widersprechen. Aber von liebe erfilllt für den
Btand, dem anzugehören er sich zur ehre schäzte, richtete er mahnun-
gen eindringlichster art an die edle Jugend, uro sie dadurch zu rittem
heranzubilden, auf welche jener ausspruch nicht mehr passte. Er
wählte dieselbe strophenform mit kleiner abändernng in der Stellung
der reime und begann sein lied mit demselben werte, mit welcliem
4er Spruch anfieng. Einer, der den Zusammenhang ahnte oder kante,
schrieb neben Walthers lied die Zeilen, welchen es seine entstehung
verdankte.
LtBECK, IM APRIL 1893.
HEINRICH GtSKE.
NOCH EßOfAL DER ZWEITE MERSEBÜRGEE SPBUCE
■Während Johansson (Gütt. f^l anz. 1890, 767), Bteinmeyer (M8D
II, 47), Goltlier (Geschichte der deutschen littoratur s. 39), Kelie (Ge-
schichte der deutschen lill«ratur a, 66), Mugk (Pauls Gnindr. I, llO-lfg)
die von mir vertroteno auflassung des zweiten Marseburg^r sauber'
^rucbcs zu der ILrigoii gcmaclit haben, sind lulr in Martin {Q6lt t^l
anz. 1893, 128), Erdraann (Ztschr. f. d. phil. XXVI, 115) und
(ebd. XXVI, 1-15) drei' gegner gegeilübergetreten, von denen
genante mir Veranlassung gibt, noch einmal das wort zur
nehmen. — In seiner Eddaübersetzung s. 9 hat es Gering woni
gefunden, dass überhaupt noch eine Übereinstimmung des deal
und nordischen götterglaubens sicher erkenbar ist. Zu diesen
derbaren" Übereinstimmungen rechnet er liuhUr, Illöäijn - Hl
und die „untergeordnete gestalt" einra „kamraermädchenB" wie
Wäre es unter solchen umständen noch wunderbnier, wenn anch
Sunna sich entsprächen? Denn dass Syn zu deu jürigstwn scböpfuf^;«*
der skandinavischen niythologie gehöre, hätte ich nicht von demjenigi^ta
gelehrten zu hören erwartet, der belege des nehnten jahrttundertS'
bei skalden gesammelt bat, deren dichtungen anerkautermassen va Atxm
wertvol3tcn denkmälern einer mythologischeii auffaissung hu rechnen
sind, die mit der der sogenanton Eddalieder niclit in stilf^oBioinselunflM
steht und als unabhängige parallel Überlieferung zu gelton hat (ArkiT föi
nord. tilül. IX, 1 fgg.). Warum verscJiweigt Gering, daf>8 für Syn
linsero zeugnisti« günstiger sind als für FuUa oder Qnä'f Es bat mii
indessen fem gelegen, mit jener identttätHerklÜning „um jeden pi«iE
etwas nouea und noch nie dagewesenes erklügeln zu wollen"', ich bir — s
gar nicht derjenige, welcher in der deutschen Sunn die nordische .S'yj
erkant hat, sondern trete nunmehr, da es ein Prioritätsrecht zu wuhn-r
gilt, gerne das verdienst der entdeckung an den ab, dem es gebbbrt
in Holtzmanns Mythologie s. 146 wird Gering die identitAt längst ^aus-
geklügelt" finden. MüUenhofT, dessen surgßütig durchgcdaclite werk*- '
uns von Gering so beredt als inuster vorgehalten werden, steht a»i
aber — was Gering gleichfals entgangen zu sein iiieheint — mit Boltz
mann und mir wenigstens so weit im bunde, als er Sinikgimth in de
nordischen Gnd widergefunden zu haben glaubte (!!tschr. f- d. a. 3(
218). Gering wird nicht umhin können, mir wenigsteuB aine i m Iiliil^ r
berechtigung zuzuerkennen, wenn ich mit Holtzmann eine entspr«f^b^f»^
I) V^. neoerdings vmA aoob Ztsobr. f. d. a 37, 2T3; Anz. It», J"
NOOS ELVilAL DER ZWMTK «EHSBBOBGBH SFBUCH 4EB
aufrecht erhalte, die, wie er jezt nicht mehr bestreiten kann, nicht
neaerungesüchtig, sondern sogar Müllcnboffs grundanschauungen nicht
entgegen ist. Denn wenn ein Müllenhoff Siuthgunth in (hid wider-
findet, gibt uns die wortverwautschaft ein besseres recht bei Suntia
an Syn zu denken. Nun ist eine göttin der Bonne weder von Gering
noch von sonst jemand auch nur entfernt erwiesen oder wahrschein-
lich gemacht worden. Ich habe schon früher gesagt, dass einer femi-
ninen Vorstellung das mascuUnum (ahd. siimio, mhd. sunne) und das
neutruna got sauit, ags. si^el entgegen ist. Gering möge sich der
Worte Jacob Grimms (Gram. III, 348) erinnern und bedenken, welche
Schwierigkeiten darin liegen, gerade iu einem ausgesprochen bai-
rischea denkmal eine feminine Siiima anzunehmen, während gerade
für Baiern der masculine snnno hohes alter und weiteste Verbreitung
beansprucht, wie mit rocht längst von Heiuzel, Notkers psalmen
8. XXXVIII hervorgehoben woi-den ist (vgl. neuerdings auch Weede,
Wirheit s. 26 fg. ; Bruinier, Krit Studien s. 156; Schlüter, Untersuchungen
zxir gesch. der as. spräche s. 87). So lange eine so gewichtige tat-
sache nicht beseitigt ist, bestreite ich Gering und allen anderen das
recht, aus ihrem götterschöpfenden hiiu.pt eine göttin Sonne auf-
steigen KU lassen. Soll ich noch mit Uliland (Sehr. III, 292) auf das
rätsei vom schnee verweisen {MSD. I. 21. II, 59), wo die sonne als
masc. fiomo erscheint und wo man an atliteration zwischen man und
mttnt gedacht hat? Nichtsdestoweniger möchte ich Gering bitten, aus-
einanderzusetzen, mit welchem „fug und rechf er an eine göttin
onno glaubt. Es entsprach also ganz und gar der aidTassung Mül-
iho&, wenn ich behauptet habe, die frauennamen des Zauberspruches
1 uns in die drött der Fri^g, denn Sinihffunlh- (hui, VoU-
SuTiH-Syn setzen, wie ich nach Gerings eigenen worten
lehmen darf, einen kreis um Priia voraus, der dem der nordischen
igg enteprochen haben muss. Auch dieses argument übergeht mein
gestrenger gegner mit stilschweigeu. Mit andern worten, Gerings pole-
mik lässt eine meiner hypothoson, bezw. die Holtzmannsche hypothese
g&nzlich unberührt beetoben.
_ W, Scherer hat in der Ztsehr. für Österr. gymn. 1870, 49 (= Kl.
pchr. I, 189) für den Merseburger Spruch die Situation ungefähr richtig
gezeichnet. Die eigontüche Zauberformel iivird für den gläubigen dadurch
wirksam, dass die erzahlung eines typischen falles, der im moment
gerade als realfall sich widerholt, vorausgeschickt wird. Die zauber-
E' — ft wird bezogen von einer in der epischen erzählung citierten gott-
t, die beschworen wird, auch jezt hilfreich emzugreifen. Wir haben
4H SÄjartLum
es also, wie nooh aiemand bezweifelt bat, in der ergteu bSUta Sk
epruches mit einem epyllioa zu taa>. Nud ist es eine bekant« sUlfbiB,
dass die erzählung erst bei der epischen handlung einsezt und die T0^
Bussetzungen niuht exponiert ^'erden. Unseru alten beidnischen sin-
bersprücbo unterscheiden sich dadurch etilistiscb sehr deut-
lich von den christlichen (vgl. z. b. MSD. n, 303). Daraus litlgt,
dass wir nicht wissen können, was mit vuoiiin xi holxa gemeiot ist
Wegen der jüngeren parallelen (wie z, b. Germ. 8, Ö3) denkt tnaa wol
zumeist an einen jagdausflng, der schon deswegen unwahrscheinlich bt,
weil die christlichen sprüche gar nichts mit unsei'en heidnischen zu schaf-
feo haben. Ein auderes bild Hesse sich aus einer stelle wie Notkor I,
597 und wieder ein anderes, vermutlich das richtigste, aus einer stell«
wie Kaisercbronik v. 12185 gewinnen, die mit Skfrnism. v. 30 u. i
beweiskräftig wird, Wtiodan war mit Ffila und derim drött aalge-
brochen, um bei huldon oder imholden im walde irgend ein anlieg«!
zu erledigen. Ich habe nichts davon gesagt, doss man im altertum
die galant^rie so weit getrieben habe, einen weiblichen eigonnamen
dem des mannes voranzustellen, die Situation hat man sieb vielmi^r
so zu denken, dass Vol und Wuodan von den übrigen sich gctnnl
hatten und dass unterwegs dem schlachb'oss des gottes (das bedontet
bekantlicb vuh [vgl. Janicko zu Biteralf 2784J, und diese bedeutoog
scheinen diejenigen nicht genügend gewürdigt zu haben, welche üti
beziehung auf Wuodan bestreiten) ein iinglück zustiess, wie bei ande-
rer gelegenheit den bocken des pötT {Hyraißkv. 37) und bei widet
anderer gelegenheit dem streitross des Hartmuot (dö sack man ouck
strücli^n lUs künee Hartmuotes voln Qudrun 1408, 4). Dass der naiue
der güttin vomngestelt ist, erklärt sich einfach daher, dass die oiiu'
von den andern sich getrent hatte, dadurch in augenfälligen gegeosatz
zu den Übrigen weiblichen teilnohmem der fahrt geraten war. Ich sebc
keine andere moglichkeit, wie der dichter solchen inhalt anders in
kürze hätte andeuten können als dadurch, dass er das augenfalhp'
zuerst sagt und das ausnahmsweise verhalten der Phol schon durch
die Wortstellung kenzeichnet. Übrigens ist es nicht richtig, dass nur
die Stellung mascuHmun -f- femininum belegt sei (vgl, Hyndlidj. IT
32), man könte spociell auch an eine scene wie Helgakv. Hjijrv. 35
denken; Gerings „niemals" wäre also jedesfals zu streichen!
Gering erklärt nun aber Pliol für Apollo. Ich fürchte, er »rini
auch hei freunden damit nicht mehr glück haben als Julius Zidier,
1) Vgl. joit auch E. Schröder, Zteclir. f. d. a, 37, 258 fß.,
deuteoUe beueanttog des epyllioD erksnt hat.
der In jflfeH
uiM 457
d«!;i^Q Phol- Apollo man lüagst zur tage^ordnuDg: übergegan-
eo ist. Apollo hat mit eiuem itaaginären „ g^rtuamschen liditgott"
lalder nichts zu scliaffen (vgl. je^t z. b. auch Bezzenbergeis Beitr. 19,
)), jenes kann folgiich nicht als intcrpretaUo romana dieser aufgefasst
irerdoo. Zweitens ist gar kein anhaltspimkt dafiir vorbanden, dass
ipoUn in den volkstümlichen spraclischatz aufgenommen worden sei.
Ilir die gelehrte litteratur kont den fremden namen, und wo er auf-
ritt, zeigt der nanie eine form, die von Phol sehr weit absteht: Äp-
Mlles MSD. I, ai8, 25; AbolUn MSD. I, 38, 59; eine form P/iäl für
Lpollu hat alsu geringeren wert ab eine gänzlich unwahrscheinliche
lypothese. Dieser hypothoso wird aber jeder grund und boden ent-
Eogeti, wenn die von Gering u. a. für Apollo- Phol angezogenen
inamen anders zu erklären sind. Seltsamer weise beruft sieh auch
loriog darauf, dass die betreffenden ortsuameu bis ins Thüringische
rfareitet seien! Er citiert PhoUsbrunnen in provintia Thurinffiae (es
: das heutige Ffuhlsborn in der nühe von Apolda, das aus Urkunden
6 14. Jahrhunderts mir als PfoUxhorn, Phalsbom, PftUsborn bekant
It). J. Orimm hat selbstverständlich niemals daran gedacht, dass bis
wh Thitringen der name des Apollo gewandert sein solte, bis nach
Bern landstrieb, wo von rümischor provincialbevölkorung noch keine
lur entdeckt worden ist (über das von J. Grimm angeführte Pölde
indet sich das richtige bei Schottin, Die Slaven in Thüringen s. 10 u. ö.).
» richtet sich die annähme Geriogs selbst Wie und wann sollte jemals
ne „römische kultursphäre " solcher potenz bis an die Saale gereicht
aben! Wie solt^en die obd. Ortsnamen, die zum teil gerade an der teufels-
latior gelegen sind, irgend anderer herkunft sein, als dass sie nach dem
bhlgraben benant sind', büdungen sind, wie das von Amm. Marcel-
I1U8 18, 2, 15 überlieferte ad I'alas, wozu man Mommsen, Rom. Gesch.
f, 111. 141 anm, vergleiche. Phalsaiava hat also ö, und so steht denn
Mon. Boica IV. 519 Pfoalsoica. Hätte unser Phol mit diesem
rtanamen (vgl. auch Phitala Würt Urkbuch III, 417 u. ö.?) etwas zu
chaffen, so müste "Phuol überliefert sein. Damit hoffe ich den aber-
tauben an die mythologische bedeutung jener oi-lsnamen vernichtet und
eu pbontaaien von einem Balder-ApoUo-ölüasi au den ufern der Saale
der in den nrwaldern Thüringens und am Limes eine ende gemacht zu
laden. Dann talt aber auch die von Gering behauptete beziehung zwi~
eben Phol und BaUler- Apollo. Bugge hatte sich gleichfals schliess-
[eh d^iir erklärt, dass baUkres auf Phol zu beziehen sei, nachdem
L Kock auf die von C. Ohlson Arcadius veröffentlichten segenformelu
1) Vgl. hiurau büoU J. Grimm, Mytliol. e. 654 fg.
456 KAumum
rerTallen war. Dieselben gtanimen aus kirrhenburhem von BohtuUn,
gokäreo den jähren 1629 und 1672 an iind sind wol für die 9cfail<lo.
ningen, die Arcadius von don kyrkliga ßrhällandm, kfnaissätl oeh
«öder (diss. s. 117 fg.) gibt, interessant, orgeben aber nicJits für die
löstuig der frage: Vnr Balder äfvcn im iysk gitd? (Srunska laudsm. VI
[1888| CXLTl fgg.) Oering ist ja wot derselben ansieht, sonst hÄtte er
sich sicherlicli darauf berufen; ebenso fem liegen die Strophen bei
Landstad, Norske Folkeviser nr, IX v. 48 fgg. nebst tillfpg v. V,
(B. 127) u. a.
Überrascht hat mich die behauptung Üerings: demo balderes
stn VU07, sei nicht anders zu fassen als wenn geschrieb«
demo balderes volon der vuox. Das ist eine aofFassung, die x
nimt. Ich habe seinerzeit gesagt, in v. 2 liege ein „entsprech
Vulgarismus vor wie in den folgenden versen. Meine gegner
daraus den vorwiu-f gemacht, ich hätte den dativ nicht zum vi
constniiert (Beitr. 15, 570) oder ich „verstehe nicht verechiedcni
auseinanderzuhalten", als wenn ich von demselben, dem gleichsB
Vulgarismus gesprochen hätte. Auch ich construicre wie Behaghel uiid^
wie Erdmann -Oering de7no volon zu birenkit, halte »in für das pcw —
sossivpronomen , sehe aber immer noch einen dem folgenden entspre —
chenden Vulgarismus darin, dass eben nicht, wie Gering meint, der~
Bondera das poasessivum steht, dem eine ganz entsprechende rückbcxie —
hung auf den unmittelbar vorhergehenden bogrifT zu gründe Ue^. wi^
den folgenden pronominibus der dritten person. Ich habe diflse
der riickbeziehung, bezw. der wideraufnuhme einen vulgarismuü genant^-«
weil ein derartiger pleonasmus Dach modemer anffassung den ton vul — ■
gär färbt und von einer ausdrucks weise wie hirex ninrta hintiin tp-
dax öra (MSD. nr. VI) charakteristisch sich unterscheidet (vgl aii»^:
der von Erdmaun beigebrachten Otfridstelle 1, 5, 36 noch NotktT K
12, 28. 22, 24. 300, 26 fg. 25 und MSD. zu Judith 3, 8j. —
nen ausgaogspunkl bildet die orwägung, dass die halbverso
sin vuot birenkit
Sunrta era suisler
Volla era svt'ster
in dieser form nicht altertümlich sind, sondern der xprecb'
10- Jahrhunderts augohöreu, als mundartliche fortbildungen
durch die metrik nah^elegter halbverse
voz birenkit
Suttfta suister
Volla stäslcr
mm
ftufzufassen sind. Als modern haben natürlich auch die einleitenden
ttft, thü, der ersten halbverse und die enclitiscbeu -en zu gelten (Ztschr.
fc d. phil. 2, 12fi). Wir dürfen kühnlich als originalform betrachten:
'' jvard baldres tv!on aüx birenkit
b/'gdl Sinlkgttnik Stinna suister
"' bigöl Friia Volla suister
* bigöl Wodan so wola conda ....
Die pronomina der dritten person dienen wie das Possessivpronomen
einer art der rüekbeziehiuig, wie sie der älteren epischen spräche nicht
l^gen ist, vgl. Musp. 10 dcnne der man in pardisu pü kiwinnit;
ffn muot Musp. 19 ist ebenso modern wie die bekanten dar und denne,
Jrelcbe den dii, thii des Spruches correspoudieren (vgl. klienfun 40 ohne,
'iu kösa 40 mit artikel u. a.); auch auf stn lip v. 82, sino viiina 25:
io virina 98 im gegenaatz zu iälo deheina 95 wäre zu verweisen.
fuD wird man vielleicht eher einsehen, inwiefern sin vuox, doch nicht
fisselbe ist wie der vuox,, man wird mir zugeben, dass sin genau
en pronominibus der dritten per&oo in v. 3. 4 des sprucb^ zur
Seite geht
Das psychologische und grammatische prädikat des satzes in v. 2
1^ birenidt; ich habe nirgends behauptet demo baldercs rolon sin vuot'
Wide das subjekt. Vielmelu' betrachte ich als psychologisches Subjekt
des Satzes demo baldcres volon und die übrig bleibenden sazteilo als
bindeglieder zwiscben dem psychologischen subjekt und dem psycholo-
gischen prädikat Die jüngere sülform verwendet bekantlich derartige
bindeglieder in ausgedehnterem masse als. dieültere, und je völliger die
psychologischen beziehungen zu sprachlichem ausdruck gelangen, um
•uo freigebiger sind wir mit der annähme eines sog. pleonasmus. Der
fariderspruch zwischen grammatischem untl psychologischem subjekt hat
l^e umständlichere ausdrucksweise zur folge. In unserem fail ist „rose"
IHychoIogiscbes subjekt; um das ross dreht sich handlung und erzah-
^g. Tritt wie in unserem sprueh der fall ein, dass das psychologische
jRibjekt nicht in der form des grammatischen Subjekts (d. h. im nomi-
HkUv) erscheint, so ist veranlassung vorhanden, die be/aehung »wischen
ijpammatischem und psychologischem subjekt durch einen Vertreter des
iesteren bei dem ersteren zu maikieren, dem grammatischen subjekt
l'iöu rückbezügliches pronomen beizugesellen. Diese meine auffassung
Jißtt V. 2 dürfte uun keinem misversländuis mehr ausgesezt sein; ich
allerdings zu, dass meine werte Beitr. 15, 208 anlass zu einem
^cben werden konteii.
460
Für die verse
biijäl Sintiiyunth Sunna suistcr
biifdl Friia Volkt suister.
will ich gern das aayndeton zugestehen, wenn es Gering gelingt, eine
aufzöblung dieser art in den alten epischen gedichten nacbznweisec -•
nur verschone er uns mit berufungen auf tnemorialverse und SholidllB
raaterial, wie es schon Ztschr. f. d. n, 2, 190 citiert worden war. ft
gehört nur Skfrnism. 38 hierher:
Heyri jqtnar keijri hrlmpw
Suthittga synir.
Was darunter zu verstehen ist, wissen wir aus Hijvam. v. 103 fQj
anaphoron heyn — Aeyn' hat noch niemiind als asyndeton aufgebsst
und dass Snituiiga synir nichts anderes als Variation zu krimpursar
darstelt, geht ganz unbestreitbar daraus hervor, dass hq/ri nicht zum
dritten mal wideraufgenoramen. worden ist {vgl. R. M, Meyor, Alferm.
poesie a. 315 fgg.). Nicht asyndetische anftigung, sondern Variation liegt
vor. Aber auch bei aufzählungen suche man ein paar wie das MQ1]«d-
hoff- Goringsche — es wird voi;gebIich sein. Es gibt keine aiifz&hlang,
bei welcher das gemeinsame prädikat nur dem zweiten teil angtbäogl
wäre, vielmehr verfährt die autzählnng in der regel so, dass jedem
glied deraelbe nmfang gegeben und das gemeinsame dem einzelnen vor
ausgeschickt wird (vgl. Hei. 4013 fg.). Auf unsem fall augerwendet
könte das asyndeton passieren, wenn gesagt wäre: *lng6Utn auMfer
Sinihgtmtk Sunna oder ähnlich. Eine aufeählung Sinthgunth -f- schtce-
ster Smina gibt es nicht, sie darf als stilwidrig bezeichnet werden
(über die entwicklung des asyndeton in späterer zeit vgl. G. Roetiu^,
Reinmar von Zweter s. 317 fgg.).
Trotzdem will ich noch auf HiJdebrl. v. 20 eingehen. Hieno
muss ich allerdings gleich bekennen, dass ich die polemik gegen d«
asyndeton längst eingestelt hätte, wenn ich nicht — es ist schon
lange her — die Überzeugung gewonnen hätte, dass an jener Hilde-
brandsliedstelle ein asyndeton nicht vorliegt. Auch Gering ist mir
antwort auf die entscheidende frage schuldig geblieben, was denn Arf-
tila pri'it bedeute. And. Mtil, ahd. hixsil heisat nun oben eimn^
nichts anderes, als pnrvm, parwlua (Hei. 381- 740; Tatian 114, I;
IsidorO, 4; Kaiserchronik 1638 u.a.) und wird nie und nirgends in
Übertragenem psychischem sinne gebraucht, und luxUax folch: ttJgui
verträgt sich mit unserer stelle erst recht nicht Kurz — was Höh»-
mann vorgebracht hat, ist auch durch Gering noch nicht beeeitjgt
Diese bedenken Holtzmanns gegen das asyndeton verstärken sich, wenn
l
man die worte LaehmanDB, El. sehr. 1, 425 liest und beobachtet, wie
weit sich der scharfsinnige mann durch dos besoi^gniserregendo asyn-
deton Lat in die irre führen lassen. Wenn das betreffende epithetoo
sich auf pnit bezöge, müstc bätilihi stehen. Wenn aber laosa zu bam
gehört, darf schon der grammatischen fonn wegen luttila gar nicht
anders construiert werden. Auch in der neuen aufläge der Denkmäler
ist „das schwache iaosa auffallend'^ geblieben. Die erwähnung der frau
tiB beklagenswertem Schicksal überlassen bringt einen fremden zug in
die heroische sage. Was wir erwaiteii, steht bei Saxo I, 358, 7 mit den
Worten: unteua hie 7iobis haeres erat, una palerni cura animi,
auperoqiie datiis solamine matri. pnit in büre ist wie fiireo in folche,
fokhes at enie, soeoiaatero in fok zu construieren, prAt(i) als genetiv
zu fassen, prüt in hilre hat mit in lanle zu variieren. So talt also auch
diese leztc säulc, und das asyndeton wage ich jezt, wie ich denke, mit
guten gründen nicht bloss als stil- sondern geradezu als sprachwidrig
lU bezeichnen. Falle wie Muspilli v. 87 fg.; Notkerl, 252, 23 {vgl
J. Grimm, Ztschr. f. d. a. 2, 190); Kaiserchronik t. 14185 fg. gehören
nicht hierher.
Aber Gering selbst hat ja all diesen einwänden nicht die ent-
scheidende bedeutung beigemessen, wie dem umstände, dass VoÜa das
einmal mit v-, das andere mal I'hol mit p)t- geschrieben sei. Das ist
iOr Gering ein beweis, dass ein laut widergegeben werden solte, der
Ton dem deutschen v- wesentlich verschieden und doch widerum nicht
so weit verschieden war, dass er nicht auf v- hätte alliterieren können.
Apollo wäre in Baiern etwa zu bol, wie episcopus zu Inscof geworden;
dass Pfol (etwas anderes konte doch wol Gering mit ph- nicht meinen?)
hätte daraus werden können, ist gar nicht wahrscheinlicU zu machen
und alliterationen auf b- rcsp. pf- waren doch zu beschaffen. Trotz-
dem solte auf V- alliteriert worden sein — das glaube, wem der glaube
g^eben ist ächliesshch gebe ich Gering noch eines zu bedenken. In
unserer )is. Überlieferung steht ja nicht bloss das einzige pk- den fet^
seren f-, sondern ganz analog ein einziges dii ferneren Um gegen-
ftber. Vermutlich wird d für th ebenso wie ph- für v- dem bairi-
Beben Schreiber des 10. Jahrhunderts angehören — wie man in Baiern
damals auf ph- für v- verfallen ist, weiss ich nicht, erlaube mii* aber
trotzdem noch einmal auf die von mir gesammelten bairiaoheD
belege für ph- -= v- zu verweisen.
Was aber den einwand betrift, die von mir behauptete konstnik-
tion „der Sunn ihre Schwester" sei im ahd, unerhört, so liat miob
derselbe nicht überrascht Wenn ich sie ti-otzdem für unsere stelle in
4dS armsQ
ansprucL genommen habe, so folgte ich dem dnitig der grOiide, dw
ich im vorstelieDden noch eindringlit^her zu entwickeln veisuctrt lube^
Anders kann die Btf?Ue gar nicht erklärt werden. Vf»»» ea «n Bidi köl
verbrechen ist, einen in den mundarteu so weit verbreitet« mil »
tief eingewurzelten vulgarismiLs — der meineR wissenn fibtT das
gebiet germanischer spräche sich erstreckt — gleich »ndero
nungen des miindarliichen spracblebens ins 10. jahrhnndert Kti
datieren, dessen glaube ich mi<'h versichert halten zu dürfe»,
erlaube mir nur no«?h auf könig Rother v. 2035 fg, aufmerlnfta^
miichen und die wni-te äcs erhläpcrs Rtickert zu eitleren, nuch di
in der Umgangssprache der zeit die falle nicht selten gewesen
möchten, wo zu dem genetiv des besitzes noeh eine besondere bewich- -~
nnng durch jiron. person. oder possess. hinzutritt Ich verweise
Brünhüde ir iip Nib. 806, 2 A == der Priinkililf. llp BC; Hagemmm
stn gewant 1992, 3 AB u. n. Trotz der unsichcm Überlieferung
ich auch , mich auf den anfang rjes sprnchs ad pesinn eijui zu bemfei
(MSD. U, 304); wir kiinnen nicht vormuten, was und wie rieJ i
ergänzen ist, aber die grammatische form weist docli darauf hii
dasi* Faks sin s»n und Sumta era sut'uhr sich aufe geiuiuosto etil — -^■
sprechen: got Marjins jah Mttrpins su-istrs ixna: Marjion jak m
izos Joh. XI, 1. 5 weicht auch in der Stellung von hos ab: ebmi
Tatian 13i>, 3 Marlkttn inti ira .tiiesler Mariini in der Stellung
üwetten namens.
.TENA, 2- JULI 1893, PHIWRIiriT KitTTMAXU.
Auf die vorstehenden ausführungen EaiifTmauns habe ich fal
des zu erwidern:
1. Meine behauptung über die Verbindung mänlicher und woll
lieber eigennanien will ich dahin prücisieren, da» der algem«in gilttgeE-'
regel nach dem mftniiehen die erste stelle gebührt und dasa nur ii
nahmsweise in pneti^chen denkmiilern, und dann stets aus mothscl
gründen, hiervon abgewichen wird, j-o erklärt sich die erste von Kai
mann citierte stelle di^r Hvndluljr'jl' (str. 17 Bugge) ^ S<th(m*ings
ok Si'iifH wäre kein richliger langvers — ; während die zweite (.«tr. 3Ä
aus dem «piele bleiben muss, d» es nicht aitsgentMcht !^, üb IIt*fm
hier wirklich ein fraiiennatne ist (Sveinbj. Egitsson 317" erklärt ihn
ein masculinum). Dagegen bann ich eine zweit» ansnahm^» «uo
ags. Andreas beibringen : während im Holland die liimmetdtnnigin Mar^*
es sich gefallen laitsen muss, stets liinter Joseph zurllrkluistoben, d^
Joseph eiuii Maria die allein llberliofertc forniol ist (458, 532,
Uk
2. Z^_
^^ ccH 463
ß), stoben die nameti in der Andreasstelle (ßS8) in umgekehrter
üieofolge, da die zwei allitprierendeE >n der ersten vershälfte die
lanuDg der ihlaria an erster stelle gebieterisch verlangten. Ein sol-
«e metrischer zwang lag aber in dem ersten verse des zweiten Mer-
kbarer sprucbös nicht vor: wäre Pfwf wirklich ein frauenoamii, so
tte BB dem dichter nicht die geringste Schwierigkeit gemacht, ihn
die zweite stelle zu bringen. Er konto etwa sagen; Wö(hin enti
wl II tcaUle tmorun. Was KaiiiFmann. über die „Situation" des sprii-
lea vorbringt, am die auffallende nennnng der unbedeutenden göttin
■ WodMn zu erkläi'en, sind lediglich phantasien; wer nicht gewaltsam
ras in unser Jenkmal hineininterpretieren will, sondern es unbefan-
I heh'ftchtet, wird sich der uieinting anschliessen , die kürzlich von
, il. Meyer (Anz. f. d. alt. 19, 210) ausgesprochen ist, „dasa für einen
tgermanischen dichter die nennung einer göttin vor einem gott (und
r vor dem hauptgott!) einfach eine stilistische Ungeheuerlichkeit wäre,"
t diese bemerkung unzweifelhaft richtig ist, so sehe ich keine mög-
tfakeit, der von Meyer mit recht gezogenen schlussfolgerung auszu-
Bichen, „dass Phol ein gott und zwar ein dem Wodan au bedeutung
thestehender gott sein müsse". Ich sehe ferner keine möglichkeit,
st göttemamen mit dem ungermanischen anlaut für etwas anderes zu
USren, als für *ine Verstümmelung von Apollo': dieser anlaut, bei
I der Schreiber geschwankt hat, ob er dmch p oder ph ihn wider-
ibrai solle, kann unbedingt nicht das germanische f sein', das in den
liden, von derselben band aufgezeichneten Sprüchen im anlaute durch-
t3 fest ist und nicht einmal nach dem praefix in(t) zu p/'sich verhär-
t hat {inrar I, 4). War in Sttddeutschland der römische Apollo mit
alder combiniert worden (Kaufimann« äusserung, dass Apollo mit dem
hnaginären " germanischen lichtgotte Balder nichts zu schaffen habe,
1) Eaaffnianii meint, üass Apotlo im bairischen xa Bol bätte nerdeo müs-
, and deutet aunh Gonst mehrfach an, ilass er die anrzeiobtinng der beiden Sprüche
1^ einen bairischen ai'JireiboF für mna ausgemanbt« Baoho luisiebt leb linde in
I «procbeo, die Braune mit recht als oslfränluHoli beteichnet, kein eincigea siahe-
fcritetium bairlKoher provenienz, denn pft für ft ist auch im fränkischea uoch-
liesen (Braune, Ahd. gramm.* | 139, anm. T). Die erweichung des intervojfaliscben
dte dfts deutacbe scbon ttus dem roman. ül>erknm, ist auch keiooswegs überall
vgl, pfeffer < P'pff, luffinn <; luptna, auch poBtul <; aposlotus
LU6, 4.
2) Der umstand, Am& der sulireibor der Meraeburger Sprüche zwischen th und
ttkwaolct (wie dies z. b. auch der ochreibor y des Tntian tut), itft noch kein beweis
Qr, daas er auch in der bozelclinnug des /'-lauten geschwankt haben müsae, Oerin.
naterlng ja der iantvei'schiL'ljung, gpiiu, f abej- nicht.
46i anmiG
ist ^e bebuuptiing, aber kein beweis), so sehe
solieiDiicIies in der Biinahme, dass die kentuis der frcaudeii not
P(h)ol über die Mainlinie bis nach Thüringen vorgedriiug&ii i
lasse mich auch an dem glanbeu an dio beweisende Icraft dai
deutschen und thüringischen Ortsnamen durch KaufTmanns erört
(trotz ihres überlegenen und aiepesgewisBen tones) nicht irre machCit«
Pfuhlsbom bfi Apolda und Pfulsdori' bei Uolha sind sJchfrlich nicht
nach dem Pfahlgraben benant, und wenn neben Pholesoutca sich dio
form Pfvalsov>a findet, so ist dadurch die ursprüngliche lünge lies o
nocli lange nicht bewiesen, da die vc^rmutung nahe liegt, dass, nadi*
dem der name des gottes längst verschollen war, die voilutfitymoliigie
nnlehnang an ein ihr bekantes wort gesucht und gohindtm habe.
2. Dass bereits Holtzmaun die Sunna unsres Spruches i
nordischen Syn hat identiÜcieFen wollen, war mir unbokaiit;
manns einfall bat also nicht einmal den ,reiz dor neuheit" fil)
Eeinesfals gewint er durch dieses zusammentreffen an glaubwdi
Ich bestreite nach wie vor, dass die persunification eines so abst
begriß'es, wie die rechtsgillige einspräche oder entschuldigung <
in urgermanischer zeit erfolgt sein kann. Überdies ist die j
des got «unja im ahd. niclit vorhanden. Wie ferner Kaufiinann dazu
komt, die existenz einer germanischen sonnengöttin zu Icu^es, ist
mir unvei'staodlich, da anerkaatermassen die Brynhild der heldensagä
nichts anderes sein kann als eine hypostase dieser güttin. Dass man
daneben sich die sonne znweileti auch niänlich vorgostelt hat ode^
neutrale form brauchte, wenn man das gestim selbst nnd nicht i
lenker bezeichnen wolt^, Ist mir natürlich uiciit neu; bei der i
der Germanen für gleichnamig« götterpaure sind Sujatn oud ^
nicht auffallender als Frcyr-Kreyja und Nj<irpr-Nertkus. J(j
trat aber die mänliche sonneagotheit ftüh in den hintet£
norden kent sie gar nicht, und in Dentschland bat die auflassui
Bomie als eines weiblichen weseiis, die sicherlich immer die i
sehende war, schliesslich die alleinherscbaft t-rlajigt Das Reid
ratsei (MSD. VII, 4) anzuführen, hiitte Kanffmann sich sparen 1
da es für die frage, ob in Baieiii oder sonstwo die mSnUcl
weibliche namcnsfomi beliebter war, schlechterdings nichts
auch wenn in der deutschen vorläge ntagad stand, niust« >
Setzer, da lat Sol und Titan masculina sind, in i;. 3 ein i
homo oder vir verwenden. Übrigens hat MüIIenhoff Uhlands '
tung, dass man und munt im original die rcirasUibo gewtt
m 466
iieclit abgewiesen, da in z. 6 das büßionymon munt (os) gestanden
3. Üni das von mir aus dem Hildebrandsliede beigebrachte asyn-
Eu beseitigen, hat KaufiCinaiin einen zweiten einfall Hoitzmanns
[egrabeii, der so unwahrscheinlich ist, dass die herausgcber der
kmäler ihn nicht einmal der erwähniing M-ert gefunden haben. Holtz-
ins erklärung der verse 20 fg. (Germ. IX, 293) sich anzuschliessen,
rietet schon die durch sie bedingte unnatürliche Wortstellung, die
lern gaozen iiede nicht ihres gleichen fände, und grammaüsch ist
e auSassung geradezu unmöglich. Den genet (oder dativ?) (»•üt
priiti) kunte man, obwul er im ahd. äusserst selten bezeugt ist
lune, Ahd. gramm.^ § 218, anm. 2], allenfals passieren lassen; aber
Ua kann nur auf prät, nicht auf barn bezogen werden, da für
prüdtcative adjecür die starke form obligatorisch ist Kaulfmanns
lAuptung, dass das adjectiv, wenn es zu pnH gehörte, lultüün hätte
Ben müssen, schlägt der von J. Grimm gefundenen und durch zahl-
te beispieie gesicherten regel (Gramm. IV, 577 fg.) geradezu ins
eilt. Wenn er femer, um die möglichieit der schwachen form üu
rten, auf arbeolaosa verweist, so muss ich, zu meinem bedauern,
Torwurf widerbolen, dass er es nicht versteht, verschiedenartige
e auseinanderzuhalten. Das nacbgestelte arbeolaosa ist nicht mehr
[icat wie luttila und unwaiiaun (nach Kauffmanns theorie müste
fi die zweite form auch in unwahi-mta emeudiert werden!), sondern
Osition. Die form wird für denjenigen nichts auffallendes haben,
sich von dem Vorurteil frei gemacht hat, dass die schwache llexion
tvrendig an den artikel gebunden sei, da natürlich jene das prius,
hinzutritt des artikels das secundäre ist. Es ist daher zu über-
,er liess im lande elend zurück die frau im hause, das kind
lühsen, das etbloae". Wäre das kind schon vorher als „klein"
let worden, so wäre es geradezu albern gewesen, es nochmals
,\ui erwachsene" zu nennen; dass ein kleines kind unerwachsen ist
>ht sich von selbst. Um es plausibel zu machen, dass die erwäh-
der frau einen „fremden zug" in die sage bringe, wird Saxo
laticus citiert, wo nur von dem söhne die rede ist Als ob
ilelberichte, die Jahrhunderte weit auseinander liegen, in jedem
len detail übereinstimmen müsten! Wer das jüngere Hildebrauds-
'beizielien weite, das uns doch nöht^r steht als Saso, würde den
igeeezten beweis führen können, da dort in der ersten atrophe
ikehrende recke des „Alebrant" gar nicht gedenkt, sondern nur
la* sich beklagt, dass er seit zweiunddreissig jähren frau Ute nicht
30
466 «EBINO, NC.H f INHAL HER i
gesehen habe, — Duss der bedeutungsübei^niig von „klein" «u |
„ärmlich", „beklagenswert" ein sehr leichter ist, leuchtet «in (d
z. b. die dänische redensart nt lere i umno hiar „in Srmlicj
hältnissen leben*^), iid<I ijass die Ton MUlleriholT itDgezogene gloi
Ui'z vole — valffus „sich mit unserer stelle niclit vertrage",
subjektive tinsicht, die ich nicht teilen kann. Ich muss dtn
der meinung festliBlIen, dass wir c« tatsächüch mit einem
zu tun haben. Aber selbst wenn es Kauffmann gelungen
gegenteil zu erweisen, so wäre „die lezte s&ule" noch nicht J
das asyndeton des Hildebrandsliedes int nur ^in beispiel vnn '
denn die belege aus der altD., ags. und alts. poesie wird Kattl
beim besten willen nicht fortescamotieren. Er verlangt, dasa ich ihu
,mit benifungen auf memorialverse und ähnliches matcrinl verschone* -
ich möchte bitten, mir zu sagen, wo ich einen „memoriulvprs" in)
feld geführt habe. Bin stellen aus dem Be('iwutf, dem H61iand uml
der Edda sind doch wo! nicht dazu zu rechnen. In der stmphe "Iw
SklrnismQl (34) erklärt KauiTEnann die Suthiinja synir nur fiir aine
„Variation" der hrivipjirsar — dann müssen wol seiner meinung nwli
auch die dslipar %Yider nur eine weitere „Variation" desselben begriÄ«
seini'! Alles andere, dekretiert Kaulfmann, gehi^re nicht hierher Ab»
auch nicht die stelle der Pryraskvit)» (23), wo die exn ala^^artir tsite-
detisch an die guflhifmpoT k^ angereiht werden? Ich sehe in Ai«if
behauptung nur die pure wilkür und stelle meinerseits getrost und ia
vertrauen auf aller unbefangenen beifall die ihese auf: sind ajiyodiO
wie das der I'rymskvi[)a oder das des Beöwulf fhim of dyde isemhff'
nan, heim of hufeUtn) weder „sül-" noch „sprachwidrig", so risd •
die des 2. Merseburger epruclies ebensowenig.
4. Die Insinuation, ein „x für ein v** gemacht, alsa eine HÜt>
sdiung oder Verdrehung versucht zu haben, mnss ich auf dus eatadu»-
donste zurückw«>isen. Meine worte solten natürlich nur sagen, dw
die Verbindungen ffn tnitn und dvr vuoz grammatisch gleidtwert^
seien, dass sin ebensowol nominativ sei wie det- — und wona Ku^
mann jezt erklärt, dass dies auch immer seine meinnng g«>we6ea ^
(was aus dem Wortlaute seines ersten urtikels nicht zu en^oheti wtfh
so ist die sache damit abgetan. Kauffmann sieht wol mit recht io4
gebrauch des possessivums in z. 2 einen „Vulgarismus"; woon 1
meint, dass dieser „Vulgarismus" die von ihm für z. 3. 4 i
raene, ganz abweichende konstruktion wahrscheinlicher mache,«
ich dies bestreiten. Ich konstatiere mit g«nngthuung, dta
dioee konstniktion ans dem iibd. nicht m belegen rennug.
tfOTH, DRUCKE DBS IG. VSD IG. IkUNS. 407
lichkeit, dass sie älter ist, al» die ersten litterarischen Zeugnisse aus
dem mhd., lässt sich natürlich nicht ableugnen; methodisclier aber igt
es jedesfals, mit dieser müglichlteit nicht zu reebnen, vielmehr ein alid.
deukmal aus dem ahd. üiprach^^ehrauche zu erklären. Daher ist auch
der scliluss unzulässig, dass volo, weil im mhd. volksepos vole „streit-
Toes" bedeutet, schon im ahd. lediglich diese bedeutung gehabt haben
müsse. Ich habe indessen gar nichts dagegen, wenn Kaufmann das
wort in unserem sprucbe so übersetzen will — nur wird er mich doch
nicht glauben machen wollen, dass Wödaji allein vou den germanischen
göttern ein solches tier besessen habe. Dass auch Balder den aord-
leuten als ein kühner held und reitet galt, brauche ich ja einem fach-
genossen, der in der Edda und im Saxo so wulbelesen ist, nicht erst
nachzuweisen.
KIEL, 26. ADOÜST 1S93. HUGO OERDJO.
ZUE LITTERATUR DEUTSCHER DRUCKE DES 15. UND
IC. JAHRHUm)EETS.
EIii nachtrag zu den repertorieu von Hain und IVeller.
I. Jte disz buch ist genant der siuber Jngang/ der hyrael. Die
Torredde. [DjJsz buch gibt zu uerstehen vnd lernet / manche susze
Dotzbarliche vnd wol / smackende lere vnd vnderrachtung / wye geist-
liche closterlute vnd ander gude / mentsche dye gutes lebens geacht
▼od ge- / halte sin, dem handt von der helle dem blosze / geiste, ic
ScMiesst: dar zu mir vnd / dir vnd auch allen guten kin-
dem helff, der / vater vnd sone vnd heilige geist. Amen. /
Quaito, ohne blattzalUen, custoden und Signaturen. 116 blätter,
deren leztes leer, zu 21^—30 zeileu auf voller seite umfassend. Ohne
angäbe des druckorts, Jahrs und einer 'firma, die type ist jedoch die
von J. Fust und P. Schoeffer zu Mainz in der grammatica vetus rbyt-
miea 1468 angewendete und gehört der druck demnach dieser druckerei
an. Die drucktechnik ist unbeholfen, die Zeilen erscheinen nur links
ausgeschlossen, sind ungleich lang und an zahl verschieden. Die
eiBcheinungszeit des buchs lässt sich aontthernd feststellen. Dasselbe
, ist mit der type der 1468 erschienenen gnunmatica gedruckt, aber jeden-
[ Ua vor derselben erschienen, da man für das umfangreichere buch:
- Ingang der himmel eher eine neue type gefertigt haben mag., als für
die kleine grammatik. Die erscheinungszeit dürfte etwa das jähr 1466
SGÜi, al» Fust bereits gestorben und P. Schoeffer noch nicht die firma
30'
I
nnter seinem naroeii allein angeben mochte. Bas buch ist das
gedruckte andachtsbuch in deutschar spräche und bis jezt dM
deutsche druckwerk überhaupt, es blieb den forschern Hain und Goi«-
deke unbokunt Panzer, Zusätze zu den annalen s. 8 kante das^br
(Tgl. „Allgemeine deutsche hibliothek" 92, b. 535), gibt abiT falfdi
113 geKilhlte blätter umfang an, welche angäbe Hain rop«rt il 9185
widerhglte. Ein exemplar bot der nntiquar A. Colin zu Berlin im kaU-
log n. 198 aus. Dasselbe stAiute aus der Carthäuserabtei Hnxheim and
wurde von H. Klemm zu Dresden erworben. Klemm beschrieb d»-
selbe in: Bescbreihender katalog des bibliographischen museums. Dife-
den. 1884. 8.426—427 kurz und hielt dasselbe für unicunt. Allafl
die Darmstodter hofbibliothek besizt das buch ebenfab, wenn avcta
defekt, mehrere lagen eines dritten exemplars befinden sieb in eiiar
handschrift des 15. Jahrhunderts der Stadtbibliothek zu Hlünz. Xndi
einem eintrag in Klemms excmplar (jezt im buchgewerbemuseiun tu
Leipzig) ist Florentius Horlemius der Verfasser des buches, womit auch
die eigen tti milche spräche, ein gemiscb von hochdeutsch und ^ilH)e^
deutsch (jenes auf den druckort Kaiiiz, dieses auf die heimat Aet
Verfassers weisend), Ubereinstimt. Nach Klemm besass die abfei Praell
bei Regensbwi^ eine lateinische Übersetzung dos buohes gefertigt tob
Laurentius Surius, dem Übersetzer TaulerB.
Vgl. Ontralbl. f. bibliotbekswesen ed. Hartwig I, e. 64 — 85.
II. Gerson, Büchlein von den geboden und der belebt
Blatt 1 vorseite z. 1: Die vorredde in das bucheün von den (!»■/
bodde. von bichte. vnd bekentuiss zu sterbe ge- / dicht von dem boci-
gelerte meistcr Johan ger- / son. kanczler bu parijs. /
[l>]er Cristeheyt. ich etlicher maiss ernst- / lieber liebhaber. wün-
sche zu neme in /
Blatt 1 rückseite zeile 1 : setz, vnd mgenugsam vndenrieflg ^
eyfiilti-/
BlMtSS rückseite zeile 1: VVant dick dorch eynfi sotiria ri^
vnd falsen /
Sohliesst zeile 20; zu parvs lobliche wirt gehalfen./ Zeil« 31 IW-
Zflile 22: Hie endet sich diss drigedeilt werck. vn den / czehen geboJ^
vD der byeht. vnd vfi der kuiisl / 2U etcrbe. dorch den v«£ni«ligA Ira«
der heilige / schrifft Meister Johan vn gerson Cantzeler der / hriUf*
hoen schule zu parys. / Blat) Üi leer.
Quarte, 27 durchlaufend« zeilen auf 33 blättern, coUatioii: 3 t*
gen zu je 5 und einmal 7 lagen (I = 5, 3 °- 6, 3 » 7). HAhc ^
textspiegels 15 cm. Breite 9,3 cm. Gut gedruckt und gut im register.
Br Bchwaradruck. Wasserzeichen des papiers ist der ochsenkopf nebst
Stange mit kreuz. Im satze erscheint nur das runde kleine d, das
verschlungene grosse S und eckige grosse M sowie die eine form des
grossen D. Diese merkmale wie die type überhaupt eignen den druck
^r Marientlialer kloaterdruckerei zu; sie lassen das buch als eins der
•fitesten erzeugnisse derselben erscheinen und zwischen 1470 und 1472
•osetzen.
Erste ausgäbe dieser schrift Gersons als Übersetzung oder deut-
sche bearbeitung des opusculum tripartitum de preceptis decalogi de
de arto moriendi. 0. j. ehenfals zu Marienthal gedruckt
Das einzige bekante exemplar besizt die seminarbibliothek zu
nz (Incunabel 824).
Weder Hain, Panzer noch Goedeke bekant gewordener druck. —
■gl. Gpffken, der bilderkatechisnius. Anhang s. 29. — Falk, die presse
!U Marienthal im Rheingau. Mainz 1882. S. 22. — Brück, der reli-
i Unterricht seit der zweiten hälfte des 15. Jahrhunderts. 8. 33.
in. Lupi, Anleitung zur beichte 1478.
Blatt 1 vorseite zeile 1 : Vor die anhebenden kynder vnd ander /
zU bichte in der ersten bycht /
Blatt 1 riickseite zeile 1 : Widder das Tierd han ich zwey male
'iffieder my eidern ge /
Der text begint: Ich amier sundiger mensche ich bekSnen mich
3em allemechti / gen gode vnd vnser lieben firauwe vnd allen gotes
ieylige / vnd vch priester an gotis stat dasa ich leyder vil gesQdiget /
I czu dem erste widder die hoylige czehen gebot. / (Blatt 1 vorseite.)
Blatt 25 rückseite unten: Hoc opusculum industria 7 arte impres-
■oria fieri ordinauit et / ostituit venerabilis vir magister iohfines lupi
lappellanus / cappelle sc! petri in suburbio franckfordensi p suos manu-
fde- / les dirigi sie vt perpetuo maneat sine aüenacöe vbicumqz di- /
fecta fuerit apud parrochias sediü diocesis magütinens'. Sic / qz vt p
tfma 3stituetis sedula pce proqz suis bafactorib' ore- / tur Quod opietä
est Anno dni M cccc IxxvÜi 7t / Die rückseite dieses und das fol-
le blatt leer.
Quarto, 26 blatter, deren leztes leer, 36 zeilen einspaltig, nur
Bchwarzdruck. CoUation 1 = 5, 2 — 5, 3 = 3 lagen -= 26 blatter.
IFasserzeicIien der ochsenkopf mit stange und kreuz, bogen 2 hat jedoch
ein anderes Wasserzeichen. Der druck stamt ebenfals aus der Marieq-
iialer druckerei und ist in type 3 hergestelt ,
470 ROTH
Exemplare sind vorhanden in der Seminarbibliothek zu Mainz
(Incunabel n. 825, das oben beschriebene), Giessen, univ.-bibl. (V21,
810) und Kassel, landesbibl.
Der druck blieb Hain und Goedeke unbekant
Ygl. Münzenberger, das Frankfurter und Magdeburger beichtbüch-
lein. Mainz 1881. — Moufang, Mainzer katechismen s. 7. — Geffken,
der bilderkatechismus s. 26. — Janssen, Geschichte des deutschen Vol-
kes. VII. aufläge. S. 45. — Brück, der religiöse Unterricht S. 36. —
Falk, die druckkunst im dienste der kirche. S. 99. — Grotefend, Chri-
stian Egenolf, der erste ständige buchdrucker zu Frankfurt a. M. usw.
S. 3 und 24.
IV. Arnoldus de villa nova Weinbuch. 1481.
Blatt 1 vorseite : Hienach volget ein löblich tractat eines fürne- /
men doctors der erzney mit namen Amoldi / de noua villa d' ein arczt
des k&nigs vö franck- / reich gewesen ist Diser tractat haltet jnn
von berey t / tung vn brauchung der wein zu gesuntheyt d' mensche /
wölichs bfichlin der subtil vnd sinnreich Wilhalm vö / himkofen genannt
Renwart zu lieb vnd geuallen den / Fursichtige Ersamen vtl we}'sen
Bürgermeistern vfi / Bäte d' lobliche stat Mremberg von latein zu
teutsch / transsferiert vnd beschriben hat also anfahend. / Am ende: Ge-
druckt vnd vollendet von Johanni B&mler zu Augspurg. An Mäntag
nächst / nach sant Peter vü Paulus der zweyer zwSlflf / boten tag. Anno
düL M. cccc. Ixxxj. jaren. /
Folio, 21 n. gez. blätter. Ältester deutscher druck über weinbe-
reitung. Fehlt bei Hain.
In meinem besitz.
1504.
Almanach fürs jähr 1504. Am ende: Galculatum est presensAl-
manach in laudabili ac mercu- / riali opido Merheymensi ducatus
Montensis pro simplicibus / ac vtilitate totius communitatis. Finitqne
feliciter / Merheymensis. / Geprent tzo Coellen vp dem Alden mart jn
dem wilden man. /
Folio. Einblatdruck. Mit holzschnitten und randeinfassung. Kö-
nigl. landesbibliothek zu Wiesbaden, verklebt an einer ausgäbe d^
Alphonsus de Spina.
1507.
Dises buchs Inhalt ist die Gül / den Bulle Kayser Friderichs refor-
matiö. des reichs / Landtfridden vnd Camergerichts ordnüg auff gemei-
nen / gehalten reichstagen zu wormbs Freiburg In Preisgaw / augspuiS
Lindaw vnd Costetz auflFgericht vnd beschlossen / Wappen in holzschnitt/«
Am ende: ... Nachmals getruckt vnd vollen / det in dem Fiinfil-
jehflhundertsten vnd Sybenden jar / vff Montag nach dem Sontag Letare.
der Faste./ Folio, 161 gezählte blötter.
In meinem besitz.
1509.
Form vn wesen sumarie / begriffea, der handliing zwischen Rfl-
loiscber Kayserlichor mayestat etc. vnnserm aller / gnedigsten herii /
fdorch jrer Kayserliclien maiestat verordeot rate / vn den Cburfürsten
Fürsten / vnd Stenden des haitigen reichs auff dem yetzerachinen reichss-
teg za Wormbs gehalten. / Reichsadler in holzachnitt. /
Am ende der urknnde kaiser Max I: Triennt . . . Anno ic. nono.
reichs des B&müichen im vierundtzwaintzigaten Jare.
Folio, 8 blättor. 0. o. u. j. n. f.
In meinem besitz. Andere ausgaben Weller n. 487 — 489.
1520.
Warumb des Bapsts vü seyner / Jüngern bücher von Doc. Mar-
,no Luther vor- / brant seyn. / jc, / Wittenberg. / 1520, / Quarto, 8 n.
gez. blätter. In meinem besitz.
1521.
Von der freyheit / eins Christc men / schon: Von Mar / tino Lu-
Blher / selbs dütsch / gemacht. / Zu Wittenberg / Im .XXI. iar. /
Am ende: Gedruckt zu Basel durch / Adam Petri. / 1521. /
Quai-to, 15 n. gez. blätter und leeres blatt. In meinem besitz.
1522.
Beformacion der Stat / Nüremberg / (ohne punkt) / Cum Gratia et
3^uilegio / (ohne punkt). Titel röckseite holzschnitt. — Am ende: Hie
toidet sich die Beformacion der / Stat Nürmberg mit eins Erbern / BatB
Iflaselbst endrungen vnd besserungen, durch Jm Bur / ger Frideriehen
5'feypus / gedruckt, Anno Domini / Fßnfftzebenhundert / vnnd im Zwey-
^ind- / zweyntzigislon. / Rückseite dieses blattes leer.
Folio. In meinem besitz.
1523.
Handlung des Bi / schofEä von Merssburg, / mit den zwayen Pfar-/
Ikhi vö Schonbach / vfl Buch, geschehe / am Üinstag na / ch Bartholo /
a>ei, An- / no. / M. D. XXiij. / Mit Titeleinfassung.
Quarto, 7 n. gez, bl.
472 ROTH
In meinem besitz. Panzer, Annalen n. 1940. Vgl. Seckendorf^
historia Lutheranismi s. 49.
Eyn kurtze antwort einer Ordens / Schwester, jrem natürUchen
bru- / der Kartheuser Ordens zage- / schickt vber seyne Christ- / liehe
vü Ewangelische / leer vnd ermanung. / Im. 1523. Jar. /
Quarte, 4 n. gez. blätter.
In meinem besitz. Ob Panzer, Annalen n. 1819?
An diese nachtrage reihe ich an eine Zusammenstellung deutscher
drucke von 1526 bis 1550.
1526.
GRundt vnnd vrsach: / aus der heyligö schrijBft, wie Tnbillich/
Tnd vnredlich, das heylig lobsangk / Marie Salue regina, Oeweicht saltz/
vnd Wasser, Metten vnd Complet, in etlichen / Stetten wirt vnderlasseo,
verspott / vnd abgestellt / D. J. Dietenberger / Anno. M. D. XXVL /
Paulus IL Thessa. 11. Act XVI. / Bruder, yr solt stan, vnd halten die/
Satzung, so yr gelernt habt / von den alten. /
Duodez, 32 n. gez. blätter, Signaturen An — Hm.
In meinem besitz. Andere ausgäbe als Wedewer, Dietenbeiger
tafel 1 und von demselben nicht gekaut
1527.
Anzey- / gOg warumb / Gott die weit so lan / ge zeyt hab ver-
plendet / vü irrfien lassen. / Durch Andream / Alihamer. / M. D. XX VE/
Quarto, 12 n. gez. blätter. Mit titelein&ssung.
In meinem besitz. Panzer, Annalen n. 3029.
1528.
Furbereytung zum / Concilio, wie alle recht Gotszfortigen / von
beden, yetz fürnemen theylen, so man alt vnd new gleu / bige, Bipfit-
tische, vfi Lutherische nefiet, Zu einigkeit Christ / lieber kirchen komen,
vnnd sich darin vnbewegt hal- / ten mögen, etliche freundtliche Oote-
fSrchtige / gespräch, von fümemen stucken Christ / lieber lere, dereo
halb man yetz / im missuerstand ist / Zu end des bächs findesta dise
stuck noch / Ordnung vorzeychnet / Getruckt zu Strassbuig durch M»-
thiam / Apiarium, Im jar / D. M. XXVIII. /
Qnarto, 58 n. gez. blätter, Signaturen A, — Qj.
In meinem besitz.
WAs der Durchleuchtig hoch / gepom Fftrst vnnd Herr Herr
Philips / Landtgraffe zu Hessen, Graffe zu Katzen Einbogen, zu Dieto,/
zu Zigenheyn vnd zu Nidda, als eyn Christlicher FArst / mit den Ci(^
terperetinen , Pfarrherrn, vnd AbgJ^ / tischen bildouesen, in seyner gna-
len FÄrsten / Üiümbe, aiisz Göttlicher geschrifif. / fiirgeniimmen hat /
Ohne ort und jähr. (1528) Quarto, ö blätter. In meinem besitz,
Aaff Martin Lu / thers SchandbfirhUn / An die ChristS von / Halle
[BscUri- / ben, / Antwort / Jo. C'ocleus Doctor etc. / Ein kurtzer Aiiss /
lg von beydcr gestalt / des liochwirdigeu / Sacraments, / M DXXVUI. /
;it titeleinfassung. Titelröcksolte leer. Ohne ort und jähr (1528).
Quarte, 20 n. gez. blätter, Signaturen An — Eid.
In meinem besitz.
1529.
Eyn guyt nützlich ver- / manung Joannis Coclei doctor in der
Byli- / gen geschrvfft tzu allen Frommen stanthaffti- / geo Christen vnd
1 d' oberkeit, wie man sich / htitten soll vur verf'oerischeD leren vnd
rois- / sem verdriess vnd schaden die dar vss kummen. / M. D. XXIX. /
lückseite leer. Ohne ort und jähr.
Duodez, 16 n. gez. blätter, Signaturen Am — Bv. Mainzer stadt-
bibliothek (a 1).
Die beleger- / ung der Statt Wien in Oster / reich, von dem aller-
grawsam / esten Tyrannen vnd verder- / ber der Christenheit, genant /
der Türgkisch Keyser, New / lieh beschehen. In dem Mo- / nat Sep-
tembri des / M. D. XXIX. / Mit titeleinfassung.
Quarto, 8 n. gez, blätter, deren leztes leer. Signaturen Au —
B m. Mainzer stadtbibüotbek.
1530.
GBrichts Ordnung / vnd Procesz, ietiläufßger fibun- / gen. Mit
Becfatmissiger deren Griind vnd klarer anzeyg, in Eeyserli / eben vnnd
jBeystlichen Recbttin, / Holzschnitt
Am ende: 7A Strassburg bei Chrietian Egeaolphen, / Im Hewinon.
Des M. D. vnnd / DroJsaigsten Jars. /
Quarto, 4 n. gez. blätter (II— III) und blatt I — XUU und I lee-
H blatt. Mainzer stadtbibüothek. (Incun. &'dO.)
Rbetoric vn Teütsch / Formular, In allen Gerichts / H&ndlen. /
onst vnd Kegel der Notarien / vnd Schreiber. / Titel vnd Cantzlei
Bftchlin. / INstruction Wie gegen trefflichen per / soneo , vnd mt-hrm
Oberkeit, Als Keys. Maiestat, Pursten, Herren, Ed / len, oder ReiA-
0D K. eich einr Bottschafft oder Gesandten, In / Werbung, Ha»*'
:, Bed vnnd Antwort, Emphahuug, / Dancksagung, Sclm-iicke, Bf-
ietong w. zuhalten sei. / Holzschnitt / Zä Frankfurt am Hcn^ML
Egenolphen. / ^^^H
474 BOTE
Am ende: Zä Franckfort Im Christmon. Anno M.D.XXX./
Quarte, 52 gez. blätter. Mainzer Stadtbibliothek.
Ein neüwes, / fast hübsch, vnnd nutzliches / Fflantzb&chlin, Von
man- / cherley artiger Pflantzung, / Impffung, vQ Beltzung / der Bäum./
Gene. IL / Gott der Herr Fflantzete einen garte / in Eden gegen dem
morgen, vnnd / setzet den menschen drein, / den er gemachet / hatte./
M. D. XXX. / Mit titeleinfassung. Rückseite des titeis leer.
Octavo, 24 n. gez. blätter.
Mainzer Stadtbibliothek. Verfasser ist Johann Domitzer.
1532.
DAs B&ch zu Distilieren die z6sa / men gethonen ding: Compo-
sita genant: durch die einzigen / ding, vn das bäch Thesaurus paupe-
rum genant, für die armen yetz von neüwem wider ge- / truckt vnd
von vnzalbarn irrthumen gereynigt vnnd gebessert, für alle voraus»-
gangen trucke etwan von Hieronimo Brunsschwick auff geklaubt Tnd
geoffenbart zu trost vnd / heyl den menschen, nützlich yr leben daraoss
zu erlengern vnd yre / leib in gesundtheyt zu behalten. / Grosser holz-
schnitt/.
Am ende blatt CClxxx: Hie endet sich disz buoch seligklich ge-
truckt / vnnd volendet in der loblichen stat Strassburg durch / Bartho-
lomeü Grüninger vff Sant Adolfis / tag In de Jar so man zalt nach /
Christi geburt M. / ccccc. xxxij. /
Folio, 8 n. gez. blätter und cclxxx blätter. Mainz, stadtbibl.
1533.
Von ankunfit der Mess / vnnd der Wandlung brots vnnd / weins
im hochwurdigon Sa- / crament des Altars. / Ain disputation Sebastian!
Fran- / cken , mit antwort Johannis Coclei auff / 88. artickeln auss der
newen Chronica. / Anno M. D. XXXIII. / Titelrtickseite register.
Quarte, Signaturen An — Im. In meinem besitz.
1534.
Ein brieff / D. Mart Luth. / Von seinem / Buch der / Winckel- /
messen, an einen / guten freund./ Wittemberg, Hans Lufft, / 1.5.34./
Mit titeleinfassung. Quarte, 12 n. gez. blätter. In meinem besitz.
VOn der heiligen Eucharisty o- / der Mess, nach anweysunge der
Schrifft, vnd der Elti- / sten schrifft verstendigen heyligen / Lerer./
Durch Georgium Wicelium. / Auf der titelrückseite vorwort datiert: Bs-
leben. Egidij. / 1534. /
DBUCXE DES IS. UMI IG. iJÜSBÜ- 476
Am ende: Gedruckt zÜ Freyburg im Breissgaw, durch / Joannem
Fabnim Emnieuin / Juliacensom. /
Quxrto, Signaturen an — qn. In meinem besitz.
Von der Win / ckelmesse vnd / Pfaffen Wey- / he. / Wittemberg,
Kicolaus Schirlentz, / 1534. / Mit titelein fassung aua L. Cronachs schule.
Quarto, 56 n. gez. blätter. Verfasser Dr. Martin Luther. In
meinem besitz.
1538.
Das sieben- / zehend Capitel / S. Johannis, / vnd dem Gebete /
Christi. / Gepredigt vnd ausgelegt / durch / D, Mart. Luth. / Wittemberg.
1538. / Mit titeleintassung.
Quarto, 78 n, gez. blätter. In meinem besitz.
Wurer vnd Chrietlicher / vntorricht, aus Göttlicher scbrifft, wider/
den ertichten Tnd vorfürischen Catechi- / smum Ambrosij Moibaai voi^/
meynten Pfarherr zu / S. Elizabeth zu / Breslaw. / Durch Micbaelem
Hillebrandt Minor Ordens ic. / I. Tinioth. I. / Sie wollen der scbrifft
meyster seyn, vnd vorste- / hen nicht^ was sie sagen, oder was sie
HKtüen. / II. Tim. III. / Es seyn menseben von vorkerten synnen, eines/
freuelicben vnd falschen glaubens, Aber Bie wer- / dens nicht ausfören,
denn jhr torheit wirt offen- / bar werden jederman, gleich wie auch
jhener wardt. / Gedruckt zu I^yptzigk durch / Nicolaum Wolrab. /
H. D. XXXVIII. /
Quarto, Signaturen An — Miin. In meinem besitz.
Warhafftiger/ bericht Änthoui Sche-/nitz, wie sich die sachen
'Ewischea / dem Cardinal von Mointz etc. vnd / seinem Bruder Hansen
Sehe- / nitz zugetragen, vnd er vom / Cardinal, on recht getöd- / tet,
Tud seine Güter mit / gewalt eingezogen, / vnd zur vnbillig- / keil ge-
hem- / met wer- / den etc. / Gedruckt zu Wittemberg, / durch Hans
-Lufft, / 1. 5. 38. / Mit titeleinfassung.
Quarto, 32 n. gez. blätter. In meinem besitz.
1539.
Chronica. / Des gantnen. Teutseh- / en lands, aller Teütschen v6l-/
cker herkomen, / etc. Durch Sebastian Francken / von Werd. /
Am ende: Getruckt zu Bern inn Vchtlandt, by / Mathia Äpiario,
vnnd vollendet vff/ den ersten tag Martij. Anno / M. D. XXXIX. /
Folio. Mainzer stadtbibliothek.
1541.
Vermanunge / zum Gepet, / wider den Tiircken. / 1541. / Mit titel-
einfassung.
476 ROTH
Quarto, 18 n. gez. blätter. Yer&sser dr. Martin Luther. In mei-
nem besitz.
PROPHE- / TICVS SEK- / MO, / 2. Petr. 1. / Hundert vnd mehr
belli- / ger Lection, aus allen Pro- / pheten, zur besseruug der / Chri-
sten ge- / samlet / Durch GEORG. VVI- / CELIVM. / ANNO M. D. XLL/
1. Tlmoth. 4. / Attende Lectionl. / Llndenblättchen. / Rückseite des
titeis leer.
Vorseite 64 unten: Gedrückt zu S. Victor / bey Mentz, / Durch
Franciscum / B6hem. / Rückseite leer.
Duodez, 64 gez. blätter. Mainzer seminarbibl. (N. 48 — 53.)
ONOMASTI / CON ECCLE- / SIAE. / Die Tauffnamen der / Chri-
sten, deudsch vn / Christiich aus- / gel^, / Durch GEORGIVM / VVI-
CELIVM. / Lucae Gap. 1. / Innuebant autem patri eins, quid / uellet
uocari eum etc. / Cum gratia et Priuilegio Gaesareo. / M. D. XU. / Mit
titeleinfassung.
Specialtitel blatt 66 rückseite: DICTA S. AN- / THONH ANA-/
GHORITAE. /
Am ende: Gedruckt zu S. Victor/ bey Mentz, / Durch Francis-
cum / Behem. /
E[leinquarto, 67 gez. blätter und 1 n. gez. blatt Mainzer stadt-
bibliotiiek (a 134).
1542.
Llndenblättchen Ein kurtze Ghristliehe / Ermanung, wie man inn
disen geferlich- / sten zeitten, sich zu Gott keren, vnd den Türeken/
obsigen m6ge, einem jeden Christlichen Re- / genten vnd Eri^sman
nützlich / zu lesen. / Kleeblättchen / ANNO XLII. / Auf der titelrück-
Seite begint die schrifL
Am ende: Soli DEO Gloria. / Llndenblättchen /
Quarte, 10 n. gez. blätter, Signaturen An — C. Mainzer stadt-
bibliotiiek (a89).
1543.
Theolo / gia Teutsch. / Diss ist ain Edels / vnd kostiichs büchlein,/
von rechtem verstandt, was Adam vnd Chri / stus sey, vnd wie Adam/
in vns sterben, vnd / Christus ersteen / soll jc. / Augspui^, dnickts
V. Ottmar, / 1543. / Mit titeleinfassung.
Quarte, 76 n. gez. blätter, Signaturen A, — 14. Mit vorrede dr.
Martin Luthers. In meinem besitz.
Des Durchleuchtigen Hochge- / bomen Fürsten vnd Herrn, herm/
Albrechts Marggrauen zu Brandenburg, zu Stettin, / Pomem, der Cas-
suben vnd Wenden, Hertzogen :c. / Burggrauen zu Nfirenberg, ^^^
J
DRUCKE DES IS. 1
4«
Irrsten zu/ Rügen, Hof viid Ober Hofgericlits Ord- / nung aufm Ge-
birg. / Holzschnitt / M. D. xliii. /
Am ende: Joh. Petreius / imprimebat /
Folio, 28 n. gez. blatter, deren leztes leer, signatureu au — gm.
Uainzer stadtbibliotbek (a 157).
Ordenung von Oots gnaden, / Vnser Philipsen Landtgrauen zu
Hessen, gra- / uen zö Catzonelupogen , Dietz, Zigenbain vnd Nidda jc.
Inn ettliuhen Notwendigen, zft / erhaltung / Christlicher Zöcht vnd Er-
barkert. Auch gü- / ter PoHicei, dienlichen Puncten / vnd articuln. /
VERBVM DOMINI MANET IN / AETERNVM. / Wappen in bolz-
Mhnitt / M. D. XLIU. /
Am ende vorseite des lezten blattes: Getruckt zu Marpurg. / im
jar M. D. XLIU. /
Folio, 6 n. gez. blätter. Signaturen Air — Aim. Mainzer stadt-
bibUothek (a 157).
1544.
VErthedigung ynaers / Priesterthambs vnd opffers ira Newen /■
Testament wider zwo Predig Wolfgang / Meusslins Predicantens zÖ /
Augspurg. / Item ain kurtze antwort auff fünlf sprü- / che mit güldenen
Buchstaben geschriben, / Durch D. Johan Cocleus. / Druckermarke Weis-
Benhoras / M. D. XUIII. /
0. 0. (Ingolstadt). Quarte, Signaturen An — Od. In meinem
iwsitz.
yOn altem gebrauch / des Bettßns in Chrichlicher (aic) Eircben /
zehen Tndersehaid. / Druckermarke Weissenhoms / Getruckt zft Ingol-
atadt durch Alexan- / der Weissenhorn. / M. D, XLIIU. / Titel rückseite
leer. Quarto, Signaturen An — Km. Verfasser Johann Cochlaeus. —
In meinem besitz.
1545.
Abschyd des Reyche / tags in der Stadt / Würmsz ge- / halten. /
Holzschnitt, links und rechte je eine randleiste, mitten reichsadler / Im
Jar / als mau zalt nach Christi vn- / sers Herren gebürt / M. D. XLV, /
0. 0, Quarto, 6 n. gez. biätter, die lezte seile leer. In mei-
nem besitz.
1545.
Drey predig von dem / Hochwürdigen Sacrament / des Altars. /
I. Von der einsatzung und / Empfahung. / II. Das der WarhaStig leyb
Christi / Jhesu, ausserhalb der niessung in der / Consecrirten hosti sey/
vnd bley b. / III. Von der anbettung, Eltrerbietung, / Processionen, vnd
andern Ceteraünien / des Zarton Fronleich- / nam ChriatL / Durch Doc-
478 BOTS
tor Paulsen Hirspecken, / Thumbprediger z& Begenspuiig;, den Ca-/
tholischen Christen zu nutz / vnd trost gestelt / ANNO. M. D. XLV. /
Titelrückseite leer.
Quarte, mit den Signaturen Au — Om. Dem pfalzgrafen Ludwig
bei Rhein gewidmet. Regensburg im XLIÜI.
St Pauiusmuseum zu Worms, ehedem in meinem besitz. Auf
dem titelblatt autographon Hirspecks: „Reverendo ac eximio domino
doctori Geoigio Ruecker canonico Wormaciensi hospiti suo charissimo.*^
Lindenblättchen Hexefi Meysterey. lindenblättchen / Dess hoch-
gebomen Fürsten, Hertzog/ Sigmunds von Osterreich mit D. Vlricbrm
Molitoris / vnd herr Gunrad Schatz, weilandt Burgermeister z& / Costenl
ein schön gesprech von den Onholden, Ob / die selben bisen weybe]
hagel, reiffen, vnd ander / ongefell, den menschen zAschaden, machen
k&n- / nen. Auch sunst ihrem gantzen Hexen han- / del, waber d<
kumpt, vnd was dauon / z&halten sey, Ynd zäm lotsten, das / sie ai
R. Rechten abzü- / thun seyen. 2c. / Weitleuffiger mit mer Exempel
der Alten, dann vor nie / kains aussgangeu. Nottwendig vnnd nutz
aller Obeigkeyt züwissen. / Holzschnitt, gastmahl darstellend / Ann
M. D. XLV. /
Quarto, mit Signaturen Au — Hm und mehreren holzschnittc n.
St Pauiusmuseum, ehedem in meinem besitz.
Das der Allerheilig / ster Vatter der Papst, vnnd die Heilige^s/
Mutter die Römische Erich (sie), mitt jhrer al- / 1er getrewester Docs— i-
ter der Stadt 051 / len, inn sachen des Glaubens / nicht Diren konnei^ ./
Eine Vorrede an den Ersamen weisen / Radt, vnnd Fromme Oemei^Eii,
der / Löblichen Stadt Collen. / Doctor Gerhart Westerburg / von OftUen — /
Aussgangen im jar des Herren. / M. D. XLV. /
Quarto, 36 n. gez. blätter. In meinem besitz.
1546.
Ein Schrifft / D. Johann Bugenhagen / Pommerani, / Pastoris der
Kirchen zu Wittemberg, / an andere Pastom vnd Prediger, / Von der
jetzigen / Eri^rästung. / Wittemberg, / Oedruckt durch Hanss Luffl;- /
1546. / Quarto, 4 n. gez. blätter. In meinem besitz.
1547.
Vom Gotsdienst der / Synagog, nach dem Gesetz Moysi, / aiis^
dem ersten theil der Annota- / ten Georg. Wiceüj in die new- / ver-
deutschte Bibel ge- / schriben, Anno / 1536. / Gedruckt zu S. Victor
durch / Franciscum Behom bey / Meyntz. / ANNO M. D. XLVIL /
DRDCKG DKB IS. mo 16. ItOB-B. 479
Vorseite des vorlezten blattes: In kosten vnd verlag / des Acht-
baro Hrren (sie) Johan Quen- / tel zu C61n. Truckts Frantz Behem /
zu Meyntz, / Auf der rückseite des lezten biattes Bebems dmckermarke.
Qiiarto, 12 n. gez. bJätter, mit Signaturen Aj — Cu. Mainzer
8tadtbibliothek (al3ti).
Antwort auff Mar- / tio Luthers letzt bekennete Arti- / ekel, vnsere
gantze Religion vnd / das Concili belan- / gend. / Georgij Wicelij. /
& PAVLVS TIT. PRIMO. / Vt potens Bit eüani exbortari per doctri-
aam sanam,/ & contradicentes arguere. / ANNO M. D. XLVII. / Titel-
rückseite leer.
Vorseite des lezten blattes: In kosten und vorlag / des Achtbarn
Herrn , Johan Quen- / tel zu CÖln. Truckts Frautz Behem / zu S. Vio-
tor bei Meyntz / Anno 1547. / Rückseite dieses blattes Bebems drucker-
marke.
Quai'tü, mit aiguaturen Au — L. In meinem besitz.
1548.
Von der Hailigisten / Messe / Füiiffzehen Predige, zA Augspurg
auff/ dem Reiebsztag, im Jar M. D. / XLvilj. gepredigt / Gemert mit.
ainer Predig von der Hailigisten Eueharistia, am Grienen Donnerstag
KÖ Aug- / spurg gethon. Anno 1548. / Durch Michaeln Bischoff zÜ Si-
donien, / Meintzischen Suffraganeen. / 1. Joan. 2. / lESVS CHBISTVS
ist aiu versSuung für vnse- / re sünden, vnnd nit allain für vnsere,
■onder für der / gantzen Welt, / Mit Kayserlicber Freyhait auff Sechs
Jar, / nit nach zütrucken, / Getruckt aü Ingolstat, durch Alexander
Weissenhorn. / M. D. XLVUI. / Titelrück seile leer.
Qnarto, Signaturen Au — Yn. In meinem besitz.
Predig auff den Grie- / neu donnerstag, von der Heyligisten /
Sucbaristia ic. / Durch Michaeln Meintzischen Suffraganeen / Auff dem
Beiclisstag zu Augspurg gethon. / Anno. 1548. / Mit Eayserücher Frey-
hait Begnadet / nit nach zfttrucken. / Getruckt zu Ingolstat, durch
Alexan- / der Weissenhorn. / M. D. XLVUI. /
Quarte, 10 gez. Blätter, Signaturen Aaij — C. Verfasser Michael
Eelding. In meinem besitz.
1549.
Ordenung ettUcher Pobeei / Arückel, Vermöge des Jüugsten Augs-
pnrgischen / Reichs Abschiedts, In des Hailigen Reichs / Statt Uailprunn,
öffentlich verkündt / Wappen in holzsc-hnitt / M. D. XLIX. /
Folio, 9 n. gez. blätter, mit Signaturen Au — Bii. Mainz. Stadt-
bibliotbek (al57).
4S0 mit
Bestendige Ant- / wort wider der Luterischen / Theologen Beden-
cken, / welehs sie widere / Interim / geschrie- / ben, / GEOR. VICEUI
FACCHENSIS. / GednVkt zu Cöln durch Johan Quentel, / im Mertz
des Jars 1549. / Cum gratia & Priuilegio Imperiali / ad Quadrieoniuiu. /
Quarto, mit Signaturen Au — P. Mainzer stadtbibliotbek.
Ausschreiben / Des Hochwirdigen Fürsten / vnnd Herrn Henn
Melchiom Bischoffen / zu Wjrtzburg vnd Hertzugen zu / Francken. /
Etlipher Artickel halben auff jöiigst zu Augspurg / M. D. XLviij. gehal-
tem Reichs-/ tage beschlossen. / Vnd von Römischer Kay: May: aasz-
gehen / zu lassen befolhen worden. / Holzschnitt Wirzburger wappen,/
Vorseite des lezten blattes: Gedruckt zu Wyrtzburg / bey Hans
Myller. / Rückseite leer.
Folio, 8 n. gez. blätter, Signaturen Au — Av. Mainzer i
bibliothek {al57).
OELSENHEIU.
JOHAim EÄSSEES SPIEL VON DEE KINÜEEZÜC]
Dem Ensisheimer pfarrer und dichter Johann Rasscr hat Ernst
Martin in der Aigemeinen deutschen biographie bd. 27, s. 332 fg. eine
zwei selten umfassende notiz gewidmet, aus der wir erfahren, dasa
Rasser wahrscheinlich 1558 seine Wirksamkeit als pfarrer in Ensisheim
begann und vor dem 13. uov. 1597 starb. Das geburtsjahr dieses
mannes ist unbekant, sein geburtsort vermutlieh Ensisheim. Die deut-
sche litteraturgeschichte interessiert ßasser insofern, als wir ihn ak
Verfasser zweier Schauspiele kennen, eines spiels von der kinderzucht
und einer komödie vom könig, der seinem eohn hochzeit machte (Basel,
Apiarius 1574).
Das erete dieser beiden stücke ist verschollen; unsere künde
davon beruht auf Weller, Das alte volkstlieater in der Schweiz, dw
s. 103 aus dem WiUerschen herbstkatalog von 1574 den titel in folgen-
der fassung anführt: „Ein christlich Spiel von der Kindemacht, darino
angeneigl wirdt, wie die Kinder, so wol erzogen, zu großen Ehren,
die aber, so übel erzogen, vielmal verderben vnd schendlich sterben.
Oespielet durch junge Knaben zu Bern im Jahre 1573. Gemadit
durch J. Rassern, 1574. 4*." Merklen in seiner Histoire d'Ensis-
heim 2, 193 berichtet, ohne ober Inhalt und gang des verlornen stQckeü
näheres mitzuteilen, dass dasselbe am 9./10. augitst 1573 ku Ensisheim
w
n«i 97 scfafUera gespielt vrorden und dem erzherzog Ferdinand gewid-
met sei. Gödeke'2, 390 folgt in seinen angaben uSenbar nur Weiler,
glaubt aber darans, dass das spiel roa der kinderznclit in Bern, das 1
andere in Ensisheim aufgefiüirt worden sei, auf eine gewisse vielseitig- 1
leit d^ für reformierte und katholiken arbeitenden Verfassers sclUiesseu (
zu dürfen. Martin hingegen steht der angäbe, dass die „Kindenmcht"
in Bern zur HufTülu-ung gekommen sei, sehr mistrauiscb gegenüber, 1
tnd zwar, wie wir sehen werden, mit vollem rechte.
Ein vor kuizeui gemachter fund nämlich ist ganz geeignet, tins
'enaue kentnis des verschoUeneD Schauspiels und damit auch nähere einxi^I-
leiten über das leben seines Verfassers zu bringen. Bei der neidtatalogl-
iening der Basler universitatsbibliotkek haben aich, wie das bei alten 1
lüchem nicht selten vorkomt, manche bände gefunden, deren dockul I
[(offenbar aus augenblicklichem mangel an papdeckel) vom buchbinder 1
«^durch hei^estelt sind, dass eine anzahl von papierblättero aufeinander 1
geklebt wurden, bis sie genügende festigkeit boten. Man weiss,
auf diese weise bandschriften , aber auch alte drucke auf uns gekora*
sind, von denen sich sonst keine spur mehr erhalten hat; iii&u-
cdiee darunter von höchstem werte. Unter vielen anderen derartigen
znebr oder weniger bedeutungslosen bücbereinbänden befinden äch niuvfl
luch Tier, wie sich aus dem aufdrurk JCEB 1597 ergibt, aus duta
^tthre i 597 stammende doppeldeckel von verschiedenen werken deefl
^vönüscb-rechtlichea abteilung, die mit der gan/.en kostbaren bibUotbtJ^J
bekanten Juristen Remigius Füsch eigentum der universitätsbibliOrl
'Uek geworden sind. Zu diesen bänden sind nun miudostenB fllltffl
■«xanplare des vermissten Stückes von Johann Rasser vom buchbinder, \
wie es scheint, eine anzahl von abzügen als makulatur eratandai 1
, zusammengeklebt woi-den. Es ist gelungen, den grosten teil d«f 1
l>l2tter 80 von einander zu lösen, dass fast alles, was darauf gedmckt
ist» noch gelesen werden kann; leider sind aber die ausgebrcitetea ^
blätter, damit sie zum format der zu bindenden bücher faMtn, luf |
der einen seite abgeschnitten, und da einzelne bogen nur räUMi Tor-
hutden, von anderen alle axemplare auf der gleichen seilo abgtwiuiit-
ta sind, so entstanden mehrere kleinere unterbrcchungeo, liitt aber
tine erkentnis des zusammenhangos und ganges der hiodliiDg kein»
m^ hindern. Mag diesem eben geschilderten funde «tcli ketno bcsuii-
den grosse bedeutung beizumessen sein, so dürfte er docti, da er ünr
usfSliung einer kleinen lückc in der deutschen Uttentorgeschi'liN
dieuiai kann, einer eingehenderen anzeige in dieser seitBcbrift wert •■.'•. i\
Vit werden uns aber darauf beschranken, eine ausfDlirliclw bMcfar>;il>ui.^
XXVI. 31
482 iiNi
des inlinlls de« biiches, Damentücli des ganges iler tmndhingi
legen.
Der wahre titel des Stückes lautet: ^Ein Sclifin Christlich 1
Spil von Kinderzucht mit figuren gezie]|ret/ vnd wie die kinder/i&u
wol ernngöti / zfl grossen Ehren |[ vnd Ehrlichen Btando koöipo / t»
diirgegen nodore || die vbel erzogen / vilmalen verdorben / vnd |1 imm
schandtlirhen todts sterben. || 7A Enstshuim in Obern EluaS / iarA
jun II go Kjiaben / welche Herren M. Jncobi Mp&fhen jetzigen I| Schul-
meisters daselbsten Schüler vnd lohrjungen / jc Aiitf den 9. vnd 10.
tag Augstninnats/ || Anno 1573. gespilet |' Ephes. H / [hnliscbaittj
Gemocht durch Herrn Johao I^sem FfarrherrCii l| daselbsten / vnd iM
vor niemaln gespilot worden."
Gedruckt ist das hufh 1574 zu Strassburg bcy Thiobolt Bwger
zum Ti-enbel am Wynmarck; das aus sonstigen drucken bekante' wi-
chen Bergers ziert die lezte seite. Doch ist zu bemerken, dass ouT
einem der vier erhaltenen si-lilussblatter als dmckort angpgebon ist:
Gotruckt in der .... Statt Fr[ibuig im] Uris!^|au] MDL TVpcn.
dmckanordnung, papier stimmen aber mit dem Stmssbnrger druck «4-
Vommen überein, eine erscheinung, für die ich eine einleachtoode
crkliirung nicht habe finden können. Hern äusseren nmfang« rmIi
zählt das buch von bogen A bis Z und von Aa bis Oo.
Der genaue titcl lehrt uns also, dass auch dieses spifl. wi« ilu
zweite, in Ensisheim aufgeführt worden ist, und wenn damit schon die
richtigkeit der angäbe in Willcrs horbstkatalog sehr zweifelhafl gewor-
den ist, so wird sie es noch viel mehr, wenn wir sehen, dasH d
faeser ein guter katholik ist; richtet er doch seine vorrede
christliclien katholischen lescr, und auch im laufe des stUckee i
beispiel einmal, da ein elt«irnpaar seinen sehn auf die hohe sdiid
den will, hervorgehoben, diins er geschickt werden solle „in ein
da es den rechten Glauben hat," Freilich drangt sich sonst dei
lioisiims des Verfassers nicht besonders auflällig hep>'or. Aber!
doch kaum anzunehmen, dass in einer der rofonnierten Hache {
getanen Stadt, wie Bern das spiel eines sich so offen und denUi
katholischeu kirctie bekennenden verfa&scrs hätte xur auffiihnini
gen kjinnen, während es andrerseits sich reclit gut bngrpifpn l
dasselbe, wie Bächtold Litteratiirgesch. anm. s, tiO hi'li'(;t, 1577 1
katliolischcn Kheinfolden dargeutelt wonlen ist.
1) Hüilz, BlüüsBisälu! lirichonnurk'»] liat all(<nliiigB nur vm hsw.
gen marke g«a»thi-n.
— ■^-
Wie schon oben erwähnt, hat Ragser sein spiel dem erzherzog
Ferdinand, sowie vogt, schuitheiss und rat von Ei^isheim zum neujahr
(1574) gewidmet; an diese widmung scbliesst sich eia namentliches
TCrzeichnis der regiorung und kammer des erzherzogs an. Fol. Ä,
begint die vorrede:
Sowol Römer als beiden haben den gemeinen und löblichen
brauch gehabt, komödien, tragödion und dergleichen lustige spiele auf-
zuführen, damit jung und alt dadurch zu ebrenhaftigkeit und männ-
licher tapferkeit angefeuert würde. TTnisomehr gebühre ea sich für
Christen, derartige beraühungen wieder aufzunehmen „vnd Christliche
Spil aus Gottes "Wort für alle andere kurzweil auff erden anzöricliten".
Auch die Juden hätten diese Übung gepfl^t und es sei ganz glaublich,
dass die historien von Judith, Tobias, Susanna, Hiob „von wegen ihrer
färtrefFIichkeit in der lehr vnd exempel zu aufforbawung der men-
schen" an die band genommen worden seien. Die beliebtheit dieser
Stoffe für dramatisieningen im 16. Jahrhundert erfährt also durch diese
stelle indirekt eine allerdings kaum mehr nötige, neue bestStigung.
„Da ich", fahrt Rasser fort, ^damoben auch gewar worden, das
sich die junge knaben alle Schöler alliie zu Ensisheim auff Ascensionis
Domini nechsthln sich zft dem Actu damals so lieblich vnd anmätig
gehalten vnd erzeigt, hat mich, wie wo! gantz vngeschickten vnerfah-
renen ... gleichsam die natiir und die Hebe, so ich zä einer vnschul-
digen Jugend .
vnd dinier Statt Ensisbeim als meines geliebten
^tterlandts trage, bewegt, das ich . . , solche vnd dergleichen erbare
'Cbristenliche, besserliche Spil aus Gottos Wort und der heil. Schritft
dichten vnd mit ermelter Jugend fürnemmen sölte". Nur auf dringen-
des verlangen vieler statlicben personen habe er sich bewegen lassen,
dieses spiel von der kinderzuoht an den tag zu geben, und bitte nun
Beine herren und gönner, dieses zeichen der dankbarkeit von ihm, der
seit etlichen jähren Seelsorger und pfarrer in Ensisheim gewesen sei,
freundlich anzunehmen. Datiert ist die vorrede Ensisheim den 25. Okto-
ber 1573.
Daraus erfahren wir zweierlei: 1) dass Ensisheim, wie schon Mar-
tin vermutet hat, wirklich der gehurtsort Rassers ist. 2) dass das spiel
von der kinderzucht der erste versuch des Verfassers auf dem gebiete
des dramas ist. Er kann somit, wenn er in der vorrede zu der 1574
gespielten und gedruckten komödie vom könig, der seinem söhne hocli-
Mit macht, von etlichen komödien spricht, die er „mit der allhieigeu
Jugend geliabt" habe, nicht eigene erzeugnisse im äuge haben, sondom
nur spiele anderer Verfasser meinen, die auf seine anregung und unter
31*
seiner leitimg aufgeführt worden waren. Deno die annähme, dass
zwischen die kinderzucht und die hochzeit des königssohnos noch äa
anderes, tinbekantes stück fiele, wüi-de doch eine ungewöhnlich reiche
Produktivität unseres diebters voraussetzen, für deren Vorhandensein
sich uus sonst kein anhält dar'bietet
In einer zweiten, gereimten, über 16 seilen sich erstreckenden
vorrede wendet sich sodann der Verfasser an den christlichen katho-
lischen leser, alle eitern, vorgesezten und zuchtineister, um ilinen in
sechzehn pnnkten den hauptsächlichsten Inhalt einer auf nctijahr 1573
im anschluss an Ephes. 6 gehaltenen reihe von predigten über kinder-
erziehung vorzuführen. Damit sich nicht begnügend, sezt der vorsich-
tige und gewissenhafte Seelsorger für die, welche die reime nicht ve^
stehen, noch einmal in ktb'2ender prosa die ui'sache auseinander,
warum er gegenwärtiges spiel fürgenommen habe.
FoL Fg v" folgt sodann das Verzeichnis der pereonen des spielm:
1) Heroldt
2)- — 6) Der 1,- — 5. Argumentator.
7) Thobias.
8) Elisabet.
9) ( kleiner j
10) der j mitler l Joannes.
11) I elter )
12) Jezabel.
13) Narr.
14) Schaimcister.
IB) , r kleiner \ ,, ^
1 ai "ö"" {f. i ■ÄJeatur.
16) t grösser )
17) Claus 1 „
18) Heintz J ^^'^^
19) L>ix, der erst y^^^^.^^^
20) Clawm, der ander;
21) Ülniau Jud.
22) Mätz oder Dim.
23) Wechsler.
24) Wechßlerein.
25) StattVügt
26) Schultheis.
27) Stattschreiber.
28) — 42) der 1. -15. Rhatsherr.
43) der erst ) „, ^, . ,
. ' , , J Stattknechl
44) der ander j
45) König.
46) Königin.
47) Cantzler.
48) ( erst
49) der { ander
50) l drit
51) Secretarius.
52) — 63) der 1.-
64) der Bot.
;ht^^H
itueÄte I
iath.
66) "" \ ander / -"l'l"'^--
67) — 78) das 1.-12. HofQun-
Irewlin.
79} j.^ r erst » Hoffjung-
80) ^ ander / frawen.
81) Ho^ungkherr.
82) der Priester.
83) — 106) der 1.— 24. Richter
und urtheilspi-ccher.
107) l erst
108) der {
109)
ander [
drit I
FürspreciH^H
110) , f erst Kt t ■ u. I 112) Henkersniätü.
, , , . der i , J Nachnchter. ,,„-,„ „ ,
111) { ander i \ 113) Teutfol.
Auch namen, alter and herkunft der 97 bei der aufführuDg mit-
irkendun schaler erfahren wir ganz genau.
Mit bogcu H begint das stück selbst, das in zwei tage zerfall,
1 denen jeder wider in fünf, unter sich sehr ungleiche, akte geteilt
Eingeleitet und abgeschlossen wird jeder tag in der gewöhnlichen
so vom herold; ebenso werden die einzelnen akte mit wenigen aiis-
iihmen von einem argiimentator eröfnet, der auf die kommenden dinge
inweist und die moral daraus zieht
Nachdem nun zu anfung dieser hcrold eine mehr in aigemeinen
ideutungen gehaltene Übersicht über den inhalt doa spieäes gegeben
nd einige gute lehren über die erziehung der kinder daran geknüpft
, tritt der arguraentator primi actus auf, um uns, mehr auf einzel-
Siten eingehend, auf die ereignisse des ersten aktes vorzubereiten. Als
robo der dichterischen begabung und sprachlichen gewantheit des ver-
iers mögen seine werte liier einen platz finden.
Hort zu jhr Herren ynd Frawen
3 jhr disem Spil zä schawen /
itz kommen zwey ehemenschen
grecht
ie erziehen die Kinder recht /
it fleiß betrachten vnd dencken
le sie die dem Herren schencken /
idem sie mm htevon reden
le sie gesinnet alle beden/
ft kompt ein freches Weib herbey
^il wBsen was jhr meinung sey /
» bald sie dann von jhn verstot
B jhr Kind zum Herren Got /
irlstlich aufferzieheu solteii
□d zAr Schäl jetz schicken wolten/
i sagt sie es wer noch zä frey
Feil er noch jung / nicht alt gnüg
hd laßt dieweil den jhren Sou
it spilen auff der gassen gon /
ea jhren wurd vudersagt
Lt sie ob sie der ritte jagt/
Das frorab weib mit dem jren Son
Sanibt dem man zfi der Schäle gon /
Und bitten den Schulmeister g&t/
Das er an jm nicht spar die rät/
Sondern den aufferziebe fein
Zur Zucht vnd forcht des Herren
Der Schulmeister erklärt sich boldt
Wie das ers billich tlifln jetz solt/
Bald kam auch das frech Weib
gangen
Und mit werten angefangen /
Dom Schftlroeister erzelen boldt
Das er jhr kind nicht straften sohlt
Weil es noch jung »nds nicht ver-
stiend
DraufF sie auch ein hader anfieng/
Dai'umb das man jhren knaben
Nicht wolt lassen gassen jagen/
Gab jhm den seckel gar vol gelt
Und schickt jhu damit vberfelt/
Das er seines gfallens leben solt
Als dergloich offt thät gschelien/
Darumb so schweigend jt^tziind stj]
Weil man alsbald aofangon wü
486 I
Wie ers gern allweg haben wolt
Sarzä auch sahen jhr zwen säur
Ein junger ?nd ein alter Baur /
Wie ilir diß werden jetz seliea
Nach dem abgaiige des nrgumentators tritt Tobias mit seiner freu
Elisabeth auf. Diese hat in der {leider schwach besucliten !) Idrcbe vnm
pfairer eine predigt über kinderzueht gehört und ist dadurch auf den
gedanken gekommen, dass es nun an der zeit eei, ibreu kleinen sobu,
Hänslein, namentlich damit er vor böser geselachaft bewahrt bleibe,
zur schule zu bringen. Der vater Tobias ist damit ganz einverstan-
den; nicht so die hinzutreteade naclibarin Jezabel, die meint, man
müsse, da ja der knabe noch ein kleines kind sei, damit noch wsrten;
die eitern, die nicht überflüssig reich seien, soicen ihr geld für nötigere
dinge sparen; auch sie behalte ihren älteren und grösseren söhn nocli
zu hause. Während dieser roden läuft dieser leztere, Aleator mit
namen, mit würfeln über die bühne, seine kameraden zum spiele rei-
zend. Elisabeth ist über diese frühe Verdorbenheit des jungen entsert,
Jezabel aber nimt die sache nicht so tragisch. Die Unterhaltung der
weiber wird unterbrochen durch den dazwischen tretenden narren, der
sie beide heimtreibt. Kurz darauf sehen wir Tobias und Eiisaheth mit
Hänslein beim Schulmeister erscheinen und ihn bitten, an ihrem sahne
nötigenfals die rute nicht zu sparen. Der Schulmeister, erfreut über
so vernünftige eitern, verspricht, sein bestes zu tun. Ganz anders
henimt sich Jezabel, die nun cbenfals mit Aleator anrückt; sie verlangt
für den jungen, der sich mit bänden und füsscn gegen die schule
sträubt, eine nachsichtige, sanfte behandlung. Zwei bauern, Eeintz
imd Claus, welche diese scene mit ansehen, geben in ihrem meinungs-
austausch darüber der befürchtung ausdruck, dass Aleator, von der
mutter verzärtelt, noch schlecht ausfallen und zum diel« werden wwdp.
Dem heftigen, groben weibe, das seinen mann ganK unter dem pantof-
fel hält, getrauen sie sich aber nicht eine bemerkung zu machen. Bald
nachher kommen Aleator und Hanslein mit einander aus der schule;
unterwegs will Aleator seinen gefatirten zum spiele verleiten; der Schul-
meister, der dies sieht, züchtigt ihn dafür, wird aber darin durch die
auf das Jammergeschrei ihres eohnes herbeieilende rautler gestört; sie
nimt ihm unter den gröbsten schimpEreden ihren söhn wider weg.
Schulmeister und nachbarn vei-sprechen sich von einer solchen enoe-
hung böse folgen für Aleator, der noch am galgen enden werde. Am
schluss des ersten aktes sehen wir den Aleator mit einem seckel voll gAi
wegziehen, seine mutter gibt ihm mit trommeln und pfeifen das gelMtb
ä KiaDSRHuuai 487
Der Kweite akt bildet völlig i1a& gegeustilck zum ersten. Hiins-
1 BoU jezt nach raeiiijahrigem , orfolgreicbem scbulbesncb auf den rat
l lehrers zur fortsetzung seiner Studien auf die holie suhulo gesi-liiekt
irden und zwar „in eine Statt, da os den rechten Glauben bat".
ährond Tobias und Elisabeth ins haus gehen, um die Vorbereitungen
■ abreise ihres solines zu treffen, komt Jezabel herbei und hiitt eine
flätige rede, des Inhalts, sie wolle ihren söhn den nacübarn ziun
>tz wider beim kommen lassen, niemand habe ihr etwas drein zu
i. Offenbar hat der dichter die rolle dieses weibes, trotzdem er
I uosympathiscli als möglich darzustellen sucht, mit einem gewissen
ilgelallen bebandelt und sich niit ihrer Charakterisierung hesgudero
Qhe gegeben; das ist ihm auch so weit gelungen, dass wirklich gerade
igui- zu den lebenendsten und natürlii.:hsten des ganzen stuekes
hört. Als beweis dafür möchte icJi gerade die eben angeführte rede
sehen:
Ich liab ein mann der bleibt zu bauß
Drutz das er mir jetz kern heniuQ
Solt er jnir vil darzü sagen
So müßt er auff der nasen haben /
Die schllissel / vnd die lauste mein
Wol auff der hoylgen gesehen sein/
Neüt,/ noiit/ neiit/ ich wil meister
sein
Vnd kost 08 mir das leben mein".
bin ein weih vnd nicht ein
mafi
;fich nur keiner was ich kan /
U jhm dermassen dnasen wüschen
ob jbn het der ritt beschisseu/
t mir / vnd auch mit meinem
Sohn
ieii Bie vnser nicht müssig gohn/
Meister Lux, Jezahels schwager, beklagt das Schicksal seines
idere, der an ein solches weih gefeMselt sei. Ratsherr Stefan stimt
i bei, aber sie finden beide den mut nicht, dem bösen weihe vor-
illungen w(^n seines benehmena zu machen. Der zweite schmied
lelt sich ihnen bei. Ihre betraehtungeii werden aber jäh unterbrochen
roh Jezabel, die, wie von einer ahnnng herausgetrieben, sich mit ofen-
}el und hulzscheit auf sie stüi'zt und sie in die flucht jagt Nach
er lärmenden soene bringen Tobias und EUsaboth ihren söhn heraus
. nehmen mit eindiinglichen ermahniingeu zu einem guten lebons-
pdel von ihm abschied. Da zog Uänslein sein hütlein ab, gab dem
■ und der mutter die band, mit dem gelöbnis, alzeit ihre geböte
lt6n au wollen, so dass sie nur gutes -von ihm hören sollen. Nach-
I die eitern ins haus zurückgetreten sind, fäit Hänslein auf die knie
bittet Gott um seinen beistand und senduug seines heiligen gei-
Widorum treten Heintz und Claus auf, diesmal aber freuen sie
sich über doQ wolgeratenen kuaben, an dem die oltorn und freunde
nocb ehre erleben werden. Gesang und saitenspiel.
Im dritten akt kehrt AJeator heim, begleitet von seiner mStz. Der
Jude Ulman bringt seiner niutter die erwünschte künde von seiner rück-
kulir. Freiindlieli bewilkomnet Jczabel ihren söhn und auch seine beglei-
terin, die ihn in einer krankbeit gepflegt hat, und hürt mit befriedigung
den erzählungen Äleators zu, der manche lander durchzogen, manche
gefalir bestanden hat. Nicht lange aber hält er es im mutterhaus aoB,
seine leidenschaft treibt ihn zum Juden, mit dem er spielt; das glGck ist
ihm aber nicht hold, er verliert all sein geld. Vergebens versucht «,
mehr aus seiner mutter herauszupressen; sie hat nichts mehr. Aleator,
untröstlich (ibcr seinen Verlust, entscbliesst sich, einer eingebung des
Juden folgend, einem Wechsler, der an seinem tische eingeschlafen ist,
das ihm fehlende geld zu stehlen. Doch sein versuch mislingt, der
Wechsler erwacht rechtzeitig, erhebt ein grosses geschrei und so-hickt
seine frau zum schultheiss, damit er des Juden haus, wohin Aloatot
geflohen, umstellen und die beiden verhaften lasse. Der schultheia»
gibt sofort die nötigen befehle und ruft den rat zusammen, dem dano
der Stadtschreiber den fall vorträgt Naciidem der stadtvogt eine stelle
aus dem Jus civile zur wegleitung vorgetragen, wird in namentlicher
abstimmung mit grosser mehrlieit beschlossen, die beiden Verbrecher seien
ohne Verzug ins loch zu werfen, „wo sie hin kören". Dem beschlu»
gemäss werden Aleator und der Jude ins gefangois geführt. Jezabel
komt vor den rat und bittet mit demütigen werten um freigebung ihres
Sohnes. Der stadtvogt muss ihr, die mit ihrer Verzärtelung selbst schuld
ist am niisrateu ihres sohues, oinon abschlägigen bescheid geben. Da
bricht Je/^bel in heftige klagen aus über ihre eigene schwäche, hott
aber, es werde ihr in der am nächsten tag statfindenden gerichtever-
handlung doch noch gelingen, den sohu freizubitten. Dann gebt der
rat auseinander. Saitenspiel.
4. akt Acht trabanten gehen vor dem „losament" des könig«
spazieren und reden von den lezten vorfallen. Alle gönnen Jenbel
das Schicksal ihres sohnes. Sie brechen ihre Unterhaltung ab, da m
vom neunten trabanten zum könige gerufen werden. Nach ihna
erscheinen acht hoffräulein, die sich beraten, ob sie noch länger sp*-
zieren gehen oder zur königin zurückkehren sollen; endlich siegt dio
pflicht über das vergnügen. Zwei andere hofdamen, welche die Ing«^
ereigoisso besprechen, werden von einem hinzukommenden hoQunkw
in nicht sehr galanter weise zur königin geschickt:
Erspacieren vnd spüen wellen i Wann jhr euch mutzen niauigfalt/
Woltjhp alweg vor jungen gsellen/ Jungbirawen gehfiron ins haus/
Boniit aiu st'lipn ewer gstalt/ I Ob sie schon etwan mflssen drauß.
Die königin tritt auf, zwei an sie sich wendende Supplikanten
verti'fjstet sie auf die ankauft des kenigs. Dieser verheisst ihnon, siuf
dem wege zur ratevereamlung begriffen, prüfung ihrer angelegen heilen.
In dieser Sitzung handelt es siph darum, für eino lüebe in dem per-
sönlichen rate des königs einen passenden ersotz zu finden. Der kanz-
1er empfiehlt mit warmen worten den söhn des Tobias, der eben doctor
gewiirden sei. Der zweite rat verwahrt sieh zuerst gegen den vei^
dacht, dass er sich bei seiner enipfehlung von verwantschaftlichcn rück-
sichten leiten lasse, und nnterstüzt den antrag des kanzlers lebhaft.
Der dritte rat tritt für möglichste heschleunigung dieser bemfung ein.
So wird denn der kanz]er beauftragt, dem doctor Johannes zu schrei-
ben, wozu man ihn ausersehen habe, während der vierte rat die eitern
berholen soll, damit sie vom entschluss des königs in kentnis gesczt
id veranlasst werden können, ihren söhn zurückzurufen. Etisabotli,
den rat in abwesenheit ihres mannes empfängt, ist von tiefeter
oücbarkeit für die ihrem söhne zugedaciite ehre erfüll, fürchtet aber,
»ä noch zu jung. Tobias, bei seiner rückkelir von der sache unter-
jlitet, eilt sofort zum könig, um ihm zu versprechen, doss er seinen
"3hl so rasch als möglich zur ausführung bringen wolle.
Während der rückkehr des königs von der ratssitzung zu seinem
iment, die den Übergang vom vierten zum fünften akt bildet, ertönt
ier gesang und saitenspiel. Hierauf ruft Tobias seiner frau und
uftragt sie, den boten zu holen. Dieser folgt, nachdem er sich
semer reise durch eine murgensuppe gestärkt hat, dem rufe und
ipfängt den schleunigst zu bestellendeH brief an den söhn, zudem
llfges geld auf rechnung, damit sein eifcr gesteigert werde. Nach-
" der böte abgezogen, komt der herold und zeigt an, „weil es zö
lg werden wil, auf einen tag die Comoedi oder Trageedi außzühalten,
weiten Sil} jetzunder zu hauß gehn, uud morgens umb zwSlff uhren
ideramb anfangen, Und derhalben, wer das ende sehen wolte, der
ge sich umb genante zeit widerumb h^rzö verfügen".
Den zweiten tag erötnet der herold mit einem dank an die anwe-
.den für ihr erscheinen imd einer erruahnung an alle eitern, sich
I bcispiel, das ihnen diese komödie von der kinderzucht vorführe,
lerseits zur warnung, andrerseits zum muster dienen zu lassen.
Atich Rasser kann sich der verliebe seiner zeit für gerichtsver-
idlungen auf der bühne nicht entziehen. Uusten wir am ersten tage
die weitschweifigen verhandluiigeD des stadtrstoa über die veriiaftunfr
der beiden diebe mit anhören, so werden wir jezt im orst«n akte des
zweiten tages in das eigentliche gprichtshaus vereezt. Mit einem wol
bis in die eiiizelheiten der goricbtliclien praxis nachgebildeten ceremo-
nieil wird uns die beralung und urteilsfäüung vorgeführt Der schiüt-
heiss eröfnet die Sitzung mit einer umfrage, ob er jezt recht halten
dürfe. Für diese 24mal widerholte frage und antwort bat der dichter
natürlich die nötige abwechslung nicht finden können. Da alles ein-
verstanden ist, übergibt der stadtvogt als kläger seinem fürsprech iaa,
wort zur erzählung des tatbestandes. Der lursprech schliesst mit dem
antrag, Aleator und der Jude seien zu hängen; dabei kann er sich
nicht versagen, auf kriUtige weise seinem jiidenhass luft zu machen:
Zum Land aus wurd man mit jn
trollen /
Ynd difi sol gschehen in eim jar
Das sag ich gwiß vnd ist ancb
war/
Danck hab Ertzhertzog Ferdinand
Der in der Welt ist weit bekant/
Vnd von der Kiifhon hochgeehrt
Weil er niemand das sein zerstört/
Sondoru den vnderthan zfi gfit
Außtreiben laßt das Juden blüt
„Von wegen jrs sehenden vnd
schmehen
Solt man kein Juden lassen leben
Sie verfluchen gleich frfl vnd spot
Vna Christen / so erhSrts nicht Got/
Dann es nicht änderst dann ob
hund
Bellen wollen / man machs gleich
kund
Allen den die jhn wol wollen
Nachdem der verleidiger des Aleator dessen schuld auf einen
geringeren unifang zurückzuführen gesucht bat, tritt die frau des
Wechslers mit ihrer magd al» zeugin auf; ihre Umständlichkeit und
schwatzhaftigkeit ist gar nicht übel charakterisiert Nochmals bittot
Aleators ftirsprech, in ansehung der Jugend seines klienten und seiner
bereitwilligkeit, den schaden zu ersetzen, um ein gnädiges urteiL Der
anwalt des Juden erwartet, dass man seinen kUenten, den er nicht als
Vorführer gelten lassen will, nicht strenger bestrafe als den anden
angeklagten. In einem sehlussvotum hält der öffentliche anklüger an
seinem antrag auf tod am galgen fest. Nun folgt die wenig variierte
namentliche beratung und abstimmiing der 24 lichter. Hit 23 gepst
1 stimme wird beschlossen, Aleator sei am balse, der Jude an den fassen
aufzuhängen ; doch sei dem Christen noch zuvor die Unterweisung eijis
ksplans zu gewähren, Nachdem der stadtschreiber das urteil v^'leeeo
hat, ruft der Schultheis den henker, meister Streckboin, herbei ond
übergibt ihm die beiden diebe zur volziehuug des urteils. Die bta-
iasaBBs ai-iEL von ma kinbkmüciw 4Ü1
tkoechto führen ^e darauf unter rohen apSssoQ gegen don Juden
i gefongnis. Da wirft sich Jezabel vor die richter, ganz vernichtet,
oienid, sich selbst, nnklagend als Ursache des Unglücks Aieators,
sie nie seine unarten gewehrt, all« seine gelüste befriedigt hat.
Ohnmacht fiilt, eilt ihr der schnlmeister zu hilfe; die sich
lam erholende, die nun ilire frühere unfreiuidUchkoit gegen den
ihulmeister tief bereut, führt er in ihr haus. Mit einigen Worten dos
, wie er immer gesagt, bei einer solchen erziehuog
tcht anders gehen könne, schliesst der ei'ste akt des zweiten tages.
jÜ tonspiel.
Der zweite akt ist sehr kurz. Drei ratsherren spazieren auf und
It', im gesprRch begriffen über die Verurteilung der beiden diebe, deren
ibicksal sie bodanern. Zwei neu hinzutretende ratsherren fragen auf
Iftteinisch nach dem gegenstände ihrer Unterhaltung und bekommen
ebensolche antwort Alle zusammen werden sodann zu dem stadtvogt
Dtboten.
Im dritten akte sehen wir den von Tobias an seinen söhn geschiek-
I boten zurückkehren mit der von den eltem freudig aufgenommenen
bldtuig, dass dr. Johannes in einer stunde eintreffen werde, freilich
' dem befehle gehorchend, nicht dem eigenen wünsche, der ihn zu
arm fernen fürsten als rat geführt hätte. In längerem Zwiegespräche
ibon die eitern mit demütigem danke gegen den gütigen gott ihrer
Bade ausdruck über die ehre, die ihrem söhne und ihnen widerfahren
Da kernt Johannes an und begrttsst seine eitern mit der frühei-en
SUDdlichkeit und ehrerhietung. Saitenspiel.
Der anfang des vierten aktes entspricht ganz demjenigen des vior-
l aktes dos ersten tages. Wider spazieren die trabanten auf und ab,
( tageaoreignisse besprechend, namentlich die künde von der boru-
' des Sohnes des Tobias zum rate des königs; wider werden sie
^lÖet von den acht hof&äulein, die sogar wörtlich die gleichen
ipräche führen wie am ersten tage. (Solte das etwa satirisch die
dankenarmut der hofdameu ausdrücken?) Wider gehen köiiig und
[ligin mit ilirem hofgeainde auf und ab und legt die königin fürbitte
i für die beiden Supplikanten, die der könig auf die dritte stunde
die kanzlei befiehlt, wo sie gewähruug ihres gesuches erhalten sol-
Darauf begibt sich der kiinig widar in die ratssitzung, wo ihm
^teUt wird, dass der gesuchte ratgebcr in das eltemhaus zurück-
kehrt sei- Ein sekretär erhfilt den auftrag (lateinisch, so auch dos
retärs antwurten, wie nachher sein gespräch mit Johann) den doctor
mit aeinon eitern lierbeiaaholen'. Sie folgen iltn und wenlon, i
der könig noch von anderen rechtsgesdiMten in anspriich i
ist, vom kanzler begrüsst und unterhalten, der ebenfale
neuGBten moldungea aus Holland sich erkundigt Tobias dankt fOr die
Beinern soline erwiesene gnade», dio der kanzler als eine wol verdient«)
bezeichnet Dann werden sie vor den könig gerufen, der Jobann p«-
Bönlicfa seinen wünsch oröfnot, ihm dip pflichten und rechte smuof «tpl-
hing auseinandersezt und als zeichen seiner anerkennung ihm eine
goldene kette um den hals hängt Johann nimt die berufung mit dank
an. Tobias verabschiedet sich und dankt mit frommem geb(?t«i, in du
er alle eitern einschliesst, Qott für die ihm gezeigte güto. In der»'l-
ben weise gibt nach ihm Elisnbeth ihrer dankbarkeit ausdruck. Oc^ac^'
oder saitenspiel.
5. akt Aleator wird aus dem gefängnis herausgeführt, begleitet
von einem priester, der ihn auffordert, bnsse zu tun, und ihm gast-
lichen Zuspruch spendet. Aleator nimt abschied, voll reue über sein
bös angewantes leben, und beschwört die Zuschauer eindringlich, sieb
durch sein scbtchsal warnen zn lassen. Dann wird das urteil an ihm
volstreckt Der henker ermahnt die anwesenden kinder zu einem ell^
baren leben, sonst gehe es ihnen, wie dem Aleator. Noch einmal triit
AJeators mätz auf mit ihrem hündlein, imd klagt über ihre Verlassen-
heit Nun gibt der ratsherr den nachrichlern den bofehl, Aleator, der
auf besondere fiirbitte doch begraben werden soll, vom galgen henb-
zunehmen und den Juden Ulman an seine stelle zu hängen. In ilot
behandlung des Juden liisst der dichter die rohheit der henhersknecbte
besondere grell zu tage treten. „Sie schleiEften den Juden etlich mal
Idn und wider / und da sie ihn hanckten, sprach dar erst oachridBpt |
und hat ein trinckgeschlrr in banden:
Ulman, Ulman bist mir worden?
Het ich deiner mehr biß morgen/
So wolt ich sie aiiff knipffen fein
'At dir an dJsen galgen dein/
Streckbein / es gilt disen gar auH.
Meister Streekbein; Trinck / so wirt ein volle ganß dnuU).]
und zur erhöhung der Wirkung tritt sogar noch des henkets 1
teilnehmerin an diesem saufgelage unter dem galgen auC
]) Dos gespritch des HokretArs mit Johann dreht sich tcülweiae um i
Disso. Secr. tRIgt: NihÜDo aoranun rerom adfertar » Battvia?
4fö
Alstlaoii dankt eiuer der 8ohiUer als orator den zuschauera für
■ erscheinen und ihre teilnähme niid auch für ihre materielle unter-
itzung bei der auffuhrung; wenn diesmal vielleicht an ihrem spiele
icht alles gut gewesen sei, so könne er versprechen, dass es ein ande-
I mal damit gewiss besser aussehen werde. Zum schluss resümiert
r berold in längerer rede die moral des Stückes, indem er als das
izige heilmittd gegen die Verderbnis der zeit eine gute erziehuug
.pfiehlt und einige praittische winke und regeln dafür erteilt
Sobald der herold ausgeredet hat, erscheint der teufel, nimt den
iden vom galgen und trägt ihn zur höUe, wo noch viele tausend
len braten, indem er ihm quälen verheisst, dass ihm das herz im
ib mnss krachen.
Dou absi-hluss des buches bildet eine rede des Verfassers au
vaigo Ijiaterer und schelter dieses gedichtea; ein tor und narr sei,
IT den sinn diesca kinderspieles nicht verstehe oder nicht vorstehen
die.
BASm,. GUSTAV UIKZ.
NACHTRAGE ÜOT) ZUSATZE ZU DEN BISHEKIGEN
EEKLÄEUNGEN BÜHGEESCICEK GEDICHTE.
1. Nachtfeier der Venus.
Die arbeit an diesem gedichte begleitet den dichter auf seinem
iDzea lebenswego. Ibr aafang geht bekantlich auf eine anregung von
lotz zurück, der 1767 einem manne von Gleimischem geisto die ver-
latsuliung des Pervigilium Yeneris empfohlen hatte. Bürgers erster
mloser versuch hielt sich nahe au das original, dessen schlecht über-
iferten text er mit glücklichem griffe in Ordnung brachte, und suchte
sherlich eben in Gleimischem geisto die anakroontischen seittni ans
i ziehen. Der späteren freieren nachdichtimg gab erst der reuu,
, dem Boie (walirschoiolich durch die gereimte Übersetzung des Per-
^ium durch den den Göttinger diditern wol bekanten Thomas Par-
i^ beeintlusst) riet, und die gehobene spräche den Charakter der
ierlichen hymne zum preise der liebesgöttin.
1) Thomas Pumell, Poema on sever«! ORCoainns, publ. by Pope 1700 s. 44:
a Tipl of Venus" in goroiinten SfüsBigen jwiihon. — Bürger uitiert Parnoll in
Torrede za seinor Homerüba. in ElotxONS bjbt. IT71; .Adelina" uud ,Ua5 harte
Idhen" siml na«h Parnell yediobtot; Hülty uutlehnt aus iler bibl. Pamella l'oeius
V. 71.
494 Bomo
Bilrgera bekantschaft mit Boie datiert vom herhste 176
erst nach der riickkehr Boies von Berlin im frühjahr 1770
veitrauter. Das erste Bürgereche gedieht, das er kennen lernt, i
„Stutzerballftde", die er im decbr. 1769 Gleim vorliest und von der
er, ais es sich um die chronolO'gische Ordnung der gedichte in der am^
samlung (1778) handelt, bemerkt, dass sie sehr verändort
miiste, wenn sie an der spitze stehen soll. [Strodtnmnn , Br.
Bürger II, 250.] Boie lüsst zuerst nur das paiwIisHsohe talent !
gellen; er begünstigt die „Europa" und nimt aus einer roihe Ton*g^
dichten, die uns noch beschäftigen werden, nur das trinklied „Herr
Bacehns" in den musenaimanaeh von 177t auf. Wir kiinnen Bmts
aufforderung zur gereimton nachdichtung des Pervigilium und seine teü-
nahmo daran nicht über das Jahr 1770 zortickvereetzen ; und schwerliob
wird Bürger swn gedieht im oktober 1771 vollendet haben, als er u
Gleim schreibt: „Wenn die snmUing ntieh nicht so geschwind he^
auskommen wird, so kann ich herrn Uicbaelis ein slück verspreche
das nicht ganz schlecht sein soll. Es ist das verdeutschte, aber frei
verdeutschte Pei-vigilium Veneris, Ich habe mir vorgenommen, in die-
sem stücke don wolklang nnd die korrektlieit so weit zu treiboD^
in meinen kräften steh)". [Strodtm. I, :18.] Mehr u\s die hloi
wird damals noch gefehlt haben*.
Erst am 2. märz 1772 kunte Boie das gedieht durch Knebelti i
lung an Ramler gelangen lassen, der es^ freilich nicht Bürger zu danke—
einer gründlichen korrektur unterwarf. Da aber die samlung der „Lifr-
der der deutschen", wo ea seinen platz erhalten sollo, nicht erHchien,
wurde Bürger im Bommer des niioheten Jahres, als er iuDiilt«n eiiwr
ganz anderen poetischen woU lebend mit Lenoro sich beschäftigte, dnrdi
Übersendung der Ramlerschen korrektur von Boie aufgefordert, die redak-
tion des gedichtes für den Musenalmanach des Jahres 1774 vorzuneh-
men. Während die beiden freainde in diese arbeit sieh teilten, kam
ihnen das aprilheft des Deutschen Mercur (1773) vor äugen, in dem diu
Nachtfeier abgedruckt war. Sie liessen sich nicht abhalten, der frel-
buuterei die rechtmässige ausgäbe im Göttingor almanaoh (1774]
gegenzuselzen.
en, in oie-
reiben, iti m
3els T^Q|^
1| Allonlines suhraibt Boie vieneba Ugr' 'tpütor Ori Eih^IhiI (in
heratugobeni Büi^r» stark voniaohlüMi^oo littornmcbMi uflcbbss Kjtebeb 9, i
Kin fraonil mn nitr tiat itu FttrTJ);. Veo. HO UberRutt, «las» ich en Si
miua, sob&Id eS ganit überfoilt ist AVr am 30. dofK'mber 1771 |UÜt|
gedieht noch nicht wünlig vor die HUgen Hnmlora stii Irotf-u ((•bomU 8. 111). i
Bürger machte für die -widerrechtliche veröffeDtlichimg seines
»dichtes — ßreüich auf die blosse nachricht hin und ohne sie noch
1 zu haben — Gleim verantwortlich, dem or am 20. sept 1772
die Nachtfeier aus dem gedächtnisse und mit annähme einiger Ramler-
schen korrekturen abschrieb [Strodtmann I, 72 u. 13-t]. Mit unrecht!
Der Deutsche Merkur erhielt das gedieht aus dem Berliner kreise selbst
in der fassung, die ihm Kamler gegeben hatte. Bürgere abschrift aber,
die (unter den briefen Bürgers au Gloim) im Gleimstift noch aufbewahrt
wird, weicht von den beiden gedi-uckten fassungen des gedichtes im
D. Merkur und Göttinger almanach nicht unbeträchtlich ab; sie zeigt
uns die ursprünglichere und den Veränderungen von fremder hand
gegenüber einzig echte gestalt dieses Bürgerschen gedichtes. Da 8trodt-
mann I, 72 nicht, wie sonst in ähnlichen fallen, angemerkt bat, das»
das gedieht noch im Gleimstift zu finden sei, so hat auch Berger, der
jüngste herausgeber der Bürgerschen gedichte [Leipzig und Wien. Bibl.
inst.] diese älteste erreichbare fassung unberücksichtigt gelassen, wäh-
rend er sie nach den kritischen grundsützen seiner samlung hätte in
den text aufnehmen sollen.
Ich wilJ die zahllosen Varianten der Nachtfeier nicht überflüssiger-
weise vermehren, sondern nur einige stellen herbeiziehen, die zeigen
sollen, wie Bürger schon im herbste 1772 von den Kamierschen kor-
rekturen sieb emancipiort und an ihre stelle eigene ältere lesarten wider
einsezt, auf die er ein jalir später bei der redaktion des gedichtes für
den Almanach zurückkomt, Uubeachtet lässt Bürger in seiner abschrift
für Gleim die Raralcrsche Veränderung ia II, v, 11, 12:
Und sie spricht [samt üirera söhne
Unverletzlich! recht heral);
doch braucht er schon hier die verao, die er später als neue lesart für
den Almanach vorschlug:
[Strodtm. I, 123] zu straf und lohne
Gütevotles
Das Ramlersche: Mit siogprangendem geleite
Werden wir ihr huldigen (II, 29)
Bürger durchaus nicht leiden [Strodtm. 1, 123]; er zieht seine
Utere lesart vor (an Gleim);
Unser prangendes geleite
Wird am thron ihr huldigen,
mit leichter äodorung („feierndes" für prangendes) im Almanach
496 HOKNia
erscheint Bei der atrophe: Dich auch lüde sie zur feier usw. war
Bürger mit den Veränderungen Banüers um so unzufriedener, als das
Dürftest du nur jubel hören
Und drei wache nachte lang usw. (11, 89 ff.)
einen ganz anderen sinn herausbrachte [Strodtm. I, 123]. Unbeküm-
mert um die fremde korrektur hatte er schon an Gleim geschrieben:
Laute festgcsänge hören
Würdest du, bei zymbelklang
Und in wonnetrunknen chören
Drei vergnügte nachte lang,
Bei des tanzes flügelschritten
Die umkränzten locken wehn
Und auf moos in grünen hütten
Uns vom taumel ruhen sehn.
Auch hier ist es Bürgers unzweifelhafte absieht, diese ältere lesart für
den druck im Almanach durchzusetzen; aber Boie gefiel sie nicht Um
ihm entgegenzukommen, teilte Bürger eine dritte Variante mit benutzung
Kamlerscher korrektui-en mit [Strodtm. I, 124], so dass Boie nunmehr
für die v. 85 — 100 die wähl hatte zwischen: 1. der ursprünglichen les-
art Bürgers (handschr. an Gleim), 2. der Ramlorschen korrektur (D.
Merk. apr. 1773) und 3. der jüngeren Variante für den Alm. (Strodtm.
I, 124). Bürger hatte seinem freunde widerholt volmacht gegeben,
nach eigenem geschmacke zu verfahren; er erklärte, der ton seines
gedichtes sei ihm so fremd geworden, dass er sich kein urteil darüber
zutraue. Wir wollen es also Boie nicht verübeln, wenn er die verse
im Almanach folgendormassen zusammensezt:
V. 85 — 88 jüngere Variante Bürgers.
89 — 96 Ramlersche korrektur,
97 — 100 ursprüngliche lesart Bürgers.
Ramler wolte, von der absieht geleitet, die Nachtfeier der Venus
zum liede für deutsche mädchen zu machen, die allerdings in dieser
hinsieht nicht passenden verse I, 21 fgg.: Lieb und gegenliebe paaret
usw. und III, 11: Wie sie zeug' und wie gebähre usw. auslassen. Bür-
ger sträubte sich dagegen, denn er glaubte den Charakter seines reli-
giösen gedichtes gefährdet Seinem kategorischen verlangen: „die müs-
sen unverändert bleiben" muss sich Boie fügen. Ursprünglich folgten
aber diesen versen noch 4 zoilen, die Ramler endgiltig beseitigte: in
keiner der folgenden redaktionen erscheinen sie wider. Sie lauten in
Bürgers abschrift für Gleim:
zu BtiBöilltS QBDIOHIES
493
H^ nnoh III, 12: Vom beginn da Cliaos bette
V Tellus sicli Teijiingt entrang
Reihet sie der wesen kette J^l
Bis zu erden Untergang. ^^M
[Vgl. Strodtm. I, 124]. — *
Die Ursprung! iclie lesart der v. III, 27 fgg. lautet in der iiand-
schrift:
■ . . Feuchte Rosenknospen npaltot
H Um das frührat ihre hand.
^^K^ Ton dem lehor ihrer wnnde
^^HB^^ FSrbte sich ihr silberlaub,
^^^^^^^r Odem aus Dionens nannde
^^^^^^^ Würzt der purpumelke staub.
Die verse III, 53 fgg.; Sie befreit Anchises I^ren usw., die er
als Beine lesart der Ramlerscheu gegenüberhält, finden sich schon in
»der handscbrift Er lässt Boie wider die wähl: „Nehmen Sie lieber
meine lesart. Doch — wie Sie wollen!" [Strodtm. I, 125.] Boie nahm
sie auf und wüste geschickt das hysteroii protoron, das in diesen ver-
seD lag, zu umgehen.
Wir sahen schon, auf welche weise Boie das gedieht zum Alma-
nachdrucke redigierte: er wolle es mit niemand verderben. Gar vor
Ramlers korrektur beugte er sich ehrfurchtsvoÜ ; er gieng von dem
grundsatze aus: passt es auch nicht ganz hinein, so ist es doch immer-
hin eine grosse ehre [Stiodtm. I, 57]. Auch Boies eigener anteil ist
nicht gering zu schätzen. Er schreibt einmal; „ich will studieren, ob
ich Dinen nicht noch einige neue lesarten vorschlagen kann". [Strodtm.
I, 128.]' Bürger ontschloss sich im sommer des jahros 1773 nur schwer
zur revision der nachtfeier.
Fassen wir die geschichte dieser drei fassungen des grösten gedicli-
tes aus Bürgers Jugendzeit zusammen, so können wir 1. den druck
im Almanach auf 1774 als redaktion Boies, 2. den im D. Mercur vom
april 1773 als korrektur ßainlers und 3, die Bttrgerische handscbrift
im Gicimai-chiv als die früheste und wahrste gcstalt bezeichnen.
1) Vgl. besonders doo brief Boios an Knolie! vom 20. septoinlwr 1T7'3 (vgl.
Knobels Ijtt. nacbloss a. n. o.): Auch in der nachtfeier IinKo ich ein paar gRUKU
seiteD so veriindcrt, wie Kainler sie nachher wotte geleson haben. — Von einem
anderen geiliuhte Bürgera aus dem Alniftnach schralbt Kamler nn Knebel: Der «unler
hitta vorher sdioa an einer Strophe gekünstelt.
«VI. 32
498 BOENta
3. Xndcruiigcn und chronologische Ordnung der Jugendgedtcht«
In der ersten ausgäbe rom Jahre 1778.
Diejenigen gediolite der Jugendzeit, welche in dieser ausgäbe zum
orstenmale erschienen, haben gegenüber der ältesten fassung manche
änderungen und zusätze erfahren. Das datum der entstehungszeit aber
bleibt ihnen gewahrt; so korat es, dass die folge der gedichte in dieser
gestalt kein ganz reines bild der entwicklung von Bürgers verskunst
bietet Indessen lässt sich das neue vom alten durch mancherlei kri-
terien scheiden.
Die chronologische Ordnung ist überdies nicht streng eingehalten.
Bürger gesteht es selbst in einem briefe an Boie [U, 268]: „Du wirst
manchmal über das datum lächeln, das über jedem stücke steht. Ich
konte mir nicht helfen; ich muste bisweilen lügen, oder nach blossem
ohngefiihr dasselbe bestimmen, weil ich die stücke, wovor kupfer zu
stehen kommen, verhältnismässig durch das ganze werk verteilen musto.
Indessen sind sie doch ohngefähr gröstentoils in der Ordnung
verfertigt, wie sie da stehen''. Die Verteilung der 7 kupferstiche aber
(von denen übrigens bei nr. 48 und 50 dennoch zwei fast unmittelbar auf
einander folgen) ist nicht der einzige grund der Verschiebung. Mehr
noch spielt die eitelkuit eine rolle, wie bei voranstell ung der Nacht-
feier; ferner ein gewisses kokettieren mit den zu erwartenden histo-
rischen Untersuchungen über die entwicklung seines geistes, und schliess-
lich auch die notwendige rücksicht auf häusliche Verhältnisse. Büi^r
besass ausser einem hefte, in dem er alle seine gedichte ins reine
einschrieb, ein zweitos zur kladde, in dem jeder vers seit seiner Jugend-
zeit verzeichnet war. „Dies buch", schrieb er am 5. febr. 1781 an
Philippine Gatterer, ist mir teurer und werter als irgend ein anderes*";
es erlaubte ja ihm sein eigenes fortschreiten zu verfolgen! Sicherlich
diente es ihm auch zur datierung seiner gedichte in dieser ersten aus-
gäbe. Bei Bürgei-schen gedichten aber ist der anfang mitunter recht
weit vom ende entfernt; manche sind kompilationen von sti'ophen, die
zu vei-schiedener zeit und zu vei^schiedenem zwecke entstanden waren.
In einigen fällen erweist sich nun Bürgei's datierung bestimt als die zeit
der conception und der ersten Strophen. So wird „Der bauer an seinen
fiirstc'n" von Bürger in den sonimer 1778 gesezt, obgleich das gediclit
(»rst am Dl. juli 1775 zu Boie gelangte. Gewiss ist die datierung rich-
tig, denn es verdankte, gleich dem „Wilden jäger*', der begeistern ng für
Goethes ^Götz"* seinen Ursprung. Wir werden noch sehen, dass die
ballade „St. Stephan'', die Bürger vom april 1777 datiert, auch damals
4H
rirklicih entstanden ist, cibzwar sie erst ein jaltr spater vom dichter
btloüson wird. Von hior aus ^Ird es erlaubt sein, auf andere gedichte
shlüsse zu ziehen. , Wir wollen — immer mit vorbehält freilich der
Dckeichtou, die don verariiiebungen zu gründe liegen — Btlrgei* eigiv
I datiernngen doch mehr folgen, als dies bisht^r g(>scliehi-n ist.
Dass das gedieht „Lust am Liebchen" im sept. 1771 OleJm
lorgelegt wurde, ist kein anlas);, seine entstehung im juni 1769, wie
[e Büi^r angibt, zu bezweifeln. Die bekantschalit mit Gleim datiert
] juli desselben Jahres, und Bürger kann seinem gilnner sehr
rol ältere godichte zur ansieht gesaut haben. Die erste fassung ist
i übrigens nnbekant, und der erste druck in der ausgäbe vom jähre
,778 weist nach Boies zeugnis änderungen und zusätze auf "Wir kön-
nur vermuten, dass dies „minneUed" mit der parodiornng des
[eiBtlicIicn lietles als kräftigem Schlager sehloBs:
Er ist in seinem gott vergnügt,
Und Amor ist sein gott.
)enn die folgenden atrophen:
Durch seine ädern kreiset frisch . . .
ifs zum schluss tragen inhaltlich wie formell den Stempel der Bpaterm~
Kit Im Inhalte mit der „Männerkeuschhoit" verwant, die zur selben
toeit wie die Veränderungen der gedichte zur ersten ausgäbe (im märz
1778) entstand, heben sich die zusatzstrophen zwar durch gefälligere
Yersltikatiou , aber auch durch ihren etwas philistiösen ton von den
Ibermutigen ersten Strophen ab. Ein untrügliciies zeichen der späte-
|en entstehung sind die forraoln, die Bürger durch die balladenpoesie
geläufig wui'den, wie in dieser strophe:
Ib götterfreuden schwimt der manu,
Die kein gcdauke misst,
Der singen oder sagen kann
Dass Um sein liobchen küsst
jährend der dichter im iirsprünglichem licdo von seiner fröhlichkeit
{pid aorgloBigkeit singt, fügt er spiitcr iiinzu, dass die lust am liebchen
lUOh das körperliche wolbefiuden, gute Verdauung und angenehmen
acbl&f bewirke; äussorungen also, die mehr an die Mäunerkeuschheit
irinDerti.
unter Bürgers frühesten gedichten finden wir eine gruppe von
Bnf stücken, der wir den titel: „Verschmähte liöbu" geben kün-
sie ist deutlich von Büiger selbst durch die datierung in der
i BDsgabo abgegronzl. Es sind die gedichte: Adeiine, Huldigungs-
32"
M
500 RORNIO
lied, Das harte mädchen, An den traumgott, und An die hofi&iung
vom Januar bis august 1770. Das kurze gedieht An Arist ist nach
Adeline offenbar des kupferstiehes wegen eingeschoben; das lied: Herr
Bacchus, das mitten in diese gruppe fält, ist ausgeschaltet und erst in
den Oktober gesezt, um dann wider eine glücklichere Stimmung zu
bezeichnen. In der zweiten ausgäbe vom jähre 1789 stehen diese
5 gedichte unmittelbar hinter einander, und es geht nicht an, ihre
kontinuitat in den neueren ausgaben durch eine datierung, die aus
dem briefwechsel ei-schlossen wird, zu zerstören. So folgt Sauer bei der
datierung von drei gedichten dieser gruppe Bürgers angaben, während
er die beiden anderen zwei jähre später entstehen lässt Er hat das „Hul-
digungslied" einzig deshalb erst in den herbst 1771 gesezt, weil Bie-
ster es vor seiner abreise, die in dieselbe zeit falt, noch kante (Kürsch-
ner, D. nat-litt. bd. 78, s. 32); aber dies ist für mich kein grund,
Bürgers eigene datierung zu ignorieren. Der herbst 1771 ist allenfals
ein terminus ad quem, der uns erwünscht ist, weil wir sonst in den
neueren ausgaben als zeit der entstehung den 2. august 1772 lesen
könten, an welchem tage erst Bürger sein gedieht Boie für den Alma-
nach antrug; wir sehen daraus, dass er längere zeit das gedieht bei
sich behielt. Dass er in späterer zeit eine oder die andere Strophe
hinzugefügt haben kann, ist nicht ausgeschlossen. So verhält es sich
in der tat mit dem gedichte „An die hofnung", das von den neueren
herausgebern nach seinen schlussstrophen, die allerdings erst im juli
1772 unter dem einflusse der frau Listn entstanden sind, datiert wird
[vgl. Sauer s. 38], während es doch seinem hauptgedanken nach viel
früher fält. Auf Boies veranlassung erfolgt die Verbesserung und Ver-
setzung der Strophen im juli 1772. Bürger war damals 4 monate in
Gelliehausen und obzwar die briefe keine orwähnung dieses gedichtes
enthalten, war es Boie sehr wol bekant; offenbar ist es noch in Göt-
tingen entstanden. Ferner sezt Boie in seinem briefe an Althof [IV,
259] (las lied An die hofnung mit der Nachtfeier in dieselbe zeit: also
nach Göttingen. Und wenn Boios erinnerung von „den Ungeheuern
erhabenen produkten**, die Bürger den freunden vorgelesen haben soll,
nicht völlig trügt, so wüste ich sie nicht anders als durch einzelne
Strophen dieses gedichtes zu erkläi-en^
1) Kino angunohmo l»estätiguug meiner obigr'ii vennutung gibt uns wider Kuebels
J.itter. uacliljiss L*, s. 11«) und 118). Boie legt seinem briefe vom 30. Januar 1772
(k'H g»'sang An dio hof'nuug bei, dessen autor aueb das Miunelied und Das di'>rf<-liOD
gfsrlirifbi-n liat. (ilei<'bwol gidn^n Sauer wie Berger dem gedichte die Jahreszahl 177-
mit der aiunerkung: Juli 1772 an Gleim gesaut. Das angeführte Zeugnis lieft'rt don
Zu BÜRGERS OEDIGUTEN 501
Bei den anderon der erwähnten gedichte folgen auch die neuen
herausgeber der datiening Bürgers. Umsoweniger ist also an ihrer
richtigkeit zu zweifeln; vorausgesezt natürlich, dass sie die zeit der
conception und der ersten gestalt bedeutet. Der Zusammenhang der
gruppo ist so deutlich, dass auch von hier aus auf gleichzeitige ent-
stehung geschlossen Y^erden muss.
Wenn uns dieser Zusammenhang recht anschaulich erscheinen
soll, müssen wir bei denjenigen gedichten, die sehr verändert in der
ausgäbe vom jähre 1778 zum ersten drucke gelangen, zu der ursprüng-
lichen gestalt zurückzudringen versuchen. Dies ist besonders beim Hul-
digungsliede der fall. Hier leistet uns der briefwechsel die besten
dienste. Bürger, mit den Veränderungen zur ausgäbe beschäftigt, teilt
Boie am 23. märz 1778 die verse 77 — 95 mit, worauf Boie erwidert:
„Die neuen Strophen aus dem Huldigungsliede sind herlich. Ich bin
b^ierig zu sehen, wie sie mit den alten verbunden sind". Diese vei-se,
in denen in Sentenzen über die leichte täuschung der sinne gesprochen
wird, sind im märz 1778 gedichtet. An ihrer stelle stand früher etwas
anderes. Boie hatte schon einmal die erste fassung kritisiert, [am
6. aug. 1772. Strodtm. I, 62 tg.] und machte eben an der stelle, wo jezt
die verse 77 fgg. einsetzen, den einwand: „Quaeritur, ob der dichter
gut tue, so einen wink zu geben, dass er schöner gewesen sei". Aus
Boies anderen bemerkungen kann man auf starke änderungon schliessen.
Str. 6 — 11 der älteren fassung scheinen ganz gestrichen zu sein. In
Str. 5 traten die launen des mädchens stärker in den vord^jrgrund, bei
str. 9 fgg. die sinlichkeit des dichtei-s. Str. IH rief or gottes strafe auf
das harte mädchen herab. Die ältere fassung, um si(j zuHannnenfass«?nd
zu charakterisieren, soweit dies ans den HpiirlicIuMi z<MigriisH(;n möglich
ist, enthielt, aus dem erlebnis hervorgegangiMi ISinnltin. 11, 272|, indi-
viduellere Züge der geliebten wie des (liciliters seihst. Sie ist launenhaft,
er heftig und leidenschaftlich, da er sich i'wwxw HclioiM^run vorgezogen
sieht Der ton der neueren fassung ist ruhignr, aber mwU vnrKchwom-
mener; er fält in die konventionelle anukreontik zurürk, die das (;rieb-
nis glücklich durchbrochen hatte. Kine pliilisiroHn lelirlial'tigk«jit dringt
ein, die sich in algemeinen sentenzen rjlwus brnil niarlit. Die H|)ra(!he
ist auf den klang gearbeitet und diintli n^iinlUlln (!|iurakteriHi<rt (man
evidenten l>ewebi, .ia.-,-» ^ias '^f:(\'\<:\it -- h"i 'Ur ljifij/\vi«'ii|'.«Mi f«'il<i inirnl<'Ht«.'iis I77I,
weuu nicht fnih^-r *;nU*JtJri*-n r-t-Än rmiHi". VVn ii;iIimiii uiih uIm«) wi«i<truin lJiirj5«!rM
eigenen angaUrn \j-AfriVrjA , nwl v.aiijin ).o|firi v. ii lUwh iimIiI rolj.M?ii, wonn wir nur
im auge behalten. »Ks-t Uir;'"!-'. 'Uo'u-.nun' >\\f^ /»'ii iloi iioii<u*|»tlon und dor orHton Stro-
phen bedeutet?
502 HOENIO
beachte die reime in den versen 77 fgg.: lüge : gnüge, spiel : gefiel;
dünste : künste, die : sie usw.). Formeln weisen auf späteren Ursprung:
Sei es liebes oder leides! (v. 49). Selbst wenn Bürger Boies erste kri-
tik gleich beherzigt haben solte (Strodtm. I, 70), so ist doch das meiste
(und ohne zweifei v. 77 — 92) im märz 1778 entstanden.
Die gedichte, die sich zu dieser gruppe zusammenschllesseD,
sind ein verspiel der Mollylieder; sie sind die ersten, in denen
ein erlebnis zum ausdrucke komt „Im jähre 1769 und 70 ist
auch der anfang einer liebe, die zuerst unglücklich gewesen und her-
nach erst gekrönt geworden zu sein scheint" schreibt Boie [II, 272].
Es irre uns nicht, dass sie einige stellen aus englischen dichtem ent-
lehnt haben. Bürger hat nicht zu viel gesagt, wenn er in der vorrede
zu den gedichten (1778) behauptet: „Es ist aber immer auch möglich,
dass sie ganz mein eigen sind". Das harte niädchen z. b. hat mit
Parnells Love and innocence nur den gegensatz, der sich im titel aus-
prägt, und die ersten zwei Strophen gemein. In der Schilderung der
frohen unschuldigen tage folgt Bürger dem fremden gedichte; allein die
gegenwärtige unglückliche liebe ist erlebt Von eifersucht weiss das ori-
ginal nichts; denn „the fair I love is kind" heisst es da, wälirend die
unerbitlichkeit des niädchens den Inhalt des Bürgerschen gedichtes dar-
stelt. So rankt sieh seine dichtung an fremden stücken auf. Eigene
leben begint in sie zu strömen und in ihr zu wirken. Mit dem gedichte
An Adelino verknüpft diese gruppe der name, der in An den traumgott
wider erscheint. Es bezeichnet violleicht den beginn der bekantschaft. Der
dichter ist liebeskrank und findet keine erhörung. Er klagt bald resig-
niert, bald leidenschaftlich, bald elegisch. Er sieht sich von einem
schöneren verdrängt, und in der ersten fassung des Huldigungsliedes
gibt er zu verstehen, dass auch er schöner gewesen sei als jezt, da
ihn der kuniraer bleiche. Er ist matt und krank und siecht dahin (das
harte mädchen). Er bittet den traumgott, seine von gram verzehrte
gestalt der geliebten im träume erscheinen zu lassen: das müsse sie
rühren! Nichts erhält ihn als die hofnung, die auch verschmälite liebe
mit Zukunftsbildern zu trösten w^eiss.
Ich schliesse diese betnichtungen mit dem hinweis auf Bürgers
eigenes wort (an die hofnung vers 81):
Das hat mein herz erfahren!
3. Mlnncllcdcr.
Ehe noch Bürger die minnelieder in die lyrik der Göttinger
freunde einführte, hatte er sich an der spräche der alten minnesinger
zu BÜRGERS QKDICHTKN 503
zum Homerübersetzer geschult Die lektüre der Homerischen gc-
dichte erweckte den unauslöschlich tiefen eindruck wider, den Bürger
in seiner Jugend von der Lutherischen bibel empfangen hatte, indem
sie eine analoge Wirkung übte. Das griechische Originalgenie erweckte
das deutsche, und dieses suchte in der altertümlichen spräche den aus-
druck jener unvergleichlichen kraft und einfachheit des griechischen
Sängers. Dass eine deutsche Übersetzung Homei-s nach altertum schmecken
müsse, war Bürgers unerschütterlicher glaubenssatz schon in seiner
probeschrift, die er der Deutschen geselschaft zu Oöttingen am 14. febr.
1769 vorlegte. Während er aber hier nur auf Luthers Schriften hin-
weist, deren spräche allein ihm den inhalt erhabener und göttlicher
erscheinen lässt, ermahnt er in der vorrede zu den Proben einer Ho-
merübersetzung, die er auf grund jener ersten schrift für Klotzens
D. bibl. d. seh. wiss. VI im jähre 1771 verfasste, den Übersetzer zum
genauen Studium auch der minnesinger, der dichter bis zu Opitz, und
der Überbleibsel der älteren spräche und dichtkunst. Der Zeitpunkt
der ersten bekantschaft Bürgers mit den minnesingern liisst sich noch
genauer bestimmen. Am 23. august und zum zweiten male am 9. Sep-
tember 1769 entlehnt Biester, der geliebte Arist Bürgers und sein ver-
trautester freund jener tage, den Züricher codex aus der bibliothek^;
und wenn wir von dem nachhaltigen Interesse, dixs er Bürgern gegen-
über noch acht jähre später bekundet [Strodtm. H, 136J, auf das
gemeinsame Studium beider schliessen wollen, so wird es uns um so
eher erlaubt sein, als wir Bürger selbst gerade in jenen tagen mit
Schilters Thesaurus antiquitatum theut. und mit Ooldast beschäftigt
sehen-. Er beherzigt vorerst jenen teil der Bodmerschen vorrede, der
von rehabilitierung veralteter machtworte, verklungener redensarten
und Wortfügungen spricht, und mit dem sich seine eigenen ausführun-
gen schon in der probeschrift vielfach berühren. Denn die alte spräche
ist ihm nur das mittel, zum deutschen originalgenie durchzudringen.
Bald zieht auch seine dichtung aus den neuen bildern ihren nutzen.
Wir finden ihre spur in dem beginn der Nachtfeier, wo der her Meie
glänzenden auges seine Strasse tahrt, und in der huldigung vor der lie-
besgöttin, die im haine thronend gericht hält.
1) loli ^mtiiohnie dio datoii don ausleihe - büthern dor Göttiugcr bibliothek. —
Lange vorher kante Boie die niinncsiu^'or; am 8. decbr. 17G7 schreibt er an Gleini,
dass er so glücklich gewesen, die samlung der minnesinger mit allen dazu gehörigen
stücken zu bekommen. (Weinhold, 11. Ch. Boie s. 268.)
2) Schiltor entlehnte lUirger am 8. juli und 1. September 1769, Goldast am
17. november 17G9.
504 HOENIQ
Schou im Oktober 1771 behauptet Bürger ein dutzend minnelie-
der vorrätig zu haben [Strodtm. I, 38], doch sind sie (gewiss kein gan-
zes, auch kein halbes dutzend) minnelieder im sinne Gleims. Gerade
ein jähr früher, ehe die saat im Göttinger haine so reich aufgieng,
dichtete Bürger sein erstes und bestes minnelied, das als Winterlied
in die ausgaben übergieng. Es ist im beginne des Jahres 1772 und
noch in Göttingen entstanden ^ In das frühjahr dieses Jahres sezt die
samlung von 1778 das gedieht: Der mirinesingor imd mit recht,
wiewol die schlussstrophen erst im juli hinzukamen. In diesem monate
sante Bürger das gedieht an Gleim, unter dessen briefen im archiv
zu Halberstadt diese erste fassung zu finden ist Sie hätte in der
neuesten chronologischen ausgäbe von Bürgers gedichten [von Borger,
s. 37] berücksichtigt werden müssen, was freilich nicht einmal in den
lesarten geschah. Der Varianten sind nicht viele, doch sind die Stro-
phen versezt. Ich merke nur an, dass „lied und lob*' in der 3. und
4. Strophe für früheres „süsses lob** und „liederchen'* eingesezt ist,
um Bürgers gefallen an volkstümlichen Wendungen hervorzuheben
[Strodtm. I, 58 und 61].
Eine einzelne minnestrophe, die uns erhalten ist [Sauer s. 316;
Berger s. 74], führt uns zu den Mollyliedern; denn sie ist der keim
des Hohen liedes. Daraus aber, dass Boio im märz 1778 anlässlich
der samlung der gedichte zur Vollendung mahnt, kann man nicht auf
gleichzeitige entstehung schliessen [s. bei Sauer a. a. o.]. Es wäre der
einzige fall, dass der dichter in einem Hede an Molly der minnesiin-
gerischen terminologie sich bedient hätte. Auch mit Berger [s. 413 fg.]
kann ich nicht übereinstimmen, wenn er sagt, dass Bürger diese Strophe
am 1. december 1774 an Boie mit den werten sante: „Der geist der
lioder ist endlich widergekehret; noch aber hat er sich nur geräuspert
und sein räuspern ist hier miteingeschlossen^. Denn man wird zugeben,
dass sich Bürger am 1. december nicht also äussern konte:
Denn der winter ist entwichen,
Maienhist mit wolgerüchen,
1) Dio erste envähnung im Briofwochsol ist freilich vom 6. august 1772 (Ber-
gor s. 404); aber schon am 29. märz desselben jahres santo es Boio an Knebel (litt
nachlass 2, s. 124 und 126) mit den Worten: Ich 8chreil>e Ihnen ein lied ab, das
Ihnen gefallen muss. Dass unser gedieht gemeint ist, geht aus dem folgenden briefe
vom 1. mai henor, in dem das alte „lebt und webt** gelobt wird. — Boio selbst
hat, wie Ramler an Knebel schreibt (Litt, nachl. 2, s. 40), an der lezten Strophe
dieses liedes gekünstelt und statt der imwesentlichen bänder die locken hingt»sozL
Doch auch damit ist Ramler nicht zufrieden.
zu BÜRGERS GEDICHTEN 505
Maienvvonn' ist aufgeblüht.
Lieben, öffnet eure sinne;
Mai erwacht
Minne lacht,
Mai hat minne,
Minne sang wo! angefacht.
Das gedieht, das Bürger am 1. december sendet, ist vielmehr Das
neue leben, nach seiner hochzeit entstanden. Im brautstando aber
im frühling 17 74, ist die minnestrophe Doretten zugesungen^; leider
verlor Bürger die lust, damals das gedieht zu vollenden. Was Doret-
ten bestimt war, erhielt MoUy. Die Strophe mochte entstanden sein
ungefähr um die zeit als Bürger schrieb: „Der schönste frühling um
mich her fangt an, meine lebensgeister auf zu kochen. Noch ist alles
blosser dunst; ich bin aber neugierig, welch ein schnurriges fixum an
der retorte hangen bleiben wird". [Strodtm. I, 205: 12. v. 74]. Es
war schliesslich Das hoho lied.
4. Lieder an MoIIy.
Es ist nicht meine absieht, aus den MoUyliedern Bürgers leiden-
schaftliche liebe im zusammenhange zu entwickeln. Wio im vorher-
gehenden und folgenden haben diese blätter nur den zweck, durch eine
reihe von datierungen, lesarten, quellennuchweisen und beziehungen
von gedichten zu einander die erklärungen, die neuere herausgeber
der Bürgerschen gedichte gaben, zu berichtigen und zu ergänzen, wäh-
rend die zusammenhängende dai'stellung des lebens und dichtons einer
biographie G. A. Bürgei*« vorbehalten bleibt.
Nur zur kurzen Orientierung erwähne ich, dass Bürgers und Mol-
lys liebe vor ihrer Vereinigung im sommer 1785 drei schwere krisen
zu überwinden hatte. Drei gedichte bezeichnen sie. Das erste ist die
Elegie, als MoUy sich losreisseu wolte, im jähre 1777: leidenschaft-
liche Überredung des dichtei-s, um ihren entschluss „sterben oder sie-
gen'' zum w^anken zu bringen. Sie bleibt. Das geheimnis der lieben-
den wird offenbar, Dorette dringt auf trennung, die im juni 1779 zur
tatsache wird. „Untreue über alles ^, um Johannis desselben Jahres
gedichtet, bedeutet den abschied: die liebenden schwören einander ewige
treue. Dazu vergleiche man den brief Bürgei-s an Goeckingk vom
12. november 1779 [Vierteljahrschr. f. d. lit. 3, 42G fg.]: MoUy ruft bei
1) Sie lioisst in seinen briefen j,'(.Tade7Ai „die ni innigliche** und so begint denn
auch die strophe: Hört von meiner minni^; liehen «8W.
506 HOENIO
jenem abschied dem dichter zu: „Mistrauischor, fordere von mir ein
zeichen, das teuerste, heiligste zeichen! nimm von mir alles, was ich
dir geben kann, was du mir bisher durch nichts hast abdringen köu-
nen ; und wenn ich dir alsdann jemals ungetreu werde und mich einem
anderen manne ergebe, so will ich als eine ehebrecherin dereinst vor
gott erscheinen". Damit war die ehe geschlossen. Der dritten krise
waren sie nicht mehr gewachsen. Ihrer widervereinigung im jähre 1781
folgte Mollys entbindung zu Langendorf im mai 1782. „Mollys abschied''
in dieser zeit verfasst, bezeichnet Bürgei's trennung von ihr, deren werte
selbst — vielleicht aus einem briefe — nach Amarants beispiel in verse
gebracht sind.
Wenn Sauer (cinleitung zu seiner ausgäbe s. XXI) ohne rücksicht
auf Bürgers eigene datierungon das Schwanenlied, das im Januar 1776
gedichtet ist, an die spitze der Mollylieder sezte, so Hess er sich von
der Vermutung leiten, dass die liebe zu Molly nicht früher begonnen
haben könne, da sichere nachrichten uns das glück der jungen ehe
verbürgen. Allein wenn wir auch jener beichte an Elise Hahn nicht
vollen glauben schenken wollen — dem ofiTenen geständnis in dem
briefe an Goeckingk vom 12. november 1779 können wir ihn nicht ver-
sagen: und hier spricht er von einer fünfjährigen liebe! Freilieh
war sie anfangs nicht so heftig und leidenschaftlich wie später; sie
nahm ihren Ursprung in leichter tändelei und Zärtlichkeit, die er dem
schönen kinde zutrug. Diesen charakter haben die ei*sten gedieht« an
Molly: Trautel und das Ständchen, die wir mit Bürger in den april
und juli 1775 setzen wollen. Sie sind durch den namen verbunden
und beinahe gleichzeitig entstanden, wenn auch das ei'ste der beiden
gedichte ein jähr später an Boie gesant wird. Bürgers eigene datie-
rung wird nicht widerlegt durch die tatsache, dass er am 15. juli 1776
dem briefe an Boie mit den werten: „Hier übersend ich dir einige
kleinigkeiten für Voss^ : die gedichte „Abendphantasie eines liebenden",
„Die Weiber von AVeinsberg^, das „Schwanenlied'' und „Trautel'' an-
schliesst Wir sahen ja schon zu verschiedenen malen, dass er manche
gedichte einige zeit zurückgehalten liat.
Das Schwanenlied ist allerdings von Bürger in den herbst 1776
gesezt, während wir aus dem briefwechsel erfahren, dass Boie schon
ende januar 1770 bei einem besuche in AVölmei-shausen es abschreiben
konte. Gleichzeitig lernt er die Umarmung kennen, die nicht ganz
vollendet ist [Strodtm. I, 272]. Es geschieht erst im august desselben
Jahres; und da dieses datum in die samlung gesezt wird, so erhält es
auch das Schwanenlied. Denn beide gedichte gehören zusammen, wie
zu BÜRQKB8 GEDICHTEN 507
sie denn noch in der zweiten ausgäbe von 1789 auf einander folgen.
In dem einen heisst es:
Aus deinem süssen munde
Lass saugen süssen tod!
in dem andern: Sterben wollt' ich im genusse,
Wie ihn deine lippo beut,
um hier einem neuen gedanken räum zu geben, dem des gemeinsamen
todes, um in den getilden der seligen weiter zu leben. Der plötzliche
Umschwung im tone von der heftigsten leidenschaft zur elegischen Sen-
timentalität lässt das gedieht in zwei teile zerfallen [s. Bergers ausgäbe
s. 421]. Zu dem vergleiche mit der rebe, der bei Bürger häufig ist
[s. bei Berger s. 421], füge ich ein beispiel hinzu, das ihm nicht fern
lag, und das mit der ersten strophe seines gedichtes grosse ähnlichkeit
bietet: in den Scottish songs, 2°** edition, Edinb. 1776, in denen der
englische name Molly sich häufig findet, steht auf s. 73 folgende strophe:
As round the elm th'enamour'd vine
Delights wi' wanton arms to twine,
Sae rd encircle theo in mino.
And show how much I lue thoe.
In demselben monate, in dem die leztgenanten gedichte entstau-
den sind, sucht sich der dichter über die grosso Veränderung seiner
neigung in der ballade Schön Suschen rechenschaft zu geben. Die
innige liebe zu Dorette, die in dieser gestalt auftritt, ist gewiss keine
blosse fiktion. Ob die Abendphantasie eines li(?benden, die Bür-
ger ins frühjahr 1774 sezt, wirklich damals - - wenigstens zum teile —
verfasst sei, oder ob sie, die mit den anderen gedichten am 15. juli
1776 an Boie gesant w^urde, in der g(idichtsamhing mit rücksicht auf
häusliche Verhältnisse vordatieit sei, diese fragci möchte ich offen las-
sen, wiewol ich mir nicht vcrfujhlc^, dass das erstiMo viel wahrschein-
licher ist Es entspräche der analogie b(»n*its <M'wähnter falle, dass
Bürgei*s datierung die zeit der (jonception hiulrutef; und (^s läge» nahe,
ein so algemein verbreitetes motiv der anakreontik nicht mit einem
liede an Molly in Verbindung zu setzten, wcaui da« gedieht ui*sprüng-
lich an Dorette gerichtet, dann aber im somnu^* 1776 mit der ganzen
glut der sinlichkeit auf ilolly Ixjzogen wurde.
Wir kennen Bürgei-s prochiktionswciHo, die stürmisch zum ziele
auffliegt, bald ermattet, und dann was glückliche augenblicke geschaf-
fen, mit mühe zum ganzen fügt. Unter den Mollyliedern sind die
kurzen die besten, denn sie enthalten die reinste Stimmung. Bürger
508 UOBNIO
gefiel sich aber in prachtstücken, die aus einzelnen Strophen kompiliert
sind, welche wie gegen einander schlagende wogen unsere betrachtiing
hin und her werfen. So sind in der Elegie, die Bürger im jähre
1785 mit der Jahreszahl 1776 veröffentlichte, sicherlich einige sti*ophen
zugleich mit dem plane eines grösseren ganzen 1776 entstanden; allein
was ihren eigentlichen inhalt ausmacht, nämlich die furcht vor tren-
nung, kann unbeschadet späterer zusätze erst im folgenden jähre hin-
zugekommen sein. Denn soweit wir mit hilfe des briefwechsels die
häuslichen Verhältnisse des dichtci-s übei-sehen, war im jähre 1776
diese trennuug nicht zu fürchten. Molly wohnte im väterlichen hause
auf der Niedeck, von wo ein reger verkehr nach dem eine halbe stunde
entfernten Wolmei-shausen statfand. Die familien besuchten einander
tage- und wochenlang; Bürger führte seine gaste hinauf. Zweimal
finden wir Molly als hausgenossin Bürgei-s, im april und im oktober.
Sein eigenes Schicksal will sich im beginne dieses jahres hofnungsvol-
ler gestalten. Heimgekehrt von einer reise nach Aschersleben -Halber-
stadt, wo er eine reiche erbschaft nach seiner mutter zu ordnen hatte,
empfängt ihn der zuruf der Weimaraner, der ihn dem deutschen
vulke als berufenen übeisetzer Homei-s verkündet. „Ich freiuo mich
dieses lebens und dieser fülle", ruft er im märz Boien zu [Strodtni. I,
285]; und 14 tage später schreibt er an Goeckingk: „Um meinen haus-
frieden steht es auch so ziemlich''. Leider erlahmt die neu erwachte
arbeitslust bald unter der last der geschäfte, im juli gesteht er: Nicht
um mein leben wäre ich jezt im stände, was erträgliches zu kompo-
nieren [Strodtm. I, 326J. Er verfält in hypochondrie, die sich nur im
verkehre mit Sprickmann, der im nahen Benniehausen wohnt, und im
gemeinsamen ausspinnen von projekten und phantomen, im ausmalen
von bildern ländlicher einsamkeit und weltvergessen heit erleichtert. Das
ende des jahres ist von den Homerischen kämpfen mit Fritz Stolberg
erfült. In den ersten monaten des jahres 1777 spricht Bürger in den
vertrautesten briefen an Sprickmann nur von der eigenen Sehnsucht
nach befreiung — noch nichts von wirklich bevorstehender trennung.
Von einem ausfluge nach Hannover ende märz heimgekehrt fühlt er
sich woler und freier und fasst neue plane und hofnungen, die ein
Unglücksfall grausam zerstört. Am 25. april stirbt sein Schwiegervater
Ijoonhart, und l^ürgor fält die ganze sorge um das kinderreiche haus
anheim. Er bewirbt sich um das amt Niedeck; seine hofnung winl zu
nichte; die trostlose ftiniilio soll haus und hof verlassen. Molly, unter
dem eindrucke des todes, scheint mit ihrer Stiefmutter ziehen zu wol-
len. IDer, glaube ich, sezt die Elegie ein, eben zur zeit, da Büi^r
Zu BÜROERS GEDICHTEN 509
an Sprickmann schreibt [30. juli 1777. Strodtm. 11, 103]: „Mir steht
nun bald trennung von der geliebten meines herzens bevor. Was wird
ans mir, nnd was aus ihr werden?" und das bild der weltverlorenen
insel Robinson Cnisoe's vor seinen blicken auftaucht.
Der Elegie am nächsten verwant ist das lied, das zuerst im Göt-
tinger alm. 1779 erschien und später An die menschengesichter
betitelt wurde. Es geht in der ausgäbe von 1789 der Elegie unmittel-
bar voraus. Mit denselben gründen, die bei der geliebten siegreich
waren, sucht er den Widerspruch der weit zu bannen: nicht mit dem-
selben erfolge. Wie dort sind die liebenden kranke, die liebe eine ele-
mentare gewalt Wie er dort die geliebte bittet:
0 so lass es denn gewähren.
Da genesung nicht gelingt!
so hier die menschen:
Drum lasst uns gewähren und quält uns nicht melir,
0 lasst uns gewähren allein! —
Volkers Schwanenlied, das im Göttinger Musenalmanach 1785
erschien, werden wir aus inneren und äusseren gründen nicht mit
Reinhard in das jähr 1784 setzen. Das gedieht scldiesst sich so eng
an das französische muster an, dass die abweichenden stellen, die sich
aus der Situation Bürgers erklären, umsomehr auffallen. Das ist der
nicht übersezte vers:
Toi qui jadis me fus aniie
imd eine zusatzstrophe mit den vei-sen:
Die Volker, der verlorne mann,
Vom Schicksal nicht erseufzen kann.
Tristan klagt, dass er die geliebte verloren, Bürger, dass er sie
nicht erlangen kann. Das flehende „Vergiss nicht, ach, vergLss nicht
mein!" (v. IG) wäre gleich dem früheren im jähre 1784 übel angebracht
Das gedieht ist im sommer oder herbst 1779 entstanden, als abschieds-
lied an MoUy. Äussere gründe kommen hinzu. Die quelle, die Bibl.
univ. des romans avril 1776, aus der auch der stoff zur bailade: „Das
lied von treue" stamt, erhielt Bürger durch vermitlung der Phil. Oat-
terer im sommer 1779. Die ballade ist freilicli erst lange nachher vol-
lendet worden, schwerlich aber das kurze, genau übei-sezte lied. Die
apostrophe an Fritz Stolberg erklärt sich aus dieser zeit am besten.
1779 erschien die erste samlung .seiner gedichte, im selben jähre wurde
die Homerische fohde dun.h Burgtors offen erklärten rückzug beendet
An freundschaftsbeweisen fohlt es nicht Am 22. august schreibt Boie,
dass die beiden Stolborgo ilire liilfe zu der von Bürger geplanten
510 BOSNtG
Ossianübersetzung angeboten haben und bemerkt [Strodtm. II, 360]:
Beide sind deine freunde, und wir haben oft mit aller wärme der Hebe
und freundschaft von dir gesprochen.
5. Balladen.
Bei den bailaden will ich nur einzelne punkte herausgreifen, die
zur ergänzung des an anderen orten bereits gesagten dienen mögen.
So zunächst bei der Lonore die frage nach der quelle, soweit das
Volkslied in Des knaben wunderhom und das SuflFolk miracle in be-
tracht komt.
Aus untrüglichen Zeugnissen, aus Versicherungen Bürgers selbst
wie denen seiner Zeitgenossen, erhelt, dass Bürger das deutsche
Volkslied nicht gekant hat Allen nachforschungen zum trotz, die er
ja nach dem alten „spinstubenliede" anstolte, gelangte er nicht weiter
als zur kentnis des Inhaltes und einiger vcrso eines liedes, das
im vergleich mit dem des Wunderhomes mehr episch gewesen sein
muss. Dieses lied ist ein ableger des weitverbreiteten volkstümlichen
Stoffes, wie andere lieder, sagen und märchen mehr; und wie der ganze
Sagenkreis seit Bürgers gedieht den namen Lenorensage erhielt, so
wurde auch das lied im Wunderhorn (sei es vom samler, sei es von
den herausgebern), „Lenore" betitelt Dass es Bürger nachts in einem
nebenzimmer gehört habe, ist nur eine wilkürliche kombination, die
auf der von Weltmann in den Zeitgenossen berichteten anekdote beruht,
wornach Büiger sein eigenes gedieht in der nachtherberge auf einem
dorfe vortragen hörte. Wenn wir etwa — freilich aus keinem besse-
ren gründe als bei Lonore — jedes unglückliche mädchen der Volks-
dichtung, das verführt und verlassen ihr kind tötet und der irdischen
strafe entgegensieht, „Des pfarrers tochter von Taubenheim** nennen
wollen, so müssen wir dieses recht auch den herausgebern des Wun-
derhomes zugestehen [s. die ausg. bei R^clam s. 446]. Nur haben sie
durch Versetzung dieses titeis dem volksliede einen bezug zu dem
Bürgerschen gedieh te gegeben, den es in Wirklichkeit nicht hat Ks
ist weder seine quelle, noch ihm nachgedichtet; beide haben viel-
mehr nichts als den stoff gemein, der dem leben des Volkes entnom-
men und volkstümlich angeschaut ist Dass Bürgers gestalten der
ganzen gattung den namen geben, verbürgt uns ihre grosse popularität;
sie tauchen in der tat in das elemcnt, aus dem sie emporgi>stiegen,
doch von des dichters hand künstlerisch und individuell gestaltet, zurück.
In einem anderen falle, wo ebenfals der titel eines Bürgerschen
gcdichtes einem volksliede vorge^ezt ist, tritt der irtum der herausgeber
Zu bDbGERS GEDICHTES 511
desselben noch stärker hervor. In den „Weltlichen und geistlichen
Volksliedern und volksschauspielen", die Pröhle gesammelt hat [Aschers-
leben 1855], heisst nr. 23: Der wolgesinte liebhabor und stamt
aus der gegend von Herzberg bei Göttingon [s. a. a. o. s. XX fg.]. Wenn
wir nicht wüsten, dass Bürgers gleichnamiges gedieht [bei Sauer s. 354]
aus dem englischen und zwar beinahe wörtlich übersezt ist, so läge
nichts näher, als eine beziohung zu jenem volksliede anzunehmen.
Dass dies in der tat der einsender oder samler getan hat, lehrt uns
der titel, der infolge der ähnlichkeit in der dargestelten Situation von
Bürgers gedieht entlehnt wurde. Schliesslich ist aber das Volkslied
a. a. o. nur fragmentarisch abgedruckt: in seiner um drei Strophen
erweiterten gestalt in Des knaben wunderhorn [a. a. o. s. 667], wo es
„Bildchen" betitelt ist, und in Simrocks Volksliedern [nr. 181], wo es
„Nächtlicher besuch" heisst, komt auch der wahre sinn des ganzen,
der himmelweit von der frivolität des Bürgerschen gedichtes entfernt
ist, zum Vorschein. Dennoch ist das fragment ein echtes Volkslied;
nur der ungeschickt erfundene titel sezt es in ein falsches licht. Und
so verhält es sich auch mit „Lenore" und „Des pfarrers tochter von
Taubenheim".
Zur frage, ob das erste ein echtes Volkslied sei, verweise ich auf
Erich Schmidts anmerkungen zu seinem aufsatze in den Charakteristi-
ken und füge hinzu, dass die drei lezten Strophen des liedes [bei
Reclam s. 303] im parodistischen gegensatze zu dem echten kerne spä-
ter angefügt zu sein scheinen. Unmittelbar nach dem Spruche des toten :
Es scheint der mond so hell usw.
erfolgt seine abweisuug mit den worten:
Ach Gott, was hast gedacht,
Wohl in der finstern nacht?
Dem gegensatze von mondheller und finsterer nacht folgen andere:
Dein bottlein ist nicht breit,
Der wog ist auch zu weit.
Ich erinnere daran, dass auch die schottische ballade „Sweet Williams
ghost" eine schlussvarianto hat, in der Marjorie den toten, statt ihm
ins grab zu folgen, kräftig zurückweist; denn seine falschheit komt zu
tage. Die schlussstropho aber kCmnon wir der unseres deutschen lie-
des an die seite setzen:
Allein leg du dich nieder,
Herzallerliebster, schlaf!
Bis an den jüngsten tag!
51 2 &OBMO
[The Ballad Book ed.- by AUingham London 1864 s. 335]:
And she took up her white, white hand
And Struck him on the breast;
Saying, Have there again thy faitli and troth,
And I wish your soul good rest
Wie die züge der Bürgcrschen gestalten, so giengen auch ihre
reden auf die der volksdiclitung über. Es ist möglich, dass in Wen-
dungen wie: „Weit bin ich her geritten" oder: „Dort drin im ünger-
lande" der einfluss der Lenore auf das Volkslied begint
Im Monthly magazine vom September 1796 waren zum beweise,
dass Bürgers Lenore nicht völlig ursprünglich sei, drei Strophen aus
dem angeblichen muster, der ballade vom Suffolk miracle, zur ver-
gleichung herausgehoben [s. die anm. bei Pröhle: G. A. Bürger sii. 103
fgg.J. Für Bürger, der sich gegen den zweifei an seiner Originalität,
der ihm zeitlebens der bitterste war, nicht mehr verwahren konte, tra-
ten die freunde Althof, A. W. Schlegel und Biester lebhaft in die
schranken. Sie beriefen sich auf mündliche mitteilungen Bürgers und
wiesen mit recht darauf hin, dass, selbst wenn sich Lenore mit dem
SuflFolk Miracle im stoffe berühren solte, das verdienst des dichters
nicht geschmälert sei ; denn es liege in der behandlung dieses algemein
bekanten Stoffes. In der tat hatte der englische kritiker, der Büi^r
eine nachdichtung jener ballade vorwerfen konte, keine ahnung von
den deutschen sagen und licdern; auch bemerkte er nicht, dass Lenore
weit mehr verwantschaft mit jenen englischen balladen zeigt, die in
Percy's samhmg stehen. Ihn veranlasste zur annähme der abhängig-
keit lediglich der umstand, dass im Suffolk miracle der tote mit der
geliebten reitet, während er sonst zu fusse geht Der englische
kunstrichter glaubte seiner nation den beweis schuldig zu sein, dass es
in diesem punkte einen vorrang des deutschen geistes nicht gebe —
was ihm denn auch gelang, aber nicht die Zurücksetzung des deutschen
gedichtes. Denn die drei angeführten Strophen, die zugleich die ein-
zigen der umfangreichen ballade sind, die überhaupt zur vergleichung
herangezogen werden können, überzeugten niemand. Man bemühte
sicli damals vergebens, an den text dieser ballade, die in der ersten
englischen samlung vom jähre 1723 abgedruckt ist, zu gelangen. Die
samlung war so selten, dass man sie nicht auftreiben konte, wo doch
die neugior darauf gerichtet war [s. Neue Berliner monatsschr. 1799,
II, 389 fg.]. Die Göttinger bibliothek besizt ein exemplar dieser sel-
tenen Colleetion of old ballads (London 1723) in 3 bänden; und es ist
nicht unmöglich, dass Bürger dieses buch in die bände bekam, obgleich
2Ü BthlGKBS GSOlCHtCM 5l3
in den ausleihbüchem kein vermerk darüber zu finden ist Da diese
bailade so selten ist, wird ein abdruck nicht unerwünscht sein. Wenn
er auch nicht nötig ist, um Bürger vom verdachte des plagiates zu
befreien, so wird er doch die geschichte des Stoffes ergänzen. Im
ersten bände der genanten samlung s. 266 steht: The Suffolk Miracle,
Or, a Relation of a Young Man, who a Menth after his Deatli appear'd
to his Sweetheart, and carry 'd her on Horseback behind him for forty
Miles in two Hours, and was never seen after but in his Grave.
To the Tune of, My Bleeding Heart usw.
1. A Wonder strauger n'er was known
Than what I now shall treat upon.
In Suffolk there did lately dwell,
A Farmer rieh, and known füll well.
2. He had a Daughter fair and bright,
On whom he placed his whole Delight;
Her Beauty was beyond compare,
She was both Virtuous and Fair.
3. There was a young Man living by,
Who was so charmed with her Eye,
That he could never be at rest
He was by Love so much possest:
4. He made Address to her, and she,
Did grant him Love immediatly;
But when her Father came to hear,
He parted her, and her poor Dear:
5. Forty Miles distant was she sent,
ünto his Brother's, with Intent
That she should there so long remain,
Till she had chang'd her Mind again.
6. Hereat this Young Man sadly griev'd,
But knew not how to be reliev'd;
He sigh'd and sob'd continually,
That his true Love he could not see.
7. She by no Means could to him send
Who was her Hoart's espoused Friend;
He sigh'd, he grievM, but all in vain
For slie confinM nuist still romain.
zmacBBin p. dkutschk puiloloqik. bi>. xxvi. ^'^
614 fiOBNl«
8. He moum'd so much, that Doctor*8 Art
Could give no Ease unto bis Heart,
Who was so strangely terrified,
That in short time for Love he dy'd.
9. She that from him was sent away,
Kuew nothing of his Dying-day,
But constant still she did remain,
And lov'd the Dead, altho' in vain.
10. After he had in Qrave been laid
A Menth or more, untho tbis Maid
He came in middle of the Night,
Who joy'd to sce her Heart's Delight
11. Her Father's Horse, which well she knew,
Her Mother's Hood and Safe-Guard too,
He brought with bim, to testify,
Her Parents Order he came by.
12. Which when her üncle understood,
He hop'd it would be for her goo<l,
And gave Consent to her straitvvay,
That with him she should come away.
13.1 When ^]^q ^yas got her Love bebind,
They pass'd as swift as any Wind,
That in two Hours, or little more.
He brought her to her Pather's Door.
14. But as they did tbis great Haste make.
He did complain his Head did ake,
Her Handkerchief she then took out.
And ty'd the same bis Head about.
15. And unto him she thus did say,
Thou art as cold as anv Clav:
When we come Home a Firo we'll have;
But little dream'd he went to Grave.
11). Soon were tliey at bor Father's Door,
And after she n'er saw bim more:
I'll set the Horse up, then he said,
And there be left tbis iiarmless Maid.
1) Str. 13 — U) im Montbly niagazino s. Pröhlc a. a. o.
2ü bDbQEBS GKDtCHTXN 515
17. She knock'd, and strait a Man he cry'd,
Who's there? Tis I, she then reply'd,
Who wonder'd much her Voice to hear,
And was possess'd with Dread and Fear.
18. Her Father he did teil, an then
He star'd like an aSnghted Man;
Down Stairs he ran, and when he see her,
Cry'd out, My Child, how cam'st thou here?
19. Pray Sir, did you not send for me,
By such a Messenger, said she;
Which made his Hair stare on his Head,
As knowing well that ho was dead:
20. Where is he? then to her he said,
He's in tho Stahle, quotli the Maid.
Go in, said he, and go to Bed,
I'U see the Horse well littered.
21. He star'd about, and thero could he
No Shape of any Mankind see,
But found his Horse all on a Sweat,
Which made him in a deadly Fret
22. His Daughter he said nothing to,
Nor none eise, tho' füll well they knew,
That he was dead a Menth before,
For fear of grieving her füll sore.
23. Her Father to the Father went
Of the Deceas'd, with füll Intont
To teil hini what his Daughter said.
So both came back unto this Maid.
24. They ask'd her, and she still did say,
Twas he that then brought her away;
Which when tliey heard, they were amaz'd,
And on each other strangely gaz'd.
25. A Handkorchief she said she ty'd
About his Head; and that they try'd,
The Sexton they did speak unto,
That he the Grave would then undo:
26. Affrighted, then they did behold
His Body turning into Mould,
33*
516 tiOKNia
And though he had a Month been dead,
This Uandkerchief was about liis Head.
27. This thing unto her then they told,
And the whole Trnth they did unfold;
She was thereat so terrified
And grieved, that she qiiickly died.
28. Part not true Love, you rieh Men then,
But if they be right lionest Men
Your Daughtors love, give tliem their way,
For Force oft breeds their Lives decay.
Niemals kann Bürgers Lenore bewundernswerter erscheinen als
nacli lesung dieses mit acli und krach versificierten biinkelsi4nges! Es
ist ein muster jc^ner art, die (Jlcini durch da« gewüra der ironie (»incm
gebildeteren publikum schmackhaft machen wolte. Wir sehen daraus,
auf wie schmalem stege Bürger zur ernsten ballade gelangt ist. Ihn
füliiie die begeisterung hinüber, die nur den wahren dichter ergroif(?n
konte, während doch in jener zeit der ton dieser ballade leicht hätte
in possierliche traurigkeit imischlagen können. Man vergleiche mit der
10. Strophe der voranstellenden ballade Bürgei's Schilderung der ankunt't
des toten, mit den folgenden die des nächtlichen rittes, wenn bei so
ungleichen Wirkungen von vergleichung die rede sein kann! Dem hörer
des einen wird mit hilfe eines niedrigen rationalismus, der unglaub-
liche dinge in die mitte altäglicher ereignisse nimt, und einer unbehol-
fenen naivität, die glauben erwecken will, grus(^ln erregt, indes dem
hörer Tx^iorens die tiefen der seele bewegt werden.
Vielleicht liegt dem Suffolk miracle eine ältere ballade zu grumle,
die modernisiert und (wie gewöhnlich) einem bestimtem falle angeknüpft
wurde; vielleicht nur der aberglaube, den das volk erzählt. Es intert*s-
siert uns, diesen herauszuheben, um zu sehen, dass er einer an<Ieren
gruppe des Sagenkreises angehört als der in der liCnore vorgeführte.
Nicht, wie hier, die Verzweiflung des mädchens, sondern das heftige
begehren, dtis unbefriedigte verlangten des toten selbst stört seine ruhe.
Kr komt nicht um räche zu üben; sein ziel ist nicht das grab, sondern
das elterliche haus des mädchons; eben wie in den Versionen des ser-
bischen liedes von Jovan und Jelica, wo es sich allerdings um bruder
und Schwester und ein unerfültes versprechen handelt [s. Wollner, der
I^Miorenstoff in ik'r slavischen volkspoesie. Archiv f. slav. phil. VI|.
In anderen slavischen fassungen fin<len wir zwei züge unseres gedick-
tes wider: in einem mährischen volksliede verlangt der tote, sie solle
Zu BÜRQBRS OBDICHTIEN 517
ihm nach dem köpfe sehen, er tue ihm wehe; und im polnisch -raasu-
risclien raärchen findet man im frisch aufgewühlten grabe das gelbe
tuch Kasias [s. Wollner a. a. o.].
A. W. Schlegel fragt bei gelegenheit der Verteidigung Bürgers
gegen jenen artikel im Monthly magazine, ob denn das gedieht mehr
als die fabel mit Lenore gemein habe? es scheine nicht, fügt er hinzu;
wir aber gehen weiter und behaupten, dass beiden gedichten auch die
fabel nicht gemeinsam ist
Lenardo und Blandine ist nach Bürgers eigenem zeugnis (an
Goeckingk vom 9. april 1776) an einem tage entstanden — bis auf
die ei'sten zwei oder drei Strophen, die schon früher fertig waren
[Strodtmann I, 298]. Die erste anregung bot ihm ein „histörchen",
das R. Köhler in dieser Zeitschrift VIII, s. 101 fgg. als das deutsche
Volksbuch Eine schöne historia von des fürsten zu Salerno schönen
tochtcr üismunda nachwies [wider abgedruckt bei Simrock, Volksb. VI,
153 fgg.]. Bürger wüste nicht, dass diese gering geschäzte quelle eine
treue Übersetzung von Boccaccio's erzählung (Decam. IV, 1) war, und
er tat sich viel darauf zu gute, ihre schlichte darstellung so sehr geho-
ben zu haben, dass sie niemand in seiner romanzo wider erkennen
solte. Das gedieht ganz als werk seiner phantasio hinzustellen, war
eine um so grössere Übertreibung, als er, bis auf ein einziges motiv,
der handlung in seiner quelle treu folgt, und dieses motiv, das man
bisher ihm allein zuschreiben konto, einer publikation Eschenburgs im
februarhefte des Deutschen museums (1776) verdankt. Die Beiträge zur
alten deutschen litteratur, die dieser aus der Wolfenbütteler bibliothek
ans licht zog, und die Bürgers interesse, wie aus den briofen an Boie
hervorgeht, in hohem masse erregten, waren sogar die veranlassung,
die arbeit an der bailade wider aufzunehmen; sie schloss sich unmit-
telbar an die lektüre des februarheftes an.
Zu derselben zeit beschäftigte sich Bürger theoretisch mit ziel
und zw^eck der dichtkunst. Als Daniel Wunderlich zog er gegen die
klassischen schulfuchsereien zu felde und verspottete alle druck- und
Pumpwerke, die den mitten durch das land wandelnden, alle kreaturen
erquickenden ström auf umnebelte bergkastelle leiten wollen. Wie Sir
Philipp Sidney fühlt er beim klänge der alten lieder sein herz durch-
schauert und träumt davon, ein deutscher Percy zu werden. Die Volks-
dichtung nent er die magische kunst; ihre geheimnisse aufzudecken,
müsse von den segensreichsten folgen für die poesie begleitet sein. Ihr
Studium sei dem wahren dichter des volkes unerlässlich und immer
lohnend, fände sich auch unter dem wusto des unechten und unsin-
518 HOKNIO
lügen nur ein pinselstrich des magisch rostigen colorits; sie lehrt ihn
aber mehr als das, die phantasie und die ^fühlbarkoit^ des Volkes ken-
nen, die eine in den bildom, die andere im ton, im wort und dessen
bedeutung. Da Bürger in seiner Übersetzung Homers, der in dieser
periodo auch als volkssänger unter die deutschen trat, für die fuhlbar-
koit seines volkes „das rechte kalibor " trefifen wolte, so entnahm er
den Volksliedern alte und volkstümliche worte und Wendungen der rede;
und da er in seiner episch-lyrischen dichtung der phantasie des volkes
zu begegnen wünschte, so wob er alte vertraute muster in seino Stoffe,
stimte er den ton seiner bailaden nach dem klänge jener alten lieder.
Diese sind die wahren echten Stückchen, die Wunderlich meint, rief
Bürger aus imd als beispiel für Wunderlichs lehren solte in demselben
hefte des Deutschen museums Lenardo und Blandine folgen. Wie
Bürger den „ganzen phantastischen apparatus" seiner ballade an Boie
sendet, spricht Daniel Wunderlich von dem „apparatus der phantasie
und enipfindung", der vom zauberstabe des epos, den man in den
Volksliedern finde, belebt imd in aufruhr gesezt werden solle.
Abgesehen von der Wandlung der Charaktere beruht die wichtigste
änderung in Bürgers ballade gegenüber seiner quelle darin, dass der
fürst die liebenden nicht zutiillig überrascht, sondern durch einen Ver-
räter, der sie schon im garten belauschte, von ihrer Zusammenkunft
erfahrt Da dieser zugleich der vorschmähte nebenbuhler ist, so kön-
nen wir an die englische ballade vom Little Ikfusgravo [bei Percy (1767)
III, s. 63 fgg.] nicht denken; dort kann der page aus Pflichtgefühl für
seinen herrn die untreue der trau nicht vorhehlen. Dagegt*n erzählt
Konrad von Würzburg in der von Kschenburg im auszuge mitgeteilton
„Schönen historia von Engelhart aus Burgunt, . . und Engeldrut,
des königs tochter aus Denmark*', wie Engelhart, der der prinzessin
liebe gewann, am liofo wolgelitten sei, und niemand zum feinde habe,
als einen schwestersolm des königs, Ridschier von England, der
ihn mit eifersüchtigen äugen betrachtet Die prinzessin vembredet eine
nächtliche Zusammenkunft mit ihrem geliebten im garten. Dieser
abschnitt ist überschrieben: wie die schöne königin Engeldrut Engel-
harten unter ihrem mantel empfehet, und ihn an ihre brüst tnicket
Zum Unglücke muss Ridschier in den garton kommen und iiiro Umar-
mungen stören. Er hinterbringt dem könige die nachricht, die ent-
scheidung soll ein gottesurteil fällen. Die erzählung, die auf der sage
von Amicus und Amelius beruht und mit einzelnen motiven der hel-
densage durchsezt ist, hat in ihrem weiteren verlaufe mit dem stoffe
unserer ballade keine berührung. Es ist aber klar, dass Bürger diese
zu BÜRORRS QEDICHTKN 519
episode heraushob, um einerseits ein volkstümliches motiv zu verwenden,
andererseits die dramatische Wirkung seines gedichtos zu erhöhen. Die
haupthandiung sezt geschickt nach dieser episode ein. Wir finden in
ihr die scene im garten und besonders die gestalt des verräterischen
molches, des hochstokierenden prinzen, vorgebildet. Deutlich weisen
überdies die namen in Bürgers bailade nach diesem Ursprung. Schon
das alte deutsche Volksbuch wird Bürger den plan nahe gelegt haben,
die gescliichte zu „verdeutschen'', noch mehr vielleicht die erzählung
Konrads von Würzburg. Aus dieser holt Bürger den namen des lan-
des, in dem er seine ballade spielen lässt, Burgund, zugleich ein
berühmtes deutsches land der Vergangenheit Das versmass hätte Bür-
ger nicht hindern können, die namen der liebenden, wie sie die quelle
bot, zu gebrauchen; der anfangsvers wäre nicht schlechter, wenn es
hiesse: Gissmunda sah her, Guiscardo sah hin. Die altdeutsche
erzählung scheint ihm den deutschen namen Engelhart angenehmer
gemacht zu haben, der sich jedoch in Leonhart wandelte. Und wie
Eonrad von Würzburg erzählt, dass Engeldrut Engelhart zum liebsten
wählte, weil sein name der wolklingendste war und zu dem ihrigen am
besten passte, so holte Bürger aus dem kalender zu Leonhart die benach-
barte Blandine, wie uns R. Köhler gezeigt hat [im XVI. bd. dieser
ztschr. s. 362]. Da sich der name Leonhart aber dem rhythmus nicht
fügte, so ward er in Leander und dieser endlich in Lenardo geändert
Von den bailaden, zu denen Bürger die quelle in Percy's be-
kanter samlung fand, wollen wir nur zwei hervorheben: Der kai-
ser und der abt und Die entführung, um durch die bisher nicht
geübte und doch notwendige prüfung des originales den richtigen mass-
stab zu ihrer beurteilung zu gewinnen. Ihr absoluter wert steht ja
fest: die erste der genanten nachdichtungen gilt als die beste, die
andere als die schlechteste dieser gruppe. Die analyse der englischen
mustor wird an diesem urteil nichts ändern können; sie wird aber
erklären, wie Bürger, der beide male aus getrübter quelle schöpft, in
dem einen falle von seiner eigenen begabung getragen , in dem anderen
wesentlich durch die schuld des führers gesunken ist
Bei der ballade Der kaiser und der abt haben wir ausser der
von Percy noch zwei andere englische balladen heranzuziehen, von
denen die eine, der landläufige druck (A) nach Percy's werten (Reli-
quies 1. ed. II, s. 302) eine gekürzte und modernisierte fassung der
anderen viel älteren (B) sei, die er in seinem folionis. bewahrte. Über
das Verhältnis von A zu B, von denen mir im gegensatze zu Percy
B als jüngere launig ausmalende bearbeitung von A erscheint, wie
520 HOKNIO
über Porcy's ballade selbst, die auf A (also auf der nach der meinung
des herausgebers gekürzten und modernisierten fassung!) beruht, mit B
stark vermengt und an eigenen Zusätzen reich ist, habe ich an anderem
orte ausführlicher gehandelt als ich es hier hätte tun könnend Ich
habe auch darauf hingewiesen, wie Bürgers ballade, deren unmittelbare
quelle doch P (= Percy's) ist, merkwürdige Übereinstimmungen sowol
in der darstellung wie in der Charakteristik mit B zeigt, einer fassung,
die uns erst bei der herausgäbe von Percy's foliomanuscript durch
Haies und Fiirnivall [London 1868, I, s. 508] bekant wurde. Wie
diese Übereinstimmungen einen grund mehr für die annähme einer spä-
teren entstehung von B geben, so erlauben sie auch für die Bürgersche
ballade und deren Stellung im stofkroise Schlüsse zu ziehen.
Was zunächst die darstellung betrift, so erweitert Bürger an
stellen, wo Porcy A folgt, seine quelle instinktiv bis zur beinahe wört-
lichen Übereinstimmung mit B. B, v. 47 fgg.: bei Bürger und in B
treffen sich schäfcr und abt in der einsamkeit, die der leztere aus grani
aufsucht; in A und bei Percy begegnet der abt dem schäfcr auf dem
heimwege vom könig. — B, v. 51 fgg.: teilnahmsvolle frage nach «lern
befinden des abtes, wie bei Bürger (v. 61 fgg.); in P und A: blosse
erkundigung nach neuigkeiten. — B, v. 75 fg.: spricht der schäfcr
ebenso geringschätzig von der Weisheit des gelehrten, wie bei Bürger
in V. 89 \'^g. • — Schilderung der freude des bischofs B 151 und Bürger
V. 93. - B erzählt von der ausrüstung des schäfers mit den insignien
des prahlten in derselben weise wie Bürger, während in P und A der
bischof spricht. — B 124 ff^^j:;. stimt genau mit Bürger (v. 125 fgg.)
darin überein, dass die Überraschung des königs durch die le])hafte
Unterbrechung der woi1e des schäfers dargestelt wii'd, was weder in P
noch in A geschieht. — Andeix^ gemeinsame stellen dienen der cha-
nikteristik, so besimders der schluss, wo bei Bürger und in B der text
von I^ und A zu gunsten des schäfers bedeutend eweiteit winl. Wo
ferner P(Tcy einen eigenen zusatz bringt, oder in freier weise sowol
A als B veräudei-t, weicht Bürger instinktiv von seinem luuster ab.
Die bemerkuiig dc^ kaisers nach der zweiten antwort dos schäfers
ist von Bürirer frei erfunden, wie bei Percv. — Die beantwortunj:
dvT <lritten frage hat Percv konstruiert, während Bürger B f«>lgt! -
Beispit^le für fälle, wo Percy den ton <ler ballade verfehlt, vgl.
a. a. o. Wenn Percy schliesslich B folgt, geht Bürger niemals auf A
zurück.
1) En^'l. Studien 1803, s. 307 fgjj.
zu BÜRGERS OEDICHTBN 521
Aus den angeführten beispielen geht auch schon hervor, dass B
der Büi^erschen ballade in der Charakteristik der personen sehr
nahe korat Beide nehmen das gröste interesse an dem schäfer, dem
naturmenschen mit mutterwitz, dem Vertreter des untersten Standes. In
den Schlussversen (B 157 fgg.) wird er zu könig David in den liimmel
erhoben. Auf erden aber braucht er nicht mehr die schafe zu hüten,
erhält geld und gut vom könig wie vom bischof. Die verse fehlen bei
Percy und in A, und kehren bei Bürger in anderer form wider. — In
B ist der bischof entschieden komisch gehalten, was in A und P (der
Verfasser ist selbst bischof!) nicht der fall ist. B hat zu diesem zwecke
den text gegen A erweitert, und so tat Bürger gegen Percy. Durch
den schärferen gegensatz zum schäfer wird die figur in B und bei Bür-
ger komischer, und zwar geht Bürger hierin noch weiter. Die rivali-
tät zwischen weltlicher und geistlicher macht, die in aller schrofheit
in A (und darnach in P) besteht, ist in B durch die neigung zum
schwanke abgeschwächt. Hier nähert sich die gestalt des King John
dem Bürgerschen typus des guten, gerechten und seiner kraft bewus-
ten kaisers. Er lacht herzlich über den schäfer (nicht in A), und
durch den schluss gowint auch er. Die ernsten züge des königs in A
erheitern sich zusehends; seine froigebigkeit tritt licrvor. Bürger hat
auch diese gestalt, auf lieimische tradition gestüzt, zum typus aus-
gebildet.
Wie B die alte ballade A, so erweitert Bürger sein muster; beide
schlagen die gleiche richtung ein: von der ballade zum behaglicher
ausmalenden volkstümlichen schwank. Durch diese coalition zweier
urwüchsiger verwanter talente erscheint die Percysche ballade in dem
rechten lichte als kompilation eines liobhabers.
Anders steht die (luellenfrage bei der ballade: Die entführung.
Während Percy im ersten falle doch das ganze mehrerer volksballaden
vorlag, verarbeitete er in dem 200 verse fassenden: The Child of Elle
(Roliques, 1767, I s. 107) ein fragmcnt von 89 Zeilen, die sein folio-
manuscript bewahrt (I, s. 132 fgg.)- ^^^J' müssen Percy den autor der
ballade nennen, die Bürger übersezte, wiewol sein fragment noch
einige zeilen mehr enthalten zu haben scheint, als uns jezt bekant
sind^. Denn er muste die entwicklung und den schluss der handlung
ergänzen, da das fragment nur die exposition bot. Es begint mit dem
gesprächo der liebenden. Mein vater, sagt das mädchen, hat ein gelübde
getan, dich zu erschlagen (v. 1-6). Ich kümmere mich um ihn nicht,
1) Es fohlt eine halbo seile im foliomanuscript.
522 UOKNIQ
erwidert der ritter, sobald ich nur zu pferde und ausserhalb der
mauern bin (7 — 14). Sie küssen sich unter trähnen (15 — 18), reiten
von dannen (19 — 22), und werden vom vater der entführten und ihren
sieben brüdem verfolgt (23 — 28). Der ritter rüstet sich zum kämpfe
(29 — 39). Hier bricht das fragraent ab. Am beginne desselben fehlen
vielleicht nur zwei zeilen; die fortsetzung ist mit hilfe verwanter bal-
laden mögUch. Es gehört einer der im nördlichen Europa am meisten
verbreiteten balladcn an. Child erwähnt mehr als 30 gedruckte Ver-
sionen [s. Porcy's folioms. a. a. o.], von denen ich nur zwei heraus-
greife. The Douglas tragedy [W. Scott: Minstrely of the Scottish Bor-
der, Edinb. 1806, II s. 207] begint mit der aufforderung des alten
Douglas an seine söhne, den flüchtigen nachzusetzen. William hört
die Verfolger hinter sich, steigt ab und lässt die pferde von Margret
halten. Der kämpf entspint sich, in dem die sieben brüder fallen.
Auch Douglas unterliegt, die tochter bittet für sein leben und trocknet
seine wunden. Die liebenden reiten davon, kommen zu einem wasser
und steigen vom pferde, um zu trinken. Während sich William herab-
beugt, entströmt seinen wunden das blut und färbt das wasser. Si«>
kommen zu seiner mutter. William stirbt in derselben nacht, Marga-
ret folgt ihm nach. In der kirche St Mary werden sie begraben. Aus
ihrem grabe wächst eine rose, aus dem seinig(»n der dorn so hoch, bis sir
au der decke des gewölbes sich ineinander verschlingen. (Wie bei den
giäborn der unglücklich liebenden desselben namens in anderen schot-
tischen balladen.) Doch der alte Douglas, unversöhnlich über das grab
hinaus, reisst den dorn aus und wirft ihn in den see. — In der andt»-
ren hierher gehörigen bailade: Eibolt og Ouldborg (W. Grimm, Alt-
dänische heldenlieder, balladen und märchen, 1811, s. 74 fgg.: Tod aus
der liebsten mund) wird die Vorgeschichte der entführung ausführlicher
berichtet. Ribolt liebte die tochter des feindlichen hauses schon da sio
noch kind war; er entführt sie den ihrigc^n und ihrem bräutigam. Von
einem freunde ihres vat(?i"s verraten, werden sie verfolgt und angegriffen.
Kibolt tötet den vater, den bräutigam und den bruder. Für den jüng-
sten bruder bittet Ouldborg; allein da sie den namen Ribolts ausspricht,
emptangt dieser die todeswunde. Sie reiten zur bürg seiner mutter
und sterben daselbst.
Schon aus der Inhaltsangabe geht hervor, dass unser fragment
(liesein stof kreise ang('hr»rt. Die übereinstinmuiugen im texte gehen
über den gebrauch der volksballade, gleichen Situationen denselben
wiu-tlicheu ausdruck zu geben, weit hinaus. Die abweichungen beleh-
ren uns, dass das fragment einer erweiterten dai*stellung angehören mag.
zu BÜROERS QRDICHTKN 523
Zärtlichkeit und trähnen schwächen den Charakter nicht (v. 15 — 18),
und gerade die andeutung vom ausgange der begebenheit, die das
fragment in diesen versen besizt:
The teares that went them 2 betweene
were blend water and blood —
schliesst die möglichkeit aus, dass das gedieht ursprünglich wie bei
Pcrcy mit dem segen des vaters endet.
Wie hat aber Percy dieses fragment ergänzt? Aus einer tragödie
unversöhnlichen hasses und alles überwältigender liebe in der rauhen
und starken vorzeit entstand ein rührstück im geiste des empfindsamen
Zeitalters. Wir werden W. Scott nicht zustimmen, der die grösten
Schönheiten dieser bailade „to tho poetic^l taste of tho ingenious editor"
zuschrieb und hinzufügte: „They are in the truest stile of Gothic embel-
lishment" (a. a o., II, s. 197). Viel mehr behagt uns das urteil der
herausgeber des folioms.: „That worthy prelate, touched by the beauty
of it — he had a soul — was unhappily moved to try his band at
its completion. A waxdoll-maker might as well try to restore Milo's
Venus**; umsomehr, als Herders treffende bemerkung (Volkslieder her-
ausg. von Redlich s. 159) auch auf diese ballade passt. Denn wenn
irgendwo hat Percy hier einzelne töne in einen gcsang eigener art ge-
flickt, und es ist kein wunder, dass der läppen das tuch zerreisst. Nicht
alle 39 zeilen des fragmentes erscheinen in den 200 versen Percy's;
auch nicht ohne Veränderung und in einer folge. Dreimal unterbrechen
eigene stellen das fragment, das in den v. 77 — 136 eingeschlossen ist.
Die herausgeber des folioms. nennen diese Vereinigung der echten imd
unechten zeilen eine solche mesalliance, wie nur die im gediohte selbst
den äugen des vaters erscheinen mag.
Wie weit sind die Pcrcyschen zutaten, besonders die botschaft
der geliebten mit den zärtlichen andenken, die empfindsamen und ge-
schwätzigen Unterhandlungen des entführenden und kämpfenden ritters,
die entwicklung der handlung, die darstellung wie die Charakteristik
der personen von dem düsteren, knappen ton der fragmentarischen bal-
lade entfernt! Und doch hat Percy alle Voraussetzungen seiner vor-
läge aufgenommen! Die Unwahrheit und der innere Widerspruch sei-
nes gedichtes liegt zu tage, besonders in der Charakteristik. Indem
Percy die beteuerungen dos unversöhnlichen hasses mit den werten des
fragmentes dem vater in den nmnd legt und schliesslich ihn doch seine
tochter samt seinem segen dem entfülirer übergeben lässt, schaft er
aus einer gestalt wie der des alten Douglas, der die liebenden im
grabe trent, einen gutmütigen polterer. Fair Emmeline, seine tochter,
524 HOENIG
liebt ihren ritter gerade nicht übermässig. Wenn es nicht wc^n des
unausstehlichen bräutigams gewesen wäre, so hätte sie den vater nicht
verlassen. Auch fürchtet sie die nachreden der bösen weit Die raube
und kräftige gestalt des ritters, der sich wenig um die räche des vatere
kümmerte, wandelt sich zum gefühlvollen Jüngling, der es vorzieht, im
frieden seine sache zu verfechten. Auch liebt er
But with such love as holy kirke
Hath freely sayd we may.
Percy's feiügkeit in der nachahmung des volkstümlichen tones beschränkt
sich auf äusserlichkeiten, denen auch Bürger viel von seiner manier ver-
dankt. Hierher gehört das dreimalige:
Fair Emmeline sighde, fair Emmelino wept —
oder: The boy he tripped, the boye he ranne
He neither stint no süiyd —
Tho baron he wokc, the baron ho rose u. a.,
während er den wahren, rasch auch in Sprüngen vorwärts dringenden
ton der ballade, dem Herder das dramatische und lebendige dieser
lieder zuschreibt, durch die ausgeführte darstellung sowol der entfüh-
rung wie der Verfolgung vernachlässigt
So beschaffen war Bürgers quelle; und da sie nicht ursprünglich
und einheitlich ist, so ei*scheint in ihr das leidons(»haftliche temperament
des dichters bis zur karrikatur verzert Die einzelnen töne stimten
schon im originale nicht zusammen, und es ist nicht Bürgers schuld
allein, wenn ihre Vereinigung in der nachdichtung zur völligen disiiar-
monie wird.
Die gesteigerte wut des vaters im beginne der ballade lässt uns
seine übergrosso Zärtlichkeit am Schlüsse dei^selben um so gezwungener
erscheinen. Er droht anfangs dem ritter das herz auszui*eissen und
es seiner tochter nachzusc^hmeissen ; und bald darauf will er vor wun-
dersüsson wehen und vor glück, ihn zum Schwiegersöhne zu bekom-
men, schier vergehen! iSo wird der alte Douglas ein bramarbasieren-
der ritterpapa, den das fräulein tochter um den finger wickelt Und
doch spricht sie von schmerzen und tod, und sträubt sich so lange,
bis sie dem entführer in aller liobesglut an den hals stürzt Der held
selbst schwelgt in widerstreitenden gefühlon, die zu einem ganzen zu
vereinigen dem leser oder hör<T imi so schworer wird, als sie lebendig
und anschaulich geschildert sind. Bürger bedient sich hierzu der direk-
ten rede auch im munde des dritten, wo Percy bloss berichten lässt
und erweitert seine darstellung um mehr als 100 Zeilen. An drei stel-
len verdoppelt er die versanzahl Percy's, in den v. 105 — 20, d. L i
Zt7 BÜROltRÖ OfiDlCHtlSt^ 525
gesprach der liebenden vor der entführung, in v. 145 — 76, d. i. den
Vorbereitungen zur Verfolgung, und in v. 249 — 80, den bitten der
tochter und der umstimmung des vaters. Unmittelbar an diese lezten
schliessen sich 12 verse, denen nur 4 im originale entsprechen. Dem
Schlüsse der erzählung also, der unerwarteten auflösung aller Schwie-
rigkeiten wendet sich Bürgers hauptinteresse zu. In stil und darstel-
lung erhielt die ballade einen vom englischen muster völUg verschie-
denen Charakter: sie wurzelt in den tendenzen des sturmes und dranges.
Von allen gedichten Bürgers steht dies in der masslosigkeit des gefühls,
das die personeu umherwirft, in den kraftausdrücken, wie buhlerin,
Schurke, grobian u. dgl., und auch in der grausamen behandlung der
spräche den produkten jener pcriode am nächsten. Wie der tragische
Stoff unter Percy's bänden zum rührstück w^urde, so wandelt er sich
hier zum ritterdrama weiter, dessen niotive, wie liebe zwischen kindem
feindlicher geschlechter, streit zweier männer um eine frau, weiberraub,
erzwungene ehe, schwur, heimliche beobachtung von vergangen (vgl.
0. Brahm, Kitterdrama des XVUI. jahrh. QF XL s. 70 tgg.) sämtlich
aufgenommen sind. Bürger aber vermehrt sie noch — ganz im sinne
seiner darstellung — um das des kerkers, wo molch und unke nistet
Er kann sich dem einflusse jener gewalttätigen dramen, wie Sturm
und drang von Klinger, nicht entziehen, wiewol er sie nur widerwillig
liest imd sie verabscheut. Auch in dem leztgenanten stücke begegnen
wir der liebe zweier, deren väter sich tötlich hassen, einem balkon-
gespräche, dem plane einer entführung, und dem ebenso unerwarteten
glücklichen ausgange. Des alten Berkley's wort: ich hass und hasse,
lieb und liebe! charakterisiert auch den vater in unserer ballade, und
wie hier bittet auch dort seine tochter, die auf der gegenseite steht:
vergebet, mein vater, vergesst! „Balladen will ich drüber absingen in
Londons Strassen, sobald die mordgeschichte zu ende ist", nift in dem
5. auft. des IV. aufz. desselben Stückes Wild aus; aber ehe sie noch
begonnen hatte, war der stoff vielfach in bailaden gefasst. Bürgern
selbst mag Christian Stolbergs ballade P^liso von Mannsfeld (im februar-
heft d. D. mus. 1776), deren herliche strophon er rühmt |Sti-odtm. I,
290 J, veranlassung oder forderuug seines planes gegeben haben. Die
Übereinstimmungen im einzelnen mit Bürgers gedieht sind sehr gross;
im ganzen aber nimt die Stolbergscho ballade eine andere Wendung.
Auch fehlt ihr das Hauptmotiv der familienfeindschaft Der glückliche
ausgang ist gewahrt, aber der tod des vaters der entführten geht vor-
her. Trotz der übereinstunmungen aber wird man nicht mit G. B. Maury
[G. A. Bürger usw. Paris 1889 s. 21 3| Elise von Mansfeld unter die
526 UOfLHtQ
pälos imitations de Bürger rechnen können, da doch die Entfuhrung
zwei jähre später gedichtet wurde als Elise; man muss vielmehr die
gemeinsamkeit der quelle annehmen und andererseits auch ihren ein-
fluss auf Bürger.
Stolbergs: Nun geht's zu meiner Schwester hin
da soll die trauung sein
ist ebenso wie Bürgers:
Risch geht's nach meiner mutter fort
Das Sakrament vereint uns dort
die wörtliche übereetzung der Percyschen vcrse:
To my ladye motlier I will theo bringe,
Whero marriage shall make us one.
Andererseits dehnt Stolberg die jungfräulichen bedenken gegen die cnt-
führung ebenso aus wie Bürger; und wenn wir z. b. bei Stolberg lesen:
Der alte schäumt und üucht und schwört usw.
und später: Er fordert seine sassen auf,
so können wir an eine einwirkung auf Bürger glauben.
Es sei ein zusanmienfassendes urteil über die beiden besproche-
nen bailaden gestattet. Während in der ersten, unbekümmert um ein
muster, der geist wirkt, der in deutschen komödien, fastnachtspielen
und schwanken allerlei art diesen stoft* verarbeitet hat, gerät der dich-
ter bei der nachbildung einer fremden anekdote, die keine einheitlichen
Züge trägt und zum volksieben keinen bezug hat, in tagesströmungen,
in denen er — vier jahni nach der dichtung Lenorens! — schifbruch
leidet
Das Lied vom braven manne und die ballade: Die kuh erzäh-
len von der rettung verzweifelnder menschen durch menschliche hilfe,
die der dichter zu preisen sich berufen fühlt Er sagt es selbst in dem
einen falle: Gottlob! dass ich singen und preisen kann:
Zu singen und preisen den braven mann,
wie in dem anderen:
Mir deucht, ich wäre von Gott ersehn.
Was gut und was schön ist, zu preisen.
Daher besing' ich, was gut ist und schön.
In schlicht einfältigen weisen.
Hier fügt er noch hinzu:
„So, schwur mir ein maurer, so ist es geschehn!*'
Es handelt sich um eine maurerische guttat, die gleich der Vorsehung
im dunkeln waltet; und wie der name des gebei's uns verborgen bleibt^
Zu BüttOEltS QEDlCHtEK 527
SO auch der des bauern, der im augenblick der höchsten not erscheint,
hilft, und dem danke sich rasch entzieht. So erscheint auch er gewis-
sermassen als abgesanter einer höheren macht, die im verborgenen
lebensfäden der menschen spint, und solche taten zu singen und zu
preisen fühlt sich Bürger nicht nur als dichter des volkes, sondern
auch als redner seinen brüdern in der löge verpflichtet
In der tat ist das lied vom braven manne die rede, die Bürger
am Johannisfeste des Jahres 1777 (24. juni) in der löge zum goldenen
Zirkel in Göttingen hielt. Es ist zu diesem zwecke gedichtet, nicht
etwa bloss benuzt. Die erste erwähnung im Briefwechsel findet sich
erst einen monat vorher (19. mai 1777), und am 23. juni, dem tage
vor dem feste, schickt es der dichter an Boie mit der Versicherung,
dass es in einem ströme hervorgestürzt sei, wie es auf dem papiere
stehe (Strodtmann II, 90). Bürger fand die geschichte in der Poetik
des Marmontel erzählt; das geheimnisvolle, rechtzeitige auftauchen des
retters stelte ihm, wie ich schon bemerkte, den Zusammenhang mit den
maurerischen bestrebungen her. Gewiss hatte er auch von anfang an
die absieht, sie rhetorisch zu verwerten. Allein es gieng ihm, wie er
es selbst beschreibt (an Boie 17. Oktober 1776. Strodtm. I, 345): „Es
wogen jezt vier grosso bailaden in dem meere meiner phantasie umher
. . . (diese dichtungsart) drängt sich mir überall, auch wo ich sie nicht
rufe, entgegen; alle meine poetischen ideen verromanziercn oder ver-
balladieren sich wider meinen willen. So ists denn wol am besten,
dass ich mit dem ströme schiffe". — Die balladische form dieser hand-
lung aber wurde durch das Verhältnis des dichters zu seinem publikum
modificiert. A. W. Schlegels heftiger angriff gegen das so ganz unvolks-
raässige hervortreten des dichters, das preisen des liedes und der guten
tat, die für sich selbst sprechen solle, sind gewiss berechtigt. Aber
diese fehler haben darin ihren grund, dass der dichter- redner seine
Zuhörer und den zweck, zu dem sie sich vei*samraelt hatten, nicht aus
den äugen verlor. Wir stehen nicht an der seite des zölners, noch
unter den neugierigen am ufer, wir sehen vielmehr die ganze hand-
lung von derjenigen seite, die zur anknüpf ung der ethischen raisonne-
ments, die die hauptsache bilden, am vorteilhaftesten ist. Sie ist nur
ein beispiel, nicht Selbstzweck; und gerade auf ihrem höhepunkte (in
der 17. strophe) unterbricht das abwägen der motivo ihren gang:
Der bauer wagt sein leben dran:
Doch tat er's wol um goldesklang?
Denn spendete nimmer der graf sein gut;
So wagte der bauer vielleicht kein blut
528 HOKNta
Dieso deduktion dient der gegenüberstellung des grafen und des bauen),
deren handlungsweise geprüft wird: die dos ersten ist gut, die des
zweiten ist besser. Nach den gesetzen der monschlichkeit muss der
logonreduer diesen fall entscheiden:
Bei Gott! der graf trug hohen sinn. —
Doch höher und himlischer, wahrlich! schlug
Das herz, das der bauer im kittel trug.
über die entstehung der bailade Sankt Stephan werden die
folgenden briefstellon neues licht verbreiten können. Bürgers studien-
genosse und rivalo unter den Göttinger lyrikern, J. M, Miller, schickt
am 12. Januar 1777 einen brief von Pfenninger ein, den Bürger erst
im april erhält und sofort beantwortet [Strodtmann II, 10 u. 61 fgg.]:
„An Pfenninger habe ich mit der heutigen post geschrieben . . . werden
Sie auch geistliche liedor machen? wenn Sie es tun, so werden Sie
wol uns übrigen aufgeforderten allen das ziel ablaufen. Ich habe
mir mehrere von den historischen sujets gewählt, weil diese, wegen
meiner romanzierenden anläge, sich am besten für mich zu schicken
scheinen''.
Joh. Konr. Pfenninger, Lavaters fi*eund und herausgeber de«
Christlichen magazins, dessen erstes heft 1779 ei-schien, wante sich
also auch an Bürger mit der bitte um beitrage. Welcher art diese sein
selten, lehrt uns der titel der Zeitschrift und die anderen poetischen
stücke, die wir darin linden. In dem ersten hefte tritt Fr. L. Stol-
berg, der Homer Übersetzer, mit der erzählung David und Goliatli im
heroischen versmasse auf, und im zweiten hefte des zweiten bandes
bringt er die vorse 1 — IG des 17. kap. des l. buches der könige unter
dem titel Elia und die witwe in Tarpath ebenfals in hexanieter. Biur-
ger brachte aus der Apostelgeschichte die stelle kap. 7 v. 54 fgg. in
balladische form.
Es ist deutlich, dass Bürger zu seiner ballade von Pfeuninger
angeregt wurde; durch die datirrung schwindet jeder zweifei. In der
chronologisch ge<>rdneten gedichtsamlung vom jähre 1778 wird sie in
den april 1777 gesezt, also in jenen Zeitpunkt, wo Bürger lYennin-
gei*s aufford(;rung erhielt. Aber erst im anfange märz des folgt}nden
Jahres (ein datum, das die neueren hemusgeber für die entstehung des
gedichtcs acceptiert haben) wird St. Stephan an Boie geschickt Nichts
desto weniger bleiben wir bei dem ei^sten datum als <ler zeit der con-
ception und der ei*sten Strophen. Der feuiTeifer, mit dem Bürger jeden
neuen plan, jede idee ergreift, erkaltet bald, das gedieht bleibt liegen,
bis die äussei-ste not zur Vollendung drängt Dies war im märz 1778
Lfler hü, denn zu ostern sollen die gedictite erscheinen. In Pfenningpre
^mtschrift erschien kein Bürgersches gedtclit. Die idee zu mehreren
Sholichen verlüsst ihn nicht; er entwickelt sie Bolen [Strodtm. II, 244].
In seiner chauvinistischen art wird Bürger Im ersten angenblicke daran
gedacht haben, die ganze bibel oder grosse teile darans zu roman-
zieren.
Der wilde Jäger ist nicht, wie immer behauptet wird, aus ver-
schiedenen sagen kombiniert und frei gestaltet, Die person des wild-
tmd rheingrafen ist Überhaupt nicht sagenhaft, vielmehr von modern-
stem leben ertiilt Sein Schicksal aber erfüll sich in volkstümlichem
I äDne.
Ich kann mich hier nur auf kurze andeutungen beschrfinken,
sage selbst ist in beständiger bewegiing. Sie erhält ihr? nahrung
kaus dem leben des volkes, das an stelle des entfernten gottes, der den
mm gespenstern umgewandelten göttei-zug führte, eine näher liegende
petsöntichkeit sezt. Es lebt z. b. ein gutsherr, der leidenschaftlich jagt,
Sie bauorn schindet, selbst am sontage gott lästert u. dgl. m. Ein
Oifall auf der jagd macht seinem leben ein ende. Das volk hat ihn
rardamt, versezt ihn unter die ruholnson gespenster, und In seiner
eigensehaft als Jäger in das wilde beer. Diese Vorstellung besizt es
seit nralten zeiten. An der spitae reitet Hackelberg, d. i. Wodan. Allein
■ herr reitet nicht in seinem gefolge. Als die wichtigste und bekan-
} gestalt dieses zuges wird er an die spitze gesteh: er wird zum
bckelberg, tritt dessen erbe an, behält aber dabei seine eigene vor-
jcbichte. Diese wechselt, das übrige bleibt; denn immer neue gestel-
I werden vom volke zum wilden Jäger geschaffen. Ebenso verfahrt
Er promoviert, um seinen eigenen ausdrnck zu widerholen
(Archiv für litt. XIV, 63 fgg.) seinen wildgesellen zum wilden Jäger,
Indem er die geschichte dieses tyrannen wahrhaft volkstümlich in jene
grosse naturerscheinnng münden lässt Diese erscheinung ist aber das
bleibende und In allen sagen gleich. Es ist daher ein hauptfehler des
Bürgerschen gedi^ihtes, dass es hier modificiert ist. Die volkstümliche
Anschauung muste der zügellosen politischen leidensehaft des dichters
eioben. An dem grafen wird die räche: aug um äuge, zahn um
i erfüll Die bezeichnung: „der wilde Jäger" kann jezt nur noch
F den lebenden grafen bezogen werden, wodurch sie mit der ganzen
boUcstümlichen tradltion in Widerspruch gerät.
Der tvlid- und rheingraf ist ebenso aus dem gegenwärtigen leben
rnSen wie Lenorens geliebter, der Im siebenjährigen kriege gefal-
lu seinen ädern stürmt zwar Wodans blut, allein er ist nicht
, XXVI. 34
530 HOENia
Hackelberg, sondern einer jener fürsten, gegen die die Stürmer und
dränger oder auch die Göttinger dichter zu felde zogen. ^Da war ein
Rixinger!" ruft der wütende Metzler, „wenn der kerl sonst auf die
jagd ritt, mit dem federbusch und weiten naslöchem und uns vor sich
hertrieb mit den hunden und wie die hunde! . . hasch! den spiess ihm
zwischen die rippen, da lag er, streckt alle viere über seinen gesellen*'.
Bürgers graf erleidet dieses Schicksal nicht; dort wird er von wahrhaf-
tem Volksgericht getroffen: sein unglückseliges gespenst lebt, von him-
mel und höUe gemieden, in der luft fort Wir sehen, wie diese gestalt
in der zeit des dichters wurzelt; sie ist dieselbe, der sich der bauer
in den markigen werten an seinen durchlauchtigen tyrannen (Saueis
ausg. s. 65) entgegenstelt, dieselbe, gegen die freiheitstrunkene junge
Brutuse die deiche zücken und deren blut stürmisch verlangt wird
Aus diesen zeittendenzen gieng auch Bürgers Wilder Jäger hervor.
Goethes Götz, der Bürger mit Stimmungen und motiven auf jähre
hinaus versorgte, bot auch hiezu die erste anregung. Nebst den eitler-
ten Zeilen komt die zigeunerscene in betracht, in der die erscheinuog
selbst über die bühne jagend gedacht ist (D. j. G. 11, 364). Und an
Goethe wendet sich Bürger im sommer 1775, um von seinem gedichte
zu sprechen (Strodtmann I, 230). Allein die ausführung lässt lange
auf sich warten. „Das vollenden ist eine höchst fatale sache'', gesteht
er selbst. Er sieht das ziel vor äugen, kostet im voraus die wirkuog
und scheut die arbeit. In der dritten phase der entwicklung dieses
gedichtes, im winter 1776 auf 77, ist er erst beim anfange (an Boie
19. decbr. 1776). Wenige tage vorher recensiert er seinem freunde
den Göttinger almanach (Strodtm. I, 370) und lobt Goeckingks Parforce-
jagd, deren einfluss er sich nicht entzieht Auch hier finden wir eine
fürstliche jagd mit ihrem gefolge, dem gehezten wilde, zertretenen saa-
ten, verwundeten treibern. Die hörner tönen, hunde bellen, pferde
wiehern und im stürmischen zeitmass der jagd auf Cheviat wird das
wild verfolgt:
Seht da! dort ist er schon! seht da!
Wie fliegt er wild voran!
Fort über stock und stein! sa, sa!
Rasch, rasch! was folgen kann!
Ein bauer klagt:
Der gnädige fürst hat das getan?
Ach! Gott! erbarm dich meiner!
Ein piqueur bricht sich den arm, der fürst lässt sich nicht aufbaltea
Vielleicht verdanken wir dieser anregung Bürgers verse:
3 düeokus oBDigims
531
Und Bieh! bald hinten und bald vorn
Stürzt einer tot dahin vom tross,
mn Bürger diesem gediclite vorwirft, dass es zu wenig uu!
so gescbflli es nur im hinblick auf sein eigenes werk. Denn die
hforcejagd ist eine aatire und .je Schürfer darin die gegensälze auftre-
, desto besser. Der schlusschor mit dem lebehoch für den gnädigen
tdesfiirstEiD und sanften monscheafreund wirkt höclist aufreizend, wie
l)Q dos ganze einem deutschen liofe zur autTuhrung am Bartbolomana-
! empfohlen wird. Bürger, der vielleicht Ton diesem gedichte einen
ir Vollendung des Wilden .iagers und vielleicht einige
Kgung empdeng, wirkt versöhnend, indem er der poetischen gerech-
l^eit genüge tut.
Im februar und märz 1777 weilt Bürger in Hannover, wo er Bei-
nern freandeskreise von seinem gedichte mitteilung gemacht haben wird.
Am 22. märz 1777 schreibt Brockinann: „Machen Sie doch, dass ihr
Wilder Jäger bald fertig wird"; und Bürger teilt in seiner antwort vom
6. april 1777 die erste stropho seines gedichtes mit; es war die jetzige
zweite. Bürger wolte also ui'sprünglioh mit den feierlich -friedlichen
^en der kirchenglocken eröfnen; aus gründen der Symmetrie, die wir
igen müssen, Hess er dem gellenden jagdruf des hornes den vortritt
: seine eigenlieit verdient angemerkt zu weiilen: er tritt gerne lär-
I auf die bühne^.
Die allegorischen gestalten der beiden ritter gehören dem Stoffe
Sit wesentlich an, tragen aber »u seiner forniung bei. Ihre gegen-
lerstfillung ist ein poetisches element, dessen sich die phantasie dos
Ikes oft bedient. Ich erinnere an die liimmelstaube und das hollen-
1 im deutschen Volkslied, wie an den red und gray cock der schot-
balladen. Der ruf der ereteren mahnt zur rückkehr, der der
reo bedeutet, dass es zu spät ist, Wie hier Warnung und reue
sich in den dramen Lopas und talderons gewissen und ver-
■ung in weissen und schwarzen personen, in stimmen von rechts
l links gegenüber; so der gute und böse genius in Voltaire's erzäh-
' Le blanc et le nuir. Hans Sachs gibt, indem er auf die eine
I warner und freund, auf die andere den Verführer und sophi-
L ratgebor stell , dem inneren kämpfe seines beiden einen naiven
) Fftr die balladen boUarf ea keiner beispielo. luaa vgl, aber aucb (Iva bi^gjnn
I Stacke, t. b. Ad einen frouad über die deatGche Ilias in Jamben
. 177S. 4, s. 46). Sie haben also für meine jambische Ilias gcatrittenV Qot-
' Oller ffigen ilea faüuliemachdruclc (im november d. D. mus, 1777):
D aber tlocli mit dem t .... 1 zugehen usw. wie auch im andereo orteu.
34*
ftusdruck. A. W. Schlegel lobt Bürgers erfindiing, den gatea ood
den bÖBen engel in geetalt zweier reiter auftreten za lassen; allein
Fröhle hat schon auf eine sage aufmerksam gemacht, in der die bei-
den zu Hackolbergs Sterbebett treten (a. a. o. s. 126). Vi«I oiihiv- Ktimt
aber zu Bürgers gedieht die fassung einer sage, die in dem an
der Hannoverschen grenze gelegenen <iyrfe Wndekatb ensfifait wW
(Ad. Kiihn, Mürkischc sagen und märchen. Berlin 1843 nr. 17). Dw
Hackeubcrg war ein reicher edolmaiin, welcher die jagil tiber «IIa
liebte, so dass er sogar einmal des sontagä hinaus in d«u wald tog,
und alle bauem seiner gemeinde zwang mit ihm zu jagen. Aber dts
ist ihm übel bekommen, denn wie er nun so draussen umbertobt,
kommen plötzlich zwei reiter ihm an die seite gesprengt, die jagen
gewaltig mit ihm fort und jeder von beiden fordert ihn auf, mit Uun
zu zichn. Der reiter zur rechten aber sab wild und grimmig aus, „and
seinem pferde sprühten feuer und flammen aus nase und niaul, dige-
gen sah der zur linken ruhiger und milder aus: da war denn dtf
Hackenberg schnell gefasst und wante sich zu dem reiter zur rockten;
darauf sprengten sie fort und so mnss er nun mit ihm bis zum jüd£-
sten tage jagen". Burger weiss dieses poetische element, das ihm nidil
aus diesem Sagenkreise zugekommen sein muss, künstleriach ausKubüda;
sein verdienst ist darum nicht geringer, weil er es nicht erfunden bat
Ob die angeführte erzählung nicht von Bürgeis gedieht beoinftusst iä,
will ich dahingestelt lassen. Wir haben ein Zeugnis, dass ein alter
mann aus dem volke in diesem lezteren den sicheren tieweis der wtiuv
heit seines glaubens an den wilden Jäger fand (Strodtm. IV, 74). Weldie
autorität hatte Bürgers gedieht bei dem volke und welche gewalt üb«
seine Vorstellungen! Und wenn wir immer diesen einfluss auf jene
erzälilung ausdehnen, so macheu wir die Wahrnehmung, dass das viilk
dennoch bei seiner Vorstellung des wilden Jägers verblieb und ihn nicht
von der höUe gejagt werden Hess. Ist aber jene erzähluug utsprUtif^
lieh, so wird uns andererseits der Zusammenhang der pluintasie Bfir-
gera mit der des Volkes recht deutlich.
Des pfarrers tocliter von Taubenhain hält PrÖhlo — es ut
seine unglücklichste koi^ektur — für ein gedieht auf Bürgers jugood*
freundin Johanna Margaretlie XutxbacJi, von der eine familientnditioo
encählt, dass sie nach dem todo ilires vatcrs von einem Asseburg füf
führt worden war, und nach mehr als 20 jähren eines üiedsamen tod«
starb (a. a. o. s. l-HÖ fg., ferner: Ooetiie, Schiller, Büi;gor 1689 8.183),
und duch muss er selbst sagen: Nicht allein die näcbtlichoD
garten zu Tanbenhain fehlen in der Wirklichkeit, es fehlt aidil.
Zu nÜHaKHB aKDi-;HTEN 53S
der pfairer, der den leib der tüchter blutig schlägt, sondern es fehlt,
wie getsagt, sogar der kindesmord! und dennoch ist die pfarrerstochter
Bürgers Jugendfreundin. Obgleich man femer von Pansfelde den Fal-
kenetein nicht sehen kann, und Pansfelde niemals Taubenhain hiess,
erkante man dennoch leicht (?) in Taubenhain Fansfelde (a. a. o. s. 133).
Seine positiven beweisgriindö sind nicht besser. Plätzchen, wo kein
gras wächst, kein tau und regen Mt, gibt es viele hunderte in üeutsch-
Und. „Das Weizenfeld hinter dem garten" ist vorbanden, aber der
^.^rten feh!t! Und auch eine laube gibt es im pfsrhause. Auf die
■ «TählungeQ der leute, die auf die volle walirheit der begebenheit schwö-
, darf man nicht zu grosses gewicht legen '.
Wir werden zugeben können, dass im laufe der jähre, während
en sich Bürger mit dem gedichte beschäftigte, die erinnerung an
i Falkenstein geweckt wurde und dem lokale seiner boilade manche
irbe verlieh; der gegensatz von falke und taube erscheint in ähnlicher
feise auch im Volkslied und konte bei Bürger, da zum mindesten der
p-rei^gleich des mfidchens mit der taube in seinen quellen gcläu&g ist,
■ leicht wachgerufen werden. Der ganze stofF aber der Verführung und
Ldes kindesmordes ist litterarischen Ursprungs. Erich Schmidt hat sei-
ksen ausgangspunkt, die entwicklung und Wirkung auf das ganze gei-
Lfitigo leben erörtert (H. L. Wagner 1879 s. 89 fgg.). Mir bleibt einiges
t ergUnzen und auf Bürger zu beliehen. Was das Volkslied in Des
kinaben wunderhorn betriff, so sahen wir schon, dass seine lyrische
f ireise zu Bürgers gedieht keine andere beziehung hat, als eine verwante
[' Yolkstümliche anschauung. Der unterschied der aktion ist zu gross,
I dass es eine zusammenziehung aus der Bürgei'schen ballade genant
Pirerden kßnte; slamt vielleicht von liier der zug des Volksliedes, dass
1 blut des kiudes in dem bächlein fliesset? Wir begegnen ähnlichen
^n und bitdem genug beim volke, z. b. dem vergleich mit der hilf-
I taube in dem Hede: Die entehrte, aus dem Kuhländchen [s. Mei-
rt, der Fyelgie 1817 s. 172]:
1) Mir erzählte eine bewoUi
r dichter dieses dörfohen in den
i!8 Bürgetli&uBes i
den Versen gepriesen habe:
ScbSa ist die Aar,
Allein EliGe
Wulmershauseii , dass
Hauht sie mir aar
Zum parodieiiQ.
jabro 1T71, wo Biirgor Das döifchen ans dorn franz. dos Ifernaril üliorsezle,
I er uocb nichts von Elise Hahn, auch nichts von dem Alten gleichner imra-
s, — Leooren geboren tu haben, streiten sieh die 7 dorfer seines gerichtsbezirlies.
534 BOENIO
's raet't dar Hannsl' [der jiinkor] ai a'm schriet
ar schos noch aner taube,
ar schos dar taub a faderlain aus
onn lus se wieder flige^
Die verführte wird von ihrem vater oder bi-uder grausam geschlagen,
wie in der bailade : Graf Hans von Holstein und seine Schwester Ann-
christine [Müllenhofe Sagen v. Schleswig-Holst. Lauenburg 1845 s. 494]:
Er schlug sie so sehre, er schlug sie so lang,
Bis leber und lunge aus dem leibe ihr sprang.
[Vgl. auch Des knaben wunderhom: Der pfalzgraf am Rhein.] Die
grossmut des Junkers hat auch ihre parallele, im liede: Der ritter und
die magd [Des knaben wunderh. s. 37]:
Ich will dir geben den reitknecht mein,
Dazu fünfhundert thaler.
Dem Stoffe begegnet Bürger frühe in englischen bailaden; besonders
die schon genante seltene Collection of old ballads vom jähre 1723 ist
reich an klagen verlassener mädchen, die verführt oder schon mit
einem kiude zurückbleiben, z. b. nr. 44 des 1. bandes Jockey and
Jenny. Die schottische ballade (1. band s. 275): Benny Dundee or
Jockey 's deliverance handelt von der Verführung der pfarrerstochter
von Dundee. Ihr vater aber will Jockey zur heirat zwingen. The
Scotch lass's lamentation for the loss of her maidenhead (II, 258)
schliesst mit der Warnung an die mädchen, Versprechungen nicht zu
trauen. Eine andere ballade: The lovers tragedy: or, the wronged
lady's lamentation and untimely death (III, nr. 39) mit den anfangszeilen:
Sir William a Knight of six thousand a Year,
He courted fair Susan of Somersetshire usw.
und ihrer folge von liebe, Verführung und treubruch, tod aus gram
und heimsuchung als gespenst, schliesslichem dahinsiechen des Verfüh-
rers, leitet uns in das gebiet des bänkelsanges, wo wir Hölty's nach-
dichtung: Adelstan und Röschen begegnen. Hier fehlt noch das ent-
scheidende motiv des kindesmordes, das in den produkten der stürm -
und drangperiode in den Vordergrund tritt. Es herscht in allen dich-
tungsarten. Ich halte mich nur an Bürger. Er ist der erste, der an
eine dramatische fassung denkt. Im herbste 1773, nach dem grossen
erfolge der Lenore, inmitten innerer krisen, denen er unter dem ein-
1) S. dagegen Uhlands abbaDdlung über die volksl. (in der neuen aosg. bei
Cotta 8. 282) und in den anmerkungen dazu nr. 221 , s. 23(5.
r pietistin Listn widerstrebend verfalt, geht er hu die ausfiili-
mes büi^rlichen dramas, in dorn alles angebracht worden soll,
was die nnttir in schrecken setzen kann. Zur zeit, als ihm Wagneis
bindermürderiii, in der er seine idee nicht ansgedriicit fand, nod die
Soldaten von Lenz, der hingegen nach Butlers werten viele Situationen
■US Beiner seele abschrieb, bckant wurden, drängte sich ihm jeder stotf
in die balladische form, und zur selben zeit fragt Boie (27. septbr.
1776): Wie steht es mit der ballade, die kindermörderin? Durch die
lektQre der almanache und des Deutschen niuseums wini er an diesen
tielverarbciteten stoff immer wider gemahnt; so durch Sprickmanns
lila (D, mus. febr. 1777), den junker Franz von G»eckingk (Göttinger
musenalm. 1777), zwei gedichte von Meissner (D. mus. april 1779: Lied
einer gefallenen, und Die mörderin) und eine erzählung von Bchz
[Buciihottz] Bettina im septemberhefte des D. mus. 1777, zu der Bürger
die bemerknng macht, sie wäre ein gutes snjet zu einer ballade [Strodt-
nann II, 146j. Bettina, so beisst es, blüht« in ihrer zier, und Unschuld
war ihr gut. Froh und frei lebte sie unter ihren gespielen. Sie war
Terlobt mit einem jungen manne des dorfes, der sich der sitte gemäss
ftuf ein jähr in fremdes land begab. „Ach! noch verliess er sie keusch,
nopJl war es das mädchen mit taubentreue*'. Übers jähr ist Bettin-
ohen verführt; „ein Wollüstling aus der Stadt hatte um eingang gewor-
ben in ihr junges herz, und — ". Sie slirbt, ihr totes kind zur seite.
„Wir wollen sio mit dem jungfernkranz begraben", sagt der pfarrer.
Kurze zeit <larauf begegnet uns zum ersten male der name der Biirger-
ichen ballade; am 29. märz 1778 fi-agt Boie: Wird des pfarrei-a tocli-
?on Tnubenheim (sie) nicht fertig? (Strodtmann U, 265).
Eine stelle aus der rede einer kindermörderin an ihre richter von
Btnrz ist Bürger in den vortragen über deutsehen stii an der Universität
a Götlingen gegenwärtig; er citiert sie als ein beispiel von schönem
wthos: 0, verachtet mich nicht nach meinem tode, ihr ungefallenen!
j^edenket meiner, wenn ihr könt, in der slunde der leideuschaft, wenn
Bas herz hoch aufschwilt \md die zunge stammelt, in der ein-
amen laube, wenn ihr gegen den feurigen mann, den ihr liebt,
keine waffe als ohnmächtige trähnen ßndet Kettet dann euere
Unschuld, wenn euch ein gott tiilft! ich rettete sie nicht; und nun
ww der friede des lebens dahin ....
Diese rhetorik reicht au die Wirkung des poetischen ausdruckes,
m Bürger für den augenblick der verfühi'ung gefunden, liinan und
lenso im folgenden, wo bei beiden die verzweiflungsvolle tat im wahn-
jmi begangen erscheint. „Eent ihr den zustand eines gebärenden
geschändeten weibes? wenn immer wachsende fliartcr wütet und IioT-
nungstose Verzweiflung zugleich, ist dann licht im Teratande;
handle ich frei auf der fnlter der natur und des gewissens? 0, Mh
tegt du nicht, pfand des Unglücks! i-ief es tief ans meiner aad«.
0 schopfpr nimm es hin, dies unschuldige kind ! ... Und so erwttisb!
ich mein kind" (Bürgers lehrbuch des deutst^'licn stitcs, Berlin 18S0
s. 464). Auch vor dem richter von Altengleichen stand im Januar 1781
eine kindesmörderin, die zwar so flammende worte nicht fand, dercs
Jammer aber groas und eindringlich genug war, Uüiitsm die vollenduop
seiner ballade nahe zu legen. Die inquisition wider Catharine Elisabeth
Grdmann von Bonniehausen ist nicht nur legal, sündoni auch buiuan
geführt. Freilich stand Bürger die entscheidung Über ihr Schicksal nicht
zu, es ist uns auch nicht bekant. Aber Bürger vermutete wol mit
recht, dass die kindesmorderin „ubngeachtet der clirist-münscbcntreund-
liehen luft, die alleweile über den erdboden weht, dennoch mit dem
Schwerte vom leben zum tude gebracht und ihr körper auf diu nd
geflochten werden dürfte* (an Phil. Gatterer, 18. jan. 1781).
Der process, der 4f> aktenstücke mit 250 Seiten fält, hat nwt>
cherlei be^ehungen zu unserom gedichte. Zwar wird in den meistai
f^len die täterin in augeiiblii'klicher eiugebung und ohne sich reoiwn-
schaft zu geben, handeln, nm später tiefe reue zu empfinden; genug
daran, dass es auch hier so geschah und der dichter diesen unmittd-
baren eindruck empfieng. Da3 kiud wurde auf der scbwcllu des hau-
ees in der winternacht geboren und in derselben minute von seiner
mutter in die wenige schritte entfernt fliessende Garte gewortcn. Kauin
dass ihr vater, der oben ein kind schreien hüi-te, zum feuster hinan»-
sah, war sie zurück. Sie läiiguet und weigert sich, trotz der Lautm
drohungen und scbeltreden des alten, sich der mutter zu zeigen. Als
der amtmann am frühen morgen des 6. Januar der firdmanniscbon wob-
nung sich näherte, vernahm er schon von aussen, „wie gar boftig
dieser Erdniann, welcher an sich ein ungestümer, dem brantwein-
trunke ziemlich ergebener mann sein soll, ... mit scholtredisn auf
seine tochter lostobte. Sie selbst sass weinend liinter dem ob»
und dem gütigen zureden Bürgers gelingt es, sie zum geständnis ku
bringen. Als beweggrund ihrer tat gibt sie furcht vor dem vater an,
der von allen seilen als überaus gewalttätig geschildert wird. Es liegt
nahe, ilin zu dem harten und zornigen manne, dem vater Ittisettciis,
in beziehung zu setzen, obgleich der betrunkene scfaustcr von Bennie-
hausen sein kind so roh nicht behandelt wie der pfamir von TaobM-
hain. Die Situation der gebürondun iüt ähnlicii: in der wintemaoW'.
dem räterlicheti hause, uod im freien. Die unscbiild Rosettens wird
in der Wirklichkeit grnusam als dumheit gekenzeichnet Auch hier ist
der Verführer mit Versprechungen nicht sparsam gewesen. Das mädchea
ist voll reue, als Bürger drei wochen später mit einer feierlichen,
smstUchon und doch sanftmütigen rede das verliör erijfnet Die lange
VäUrende beschäfUgung mit diesem taile, der anblick des tatortes, der
Blutspuren, aller beteiligten porsonen und umstände förderten seinen
ilten plan zur reife.
An intimeren erlebnissen dürfen wir nicht vorbeigehen. Ich
Kgnüge mich mit einem citat aus dem briefo Ooeckingks vom 13. okto-
■ 1777, der eben vom besuche Bürgers zurückkam und bedauerte,
mf der Niedeck sich niclit besser umgesehen zu haben: „Meine frauens-
jute haben nicht ein mal den garten und die stelle gesehen, wo der
mtmann Bürger — — und dabei hätte sich doch jeder so viel ange-
lehmes denken können!" Gocckingk wüste sehr wol, dass Bürgers
Drätos kind ein halbes jähr nach der hochzeit ziu' weit kam.
Dem stofib, der durch innere und äussere erfahrung gewonnen
liegt keine sage zu gründe. Das ist das wesentliche der volks-
tümlichen behandlung, die der stofF durch Bürger eifährt, dass die
Büge daian geknüpft wird. Der dichter stell uns ein ereignis aus dem
leben, das heute ebenso gut geschehen kann wie morgen, als längst
'Vergangen und vom sagenbildenden sinne des volkes bereit-^* aufgenom-
■men dar. Von dieser Popularisierung im ganzen sind die mittel volks-
tümlicher dnrstellung des einzelnen zu untenscheiden , die Bürger .aus
^dem, Sprichwörtern und anderen ausfierungen der volksphantasie
f[ewint
Dies sind die beinerkungan, die ich zu den bailaden zu machen
'batte. Tolständigkeit und Zusammenhang wird man da nicht suchen,
wo es sich nur um ergänzungen und zusatze zu den arbeiten zahl-
feicher Vorgänger handelt
VI. Machlicht von priaplsvhcti gedlchten.
Bürger wehrte sich bekantlich in späteren jähren gegen die zh-
iIQUtang, an dem priapischen wetstreite teilgenommen zu haben. Indes-
iBen wird man sich nicht wundern, wenn sich wirklich anzeichen einer
tolchen beschäftigung finden.
In einer angesehenen Gelliehausener familie erhielt sich bis vor
reo jahreil ein heft mit 30 seiten in 8", in welchem gedichte von
Mbigers hand veraeiclmet waren. Sein name war nebst einer bemer-
538 HOKNXO
kuDg von iremder band dazu geschrieben. Yon sehr vertraaeDSwär-
diger seite wurden mir, da das heft vernichtet ist, einige angaben
gemacht Einzelne gedichte waren überschrieben, z. b. das erste: „Mein
ideal*'; andere: „Der wechselgesang in der schäferstunde; Amor und
Psyche; An Rosette'' u. a. Ein gedieht, das sich in der erinnerung
ziemlich erhalten hat, stelt uns eine unflätige götterparodie dar. Die
dreihobigkeit des verses gibt den romanzenartigen leierton an.
Es handelt sich für uns um die zeit der entstehung dieser Ter-
suche. Sind sie auch nicht in späteren jähren gedichtet, so ist doch
die Sorgfalt, die Bürger diesen höchst unsauberen produkten durch sam-
lung und reinschrift und durch die darbietung als geschenk an seine
freunde, zugewendet hat, ein zeugnis mehr für die haltlosigkeit seines
poetischen Charakters. Sind sie (wie ich annehme), in den ersten jäh-
ren seines aufenthaltes in Gelliehausen gedichtet, so bilden sie ein
kräftiges gegengewicht gegen das neue und unbefleckte harfenspiel, das
er im dienste der frau Listn schlug. Vielleicht sind es „adlerpossen^,
die der adler in den felsritzen der alten Gleichen mit seinen brüdem
im Göttinger haine, die auch nicht immer im sonnenmeere steuerten,
trieb, und an deren erinnerung noch sich die genossen gütlich taten!
YII. Redaktion des GQttingcr mnsenalmanaehs.
Schon Weltmann in seiner biographischen skizze in den Zeit-
genossen (2. bd., 2. abt. s. 99 fgg.) hat Bürgers verfahren als herausgeber
richtig dargostelt. Er bemerkt, dass Bürger mit besonderer verliebe
die gedichte seiner (so sehr gohasston) nachahmer, zu denen ja auch
Weltmann gehörte, aufnahm und so lange daran hämmerte und puzte,
bis sie ihm selbst nicht übel schienen. Schliesslich trug der ganze
almanach sein gosicht. Wie gewaltsam er mit den produkten seiner
mitarbeiter verfuhr, hat Sauer gezeigt, indem er die von Bürger bezeich-
neten gedichte. dos ersten vi>n ihm besorgten almanachs seiner ausgäbe
ansi^hloss. Die Bürgei-schen zutaten und änderungen aus dem ganzen
herauszuheben, ist oft unmöglich, da sie spräche, vers und reim betref-
fen. Auch lässt die Sorgfalt der ersten zeit merklich nach. In den
folgenden stücken aus dt m almanach von 1780, die nachweislich durch
seine feile gegangen sind, wird man Bürger wol erkennen. In der
3. Strophe des gedichtes Lydia (vv>n Meyer):
Mich erstii*ken wut und räche!
Hai wie mir der busen sohwilt!
Eh ich seiner mich erbanne — —
Sieb, er stürzt ihr in die arme:
Mir geschehe, wio du wilt
3ie lebhaftigkeit des ausdruckes, die durch interjectionen, unter-
breohungen uud besonders durch den unterschied von den früheren
Strophen verstärkt ist, wie die alte sprachforni an den meister. Kudy-
mion, nach demTassoni, auf s. 120 desselben almauachs hat nach Bür-
gers eigenen werten ihm viel zu danken. In der tat ist die 12. stropbe
Bürgeriseh im besten sinne des wortcs. Ein hauiig gebrauchtes bild
kehrt wider, dem auch wir schon begegneten:
Rund um den stamm der hohen ulme stricket
So brünstig ihre ranken nicht die i-ebe;
Tief in der flehte grünen busen drücket
Dei' epheu nicht so innig sein gewebe;
ats innig sich die liebenden umfangen,
Als wollustvoU sich arm in arm verstricket,
Als brünstig busen sich an busen drücket,
Und lippen sUssberauecht an lippen hangen.
Neben gedichten, die ein formlicher abktiitsch seiner eigenen sind,
nimt er willig verzückte Schmeicheleien auf^. In der fehde gegen
Schiller treten Schlegel und Bouterweck ihm als knappen zur seite.
Übrigens hat Bürger auch seine liebe not mit den versballadenkrämem,
und er persifliert sie ganz hübsch in knittelversen , die wie eine andere
.gereimte epistel vom 21. november 1779 an Philippine Gatterer in einer
kflnftigen ausgäbe seiner gedichte nicht fohlen werden (Conservative
.monatsschr. 46, s. 79).
Anhang: BHrgitrs reden in dor log«.
Die gute eines verehrten Göttinger gönners, der hier meinen
geziemenden dank entgegennehmen möge, sezt mich in den stand, Bür-
,gers tiitigkeit in der frei mau rerloge zum goldenen zirkel in Göttingen
kurz zu skizzieren. Am 3. märz 1775 in den bund aufgenommen, am
\3. joni 1776 in den 2., und am 1. aov, 1770 in den 3. grad belfir-
dert, gelangte er bald zum rodneramte, das er vom 2. februar 1777
mit einer dreijährigen Unterbrechung (1783 — 86) bis zur Schliessung
der lüge nm 5. novbr. 1793 inne liatto. In seiner antritsrede wählte
zum thema die feier des Stiftungsfestes, ^och fünfmal sprach er im
I) Einem gowisspti Bührer ist Bürger (Ahn, 1702 s. 211) der
„Mit dps Weissesten liungara gier vcrechlungne "
fiebliugaliarfuer.
540 BRAKKT
ersten jähre seiner würde; auch hier liess später sein eifer nach. Am
16. april über die erhabenen pflichten der redner in den logen; am
4. juni über das betragen der freimaurer gegen fremde und unterein-
ander; am 24. juni das Lied vom braven manne; am 20. august über
die notwendigkeit und den nutzen der maurerischen verschwi^enheit
Die gegenstände der reden vjom 20. november und vom 8. februar des
folgenden jahres sind uns nicht bekant. Am 11. november 1778 sprach
er über die einigkeit; am 24. juni 1779 über die freude und die bedeu-
tung des Johannisfestes. Bei derselben gelegenheit hielt er 1780 und
dann erst wider 1787 die festrede. Die drei lezten reden sind bekant:
den 3. febr. 1788 über die Zufriedenheit, den 1. febr. 1791 über den
moralischen mut und am 5. febr. 1793 über freiheit und gleichheit —
Am 24. juni 1877 fand in der löge zu Göttingen die gedächtnisfeier
des Liedes vom braven manne statt.
WELLEN IN BOnHEN, IM JULI 1893. B. HOENIG.
VULGÄENAMEN DER EULE.
Der deutsche Volksglaube hat sich von jeher mit der eule sehr
viel zu schafTen gemacht. Was ist diesem vogel nicht alles schon
angedichtet worden! Wie viele seltsame fabeln laufen nicht über ihn
von mund zu mund! unter solchen umständen ist es begreiflich, dass
man im Sprachschätze unseres volkes eine bedeutende anzahl von bei-
und vulgämamen dieses tieres antrifl;, die bald geringere, bald weitere
Verbreitung gefunden haben, und von denen ein teil die gattung ken-
zeichnet, der andere auf die verschiedenen arten dieser interessanten
vogelfamilie sich bezieht Was ich in dieser hinsieht aus dem volks-
munde vernommen und bei der lektüre aufgefunden habe, sei an die-
ser stelle mitgeteilt.
A. Namen, die sich auf die ganze gattnng beziehen.
Die eule nent man klag, die klage, die klagfrau, die klage-
mutter, die weheklage, die leich, das leichenhähnchen, die
leicheule, die toteneule, den totonvogel, den leichenvogel, das
loichhuhn (Herm. Hartmann, Bilder aus Westfalen, s. 128), die
nachtoulo. Konr. v. Megenberg (Pfeiffers ausgäbe 173) bezeichnet
sie mit auf und hau\ In Bayern hört man hu eule, hu eil (Panzers
Beiträge 11, 170. 172). Eule bedeutet aber noch andere wesen, so dwi
Bgel, blutegel, woher dann die naroen bluteule, pferdseule stsm-
leu (Frischbier, Preuss. wtb. I, 178); auch bezeichnet das woä einige
:hmetterUnge , wie die bomposita gold-, gninma-, saat-, bartoffel-,
ohl-, kiefer-, pfeil-, haseu- und psieule dartiin. Das platte ul
edeutet den nachtschmetterling (Friachbier a. a. o. und Schiller und
.übhen VI, 286).
Colems gibt in seinem Calendario oeconomico {Wittenberg, 1603)
bebet den ganz bekanten formen wie nl, eiil u. dgl. noch die namen
echufut, schufaus, schuffeule an.
Im geisterglaiiben unseres volkes gelten die eulen als verzauberte
tond verwünschte menschen. Das ahd. hohnma, hohmvja bedeutet
einen vogel, der im walde miüiend vernommen wird, woraus später
der ausdrack klagemuhme für eule entstanden ist Grimm, Myth.'
950. In dieser hinsieht ist auch eine bemerkung W. Slannhardts
(Germ. myth. 198) von interesse: „holxmuoja übersezt in ahd. glosson
die eule, was auf einen Zusammenhang dieses tod- und unheiWerkün-
len Vogels mit den riesinnen deutet Skrikia, die schreierin,
vird unter den namen der riesinnen aufgezahlt und widenim heisst
aereeehowl die toteneule".
Am Lechrain fuhren eule und käuzel den bezeichnenden namen
holzweibl. „Wenn sie schreien, muss eines sterben; sie sind arg
hiechen; aber vom holzweibl der eule bis zum holzweibl dem
nnhold ist wenig oder kein unterschied. In der eule denkt man sich
meist nur den unhold, der jezt gerade die gestalt dieses wilden vogels
angenommen bat". {Leuprechting , Aus dem Lechrain s. 82.)
Die eulen gelten auch als verzauberte hexen. Ein name, der
das bestätigt, ist die heuelschneiderin (Rochholz, Sagen £1, 165);
weist auf die nacbteule und zugleich auf ein weib mit zerzausten
faaaren. — Das bewegte abergläubische gemilt des menschen glaubte
im geschrei dieser vögel die werte; „komm mit! geh mit!" zu venieh-
men, daher das kommitchen, der gehmitvugcl als eulennamen.
In Siebenbürgen ist die eule neben dem hunde der gefürchtetste
todesbote. In Bekokten heisst sie daher der totenvogel, in Tartlau
der Sterbevogel, in Bulkesch der leichenvogel, an anderen orten
auch der tschuwik (Zur Volkskunde der Siebenbürger Sachsen 8.293),
ein name der an tscbuk gemahnt, wie nämlich dieser vogel in Käm-
teo and Krain genant wird, wo sich bereits der germanische mit dem
isloveniscben volkemund berührt, Hermann Rollet nont die eule das
exen-, zauber- und nacbttier (Blatter des veiwins f. landeskunde
642 BBAinnr
V, Niederöstr. 1877, s. 66). Im Strassburger vogelbuche vom j. 1554
erscheinen die namen waldeul, nachteuien, kirch- und ohreulen.
(Ernst Martin, Jahrb. f. geschichte, spräche u. litt in Elsass Lothiin*
gen IV, 54.)
Die dem wütenden beere vorauffliegende eule hat auch verschie-
dene landschaftliche namen. In Schwaben heisst sie tutosel, tntur-
sel, tutarschel (Meier, Schwäbsch. sag. s. 34). Die Tiroler nennen
sie den vugel vom Röschner (J. V. Zingerle, Schildereien II, 72)
eine bezeichnung, die auch mit der wilden jagd zusammenhängt Rösch-
ner bedeutet so viel wie f uhrmann, rossknecht, und wagen und wagen-
lenker erscheinen ja auch im gefolge dieses abenteuerlichen zuges. Auf
ist niederösterr. eulenname; das zeigt der volksreim aus dem wald-
viertel :
Wan der Auf jugaixt toid der Eulin g schreit,
So is da Teufl a uet tvdt
(Jahresber. des Kremser gymn. v. j. 1869, s. 29). Bim Heuel, bim
Aveheuel! beteuert man in der Schweiz, und dieser heuel ^ dieser
nachtkauz, hat mannshohe, tellcrgrosse feueraugen und zwei federbüschel
am köpfe, die gleich feurigen hörnern starren. Er geht des nachts
horchend an den häusem, um böse kinder abzufangen. (E. L. Roch-
holz, Der deutsche aufsatz s. 206.) Im Baselland heisst eine der eulen
Phuluss (Ders., Schweiz, sagen II, 165). Die bewohner von Wolf-
passing und Greifenstein a. d. Donau in Niederösterreich nennen die
eule die nachtfledermaus und das eigentliche flattertier kurzweg
fledermaus. Als nachtgespenst erscheint die eule in einer von Les-
sings fabeln (I, 101, ausgb. v. Laehmann); in einer der Daniel Holz-
mannisehen (A. 6. Meissner, Leipz. 1782, s. 16) wird sie diebische
nachteule und bösewicht gescholten. Der schwarze erdteil erblickt
in der eulo gar das kannibalische. Die bewohner von Dahome heissen
sie axa-chi\ und das ist so viel als kannibale, der die feinde tötet
und verzehrt (Dr. L. Hopf, Tierorakel und orakeltiere, s. 108).
B. Namen, die sieh aaf die arten der enlen beziehen.
a) Namen des uhu.
Die gri>sste der eulen ist der uhu, die grosse ohrcule, der
repräsentant der houleulen, der monarch der eulen (s.Lichtwers
feboK der uhu und die len*hen), der grossherzog, weil er nach Aristo-
teles die Wachteln auf ihrer reise im herbst begleitet oder gar anführen
Gewöhnlich gilt die Wiesenralle als die antuhrerin der wachtein,
ihr namo wachtelkÖDig. (Ctyi Pliaü Bücher und Schriften, Frank-
furt 1600.) Der uhu ist der verdriessiiche und ärgerliche ktioig
der nacht (Töchteralbum d. Th. v. Gumpert, jnhrg. 35, s. 36), der rau-
her, der dem jagdrecht zu überantworten ist (Herr v. FrauenfeM in den
blättern des Vereins für landüskuude von Niederösterreich IV, 89), der
Bchuhu (Foret-, fischer- und jagdloxikon, s. 643), der huhu (Monogm-
phie des scblosses Hemstein in Niederöstorr. I, 083), der a-uhl (in Franz
Höfers manuBcript der volksnamen von den in Niederösterreich vorkom-
inendeu tieren), die adlereule (bei Nemnich, wo sich auch eine
^ostie anzahl fremdländischer beinameu findet). Die Steirer kennen
den uha als buhalm, buhvügel (im Mürz- und Ennsthal), habergaie
[zu Kottenniann), wildejaid (in Admont), und als auf und stockuuf
(Stef. V, Washington im X. bd. d. Mitt. des oruith, Vereins in Wien).
}n Hans Sachsens schwank „Das regiment der anderthalb hundert vögel"
t es: Der auff war thorwart httt der thür (Bibl. d. littr. vem.
CV, 280, V. 31), worunter auch der uhu zu verstehen ist Er ist auch
als buuchhahn (M. Höfers wörtb. I, 125), in Schlesien als puhuy,
erghu, huhu, puhu (Ornithl. jahrb. 1891, s. 53), als horneule
(Grimm, Wh. IV', sp. 1825), als schubuteule, berghu, huhay (Jac.
Th. Klein, Verbesserte u. volst historie der vögel 1760, s. 53), als huw,
hlirn und berghuw (Oessners Tierbueh, Frankfurt MDC, s. 338), als
buhin und gorhin (J. V, Zingerle, Sitten s. 78), als heuel, schu-
derheuel und puvugel (Waekemagels Voces var. animantium, s. 24)
tekant. In der Schweiz gilt er noch als huivoge!, zu Werdenberg
als faulenz, im Appenzell als steineuSe, im Luzemischen als Stein-
kauz und puivogel, in Bera als guutz, in Bünden als huher
iTschudi, Das tierleben der Alpenwelt, s. 179) und überdies wird er
noch autgefasst als ein dieb (Hoffmann v. Fallersieben, Kinderlieder,
Berlin 1877, s. 187), als gesell, den kein vogel mag (Voces var. anim.
8. 120), als ein öffentlicher sünder (v. Megenberg a. 173), ein armer
'icht (Prakt, wegweißer Wien, 152), In vater Gieims launigen fabeln
ißt er einmal ein spöttischer philosoph, ein andermal eiu arra-
seligor denber nnd kuustrichter. Die mfichtige kokokoho, eine
enle der neuen weit, dürfte auch nichts anders sein als eine uhuart
jMSrchen und sagen der nordameiikanischen Indianer, Karl Knortz,
L 197). Boikusch ist ein tartarischer und lonron ein talyscher eulen-
Dune, womit der uha bezeichnet wird. lu deutscher spräche bedeuten
diese nanien: unglücklicher, familienloser, armer (G. Radde, Ans Titlis
l rV. jahi'g. der Ornis s. 431).
b) Namen des kleinen ahn.
Der kleine uliii (otus vulgaris) erfreut sich aueh einer niunj
beinamen. Zum unterschiede vom grossen uhu nent man
gemeine, dip mitlere, die kleine ohreule, den ohrkau^
bcirneule, die hörncroule (DWb. IV* 1823), den kleinen scfl
den waldnaf, die Waldohreule. Bei Richard Müller (Die kena^
der vögol 8. 29) begegnen die nainen: fachs-, knapp- und '.
horneiile; hei Klein a. a. o.: kleiner schubut, rotgelber |
but; bei freiherrn von Washington a. a. o,t stockeile, eilk
kleiner buhn, kleiner auf; bei Nemnich: katzen-, uhr- und i
oule. In Tirol heisst dieser vogel die habergois (.1. N. v. Alpenß
Uytben, s. 385). Man schildert da die habergeis als ein wosen, wel-
ches halb vogel und halb geis ist. Das nachahmen ihres ge^n
straft sie. (Tgl. Ztschr. f. d. d. mytb, I, 236.) — Die federbü* ~
den obren sind Ursache, doss mau den kleinen uhu ancb kirnlj
heisst, wobei kirnt) so viel aia hörn besagen will. Was den i
stockeule anlangt, so Endet sich der bereits bei Haus Sachs.
redet er von den furchtsamen stock-ewlcn; ein andermal meldt
Des stutid die schlat/reul mit schäm,
Die stockeivl thet sich auek sehr mewlen.
(A. a. 0. 2:58. 284.)
c) Die namcn der waldohreulo.
Die Waldohreule («yrnium aluco, L.) führt die namen: waldH
gemeiner kauz, bubu, wilder Jäger (H. sUcbs. jahreeb. «. 39)^0
grosse waldkauz (Bitler v. Tschudis Omtb. jabrb. I, 222), b«
kauz, grosse baumeule, knarr- and schuarcheule, nachtl
brand- und knappeule, gemeiner auf, stockauf. Als gei^
eule zälUt sie J. Baumanns Naturgcsch. s. 480' auf Die rotbid
Spielarten sind es, die mau als braud- oder fuchseulen bezcnel
(Schmarda, Zoologie II, 561). Die Waldohreule ist der eitkoder and
glurvogel der Steirer. In Schlesien kent man diesen vogel untor des
namen grau-, puscbeule, niilcbsauger, ktndcrraelker (On
Jahrb. II, s. 53), und Dombrowekis Encyclop. Y, 410 unter waldkK^
katzenetile, kalzenkupf. Im Olarnerlande heisst diese eule i
gerli oder wigesser, im Leberberg wiggle (Der UrogsStti ani
Leherhei^ s. 124), wiggli |E. L, Rochbolz, Alm. kiudei^cl s, 7fl
noch andere Schweizernamen sind: hanri, huri, tschotlQreiU'l
Rochbniz, Schweiz, sag. 11, MiTi). Von den ntunen, die ]
Dm. KX!UC 546
immengeetelt hat, seien angeführt: brauna eulo, rote oule, grau-
qId, graue waldeiile, grauo buscheule, mauseule, grabeule,
schealo, weale, hurrn, uaehtrapp, nachtram, nahram.
d) Die numen des steiiikaiizes.
Der Bteinkaaz (Ätiiene noctua) heiset auch steinauf, steineule,
bscheiilo {Christoph V. Heüwigs, lOOjährig. haus-kalonder f. d, j. 1807,
, 158), wiehtel (bisonders in Wien und Niederösterr. sehr geläufig,
, TA. Blaas, Oerm. XX, 353), im Sti-assburger vogelbncbe kautü,
Jugen, Wald- und steinkutzen. Andere weitverbreitete namen die-
vogels sind: kauz schlechtweg, dann käutzl, grosser kanz.
Dtenvogel, ieichhiihn, leichkauz, haborgeiss (um Ädmont in
teiermark). Washington a. a. o. erztUilt vom unbeimtichcn geschrei
'ogels: Bei den bäiierinnen ist es brauch, um sich gegen den
inheilverkündendeii ruf der habergeiss zu schützen, ein gericht aus
Rfermehl, sog. hafer- (oder habor-) talken zn bereiten. Diese opfei^
ftbe stellen sie vor die bausfliir und bringen damit, wie sie versichern,
1 unhold zum schweigen.
In Sachsen ist der Steinkauz der gehmitvogel, dos komrait-
rhen, in Schlesien das leichenhubn, der totenvogel, die tudeule,
ie haus- und stockeule und die wehklage (Ornith. jahrb. II, s. 53),
Schmardas Zoologie 11, 561 das steinkäuzchen, der minerva-
ogel. Konrad v. Megenberg meint mit den namen wutsch, eäu-
zitrmr, zandklaffer, nähtleich und amerinch gewiss auch
wu vogel. Die bewohner UähreuB nennen ihn kuliaek, weil sein
f so ähnlich klingt
Die namen fausthöberl, hugerl bezieht M. Höfer (Etym. wb.
I 74) auf die kurze, dicke oder gedrungene gestalt dieses vogels, —
riageule, kiagvogel heisst diese eiile bei Dombrowski (Encycl.
, 438), Würgengel im Forst-, tisch- und jagdlesikou I, 654 uud
ller wihrscheinliclikeit nach ist auch die tudail des Kuhländchens
jer vogel. (Mitt d. omith. ver, jahrg. 1889 nr. 4.) Klein a. a. o,
int diese eule als stock-, haus-, kleino wald- und als scheuer-
ule, bei Nemnich ist sie die braune, die heulende, die kirch-
lad buscheule, der kutz und die turmeule. Kauz ist auch weit-
Brbreiteter geschlechts&ame. Älter als kauz ist der zuname kuz oder
l&z, den Fedor Becli in den formen Cimradum dictum kuiz und
pnrado diclo kuze (öerm. XX, 45) belegt hat
Die namen tschiavitl (EUenchua v, W. H. Kramer, Wien 1756,
"324), schofittl (Ornis Vindobonensis von Marschall s. 26), schaf-
X XXVI, 35
5i6 BBiJIKT
hitU (so spricht der volkBmiind iim Admotit ia Obersteier), das i
fickl (HaDR Sachs h. a. o.) liabeti alle ähülicbkeit mit dem UoJ
lein, wie C. Gesauer i. a. tierbuclie die zwE-rgobmule boxeichael
e) Die Mamon der scliieicraule.
Die scbletereiile (strix üuminoa, L.) koiit mau noch nis »ctaleUi^
kftuz, perloule, bei Nemnicb als busch-, rauz- und kobleule, aia
geflatnte eule iind als feurige nncbleule, bei Klein ala kircb-
und raiitzoiile. Sie ist diu guldeulo (Wiirttemberfc), vielleicht auch
die kaappeulB des Nützlichen nttd volständigen laubtmbacbea (Ulm
1790, s. 231). Sie ist der scbleierauf {in Franz Höfers mtuiuBcriptJ,
das schnarchtil, doa scbnatzol und dor eilkudur der Steirur (Wu-
hington a. b. u.). '^^ harx-, thurm-, kircb-, rantz und grosse tod-
oulo dt^r 8diles>ier (Ornith. Jahrb. II, 53), die scbluj'L-r O}-! dor El-
säseer {£. Martin a. a. o.), die schlayreul HansSachseoe (a. a. o.), und
nach dem witiimermlen uelirej wird sie in der Schweix gwiggli, wichsi,
kloewit und kivvit genant. (E. L. Riwhhcjlz, Deutscher };laubi> und
brauch I, 155.) Müllers KcnKoichen der vögel bezeichnen sie norh als
Schläfer-, klag-, fener-, flammen- und galdeute. Auf don aanm
Hans hürte eine gezähmte schlcierenle. (A. Treichel, Altpreusx.
Schrift SXIX, 154.)
Das wort tlammea wird oft auf die tlnnim« brnfigen. aber
mit unrecht; denn bedeutend nllhor liegt ilainntcnni (der bmutschlrie^
mit welchem flammea verwechselt sein mag (H. T. Salvador!, Ibis, vqL*
3. 377), und mit einem derartigen, zarten ^ewebe hat der giinzu haMtns
der Schleiereule viel mehr ähnlichkeit als mit der riitlichen ftirbo man-
cher flamme. Auf poetischem wege erklärt Rudolf Baumbat-b (öum-
Riennärchen , s. 82) den namon schleiDreule.
f) Die namcn der sperlingseule.
Die sperlingücule (Athene passerina) heisst noch auf, klein
auf, äuferl, das weibchen sog:ar äufin. In Kranz Höfors manuisortpt
enäch«int sie als tuteuvogel, als au, öla, tschiaTitl, achofitl, Nc|
nich kent sie als kleinen kau2, als kleine eulo, klnine I
Wald- und acheunreulu, als spatzeneule nnd lercbenkfiaij
Müller a. a. o. s. 33 als zwergkäuzcbon, zwergeule, tannon^
küuzchen, arkadische eulo, J. M. Bechstein (Natui^scb,
benvüfrel. Gotha 1800, s, 41) iient »io bauseule, totenhühnpheii,
toden- nnd leicheneitla Bei alemannischen sehrii^telleru, ^
Übcrftdder (Idiotikon, h. l'J), konit sie uiiktv den namen haf.
NAMEN DXB lüLB 547
uwo und bei schwäbischen als weule Yor. Eugene Rolland (Faune
populaire n, 56) bezeichnet sie als perleule; das ist allerdings ein
name, der besser auf die schleier- als auf die sperlingseule passte. Der
vogelfanger und vogelwärter von D. J. Tscheiner (Pesth, Hartleben
1820 s. 278) erklärt sie als die beste eule, als die sog. vichtel, die
man zum Vogelfang verwenden kann.
g) Die namen der zwergohreule.
Die zwergohreule (ephialtes scops) ist strenggenommen der eigent-
liche totenvogel. Bei Müller heisst sie kleine ohreule, kleine
baumeule, posseneule, bei Washington tschukeile, eiferl, tscha-
fittel, schmalzel, tschibik, tschubik, tschiwik, bei Nemnich
Stockeule, posseneule, aschfarbiges käuzchen. In Wallis nent
man sie jokkein, im Tessin civetta cornuta (Tschudi, Tierleben in
der alpenweit, s. 100), und mit civitta nottola bezeichnet der Italiener
das gefalsüchtige frauenzimmer.
h) Die namen des rauhfüssigen kauzes und der sumpf-
ohreule.
Der rauhfüssige kauz (nyctale tengmalmi) führt im Riesengebirge
den namen puppereule oder, wie andere wollen, puppeneulc. In Steier-
mark unterscheidet man diese eule vom Steinkauz nicht Mit dem
namen katzenlocker bezeichnet man die eine wie die andere spe-
cies. — Die sumpfohreule (brachyotus palustris) ist die kohle ule
(Aug. Reichenow, System. Verzeichnis der vögel Deutschlands, s. 31),
die brülleule (Washington) und bei Müller die wiesen-, bruch-,
moor- und brandeule, die kurzohrige eule, die schnepfeneule.
Wenige vulgämamen fand ich für die schnee-, sperber-, bart-
und habichtseule, und diese wenigen sind teils algemein bekant,
teils sind sie von ganz unbedeutendem sprachlichen Interesse.
WIEN 1892. FRZ. BRANKY.
35
r»*
BERICHT ÜBER DIE VERHANDLUNGEN DER BüMaNISCHKS
SECnON DER KXXXII, VEBSAMLUNö HEUTSCHEK ["HJLOLOOKS DSU
SCHULMÄNNER IN WIEN.
Da dia in dieser soction geholtonsD vortrage teilweise auolt für germaiült«
von interesso sind, so werden niu'hstaheade kiirie mittoilungen, insoweit kIb ilie vnr-
handluQgen von diesem bsBOndereu gesichtspunkte nus dustellnti, hier nialit muri)-
koraiuea sein'.
1. Tor alleo war der vorti^ pi«f. Adolf Toblors (Berlin) über die nnbxlin-
tivische Verwendung des adjeutivs durch seiDen reblitum an scharfeiiwig«)
bemerkungHD über diese fanktioD des adj, in den romani^beo Bpradien nicht B«r
innarbalb dicsea forecbungsgebietes in hohem maase anregend und belelimnd, somleni
durch seine algemeioen gesichtspDnkto ood die vergleinhung mit lthnhuh«D endiM'
nungeu iiD griechiscbea und dautscbeci auch aoaserhail; des engen kreiww dnr tUaaa^
nisten liöchst beoehteusvrcrt Da es nielit möglioli ist, dun t^ii'beu inhalt auf ta
engem räume auch nur flüchtig anzudeuten, so muss Riub referuDt hier lUraat
beschränken, die hauptsSohtichstcn vorwondungsarten der substanli vierten ai)i«cttfa
bei ihrer aloiählichoa entreroncg von der einstigen rnuktion kun aiifxnuhlon ud
nur für das dentsoho einige wenige l>eispielo xu biingen.
Das sahstanliv, dessen determinierender bvgleilür das atüeetiv orsprUnglioh Isl.
tritt zunAuhat in den hintet^und und schwindet zulexl gJlnKlioh aus der rede, wodurah
das adj. in seine funktion tritt EUn woiteier schritt gesebieUt dadurch, das» ein a4l-
welches eine nur an porsonen deukbare eigeescbaft bezeichnet, zum für sieh allön
genügenden nauion einer männlichen oder weiblichen peraon wird. Während <« in dia-
Ben beiden Täilen noch möglich ist, ein Substantiv binzuzudenken, eutforut sich das
adj. dort schon weiter von seiner unpniii glichen funktion, wo in ihm iilmrbaupt ollea
gegeben wird, was für den sprechenden die verstcUnng eines seienden auuiucbL
Davon zu sondern ist der gebrauch dsa substantivierten adj'^'tivs als betcichnun^ il«
mit einer cigeuschaft behafteten teilos eines grösseren bestandes oder teilee aller dings.
Die durch ein adjeotiv zu bezeiobtiende eigensohart \äast aber innerhalb ihn*
gesamtlwi'eicbes noch unterschiede bezüglich des gnules, des masses usw. zu, weldie
in näheren (meist genetiv.) bestimmungeu maDnigfachater nrt ausdmck finden kSnnan.
Im deutschen ist aber dieser gebrauch nur selten anzutreffen (vgl. farbenl>ezetQbnan'
gen wie z. h. ,das grüne" verschieden von „das grün des meerea^), Ein soIchM
Bobst adJ- bedeutet nicht nur die art, wie, sondern auch die tatsache, d&ss eino
ägenschaft hier oder dort verwirkliolit ist In aUaa diesen flUlen mit auüuabme der
beiden zu aofang besprochenen haben wir es mit geschlochtslosem aeiimdon zu tun,
weshalb dieses subst adj. im deatsoben, lateiniacben und griechischen gennris iwu-
triufi ist Im deutschen komt zu den besouderheiten der romanisoben s]ir>diBa nooh
die weitere Unterscheidung hinzu, welctic mit der Verschiedenheit oder den (eUai
der flexiou zusammenhängt, vgL „ein wilder'^ und ,das wild". Zu brbenbuzatob*
nungen, aber im deutschen nor zu diesen, tritt auch eine nrtl>cstimmung (i. k an
helleres blau). Steht bei dem subat. ueutrum ein genetiv (i. b. .dos witzig« i<tr ant-
Wort"), so ist Zweideutigkeit öftere nicht ausgH«ohlosHen , in welchen fällen „in* mIot
.an" als eisatz für einen genetiv |mrtitiven Hinnes |j:utc diensle It^isten. Ohne beetlBi-
roendeo zusati wird das substantivierte ncutrum im deutschen nur *Bllun im tiaat
der abstrakten subst. auf -kmt oder -AeiV gebraucht
I) Bcrickln soi im |cermanitU9<rh»n
2, Priv.-dou. dr. R. Zonber (Wnniburg) teilte vorläaüg die houptcrcioh Diese soi-
itersnohtiiig über die historisuhu gmudlage und entwicbtung der sage
forrnuad and Isembard mit, welcho d«a gegenständ des gleiclmomigen , nur
/ragDienlitrigch erhalteneD ftltfranxösischen epo» bildet. Über den inlialt desselben
pbt, Bowait uns daa frogment im stiobe lasst, die reimchroDik Philipp Moaskets
aMhere Busktuifl, während die in dem deulscben ritterromau des XV. jabrbunderts,
Loher und Maller, enthaltene Übersetzung einer verlornen, aus dem XIV. Jahrhundert
stammenden cbansoo die oreprüngliehe Tassnng bereits vielfach bis eiit iinkontljulikeit
antstelt xeigt. Die schlaoht, welcho das altfranzösisohe epou schildert, und von deren
mfichtigem eindruok auf die seitgunossen auch das dentsohe Ludwigslied zeognis
gibt, ist die achlacht bei Baucourt (3. aug. 861), in welcher Ludwig III. die Normui-
scbiog. Der Anführer des feindlichen heeres, Gormund, ist zweifellos mit dem
sehen seekonig Outhcrm identisch, der 87^ von Alfred dem Grossen besiegt und
naob der taufe mit OstangUen belehnt wurde. (Aus der abgekürzten namensform
Gorm entstand franzdaisoh Oormon,) Auch der kern der ganzen sage wurde bis in
die neueste icit als geschichtlich begründet angesehen; indessen können die im alge-
damit übereinstimmenden berichte des Chroniuon C^ntolense (abg«isch]08«en
1088) nnd dca bei Albericb Ton Trcisfontaines citierten Guido von Bazoche (f 1303)
licht als geschichtsquellen gelten, da sie selbst auf dem opos, welchem unser frag-
-Bieut entstarat, oder doch auf der volksssge fussen. Die zeitgenössischen gescbiobts-
Rchniiber wissen uüinlioh von den fiiigliclien ercignissen nichts, nnd die iinfuhrer des
Norman nanheeres werden nicht genant; Outhorm aber war siaherlich nicht an der
schlaoht von Saucourt beteiligt. Vielleicht liegt eine rei-weebslung mit einem anderen
nordischen häuptliug namens Wurm {Vumio) vor, der als einer der anführer dea dSni-
■cben, von Karl III. im jahro 683 an der Maos belagorten hoeres genant wird; da
eben dieses beer im jähre zuvor die schlacht bei Saucourt geschlagen hatte, so könte
Kuoh Wurm (französisieit Gonnon) daran teilgenommen und eine hervorragende rolle
in derselben gespielt haben. Die Identität des namens hütte dann dazu geführt, dass
ihn mit Gönnen = Guthorm identificieite. Zu einer identificierong Isümbords
tiner historischen [lersönlichkeit dieses namens bieten sich keine aDhalts|>unkte,
dagegen besteht eine merkwürdige Übereinstimmung zwischen der dem epos zugrundo
sage und einer hei Dado von St. Queotin (anfang des XI. Jahrhunderts) auf-
bowahrten alten normannischen tradition über den ersten Normannen herzog ßoUo
(Hrolf). Diese Übereinstimmung macht es sehr wahrscheinlich, das« die betroffende
tradition entweder von Rollo auf den beiden des epos, Isembard, oder umgekehrt
fibartiagen wurde. Somit würde dann die erzihlung Dudos von Rollos jugendschick-
dio iUteste fassung der sag» von Gormund und Isembard darstellen.
3, Bealschul-dir. Job. Fetter (Wieu) sprach über die fortschritte auf
dem gebiete des fr&nzosisoheo Unterrichts an den doutscb-Österraicbi-
sehen reslschulen.
4, l.,andesscbulinspektor dr. Job. Huomer (Wien) erörterte eunltchst die not-
idigkeit einer volstSndigon aamluog der vulgär-lateinischen wortformen,
teilte dann mehrere interessante ergebnisso eigener forschungen mit und bezeichnete
BoUiossliob mittel und wege zur erreicbuog des bisher erfolglos angestrebten Zieles.
.Seine in diesem sinne ahgefasste resoluUon und ein konkret Vorschlag von ho&at
Hnssafia wurden einstimmig angenommen.
&. Boferenl sprach schlie&stich über schwierige fragen bei der text-
[SstaUnng altfranzüsisoher dichterwerke, Dieselben Schwierigkeiten betrofa
550 F. YOOT
der widerherstellung des inhalts und der sprachlichen urform begegnen aber aach
dem heraosgeber altdeutscher dichtungen. Referent unterzog zunächst die mannigfiKh
verwickelten Verhältnisse der Überlieferungen im algemeinen und jener des fraoz.
Tvain, des Meraugis von Portlesguez und Eneas im besonderen einer kurzen bospre-
chung und versuchte zu zeigen , wie eine annähernd treue widerherstellung des Origi-
nals in vielen fällen schwierig, ja unmöglich werden könne, und wie gross die n^e
sei, welche das subjektive urteil des herausgebers und selbst der zuüedl (neue hss.«
funde) bei der textgestaltung spielen; er wies an konkreten fällen nach, wie auf
gleicher handschriftlicher grundlage zwei von einander abweichende Cassungen auf-
gebaut werden können, ohne dass es immer möglich sei, die eine gegen alle einwürfe
zu verteidigen oder die andere mit stichhaltigen gründen abzuweisen. Was die
widerherstellung der ursprünglichen lautgestalt, der vom dichter gebrauchten sprach -
und schreibformen betrift, so liegt die Schwierigkeit nicht nur in dem umstände, dass
die kopisten gerne änderten, ja ihre vorläge oft in eine andere mundart übertrugen,
so dass nur metrum und reim ursprünglichem gut einigen schütz vor schreiberwilkür
gewährten, sondern in erhöhtem masse darin, dass schon die Verfasser selbst es bis-
weilen unternahmen, in einer anderen als der eigenen mundart oder in der werden-
den Schriftsprache zu dichten, ohne indessen ihre provinzielle herkunft ganz veriäog-
nen zu können. Wenn in diesem falle zu den schon ursprünglich vorhandenen
mundartlichen Widersprüchen noch andere, von den ersteren nicht mehr unterscheid-
bare durch die Schreiber hineingetragen wurden, so ist die beantwortung der frage,
ob imd wie eine uniformierung des textes durchzuführen sei, keine leichte. — So
wurden in sprachlicher hinsieht alle theoretisch möglichen falle der reihe nach durch-
gegangen und das verfahren bei der herausgäbe derartig überlieferter denkmaler
algemein und im besonderen kritisch beleuchtet. Zum sehluss folgten einige bemer-
kungen des referenten über die einrichtung des kritischen apparats und der glossare.
6. Nachdem noch hofrat Mussafia eine akademische feier des 100. geburts-
tages von Friedrich Diez an allen deutschen Universitäten angeregt hatte, schloss
die romanische soction ihre Sitzungen.
WIEN. 11. FBIEDWAONMR.
LITTBRATÜR
Die kaiscrchronik eines Regensburger geistlichen, herausgegeben von
Edward Sehrdder. Mit einer handschriftentafel. (Monumenta Oennaniae histo-
rica. Deutsche Chroniken band I abt 1.) Hannover, Hahnsche buchhandlung.
1892. 441 s. 4. 18 m.
Es ist ein ergebnis jahrelanger, gründlicher Studien, welches in diesem längst
erwarteten und angekündigton werke dem germaniston und dem historiker nunmehr
vorliegt Seit dem jähre 1874 hatte sich Rödiger, seit 1881 hat sich Schröder dieser
ausgäbe gewidmet, und 6 jähre ist sie im drucke gewesen. Mancherlei äussere
umstände haben ihre voUenduDg gehemt, vor allem aber wol die natur des zu bewäl-
tigenden Stoffes, der eioe fülle von fragen aufdrängt, zu deren eriedigung er verhält-
nismässig wenig sichere anhaltspunkte bietet So erklärt es sich denn, dass sich
manche ansichten des Verfassers noch während des druckes geändert haben und dass
er in einem nachworte ausführungen der einleitung in nicht unwichtigen punkten
modificiert, wälirend er die abschliessende erörterung und begründung seiner ansich-
551
(m äboT rinige der «iitlitigslun tn^a auf eiii« aus^lm 'lur Cirscadtin uiu] auf imi
für lUa lauteDde jiilir in nussicbt gosleltes biti'li , Konrad Ton Begenebut^, UuUi^
vSOchnngriD über die liairianhu litterahtr des jcwülften jahrhimderla" veraparL
■ Tor nllem bietet ans ilns vorliegendu wor'k' jezt einen luvorlllssi^n kridachen
Btext tiPä wertvt'rbiiltnjs aud der stambauin dor uherliefiiniDgQn wird in der ejnlet-
Ftang klar und ül)«rtet%'«nd eutwickoll. Die Vomner hondBohrift (1) ist danncli dlo
den original au altiT und weit ain nücbsititi xtehendu verU«lt'rin der uinsn haufil-
gnifipe (X); an d(;r spitxn der andern (Y) steht dio von HasKinann xu grunda i^legta
Hnidrlborger handschrift (4), dio, auf einer alten, gaten vorlag? fosiiend, selbst doiih
violfooh modomiH&rt ist Was Etrischen Innden gnippen üboTOiistimt, ontstumt dorn
Arcdictypns; im iibri)i;<!D J8t sieta die VoraiiiT hs. In oreter linjo tu befblgcm; an sin,
diu dem ort^nal auch in dar mnndäil am inaistoii entspiiclit, sohliesst sieb natiir-
fSBrnilaa dio sdimbwuiBe der auHgabo im woBumlllvIiäu au. ßui allodani ist ducb der
trert der Ki3idclbe:^er ha. nicht unterscbüit: nur in dneni punkte M^re or meince
encblons noch biiher nnxnsdilafon. Ibr und ollor wnbiSL'heinliuhki'it nanh scbun ihror
Vorlage (Y) fclileo die verse 395 — 454 und I)2tl — 5U0. SchrAiler varmutüt, doas hier
Y «ttra durch daa anascbneiden vnn 2 hl&ttem Terstiimnielt gowesmi, die Incke also
lodi^ch aaoho das Kofals am, und or meint, dass dio aus Y goBosaoneD pTosan, in
danen die läuke sich noch weiter eratrei'.kt, ,liel)er (am geüamre [lartie sualieasau,
9 wie 4 sioh mit dem stüükwerk liegnü^u'. Aber es ist ja kJcinDHwegB
von i üborlioFart, sondern oiu tcxl, der an dur ctslcn stelle nidit scdUech-
r zweiten weit besser zusammenhängt als in X, und der in beiden Tällun
> gegensntz zu X. mit der iiueUe, n&mlJoh dem Amiolicde, iibcreijtstimt Die vorso
r. 52ö nod 5dl folgen in 4 genau so auf oinander, wie dio enUpreuhendeu 472
ä 473 des AnooliedsB. Was in der Kehr, X dnzwiseben steht, ist dio stellenweia
srbalUiornte erzOblung von Daniels träum, welohe im Anooliedo an ganz ricbtif^
175 — 2lJÜ überliefert ist, hier dagegen so türiuht wie müglich den borlcfat
, nas Cäsar nach seiner heimkohr an den Deutschen getan bat, untei'briebt. —
I vurw Kehr. 3U5 — 404 enthalten eine auf die Gesta Troviroram zurückgehende
oa der eroberung Triers duruh Cäsar, von der daa Annoliad uiubts weiss
jBi die entgegen der Vermutung SdinklerK auch einer iUteren fa^sung dessellien niubt
I angehört haben kann, da sp&tor im Annoüede v. 500 fg., wie solion WilmaDus
t recht betonte, Trier entsi-hiodeu iu einer weise erwähnt wird, als wenn von ihm
1 nicht die rode gewesen würe. Da abiT eben diese verso auuh von der Kaisor-
Tonik nachher ubomommen werden (653 fg.)< so verdient das fehlen dar zu ihnen
t Htimmendeu verso 395—454 in 4 (Y) unisoiuehr beavhtung. Ich batt« es für
t gut wie ausgescblostieu , dass in beiden fdllea ein xurolligor lilatverliist in Y gegen
L die üboreinatimmong mit der quelle hergt^stelt haben solte. Y, webbes überdies
1 ainiebon lasarten dem Anuoliede nXhoi steht ola X, wird in dioaer pnrtie
10 nrsprüngliuhoro, X auf eine mit naohtTügeu voraehene fassung surückgehen.
Ingilicb änd in einem späteren teile der Kehr, einige dem träume l)iuiieis entvtani-
« (52(17 — 70) auch in Y überliefert; und wenn auch einer von ihnen
i) im Wortlaute mit dem entspn^uhendi'n vei-se des Annuliedes (1M4). nicht der
Dhr< (&74j, iibereinatimt, so finden doch dio beiden folgondon nur in der Kohr. 577—
, Bicbt im Anno ihre parallele. Aber mag man nun hier für Y eiue andere vor-
e vorausBclEen als im ersten teile, oder mag man sieh die sache scnstwio zuiecht-
in, dla bedeutung joner beiden .lüuken" in Y für die kritik wird durch diese voree
dit Bncbüttert.
Du8 iiiaji Dicht HcJtou suhwftDkeD kaoo, trelolie von d«D beideti rw
der auUsra dua vorzag vcrdieai-, ist ielbstverständliub. So hat dann dor b«ni
seilst in eiuxeloen deraitigoD (iiUim m Bemeni texte eine andere eotavlundung |
tea nie io d«' eitileitang; aiaht nur in dem a. 439 erwülmteD toll«. Diu loHtt ihr
gruppc Y zu 9665, wotcho e. 31 als Dme ändenmg hezeiniinDt mrä, dio au mamm
todolDSwei'toD ntisvcratäridnis entsprungen sei, wird nacUher ab dio riohtitco ia da
t«xt gesoKt. Dio reimzeile, welolie i zu 11819 biotut, ist niulit, wie B. 33 snifeklbi-
digt wird, auTgononimau '.
Jedesfala hat der berausgeber bei der herstellung des taxtua nberoll wiisAt-
tige orwagiuig wallen Lkssea; insbesondere hat er gegenüber Baflülligon uiul ungnwSlifr
Heben RrscbeiDUngeii eine löbliche EurackliBltuDg beobachtet Die scbmibwstM te
hanpthandscbrift ist in einer vorsiohügcu weise geragelt, der ich :
kaoD. UsD mag Ja streiten, ob night in diesem oder jonum punkte eiu noch i
aosoliluss an sie vorsuziuhoa gewesen vrite; aber da diu Vorauer lis. in li
gstreuem abdruuke vorliegt, so ist das unwesentlicb.
Zu einxeinen versen sei folgendes bemerkt
7.951! uiolte got, turfre tu t'Ai dcale bax wird in der aniuorknn^ öbnwil
^wolte Uott es w&re etwtu besseres für enoh da": aber ilit detle bat knim dodk
unmöglich elieaa bauemi beiason, aoudom nur irgend (oder irgnnii tlwa$) um m
btaser; also: ^eäre forh nur irgend besser dailurrk in dem sinne von voin « atrk
nur riunu hülfe.
T. 1360 ist paukt xu setEen.
V. 1295/98 81 aprivh: areigeenl tt iinurr niiUjei \fieii lelimu tetrdat wir ämt.
und atvUr Römare. ix uirl in fU ateart. Tiaza bumorkt Suhrikltir, dosn dor «na
der leetan »eile nicht besser werde, wenn man die beiden vorhor^beoden luustaltei
die stelle sei dutoh eine gedankenlose retniniscenz au v. 11634 Ig. eotstelt Aborwii
hrauobeu dioso sehr entfernt verwsnton verse nicht erst xur hülfe tu liolun; an du
stelle ist nichts ausiusetzon, wenn wir binter RonuBm nicht punkt Mnndoru kooim«
setzen. Wir liaben dann nur die alte]iisc-ho dnrchschliugung pnmllcler siUae od«
Satzglieder in gleich massiger Verteilung auf die oinielnFoi veise mit der forin a b ak
Dieselbe form haben wir 12415/18 ilti fricl^n »i di burgetrt (a), wann«» «« un«rr (li>,
den hertogrn dicnettman (a), od«r itar ai iroUe wallen (b), wo jedoch din ■!»•
draoksweiso durch die syntaktische vorbiodnug dw beiden b-gliedor für »i
stilgeTübl nur noch fremdartiger wird. In dem absuhnitt von der Crnsrontia b
det Schröder dm der entsprccbt^em flgur angohörnnden voise 11523 fg, «ö Anis dir
t geunnmn (n) da% tiurr gettainc (b). rtrniut tear ich da% maims: (c) ».ia^iarmam
kC nprrhe (b). ainen tum an tfmhe (dj den eolt du tnirrJuii alleriritt (e) — «<
tuoH ich dax dir lieb ist (t) — höhen unde wi/m; (d) dd üffe suln vir btlm (1).
Dia bterpnuktion läast aueh hier do-n parellelismus der botreflendon von mir doieh
buchstaben beioiohncten glieder nicht genügend hervortreten. Hiulsr b' gehört am
«in komma, o ist parentbese; f ist schon elxinsogiit nschaalz lu « wSo f m ad.
Statt dessen nimt Sobrfidei' enIstoUung durch iater|ialationen au: t
I) I>w ungib» n ron 3&GS iil entwodui
: dort ». 31) vinl Bbsrrinitiiiimenil i
•• in i Mil». In «Io «nlt Bläh •olcho '
ta; Ich Ua abvnangt. da» Ihm niaht
rfrt
M3
, waliwuhyiiiliuli auch et'. Oerade in der l.Irusoeiitia flndt'ii sirb Urne
atiimuidergesabobuDeii parallelglwdor oicbrfftch; so haben vtir 11600^11603 wider
j form ab ab; nnd v. I1U64 fosse loh abweicband von der intorpunktion des hor-
nsgoberg ptilex unde kurxeboit als paraUelgüed zu 111)60 (woa »oltc mir) geirmiiit,
rfthrend eq dont dazwbclien stellenden sntze 11963 fg. eine pamltele bieten. Eine
udoni form babuu wir 11668 fg. harte rekolte st i> muol, da* herxe in ir tibe
rn eil luissamen tcibe um ir liebrn hrrreit, wo der «weite uiid dritte vom mir
I beiden leiteu Worte dea ereten vaniorea, ehe der sntx en eods gebracht wird;
■bei wecbaelt die koiiatniktion im dritten verse, als wenn es im ersten nicht st »lou-
frn »ih hiesse. Schröder besmtigt hior wider die Variation, indem er vers 2 und 3
B einsohiebael betraohtet',
V. 2266 wird der reim erde : gare als anorhört bezeioboot nnd doshaih dar in
[ überlieferte vers 2286* beanstandet Aber oa ist doch aofHilüg, dass in demselben
fc§chnitte (Faustiniiinus) v, 2533 dor reim ni-nea : gaitles gleithfaLi als unerhört
egetchnet und v. 3Ü9? dor reim bettet : »tele durch einsetzung des nur in 4 gegen
I übrigen handai^hrifton überlieferten »leite beseitigt werden muate. Derselbe fall
lagt attch 11402 in genmme : man« vor nnd in rmarfe/rt : haken 15434 var. Über
ntsprocbemie reime in der Wiener Genesis vgl. PBB U, 247 fg.; vgl. auch M8D
LIV (Summa theologiae) 16, 3.
V. 3113 leitet Clemens die frage uacb der berkunft s«nes nooh onerkanten
Stara mit den werten ein; ja »priektt der Mrr^ Pldlö: »icax ron gotf itt entsprim-
, de» ial »elien xervnnen. Wie paast dm in den zafiaminenbang? eher würde das
[ich der (all sein, wenn man üt^tt des in den hss. 4—7 überlieferten gote nach
I. 1 — 3 g^e läse. Aber in der quelle (Clementis Born. Heeognitionos ed. OendorC
lTIH c. 2) beisat es: bene enim ait quidavt^ quia gui/d &r aliqno nalum tut , etiam
i fftullo tempore nbfiierit, mmquam tarnen g/rinUlla propivqiiitatit exlinguitur.
aob werden die beiden leaartun auf gcburte zuruckxuführeu sein.
y. 6596 der bäbcsc uiurditn xehctte soll douh wol beissen, dasa in Maximians
Bgierungaieit die labl der pttpste sich acfaUosslich auf zehn boliof, weil einer nach
lern andern ein opfer der cbristenverfolgong wurde. Oder stand im original mir-
Sonst wird vom martyrium zweier päpste and einer vietjährigen sediava-
isni berichtet
Bieter 820O setze ich komma und hinter 8291 punkt: ao erfordert es die fiibol-
Wl0| »t die Rieh die verse doch offenbar anlehnen, Jea. 64, 4. I. Cor. 2, 9,
y. 11555 genäten verstehe ich nicht, nur gtmoxten. •
V. 11744 sotae ieh komma statt dea kolon und beziehe das folgende aö relativ
knf diu gote verde : qua ntinquam exslitit yi-atielarior.
Der pnnkt hinter 11767 ist wol nur ein druckfehler.
y. 11770 kann icii nicht mit Sobröder für interpoliert halten. Wenn die hel-
Bur geloben, ilir leben nicht zu schonen, um Dietrich an der königin zu rftchen,
nas man anoehmeo, dosa sie eine gewalttB,t ausfuhren, nicht dasa sie lediglich
s ablegen sollen. Auch im folgenden ist dies niuht gesagt, und doch
t 11810 fg. vorauägesezt, dass die beiden pnau wissen, was sie tun sollen. Die
"Zi^
l) Dvm jivnllelfBniia mit knnznnK
hirL i>iQht gonSRond roclm
lumiui^^ter dm v«ne des
ler BÜtis odDr «BbeliedBr in dtv lUloilon mhd. dlchtung tut
ne t^Dtngen, Qaai entilelt elnd i. b. dniub dio Uiteipank-
123 (g. Ber umiHoiU tcHU unN iptt {■) — da IdMi wu
- jrt gart r >äi et ilwwu |b| — die Mni itaKn MrH (nj
554 F. VOGT
ganze stello wird unklar, wenn dio mannen nicht 11770 geIol)en, alles ausznsageii^
was Dietrich von ihnen verlangen würde; eine solche bestirnte beziehung sezt auch
das des 11771 voraos; sonst würde man dax erwarten.
y. 11896 lässt das kolon für das folgende me nur die temporale aoffusnng
zu. Ich halte diese nicht für möglich, setze vielmehr komma hinter 11896 und &8se
den satz mit wie als inhaltssatz zu mare; wie ist also hier mit dass oder etwas
freier mit nämlich zu übersetzen.
y. 12110 wird auf die absieht desyitztum zu deuten sein, Crescentia, dio ihm
jezt in dem veiirauen des herzoges den rang abgelaufen hat (12100 — 3), dadurch am
ihrer Stellung zu verdrängen, dass er sie durch ein liebosverhältnis ins gerede bringt
So wird denn gesagt, „er wolte sie zur hure machen, damit er hörte (d. h. damit
er dann selbst wahrnehmen würde, wie das geiücht auskäme — oder damit der herzog
hörte?), dass man die frau mit minne versorge*^ (d. h. dass sie im konkubinat lebe).
y. 12178 fg. halte ich weder die einkkmmorung, noch die meinung, die verse
seien interpoliert, noch den anstoss an dem folgenden conj. prät. für berechtigt. Der
yitztum sagt: „er (mein herr) wüste nicht, was er wolte mit dieser unholdio (d. h.
er handelte ganz unbesonnen, dass er sie zu sich nahm); er solte sie an seinem hofe
nicht mehr dulden'*.
Für die echthoit von v. 12375 fg. lässt sich geltend machen, dass 12382 doch
wol die antwort auf 12376 ist.
V. 12578 — 12581 sollen „sicher ein zusatz* sein. Ich weiss nicht weshalb.
Die verse haben nichts anstössigos. Dagegen wird durch ihre ausschoidung 1. ein
reim {sere : wellest) hergestelt, wie er sonst in der Crescentia nicht vorkorat und 2.
fallen mit v. 12581 zugleich dio werte fort, auf die sich sin in v. 12582 bezieht
Zu 13732 muss doch auf den sehr störenden druckfehler der st. oder hinge-
wiesen werden.
y. 13750 fasse ich auch noch als objekt zu sageten, sodass die direkte rede erst
mit dem folgenden verse begint
Fast alle erwähnten ausscheidungsversuche betreffen die erzählung von der
Crescentia; dazu kommen andere in demselben abschnitte, gegen die sich weniger
einwenden lässt, die aber doch noch zum guten teile besser begründet werd^i müs-
ten , che ihnen diejenigen beistimmen können , welchen intcrpolationen nur da annehm-
bar scheinen, wo sich nicht allein die entbehrlichkeit, sondern auch die Unvereinbar-
keit der betreffenden stellen mit ihrer Umgebung dartun lässt. Die angekündigte
ausgäbe der Ciescentia wird diese nachweise zu erbringen haben.
Den versuch eine quelle der Kaisorchronik oder wenigstens ein stück einer
solchen lediglich aus der überlieferten dichtung herzustellen, macht Schröder auch
V. 8550 fgg. (vgl. Einleitung s. 62). Er meint hier zwei neunzeilige Strophen herstel-
len zu können, indem er ein reimpaar ausscheidet, welches zwischen den beiden steht
und durch den Zusammenhang mit dem vorhergehenden und mit dem folgenden die
strophische gliederung unmöglich machen würde. Gegen das reimpaar führt er nur
an, dass es ungeschickt eingekeilt sei; aber diese Vorstellung gewint man doch nur.
wenn man vorau.ssozt, was erst zu beweisen ist, dass der Chronist es zwischen zwei
Strophen eingeschoben habe; sonst lässt sich gegen dio beiden verse nichts sagen.
Für die gliederung der umgebenden verse in zwei Strophen spricht nur, dass die
beiden gruppen — jene ausschoidung vorausgesezt — in derselben verszahl und mit
übereinstimmendem anfange einmal zum glauben an Christus, dann zum glauben an
den wahren Gott auffordern; ausserdem, dass sie beide mit einem dreireim abschlieasen.
Ü8BR KAUEROltROrilK E
r im SUvester ist nümbtufUDg nichts seltenes, auch der dreiraim koint in diosoin
leobuitto noch auderwiriÖB vor ivgl, 9241 — ^8, 10172—74, 10677—70), uotl iaaä
I [tsturliube auTTurderung bd Christus und an Oott zn glunlion in paraUoiloimoei
oichgeführt wird, ist ddit Koaderlluh aufllülig. Die individuelle bezieliuag, woluho
die ifftnzt) atellf nitt Uirer Umgebung VOTliindet, ist mit der auasnudcriiug jenes mim*
furee, woloh«8 die norede fto eino fraa (die kfuserin Eleleua) enthält, nur teilweiae
beseitigt; bestohoD bleibt die anrede ao eine heidnische personUubkeit, und sie
Biaobt ee SQbvrar eich TorKosteUtin, was denn eii^eutlidi dar Inhalt jenes selbständigen
■trophiscben liedes gewesen sein so!!. Sellistündiif würde e« jedonfals das tlieina, am
8 sich die beiden Strophen drehen, nicht l>ehandelt liaben können; die beiden
qtroi^en könten vielmehr auch nur wider teil einer cpbchen dichtnng sein, in der
iis ftufforderung an einen heiden oder eine bcidiii zur annähme de« cbrietüchon glau-
ifcena rorkäme; sie mosten also BchliesBlich doch wider ans einer ähnlichen amgebung
Itammon wie die in der wir sio vorfinden. Alles das ist ja wot möglich; aberbowie-
Q ist es durchaus nicht.
Immerhin steht e>s mit diesem „liede" in der Eaiserchronü- wdt besBer, *Js
it einem anderen, seinerzeit von Bädiger auf(^|jürten und von HüUenhoS in die
Bsenechaftlidia weit eingeführten, Bcluhoe ich zu meiner Verwunderung auch bei
iirüder wider vorfinde, wenn es auch hier in ein otwae ungewisseros licht gurüclrt
. Das stück gehört auch lam Silvester, steht bei Schröder v. 9369—9399 und
l von ßädiger Ztschr. t d. a. 18, 157 auf vier seebszeilige atrophen gebraoht, deren
Ifl mit einem daktyliaohen verspaar schliesaen seit Die erste Strophe handelt von
c Verkündigung der gehurt Christi duroh die pnjpheten iBraeis; die folgende luutet
oh Bödigers herstellung, mit der iuh miuh xunücliat besuliäftigen muss, relgcndoi-
lesen: (2.) Er itl inxer dmne der »ne.
er brdht un» aine niiee e.
dö tcarl er beaniten
näeh dfri-iBelumi »ilr.
dö 6r tieh nicht länger iie leolte lungcii,
er neKÖll ainen goteltthen f/etcalt üugmt.
1 rnnss bekennen, dasB es mir niemals gelungen ist, mit diesem to^tte einen ertrüg-
heu ainn za vorbinden. .Christus brachte un« ein neues gusotx. Da wurde er —
ulinittcn nach bebräisobem brauch". In der tat eine merkwürdige batütiguag des
Den gesetze&l Die gedanken sind so unvereinbar, dass man cdnen fehler der überliote-
ig annehmen müste — wenn nicht die lücke erst dni'ch die textkritik in den tadellesen
aomroenhang des ütierlieferten binoingorisHen wäre. In allen handsobrirtuD steht
ieohen dem dritten und vierton verse der notwendige vordersatE zu v. 3, der den
r. 2 enthält : i^i wil er in der allen i vaa , (xticäre sagen ich dir da ^) ;
atrophe zu erlialten hat Rödiger ilu unter Müllen-
I znstimmnng gestrichen. Ganz zufrieden ist fKÜiuli auch MüllenhofE mit dum
9 2, ä des Rodi^rsuben textes nicht; aber das wesenüidie ist für ihn, dass er
Mnsch äusserst besoh Verlieh"- sei; nm- ,ei-wiinsohtor wate sclion ein bedeutsamerer
Udrnck wie bei Ek»o 10, 5 er verdoUe daa, ci m battiilBn; vielleiobt abci- hiesa
■ M dar allen 6 tcarl er beaniltm'^. Hit dicsam , vielleicht* würde also durch ein
aitürohen wenigstens das notwendigste von dum inhalt des so eben ohne jede sach-
B b»gründung horausgeworfenon vorses wider hinein gebrach i Da ist es doch wol
sdischer sich mit der tatsache zu begnügen, dass die bandscb ritten einen tadel-
t nberliefem, der keine aussoheidungen vertrügt
556 F. vooT
Abor näher als das vorhergehende ist mit vers 3 und 4 ja das folgende nach
Rödigers interponktion verknüpft: „• • • • ^^ vraxd er beschnitten nach hebrftiachein
brauche, als er sich nicht länger verbergen, vielmehr seine göttliche gewalt zeigen
wolte*^. Was kann das andei-s heissen, als dass Christas seine bis dahin verborgeoe
gottheit dadnrch offenbarte, dass er sich beschneiden liess! Es ist wider gerade das
gegenteil von dem was [man erwarten muss. Wenn Christas sich dem jüdisoheo
gesetze wie jeder Israelit unterwarf, so verbarg er doch darin seine göttliche gewait
xmd natur vielmehr, als dass er sie offenbarte. Hören wir zunächst Rödigers text
weiter;
(3.) Als in der vater her heU gesendet,
dd was der alten e ende,
81 was chomen an da% trum,
dd ehom [uns] sanetus sanetarum,
f dö tuvalte itoer salbe sdme in IsrahU
und gesdmenet sich hinnen vur niemer mir.
Über das e^ in v. 2 bemerkt Müllenhoff nichts; da aber nach der von ihm angenom-
menen interpunktion der satz mit dd den nachsatz zu dem Vordersatz mit tUs bildet,
so muss er annehmen, dass seine bedeutung hier im gründe auf die des dd hinaus-
läuft (vgl. die anmerkung unten). Also: „als ihn der vater hergesant hatte, da war
des alten gesetzes cnde*^. Der Zeitpunkt, der hier gemeint ist, könte nur die mensch-
werdung Christi sein. Dass schon mit dieser das alte gesetz zu ende gewesen sei,
kann aber doch unmöglich derjenige sagen, der eben hervorgehoben hat, dass Chri-
stas die Vorschrift des alten gesetzes an sich volziehen liess.
Der sonderung in Strophen zuliebe ist hier durch die wähl der interpunktion der
gedankcnzusammenhang nicht minder gestört worden als zuvor durch jene unglückliche
aussoheidung. Jones angeblich daktylische verspaar, welches den schluss von 2 bil-
den soll, ist vielmehr von 2, 3 — 4 ganz zu trennen und als Vordersatz zu 3, 2
mit dem anfang dieser „strophe** auf das oogste zu verbinden. Dann kann aber von
einer strophischen gliederung natürlich nicht mehr die rede sein. Nachdem die versa
zwischen 2, 1 und 2 wider eingosezt sind, lautet also nun das ganze: „Christas
brachte uns ein neues gesetz. In der zeit da er noch unter dem alten gesetz war —
das vorsichere ich dir — da wurde er beschnitten nach ebräischer sitte. Als er sich
aber nicht länger verbergen, vielmehr seine göttliche gewalt zeigen weite, so wie
ihn der vater gesendet hatte, da, an diesem punkte \ war das alte gesetz zu ende,
es war aufs lezte gekommen. Da kam für uns der heilige der heiligen, da verblieb
hingegen euer schmutziges gcschlecht' im Judentum und wird sich fortan niemals
wider zusammenraffen*^.
Was nun der dichter bei dem neuen gesetz, welches Christus brachte, im sinne
hat und was er sich unter dem Zeitpunkte vorstelt, wo das alte gesetz, dem sich der Hei-
land seinerzeit durch die beschneidung unterworfen hatte, aufhörte, und wo er sich nicht
länger verbergen , sondern sinen gotlichen gewalt ougen weite — das kann nicht zweifel-
haft sein. Es ist Christi taufe und die mit ihr verbundene Epiphanie. Wir wissen ja
insbesondere aus Usenors religionsgeschichtlichen Untersuchungen, wie sich nach der
ältesten christlichen tradition erst bei der taufe die gottheit auf Christus niederliess,
1) Dem dichtor ist der räumliche begriff von ende und tmm so lebeadif g«genwirtig,
hier, trotz der imgenaaen anknüprong an den Tordorsatz, dd yerwendet.
2) Ob salbe same so mit Scherer za erklären sei , mag zweifolbaft sein ; der gedankengang , auf
den es hier ankomt, wird dadurch nicht anders.
ecmiüDKR 557
und wie dio wnrte rlsr himmlischen stimme nrsprÜDglich lauteten: vldg fiou tlaC- tyä
a^ftf^ov ytyfnijxii Ol, Annb nachdem die lezten weite durch die liekanten tr aoi
ti'Söxijaa ersezt waren, bli^b die feier der Epi}>1i&uie bestehen. Sie geil der eigent-
Ijuhsn ersuheiniing Christi, der offenbarang aeiner götlicben nutur durch die taufe tmd
durch den beginn seiner wandeitätigkeit Auf diese beiden momenta beacbränken
sieh noch die Eiiiphaniasptedlgten des Ambroaius. Dann trat als erster akt der Epi-
phanie die anbetung Cliristi durch die drei kÖDtgo hinzu; man vereinigte seine feier
mit der der beiden anderen okte, indem maa annatim, duss alle drei ereigoiSRe an
demselbim Jahrestage geschehen seien. So wird non die anbetung, die taufe und der
be^'nn der wunder neben einander orürtert in den Epiphanias predigten z. b. des Hil-
debert von Tonre (Migne ITl, 4I0fg.|, des Honorius von Aatuu (Spec. occL Migne
843 fg.), dos dentschen Anonymus in HofFm an ns J'nnd gruben 1, 85, In den kreis .
solcher kirchlichen traditioncn flllt der inhall ntiserer Strophen. Mit der boziehung
auf die altlestamontliche prophetie und mit der hervorliobiuig, dass es nun mit dem
alten bände zu ende sei, begint Hildohert seine Epiplianiaspredigten. t>en gedanken,
Utas Jesus sich eine zeit lang dem alten gesetz unterwarf, dosa er sich damak und
deshalb beschneiden liess (dir itU er in der alliyn S «a», dS aart er br^nilm}, daas
aber seine taufe das ende des alten und den beginn des neaen gesetzeH hezeiuhnet,
epiiubt z, b. Ambrosius in Calat 4, 4. Ij aus (Migne 17, ap. 359): {fHlim Dei) aiUffi-
eians k legi usqut ad lempus bapti»mi und salraXor^i aulem aemsie erat
fitri stA lege quasi fUium Ahrnhae jfixta ^am«m, ui eiraimoiim» apparerel it
qvi promitftis Ahrahae etc. Aber ideo tittro nemirtem opartuit cireumeidi,
^ia lamdiu mrurrit aigiium quoadusque ttnirti , qiit prominsug fueral Texia/umm
qua juslifiealu» M< Ahrahatn in prarpulio, ul rrrdi^libua non ojiun ail
&\a die erscheinung Christi bezeichnet alier Ambrueins die taufe und
den beginn der wundertHtigVeit: ergo quia tune primum apjHtmit Salratur in mundo
ipga dlt» evdi^n roralmlo f!pip/iania nuneupata est . .. Etsi prtus natva ex F*V-
9*Ne oeulin eamaliliuit vidibutur. tarnen non apparebal (er laugenle nih), qutmiam
virtulem eftu adhuc fidci acics ignarabal; .. . postea enim qttam dirinilaUm suam
miraSüibuB declnranil, (er voll Hiirn goleliehen gewalt ougen) kumanis mentUtut
toMquam novttg el inopinatut apparena. Ambroaius sei'mo VTII de aauuta Epipha-
1 (HIgne 17 sp. 019). Vgl. Rildebort am Epiphaniastage: dical eeeietia: ^do-
10 Jmu, in fiatali ttto inrenlus et kabitun ul homo . . . appare ergo hodie aeoi»t-
Atm quod fedes etiam super Cherubim*, et sie factum est Migne 171 sp. 410. In
deutschen ijnellen wird der gediinke teilweise mit denselben werten wie in der
Smaerchronik ausgesprochen, sc in jener Epiphaniaspiedigt Fdgr. 1, 85: da macht
*r da*, vaxuer xe wine; itax aas si» erstex, xeifhen . . . dii er bredigen begmuU,
damit er sinen gotlXehen geieall eroffenle; und mit besonderer hervor-
bebang der taufe als des entscheidenden Zeitpunktes Ezzo, Aneg. 15, 1 »ä duo näh
d»r toufa diu gotheil sih ouota.
In die reihe dloaet gedanken fügt sieb dann weiter bei Ambrosius wie in der
Küserohronik der gedanke an die vorbildliche bedeutung der taufe Christi: praeodit
Christus per baplistnum, ul Christiani post tum confideater populi tubse-
fuanlur serni. de E|jiphania V (Migne 17 sp. 627), und in teilweise wörtlicher über-
tinstimmung damit der schlass unseres „liedes'
(4.) Alle di nu Christen sint,
di lutixerti alle gottet chtnt.
rv7i diu suln im sine holden
in der [hiren] taufe näeK »olgen.
»utlhe litt rfww gefe)(A»N lietmf rollextfrU
di hetitwfU di tp^ne diu tiiemtr xtrySI,
Aber auch der bUhar nuuh uielit erkliirto ve« 2. 1 er int witvr aU 4tr *tti üi •
die Uure xu tlriulen. Er ist ein biMleulDanies biDd<i{;lits(J iwiMthen itm luamn «tf
die mcssianlRcbo weissagoDg in Rüdigers erster straphe ddiI drm gedankcn d«r ük»
gen, dans Chriotiis mit dor tntife das neue gesotz begrünilet hnbo. Du rem bosiilit
sich auf Psalm &0, S lavalri» me et »uptr nitem dtalbabtir. Er Wa^ ^m (die
aooeot istaaffr tu Ionen): „düi^Miige, rou dem David propbeseila, dann er welaHrni
werde al» der aohoou, ist uiumand aiidcts als Cliristus'^. Diesü dnutung *
bosondcre auf Uatth. \7, 2 el tratufiguraiuB eil ante eo*. El raplmduit fi
tiieut »ol, Tenlimetila aiitem etun facta »unl nifia »ifut nur. Das weim wiin
lugleidi auf dJo reinigung durch dio taiiro Reutet. 8o »agt ÄmUrusins de n
VIU (Migne Itj, 3!I0 fg.) voo der taufe: Aceeinafi poxt Imee reaHntenia ei
ftw%iw ijixiV l^ophda . . . larabi* tim et aaper nivm dealbn/i/yr. Qiti i
iixalur ... ridettir cant muHdatus . .. teevtidum Eeangelium, tjuia l
Candida vettimenta *ii^jtt nix usw. Dbku vargleiche man Orcgoriii» in Cantso. Ow*
tio. V, 15 Spcfit* fju» ut Lihani. Inlerprttatur avltm Lihrattc» d«albatirf »Mrai»-
didalio . . . per eiim eredente» deathamur uud elNOda li IV, B Libama ^ipft
deatbatio inlerprelatar. Quid ergo jicr Libamim aigi baplisma inleUiffilir: Dod
IV. ITi in baplitmo quippt dnaUtamitr. David bat also Christua in imina w>»1«d
:(ugluicli als den begränder der taufe prophozeit nnd der vera gohbrt dniniiacli mit
dam folgenden er bräht utm ein ui'uue r auf das engste lusaramen.
So behandeln denn nnn die ßödigers liedo entaprochoDdeo venm in dandiaiiB
oogeinesBoner gedankenfolge doxcliweg ein ganx liwtinit li(;gn>niloji tliiima: OtriaÜ
begrnndnng des neuen gesotzes doroli die taafe im Verhältnis aum judontuiu aJ* deta
alten gasetz nnd besonders im vorhiilt^ia lur b«<KRhnpiduug. .Die jüdiaohoa pnipliaka
selbst haben Christus gewössagt; eine wüsaagung Davids beiiuht sich sogar auf CluutW
als begrüDder der tanfe, mit dar er das neue getieti gebrauht hat. In der leil wo Qbti-
stns aoiAt anter dem alten gesotx war, hat er aiofa hextiluieiden lassen. Ala «r ^«i
mit seiner göttlichen gowolt ofTen heirortrat, da (mit dem aug<mbliuk Hiincr »piphanit)
war anch das ende des alten gosctzcs gekommen. Für uns kam da dor h««ljge dar
heiligen, itir atMr bliebt beim Judentum und soid dafür für allo Seiten ler^tivaL Dia
Christen sind nnn Uottes kinder; danun sollen ihm ulle. diu ihm ergt-liun Hind, iu der
tanfe Dai^hfblgeu; das bringt ewiges Istten". Dieee duruhwog dnn jüdisuhun ntandponkt
berücksichtigenden ausfühmngen sind als« an einer stelle in dirvkto anradn aa üa
Juden, ja in dem fibon bolinndelten tone ttiwäre nitgri* ieh dir dax in dimkt» adnidti
an einen einzelnen jndeu gebracht. Wie soll man sieh denn ein selbständiges IM
vorstellen, dem dieso «^rteningen angehörten? Sie passen elien nar ii
besttmte sitnatiun hinein — uud diese ist duruh die in der Kaisaroliruuik «or«
dtn Tenie gegeben. In d«r disputatian iwisuhen judnu nnd nhrivtjin hat ä
der Jade Didnscali anf die eJnsotxuDg das gceetGca der liexrhncidnng dorck (
frni. I>ie patriarohen und Hoaes hoben es orftilt. Jesus salbst habe i
hflbitisuber mtte besofaneiden Isswn, Wer dies gesetz muht hall« sei verloren. Utmf '
die sntwbrt: „gewiss haben siuh nlle Isrsreliteu besehneiden lassen, von
seifen bis auf alle dio iirophcten, die aber Bulien L!bristus verkündigten";
gehl GS in den mitgeteilten nnsführangeu weiter, die eine ganx gunaai.- c
anf diA hehnoptnngen des Juden enthalten. Dieser gniixo pa.'QUs, dnasoo \
ÜBER EllBKBCUROnK I
[Iwdenuig sich snhon als □nmöglich erwies, ist also offeubar von Tornberoiu für den
SUsammeDhaDg gedichtet, in dam er vorließ
Ich denke, das ollae wii'd genügeu, um dies „lied in dur K«iBerchrouik'", wel-
les adjou in den aeu^aten auflagen von Ooedckea und tod Kobi-i'steioK gruodrisB
lUkt, ans der dKutsohen litteraturgesohichto za beseitigou.
Nar erwartet mso viellmcht Doeh eine erUämaf; der „dnktyliHuheD" vei'se.
US sie tUr di« ab'opbiaohe gUederung nichts beweiaeo, da siu in einem falle gac
ebt an das ende, eondera iu den aofon^ der strophe fallen miisten, int schon
uoerlcL Dass bei d«a meiwUui von ihnen die daktylen niüht elms iwangsmittel
hetuaskuininen, davon kann sieh jedf-T bftim skandieren der mitgeteilten verse über-
leugen. Zn ihnen kernt nur nauh doa nttrbt bessere verspaar am sdJusse der eisten
Itmph«: vii der yolef fttm von himel an die erde ckom, eon einer magede mart er
•NA u trdiU gebom, wo Rödigur um des inetnuns willen trart er streicht, Heusler.
'Zw gesch. dei' nlld, verskunet s. 72, liut si^bon mit vollem roohtu bemerkt, dasa diese
verse keine metrisuhe Sonderstellung einnebmüu. Die Kaiaei'uhronik n-immolt von
iuben, bei denen iiii^ht selten ein daktylischer rhythmus viel besser durclixufiih-
lea wire. So ficdeo siob in ntichgter Umgebung unseres possus, auch no<:h in der dis-
potatiou mit Didascali verso wie die folgenden: dU rede uiU ich dir IxLt wtderteai-
Vttti diu ixt ain süle vor gute koI gehaHel, xtiner itärhaiU teirt er «« jdngast
<tHr brdht du svlUsl dich der rede bd* fiän beddht. tnU du in 36 grö*e>n sunderi
' ■nattcrben. du »oll oueh min rede noch pax verstau, sä uas oueh Abraham i goU
Ktp »6n»ckom 1« von der beamdunge niel. und na uiitsen Hoch nekakier hesnf'
niet; oder sonst im Silvester; düneuttUft dick ton der irügehail keren aö
ti lifm Ihiriielifn hirren (8240 fg.). lidi dir dax tt4t»nan getägen tiemäe
t&i&l). noch viinnivken herxe redintea nemde/t (8290). vü münigiu uünder er
iurh dii wörhte (8631), d^ über güiucel ir bä»iu geträe (8634). da »er-
ir minee irehlinea tehüre (8Ö3T). durok däx sprach er lirahel habe mich
an 8(t50 usw, usw. Ja wörtlich dieselben veme, welehe Itödigers daktylischen
Stropbenaa3gäiigi.'ii angelioren sollen, kehruo auch anderswo in der Eaiserchrouik
wider. Die beiden losten der 3. atrophe finden sieh nach 889/90 in der form iirer
{aalbt fehlt 1. 2) filme in ürahiie engcuamenöt eih niemer mire, wo doch von dak-
^lisehem rbythmiis gar keine rede ist. Und docb soll da dieselbe stropheaform eu
gründe liegen, und 891 — 96 sollen eine stroiihe bilden, obwol 891/92 syntaktisch
sieht sam folgenden, soadem zu 889/90 gehöi'OQ. Dass dieser stelle, welche Christi
die töchter von Jerusalem im tuisctiliisB an die bibel bebandelt, vollends
Aüht, wie MüllenhoIT meinte, dasselbe gedieht zu gründe gelegen haben kann, von
mitgetoilten Strophen konstrnierto, geht aus den obigen ansfüh-
nngan Aber deren inlialt E»*eifBtlo8 hervor. Übrigens bat fiödigei im Rolandahede
dieselbn cbarakteriatische vienduug nsc^h gewiesen («o ne gesamnet »ieh der
trÜiiMheii fre hintie rure nimir tnfre), was nauh Bchrüders hypothese über den
verfosaer der Kaiserclironik widcvum dafür spricht, doas die fraglichen verae dieeem
Ibet luiuweiseii sind. Niuht bemerkt luiben RöiLiger, Mülletüioff und Schröder, dasa
leh die beidrn leiten veise der leiten atrophe Itijdigera sich schon früher in der
ihronik finden. Die ointige wirklich ganz daktylische zeile des ,liedee'' 4, 0
0 der feiTU der benixtet di antnne diu nienirr xvgäi sehen 8859; 4, 5 bildet
Tonn ici7 du an dem gelouben denne rollealiin don v. 2973; strophlauhe glie-
komt beidemalit nicht in belrarJit. In allen ^en handelt es sich einCanh um
widmliolung der eigenen verse, wie sio bei dem dichter der Kaiserohrouik in so
soo
'. TWT
xablreichea beispieleo naohgewiesen ist, und die trt, win nr sin widarkcdl
dtma Hie ilini nicht als t^standtoile oioer BtrophiBchea form Kttlten
Ww tob Bolion andeutete, bat äolirüder oicht soblecbtw^g Rödigara i
lUgeDominon. Die berstelluDg der beiden ersten bexeiobnHt er als UDijicbflr niid 08"
nuHsRhoiduugen , mittels deren Bmligor zn ibneo gebuigte, nimt nr nicht vor. Atwr
die dritte und vierte stropbe, meint or, seien deutlich erhalten. Da "t abxT nach
B«iuer inteT|junl[tion den vura 3, 1 tu Rödigers tweit«r stroiibe siciht, während nr ihn
durob pnnkt vom fiilgenden trent, sa veratebe ich nicbt, wie sr in 3, 1 überhaupt
einen stropbenanfang selten Icann, geschweige denn einen duutikuhen. Dbri|;eoa eet-
spricbt auch seine intcrpunlition nicht den nnfoTÜcrnngen, die sich ans iem i>bea
öMsgoführten ergeben, Die veree dif trU iv in rfw altm f wa» usw. ninht «r in tr
brdMI uns ame niat f. sbklt zu dti wart m- be»ftiltn, and die verw M rr »iek nAt
langer usw. sind weder Tom vorberfehendon aubarf getrent noeh als *
da uoM der alten i tniU gefasst
Andere dichtungen als die Crescentia nnd die beiden Üeder aus dor^
cbronik herniwuuichäleu untemimt ttelifnder nicht, wenn er auch x _
dasB in deiu leisten teile des weiteB widenim EWei kleinera gedichto bonuct ■
Die aelbatündigkoit dea FanstäDionus lelint ot luit tvoht gegen Scberor ab, ebauo
natürlich die des Silvester, dessHn Bugehorigkeit xur cbronih inzwiauheu durch iia
Trierer frngniente erwiesen war. So bleiben von erkenbnren spuren aelbatäodiear
L der Eaisercbronik nur annh die aus dem Annolicile und die an* dOB
18 priester Arnold stammundon stiicke. Aber auch da.'«, waa von von-
herein fiir die chronik gedichtet war, stamt nach Schröders darlegnng nir'ht vod ainar
band. Ein ftlterer Regeni^burger geistlicher hat die eiiil«itung, den Tiberius und den
Silvester gedichtet, auch den plan des ganzen werkea ratworfsn. län jiingvrur, pMh
Konrad, der dichter des Rolandsliedes, hat sich schon la lebxeiten des Utenn i
dem werkä beteiligt und nach dem todo denselben die grosse dichtung zu «ode |j
Die auf a. 03 rg. bofiirwortete annähme eines dritten mitarlwiters lieht 8abr0
ter (b. 439) xurUck.
Von grijstem Interesse wäre es natüi'lieh, wenn sieh von der arbeit d
dichteis noch etwaa in einer alteren Taasung nachweisen llesne. DuriJi ein« oingo-
bende vergleiohung der Silvosterbraohi^cke mit der Kaiserohronik nnd der latM-
nisohen qUL'Ue hatte Bödiger Ztsolii'. f. d. a. 22, 162 Tg. lu etweiaou gesuohl, dias
EWisoben deti deutschon dic^htungen kein unmittelbaros abbängigkuitsverhültuiB bwlidia,
dass sie vielmehr beide auf eine lUtcre dtmtxoiic relmdminik xurüukxutühnui nuton.
Für die uDabbfingigkeit der Trierer fj-agmente (S) von der Kaiiorobronik (KJ Kinlelit
nach Küdigon ausföhrungen iusbesoodere der umstand , daxs S vielfach im gegaiuali
an E mit der lateinischen qaello, dar bei Mombritius widergegebenen venimi itar
SilrcBterlegende, übereinstimt. Dem entsprechend bvxeiuhuut denn auch ScArCilar
8. 43 (vgl. Öl) die Trierer ftvgmonte geradezu als ein ittück von K I, d. h. von den
werk« des ältesten dichter«. Dagngen erklHrt er in der aumerkung xu 7W(), daaa tr
aicb inxwisuhen von der nnhaltharlioit der in dnr sinleitDng angcnomminian oniudil
Rüdignrs überxongt bitbo: .Dichta üi diesen brnchslüok'.-n weint uImjT die Raisereliraoik
hinaus rackwArts, es ist mir vielmehr itarofaaus wahrauheinlicb,
Ctoe (rreilich »ehr gute und alle) tiandsubnft der fbronik vor eich halle and a
dieaer di« quelle der obronik, di» AuU 8. Silvestri (btn Uombritina U, s
•enwündig neu benoate". EH wKro xn wünstdum gnweson, i
a hillte, was ihm gI^g^n RJldigers sehr beaobtengwatto p
gvrur, pMh
«ran oaHMB J
t ümWIH
661
I leider stim-
, streicht das trider,
Hob entsobeidend gewesen Rei. So maas man schon selbst die ganze verglr-ichuag der
1 vornehmen. E^o solche hat mich allerdings auch in der hanpt-
'feacho xa Sohröders nener außaäsuug bekehrt. leb luinD hier Datürlioh nicht die frage
in allen einseinen punkten bebandeln; con besonderer Wichtigkeit ist tür mich der
folgende. In der Kaiserchronik gilt, was Rodiger entgangen ist, Helena vor ihrer
taufe doitihweg nicht als Jüdin sondern als heidin. In dem biiefe, den sie an ihren
a Constatitin nach seiner bekehning Bchreibt, heisst es:
du «Ott virier an imger gole jtken,
diene den tnil trimen.
Die handschrift 2 liest una(mi ^l. I. 6. 6 haben dem st, den;
a handsoliriften übercin. Rodigor seit den singolür
ndcm er es für ganz verkehrt erklart, und nachdem er so die auffordcnuig zum hei-
ratom innicitzukehren in die zum Judentum üt«rzutreten verwandelt bat, tadelt er,
} Helena im weiteren inbalt ihres schräbens gar kebo gründe für den vorxug des
disclien glaaboas geltend eq machen wisse, dass sie den Conslantin dagegen auf das hei-
kel seines heidnischen vaters Coostantius hinweise. Aber die Kniserchronik sagt eben
lirgends, dass Helena Jüdin gewesen sei; sie bbxI überall voraus, dass sie, die Triererin,
t ihrer bekehrung keinen anderen glauben als den heidniacheD ihres gatten und
s Bobnee gehabt habe. 8o spricht denn auch aas dem ganzen briefo an den söhn die
entrüstoDg darüber, dass er diesem glauben nntrea geworden sei; und als der söhn sich
dagegen rechtfertigt, droht sie ihm, als eine echte übele heidin, sein ganzes reioh zu
3 der obristlichcD bctrngerei lassen wolle. In 8 dagegen
ihreibt Helene sehr vereohnlich. Sie freut sich, dass Constantin dem gotzendienst sei-
r vorfahren entsagt, dem glauben an einen gott sich zugewendet habe; nur mbge er
a statt des Christentums das Judentum bekennen; dann werde er werden wie Balomon
d David. Von Constantins antwort und der darauf (olgenden drohung der matter Qndet
] S nichts. Alles dies entspricht im gegensatze zur Eaiserchranik bestens der
heischenden tradition, nach welcher Helena Jüdin ist, nnd es wird deshalb von Bödigar
r ursprünglicher gehalten; es stimt auch, wie ßödiger zeigt, mit der lateinisohen
qaeUe nberein, und das fiUt natürlich an sich für S in die wage. Gleicbwol Ifisst sich
nachweisen, dass S hier die fassung E vor sich gehabt und geändert hat. Auf Helenaa
Arohnng sehreibt ihr Constantin in E einen briof, in dem er ihr alles liebe entbietet,
in eohn seiner mutter entbieten solte, wenn sie von ihrem zorne ablas-
'olte. Hiervon weiss die quelle nichts, and auch S solte nichts davon wissen,
I es ja ebensowenig wie die quelle Helenas zornige drohung berichtet hat; trotzdem
t auch 8 diese verse; es muss also hier den text, der die Voraussetzung fiir
Belben enthält, d. h. eben E, zur vorläge gehabt haben. Und ebenso ist es im
gendeo. Auf gnind der annähme, dass Helena heidin sei, fasst E den streit, der
hrischen ihr und Constantin zum austrag kommen soll, ganz nach dem vorbilde des
genwSrtigen gi-ossen kampfes zwischen cliristeatum und hoidenliun, ganz nach dem
voibilde der kreuzzüge auf. Dass schliesslich bei der dispntation gegen die Christen
nur das Judentum zum warte komt, hindert ihn nicht, Helena ihr« disputatoren aus
nsd Juden zusammensetzen und sie ein grosses heidnisches beer zusainmon-
Eu lassen, gegen welches denn nun die gewaltigen christlichen scharen Cou-
, olle mit dem roten kreuz bcxeichnet und nach den Für die lu^uzfahrer gel-
1 gesetzen ausgemustert, über das meer beerfahrten; und zwar geht der zug
h Tumz, wo die dispntation statSnden scU. Alles das ist natürlich widerum der
) fremd; es findet sich aber in S, das doch Helena für eine Jüdin hielt, ebenso-
wol wi« in K, jft, obwol S hier uftch der qaelle ein in K fshlendes sdiroib
BliotinB eiofliutit, naub velobem di« disputation ia Koin sUtiiniiaD eoü, :
nuhber ebenso wie in K Torax der ort, wo üu abgohalten wird. Alloin wird 4
die kroDe dadurdi nafgenezt, doss Helaon nach ei-ufnung liet vi'te&mlujif; ilurcb mu»
der quelle wider feblendo rede des Silvester nickt nor in K, sonili^ru auch i,
nrnahat wird, dio verelining der goldenen und nlbornen giitter nnfaugebna —
die uaoli S zuvor den CouBtaathi begtiickwünacht batte, daas er meh von d«n fcoltai
dieser abgötter dem des öineu gutlea »Qgvwant hubel — In 8 stehen hier aUn an
widerstreitende auflasBungeo nubeu oiaander, wie aie unmegllob dorn köpfe ^iiie» <lidi>
tera ents[iniiig:en äeiu kennen. %e urklüren sieh über aebr einbob dadurub. 4asa 6
eine wenentlicb mit K übereinstimmende vorlag« aas der labiinisuben quelle tu argto-
sen und au berichtigen suclite, ohne doch dabei nlie konsequi-nzMi au licbvn. ^
bei einem durcbaua einsichtigen und soi^fiUtigeu verfabreu bMten gntogett )
müaieu. Ibt aber einmal □ aehge wiesen , da«s 8 die lAt«inii«che nuvüe und I
einander bcuu;ite, ho beweist seine überüinatimmuug nut der eHtunoi g
haupt nicbt» mehr fiir da» olbir von 6.
leb mu3a es mir vomngeD, auf alle anafiibrungen der godiegenim tdnWtMfT I
einiugehen. Von bwoodernm interaase fiir die deutsche UUeraiuigeecbichtn aind did
amleutungen über dat vuiliältnis der EaiserohronLk tum Rolandslied. die SchrMv
anr stütze seiner bebanten hyputbeae vuu der idoutiUt des verbssers dm baid«
dicbtungcn schon bier gibt. Ibre weitere ousführung wird anoh die frage nkdi iar
ansammcDüeteung der KniKcrchronik wie die naeb dem ausaninicnhaug wiebügm l/f-
(«Tarischer erseheinuiigen des 12. Jahrhunderts wider aufnehmen
mehr in seinen einzeüieiten beleuubten und dsj'slelluu. So aehen wir dem b
Konrnd von Bdgensburg mit s{i&uiiuDg und mit guten erwarlungen a
aueb schon für das vorUegende werk gebührt Sabrödcr der dank aller Uahga
BRESLID. F, VOOt.
1 Juli UM Sebmedes.
dluug fusst nuf der scbrift roD
Uutersuehuugen über den »til der open ßother, NibeUnganli^
r disHortation 1803.
D Heinzol übvr den stil der tUg
poesie (1875) und sucbt die dort (iiv dio alliterierende possie nachgewiM
regeln in de>u divi hervorrageuddlen volksepen der mhd (■eriode te^tzustellwi.
gegenständ beschränkt sieh daher auf die epiafben tugentümlicbkäiteu im gebnudb
des e)utbelons, dee pronem^ns, der npiKtaition und der in {farallden satttKileu, attaoa
und satzverbindnogoD erscheinenden varialion der auasage. Dur vurfauer hat den
auch bei dieser boBchrttokung immer noch reiobeo stolT methodisch geaicbtet und mit
Sorgfalt lusammeogeatelt (g IT ist N "19, 2 irtänüich mit anfgenonimi
lung ODtbtilt eine reihe iuterosaantei und für die erklürang, xuweileu aauh tbi dJa
textkritik brauchbarer beobaublungen. In der aulliuisung jedoch iJbiit uuh der vuCm-
aer tu aohr dureb Heinzele auf noch andoron voraussetiunguu banibundvs urtcal
bostimmeu. Die vorliebo für malerischen und paütetischoo ausdruck kann t
die Ursache gewesen sein; eine bis in die filtere periode hinaufiaic-heiado t
teobuili ist aiebur noch teilweise wirksam gewesen und l&ast sieh n
suobungen niobt in abrede stellen. An rein formelle gründe, die <
poasie erst hervorgebracht waren, denkt der ver&sser aueh, hat ihnut ■
geringe bedeutung beigelegt Das r«imbediit&iiB an sieb muslo >■ b. )
iisbQo Tunrcndtmg der mit fnaH, telp, meil, degsn, rieh, guet gebildeteo epftheta
radexu heratisrordeni. Wenii daher der Verfasser an den „iDterpolBtoren" des Nibe-
ngenliedes lobt, dass eis jene eigentümttchlceiten nix'h in beträehttichem amfang
^pn, 90 wird daa nur ein scheinbarer vorzng sein, lumal die Verlegenheit wegen
Dang des versee oder der strophe oft zu ersiohtlicb ist. Ühntich wird man über
las ei^ebnis nrteilea, dass die drei redaktiooen in bezog auT diese altertüniÜehkeit
tfes »tils sich etwa glaiehstehen; man wird di^ahalti audb den rolgeruogen b hezug
■nf die grösser« Originalität in A oder in B niobt zustimmen können.
TBÜB. KMIL S£TTmR.
Das drama dos inittelalters. Herausgegebäa von dr. R. Fronlng. [Kürsctmars
üeolwJw nalional-littorator. 14. band,] StuttRart, Union. (1892.) VUI und
1008 a. 7,50 m.
Das droma des mittelalters in einer gesaniiübersicht anter widergalu der besten
. wichtigsteD erzeugnisse sur darstellung zu bringen, wiir eine sehwierige aber
inkenswerte aafgabe, deren läsung bisher noch nicht gegtüufct war. Zwar war der
Benhaftis steif duroh eingebende anteisuahnngen über einzelne spiele nnd spielgat-
ngen und durch herausgäbe von spielen vorbereitet; alleiu die kritische sichtang und
lEWshl des 2U erstannlicber höhe angewachsenen materials, wozu sich dann noch
odeohriftliche, bis dahin kaum bennzte oofzeicboungen geselten, erforderte eineu
IMDeDen nnd nachdenkeudeu forscher, dem gleichzeitig ein grosser zeitiaum nnd
iche ninsse für die bearbeitnng zur verfügang stehen muste. Dr. Froning hat sich
mr sohwierigen aofgabe mit lobonswertem eifer und bowondernswertcr ausdauei
mdmet nnd sie zur voUeo befriodtguDg aller beteiligten kreise gelöst. Er bat dem
I der Eürsohnerschen samlung entsprechend zunächst dem grossen gebildeten
niblilnuH das Verständnis des mittelalterlichen dramas vermittelt, indem er in der Tor-
i ausgäbe die spiele in ihrer dramatischen bedeatung vorführte; er hat aber
l> den fbrderungen der gelehrten kreise reohaung getragen. Denn die einleitungen,
9 den betreffenden abschnitten und spielen vorangeschickt sind, geben den wfln-
lehaaswerten auAiihluss aber die entstehung untl Verbreitung der spiele, sowie über
B handachriften nnd die vorhandenen ausgaben , und die texte sind faßt durchgängig
r Zugrundelegung der bandschriltlichen Überlieferung nach den besten ausgaben
Dazu kommen sehr sorgfältige wort- iind sinerklärungen , die in die
imerkungen verwiesen sbd.
Auf den folgenden blättern werden wir eine Übersicht über dsn iobalt des
nfangreichen Werkes geben und daran einige bemerkungen ansuhliessen.
Wie es natürlich war, geht der rerfasser von dem gedanken aus, dass das
amatisch angelegte ritual der mittelalterlichen kircbe der aosgangspunkt für das
ama gewesen ist. Der kurze Wechsel gesang zwischen den drei Marien und den
Bgdn am grabe bildete die gruediage für dio lateinischen osterfeiern, mit denen
^ verbsser naturgemäsa sein werk begint. Hier war das feld durch Miluhsaoks,
Inges and Wiiths Untersuchungen geebnet. Nach einer sehr ztveckmIfSGigen , die
DtwichluDg der osterTeieru ie Deutschland darlegenden einleitung werden naub Langes
t eeohs lateinische osterfeiei'n , nümbch die St Oaller, Bamberger, Strossburger,
, Augsburger und Nürnberger zum abdruck gebracht. Tjan blieb jedoch bei
Br tdnfaobeu osterfeier nicht stehen , sondern man löste sie vom gottesdienats
M erwnterte sie in einem ostetspiel, führte die deutsche spräche ein and fügte
i
weitere aoauna kinxu, uaineutlioh die krämeracönu. Als den värtroter daa oiu dM
osterfeieru hiirvorgegtuigeaeo ilramu bat der Verfasser das im 13. jabrtinndatt MiMn-
doDB Trierer oatarspiel natih der vielioicht dum 14. jabrhtuulort angshöroodaa liuid-
fichrift der Trierer Btadtbibüotbek abgedniokt, I>& jedooh dioeem osterspiole, «fawid
es diu ^^rundlage für allo ostorsiiiele der ersten gattung bildet, nichtig« eueneii feblwi,
HO bat der vurfasser die kr^mervi^ecie aus dum Wulfen büttler uud dem 3. Eriaa«
spiele (die deB lexteron eaUiült allein 942 verse), Boduin die Tbonms- and apoMUl-
BCene aus dem lunabrucker und WisDer osterspiel und die spostelscebe aue dem Stw-
zinger OBterspie! hinzugeriigt. Sodann folgt s. 107 — 198 dar abdmck des Redeatiiwr
osterspiots als dos vertrotere des in-eitee eatscbieden volketü milch gehaltenau CMet-
dramas, dessen handlung b gewissem sinne wirklieti dramattM^h duruhgsfubrt wurdn
itit. In der eialeituDg eu diesem B|iiele spricht eieh dar berauagcber libur dio IM-
denz des dem eigentlichen ostenspiel ongefttgtea teufelsspielee so aus, das* M Tom
bösen abschrecken und dem zasehatior die mittel in erinnemng bringen solle, mit
denen man deu teufelu begegnen könne, während das oeterspiel oder oigejiülob da«
spiel von der aofervtehong Christi sur naohfolge Cbrtsb ermutiguo doUd. leb kaoa
dieenr ansiebt nicht beistimmen. Wie in allen oeterspielen der uweiten art dio tanM,
die durch die darstellung der höUenCahrt Christi eingeführt worden, xu ciliar fae4«D-
tungsvollea aktlon gelangen, so gescbieht es aucb im Bedentiner spiele, nur dass üb
teufel hier in einem besoodern t«ila des Spieles uud in grösserem xusvntnAnhaajia
als in den andern oeterspielen aoflrelen, während ihre einfüguDg mit gleiuhem swoeta
wie sonst geschieht. — Zur herelellung des textes bat heir Fronisg die Kvlmite
handschrift benoEt, nod die zaUreieben abweichangon von Mone wagm Ten te
ausserordentlichen Sorgfalt in der benutinng. Die litteratumacb weise über lUa BmUs-
tiner spiel u^beiuen mir jedoch nicht vulatändig zu sein. Es febli.<& lAtnndurfli gat
Woestes aufelftze. Interessant wäre d«r nachweis des franzosischen uinfloesm giituwii,
worauf Ooedeke hingewiesen hat.
Als anhtuig zu den ostorspiolen wird das Tegemsoeer drama vom rStniaclMB
Kaisertum deutscher nation und vom antichrist nach Zezschwitz und das cuttaf^pid
von Muri, das älteste deutsche osterspiel aus dem anfug des 13. jabrfaundarti, aank
Bartsch gegeben. Das erstete, den Ltidus pasohaUs de adventu et iutarita AotiohlVti,
kann man doch nur insofern ein oatersplel nennen, als die darin angedeutete wUm-
kunft Christi zu ostem erwartet wurde. Nichts desto weniger mOohten wir linmi
gedankenreiche symbolisierende erzDuguis der frühsten litteratorpehod'j in dem tnf-
liehen werke Fronings nicht entbehren.
Der dritte abschnitt behandelt die passionsspiele. Ünl« diesen namon wortai
nicht nur diigouigen spiele begrifFeit, die das leiden l?hri*ti mit der vor^MohkUa
verbunden aohildoro, sondern auch die frouloichnamsspiele uud di^enigun spleJe, di*
sieh mit der himmelfabrt befassen. Auch worden die Marieukloge und da* Moni-
Magdalena -spiel In die passiooespiele aufgenommen. Die 18 vcrsikel dc4' Uari«DUi(i
werden s. 249 mitgeteilt und daran s. 251 — 3ü6 passend die Li«chteDthnlor Mailfa
klage angeschlossen. In den urhalteni'u passlonsspielen zeigen sich drei eDtwlekliU0>
stufen. Die erste stelt das Bunodictbenrer dmma, das bächst wahraclMinli^ fiM
13. Jahrhundert gehört, dar; die zwoite das Wiener spiel, dos rielleicbl noeh 4^
13. Jahrhundert angehört, und das Frankfurter s|>iel des kanouilnu am Baitlmlimfw
Stift Baldemor von PeterweS, von dem nur die dirigierrolle erhalten ist Den Ahw-
gxng zur dritten stufe bddet das SL Ooller spiel, die dritte selbst stellen dm qAm
Fnnkfuittr spiel von 1493, das Alsfsider und dis Heidelberger <Ui. An in ^■—
t>66
i werden die Terscbiedeuen entwioXlaogBstafeD tretTend iiaob gewiesen. Auch
B bühii eil Verhältnisse werden bei diesem abschnitte erörtert imd die bühne des Als-
r passioDSSpisles abgebilüot und erläutert Femer wii-d eine □oclibildiing des
laueschinger bülinsn|]Iaiiea gegeben. Sodann folgt der abdnioli des Benedictbeurer
aiotiBspieles nach der handschrift der Munchenor hof- und gtaatabibliethek. Der
;eigt. doas der sonst gerühmte Scbmelierscbe t«xt der Llaciuina Bunna durch-
■na fehlerhart ist; das lehren die 8. 300 und 301 gegebenen nbweicliungen Sclimellera.
Za den fünf vorhandenen drucken, die der Verfasser 8.283 anm. 2 anführt, komt
noch der Goedekes in der Deutschen dicbtung des mitteklterB s. 9TI— -97G. Eine
ioteroaptote beigäbe ist das facsimile einer aeita der handschrift (s. 288). Au zweiter
stelle wird das Wiener paasionsspiel mit vielen emendationen des Haaptsubon toxles
BbgednickL Gans besonderes verdieost bat sloh aber diT verfaas^r durch die heraus-
s dar beiden Frankfurter spiele erworben. Die einleitung verbreitet sich in muster-
ter dorat«llung über die der Frankfurter stadtbibliotbek nugehörige hsndaobrift der
'igierroUe, ihr alter and ibren Verfasser, über den aufbau des spieU und die bejiu-
lagen tu anderen dichtnugen. Dasselbe gilt von dem zweiten Frankfurter spiel -von
das bisher noch nicht veröfTentliobt war aod dessen bandsobrift von dem &ü-
i Stadtarchivar zu Frankfurt, jetzigen ai'chivdirektor in Schwerin dr. Grotefend
I Stadtarchiv zu Fi'aukfurt a. H. aufgefundeo worden ist. Diesem drama ist eu
a gnippen- nnd figurenreiches bild, eine krouzigung aus dem 15. Jahrhundert,
Btädtiachen muscum zu Frankfurt in abdruck boigegebeu. Im anbacg xa
Frankfurter passionaspielen werden nachriobten über aufführungen geistÜeher
n Frankfurt aus der zeit von H5Ö — 1515 gebracht, die zum grossen t^ile aus
rgermeister- und Btadtrechnungsbuebem stammen. Sie sind ausserordentlich
Eihtig für die kulturgescbichte Frankfurts und ei'gänzen wesentlich die darüber
uf«ii ootizeD, beaoaderg E. Menzels mitteitaagen. — Es folgt sodann das Alsfel-
dv passionsspiel , dessen eiste auffübrung mtchweisUcb im jabrs 1501 statfaud. Wir
baötiea zwar schon die trefliohe ansgabe von Grein, allein die vergieichong der in
Kuwl befindlichen bandschrift , die bekantlicb ein zu^ vor dem Untergänge rettete,
müMt «ine reihe von lesefeblam anf, die nuninebr beiicfatigt sind. Aach hier fehlt
dia ehankteristik des Stückes nicht. Der toxt des 8095 verse zählenden Spiels
it die Seiten 562—657.
Der vierte absohuitt behandelt die weibnavhts- und dreikönigaspiele. Es wer-
1 1) Ordo Rocbelis nach Weinbold, 2) das Benedict beuror weihnaohtsspiel nach
r Ufinuhener bandschrift, 3) das hessische weihnaohtsspiel nucb der Kasseler haud-
t und 4) das Erlauer dreikcnigsspiel nach Summer mitgeteilt. Herr Froniog
t die entstehung des hessischen Spieles, das wir in einer mangelbattcn ausgäbe
tzen, nach Alsfeld und scbliesst aus nianuigfacben ahnlichkeiten mit dam
IsTsIdtr passionsspiel in sprauhe und in der art der einführung der teufel: dass es
1 Alsfeld entstanden ist. Dazu kernt oocb, dass in Alsfeld im jalire I51T
t wnhnacbtBspiel aufgefühtt worden ist
Im lezteo abschnitte er&breo wir etwa» von den fastnachUpioien (s, Ö55—
¥1], aber leider wird uns nichts erschöpfendes gegeben. In der einleitung wird die
eittstaliong der fastnacbtspielo besprochen, auch der volkstümliche Charakter derseU
bwi barvorgehoben und auf ihre kulturhiatorisahe bedeutmig hingewiesen; zum abdruek
' wardan 5 spiele des 15, jahrhunders gebracht, und zwar drei von Bons Rosenblüt, eins
CFdIz, und eins von einem uubeksoten Verfasser (es ist das spiel vom kaiser
i kbt); allein ich meine, dass aus der grossen fülle des mateiials der fast-
J
f)86 HACJffiHl., ÜBSB NOSTTR, PREDSS. HAL-StULTDtO Bl. LIIUMKTU
naohtspiele zu wenig geboten wird, um dem leaer ein genügendes bild
gattiing des mittel<erliohen dramas xo liefern. Offenbu haben faiei äaecre r4tt-
riohten obgewaltet, da der umfang dea nerbes achoa m uiMhnliaher ausdehnut
godiehen war. Ee würde noob meiner ansieht ricbti^ror gewi-sm sein, für die IM*
nacbtspielo einen bceanderao band Eti bi?stiinmen and die übrigt^n ri^r abaohnitta ta
einem werke mit dem iitel: pD&s geistliche drama de» nüttelalters" xn vereiiiigen. la
diesem falle wäre aueh den übngeu vielen andern geistlioben dnunen, die nch oiH
einem platte in einer anm'Ttung ta b. Ü55 haben begnügen müsseo, n>chnan|; ptn-
gen worden, nnd -vielleicht hfttte Suhemborks spiel toq frau Jutteo, daa lane» lät
für das berühmteste stück des mittelalter« gegolten hat nnd das wir in ihir vodis-
genden samlong nur ungern vermifisan, eine verdiente aufnähme gefunden.
Die am ende a. 998—1004 gegobeue vergleichende tabello über renddedtoo
spiele gibt über das abbfingigkeitsverbSltnis der rerglicbeoen stnvke in den Impt-
sachen eieen überraschenden aufschluss.
Wir küunen dieae besprechung nicht schlioasen, ohne dorn verdientan hmw-
geber unter anerkonnong seines gewissenhaften fleisaea nnd »einer gruesen Bor^^fiA,
die er sowol auf die berstellung eines kritisch gesichteten textes alH auf die «ialai-
tnngen und die wort- und sinerklBrungon vorwunt hat, unsera aufricbtigoo dnk
wnjnaÄSiuyes. huoo
Kaspar von Noslitz, HaushaUangsbuch des fürstentnm» Preussen. 1,178.
Kin queDenb^trag lur politischen und wirtsobansgeaohicIitA Altpreassons. Im ant-
trage des Vereins für die geschichtc von Ost- und Wnstpfpnssen herausgegebn
1 Karl Lohmejrcr. Leipzig, Dunokor und Uumblot. 1B93. ULXX und 420 l
„Haushaltungsbuoh'^ des Kaspar voa Noslitx besteht ans mehreren tdbo.
I der erete eine beschreibtuig der wirtaeh alllichen xuKtdnde in den hettog-
i imtem und gutem Preosscns enthalt, verbunden mit angaben des verfaiMn
darüber, was er seilst för erhöhung dar ertragEffibigkeit dieser guter getan habe,
sowie mit ratschlagen für eine iweckroässige administration auch in dor inkmA.
NostitK war als rat der herzoglichen rentknmmer auch mit der an&icht obtr die aio-
aelnen wirtschafcsämter betraut; sein buch ist entstanden auf grund regetmSaa^a
Dotizen, die er bei seinen viaitationsreisen machte, und tragt daher den cbarakUrdH
DTsprünglichkeit nnd der Zuverlässigkeit; es gewührt interessante einblicke ia dto
(Qretliohe domünen Verwaltung jener zwt, besonders auch nach dur tAChsiitchea mIH
hin. Auf die beschreibung der ämter folgt ein abschnitt .künigspergtach« hin**
haltung*, oHmlich eine Schilderung der Organisation der hofvarwaltoiig, ««lefco Ja
damals noch identisch war mit der landeeoentral Verwaltung; sodann folgen anbctd^
mmgen über heraog Albroobt und seine zweite gemahlin Anna Maria von Brana*
schweig. Aber misstinde in der Verwaltung und endlich «ine eingehende kritik vna
persotten, die damals in Prenssen rine hervorragende Wirksamkeit ansübten, and vn
denen Nostitx nachtuweisen sncbt, doss ihre amtsKhrin^ eine schlechte. Kr du
tastinde der damaligen Verwaltung verderbliche gewesen sei. Die — dnrchaiu Liv
rekto — ausgäbe ist von tahlreicbon anmerkungen begleitet, in denen zumal fflr die
lokale fursuhung ein reiches materiol enthalten ist Für etoen künSigvo bcartaHo
einer den modemitn wiseensehaftliuben anfonloruogen «ntspRoboodon
vwrwaltungsgesohichte wird die Lölimfyereche pnbliiiBtion von der grösteu bedoutung
werden.
Voraasgesohiekt ist der ausgäbe eine ausführliche einleitung, welche einige —
gtlioh Dor kurze — bemerhnageD über daa preussieohe finaanwesen jener leit,
inptaäoUlioh aber eine eingehende qaellenmässige lebensgaschidile des Karl von No-
itz, Bowio eine daistcUuog der bneni verb-iiJtaisse des berzogtoms Prensseu im
.6. Jahrhundert gibt. No.stitz wurde 1500 ia Schlesieu geboren, studierte zu Erokau,
fien ond Wittenberg, trat 1634 in preussische dieoate, indem er Jahrzehnte lang
W amt eines kammeiTates bekleidete, und starb I58B. In erster reihe schildert der
anuageber die verdieoate des Nosäta um die hebung der heraoglichen kammer-
irtsobaßen, besonders der teichwirtsobafl, ferner seine vom streng lutherischea stand-
unkte ausgebende Opposition gegen Oslander, sowie seine haltung in den portei-
Preussens nm die mitte des 16. Jahrhunderts, Bemerkenswert sind Lohmeyers
wisfuhruDgen über den 1573 erfolgten ausbmuli der geisteskraukhcit von Albrecbt
IKedrich, zumal dar abdiniok eines darüber aofgenoramenen , jezt im Berliner archive
Bofbewabrten protokelles. Den beschloss des bandes bildet ein anhang von akton und
Urkunden, beamten Verzeichnisse und sehr genau gearbeitete persouen-, ort- und
BBobregisteT; das saehropater kann der forBohor. der sich mit vrirtschafts- oder ver-
Wilttingsgeechiolito des 16. Jahrhunderts beschäftigt, für die erklärung zahlreicher,
Bamenlüch technischer ausdrücke mit nutzen zu. rate ziehen. Auch uach der spracb-
seite bin ist also aus der pnblitation vielfache belehmng zu gewiimen.
MISCELLEN.
Anfrage.
In der Peregrinatio des Wilbrand von Oldenburg (cd. I,aurent in Quattuor pere-
ines medii aevi, Lipsiao 1873, 166), welcher 1211 das heilige land besuchte,
sich eine stelle, welche bis jezC nicht hat erörtert werden kounon. W. reist
der küste entlang von Äccon über Tyrus und Sidon und erzählt hierauf: „proce-
ab illa transivimus tlumen amoris et quoddnm casale bonum Slaudie
iooatnm, de <juo natus est Hospinel uocatus, uir bollicosus, de quo
pclta nirilia facta leguntur et, ut ijuidam uolunt, maximas il!e poeta-
rnm Uirgilius, qui postmodum iu Longobardiam et Apuliam transfreta-
Laurent wie der unterseichnete haben sich bisher vergeblich bemüht, die
^eepert gedruckten sütze zu erklären; vielleicht ist einer von den lesern dieser Zeitschrift
gfintsgt und in der löge, dies zu tun. An den hei griorhischen autoreu Hapsiual
tenwiten moslimischen fürsten ist ohne zweifcl wol nicht zu denken (Reo, des htst
aut arabes t, 257).
BUS. B. FÖHHICHT,
—- „„^
NEUE ERSCHEDfTINGEN.
inuBSKnapiulBche fraginente (Cod, AU. 650. 4to HI— Tni; 238 fol. U; 201, 4to
IT. 1. 2) ein supplement ku den Qeilagra manna sögur berausg. von Gnst Uoi-
ganstorn. Leipzig und Kopenhagen 1803. VIU, Ms. 3m.
Em Borgföltiger literaler abdmck mehrerer pergamentbruchstücke des 13. nnd
14. Jahrhunderts, altnordische üborsetzungea lat legenden enthaltend, Das buch.
568 NKUK SB8CHEIXUNQIN.
das nur in 100 ezemplaren gedraokt ist, war grösser geplant, dooh hmt der bm*
ausgeber bedauerlicher weise keinen Verleger für dasselbe finden können und daher
nur einen teil auf eigene kosten drucken lassen.
Böhm, Wilhelm, Englands einfluss auf Georg Budolf Weckherlin. Gdt-
tiugen, diss. 1893. 80 s.
Flnnnr Jönsson , den oldnorske og oldislanske litteraturs historie. Ferste binds andet
h»fte. E0benhavn 1893. 0. £. C. Gad. 6.241 — 480.
Das heft behandelt die heldenlieder der poet Edda und die älteren skalden
(bis I^ormödr Trefilsson). Wir behalten uns vor, nach Vollendung des ersten hau-
des das höchst verdieustliche werk eingehend zu besprechen.
Junghans, Friedrieh, Die mischprosa Willirams. Berlin, diss. (In comm. bei
Mayer und Müller). 1893. 41 s.
Die einroischuDg lateinischer ausdrücke und Wendungen bei Williram fuhrt
der ver&sser teils auf traditionelle einwirkungen (besonders Notkers und der damals
üblichen gelehrten Sprechweise), teils auf besondere dialektische und stilistische
neigungen Willirams zurück.
Kelle, J«, Die quelle von Ezzos gesang von den wundem ChristL [Sitzungsbericht»
der Wiener iJ[ademie, philos.-hist klasse, bd. 129.] Wien, F. Temsky in komm.
1893. 42 s.
VgL den berioht auf s. 404 dieses bandes.
Kraeger, Heinrieh, Johann Martin Miller. Ein beitrag zur gesohichte der
empfindsamkeit Bremen, M. Heinsius. 1893. X und 165 s. 2,80 m.
Der Verfasser hat mehrfach neues handschriftliches material benutzen kön-
nen. Er gibt zuerst eine ziemlich ausführliche darstellung des äusseren lebens
Millers, das freilich bei genauerer kentnis immer mehr als ein „lebenslauf in
absteigender linie*^ erscheint; es folgt eine Charakteristik nicht nur der gedieht«
Millers, sondern der gesamten Göttinger lyrik; endlich eine besprechung des
„Siegwart*^ mit kurzen bemerkimgen über die späteren romane Millers, an welche
sich eine litterargeschichtliche erörtorung einzelner poetischen motive und neigun-
gen der empfindsamkeitsperiode anscbliesst.
Die Schrift gibt über manche fragen belehrenden au&chluss; doch ist es dem
Verfasser nicht überall gelungen, aus seinen excerpten eine leicht lesbare und
abgerundete darstellung herauszuarbeiten. Stil und interpunktion lassen manches
zu wünschen übrig. o. k.
Welnhold, K., Rede bei antritt des rectorates. Berlin, Julius Becker (8. Blü-
oherstr. 35). 1893. 16 s. 4.
Die gehaltvolle rede beleuchtet die Stellung der deutschen phüologie zq
den anderen geisteswissonschaften sowie ihre eigentümlichen aufgaben für die
gegenwari
Wolff, G. A., Diu halbe bir, ein schwank Konrads von Würzburg. Erlangen,
diss. 1893. CXXXV und 208 s.
Der horausgeber (assistent der Universitätsbibliothek in Erlangen) verteidigt
auf grund eingehender Untersuchungen die autorschaft Konrads Ton Würzbarg. Vk
vorzüglich ausgestattete ausgäbe ist in 250 gezählten ezemplaren gedruckt
NAOlmtCBTEN -
NAOHMCHTEII.
Ad der inÜTersitAt Wien habilitierte siab dr. ßudolf Mauh für gennaoische
I spmohgeBohichta und altertumstuiide-, an der univemt&t Oiessen dr. Adolf Btrftck
B litteratorgoschichte; an der univereitit Dorpat dr. W. Schlüter fiir dent-
I soha tmd vergleicheoda Bpracbrorschoog.
0. profeasoiea dr. J. SeemüUer iu Innsbruck and dr. L. Tobler in
' Zflrioh Bind zu Ordinarien befQrdert tranlen.
. üOTember 19D3 verschied zu Fr«ilniTg j. B. dr. Friedrich Wilhelm
Pfeiffer (geboren am 27. aprÜ 1827 io Breehu, 1855 ebenda privatdocent, später
a. 0. profeasor und stadtarchiTar; 187S— 19S4 ordentUohtir proteasor für deutsche phi-
loiogio in KjoI).
I
BeriebüguiiK'
8. 285, K. 50 Ues fragä, g. 298, a. 105 fiimga, b. 302, %. 17 »onJ, b. 303,
X. 21 radur, a. 308, z. 3 adra. Ferner macbt mich Finnur Jönsson ^rauf aa(-
merkaam, dasa s. 298, z. 4 die leaart der handacbiiRen BC'D d t>äg at feera ,auf die
wsgschale eu briogen" den Vorzug verdient, sowie dass s. 302, z. 17 die varimite aus
C fyrirlatr hann ttk allenfals sich verteidigen ISsst. b. o.
I. SACHEEG-ISTER
Aberglauben siehe volkstümlichea. — aber-
glSubischo formeln in vera und prosa
es fß.
alemonnisahe lauteotwicklung 139,
allitteratiDn im Heliand 149 Fg.
althochdeutsche glossan 70. — Talian,
accentuatien 117; Verhältnis zur latei-
nischen vorläge 269 fgg. vgl. Ezzolied.
altnordiach. Drauma - Jona aaga, band-
achriften 289 fg. inhalt 290 fgg. vor-
faaeor, quelle 292. text 293—309.
altsächGisch siehe metrik.
»Todeton 148. 460 fgg.
balladen. quellen deutscher b. siehe Bür-
ger, Schiller.
Beroaldus, Fhilippus. schrift de Septem
sapieutium sentoDtiis Ü9 fg.
Bürgers gedicbte. verhlUtnis der Lenore
lU Günthers gedieht 80 fg. — Lenoren-
sage &10 f^g.; daa angebliche englische
Vorbild 512—17.— Nachtfeier der Ve-
nus 493 — 497. andenmgen und chro-
nologische Ordnung der ausgäbe von
1778. 498—602. niiunelieder 502—
505. Ueder an Molly 506—510. —
Lenardo und Blandina 517 fgg. Der
'~'--'T uud der abt. Die untführang ver-
mit Peruys ballailen 518—526.
Das lied vom braven manne, Die kub
Ö26 fgg. SL Stephan 528 fg. Der vrilde
Jäger 529—532. Des pfarrera tochter
von Taubeuheim 532 — 537. — spuren
priapeiacher gedieht« 537 fg. — redak-
tion des Göttiüger museoalmutoobes
538 fg. — reden in der log« 539 fg,
CLcaara bericht über die Oennaneu 317 fgg.
Dionya von Halikamass. Widersprüche in
seinem berichte über Coriolan 234 fg.
drsma. protestantische moralitHten von
Alexander Scitz 72—77. — Bassers
spiel von der kinderzucht 481 — 493. —
vgl. H. Sachs. — it. des ma, 563 fgg.
Drauma-Jöna saga 389 fgg.
drucke des 15. Jahrhunderts: Ingang der
himel 467 fg. Oerson, Büchlein von
den geboden und der beicht 468 fg.
Lupi, AoleituDg zur beichte 469 fg.
Amoldus, Da villa uova Weinbuch 470.
— des 16. Jahrhunderts 470—480.
erbauungsachriften 66 — 69.
eale, vulgämameu auf die gattung be-
züglich 540 fgg.; auf die arten beziig-
üche: nhu 542 fg. Waldohreule 545 fg.
Steinkauz 546. Schleiereule 546. sper-
Jingaeule 546 fg. awergohreul« &47.
I
I
570
I. BACHREOISm
rauchfüssigor kauz und sumpfohreole
547.
KxEuliod 112. 404.
Friedrich von Hosson- Homburg, geistliobe
Hodor 62.
Uermanou. deutung des namens bei
Strabo 311 fg.; bei Tacitus 312 — 316.
doutüohe abkuuft dos namens 316 fg.
(^leMar8 anwondung dee namens auf die
5 Maas Völker 317 — 330. deutung der
§i«rmamsohen urform * Garm - aus 330 —
42.
gosangbuchslieder des Hessen -Hombur-
gisi'hen g^sangbuohee 61 fg.
glosson, althiK'hdoutsoho 70.
Uonnund und Isombard, entwicklung der !
8ap> 549.
Got»thi\ opilog zu S^'hiilers Glocke 81 —
U>^. — bonutzung mütterlicher briefe t
für die cam^xagne iu Frankreich 375 fgg.;
für die Annaleu oiier T^- und Jahres-
hefti» 377 4q^.; (ur Hermann und Doro-
thea 379 — ^7. bezug auf kriegerische
zeiteivi^isse 3i»4 — 87 ; darstellung der-
s^^lben lu den briefen der mutter £tS fg.
zug\> der mutter bonuzt für die lowen- '
Wirtin 389—35)2» für ander« gei$talten
;^ ^. ansjpielungen auf das voüen-
dote gedieht in den briefen der mutter
^^^2 ^. — b^ziehungen auf Frankfurt
und das eltemhaus 397 ^. — remiiü»- .
vvnz an Günther 79.
gramuatik» neuhochdeutsehe. («vHKWiea
<Nt «itterv^ltiettd 27(x f^ ISO— ISS.
1S9 ^. lifritflSf^ ^IrrsMiiff. sei^.
**<>iyrr lÄ) 5:. rriativpnHKHDBeii 192
— 197. iatenwatiTmai 197 fsc. fem^md,
mifmtami 19S fjQC. mkr. Jiftttrtd^r 2».0
Ic. \mikwmmmM 201. — ne^^tt^diae stit
kuMtiv Kii imnm 2?^ oaüv 27d —
a^.'^'^^^Jt^ ^ubv^caittiTiscii MS. s^*Il*i3^
W^re I>J9 5c.
v«ULSt\er, Jv'^ Chr., .aöenB^ eciseLi«^
j^rcvJlft» TT ^ 2:;^ ^. v'^röJteaj :&«.-
:$c^<a leqcrv t^'* ^. — ir^tl'i Äcl-i?-
»>jw Becocrv JjkAaLiaa 22?. — T-rr-
Fax:!^ Ä;r^ri:*:c 4104. v-c^«i:ii z:.-
TTwue H-fiancft, ^'JC*hib'*?Tir> wr :55s !•*
— * ^
Hessen -Homburgisches gesangbuch 61 fg.
— Volkslied auf Philipp den grossmn-
tigen 63 fgg.
Hütten, Ulrion von, Charakter 428.
Isländisch, mittelisl&ndische Volkskunde
5 fgg.
Kaiserehronik. Überlieferung 551 fg. aus-
scheidung der Cresoentia 554. zweier
anderen lieder 555 — 562. einzelne stel-
len 552 f^.
Konrad von Fussesbrunnen, kindheit Jen,
besprechung einzelner stellen 2S4. 342
lanuehre, alemannisohe. Chronologie der
diphthon^erungen 139 fg.
Lesung, em Widerspruch in Emiliji Ga-
lotti 229 — 235. — Das horoekop 401.
lieder. deutsches Marienlied 60^. — latei-
nisches Mahenlied 61 fg. osterÜed 61 :
Verfasser beider landgi^ Fiiednch von
Hessen 62. siehe Mumer.
mirchen siehe volkstümlichesw
Merseburger zaubersprach, zw^xter.
Pkoi 145 fgg. 456 fgg. 462 f^. ^Uer
147. untersdieidung von 4 sottzsa«
147 ^. Smma 149. 454 %.~4t» Ux,
situatioo des Spruches 455.
raetrik. im Heliand reimt d^&pelnso-
nanz am liebsten auf d'M>f«lk:cSi'iLCii.
1. nachweis aus der steüoir iza T»r5«*
153—160. 2. lautphysei':«dsi:hitr bie-
grdndung 164 f^. 3. ■:iLr:Diil:^cst^
KenzrönduDe 165 (?. — tkrthm^ «ad
nelodik des neohoch^infisdun «DRch-
Verses 401 fe.
moralitil. piotestanüscbe. Tim A. Stfctz
Mumer. Thomas, tinje ä. saaea tbcii*
tuB^cen: iLtx*hersb*rr£«r 31«. zraDnoraz
llXSk Jfsoi^iBclein 2>l!& ^ Püxiia>fr
p£iiMifesohwaax 2iJ< tz^ b«cfi9taiis :ä.'b.
zei-eü Äfcit -^J? ic. 2i:€i —
IC T^rlüliei^r aC^— 22-L
)Eckael ScvM uz&i am^n, ilT^:
Iieces^eii Msisaxs
224. — brefcvntt
"ifn xni JOL
r ■»
n?aj«.vi ^?^I2^dx*?* prroL-icfs siro«^ Äram-
♦ ^ — '^-w. -"^rciHCttanir 3i.r :-
.."i- -t
'ercj
lordisch siehe iallliidisch.
imeiii siehe Tolkstümitches.
rendel. Verleihung der ritterschaft am
heiligen graba 406 fg. heiiiiRclimuuk
407, zeit der eulslahung 407 fg. kom-
position 408 fgg, urBiMiing des Stoffes
410—415. — abhängigkait vom Nibe-
luDgenliede 449 fgg.
Dtbid. ocoente 117. quelleu 118. stil
118 fe.
«sicinnl. teil eines p. 58 tga.
'ercfs bailaden, yorbild für Bürget 512.
leisr, der. Oarel, handschrifüiche über-
liefsruDg 123. tnetrik 122 fg. eutleh-
nungCD, ^emi^1S(^enz0□ 123 fg. erklA-
niDg eiDielDer stellen 124 fg. kompo-
Bition 125.
onoDien, neulia.'hdeuteches Stahe grain-
BBRCT, Jub., von Ensishelm, Spiel von
der kindensuclit 481—483.
tie«CD üeha vollü^tümlivheH.
Bachs, Haas, fastoachtspiel: Der naerset-
licfa geichnoger 273 fg.
gs. Drauma-JüDssaga siehe altoordisch-
thillers Glocke, antführuDgen 81 —
84. Ooethes epilog dazu 8t fg. — Der
bmcber 105 fgg. Kampf mit dem dra-
ehea 107. Gang oauh dem Eisealiam-
mer 107.
libs, Alexander, Schriften 71 fg.
irich Wörter siehe volkatümliches.
;rahos beliebt über den niuiien der Ger-
l^itus übor den oamen der Germanen 312.
tanz bei Monier 205 fg.
Tation, aoLientuBtion 117. — veriifiltnis xur
lateinischen vorläge 289. 431.
tiaohleindeokdiofa aiebe volkstümliches.
tröU siebe volkstümüuhes.
Ulrich von dem Türlin, Willelialm. ent-
«tehung der fabel 419 fg.
vulkflieder. trinklied, wäcbterlied usw.
62 (g. — lied anf Philipp den gross-
niiitigen 63 fgg. ^ Miimers Verhältnis
Kum Volkslied 209 fgg.
volkstümliches, zur mittelisländischen
Volkskunde: troll 5— 9. iwerge9— U.
nomen 14 fg. B^upusögur 15 fgg, wer-
wolTsage 17—22. Vermischtea; fjöregg
23. widerbeleben toter 23 fg. waSen
24. Siegender mantel (tischleindeakdich)
24 fg. ^ vgl. volkatieder. — abergläa-
blsclie formelo 65 fg. Msrseburger zan-
bereprüche 145. 455. — Sprichwörter
in Günthers gedicbten 229. — vulgär-
nomen der oule 540.
Weisse. Chr. Fei., Verhältnis seiner Amalia
lu Wycherleys Countrywife 405.
wer wolfsage siobo volkstümliches.
Wycherleys Countrywif, Terhältnis eu
Weisses Amalia 405.
Zaubersprüche, Mocseburger 145. 455.
Zwerge siehe Volkstum lichea.
n. VERZEICHNIS DER BESPROCHENEN STELLEN.
Altnordisch,
liederedda (EUdebrond)
Y<tl ß8»8.2G.
Hym. 4" s. 25 fg.
Vafjff. 12' a,26.
Belsakv. Huiid.l, IT* fg.
42» s. 26. 52 ' B. 28
amn.
Grip. e*-* 8. 26. 28"
8. 26 anm.
Fifa. 6' B.Zflfg.
"■ Ir. 25 's. 27.
ÄtWtv. 22', 28' s.27fg.
30». 33-35 8.28.
Atlam^l 2 ■ a. 28 fg. 21 '.
32>. 9B 8.29.
Onbrünarkv. 22^ s. 30.
Hamli. 21' 8.30.
110,
AlthoehdeutiKib.
Wessolininner gebet 8.
116,
Oeorcslied b, 111 fg.
EiioTied s. 112 fg.
Memeatn mori s. 113.
2. Morseburger zanbereprucb
s. 115 fg. 454-467.
Altniederde ntsch.
HilJebrandsl. 20S.460. 465,
46 fg. 8. 111.
Mlttelh ochdeutseh .
Kaiserchronik (ed. Suhrödorj
8550 %g. a. 5H.
9369 fgg. s. 555.
11535. 11744. 11767%.
11896. ' 12110. 12178.
12375-61 B. 654.
Konmd von Fussesbrunneo
Kindheit Jesu s. 284. 343
'KB-
Koorad von Würzburg
Engelhard 2730fgg. 8. 281.
Melker Marianljed
MSD.' 39, 6, 1 S.285.
Pfaffe Amis 2013 s. 286.
Fleier, Oarel (ed. Walz)
s. 124 fgg.
WaltherSS, 1—8 s, 451 fg.
148, 1 a.282.
Wolfram, Parzival 147, 28
572
PoBgnnatio des Wilbimnd
TOB Oidenlmig 8. 567.
MlttelAMeitartiek.
Mnd. gedicfate ed. Labben
(Oldeabug 1868) & 167—
172.
Van dem holte des hiUigeQ
crozes 8.172—177.
Läbisch - BeTilscher toten-
tinz s. 177 — 18a
Sondeofidl 1524 f^- >• 174
anm.
Eyb, Albrecfat t., Drameo-
übeitzBgmigen (ed. Heer-
mmn) 8.429.
Lather (Wemiarer waagßbe)
Vra, 278, 26 1.31.
Job. Chr. Gfiother, Die selbst-
znfiiedeoheit (213 der aus-
gäbe T. 1746) datienmg
8.77%.
An heim von Beocbel (474)
Abendlied (75) 8.79.
Gbuibe und haibaa^
^Goethe. Ejnlogza
Slocke 8.84—105.
Fanst, proL
(310) 8. 141.
n, 2, 5 3189 (7801)
Bnefe Weimarer
XI 8.261—263.
Hebbel, Agoea
DI, 8 8. 14a
lY, 4 8. 140.
SimtL weike 1891
n, 72 8. 283.
¥, 120 8. 283.
8L
141.
bd.
*Oarm-ans(Oermam) 8.337
—342.
Kehiaeh.
gannani 8.3341gg.
ail«' s. 1.
asaeis & 1.
tibr s.1.
AltlMdi4e«t8eh.
berg S.116.
Inzzfl s. 460. 466.
MittelhMMevtsck.
Ein (Imndeoaroe) s. 284 fg.
stiip 8. 2.
ansbrJnnen s. 51 %.
ansboit a. 56 fg.
aoswerfen. mit langen, dreci,
lumpen s. 32 fg.
bed idas b. ra weit werfen)
S.45 fg.
berösten s.54fg.
beulen s.33.
m. WORTREGISTER.
j blinel, Menel, wascbbleoel
8. 38 fg.
bnmt heimführen 8.42%.
brautmuUer 8.41 fg.
dantaife s. 55. 43a
deod, banen 8. 79.
eone 8.58.
entrockt 8.43.
ewerisch 8.57.
Oefael (fechel) s. 44 %.
Hasche 8.50.
fasB, gespaltener s. 51. 281.
geckein 8.56.
geldkntzen s. 39 fgg.
habersack ivom h. singen)
s. 52. 281.
hamerstetig 8. 50 %.
hänfen a. 134.
hess S.47.
haschhaschen s. 134.
Jakob, halb J. werden a. 49
kaom Sw33%.
Ketschbefgv(wein) 8.36.
korb. Wasser geht über die
körbe a.36^.
koresbeia s.51.
krat^kräUigkeit s. 261.
lamber singen Sw57.
Haren hör^n osw. s. 43fg.
loelein s. 57.
malkalb Sw 55 ^.
Matth^shochzeit s. 42.
f Hatthiasch. ein
i 8.481^ 430fg.
maalperen 8.4S.
' maderei, matterei s^ 46 ^
1 notwendig a. 134.
; pemer s. 57.
; pfoCen, die pt taika 8.56^
) 281.
• Pilatos. dem P. opÜHB s. 57.
! 281.
i pips 8. 35 fg.
raofen s.34.
in r. 8.5&
reim.
robuDten s. 34 fg.
schaolen s. 33.
scheren, stehen wi
miniein 8.50.
schwüch s. 58. 431
söcker s. 52.
spalten, eina
haben s.51.
spielen tragen
S.31f£-
stirp s. 2 and
stziofa, streichen
kaoz, Cilben hes^ sl d>r
warmloch s. 2S1 (g.
ziefer & 1 anm.
mOst s. 138.
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